Projekt Umsetzung von Hartz IV und die Armutsfolgen in Sachsen

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Projekt Umsetzung von Hartz IV und die Armutsfolgen in Sachsen
Projekt
Umsetzung von Hartz IV und die Armutsfolgen in Sachsen
Zwischenbericht
Leitung
Prof. Dr. Scherer
Autorenteam
Börner, Nicole
Draeger, Heidi
Hempel, Christiane
Kilian, Matthias
Lisiewicz, Nicole
Markstein, Katrin
Runge, Jana
Schliesch, Marion
Schulze, Simone
Striegler, Sandra
Westermann, Antje
Scheibner, Nancy
Erler, Ilona
Krebs, Corina
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Inhaltsverzeichnis
Seite
Einleitung
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Beratungsstellen
4
„Ein- Euro- Job“
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An- und Verkauf
8
Wohnungssituation
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Die Tafel
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Kindertagesstätten
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Tierheime
17
Regionale Jugendkonferenz in Reichenbach
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2
Einleitung
In unserem Projekt „Umsetzung von Hartz IV und die Armutsfolgen in Sachsen“
gehen wir, beim Verständnis von Armut, vom relativen Armutsbegriff, definiert durch
die WHO aus. In den Wohlstandsgesellschaften wird Armut auf die
Gesellschaftsverhältnisse des Individuums bezogen definiert. Wegen dieser
Umfeldabhängigkeit wird von "relativer Armut" gesprochen. Relative Armut wird also
als Kumulation von Unterversorgungslagen und sozialer Benachteiligung verstanden,
wobei die Einkommensarmut ein zentrales Merkmal ist. Menschen, die für ihren
Lebensunterhalt weniger als 50% des durchschnittlichen Nettoeinkommens des
jeweiligen Landes zur Verfügung haben, werden als arm bezeichnet.
Im Rahmen der Hochschulausbildung im Studiengang Sozialarbeit /Sozialpädagogik
sucht ein Team von Direktstudenten und Studenten im berufsbegleitenden Studium
unter Leitung von Prof. Dr. Scherer nach Hinweisen in ihrem Wohn- bzw.
Arbeitsumfeld, ob die Bezieher von Arbeitslosengeld II und ihre Angehörige
besondere Benachteiligungen erleiden. Weiterhin soll im Ergebnis des Projektes eine
Übersicht über die örtlichen Maßnahmen des „Forderns und Förderns“ erstellt
werden.
Unsere Hochschule beteiligte sich im vergangenen Jahr an einer Ausschreibung des
Freistaates Sachsen zur Erstellung eines Sozialberichtes für den Freistaat,
wohlbemerkt kein Armutsbericht.
Den Zuschlag erhielt ein privates Forschungsinstitut.
Unser Projekt soll also auch eine kritische Betrachtungsweise zu dem im Jahre 2006
zu erwartenden Sozialbericht darstellen.
Der Projektzeitraum beläuft sich von September 2005 bis voraussichtlich Februar
2007. In den Landkreisen Chemnitz, Riesa-Großenhain, Döbeln, Löbau-Zittau,
Zwickau Land, Meißen, Sächsische Schweiz, Muldentalkreis bzw. in den Städten
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Zwickau und Chemnitz haben wir in Gesprächen, Befragungen und Interviews in den
verschiedenen sozialen Bereichen, wie z. B. Beratungsstellen, Kindertagesstätten,
Tafeln, Kleider- und Möbelkammern, bei Wohnungsgesellschaften und Behörden,
recherchiert.
Wir trafen bei unseren Untersuchungen meistens auf recht kontaktfreudige und am
Thema interessierte Menschen.
Die Aussagen der Befragten sind einerseits widersprüchlich, andererseits werden
bestimmte Tendenzen sichtbar.
Schwerpunkt bisher waren weniger statistische Untersuchungen, sondern vielmehr
die Beobachtungen und Befindlichkeiten der Bürger. Auch der zweite Teil der
Aufgabe: Eine Übersicht über die örtlichen Maßnahmen zu erstellen, wird bei
weiterführenden Recherchen intensiver beleuchtet.
Ein vorläufiges Ergebnis des Untersuchungszeitraumes von September 2005 bis
Dezember 2005 möchten wir nachfolgend präsentieren.
Beratungsstellen
Im Bereich der Beratungsstellen kam es zu vielen unterschiedlichen Aussagen.
So konnte kein vermehrter Zulauf an Klienten in der Drogen- und Suchtberatung im
Landkreis Döbeln festgestellt werden, gleichzeitig wurde jedoch die Aussage
getroffen, dass ein zunehmender Geldmangel beim Klientel vorliegt. Schon bereits
Mitte des Monats sei das zur Verfügung stehende Budget verbraucht.
Der Beratungsdienst des Diakonischen Werkes im Landkreis Leisnig berichtete in
der Döbelner Allgemeinen Zeitung vom 18.08.2005, dass „unter den Betroffenen
noch immer große Unsicherheit (herrsche), ob die Bescheide vom Amt auch
stimmen“. Gleiches berichtete auch die Linkspartei PDS über ihre Beratungsarbeit:
“Vielen Betroffenen sei ihr Bescheid mangelhaft erschienen. Um zu helfen, griff die
Partei auf die Hilfe eines Anwaltes zurück. Obwohl nicht alle angemahnten
Bescheide tatsächlich falsch gewesen seien, hätten einige eklatante Fehler
beinhaltet.“.
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Wiederum wurden die Schuldnerberatungen der Stadt Leipzig und im Landkreis
Meißen seit der Einführung von Hartz IV verstärkt von Empfängern des
Arbeitslosengeldes 2 aufgesucht. Die Empfänger konnten vor der Einführung des
ALG II alle Kredite bedienen, doch seit Januar 2005 gelang ihnen dies nicht mehr.
Man spricht auch von einer plötzlichen Zahlungsunfähigkeit. Besonders gravierend
ist, dass vorwiegend Familien von der Schuldenfalle betroffen sind. Im Landkreis
Meißen ist die Schuldnerberatung völlig überlastet und kann kaum noch über freie
Termine verfügen. Neben finanziellen Mitteln fehlen besonders Fachkräfte, um den
regelrechten Ansturm bewältigen zu können.
In der Schuldnerberatung des Landkreis Chemnitzer Land kam es zudem zu völlig
neuen Problematiken: Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft fallen aus der Rentenund Krankenversicherung, wenn es in dieser Bedarfsgemeinschaft Einkommen von
700,00 € gibt, was zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Krankenversicherung von
Unverheirateten führte. Des Weiteren werden höhere Unterkunftskosten in den
Monaten ab September mit Kürzungen des Sozialgeldes ausgeglichen. Bei einem
bevorstehenden Umzug sind drei Kostenvoranschläge für eventuell neuen
Wohnraum und den Umzugskosten darzulegen und dann entscheidet die ARGE
mittels Zustimmung oder Ablehnung über den Umzug. Besonders große Probleme
gäbe es, wenn zwei Bezugstellen aufeinander treffen, so zum Beispiel Hartz IV und
BAFÖG oder Hartz IV und LVA. In solchen Situationen wartet die eine Stelle auf die
Bescheidung des anderen, um Hilfen berechnen zu können, was jedoch zu einer
Endlosschleife führt, da keiner den ersten Bescheid dazu erstellt. Bei der GEZ
werden
nur
noch
Hartz
IV-
Empfänger
oder
Empfänger
von
Grundsicherungsleistungen nach SGB II und Schwerbehinderte mit Kennzeichen R/
F befreit. Auch hier konnte bestätigt werden, dass durch die Veränderung zum
Jahresbeginn bei den meisten Klienten eine Mindereinnahme von 250,00 € bis
450,00 € von Dezember 2004 zu Januar 2005 zu verzeichnen war, die das komplette
Haushaltsjahr
2005
überworfen
haben.
Dadurch
platzten
Kredite
und
Ratenzahlungen waren nicht mehr möglich. Diese Defizite konnten auch bisher nicht
aufgeholt werden. Die Absicherung des täglichen Bedarfs steht im Vordergrund, an
Schuldenregulierung ist kaum noch zu denken.
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Die Familienberatung der Stadt Leipzig verzeichnete keine Veränderungen durch die
Einführung von Hartz IV, nicht überwiegend ALG 2- Empfänger besuchen die
Beratungsstelle. Eine Veränderung des Klientel und deren Probleme waren schon
über Jahre hinweg bemerkbar.
In der Schwangerschaftskonfliktberatung des Landkreis Löbau- Zittau und des
Landkreis
Chemnitzer
Land
konnten
seit
Jahresbeginn
keine
speziellen
Auswirkungen von der Einführung von Hartz IV bemerkt werden. Man nennt hier eher
schleichende Prozesse. Die Tendenz zu falscher Ernährung der Kinder und Familien
mit geringem Einkommen wird zunehmend auffällig und ein erschwerter Zugang zu
Bildungsmöglichkeiten. Erziehungsschwierigkeiten treten vermehrt zu Tage, bedingt
durch das wöchentliche Pendeln der berufstätigen Väter. Psychosomatische
Erkrankungen im Zusammenhang mit Hartz IV können nicht ausgeschlossen
werden, allgemein sinkt die gegenseitige Achtung und Anerkennung für den
jeweiligen Partner, der ohne Arbeit ist. Auch wächst der Frust in den
Bevölkerungsgruppen, welche nur knapp über dem Limit liegen und somit keinerlei
staatliche Leistungen erhalten. Deutlich und frustrierend ist die finanzielle
Schlechterstellung
von
Familien,
die
sich
für
Kinder
entscheiden.
Der
Konkurrenzdruck, auch bei geringfügig Beschäftigten, nimmt ungeahnte Ausmaße
an. Unzumutbare Arbeitsbedingungen werden zum Teil von Schwangeren in Kauf
genommen, nur um den Arbeitsplatz zu behalten.
Solidarität und Verständnis gegenüber den Bedürftigen sinkt. Gravierend sei auch
der unzureichende Informationsstand der Betroffenen zum Thema Hartz IV. Viele
Antragsteller werden ohne vorherigen Bescheid des Arbeitsamtes gleich weiter an
die Beratungsstellen verwiesen, um dann erneut beim Amt vorzusprechen, weil
dieses zuerst einen Ablehnungsbescheid erstellen muss, bevor die Beratungsstelle
tätig werden kann. Eine deutliche Zunahme an Antragstellungen für die Stiftungen
konnte im Bereich der Schulanfangsbeihilfen verzeichnet werden. Im Landkreis
Löbau- Zittau zeigte sich zudem ein verändertes Konsumverhalten: viele Menschen
kaufen ihren alltäglichen Bedarf in Polen oder der Tschechischen Republik.
Ein positives Beispiel zum Thema Kontoloser ist die Gründung einer „Ethik- Bank“ als
Tochter einer Volksbank in Thüringen anzusehen, in welcher es allein in den ersten
zwei Monaten 1500 Interessenten gab. Dem Bericht der Leipziger Volkszeitung vom
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03.08.2005 zufolge, beklagt die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der
Verbände, dass deutschlandweit rund eine halbe Million Menschen kein Girokonto
besitzen. Die Zahl der Kontolosen wurde von Thomas Griebel in Sachsen auf etwa
10.000 Menschen geschätzt, davon besonders stark betroffen seien Regionen mit
hoher Arbeitslosigkeit. Bedenkt man in diesem Zusammenhang jedoch, dass die
Integration in den Arbeitsmarkt ohne Bankverbindung heutzutage fast unmöglich ist,
wäre auch in Sachsen eine schnelle und gute Lösung sicher von Vorteil.
Ein– Euro– Job“
Arbeitsgelegenheiten wurden regional in vielen verschiedenen Tätigkeitsbereichen
angeboten. Häufig traf man „1-€–Jobber“ bei Reinigungsarbeiten öffentlicher Wege
und Plätze an, bei Hilfstätigkeiten in sozialen Einrichtungen, bei der Ernte von Obst
und Gemüse, aber auch als Puppenspieler im Mülsner Wanderbühnenprojekt oder
sie wurden vom Ordnungsamt Döbeln zur „Jagd“ auf Müllsünder angesetzt.
Von 128 Personen, die in Arbeitsgelegenheiten in den verschiedenen Landkreisen
des Freistaates beschäftigt waren, haben 9 Arbeitslose nach Beendigung der
Maßnahme entweder eine Arbeitsstelle gefunden oder sie lernen oder studieren
seitdem. Diese Chancen haben sich ausschließlich durch die Eigeninitiative der
Betroffenen eröffnet.
Trotzdem die Resonanz auf die „1-€–Jobs“ recht groß war und die Stellen für die
Bewerber nicht ausreichten, übten einige Arbeitsvermittler Druck auf Hartz IV –
Empfänger aus. Eine junge Frau musste sich im benachbarten Landkreis als Frisörin
vorstellen, obwohl die Fahrt- und Kinderbetreuungskosten unverhältnismäßig hoch
zu dem zu erwartenden Verdienst ausgefallen wären.
Eine weitere Frau mit zwei Kindern wurde gezwungen, einen „1€-Job“ anzunehmen,
für den sie jeden Morgen 2 Stunden mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln zur Arbeit
fahren musste, obwohl sie noch in diesem Jahr als feste Mitarbeiterin in einem
Verein, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Vereinsgründung (vorher als Initiative)
befand und in welchem sie schon zwei Jahre ehrenamtlich tätig ist, eingestellt
werden sollte.
Dem Colditzer Unternehmen „Projektsteuerung, Personal- und Arbeitsförderung,
Struktur- und Umweltentwicklung“ als Projektträger für 1-€ Jobs wurde der Bescheid
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vom Amt für Arbeit und Beschäftigung in Döbeln entzogen, nachdem das Amt durch
Beschwerden von Maßnahmeteilnehmern aufmerksam wurde und vor Ort
den
Sachverhalt prüfte. Über Hintergründe und Ereignisse berichtete die Zeitung nicht.
Die Kommune setzte als Maßnahmeträger die Beschäftigung für die betroffenen 47
Personen in Hartha, 47 In Waldheim und 12 in Ziegra-Knobelsdorf fort.
In Gesprächen mit ALG II – Empfängern wird deutlich, dass sie sich schlechter und
benachteiligt fühlen. Die Menschen sind ärmer geworden. Sie müssen sich in ihrer
Lebensführung noch mehr einschränken, die medizinische Versorgung wird
vernachlässigt, da Selbstzahlung kaum möglich ist. Kulturelle Angebote können
kaum noch wahrgenommen werden und für ihre Kinder sehen sie zukünftig
schlechtere Entwicklungschancen. Größere Anschaffungen, z. B. Autokauf, um für
den Arbeitsmarkt mobil zu bleiben, sind nicht möglich (Kreditwürdigkeit). Die
Betroffenen fühlen sich bei der Arbeitssuche durch das Amt nicht unterstützt. Als
positiv wird von vielen der soziale Kontakt „wieder mal unter Menschen kommen“
während der Arbeitsgelegenheiten eingeschätzt.
Im Gespräch mit einigen Mitarbeiterinnen eines Sozialamtes in einer Stadt im
Landkreis Döbeln wird deutlich, dass sie Verständnis für die Situation von Hartz IV
Empfänger aufbringen, sehen aber in der Vorgehensweise des „Forderns und
Förderns“ den richtigen Weg.
An- und Verkauf
Veränderungen - unabhängig der Arbeitsmarktreform
In
einem
An-
und
Verkauf
im
Landkreis
Meißen
ist
keine
veränderte
Kundenstrukturen zu erkennen. Die eher nicht aus Alg II Empfängern bestehende
Kundenzahl, ging im Januar und Februar zurück. Aber die Verkäuferin vermutet,
dass Alg II Empfänger ihre Sachen so lange tragen, bis es eben nicht mehr geht,
bzw. dass sie Kleidung aus der Nachbarschaft geschenkt bekämen.
Auch in einem An-und Verkauf- Geschäft im Landkreis Sächsische Schweiz hat sich
seit der Hartz-IV Reform kaum etwas verändert. „Klar erkennt man immer den
Zeitrahmen, wann das Geld vom Amt überwiesen wurde, aber dies war vor der
Reform auch schon so“ erzählt eine Verkäuferin. Vielleicht ist die Anzahl der Kunden
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leicht gestiegen, allerdings nicht unter denjenigen die auf diese Waren angewiesen
sind. Die dortige Kundschaft stammt aus allen sozialen Schichten.
Eine unveränderte Kundensituation kann auch in einem An- und Verkauf im
Landkreis Chemnitz verzeichnet werden. Anfang 2005 gab es bezüglich der
Geschäftsumsätze zwar eine Flaute in der fast keine Artikel gebracht oder verkauft
wurden, doch normalisierte sich die Lage im April wieder. Wie im Jahr 2004 werden
wieder viele Artikel gebracht und verkauft.
In einem An- und Verkauf im selbigen Landkreis ist seit Jahresbeginn eine deutliche
Kundenzunahme im Bereich des Kaufens und Verkaufens erkennbar. Mit dem
Kundenansturm senkte das Geschäft die Preise und der Umsatz blieb im Vergleich
des Vorjahres gleich. Es werden mehr Sachen gebracht, als dass Sachen gekauft
werden. Täglich kommen neue Kunden.
Ein Geschäft des Landkreises Löbau- Zittau , das sich mit Kindersachen eingerichtet
hat, stellt eine treue Stammkundschaft fest und hält es für einen Trugschluss, einen
Zusammenhang zwischen Wirtschaftsmisere und An- und Verkauf-Aufschwung zu
sehen. Man stellt dort fest - die Menschen haben weniger Geld und sparen dabei
zuerst an ihren Kindern.
In einem anderen A & V Geschäft im gleichen Landkreis registrierte man eine
gemischte Kundschaft. Es kommen eine Hälfte der Kunden die nach ausgefallener
Garderobe sucht, und eine andere die aus finanziellen Gründen einkauft. Doch auf
das Geld musste man der Region schon immer schauen. Allerdings beklagt die
Verkäuferin die „Basar-Mentalität“, bei welcher versucht wird, schon vorhandene
Billigpreise weiter herunter zu handeln.
Seit der Hartz-IV Einführung hat sich in einem An- und Verkauf Geschäft in der Stadt
Zwickau nichts am Kundenkreis verändert. Es kommen kaum Hartz-IV Empfänger,
dagegen eher Schnäppchenjäger die ihr Glück versuchen.
Es sind Veränderungen im Zusammenhang mit Hartz-IV zu verzeichnen
Im Landkreis Döbeln ging zu Jahresbeginn die Kundenzahl zurück. Der Mitarbeiter
bezieht diese Situation auf die soziale und wirtschaftliche Lage. Gekauft wird
besonders am Monatsanfang wenn es Leistungen wie Alg II gibt. Weiterhin ist ein
9
Rückgang des Kaufverhaltens zu verzeichnen. Ein Wäschetrockner z.B. kostet 198
Eur und der Leistungsträger bezuschusst nur 130. Der Rest muss also von den
Kunden selbst aufgebracht werden, was für die meisten allerdings nicht möglich ist.
In einem Second Hand Geschäft des selben Landkreises konnte die dortige
Verkäuferin keinen Rückgang des Kaufverhaltens verzeichnen. Doch sie stellte
ebenfalls fest, dass vor allem zum Monatsbeginn eine höhere Kundenanzahl
wahrzunehmen ist. Dies bezieht sie auf den Leistungsbezug (Hartz IV, Kindergeld).
Außerdem berichtet die Verkäuferin, dass Kunden mit Alg II häufiger teurere
Produkte bevorzugen, obwohl es preiswertere, qualitativ gleiche Ware gäbe. Paare
mit Kindern bei denen beide Alg II Empfänger sind, scheinen ausreichende
finanzielle Möglichkeiten zu haben, so vermutete die Verkäuferin.
Im Raum Chemnitzer Landkreis wurde durch Befragung mehrerer An- und
Verkaufgeschäfte festgestellt, dass es einen geringen Nachfrageanstieg nach
Kinderkleidung gibt. Dabei gehören Stammkunden der vergangenen Jahre, sowie
Hartz-IV-Empfänger zu den Käufern.
In einem An- und Verkauf Geschäft im Landkreis Löbau-Zittau sieht man einen
Zusammenhang zwischen Hartz-IV und einem Umsatzplus von 30% im vergangenen
Jahr.
In einem anderen Geschäft des selben Landkreises, das sich auf Kindersachen
eingestellt hat, stellt man fest, dass mehr gekauft wird, vor allem an Tagen an denen
es Geld gibt.
Es sind massive Veränderungen im Zusammenhang mit Hartz-IV zu verzeichnen
Ein A & V Möbelmarkt im Landkreis Löbau-Zittau bekommt die unmittelbaren
Nachwehen der Arbeitsmarktreformen zu spüren. Viele Leute müssen ihre
Wohnungen aufgeben und aus momentanen Platzmangel die Möbel im Möbelmarkt
abgeben. Andere Menschen kommen auf der Suche nach preiswerter Einrichtung.
So stellt der Möbelmarkt fest, dass ständig neue Möbel gebraucht werden und dass
man mit dem Nachschub kaum hinterher kommt.
Auch in einem An- und Verkauf Geschäft in der Stadt Zwickau macht sich die HartzIV Regelung bemerkbar. So kann man sich dort am Monatsanfang, wenn es Geld
gibt, vor Kunden kaum retten. Gegen Monatsende kommt dagegen kaum ein Kunde
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um etwas zu kaufen. Viele Kleidungsstücke werden dann nur angeschaut und
eventuell für den folgenden Monatsbeginn zurückgelegt. Unter der Kundschaft sind
sehr viele Hartz-IV Empfänger, vor allem viele Mütter.
Die Leute können in diesem Geschäft Artikel (Kleidung, Spielzeug, u.s.w.) gegen
Kommission abgeben und so auf etwas Geld hoffen.
Wohnungssituation
Die Kreisverwaltung Glauchau sieht keinen Anlass die Anfang 2005 beschlossenen
Regelungen zur Erstattung der Heizkosten für Empfänger von Arbeitslosengeld II
dem derzeitigen Stand anzupassen. Die momentan geltende Richtlinie zur
Kostenerstattung mit einem Betrag von 1,10 Euro pro Quadratmeter sei trotz
gestiegener Preise ausreichend.
(Quelle: Freie Presse, 28.10.2005)
Aus der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Meißen zur Regelung des Verfahrens
und der Angemessenheitsgrenzen von Unterkunfts- und Heizkosten geht hervor,
dass die Erstattung der Heizkosten für Arbeitslosengeld II Empfänger mit 0,96 Euro
pro Quadratmeter erstattet wird. Für „kalte“ Nebenkosten gilt im Landkreis ein
Richtwert von 1,00 pro Quadratmeter.(Quelle: VwV - Landkreis Meißen KdU)
Unterdessen
legte
der
Deutsche
Mieterbund
einen
bundesweiten
Betriebskostenspiegel für Deutschland vor. Nach dieser Übersicht zahlten die Mieter
des Bundesgebietes im Jahr 2004 durchschnittlich 2,44 Euro pro Quadratmeter an
Nebenkosten. „Der Deutsche Mieterbund (DMB) erwartet deftige Nachzahlungen
wegen der explodierenden Energiepreise für die Betriebskosten. Allein für das Jahr
2005 werden Mehrbelastungen von zwei Milliarden Euro erwartet. (Quelle:
Frankfurter Rundschau 2.12.2005)
Wohn- und Nebenkosten zu
reduzieren ist daher angesagt. Die Leipziger
Wohnungsbaugesellschaft spricht von ca. 200 – 300 Umzügen mit diesem
Hintergrund. Des weiteren beobachtet die LWBG eine steigende Nachfrage nach
unsanierten bzw. teilsanierten Wohnungen, doch glaubt die LWBG nicht, das alle
Veränderungen unbedingt mit der Einführung des Alg II im Zusammenhang stehen.
Außerdem kennen die Vermieter den sozialen Status ihrer Mieter nicht, da die
Mietzahlungen nicht mehr von Amtswegen, sondern von Mieter selber erfolgen.
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Kontrovers ist derweil die Diskussion um die Entstehung von Mietschulden durch die
Einführung von Alg II. Bei der Wohnungsgenossenschaft Oberlausitz (WGO)
belaufen sich die Mietschulden auf unter 1%. (Quelle: WGO).
Dagegen klagt der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen (vdw)
über einen deutlichen Anstieg der Mietschulden seit der Arbeitsmarktreform. 30 von
den 91 befragten Wohnungsunternehmen verzeichneten einen Anstieg der
Mietschulden im ersten Halbjahr 2005 um mehr als eine halbe Million Euro im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
„In Einzelfällen kam es sogar zu Steigerungen um bis zu 66 Prozent. Fast 1400
Empfängern von Alg II haben die 91 befragten Wohnungsunternehmen bis Ende
August 2005 wegen Mietschulden bereits gekündigt oder die Kündigung angedroht.
Knapp 400 Mahn- oder Klageverfahren wurden eingeleitet, in 275 Fällen die
Räumung der Wohnung bei Gericht beantragt. Für mehr als 2000 Alg II – Empfänger
forderten die Wohnungsunternehmen die direkte Überweisung der Miete vom
Leistungsträger. Hauptursache sei, nach Angaben der Unternehmen, die nicht dem
eigentlichen Zweck entsprechende Verwendung der vom jeweiligen Leistungsträger
gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung. [...] Dabei sind viele Alg II –
Empfänger sogar bereit ihren Anspruch auf Kostenersatz für Unterkunft und Heizung
an das Wohnungsunternehmen abzutreten. Viele Bewilligungsstellen nehmen die
Abtretungserklärung der Berechtigten aber erst dann zum Kenntnis, wenn erhebliche
Mietschulden aufgetreten sind. [...] Hinzu komme allerdings auch eine häufig
unvollständige Erstattung der Mietkosten durch den Leistungsträger.“ (Quelle:
Sächsische Zeitung – 4.11.2005)
Eine direkte Überweisung der Miete vom Leistungsträger, gestaltet sich für die
ARGE’n als schwierig. Die verwendete Software stammt von der Agentur für Arbeit,
und besitzt im Gegensatz zur Software des Sozialamtes keine Optionen für die
Eingabe von Daten der Vermieter.
Die Geschäftsführung der Wohnbau Hartha GmbH berichtet dagegen von einer
geringen
Entspannung
bei
Mietsaußenständen
seit
der
Arbeitsmarktreform.
„Inzwischen funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Amt für Arbeit und
Beschäftigungsförderung in Döbeln sehr gut. So ließen immer mehr Arbeitslosengeld
- II Empfänger ihre Zuweisungen für die Miete gleich an die Wohnbau überweisen.“
Auch bestehe ein Kontakt mit der Behörde, um die Entstehung von Mietschulden zu
verhindern. (Quelle: Prof. Scherer: KdU 1)
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Das Sozialamt Hartha bestätigte diese Aussage. Mietekosten vor allem bei den
großen Wohnungsgesellschaften werden teilweise direkt an den Vermieter
überweisen.
Außerdem
beobachtet
das
Sozialamt
einen
Missbrauch
der
Gesetzeslücken, vor allem von Jugendlichen, welche das Elternhaus verlassen und
den Staat für die entstehenden Kosten als zuständig betrachten.
Für die Haushaltsplanung des Kreises Torgau – Oschatz erweist sich die
Arbeitmarktreform als weitaus teurer als geplant. Rund 2,7 Millionen Euro
Mehrausgaben für Unterkunftskostenerstattung hat der Haushalt zu verkraften, wobei
aber rund 2 Millionen Euro von Bund und Freistaat wieder ausgeglichen werden
sollte. „Die Kostenexplosion hängt mit dem Anwachsen der sogenannten
Bedarfsgemeinschaften von Empfängern des Arbeitslosengeldes II zusammen. Lag
deren Zahl Ende August Januar bei 5632, so wurden Ende August bereits 7041
registriert.“ (Quelle: Oschatzer Allgemeine Zeitung – 22.11.2005)
Die Wohnungsgesellschaft in Pirna beobachtet eine steigende Anzahl von
Partnertrennungen
bzw.
eine
steigende
Wohnungsvermittlung
an
Einpersonenhaushalte. Ob dieser Vorgang aber mit im Zusammenhang der
Arbeitsmarktreform steht ist rein spekulativ.
Nach Berechnungen des Finanzministeriums Sachsens existieren in Sachsen rund
269
000
Bedarfsgemeinschaften
(Quelle:
Döbelner
Allgemeine
Zeitung
–
22.12.2005)
Im Landkreis Döbeln sind Umzüge aufgrund von Alg II Einzelfälle, lediglich die
Kreisstadt selber, spürte erste Auswirkungen. „Es kommen immer mehr Leute auf
der Suche nach kleineren preiswerteren Wohnungen zu uns“, erklärt die
Geschäftsführung der DWVG. Von einer Umzugswelle kann aber keine Rede sein.
(Quelle: Döbelner Allgemeine Zeitung – 22.11.2005)
Dies beobachtete auch der Mietverein Chemnitz. Allerdings erwartet der Mietverein
eine Zunahme von Umzügen für das Jahr 2006, wenn die Heizkosten weiter so
steigen.
(Quelle: Mietverein Chemnitz - 9.11.2005).
Im Mai 2005 lebten von den 17 200 Bedarfsgemeinschaften der Stadt Chemnitz 3
Prozent der Arbeitslosengeld II Empfänger in zu teuren Wohnungen. Das sind
131
ungefähr 500 Betroffene, denen ein Umzug droht. (Quelle: Mietverein Chemnitz,
Mieter Zeitung Mai 2005)
Die Wohnungsgenossenschaft Oberlausitz berichtet, dass Anfang des Jahres einige
Mieter von der Behörde informiert wurden, dass sie zu große Wohnungen bewohnen
mit unangemessener Fläche und Miete. Aber eine Aufforderung zum Umzug erfolgte
nicht. Es wird vermutet, dass die Aufforderung zum Zwangsumzug nicht erfolgte, um
keine Umzugsbeihilfe zu zahlen. Personen, die sich für einen Umzug entschieden
und nicht rechtzeitig einen Antrag gestellt hatten, gingen hier leer aus. (Quelle:
WGO)
Die Tafel
In Deutschland gibt es etwa 400 dieser sozialen Einrichtungen, die täglich viele
bedürftige Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Immer mehr Menschen nutzen
die Versorgung mit warmen Essen und den Lebensmitteltüten. Festzuhalten ist, dass
immer mehr Bedürftige auf soziale Einrichtungen angewiesen sind, um sich preiswert
mit Grundnahrungsmitteln einzudecken. Demgegenüber stehen immer weniger
verwertbare Lebensmittel und Güter, die den Tafeln zur Verfügung stehen.
Die neu eröffnete Tafel des „Netz Werk“ e.V. Mittweida berichtet, dass vor allem im
Zuge von Hartz IV und dem damit verbundenen Sparen, besonders beim Essen, eine
große Notwenigkeit bestehe die bedürftigen Menschen mit Lebensmitteln zu
versorgen. Jeder Inhaber eines Tafelausweises bekommt einmal die Woche einen
Lebensmittelbeutel mit Milchprodukten, Backwaren, Obst und Gemüse, Tiefkühlkost
und Süßigkeiten. Bereits am ersten Tag wurden für fast 400 Personen Lebensmittel
ausgegeben.
Die Döbelner Tafel versorgt seit der Einführung von Hartz IV deutlich mehr
Menschen mit einem warmen Mittagsessen und Lebensmitteln als vorher. Steigende
Lebensmittelknappheit
macht
es
immer
schwieriger
alle
Bedürftigen
mit
Lebensmitteln zu versorgen. Immer weniger Läden würden sich an der Tafel
beteiligen.
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Die neu eröffnete Gröditzer Tafel des Arbeiter- Samariter- Bundes versorgte bereits
am ersten Tag über 100 Hartz IV Empfänger mit Lebensmittelbeutel für 1,50 Euro.
Die Waren stammen von Spenden ansässiger Einzelhandelsmärkten, einer Bäckerei
und einem Fruchthof. Die Mitarbeiter sind 1 Euro Jobber und selbst Hartz IV
Empfänger. Bereits am ersten Tag wurden über 112 Tafelausweise ausgestellt und
die Nachfrage wird noch größer werden.
Eine Tafel in Meißen berichtet ebenso über einen stetigen Anstieg der Bedürftigen,
welche die Tafel nutzen. Ein Zweipersonenhaushalt zahlt für den Lebensmittelbeutel
1,50 Euro und ein Haushalt mit mehr als 2 Personen 2 Euro.
Die Zwickauer Tafel wird von einem Ansturm von Bedürftigen „überrollt“. Sie
berichtet ebenso von rückläufigen Lebensmittelspenden, die es schwierig gestalten
die Lebensmittel richtig zu verteilen. Für die Einzelnen bleibe so immer weniger
übrig. Wartenummern (kosten jeweils 1 Euro) ermöglichen, das jeder einmal der
Erste sein kann, wobei die letzten Tüten nicht mehr voll werden. Hartz IV Empfänger
werden bereits um Verständnis gebeten nicht immer Bezieher von der Zwickauer
Tafel sein zu können! Ein Bäcker bäckt frisch, speziell für die Zwickauer Tafel. Im
Jahr 2004 wurden 162 Tonnen Lebensmittel transportiert, in 7 Ausgabestellen und
andere sozialen Einrichtungen gebracht. Wöchentlich wurden etwa 1400 Menschen
versorgt.
In Anlehnung an die Tafeln entstanden weiterhin Projekte, welche Hilfebedürftige mit
Lebensmitteln oder warmen Mahlzeiten versorgen.
In Leipzig blickte Anfang November das Ibis Hotel, Restaurant des Herzens, auf
zehn Jahre erfolgreiche Arbeit zurück und weiterhin eröffnete genau vor zehn Jahren
auch das Gästehaus am Brühl, Initiator der Restaurant – Initiative. Die Stadtwerke
Leipzig unterstützen das Projekt bereits seit fünf Jahren und stellen die frühere
Kantine zur Verfügung. Auch die nächsten drei Jahre kann die Kantine mietfrei
genutzt werden. Das ist auch gut so, denn die soziale Schere klafft immer weiter
auseinander. In Leipzig bekommen 70000 Menschen Grundsicherung und weitere
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Zehntausende kommen mit geringem Einkommen gerade so über die Runden. In
den vergangenen zehn Jahren gab die soziale Institution 62200 Mahlzeiten an
Bedürftige aus und seit der Eröffnung 2001 kamen rund 28000 Gäste im Cafe des
Herzens hinzu. Die zahl der Besucher des Cafes verdoppelte sich im ersten Halbjahr
2005. Außerhalb der Restaurant – Zeit lädt es an allen Samstagen und Sonntagen
zu Kaffee und Kuchen ein. Partner sind zum Beispiel die Bäckerei Lukas, der Mios –
Großhandel und die Hypo – Vereinsbank und die Küche und der LVB – Busshuttle
sind mit ABM – Kräften besetzt.
Auch in Lichtenstein entstand Anfang November mit dem Projekt „Kornblume“ ein
weiteres Angebot für Hilfsbedürftige. Für einen Unkostenbeitrag erhalten sozial
Schwache hier eine warme Mahlzeit und ein offenes Ohr für Probleme. Abgesichert
ist das Projekt von fünf Hartz VI – Empfängerinnen, welche einkaufen, kochen,
eindecken und bedienen. Ausgelegt ist das Projekt auf drei Jahre, wobei es aber
jährlich neu beantragt werden muss. Der Einkauf der Lebensmittel erfolgt über den
Unkostenbeitrag. Dazu ist eine gute Kalkulation notwendig und dass heißt, dass der
Bedarf genau zu kennen ist. Daher werden zuvor an die Interessenten Bons
ausgegeben.
In Frankenberg eröffnete der Freundeskreis Christlicher Mission Ende November
eine Begegnungsstätte für Menschen mit Problemen. Der Treffpunkt trägt den
Namen „Lebenswert“ und ist ein ergänzendes Angebot zu bereits bestehenden
Projekten. In einer Teestube bieten acht ehrenamtliche Helfer vorerst Hilfe an, wobei
die Arbeit auf christlicher Grundlage erfolgt. Gespräche zu Lebensfragen,
Kreativkurse und Beratung durch Sozialarbeiter gehören zum Programm. Es gibt
eine Kleiderkammer und ab Januar 2006 verteilen Mitarbeiter der Chemnitzer Tafel
einmal wöchentlich Lebensmittel an Bedürftige. Der Treffpunkt wird aus Spenden
getragen und die Kaltmiete von der Stadt.
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Kindertagesstätten
Nach ausführlichen Recherchen zu den Auswirkungen von Hartz IV in Kitas, sind wir
zu folgenden Erkenntnissen gelangt:
In den untersuchten Landkreisen Löbau- Zittau, Döbeln und Stadt Chemnitz sind
keine
gravierenden
Veränderungen
bemerkbar.
Teilweise
wurden
jedoch
Auswirkungen hinsichtlich der Essengeldzahlungen festgestellt, d.h. unregelmäßige
Zahlung bzw. nicht zahlen. Weiterhin werden beim Jugendamt mehr Anträge auf
finanzielle Unterstützung gestellt.
Die Recherchen wurden erschwert, weil die Eltern gar nicht oder nur sehr ungern
über
ihre
derzeitige
finanzielle
und
soziale
Situation
sprechen
und
die
Kindergärtnerinnen nicht darüber informiert sind, wer Hartz IV empfängt. Aus diesem
Grund können die oben angeführten Veränderungen nicht ausschließlich auf die
Einführung von Hartz IV bezogen werden.
Situation in den Tierheimen nach Einführung von ALG II
Nach Angaben des Tierheims Pirna/Krietschwitz wurden bisher aufgrund von ALG II
bisher offiziell vier Tiere ins Tierheim gegeben. Es wurde jedoch darauf hingewiesen,
dass auch schon vor der Hartz-IV-Reform Tiere aufgrund von Armut abgegeben
wurden. Das Aussetzen von Tieren habe seit der Einführung von ALG II deutlich
zugenommen, so dass das Tierheim immer mehr Fundtiere aufnimmt. Ob dies mit
der Hartz-IV-Reform zusammenhängt, konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden.
Das Tierheim Chemnitz konnte bisher keinen drastischen Anstieg von abgegebenen
oder ausgesetzten Tieren verzeichnen. Im Gegenteil: so leer wie in diesem Jahr sei
das Tierheim schon seit drei Jahren nicht mehr gewesen. Der Tierheimleiter
vermutet, dass die Tiere bei finanziellen Engpässen wahrscheinlich eher an Freunde
oder Bekannte abgegeben würden, da bei einer Abgabe im Tierheim eine Gebühr
von 25,00 Euro fällig wird. Sofern das Tier nicht geimpft ist, fallen die Impfkosten bei
Abgabe im Tierheim noch zusätzlich an. Der Tierheimleiter teilte weiter mit, dass
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über eine Pinnwand viele Tiere von Maus bis Riesenschnauzer sehr gut vermittelt
werden können.
Im Tierheim Chemnitz arbeiten jeden Monat bis zu fünf 1-Euro-Jobber, die sehr viel
Spaß und Geschick im Umgang mit den Tieren beweisen. Einige von ihnen wollen
auch weiterhin noch als ehrenamtliche Helfer im Tierheim arbeiten.
Auch im Tierheim Langenberg, welches eng mit dem Tierschutzverein Stollberg
zusammenarbeitet, konnte keine Zunahme der Abgabetiere seit der Einführung von
ALG II verzeichnet werden. Falls es bei den Tieren der Tierhalter zu ungewollten
Schwangerschaften kommt, ist das Tierheim bei der Vermittlung der Jungtiere
behilflich. Im Bestand des Tierheimes sind immer noch Hunde, die schon seit vielen
Jahren im Tierheim leben und nicht vermittelt werden konnten.
Im Tierheim Langenberg arbeiten einige 1-Euro-Jobber und Arbeitsstundenleistende.
Negative Erfahrungen wurden mit einem Einbruch gemacht, bei dem ein
Pensionshund und ein Zuchthund mit Papieren gestohlen worden sind. Obwohl
bisher noch nicht bekannt ist, wer den Einbruch zu verantworten hat, sei man
seitdem vorsichtiger mit den „Kurzzeitarbeitskräften“ geworden, da es sich bei den
Tätern oder ihren Komplizen um jemanden gehandelt haben muß, der die Tiere bzw.
ihren Wert genau kannte.
Protokoll
1. Regionale Jugendkonferenz vom 23.11.2005 in Reichenbach – JC Lila Pause
Frau Kober
Begrüßung und Eröffnung der 1.Jugendkonferenz in Reichenbach
Kurze Darstellung aktueller Daten
9.373 Bedarfsgemeinschaften im Vogtlandkreis davon 1/3 mehr als geplant
13.800 Arbeitslose im Vogtlandkreis
davon 7.300 Jugendliche im Vogtlandkreis
davon 6.700 Arbeitslose in Reichenbach/Land
davon 470 Jugendliche aus Reichenbach/ Land
2.765 Jgdl. U 25 Alg II-bezieher im Vogtlandkreis
davon 593 Arbeitslose
181
seit Januar 2005 wurden 2000 Arbeitsgelegenheiten für Jugendliche
eingerichtet
69 Jugendl. Gefördert durch Zuschuss vom AA (max. 50%)
Es wurde eine Vereinbarung mit der Agentur und der ARGE getroffen, mit
dem Ziel
Integration von Jugendlichen in den 1. Arbeitsmarkt
ARGE
seit SGB II
ARGE wurde eingeführt
ARGE
AE
RC
OE
(Außenstellen)
KL
PL
Dienststelle
Team Leistung
Team Marktintegration
Vorstellung der ARGE in Reichenbach
Jgdl.: § 3 SGB II
erfordert eine besondere Beobachtung
Intensives Betreuungsangebot
Fördern und Fordern
Aktive Mitarbeit ist gefordert von seitens der Jgdl.
Rasche Integration in Arbeit / Ausbildung / Maßnahmen
ARGE Reichenbach hat 4 Jugendvermittler + 1 Fallmanager
Arbeitgeberbüro hat engen Kontakt mit den Arbeitgebern
Jugendarbeitsvermittler ist persönlicher Ansprechpartner
1. Erstgespräch wird geführt – alle Fakten werden aufgenommen und
analysiert
2. Ziele und Wege werden mit dem Jgdl. erarbeitet
3. Eingliederungsvereinbarung § 15 SGB II wird abgeschlossen
*bei Nichteinhaltung erfolgen Sanktionen
Bei schweren Vermittlungshindernissen ( Schuldner, Sucht etc.) aus
unterschiedlichen Faktoren, dann Übergabe an den Fallmanager damit eine
intensive Betreuung erfolgen kann um Hindernisse abzubauen
Nutzung von sozialen Netzwerken (z.B. Sucht, -und
Schuldnerberatungsstellen, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshelfer,
Jugendberufshilfe etc.)
Kurzdarstellung von verschiedenen Maßnahmen:
Trainingsmaßnahme – Entgeldvariante, Versicherungspflichtige
Tätigkeit
Erlangung des HSA für Alg II - Bezieher
Alphabetisierung
Ab Dez. Maßnahmen bei spez. Drogenproblemen
Maßnahmen zur psychol. Betreuung als Hilfestellung
Beratungsscheine für Schuldner, - Erziehung, - Suchtberatung
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SGB II Sanktionierung:
1. Wenn Aufgaben aus nichtigen Gründen nicht erfüllt werden, dann
• werden 100 % der Regelleistung für 3 Monate versagt
• Miete geht direkt an den Vermieter
• Lebensmittelgutscheine
Ziel ist Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung für Unabhängigkeit
gegenüber
Alg II zu schaffen
Diskussionsbeiträge
Berufsberatung
Betreuung auch im Team U 25
In der Zeit 01.10.04 – 30.09.05
Ansprechpartnerin für die Mittelschulen Reichenbach, Neumark, Lengenfeld
730 Ausbildungsplatzsuchende Jgdl. davon
507 Jgdl. Vermittlungshilfen geleistet
249 aktuelle Schulabgänger
228 Altbewerber ( ca. 45 %)
Duale Ausbildungsplätze sehr gering
Finanzielle Unterstützungen: BAB, Bewerbungskosten, Reisekosten, abH
Zur Gewinnung von Ausbildungsbetrieben wurden zusätzlich 2 Berufsberater
eingesetzt
Bedarf kann in der Region nicht abgedeckt werden
Schaffung von Ausbildungsplatzprogrammen in Sachsen
GISA
BGJ / GISA
Länderergänzungsprogramm
Somit wurden 3020 zusätzliche Plätze in Sachsen geschaffen
Des weiteren gibt es:
Überbetriebliche Ausbildungen BaE § 242 SGB III
Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen
BVJ / BGJ
EQJ
Verzahnung von SGB II
SGB III
SGB VIII
BSZ Reichenbach
Bildung hat nachgelassen, ersichtlich in den FOS Klassen
Ernsthaftigkeit lässt nach, wird als Wärmestube genutzt ( Schutz vor
Arbeitslosigkeit / Überbrückungsmöglichkeit)
BVJ
lesen, schreiben, rechnen kaum möglich
bei körperl. / geistiger Benachteiligungen nicht zum BVJ schicken,
möglichst umgehen
202
Jugendgerichtshilfe
15% Jugendliche und junge Volljährige sind straffällig geworden, im
Einzugsgebiet Reichenbach ( 2005)
es wurde mehr Ungehorsamarrest in diesem Jahr veranlasst ( Nichterfüllung
der richterlichen Auflagen)
Vermittlungsprobleme vor und nach dem Arrest
Hauptstraftaten:
*Diebstahl
*Leistungserschleichung
*Eigentumsdelikte ( Raub)
*Körperverletzung
Mehrfachtäter nehmen zu (50%)
Mädchen sind im „Kommen“, liegt ungefähr bei 11% ( Körperverletzung und
Ladendiebstahl)
Täter werden immer jünger
Trotz Geburtenrückgang, die Anzahl der straffälligen Kinder ist konstant
Ambulante Maßnahmen nach § 10 JGG
Tendenz steigend
1/3 der Jugendlichen sind Schüler
Verstöße gegen das Betäubungsmittel - Gesetz nimmt zu
1/3 Auszubildende
1/3 Arbeitslose, Tendenz steigend
Rest sind Studenten, Arbeitsnehmer, Bund, Mutterschutz
Weniger Straftaten, wenn im Arbeitsverhältnis
Statistik
Jahr
Jgdl.
2002
93
2003
142
2004
191
2005
163
Sozialer Hintergrund
1/3 der Jugendlichen sind Schüler der Förderschule und Gymnasium
Zunahme der Betäubungsmittel
1/3 Azubis
Schuldnerberatung
Beratung nur mit Vermittlungsgutschein möglich
Beratung erfolgt nur nach Terminvereinbarung
Keine zeitnahe Beratung mehr möglich
Problembewältigungen werden immer umfangreicher
Beratungszeiten werden immer knapper
Leistungen der Ämter dauern lange bis sie bearbeitet werden
Schuldner, Tendenz steigend
Schuldner werden immer jünger
Der fehlerhafte Umgang mit Geld, wird in der Familie weitergetragen
Sind nicht in der Lage, einen Haushaltsplan zu erstellen
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Schwerpunkte
*Miet – und Energieschulden
*EC-Kartenbetrug
*Handyrechnungen ( 100 € - 10.000 € nach oben keine Grenzen)
*Gerichtskosten / Rechtsanwaltkosten
*Bei Sanktionen von der ARGE sind Kosten von Wasser und Strom
nicht
abgedeckt, neue Schulden werden produziert
Letzter Schritt, private Insolvenz, Schuldnerproblematik nimmt zu
Suchtberatungsstelle
Klientel: Arbeitslose, Straffällige, Schuldner
Einstiegsalter 12 – 14 Jahren mit Cannabis
Erste Probleme mit 18 – 24 Jahren
Tendenzsteigerung pro Jahr von 100%
Jugendliche haben kein Problem mit Drogen, aber die Eltern
56 Jugendliche mit Cannabis bei der Suchtberatung in Reichenbach, davon
stehen 6 Jgdl. im Arbeitsverhältnis
2 Jgdl. sind Arbeitslos
5 Jgdl. mit einem 1€ Job
1 Student
1 Jgdl. mit einer ABM
von den 56 Jugendlichen sind 32 kriminell
für Jugendliche werden in Reichenbach Kurse angeboten
Prozess zum Clean werden, dauert mindesten ein Jahr
Alkoholproblem nimmt ebenfalls zu
BIP Lengenfeld
Zurzeit sind 61 Teilnehmer in Maßnahmen
Seit September gibt es eine Jugendwerkstatt mit zusätzlicher sozialen
Betreuung und Begleitung
Von allen Beteiligten ( auch die hier nicht genannt wurden, wie z.B. Jugendamt,
Jugendberufshilfe, Sozialarbeiter von Jugendeinrichtungen ) wurde eine Zusage zur
engen Zusammenarbeit zugestimmt.
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