Ausgabe 162A

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Ausgabe 162A
Buchkultur
ÖSTERREICH SPEZIAL
Ausgabe 162A
Herbst 2015
EUR 2,50
P.b.b. Nr. 02Z033122M, Buchkultur VerlagsgmbH, Hütteldorfer Str. 26, 1150 Wien, ISSN 1026-082X, Euro 2,50| 162A
Visitenkarte der österreichischen Literatur
H. C. Artmann
Seine Sprachmagie wirkt bis heute –
und hat nichts von ihrer Frische eingebüßt.
Subversiv: Ernst Jandl nnn Melodisch: Neues aus dem
Musikland Österreich nnn Lebensecht: Verena Mermer
nnn Kontrastreich: Ivana Jeissing nnn Berückend: Claudia
Erdheim nnn Quergelesen: Rund 100 Neuerscheinungen
nnn
n österreich spezial
Eva Rossmann, Österreichs erfolgreichste
Krimiautorin, greift erneut ein
brandaktuelles Thema auf.
Auch als
E-Book
erhältlich
2
Buchkultur Österreich Spezial 2015
österreich spezial n
Editorial
„der juengste von uns allen“
Foto: Jorghi Poll
Heuer standen gleich eine ganze Reihe Jubiläen und
Gedenktage an; Tage zum Erinnern an Menschen,
die die österreichische Literatur wesentlich geprägt haben.
Jana Volkmann &
Hannes Lerchbacher
Da ist zum Beispiel H. C. Artmann, über den
Friederike Mayröcker geschrieben hat, er sei
„der juengste von uns allen geblieben, die wir
damals in den fernen fuenfzigerjahren begonnen
hatten, die neue poesie fuer uns und die welt
wiederzuentdecken“.
Neu und jung ist diese Poesie bis heute, dasselbe
gilt für Artmanns Prosa. Ein anderer Dichter zum
Neu- und Wiederentdecken ist Ernst Jandl, dessen Neuzigsten wir dieses Jahr gefeiert hätten.
Von der Hallstatt-Kultur
bis zur Zweiten Republik:
eine Gesamtgeschichte
Österreichs – umfassend
und fundiert
Ihnen gegenüber stehen die Sprach- und Wortkünstlerinnen von heute:
Ivana Jeissing und Cornelia Travnicek etwa, Karl Markus Gauß, Clemens
Setz und viele weitere. Das große Spektrum der österreichischen Literatur
möchten wir Ihnen auch diesmal zeigen. Belletristik und Krimi, Kulinarisches
und Kinderbücher: Die Literaturlandschaft ist abwechslungsreich und voller
Überraschungen.
– i n h a lt –
Coverfoto: Nikolaus Korab
Porträts
H. C. Artmann..............................................................................6
Verena Mermer.......................................................................... 8
Ivana Jeissing..............................................................................9
Ernst Jandl................................................................................. 10
Claudia Erdheim..........................................................................11
Quergelesen.............................................................................. 13
Marktplatz..................................................................................17
Junior.......................................................................................... 21
Schlusspunkt........................................................................... 22
Impressum: Buchkultur Verlagsges.m.b.H., Hütteldorfer Straße 26, A-1150 Wien, www.buchkultur.net, Tel.: +43/1/786 33 80,
E-Mail: [email protected]. Herausgeber: Michael Schnepf, Nils Jensen; Chefredaktion: Hannes Lerchbacher, Jana
Volkmann; Art Direction: Manfred Kriegleder; Druck: Bauer Medien Produktions– & Handels-GmbH/Druckerei Schmidbauer/
Oberwart; Daten ohne Gewähr. Offenlegung gemäß § 25 MedienG für Medien des Verlags Buchkultur siehe:
www.buchkultur.net. Eigentümer: Buchkultur Verlagsges.m.b.H. (geschäftsführender Gesellschafter: Michael
Schnepf). Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, UW-Nr. 897.
640 S. · 9 Karten
Hardcover mit Schutzumschlag
Format: 15 x 21,5 cm
€ (A) 39,90
ISBN 978-3-15-011039-3
Die Autoren
Thomas Winkelbauer · Walter Pohl
Christian Lackner · Oliver Rathkolb
(Universität Wien)
Brigitte Mazohl (Universität Innsbruck)
Reclam
Gefördert von
www.reclam.de
Buchkultur Österreich Spezial 2015
3
BRUCKNER-JAHRBUCH 2011 – 2014
herausgegeben von Andreas Lindner und Klaus Petermayr (2015)
Mit Beiträgen von Friedrich Buchmayr, Martin M. Fiala, Sandra Föger, Daniel Hensel,
Johannes Leopold Mayer, Franz Metz, Karl Mitterschiffthaler, Erich Wolfgang Partsch,
Klaus Petermayr und Franz Scheder.
BRUCKNER JAHRBUCH 2011 – 2014
Neuerscheinung
BRUCKNER
JAHRBUCH 2011 – 2014
300 Seiten, Format 17 x 24 cm, broschiert
Bestellnummer MV 212
ISBN 978-3-902681-30-0, € 31,27 (exkl. Mwst.)
ISBN 978-3-902681-30-0
MV 212
A N T O N B R U C K N E R I N S T I T U T L I N Z / L I N Z E R V E R A N S T A LT U N G S G E S E L L S C H A F T M B H
6 /2
DIE BRUCKNER-BESTÄNDE
DES STIFTES ST. FLORIAN
katalog
Elisabeth Maier – Renate Grasberger
Die Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian
Katalog, Teil 2 (Gruppe 13-23)
(Wiener Bruckner-Studien 6/2)
teil 2:
das Bruckner-archiv (Gruppe 13 – 23)
Wiener Bruckner-Studien 6 /2
Die reichhaltige Bruckner-Sammlung des oberösterreichischen Augustinerchorherren-Stiftes zählt zu den
bedeutendsten Überlieferungsstätten von Quellen zu Leben und Werk Anton Bruckners und wird in diesem dreibändig konzipierten Katalog erstmals vollständig dokumentiert – eine unverzichtbare Fundgrube
für Brucknerforscher und -freunde.
Der zweite Teil des Kataloges bietet eine Fülle von hier erstmals veröffentlichten Dokumenten zu Anton Bruckners Leben, zur Rezeption seiner Werke und zu seinem persönlichen Umfeld.
MV 507, 356 Seiten, ISBN 978-3-902681-32-4, € 43,00 (exkl. Mwst.)
Ebenfalls erhältlich
Katalog, Teil 1 (Gruppe 1-12)
(Wiener Bruckner-Studien 6/1)
Im ersten Teil werden 844 Einzelobjekte erfasst, darunter zahlreiche Erstveröffentlichungen,
auch einige bisher unbekannte Briefe an Bruckner.
MV 506, 296 Seiten, ISBN 978-3-900270-98-8, € 37,00 (exkl. Mwst.)
DIE BRUCKNER-BESTÄNDE DES STIFTES ST. FLORIAN – TEIL 1
DIE BRUCKNER-BESTÄNDE DES STIFTES ST. FLORIAN – TEIL 2
Neuerscheinung
eliSaBeth Maier
renate GraSBerGer
6 /1
eliSaBeth Maier
renate GraSBerGer
DIE BRUCKNER-BESTÄNDE
DES STIFTES ST. FLORIAN
katalog
teil 1:
das Bruckner-archiv (Gruppe 1 – 12)
Wiener Bruckner-Studien 6 /1
ISBN 978-3-900270-98-8
MV 506
Das „Kitzler-Studienbuch“
Anton Bruckners Studien in Harmonie- und Instrumentationslehre bei Otto Kitzler (1861-63)
Faksimile nach dem Autograph in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek
Erstveröffentlichung, mit einem Essay herausgegeben von Paul Hawkshaw und Erich Wolfgang Partsch
Der hochauflösende Vierfarbdruck ermöglicht die Lesbarkeit selbst
kleinster Eintragungen und Korrekturen und verleiht dieser Ausgabe
nicht nur Sammlerwert, sondern macht sie auch zu einer wertvollen
Quelle für Studium und Wissenschaft.
Farbfaksimile der vollständigen Handschrift
326 Notenseiten + 20 Seiten Textteil
38 x 30 cm Querformat, Leinenband mit Prägung in einem Schuber
B 25, ISBN 978-3-900270-99-5 / ISMN 979-0-50025-280-1
€ 320,00 (exkl. Mwst)
Auslieferung: Edizioni Musicali Europee, via delle Forze armate 13, 20147 Milano (ITALIEN)
Tel. 0039-02/48 71 31 03 Fax: 0039-02/30 13 32 13 [email protected]
www.mwv.at
thema n
Wohl gespeist
in Österreich
Wellness geht auch durch den Magen. Gerichte
Foto: Aus „Ab Hof“/ Verlag Anton Pustet / Blickwerk – Manuel Zauner Fotografie
aus alten Gemüsesorten und zur Nachspeise köstliche Marillenknödel oder frisches Roggenbrot
mit einem Stamperl Tiroler Schnaps erfreuen
sämtliche Sinne. V on B arbara F reitag
Österreich ist ein Kulturland, das ist
unumstritten. Und längst hat sich inter­
national herumgesprochen, dass feines
Es­­sen und Trinken hier zur guten Le­­
bens­­art gehören. Die Basis dafür ist ein
ordentliches, geschmackvolles Brot. In
Zeiten von Backshops mit industriell vor­­
gefertigten Teiglingen ist das zwar im­­
mer seltener zu finden, aber noch gibt es
ausgezeichnete Bäcker im ganzen Land.
Nämlich solche, die alles selbst produzieren. Slow Food-Expertin Barbara
van Melle suchte zwölf von ihnen auf
und porträtiert sie in ihrem Buch „Der
Duft von frischem Brot“. Sie geht deren
Geheimnissen auf den Grund und lässt
die Leser am reichen Erfahrungsschatz
der Bäcker teilhaben. Die Rezepte zum
Nachbacken hat sie selbst ausprobiert
und für gut befunden. Denn jeder Hobby-Brotbäcker hat schon die Erfahrung
gemacht, wie schwierig es ist, gutes Brot
selbst zu machen.
Es finden sich 60 Anleitungen für
ursprüngliches Schwarzbrot aus Sauerteig, für moderne Weißbrotklassiker
wie Toscanabrot und Ciabatta. Auch
Süßes, wie Omas Nusskipferl, Kärntner
Reindling und Waldviertler Mohnzelten,
fordert zum Experimentieren heraus.
Woher kommen die
guten Zutaten?
Für gutes Gebäck wie für grundsätzlich alle gesunden Gerichte sind hochwertige Ingredienzien wesentlich. Im
Supermarkt stößt man schnell an Grenzen, wenn es um nachhaltig hergestellte
Produkte oder Sortenvielfalt geht. Da
lohnt ein Besuch solcher Produktionsstätten, wo Fleisch, Käse und Gemüse
Buchkultur Österreich Spezial 2015
mittels ehrlicher Verfahren
hergestellt werden. Manuel
Zauner hat sie gefunden und
im Buch „Ab Hof. Eine kulinarische Reise zu Österreichs
Kleinversorgern“ aufgelistet.
Auch hier werden die Produzenten
porträtiert, und die passenden Rezepte
gibt es gleich dazu. Die Auswahl der Betriebe fiel Zauner angesichts der vielen
ausgezeichneten Höfe schwer. Er entschied sich für solche, wo richtige Idealisten arbeiten, wie in der Biogärtnerei
Ochsenherz in Gänserndorf. Seit 2011
ist der Hof eine „solidarische Landwirtschaft“, was bedeutet: Eine Gruppe von
Konsumenten finanziert ein Jahr lang
den Betrieb der Landwirtschaft und erhält als Gegenleistung „Ernteanteile“,
zum Beispiel in Form von Gemüsekisten.
Liebhaber der aus dem Süden importierten Feigen werden sich freuen zu lesen, dass auch in Wien Simmering diese
älteste Kulturpflanze der Welt gezogen
wird, mit großem Erfolg sogar. Am
Feigenhof werden rund 50 Sorten kultiviert, die sich zum Feigensalat mit Blauschimmelkäse, zu Risotto oder zur Tarte
verarbeiten lassen.
Wer auf saftiges Fleisch nicht verzichten mag, sollte ins steirische Lafnitztal fahren. Dort leben Norbert Hackls
Labonca Sonnenschweine ganzjährig im
Freien, unbeschwert, und auch ihr Weg
zur Schlachtbank verläuft möglichst
schonend, ohne Transportwege. Frischfleisch sowie hausgemachte Wurstspezialitäten bekommt man im Hofladen in
Burgau. Ein Schweinsbraten aus solchem
Fleisch, vielleicht mit einem Erdäpfelknödel, schmeckt besonders gut.
Der Knödel verlangt
nach Schnaps
Das Buch „Knödel: Bodenständige
Gerichte und Raritäten“ enthält Rezepte
für den Mühlviertler Kornmehlknödel,
den Pinzgauer Kaspressknödel oder die
Tiroler Speckknödelsuppe. Auch traditionelle Grammelknödel, Wurstknödel und
der beliebte Germknödel fehlen nicht.
Kalorienbewusste halten sich besser an
Kürbisknödel und Bärlauchknödel.
Wer der Gaumenfreuden wegen
durch Österreich reist, sollte länger
in Tirol verweilen und die „Tiroler
Schnapsroute“ nachvollziehen, die Wendelin Juen und Ulrich Jakob Zeni im
gleichnamigen Buch ausprobiert haben.
Sie folgten dabei 41 Brennereien, die
allesamt Spezialitäten wie KrautingerRübe, Pregler oder Zirbenschnaps bieten. Diese Brände gehören zu den besten
weltweit, was der jahrhundertlangen Expertise der geistvollen Alpenbewohner
zu danken ist.
die bücher
Wendelin Juen, Ulrich Jakob Zeni |Tiroler Schnapsroute.
Eine Reise zu den besten Brennereien| Löwenzahn 2015,
208 S., EuroA 17,90
Inge Krenn (Hg.) |Knödel: Bodenständige Gerichte und
Raritäten| Krenn 2015, 96 S., EurA 10
Barbara van Melle |Der Duft von frischem Brot. Österreichs beste Bäcker verraten ihre Rezepte| Brandstätter 2015, 208 S., EurA 29,90
Manuel Zauner |Ab Hof. Eine kulinarische Reise zu
Österreichs Kleinversorgern| Anton Pustet 2015, 256 S.,
EurA 35
5
n porträt
H. C. Artmann bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Literatur 1974
Der Dichtersmann
H. C. – Hans Carl – Artmann ist im Dezember 2000,
also vor fünfzehn Jahren, im 80. Lebensjahr gestorben. Das
ist Anlass für den Residenz Verlag, die „Gesammelte Prosa“
in zwei Bänden neu aufzulegen. Im Folgenden Offizielles
und Privates über einen der ganz Großen der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. V on K onrad H olzer
Persönliches zuerst: Eine Wohnküche im 9. Wiener Gemeindebezirk, in
der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre.
Rund um den Tisch die Familie. Auf
dem Tisch: „Neue Wege“. So hieß die
Zeitschrift, die „ergänzen und ersetzen sollte, was Schule und Unterricht
nicht mehr zu bieten vermögen“. In den
„Neuen Wegen“ wurde die Schuljugend
mit der zeitgenössischen Kunst konfrontiert, wurde uns Theater, Musik und
Lyrik näher gebracht. Im konkreten Fall
war es Lyrik. Mundartlyrik. Leise gelesen, war sie unverständlich. Erst nach
und nach, der Vater las laut vor, konnte
das erkannt, erhört werden, was da – bisher so nicht Gelesenes – niedergeschrieben war. Und ich kann mich noch genau
erinnern, dass es das Wort „agazebam“
war, an dem wir vorerst scheiterten.
Richtig laut ausgesprochen, konnte man
dann die Bezeichnung für Akazienbäume im wienerischen Dialekt erkennen.
Es waren also die ersten Dialektgedichte
H. C. Artmanns, die dann 1958 unter
dem Titel „med ana schwoazzn dintn,
6
gedichta aus bradnsee“ in Buchform erscheinen sollten. Friedrich Polakovics
schrieb darin im Vorwort: „Eigentlich
sollten Artmanns Dialektgedichte ja
nur gesprochen werden.“ Und beendet
dieses Vorwort verwirrend: „Artmanns
Dialektgedichte sind keine Dialektgedichte. Auch keine Wiener Gedichte,
Nach wie vor fasziniert der Verwandlungskünstler mit seiner
Vielfalt, die vom Surrealen zu
den Phantasmagorien reicht,
von seiner Lust am Barockkolorit
bis hin ins Spätmittelalterliche.
sondern Gedichte aus Wien.“ So oder
so, für uns Halbwüchsige wurde „auxof­
fana r untan gristbam“ die passende Er­­­­­
gän­­­
zung zu allem weihnachtlich Vanillekipferlsüßen. Der Band „med ana
schwoazzn dintn“ enthält unter anderen Gedichte über seine Heimat, den
Wiener Stadtteil Breitensee, Gedichte
über den Tod, Surreales, aber auch Lie-
besgedichte, so zum Beispiel „med an
briaf fon mia zu dia“. Liebesgedichte
und Liebesbriefe gehörten für H. C. zusammen, seinen Briefen an Didi Macher
legte er auch Gedichte bei. Die Briefe
aus den Jahren 1960–1970 gaben nun
unter dem Titel „Schreibe mir, meine
Seltsame, schnell“ Didi Macher und Ulf
Birbaumer heraus. Die Illustrationen zu
diesem „künstlerfabrikat N°4“ sind von
Susanne Schmögner und machen das
Buch so zu einem Gesamtkunstwerk.
Was da zuerst einmal auffällt, ist die
Handschrift des Dichters: ordentlich,
sauber, klein, rund, gut zu lesen. Der
Dichter und die Schauspielerin haben
sich – wo denn sonst, meint Ulf Birbaumer folgerichtig in der Einleitung
– im Café Hawelka kennengelernt. Die
Briefe schrieb Artmann nach Kärnten,
wo Didi Macher eine Krankheit auskurieren musste. In Kärnten, so eröffnet
Birbaumer, in Maria Saal, residierten
1960 die Lampersbergs, bei denen neben
Thomas Bernhard, Peter Turrini und
Christine Busta auch H. C. Artmann
ein- und ausging.
Die Liebesbriefe: Ja, was sagt man zu
Liebesbriefen anderer? Lieb sind sie natürlich und fürsorglich, ganz artig, aber
auch konfus. Poetisch und zauberhaft.
Aber auch nüchtern und mitteilsam. Er
schreibt von seinen Erledigungen und
Besorgungen in ganz Europa, in Briefen
und auf Ansichtskarten, mit der Hand
und der Schreibmaschine, deutsch,
englisch, spanisch, französisch und in
Sanskritschrift. Es ist aber auch vom
Weintrinken die Rede und dass Blumen
auf seinem Schreibtisch stünden. „keine
blumen um sich zu haben ist ein kaum
erträgliches leben“ schreibt er seiner
„lieben Rosenblume“ aus Wien. Blumen wurden getrocknet und eingeklebt,
so dass das Ganze auch den Titel „Ein
poetisches Sehnsuchtsherbarium“ haben
könnte. Als P.S. steht nach einem Brief
aus Salzburg: „Ich hätte dir so gern/
eine blume in den/brief gelegt, aber auf/
diesem bahnhof wächst/nur abschied &
russ“. Die Antwortbriefe der Didi Macher sind leider verschollen.
Buchkultur Österreich Spezial 2015
porträt n
einen, der mit Artmann literarisch sozia­
lisiert worden ist, schwer zu erkennen.
Wie auch immer, die Begeisterung, in
die man beim Wiederlesen hineinfällt,
muss einfach weitergegeben werden.
Nach wie vor fasziniert der Verwandlungskünstler mit seiner Vielfalt, die
vom Surrealen zu den Phantasmagorien
reicht, von seiner Lust am Barockkolorit
bis hin ins Spätmittelalterliche. (Seine
Villon-Übersetzungen, um kurz wieder
aus eigener Erfahrung zu schreiben, haben noch in den späteren 1960er-Jahren
zu massiven Beschwerden im ORF geführt.) Dann belebte Artmann auf seine
ganz persönliche Art und Weise die Trivialmythen aus den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts: Frankenstein,
Dracula, Tom Shark, Mickey Mouse.
Oder aber: Er wechselt vom hochbarocken Ton „extrovertiert, grell und laut“
in den Jargon der 1970er-Jahre.
Fragte man mich nach meinem Lieb-
Fotos: Wolfgang H. Wögerer, Wien / CC-BY-3.0; Buchkultur Archiv
Die Liebe soll der
Übergang zur Prosa
Artmanns Dialektgedichte sind
keine Dialektgedichte. Auch
keine Wiener Gedichte, sondern
Gedichte aus Wien.
werden. Vom „ewigen Verliebtsein“
schreibt Klaus Reichert, der Artmanns Prosa herausge­­
bracht hat, im Nachwort, dem er den
Ti­­
tel „Poe­
tik des Einfalls“ gibt. (Zu
Reichert und Artmann erfährt man
von Raoul Schrott in einem Nachwort
zu „Fleiß und Industrie“ Persönliches.
H. C. widmete diese dreißig Texte, in
denen zumeist von Berufen und Handwerken die Rede ist, seinem lieben Vater
Johannes, einem Schuster. Reichert erzählte, dass er, Artmanns damaliger Lektor, den mürrischen Dichter in seinem
Gästezimmer hat einsperren müssen,
damit aus den verstreut gedruckten Texten auch ein Buch werde.) Zurück zur
Neuausgabe der Prosa und deren Nachwort. Reichert fragt da gleich einmal zu
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Beginn, was denn
das Besondere an
der Artmann’schen
Prosa sei – und weiß
natürlich die Antwort: die Frische. „Die Frische hat ihren
Grund in einem durchgehaltenen prosai­
schen Ich, das sich gleichsam der Erfahrung verweigert und von einigen wenigen, in höchster Originalität verwandelt
immer wiederkehrenden Grundkonstellationen bestimmt ist, die man adoleszent nennen könnte.“ Und wenn Reichert damals feststellen hat können, dass
die jeweils Jüngsten die zahlreichsten
Leser stellten, so wird an Hand dieser
Neuausgabe zu überprüfen sein, ob die
Magie Artmanns noch immer wirkt.
Kann er auch heute noch die jungen Leser unserer Tage bezaubern, wenn mit
„einem Sternenstaub von Einfällen die
Texte daherstieben“? Das ist für unser­
lingstext von H. C. Artmann, ich könnte
überall aufblättern und mich festlesen.
Beim vorerst letzten Versuch landete ich
bei „Conrad Tregellas’ Abenteuer“. Endlich kommt außerhalb des Struwwelpeters wieder einmal ein Konrad vor – und
sei es einer mit C. Aber auch der Schluss
der Geschichte passt so gut: „Und glauben sie mir: Wir haben mehr glück gehabt als verstand!“.
zum autor
Hans Carl Artmann, 1921 in Wien ge­
boren, 1940 zur Wehrmacht eingezogen, desertierte zwei Mal; 1947 Beginn
seiner dichterischen Laufbahn, 1952-58
Zusammenarbeit mit der „Wiener Gruppe“ (Rühm, Bayer, Achleitner, Wiener),
Präsident und Gründungsmitglied der
Grazer Autorenversammlung, zahlreiche
Preise und Ehrungen, darunter der Große
Österreichische Staatspreis für Literatur
und der Georg-Büchner-Preis. Artmann
starb am 4.12.2000 in Wien.
Die Stadt Wien verleiht seit 2004 den
H.-C.-Artmann-Preis, die Stadt Salzburg
vergibt seit 2008 das H.-C.-ArtmannStipendium.
|Schreibe mir, meine Seltsame, schnell. Briefe an Didi
1960-1970| Mandelbaum 2015, 60 S., EurA 48
|Gesammelte Prosa| Hg. v. Klaus Reichert. Residenz 2015,
1800 S., EurA 39,90
7
n porträt
Verena Mermer erzählt in ihrem ersten Roman vom Alltag
junger Menschen in Baku. V on E rnst G rabovszki
Baku, die Haupt­
stadt von Aserbai-
Schon lange vermeidet es Frida,
in den Norden der Stadt zu fahren, weil ihr die Pogrome gegen
die Armenier vor Augen stehen.
dschan, ist ein Ort
mit einer Eigenschaft, die Ingeborg
Bachmann einem ganzen Land gewünscht
hat: Er liegt am Meer. Nähert man sich
am Schiff dem Hafen, meint man, in eine
Mondlandschaft einzulaufen. Ein Funkturm, der nachts rot, blau und gelb beleuchtet ist, als sei er aus Glas, nicht weit
davon entfernt drei Türme, die Baku
Flame Towers, die wie Segel aus dem
Boden ragen und als Hotels und Büros
dienen. Hier mischt sich High Tech mit
Altbausubstanz. Und auch sonst lässt
sich Baku architektonisch nicht lumpen.
Die Baku Crystal Hall etwa, eine vor drei
Jahren fertiggestellte Veranstaltungsarena, sieht aus wie ein diamantbehangener
Käfer, der sich im Boden festgekrallt hat.
Hier scheint es keine Gegenwart zu geben, nur Utopie und Vergessenes.
Die österreichische Autorin Verena
Mermer kennt das alles. Sie hat in Baku
Deutsch unterrichtet – und geschrieben.
Ihr erster Roman „die stimme über den dächern“ erzählt von vier jungen Menschen,
8
die in Baku leben.
„sie sind vogelfrei
und heimatlos, alle
vier bis auf weiteres
auch ohne arbeit.“
Wenngleich eines der vier Motti, die
dem Roman voranstehen, vor der Befassung mit Politik warnt, ist das unter den
Umständen, unter denen Nino, Ali, Frida
und Che leben, kaum möglich. In Aserbaidschan, seit 1991 von der Sowjetunion
unabhängig, kann sich die Regierung nur
schwer an demokratische Grundsätze gewöhnen. Der amtierende Präsident Ilham
Aliyev musste sich mehrfach Vorwürfe
des Wahlbetrugs gefallen lassen. Und mit
der Pressefreiheit nimmt man es ebenfalls nicht so genau. Das hat sich auch im
Frühjahr 2011, als der Roman spielt, noch
nicht geändert. Selbst wenn sich die zwei
Paare in ihrer privaten Beziehungswelt
recht und schlecht zurechtfinden, werden
ihre Zweisamkeiten gestört. Zum einen
durch ihre Erinnerungen, zum anderen
durch die Gegenwart: Schon lange vermeidet es Frida, in den Norden der Stadt
zu fahren, weil ihr die Pogrome gegen die
Armenier vor Augen stehen. Die Erinnerungen an den 20. Jänner 1990, als sow-
Erfrischend an Verena Mermers Roman
ist, dass man darin mit unvertrauter Umgebung konfrontiert ist. Kein Bergsee,
keine Landstraße, kein regional gefärbter
Sprachduktus, der einen beim Lesen unvermeidlich in die österreichische Landschaft
holt. Auch für die Autorin ist es wichtig,
wo sie schreibt. Wer außerhalb seiner gewohnten Sprache lebt, kann sich auf neue
Rhythmen, Formulierungen und Motive
einlassen und daraus Nutzen für das eigene Schreiben ziehen. Das konnte Mermer
bereits mehrmals. Die 1984 in Niederösterreich geborene Schriftstellerin hielt sich
neben Baku längere Zeit in Delhi, Indien,
und dreimal in Cluj-Napoca, Rumänien,
auf. Dort arbeitete sie, unterstützt durch
ein START-Stipendium, an einem Text
über Arbeitsmigration. Vor kurzem ist
sie von einem einmonatigen Aufenthalt in
Prag zurückgekehrt, den sie vor allem zur
intensiven Recherche genutzt hat. Mitgebracht hat sie Gedichte und die Rohfassung einer Kurzgeschichte. Zur Zeit verfolgt sie aber v. a. die Resonanz auf ihren
ersten Roman. Sie sei aufgeregt und froh,
aber auch kritisch ihrem Text gegenüber.
Doch eigentlich ist sie mit ihren Gedanken schon bei ihren nächsten Projekten.
Ein gelungener Text, so Mermer, solle
an die Lebensrealität der Leser anknüpfen
können. Kurz und pointiert möchte sie
schreiben, Redundanzen vermeiden, um
gerade damit dem Leser genug Raum für
eigene Interpretation zu lassen. Mit „die
stimme über den dächern“ ist ihr das gelungen.
zur autorin
Verena Mermer, geboren 1984 in Nieder­
österreich, studierte Germanistik, Romanistik und Indologie. Arbeitsaufenthalte
in Delhi, Baku und Cluj-Napoca. Sie lebt
und arbeitet als Autorin und Literaturwissenschaftlerin in Wien; veröffentlichte
in Literaturzeitschriften und erhielt das
START-Stipendium für Literatur 2014.
|die stimme über den dächern| Residenz 2015, 160 S.,
EurA 19,90 • Auch als E-Book
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Foto: Aleksandra Pawloff
Fernes Glück
und nahe Freude
jetische Panzer durch Baku krochen, sind
überdies lebendig wie kaum etwas. Und
über den Stadtteil, in dem die Vier leben,
heißt es: „häuser und träume werden dort
schneller abgetragen als kleidung.“ Und
alle, Ali ausgenommen, möchten sie fort.
porträt n
Sehnsuchtsbilder
sie ihren Beruf als Regisseurin und Kreativdirektorin an den Nagel gehängt, um
sich ganz dem Schreiben zu widmen. Diese Sehnsucht nach Selbstwahrnehmung
und dem Glück der Figuren (in „Wintersonnen“ erzählt Gustava von ihren unerfüllten Wünschen) ist auch mit der Sehnsucht nach Liebe, bedingungsloser Liebe,
verbunden. Deshalb habe ich die Autorin
gefragt, was denn Liebe für sie sei. Die
Antwort gibt die alte Charlotte, fast eine
Freundin von Gustava: „Das Glück und
die Angst. Diese unbesiegbaren Mons­
ter, die mich ein Leben lang an der Nase
herumführten!“ Sie selbst würde es nicht
so drastisch formulieren, denn, so sagt
sie, „ich gehöre zu den Menschen, die
unerschütterlich an die Liebe glauben“.
Ivana Jeissing zeigt auch mit ihrem dritten Roman, dass
die Grenzen zwischen hoher und unterhaltender Literatur
gar nicht so leicht zu ziehen sind. V on D itta R udle
Verständlich, witzig, emotional berührend zu schreiben, ist keine Schande und
die Leserschaft weiß das. Ivana Jeissing
hat ein Thema, das sich durch alle ihre
Geschichten von Frauen zieht: Die Suche
nach Identität und das Wunschbild einer perfekten Familie. Der Verdacht, die
Mittfünfzigerin schöpfe aus dem eigenen
Leben, wird zerstreut: „Ich bin sehr gut
behütet in Salzburg aufgewachsen. Meine
Mutter kommt aus Italien. Eine tolerante,
kluge und liebevolle Frau, die sich um den
Haushalt kümmerte, wenn sie nicht an wiederkehrendes Thema der Suche nach
der Staffelei stand und malte. Mein Vater Identität und die Auseinandersetzung
war Bauingenieur und Erfinder. Meine et­­­ mit den damit in Verbindung stehenden
was exzentrischen Eltern entsprachen so Sehnsuchtsbildern des ‚Idealen‘ und ‚Pergar nicht dem Bild der idealen Familie fekten‘ sowie die damit zusammenhänim ländlich-beschaulichen Salzburg genden Enttäuschungen.“ Da gibt es schon
der frühen 1960er-Jahre. Ich wuchs in Pa­rallelen, exzentrische Eltern haben ihre
buchkultur180x125mm_2015_buchkultur205x140mm.qxd 19.08.2015 13:32 Seite 1
diesem Kontrast auf. Daher wohl mein Frauenfiguren auch. Vor zehn Jahren hat
zur autorin
Foto: Joe Fish
Ivana Jeissing wurde in Salzburg geboren
und wuchs in Österreich und Italien auf.
Sie lebte in Wien, London und Barcelona
und arbeitete als Regisseurin und Creative
Director. 2007 erschien ihr erster Roman.
Gegenwärtig lebt und arbeitet sie in Berlin.
|Wintersonnen| Metrolit 2015, 229 S., EurA 22,70
• Auch als E-Book
Literaturedition Niederösterreich
Publikationen
2015
Mein Mostviertel – Anthologie
Herausgegeben von Wolfgang Kühn
Texte von Zdenka Becker, Fabian Faltin, Thomas Havlik,
Hermann Niklas, Herbert Pauli, Martin Pollack, Martin Prinz,
Barbara Pumhösel, Hans Raimund, Evelyn Schlag, Julian
Schutting, Maria Seisenbacher, Cornelia Travnicek, Erwin
Uhrmann, Manfred Wieninger, Herbert J. Wimmer, Magda
Woitzuck, Gerhard Zeillinger und Michael Ziegelwagner.
320 Seiten, geb. mit Schutzumschlag, 15 x 22 cm
ISBN 978-3-902717-28-3 € 22,-
In Erwartung einer Fremde
Isabella Feimer / Manfred Poor
Text: Isabella Feimer, Farbfotografien : Manfred Poor
216 Seiten, geb. mit Schutzumschlag, 21 x 21 cm
ISBN 978-3-902717-29-0; € 23,-
www.literaturedition-noe.at
GlücksFälle
Elisabeth Martschini
Roman
140 Seiten, geb. mit Schutzumschlag, 15 x 22 cm
ISBN 978-3-902717-30-6; € 18,-
Karl Farkas: Einer, der nicht hassen konnte.
Bd. 1: Beiträge zu Leben und Werk, herausgegeben von
Andreas Weber (160 Seiten). Beiträge von Josef Hader,
Gerhard Zeillinger, Karin Sedlak, Martin Wedl, Oliver Bentz,
Margit Schreiner, Erwin Riess.
Bd. 2: Ausstellungskatalog zur Ausstellung „Karl Farkas.
Einer, der nicht hassen konnte. Emigration und Rückkehr“
(110 Seiten), herausgegeben von Katharina Strasser.
2 Bände im Schuber, ISBN 978-3-902717-31-3; € 25,-
www.kultur.noe.at
n österreich spezial
Ernst Jandl „brachte die Sprache zum
Sprechen“.
der Fremde“. Und mit täglich abgehakten Arbeitslisten. Später folgten auf
diese schillernden Sprechzerlegungen
grammatikalisch konventionellere, melancholische bis renitent depressive Lebens-, Ich- und Zustandsreflexionen.
Nach jahrelangen krankheitsbeding­
ten Absenzen ließ sich Jandl 1979 in
Über Ernst Jandl, der heuer 90 Jahre alt geworden wäre.
V on A lexander K luy
Ein Mann von runder Anmutung mit
rundem kahlem Kopf. Der, in Anzug
und Krawatte, saß er auf einem Podium und schlug eines seiner Bücher auf,
aus dem vorzulesen er begann, urplötzlich etwas anderes wurde. Ein Ereignis.
Ein poetischer Urknall. Eine akustische
Wort-Explosion. Ernst Jandl, geboren
am 1. August 1925, Lehrer für Deutsch
und Englisch, über Arthur Schnitzlers
Novellenkunst promoviert und lange
am Gymnasium an der Waltergasse,
Wien IV, tätig, führte als Autor eine
andere Tradition weiter. Die Avantgarde: die Lautpoesie eines August Stramm,
die radikale Syntaxzerlegung Gertrude
Steins, die visuelle Poesie Dadas.
Dabei sind Jandls Gedichte richtiggehend populär geworden. Wer kennt
nicht „Ottos Mops kotzt“? Oder das so
lautmalerisch grimmige „schtzngrmm“?
Und wer verweist nicht darauf, lechts
und rinks seien nicht zu velwechsern –
werch ein illtum!
„Laut und Luise“, 1966 im Walter
Verlag in Olten in der Schweiz erschie10
nen, führte umgehend zur Entlassung
des Verlagsleiters Otto F. Walter durch
die konservativen Eigentümer. Ein
Glück für Jandl, folgte er doch Walter
nach Deutschland zum Luchterhand
Verlag, der seither sein Werk betreut.
Heute ist „Laut und Luise“ einer der
bekanntesten Lyrikbände der letzten 50
Jahre und sogar als Reclam-Bändchen
erhältlich. Ebenso wie die Autoren der
„Wiener Gruppe“, H. C. Artmann,
Konrad Bayer, Gerhard Rühm, auf andere Art Hans Lebert, Elfriede Gerstl,
Reinhard Prießnitz, sorgte Jandl für
einen Aufbruch in der österreichischen
Nachkriegsliteratur. Sie bezogen sich auf
1938 abgetrennte Strömungen. Sorgten
für frische Luft.
Für subversive Spiele, die die Dynamik, die Klang- und reinen/unreinen
Sinnmöglichkeiten der Worte ernst
nahmen. Ernst Jandl brachte, meinte
der deutsche Lyriker Helmut Heißenbüttel, die Sprache zum Sprechen, auch
und erst recht in theatralischen SprechOpern wie „die humanisten“ und „Aus
zum autor
Ernst Jandl wurde 1925 in Wien geboren,
wo er 2000 verstarb. Er hat Deutsch und
Englisch an einer Schule unterrichtet und
mit der Dichterin Friederike Mayröcker
zusammen geschrieben und gelebt (wenn
auch nie in derselben Wohnung). Als
Lyriker hat er mit Sprache gespielt und
experimentiert; seine Lautgedichte entfalteten besonders bei seinen Leseauftritten
ihre Wirkung.
|Werke in sechs Bänden| Hg. v. Klaus Siblewski. Luchterhand 2015, 2387 S., EurA 101,80
• Erscheint im Frühjahr 2016!
|Eile mit Feile| Der Hörverlag 2015, 1 Audio-CD, 76 Min.,
EurA 16,90
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Foto: Susanne Schleyer / www.autorenarchiv.de
„Und was wirst
du dann sagen?“
den vorzeitigen Ruhestand versetzen.
Bereits zwei Jahre später gab es das erste
wissenschaftliche Symposium über sein
Werk. Zwanzig Jahre lang, bis starke
gesundheitliche Einschränkungen dies
unterbanden, engagierte er sich in der
1973 von ihm mitgegründeten Grazer
Autorinnen Autorenversammlung. Fast
46 Jahre währte die Schreib- und Lebensgemeinschaft mit Friederike Mayröcker, die, als sich die beiden kennen
und lieben lernten, ebenfalls noch Lehrerin war. Jahrzehntelang führten sie
gemeinsam, aber räumlich getrennt in
eigenen Wohnungen, eine fruchtbare,
inspirierende, dabei stilistisch wie arbeitsorganisatorisch sehr gegensätzliche
Beziehung.
Auf „Letzte Worte“, seinen letzten
Gedichtband, freute sich Ernst Jandl
besonders, war doch eine Erscheinungsweise als Taschenbuch geplant.
Das Erscheinen im Frühjahr 2001 erlebte er aber nicht mehr, er starb am
9. Juni 2000 in Wien. „und was wirst
du dann sagen?“ heißt es im Titelgedicht, „lebt wohl ihr weiterlebenden
... / das heißt, wenn jemand bei mir
ist / werde ich das vielleicht sagen“.
porträt n
Alltag im Wiener Schtetl
damals alltäglich war, grauenvoll und
gewöhnlich zugleich. Das zwischen seiner ganzen alltäglichen Wucht und seiner Suche nach ein wenig Geborgenheit
changiert. Voll vergeblicher Hoffnung
auf Schutz durch den Kaiser. Und voller
Tatkraft im Leben Tag für Tag.
Claudia Erdheim, promovierte Philosophin, Schriftstellerin seit vielen Jahren, schrieb zum Beginn ihrer Karriere
Romane über ihre Jugend, später Werke
von großer Brisanz und Gegenwärtigkeit
zur österreichischen Wirklichkeit. Nun
feierte sie Anfang Oktober ihren siebzig­s­
ten Geburtstag in aller Frische. Man darf
gratulieren. Und sich auf Kommendes
freuen, wenn’s weiter so gelingt wie „In
der Judenstadt“.
Foto: Daniela Klemencic
Nach dem Porträt der Wiener Gesellschaft im 19. Jahrhundert,
„Betty, Ida und die Gräfin“, weiß Claudia Erdheim diesmal das
Ghetto der Wiener Juden zum Beginn des 17. Jahrhunderts in
einer berückenden Erzählung zu beschreiben. V on N ils J ensen
Es ist wie mit Facebook heute: Gerüchte machen die Runde, bis sie zur
scheinbaren Richtigkeit werden. Der
Samuel Israel hats mit einer Christin!
Ist das wahr? Ja natürlich, der Jakob
hat’s gehört. Und schon wird Gericht
gehalten und sogenanntes Recht gesprochen, Rachejustiz eigentlich. Die
Juden haben’s so gar nicht fein in ihrer
neuen Judenstadt, wohin sie 1624 auf
Geheiß des Kaisers ziehen mussten,–
nach außerhalb der Stadtmauern, in den
Unteren Werd. „„In der Judenstadt““
nennt Claudia Erdheim ihr allerneuestes
Buch, eine Erzählung. Lapidar der Stil,
bewusst gesetzt die Zeilen, eine Aufzählung beinahe, über das Verhängnis des
Himmels, das die Einwohner erwartet.
zur autorin
Claudia Erdheim, geboren 1945 in Wien,
studierte Philosophie und Logik in Wien,
München und Kiel. Sie hatte Lehraufträge an
den Universitäten Kiel, Hamburg und Wien,
wo sie heute als freie Schriftstellerin lebt.
Verleumdungen, Überfälle der Christen, der Studenten, bis hin zum Mord
und letztlich wieder zur Vertreibung.
Das erzählt Erdheim gekonnt wie kurzweilig und mit großer Empathie: Das
bewegte Schicksal der Lena Gerstl, das
|In der Judenstadt. Erzählung| Czernin 2015, 144 S.,
EurA 18,90 • Auch als E-Book
LISTENING LAB – so kann Begeisterung entstehen!
Die neue Reihe LISTENING LAB öffnet eine Vielzahl von Zugängen
zur Musikvermittlung und widmet sich den Klassikern der Moderne.
•
Junge und erwachsene Menschen werden ganz nah
an die Musik herangeführt
•
Anregende und praxisnahe Zugänge für Kinder,
Jugendliche und Erwachsene
•
Tipps zum kreativen künstlerischen Gestalten sowie
konkrete Anregungen, die ein tiefes Verständnis für
das jeweilige Werk ermöglichen
listening
lab
Alban Berg
Violinkonzert
Violin Concerto
Materialien zur Musikvermittlung
Materials for communicating music
Constanze Wimmer & Helmut Schmidinger
listening
lab
György Ligeti
Atmosphères
Materialien zur Musikvermittlung
Materials for communicating music
Veronika Großberger & Johannes Voit
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Multimediale Ergänzungen wie Filme, Hörbeispiele,
Bilder und Texte als kostenloser Download
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Weitere Informationen unter
www.universaledition.com/musikvermittlung
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Universal Edition
UE 26 316
Universal Edition
UE 26 315
Universal Edition
listening
lab
1
Luciano Berio
Rendering
Materialien zur Musikvermittlung
Materials for communicating music
Constanze Wimmer & Helmut Schmidinger
2
UE 26 317
Universal Edition
3
n thema
Musikalische
Begegnungen
unsterbliche Werke geschaffen.
Aber nicht nur klassische Musik
wird gepflegt in unserem Land.
Und tatsächlich, vier Buchneu­
erscheinungen repräsentieren das
Spektrum im „Musikland Öster­
reich“. V on K aroline P ilcz
Österreich, und vor allem Wien, wird
gern als Brennpunkt der mit Stolz als
klassisch bezeichneten Tradition und als
zentraler Schauplatz des musikalischen
Fortschritts von Kunstmusik angesehen.
Und so verwundert es auch nicht, dass
drei der vier Bücher unmittelbar mit
Wien zu tun haben.
Kaum ein Komponist ist wohl sein
ganzes Leben so eng mit Wien verbun­
den gewesen wie Franz Schubert. Ihm
setzte der Engländer Charles Chadwick
mit „Josefa“ nicht nur ein literarisches
Denkmal, er schrieb ihm auch eine Lie­
beserklärung in Form eines biografischen
Romans. Schuberts junge Halbschwes­
ter Josefa, die, was historisch belegt ist,
als Kind half, den sterbenden Musiker
zu pflegen, wird 1861 von einem eng­
lischen Journalisten besucht. Nun er­
zählt die einfache Frau über die letzten
Tage Schuberts, wie er lebte, wie er war.
Dieser kleine, kurzsichtige, schlampige
und unscheinbare Mann erwacht vor
dem Auge des Lesers zu neuem Leben,
kindlich gezeichnet von einer, die ihm
nahe stand. Die einfühlsamen Monologe
zeugen von profunder Sachkenntnis und
beweisen, dass die Gattung des biogra­
fischen Romans durchaus nicht passé ist.
Schon seit jeher vergnügte man sich
in Wien gern beim Heurigen und im
Kaffeehaus, wo das Publikum einst seine
Heurigensänger und Operettenstars ver­
ehrte. Diesen beliebten Volkssängern,
Tanzgeigern, Liederweibern, Leiermän­
nern, Schrammeln, Gesangsvereinen
12
Foto: Aus „Klingendes Wien“ / Sutton Verlag
In Österreich wurden große
Komponisten geboren und
Mit Gstanzln und Liedern unterhielten Volkssänger und Harmonikaspieler Alfred Oietsch
und sein Terzett die Heurigengäste.
und Salonorchestern, die das Bild von
Wien über Jahrzehnte hinweg prägten,
ist ein Bildband gewidmet. Anhand von
160 Fotografien, Ansichtskarten und Il­
lustrationen, vor allem aus den Archiven
der Wiener Bezirks- und Sondermuseen,
entsteht in „Klingendes Wien“ ein le­
bendiges Bild der Musikstadt abseits der
professionellen Musiker.
Kapiteln der Bogen von der Gründung
des Orchesters 1842 bis in die Gegen­
wart gespannt. Mozartjahr 2006, die
Philharmoniker-Münze, Birgit Nilsson,
Nikolaus Harnoncourt oder Mauthau­
sen sind einige der Mosaiksteinchen.
Ein spannendes, gut zu lesendes und
unterhaltsames Buch über einen Teil der
Musik-und Kulturgeschichte (nicht nur)
Wiens.
Bis in unsere Tage hinein gibt es ei­
nige Konstanten, die Wien musikalisch
prägen: Wiener Klassik, Wiener Wal­
zer, Staatsoper und Musikverein, Neu­
jahrskonzert und Opernball.
Es sind die beliebten Volkssänger, Tanzgeiger, Liederweiber,
Leiermänner, Schrammeln und
Salonorchester, die das Bild von
Wien über Jahrzehnte hinweg
musikalisch prägten.
Und: die Wiener Philharmoniker. Elo­
quent, mit leichter Feder, überaus un­
terhaltsam und kurzweilig schreibt der
Violinist und langjährige Vorstand des
sich selbst verwaltenden Orchesters Cle­
mens Hellsberg über Begegnungen der
Philharmoniker mit Musikern, Diri­
genten, Komponisten und Musikstätten.
Durch die intensive musikalische wie
organisatorische Arbeit des Orchesters
kommt es zu einer Vielzahl und gro­
ßen Breite solcher Begegnungen. Gleich
einem bunten Mosaik wird in farbigen
Dass Österreich aber nicht nur von
seiner übermächtigen Vergangenheit
beherrscht wird und es mehr gibt als
die klassische Repräsentationskultur,
zeigt ein Reiseführer der anderen Art.
„Austrian Heartbeats“ führt durch die
Nischen der österreichischen Musik­
landschaft: Popkultur, experimentelle
Musik, Jazz und Elektronik. Es bietet,
nicht immer todernst, mit wissenswer­
ten Essays, nützlichen Adressen, Hin­
weisen, Ratschlägen, Interviews und
kurzen informativen Texten einen bebil­
derten Überblick.
die bücher
Austrofred, Thomas Edlinger (Hg.) |Austrian Heartbeats.
Reiseführer für aktuelle Musik aus Österreich| Verlag
für moderne Kunst 2015, 239 S., EurA 18,90
Hans Werner Bousska, Ernst Weber |Klingendes Wien.
Von Schrammeln und Salonorchestern| Sutton 2015,
118 S., EurA 19,99
Charles Chadwick |Josefa. Ein Schubert-Roman| Übers. v.
Klaus Berr. btb 2015, 224 S., EurA 10,30 • Auch als E-Book
Clemens Hellsberg |Philharmonische Begegnungen. Die
Welt der Wiener Philharmoniker als Mosaik| Braumüller
2015, 200 S., EurA 23,90
Buchkultur Österreich Spezial 2015
quergelesen
• geschichte & politik •
Exilforschung: Österreich
Mandelbaum, 650 S., EurA 29,90. Erscheint am 15.10.
Mehr als vierzig WissenschaftlerInnen widmen sich dem Thema „Exilforschung in und zu Österreich“. Dieser Band behandelt Aufnahme- und Lebensbedingungen von ExilantInnen.
Bernhard Gitschtaler
Ausgelöschte Namen. Die Opfer des
Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal
Otto Müller, 380 S., EurA 27
Nach über 70 Jahren werden die vergessenen Opfer des
Nazi-Terrors im Kärntner Gailtal ins kollektive Gedächtnis
zurückgerufen. 200 Biographien konnte das Team um
Gitschtaler in dreijähriger Forschungsarbeit rekonstruieren.
Werner Hanak-Lettner
Die Universität. Eine Kampfzone
Picus, 224 S., EurA 29,90
Um 1900 werden Wissenschaft und Forschung in Wien von
zahlreichen jüdischen Protagonisten vorangetrieben. Doch
schon ab 1880 nimmt die Gewalt zu, insbesondere die verweigerten Professuren führen zu einem Talentschwund in Wien.
Hannes Leidinger
Trügerischer Glanz. Der Wiener Kongress.
Eine andere Geschichte
Haymon, 328 S., EurA 24,90
Die Herrscher Europas kamen nicht nur zum Tanzen zum
Wiener Kongress. Nach der Niederlage Napoleons sollte
Europa neu geordnet werden, doch die Entscheidungsträger
waren sich uneinig. Leidinger beleuchtet den Wiener Kongress aus verschiedenen Perspektiven.
Simon Loidl
Eine spürbare Kraft
Promedia, 208 S., EurA 17,90
Zahlreiche Kommunisten mussten während der NS-Zeit
flüchten, viele davon gelangten in die USA. Um nicht untätig
zu sein, schlossen sie mit Vertretern anderer politischer
Lager antifaschistische Bündnisse.
Christoph Miler
Nowhere Men
Luftschacht, 320 S., EurA 23,20
Miler hat über eineinhalb Jahre Gespräche mit „Illegalen“
geführt, ihre Geschichten dokumentiert und sich abseits
der Nachrichten ein Bild gemacht. Das Ergebnis sind sechs
episodenartige Biografien.
Manfred Nowak
Menschenrechte – Wege aus der Ungleichheit?
Edition Konturen, 160 S., EurA 24
Nowak über die Krisen und Herausforderungen unserer Zeit,
die zu einem beträchtlichen Teil die Folge einer verfehlten
Politik sind. Doch Krisen bieten auch eine Chance, aus
Fehlern zu lernen.
Sepp Innerhofer
Folio, 120 S., EurA 19,90
Zum 100. Todestag von Innerhofer beschäftigt sich dieses
Buch mit dem hervorragenden und beliebten Kletter- und
Bergführer und skizziert dabei die Entwicklung des Fremdenverkehrs bis zum Ersten Weltkrieg.
Reclam, 700 S., EurA 39,90
Hier schreiben ausgewiesene Spezialisten über die großen
Epochen in der Geschichte Österreichs. Das erste erhaltene
Dokument, in dem erstmals von „Ostarrichi“ die Rede ist,
stammt aus 996. Doch seit dieser Zeit hat sich der geografische und politische Raum geändert.
Horst Jarka
Peter Stefan Jungk
Die Dunkelkammern der Edith Tudor-Hart
S. Fischer, 320 S., EurA 23,70
Das Leben der Fotografin Tudor-Hart. Sie wurde durch ihre Sozialreportagen in England bekannt und half im Auftrag des KGB
bei der Rekrutierung für den Spionagering „Cambridge Five“.
Gloria Kaiser
Dona Leopoldina
Seifert, 320 S., EurA 22,95. Erscheint am 12.11.
Eine bewegende Romanbiographie auf den Spuren von Leopoldine Josepha Caroline, die Urenkelin von Maria Theresia,
welche mit Predo von Bragança vermählt wurde und Brasiliens Unabhängigkeit von Portugal unterzeichnete.
Hertha Kratzer
Alles, was ich wollte, war die Freiheit: Außergewöhnliche Österreicherinnen der Moderne
Styria, 224 S., EurA 26,90
Wien um 1900 war ein Zentrum für Höchstleistungen in
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Manfred Mittermayer zeichnet die vielen
Lebensstationen und die
vielschichtige
Persönlichkeit
Thomas Bernhards nach.
Geschichte Österreichs
Löcker, 600 S., EurA 34,80
Die neue Auflage der Biografie Soyfers verbindet Lebensgeschichte, Werkanalyse und Zeitgeschichte. Horst Janka
zeichnet nicht nur das Leben des Autors nach, sondern auch
die politischen und gesellschaftlichen Ereignisse, die die
Menschen dieser Zeit bewegten.
Hans Heiss, Rudolf Holzer
Residenz, 400 S., EurA 28
Der Thomas-Bernhard-Experte Mittermayer fasst Leben
und Werk des Autors in einer großartigen Erzählung
zusammen.
Thomas Winkelbauer (Hg.)
Brandstätter, 144 S., EurA 19,90
Corti hat das Projekt „VinziRast“ für obdach- und heimatlose
Menschen ins Leben gerufen. In ihrem Buch geht es nicht
nur um ihren außergewöhnlichen Lebensweg, sie versucht
auch dem Menschsein auf den Grund zu gehen.
Residenz, 288 S., EurA 22,90
Ärzte, die sich die Hände waschen, waren nicht immer
selbstverständlich, da man nicht glaubte, dass schmutzige
Hände für Infektionen verantwortlich sind. Ignaz Semmelweis musste hart für die Anerkennung dieser Wahrheit
kämpfen. In dieser Biografie wird seine Lebensgeschichte
und deren Bedeutung für die Welt beleuchtet.
Thomas Bernhard – Eine Biographie
Wieser, 220 S., EurA 24,95
In Südkärnten leben seit Jahrzehnten Slowenen und
deutschsprachige Kärntner nebeneinander. In „Der Graben“
arbeiten Kulturvereine beider Gruppen an der Bewältigung
der letzten 100 Jahre und versuchen die gesellschaftlichen
Gräben zu überwinden.
Jura Soyfer
In den Händen der Ärzte. Ignaz Semmelweis –
Pionier der Hygiene
Manfred Mittermayer
Der Graben/Grapa
Man muss auf dem Grund gewesen sein
Anna Durnová
Böhlau, ca. 3400 S., EurA 289
Das Lexikon umfasst vier Bände, in denen rund 6500 Biografien österreichischer Frauen dargelegt werden. Von
der Römerzeit bis heute wird so das Wirken von Frauen in
Politik, Gesellschaft und Kultur erforscht.
Brigitte Ortner, Lojze Wieser (Hg.)
• BIOGRAFIEN & MENSCHEN •
Cecily Corti, Jacqueline Kornmüller
Ilse Korotin (Hg.)
BiografiA. Lexikon österreichischer Frauen
Thomas Morgenstern
Über meinen Schatten
Ecowin, 220 S., EurA 19,95
Morgensterns Aufstieg, seine Erfolge und das Ende
seiner Karriere haben niemanden kalt gelassen. Das Buch
erzählt auf persönliche Weise die Geschichte der besonderen Karriere dieses außergewöhnlichen Mannes.
Hugo Portisch
Aufregend war es immer
Ecowin, 352 S., EurA 22,95. Erscheint am 19.10.
Der bedeutende Journalist Portisch erinnert sich an sein
Leben und lässt so das Weltgeschehen der letzten 50
Jahre Revue passieren.
Lisa Rettl, Magnus Koch
Richard Wadani
Milena, 230 S., EurA 19,90
Aufgewachsen im revolutionären Prag, muss Richard
Wadani 1938 nach Wien. 1944 läuft er zu den Alliierten
über und kehrt in Uniform der Briten 1945 nach Wien
zurück. Das Autorenduo erzählen von seinem Leben und
seinen politischen Auseinandersetzungen.
Reinhold Tauber
Stifters Welt. Ein Theater
Trauner, 300 S., EurA 29,90
Tauber hat keine wissenschaftliche Abhandlung über das
Leben Adalbert Stifters geschrieben, sondern eine lebhafte Darstellung rund um den Menschen geschaffen.
Thomas Weyr
Die ferne Stadt
Limbus, 600 S., EurA 25
Thomas Weyr, Sohn des Malers und Schriftstellers Siegfried Weyr, erzählt von seiner Emigration 1938, von den
Existenzen in London und New York und von seiner Sehnsucht nach Wien. Mit Hilfe von Briefen und Tagebucheinträgen erinnert er sich an sein Auf- und Heranwachsen.
13
FOTO: Sepp Dreissinger
Evelyn Adunka, Primavera Driessen Gruber, Fritz Hausjell,
Irene Nawrocka, Simon Usaty (Hg.)
Kunst und Wissenschaft. In dieser Zeit wuchsen Mädchen
heran, die später Grenzen überschritten und ihren Weg
gingen. Kratzer stellt diese Frauen vor, welche durch Mut
nach ihren eigenen Wertvorstellungen leben konnten.
• quergelesen
• comic & Humor •
• Belletristik •
Wolfgang Bleier
Fischfang bei aufgehender Sonne
Klever, 136 S., EurA 16,90
Die eigenwillige Liebesgeschichte eines Obdachlosen zieht
sich durch den Text, während die Sprache sich immer wieder
zu verselbstständigen scheint.
Andrea Drumbl
Die Einverleibten
grafik: holzbaum
Edition Atelier, 128 S., EurA 16,95
Olga fehlt etwas in ihrem Leben. Als sie von ihrer Zwillingsschwester, die im Mutterleib gestorben ist, erfährt, bricht
für sie eine Welt zusammen. Als noch ein anderes Geheimnis
langsam ans Licht kommt, droht alles zu zerbrechen.
Gàbor Fònyad
Wien in leiwanden Grafiken: Sonderbare
Eigenheiten und Alltagsbegebenheiten in
bunten Darstellungen.
Asterix redt Wienerisch. Sammelband
Egmont Comic Collection, 96 S., EurA 20,60
Die beiden Asterix-Klassiker „Der Seher“ und „Der große
Graben“ auf Wienerisch erscheinen in neuer Auflage.
Wien in leiwanden Grafiken
Holzbaum, 64 S., EurA 10
Über Wiener Eigenheiten und Alltagsbegebenheiten und
die wahren Gründe für jeden Kaffeehausbesuch!
Eva Deutsch, David Pfister
Sonja & Bernd in Thailand
Scherz & Schund, 120 S., EurA 14
Das Langzeitpärchen Sonja & Bernd war bisher nur im
Radio zu hören. Nun erzählen sie ihre Abenteuer in Buchform. Auf ihrer Thailandreise weihen sie uns abwechselnd
in ihre amüsanten Erlebnisse ein. Mit Illustrationen von
Gerhard Haderer.
Gebrüder Moped
Was macht der Kanzler eigentlich beruflich?
Zuerst der Tee
Wortreich, 250 S., EurA 19,90
Eduard wird als vielversprechender Wissenschaftler am Institut
für Sprachen gehandelt. Wegen Streitigkeiten mit dem Institut
zieht er sich in eine Kleinstadt zurück. Dort will er auf alles verzichten, was seine Sinne stimulieren und ihn ablenken könnte.
Christian Futscher
Frau Grete und der Hang zum Schönen
Czernin, 208 S., EurA 19,90
Gretes Leben beginnt noch vor dem Zweiten Weltkrieg in
Wien und ist noch lange nicht zu Ende. Und so erzählt sie
vom modernen Paternoster auf der Mariahilferstraße, von
Männern, die sich bei Schießereien in Tonnen verstecken und
von Schuhen, die nur junge Leute tragen.
Bettina Gärtner
Unter Schafen
Müry Salzmann, 224 S., EurA 19
Kriminalroman und Komödie in einem: Mit viel Witz wird eine
Geschichte über Freundschaft, Liebe und eine Pharmaindus­
trie, die alles in den Hintergrund drängt, erzählt.
Susanne Gregor
Territorien
Droschl, 204 S., EurA 19
Ein spannendes Drama zwischen Liebe und Selbstverwirklichung in der tropischen Hitze Nicaraguas.
Sam verliert alle Menschen, zu denen er eine Bindung hat:
Sein Sohn ist gestorben, seine Frau trennt sich und das
Leben seiner Tochter lässt keinen Platz für ihn. Der Einzige,
der ihm bleibt, ist der Hund, den seine Tochter zurückließ.
Ulrike Kotzina
Verschwunden
Edition Laurin, 336 S., EurA 22,90
Rheas Mann beginnt ein Verhältnis mit einer Kollegin, ihre
Tochter erhält ein Stipendium in London. Doch Rhea möchte
beide um jeden Preis halten. Und plötzlich verschwinden in
ihrer Nachbarschaft immer mehr Menschen.
Beatrix Kramlovsky
Invasion der Wünsche
Kitab, 198 S., EurA 18
Rosa beschließt, ihrem Leben ein selbstbestimmtes Ende zu
bereiten. Doch ihre Enkelin Johanna hat ein gutes Gespür
und nutzt es, um ihre Familie zu retten.
Christine Lavant u. a.
Das Wechselbälgchen
Mandelbaum, 32 S., EurA 24,90
Zum 100. Geburtstag von Christine Lavant erscheint ihre
Erzählung „Das Wechselbälgchen“, gelesen von Sophie Rois,
als Klangbuch.
Mieze Medusa
Meine Fußpflegerin stellt Fragen
an das Universum
Milena, 180 S., EurA 17,90
Kein Pudel taucht auf und bietet einem Geld und Macht für
die Seele an. Mit einer Schafzucht versucht man die Welt zu
retten und die Katze verbündet sich mit der Schwiegermutter. Geschichten, wie das Leben sie schreibt.
Manfred Mixner
Tote Musik
Edition Keiper, 192 S., EurA 17,60
In der Einsamkeit der südschwedischen Wälder hat Mixner
faszinierende Figuren geschaffen, die ihm an Winterabenden
Gesellschaft leisteten und deren Geschichten er erzählen
muss.
Robert Neumann
Friedrich Hahn
Die Kinder von Wien
Edition Keiper, 120 S., EurA 17,60
Man weiß nicht viel von „Einer“. Nur dass er mit zwanzig aus
dem Herz-Jesu-Spital entlassen würde. Und er meidet Menschen, bis er sich seiner Wohnungsnachbarin Gisela anvertraut.
Andere Bibliothek, 280 S., EurA 22,70
Ein Wiener Keller im Nachkriegsjahr 1946: Die drei Kinder
Jid, Goy und Ewa haben sich im Nachkriegschaos in einem
Ruinenkeller in ihrer Freiheit eingerichtet. Doch ein Ex-Nazi,
im Dienste der Alliierten, versucht sie zu vertreiben, und der
Armee-Pastor will sie retten …
Jürgen Kaizik
Dine Petrik
Kremayr & Scheriau, 208 S., EurA 24
Die Fortsetzung von „Leider hat Lukas …“, welches 2014
zum „Buchliebling“ gewählt wurde, gewährt Einblicke in
die Kämpfe zwischen Lehrern und Eltern und wie sie über
das Mitteilungsheft ausgetragen werden.
Braumüller, 300 S., EurA 21,90
Leguan ist eine Berühmtheit unter den Psychoanalytikern;
wer es sich leisten kann, sucht seine Hilfe. So wie Studienabbrecher Max oder die Anwältin Lucie, deren Karriere durch
ihre psychische Störung gefährdet ist. Denn Vernunft und
Wahn können sich erschreckend ähneln ...
Bibliothek der Provinz, 196 S., EurA 20
Das Leben des berühmten Benjamin Bogathy verläuft katas­
trophal. Neben seiner Ehefrau hat er einige Affären. Als seine
Tochter ums Leben kommt, scheint Bogathy vollständig die
Kontrolle zu verlieren …
Monika Reitprecht
Andrea Kern
Lebenssee III – Wandelalter
Milena, 180 S., EurA 17,90
Bei Bibliotheken denken die meisten an Regale mit
alten Wälzern und die Mitarbeiter ermahnen streng zur
Einhaltung der Ruhe. Reitprecht, die die Facebook-Seite
der Büchereien Wien gestaltet, beweist durch ihre Schilderungen des Bibliotheksalltags schmunzelnd das genaue
Gegenteil.
Picus, 270 S., EurA 19,90
Kern schreibt über ein großes Tabu und darüber, wie die
Hinterbliebenen nach einem Unglück langsam wieder zurück
ins Leben finden.
Milena, 200 S., EurA 18,90
Die Gebrüder Moped scheuen keinen Seitenhieb, sobald
sie die österreichische Politlandschaft analysieren. Und
wenn die Sprache nicht mehr ausreicht, drücken sie es
mit Bildern aus: Die besten und lustigsten gefälschten
Werbe- und Wahlplakate sind auch in diesem Buch
versammelt.
Niki Glattauer
Leider hat Lukas schon wieder …
Wo stehen hier die E-Books?
Lea Willimann, Jan Blum
Die besten Wortwitze der Welt
Holzbaum, 64 S., EurA 10
Alltägliche Sprichwörter und Redewendungen werden
von namhaften Cartoonisten wörtlich genommen und
gezeichnet. Oder sie machen aus dem Damoklesschwert
ein Damenkloschwert.
14
Der Setzkasten oder: Erwin und
die halben Luftballons
Die Zukunft der Gottesanbeterin
ErHängt. Wir fallen.
Margarita Kinstner
Mittelstadtrauschen
btb, 288 S., EurA 10,30
Marie lernt Jakob in einem Café kennen und setzt damit auch
weitere Geschichten in Gang. Jakob trennt sich von Sonja,
welche sich wiederum in Gery verliebt, der der beste Freund
von Joe, Maries Exfreund, war. Und ein Testament taucht auf,
in dem Marie und Gery erwähnt werden.
Martin Kolozs
Ein Funke Leben
Bucher, 112 S., EurA 13,50
Flucht vor der Nacht
Walter Pilar
Ritter, 260 S., EurA 18,90
Eine Sammlung „skurrealer“ Arbeiten aus vier Jahrzehnten
mit autobiographischen Erzählungen, Kurzgeschichten und
Bild- und Lautgedichten.
Günter Schmidauer
Halbtraum
Drava, 200 S., EurA 19,80
Der Journalist Paul Tinhoff bricht in einer Kirche zusammen.
Der Grund dafür lässt sich nicht finden, aber danach ist für
ihn nichts mehr, wie es war. Durch die Spur zu einem Necronomicon wittert er die Geschichte seines Lebens.
Carolina Schutti
Eulen fliegen lautlos
Edition Laurin, 64 S., EurA 14,90
Eine stille, zerbrechliche Novelle über eine kindliche Verstörung in einer fremden Welt.
Buchkultur Österreich Spezial 2015
quergelesen •
• kulinarisch •
Eva Derndorfer
Viktor Siegl
Maudrich, 120 S., EurA 16,90
Die Ernährungswissenschaftlerin Derndorfer beschrieb
bereits in ihrem Buch „Warum wir essen was wir essen“,
dass bei Essen nicht nur Geschmack und Geruch eine Rolle
spielen, sondern auch Farben. Diesmal stellt sie leckere
Rezepte nach Farben sortiert vor.
Braumüller, 228 S., EurA 9,90
Siegl stellt auch dieses Jahr die besten national und international ausgezeichneten Weine vor. Neben Adressen der
Winzer und aktuellen Preisen gibt er persönliche Beurteilungen zu den Weinen ab.
Farben essen
Christoph Wagner sammelte in seinem letzten
Werk seine Erkenntnisse über den Genuss, herausgegeben von seiner Frau und Co-Autorin
Renate Wagner-Wittula.
Die besten Weine Österreichs 2016
Christoph Wagner, Renate Wagner-Wittula (Hg.)
Christian Ofner
Universität der Genüsse
Stocker, 144 S., EurA 24,90
Alle Klassiker der österreichischen Backtradition von Osterpinzen über Kletzenbrot bis zum Faschingskrapfen. Zu vielen
Rezepten gibt es mit QR-Codes zusätzliche Videos.
Haymon, 552 S., EurA 29,90
Christoph Wagner war der Gourmet Österreichs. In diesem
Buch erklärt er, wie das Verständnis von Genuss entsteht.
Geschichte, Kunst und Politik hinterlassen ihre Genussspuren. Eine philosophische Reise zum guten Geschmack.
Feingebäck vom Ofner
Krisztina Tóth
Aquarium
Nischen Verlag, 280 S., EurA 23
Eine verrückte Großmutter mit wechselnden Liebhabern und
einem Aquarium, in dem nur die fittesten Fische überleben,
die flatterhaft-liebevolle Mutter und die kleine Vera, welche
sich wie die Fische im Aquarium gefangen fühlt.
Andreas Unterweger
Das gelbe Buch
Droschl, 240 S., EurA 20
Eine Gruppe Buben wohnt in einem gelben Haus und zwischen gelben Feldern. In den herrlichen Sommern baden sie
in den gelben Flüssen. Hin und wieder taucht ein Waldläufer
auf und erzählt von Wildschweinen.
Ursula Wiegele
Im Glasturm
Müry Salzmann, 170 S., EurA 19
Clara, die seit ihrem achten Lebensjahr gehörlos ist, kommt
mit Anfang 40 nach Hause zurück. Ihr Bruder Paul hat sie
gebeten, beim Räumen der elterlichen Wohnung zu helfen.
Doch dann ist Paul plötzlich verschwunden.
Franz M. Wuketits
Mit Pessoa in den Baumarkt
Proverbis, 204 S., EurA 19,90
W. verbringt nur wenige Minuten in dem Baumarkt; die
Eindrücke, die er dort sammelt, lösen ein Trauma aus und
stellen ihn vor handwerkliche Herausforderungen. Eine
skurrile Geschichte über einen Menschen, der sich mit einer
eigenartigen Umgebung befassen muss.
• lyrik •
Philipp Hager
Handbuch der Herzoperationen
Sisyphus, 140 S., EurA 12,40
Gedichte über das Leben, die Liebe und über Dinge, die in
der Zeitung stehen.
Sonja Harter
Landpartiestorno
Edition Keiper, 96 S., EurA 15,40
Der dritte Gedichtband von Harter, eine der wichtigsten
Stimmen der jungen österreichischen Dichtergeneration.
• krimi •
Hermann Bauer
Gefahr im Anzug
Gmeiner, 306 S., EurA 12,40
René Kreil ist als Lyriker zwar erfolgreich, hat aber dennoch
finanzielle Sorgen, die ihn zu undurchsichtigen Geschäften
rund um eine Fußgängerzone in Floridsdorf bewegen. Dann
wird er nach einem TV-Interview erstochen.
Amalthea, 256 S., EurA 19,95
Der Jungdiplomat Ferdinand findet einen Toten im Kanal
– ein ehemaliger französischer Diplomat. Die Ermittlungen
werden schnell eingestellt, und so findet sich Ferdinand in
der Rolle des Amateurdetektivs wieder.
Silvija Hinzmann
Andrea Nagele
Wieser, 230 S., EurA 16,50
Band 1 der neuen Balkan-Krimireihe aus dem Wieser Verlag:
Der pensionierte Expolizist Joe Prohaska lebt bei Rovinj
und schlittert in seinen ersten „Fall“. Die Autorin erzählt
zugleich von den tiefen Wunden, die der Jugoslawienkrieg
hinterlassen hat.
Emons, 272 S., EurA 11,30
Eigentlich lässt sich Alice gern auf erotische Abenteuer ein.
Doch eines Nachts wird ihre beste Freundin am Ufer des
Wörthersees ermordet gefunden. Und Alice gerät selbst in
tödliche Gefahr …
Edith Kneifl
Schweres Gift
Der Duft des Oleanders
Totentanz im Stephansdom.
Ein historischer Wien-Krimi
Haymon TB, 256 S., EurA 12,95
In der Silvesternacht des Jahres 1899 stürzt der Wiener
Dombaumeister vom Nordturm. Augenzeuge und Privatdetektiv Gustav von Karoly sucht nach Hintergründen. Haben
die Freimaurer damit zu tun? Kneifl erweckt das Wien der
Jahrhundertwende zum Leben.
Edith Kneifl (Hg.)
Tatort Naschmarkt
Falter, 272 S., EurA 22,90
Der 9. Band der Falter-Krimianthologien. Der Wiener Naschmarkt ist das Zentrum der 13 spannenden Kurzgeschichten
von Gerhard Loibelsberger, Eva Gründel und anderen.
Manfred Koch
Totgelacht
Styria, 192 S., EurA 12,90
Krimikillerkrimis sind Krimis, die Krimis killen. Für Krimifans,
die glauben, schon alles gelesen zu haben.
Sina Klein
Narkotische Kirschen
Klever, 96 S., EurA 15,99
Gedichte über das Bekannte und Unwirkliche und die
Paradoxien der inneren und äußeren Wahrnehmung.
Nicolas Mahler
FOTO: KathArina Stögmüller
Dachbodenfund
Luftschacht, 96 S., EurA 14,90
Mahler, einer der bekanntesten Comic-Zeichner im deutschsprachigen Raum, beweist mit diesem Gedichtband sein
großes Gespür für die Sprache.
Georg Trakl
Zärtlichkeit/Tenderness
Bibliothek der Provinz, 66 S., EurA 10
Eine Sammlung der schönsten Liebesgedichte von Trakl
auf Deutsch und Englisch.
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Gabriele Matzner
Rilkerätsel – Ein Wiener Kaffeehauskrimi
Tatjana Kruse
Bei Zugabe Mord
Haymon, 248 S., EurA 9,95
Operndiva Pauline Miller wird bedroht und während der
Proben verschwindet ein Sänger nach dem anderen. Also
beschließt sie, selbst zu ermitteln.
Herbert Lipsky
Parkour
Leykam, 328 S., EurA 15
Lukas Bernhard, Polizist, betreibt die Trendsportart Parkour. Lara Bauer aus der Sonderkommission für illegale
Prostitu­tion und Menschenhandel will ihn daher in ihrem
Team haben. Bald geraten sie ins Visier einer Verbrecher­
organisation, die die Kontrolle über das Wiener Rotlicht­
milieu übernehmen will.
Tod am Wörthersee
Peter Oberdorfer
Aufbau, 362 S., EurA 9,80
Linda Steinberg, aufstrebende Rocksängerin, bricht bei
ihrem ersten Konzert zusammen und stirbt. Als der mögliche Täter in Untersuchungshaft stirbt, werden die Ermittlungen eingestellt. Doch ein Kommissar forscht weiter …
Andreas Pittler
Goodbye
Echomedia, 336 S., EurA 19,80
1955 wird in Wien die Leiche eines hochrangigen Polizeioffiziers gefunden. Kurz vor Abschluss des Staatsvertrags stellt
sich dieser Fall als heikel heraus, und so wird den Beamten
die Ermittlung untersagt. David Bronstein, pensionierter Polizeioberst, begibt sich daraufhin selbst auf Mörderjagd.
Manfred Rebhandl
Töpfern auf Kreta
Czernin, 264 S., EurA 19,90
Der vierte Fall von Rock Rockenschaub: Nach seinem 50.
Geburtstag findet Rock in einer Umzugstasche die Leiche
einer Frau. Er nimmt sich des Falles an und sucht nach
Antworten auf viele eigenartige Fragen.
Eva Rossmann
Fadenkreuz
Folio, 280 S., EurA 19,90
Die Besitzerin eines Restaurants wird erschossen. Hat der
Mord etwas mit der jungen Vui zu tun, die nach Österreich
geflohen ist und Material über ihre Textilfabrik gesammelt hat?
Mira Valensky und Vesna suchen die Wahrheit zwischen Wien,
Hanoi und einer ehemaligen Baumwollspinnerei in Leipzig.
Herbert Wimmer
Tote im Text
Sonderzahl, 140 S., EurA 18
In 167 Abschnitten wechselt der Autor zwischen Kriminalhandlung und Reflexionserzählung. Dieser doppelte
Erzählstrang führt zu Irritationen, die noch mehr Spannung
erzeugen.
15
• quergelesen
• geografie & reise •
• JUNIOR •
Robert Göschl
Isabella Feimer, Manfred Poor
Luftschacht, 34 S., EurA 21,90
Mit jeder Seite werden es mehr Monster – alle sind verschieden, aber vor keinem muss man sich wirklich fürchten. Und im Handumdrehen kann man bis 12 zählen.
Für schlaue und wissbegierige Kids.
Literaturedition NÖ, 216 S., EurA 23
Isabella Feimer und Manfred Poor sind gemeinsam durch
Argentinien und Chile gereist. Die Texte und Fotos, die
dabei entstanden sind, lassen den Leser ein fremdes Land
entdecken.
Kai Aline Hula
René Freund
Obelisk, 64 S., EurA 11,95
Es ist immer ein wenig anstrengend, wenn Antons Mutter
eine neue Geschichte schreibt, aber diesmal muss Anton
einschreiten und ihr helfen, sonst wird aus der ganzen
Sache nie was.
Picus, 132 S., EurA 14,90
René Freund gewährt einen Einblick in das Salzkammergut.
Dabei erzählt er von skurrilen Persönlichkeiten, merkwürdigen Traditionen und anderen Kuriositäten.
Susanne Riha
Max Fabiani
foto: literaturedition NÖ
In Erwartung einer Fremde
12 Monsters
Lesereise Salzkammergut: Skizzen aus der Mitte
Ein Knoten im Rüssel
Andrej Hrausky
Hermagoras, 192 S., EurA 49,90
Fabiani war einer der bedeutendsten Architekten und Stadtplaner Österreichs. Im Zentrum von Wien konnte er seine
innovativsten Projekte verwirklichen. Mit seinen urbanistischen Visionen zur Stadtentwicklung prägte er zahlreiche
Orte um Görz, Isonzo und im Vipava-Tal.
Schätze der Erde: Von Obst bis Gemüse, von
Kräutern bis Getreide, von Wasser bis Holz eine bunte Sammlung wichtiger Schätze
unserer Erde
Tyrolia, 48 S., EurA 19,95
Ein lehrreiches Sachbuch über den wertschätzenden
Umgang mit den vielfältigen Nahrungsmitteln und reichhaltigen Bodenschätzen, die diese Erde uns bietet.
Lilli Licka, Karl Grimm (Hg.)
Nextland – Zeitgenössische Landschaftsarchitektur in Österreich
Kathrin Steinberger
Birkhäuser, 560 S., EurA 41,10
Österreichs Landschaftsarchitektur wird weltweit wahrgenommen. Dieser Bildband zeigt, wie leicht gelungenes Design
sein kann.
Manchmal dreht sich das Leben einfach um
Jungbrunnen, 280 S., EurA 16,95
Die dynamische Geschichte der Liebe zwischen Ali und
Kevin und wie das Leben sich dreht und wendet – Schicksal
oder Bestimmung?
Isabella Feimer und Manfred Poor sind nach
Südamerika aufgebrochen, um ein fremdes
Land mit allen Sinnen kennenzulernen.
Sebastian Lörscher
A bisserl weiter geht’s immer: Mit dem
Skizzenbuch durch das wilde Österreich
Edition Büchergilde, 144 S., EurA 26,70
Lörscher gewährt Einblicke in ein unentdecktes Österreich.
Zeichnend reiste er von Kitzbühel bis Wien und in den Süden
durch die Steiermark.
Werner Rosenberger
Auf der Hohen Warte
Metroverlag, 240 S., EurA 24,90
Auf dem Hügel in Wien Döbling nahm die Wiener Wetterberichterstattung ihren Anfang. Ende des 19. Jahrhunderts ist
es aber vor allem ein großbürgerliches Villenviertel. Rosenberger erzählt ergreifende Anekdoten dieser Gegend.
• kultur & gesellschaft •
verließ, ließ sie sich zur Krankenpflegerin ausbilden. Ihre
Biographie beschreibt, wie Frauen den Weg zu einem
selbstbestimmten Leben einschlagen konnten.
Austrofred
Pferdeleberkäse
Felix Dvorak
A Hetz und a Gaudi. So lachen und
schimpfen die Österreicher
Amalthea, 208 S., EurA 19,95
Dvorak bietet eine Sammlung lokaler Ausdrücke und Szenen
aus Österreich und mit Österreichern. Es macht da weiter,
wo sein Bestseller „Wer zuletzt lacht, lacht am längsten“ zu
Ende war.
Robert Fleck
Leopold Lukschanderl
Wildes Wien
Holzhausen, 300 S., EurA 80
Nicht nur im Tiergarten trifft man auf viele Tierarten. Egal,
ob auf der Donauinsel oder in Parks, neben den „typischen
Großstadttieren“ wie Marder, Ratten oder Tauben trifft man
auf eine bunte Artenvielfalt.
foto: marion esslinger
Czernin, 120 S., EurA 16,90
Austrofred schreibt über alles und jeden und findet dabei
einen interessanten Zugang zu Themen wie Liebe und Tod,
Ökonomie und Gastronomie, Schwarzenegger und zu allen
Arten von Leberkäse.
Otto Retzer, Karl Spiehs, Arno Wiedergut
Hollywood am Wörthersee
Leopold Lukschanderl zeigt die unglaubliche
Artenvielfalt der österreichischen Hauptstadt.
Das Kunstsystem im 21. Jahrhundert
Passagen, 102 S., EurA 13,90
Die Globalisierung bringt auch in der Kunst starke Umbrüche
mit sich. Fleck untersucht diesen Wandel sowohl an aktuellen
Beispielen, als auch im historischen Vergleich.
Gabriele Hasmann
Die spukenden Habsburger
Ueberreuter, 208 S., EurA 19,99
Hasmann hat die unheimlichsten Orte der Habsburger besucht
und erzählt von einem uniformierten Geist auf dem Kaiserbankerl in Schönbrunn, schwarzen Schatten im Stephansdom oder
Erscheinungen in der Kaiservilla in Bad Ischl.
Wernfried Hofmeister
Literarische Verortungen
Edition Keiper, 320 S., EurA 19,80
Der steirische Raum ist wohl eine der produktivsten
Gegenden, wenn es um Literatur geht. Rund 30 Autoren,
darunter Gerhard Roth und Alfred Kolleritsch, sind in diesem
künstlerisch gestalteten Band vertreten.
16
Philipp Ikrath
Die Hipster
Promedia, 220 S., EurA 17,90
Jugendforscher Ikrath versucht das Phänomen des Lebensstils „Hipster“ zu untersuchen und gesamtgesellschaftlich
zusammenzufassen.
Christoph Janacs
Off Season
Anton Pustet, 160 S., EurA 22
Der Autor hat sich gemeinsam mit dem Fotografen Peter
Schlager nach Saisonende auf eine Reise zu Strandbädern
und Badehütten in und um Salzburg begeben. Entstanden
sind poetische Aufnahmen und skurril witzige Bilder.
Diethard Leopold, Stephan Pumberger, Birgit Summerauer (Hg.)
Wally Neuzil – Ihr Leben mit Egon Schiele
Brandstätter, 184 S., EurA 29,90
Wally Neuzil war für vier Jahre Schieles Gefährtin und Modell
zahlreicher Zeichnungen. Als er sie für eine andere Frau
Heyn, 250 S., EurA 29,90
In Kärnten werden seit über 100 Jahren Filme gedreht,
Spiehs gilt als Begründer des „Wörthersee-Films“.
Gemeinsam mit Regisseur Retzer und dem Journalisten
Wiedergut durchstreifen sie die schönsten Orte und
Geschichten.
Andreas Schindl
Korvettenkapitän & Mundwäscherin.
Was man in Wien einmal werden konnte
Metro, 192 S., EurA 19,90
Manche Berufe sind nur noch in Form von Inschriften
auf Wiener Grabsteinen zu finden. Schindl, passionierter
Friedhofsflaneur, hat die außergewöhnlichsten und faszinierendsten Berufsbezeichnungen und Titel aus dem alten
Wien gesammelt.
Daniel Spoerri
Fadenscheinige Orakel
Wieser, 208 S., EurA 44
Spoerri hat ein Puzzle aus 100 aufregenden Wörtern gebas­
telt. Man fängt mit einem Wort an, fügt weitere hinzu und
verwirft manche wieder, bis man schließlich einen vollständigen Satz vor sich hat.
Buchkultur Österreich Spezial 2015
marktplatz n
Karibik-Kreuzfahrt
mit Hindernissen
Eine Kreuzfahrt ist was Schönes – es
sei denn, man macht sie mit dieser Fami­
lie. Als da sind: die Gattin, etwas ener­
viert, dann die hochpubertäre Tochter
um die 16 und der noch etwas jüngere
Sohn, der – scheint’s – nur das Essen im
Auge hat sowie ein etwas unterdurch­
schnittlicher Durchschnittsmann auf
teurem Familienurlaub. Der andauernd
auf sein Handy starrt. Nicht aus Lange­
weile, wie man’s erwarten könnte, son­
dern weil er mit seiner Firma beinahe
pleite ist und auf den erlösenden Anruf
eines fernen Geschäftspartners wartet.
Dann tritt ein heftiger Jahrhundertor­
kan auf, der das Riesenkreuzfahrtschiff
ordentlich durchbeutelt. Womit alle
Eine Inselgeschichte
Ruth Cerha erzählt von einer kroati­
schen Insel: „Bora“, der kalte Fallwind,
ist Titelheld des Romans. Bei einem Ge­
witter finden Mara, die österreichische
Schriftstellerin, und Andrej, der Fotograf
mit Inselabstammung, zueinander. Die
Idylle dauert nicht lange; Cerha hinter­
fragt, lässt die Stimmung umschlagen
und Mara nachforschen, wo denn die
Menschen alle hingezogen sind, die in
den vielen nun leerstehenden Häusern
gewohnt haben. Sie erfährt, dass sie zum
Teil vor Tito geflohen sind, aber auch
Kurzweilige
Familien-Chronik
In Varitsi, einem fiktiven Bergdorf
an der griechisch-albanischen Gren­
ze, nimmt 1956 die große, aus vielen
Anek­doten und Nebenhandlungen zu­
sammengesetzte Geschichte ihren An­
fang. Über Chicago, Hildesheim, St.
Pölten und Zürich führt sie bis auf die
griechische Insel Makarionissi, die auf
keiner realen Landkarte zu finden ist.
Vea Kaiser, die mit „Blasmusikpop“ die
Leserinnen begeistert und die Großkri­
tik verwirrt hat, bleibt sich auch mit
ihrem zweiten Roman treu: Sie erzählt,
erzählt so flott wie unterhaltsam und
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Internetanbindungen und auch wei­
tere Kommunikationsversuche schei­
tern. Und dann kommen noch Piraten
auf den Plan. Echte. Durch eine feine
„Überlagerung“ im Zuge des Jahrhun­
dertorkans aus ihrem Leben ins nächste
Leben, also in unsere Zeit, katapultiert.
Ein Clash der Zivilisationen? Jedenfalls
eine äußerst eigenwillige Vermischung
der Zeitebenen, geschrieben von einem
Autor, der sowohl einen unverwechsel­
baren Witz besitzt, als auch ein gehö­
riges Schlitzohr ist. Und uns mitnimmt
auf einen sehr schrägen Ausflug. Sehr,
sehr schrägen.
Horst Steinfelt
Fazit 550 Seiten einer Kreuzfahrt, die mit
Fug und Recht in die Geschichte eingehen wird.
Oder so ähnlich …
Martin Amanshauser |Der Fisch in der Streichholzschachtel| Deuticke 2015, 575 S., EurA 22,60 • Auch als E-Book
weil Pioniergeist sie nach Amerika ge­
trie­ben hat. Ihre Sehnsucht nach der In­
sel haben sie mitgenommen. „Emigrant’s
Day“ heißt das große Fest, zu dem die
Alten wieder nach Hause kommen. Für
deren Kinder – wie für die Kinder aller
Einwanderer, Zuwanderer und Gastar­
beiter auch hier in Österreich – ist die­
se Heimat keine Realität, sie bleibt der
Wunschtraum ihrer Eltern.
Konrad Holzer
Fazit Idyllen halten nicht lange, auch nicht
auf kroatischen Inseln.
Ruth Cerha |Bora. Eine Geschichte vom Wind| Frankfurter
Verlagsanstalt 2015, 254 S., EurA 20,50 • Auch als E-Book
will gar nicht aufhören. Griechische
Mythen bilden den Untergrund der
Familienchronik, an deren Anfang eine
Großmutter sitzt, die sich um den Fort­
bestand des Clans sorgt. Mit einer kaum
übersehbaren Fülle an Personal reichert
Kaiser das über mehrere Generationen
gespannte und aus neun „Gesängen“
zusammengesetzte Heldenepos an und
lässt ihrer Fabulierfreude freien Lauf.
Ditta Rudle
Fazit Unterhaltend und passagenweise
witzig, doch fehlt die neuerdings geforderte
Nachhaltigkeit. Schon habe ich Eleni und ihre
streitlustige Verwandtschaft wieder vergessen.
Vea Kaiser |Makarionissi oder die Insel der Seligen| Kie­pen­
heuer & Witsch 2015, 464 S., EurA 20,60 • Auch als E-Book
LIEBE UND
FEINDE
Afrika war für Ludwig
Fels schon einmal ein
Thema, 1987 schrieb er
„Rosen für Afrika“. Brutal
und bizarr, traumhaft schön und trostlos
langweilig, so vermittelt er in „Die Hottentottenwerft“ mit den Mitteln heutiger
Literatur ein Afrika aus den Anfängen des
20. Jahrhunderts. Crispin Mohr geht weg
aus seiner deutschen Heimat, weg aus
Pappenheim. „Er verliert all seinen Trost
und Halt“, kommt als Soldat in die damalige Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika und
will dort sein Glück machen. An dieses
Glück lässt ihn der Autor bis ans bittere
Ende glauben, mithilfe seiner Glücksträume erträgt Mohr die Hölle. Beidem gibt
Fels in seiner Sprache die entsprechende
Wucht: Egal, ob er die Schönheit des
Nachthimmels vor einem ausbreitet und
die afrikanische Landschaft oder ob er
die unvorstellbare Unmenschlichkeit der
Soldaten beschreibt: „Das Mitleid ist eine
Erfindung der Opfer“, lässt er einen Arzt
sagen, und dass Mohr ein Esel wäre, der
sich an der Pyramide der Liebe abarbeite, denn zu Mohrs Glückstraum gehört
natürlich auch ein schwarzes Mädchen.
Das koloniale Personal besteht neben
den Gutsbesitzern und dem Kaplan, den
Kameraden und den Eingeborenen (von
den Deutschen Hottentotten genannt)
aus einem Arzt und einem Hauptmann,
so dass man an Büchner, seine Helden
Woyzeck und Lenz denken kann, wenn
die afrikanischen Träume des armen
Helden aus Pappenheim zwischen Wahn
und Wirklichkeit hin- und herpendeln. Fels
karikiert grell, erfindet monströse Bilder,
und lässt seiner Fantasie ungehindert
Lauf. Da wird gedrillt, dass die Männer bereit wären „das Paradies zu stürmen und
die Engel zu schlachten“. Hin und wieder
unterbricht er die drastische Erzählung
mit Lyrismen und Briefen, um einen aber
sofort wieder ungeschützt in die Handlung hineinfallen zu lassen.
KONRAD HOLZER
Fazit: Fels entwirft eine afrikanische Hölle –
und die Träume, in denen man ihr für kurze
Zeit entfliehen könnte.
Ludwig Fels |Die Hottentottenwerft| Jung und Jung 2015,
400 S., EurA 24,90 • Auch als E-Book
17
n marktplatz
Die Stunde zwischen
Frau und Gitarre
Die Heldin Natalie fährt zu Beginn einem
Heißluftballon nach, wie man in der Kindheit am Schluss eines Kinderbuches in die
Welt hinaussegelt. Sie hat gerade das Diplom zur Behindertenbetreuung absolviert
und macht sich auf den Weg in die Arbeitswelt. In einer Villa, die aus Wohnheim und
Trainingswohnungen zur Resozialisierung
besteht, wird sie einen 66,6 %-Posten als
Bezugsbetreuerin antreten.
Natalie arbeitet ihre Mission ähnlich cool
und kindlich ab, wie es Peter Handkes
„Linkshändige Frau“ (1976) für die Lite­
raturgeschichte vorgemacht hat. Auf
dem Weg zur Arbeit sammelt sie Laute,
den Objekten gibt sie neue Vornamen,
imaginierte Tiere auf der Schulter helfen
gegen Verspannungen, die Empfindungen
werden in Einzelteile zerlegt, begutachtet
und gereinigt wieder zusammengesetzt.
In der Arbeit gilt es, ständig Geschichten
abzuarbeiten, welche die Klienten vor
dem Personal ausbreiten. Dieses hilft sich
durch Supervisionsgespräche, so dass mit
der Zeit ein dichtes Netz an Schicksalen,
psychischen Abenteuern und grenzwissenschaftlichen Maßnahmen entsteht.
Eine Schicksalskette bilden der Rollstuhlfahrer Dorm und sein Besucher Hollberg,
beide irgendwie miteinander verschweißt,
zumal der eine die Frau des anderen in
den Suizid getrieben haben soll.
Diese kaum durchschaubare Verknüpfung
von scheinbar losen Einzelteilen ist wohl
das Generalthema dieses großen Romans.
Wie alles zusammenhängt, zeigt vielleicht
der seltsame Titel „Die Stunde zwischen
Frau und Gitarre“. Angeblich hat die
Suizid-Frau in einem Brief die Wörter Frau
und Gitarre hinterlassen, was eventuell
die Ursache für den Suizid gewesen ist.
Später, in der Analyse, sagt jemand, dass
es Frauen mit Sanduhr-Figur und solche
mit Gitarren-Figur gibt. Die Todesursache wäre dann vielleicht ein psychisches
Gewichtsproblem?
Helmuth Schönauer
Fazit: Das ist das Schöne an Clemens Setz‘
Roman, dass das Unwahrscheinlichste das
Richtige sein kann. Märchenhaft realistisch.
Clemens J. Setz |Die Stunde zwischen Frau und Gitarre|
Suhrkamp 2015, 1021 S., EurA 30,80
• Auch als E-Book
18
Der Alltag der Welt
Karl-Markus Gauß schreibt Tag und
Nacht die Lage der Welt als Individu­
um mit; alle paar Jahre verknüpft er das
Leben eines Einzelnen mit der Flut von
Nachrichten und Ereignissen. Der aktu­
elle Journal-Band „Der Alltag der Welt“
kümmert sich um plus minus 2012. Da­
bei sind ein paar raffinierte Erzählstränge
angelegt. Einmal gibt es fünf Kapitel,
damit alles wie eine griechische Tragödie
ausschaut. Kleine Liebesgeschichten und
die beeindruckende Serie „Sternstunden
des Scheiterns“ brechen großes Schicksal
auf begreifbare Erzählungen herunter.
Dem Jahr werden schließlich noch fünf
Partezettel und ein Sack mit politischen
Wie das war mit
den Donauschwaben
Das Rezept gegen das Vergessen ist
simpel – alles aufschreiben, sofort. Er­
innerungsliteratur ist angesagt. Ulrike
Schmitzer begibt sich in ihrem neuen Ro­
man auf Heimatexpedition und verleiht
ihrer eigenen liebevoll gezeichneten Sipp­
schaft, den Donauschwaben, eine ebenso
feste, selbstbewusste wie nachdenkliche
Stimme – mit „99 %“ Wahrheitsgehalt.
Historisches und Literarisches werden aufs
Engste verschränkt, in den Fugen zeigt
Schmitzer komisches Talent. Das Schick­
sal der Donauschwaben bedeutete viele
Opfer: Verfolgung, Flucht, Vertreibung
sowie Zwangsarbeit, wirre Volkszugehö­
rigkeiten und Sprachverbote. Umkreist
Tod oder Leben
Ein „erstaunliches Debüt“ beschei­nigt
die Jury der Frankfurter Jürgen-PontoStiftung Sandra Weihs und verleiht ihr
den für junge Autorinnen gestifteten
gleichnamigen Preis. Die gebürtige
Klagenfurterin ist von Beruf Sozialar­
beiterin und nutzt ihre Erfahrungen
für ihre realistische Erzählung von zwei
jungen Menschen, die sich mit dem Tod
beschäftigen. Die 18-jährige Marie, an
einer Borderline-Störung leidend, trägt
sich immer wieder mit dem Gedanken
an Selbstmord. Doch sie geht auf den
Vorschlag des Therapeuten ein, ihr Vor­
haben ein Jahr zu verschieben, er sorgt
Abfällen hinterhergeschickt. Um die
Menschen im Strudel der neuen Informa­
tionstechniken geht es, wenn jemand sei­
ne Prostata-Operation ins Netz stellt oder
ein Hochgeschwindigkeits-Redakteur ei­
nen Furz-Tweet in Echtzeit setzt.
Die gesellschaftlichen Spielregeln ha­
ben schließlich jedes menschliche Maß
unterschritten. So rettet ein Exekutor
dem Delinquenten zweimal das Leben,
das sich dieser angesichts der Amtshand­
lung nehmen will, ehe er ihn dann endlich
delogieren kann. Helmuth Schönauer
Fazit Verlässliche Navigation durch den
Horror der Realo-Geschichten des aktuellen
Zeitgeistes.
Karl-Markus Gauß |Der Alltag der Welt. Zwei Jahre, und
viele mehr| Zsolnay 2015, 332 S., EurA 23,60 • Auch als E-Book
wird dabei die Frage nach Heimat und
Heimatverlust.
Erinnerungsexpertin ist die Großmut­
ter, auch die Mutter, beide kommen pas­
sagenweise zu Wort. Der zungenfertige
Redefluss der Älteren auf, jawohl!, Kasset­
te zu bannen und während der Reise abzu­
hören inklusive ihrer akribischen „Sip­
penchronik“ machen einen besonderen
(Echtheits-)Reiz aus. Unbeholfen wirken
dagegen die Dialoge zwischen der Erzäh­
lerin und ihrer Mutter. Senta Wagner
Fazit Anrührend und virtuos manifestieren
sich in Ulrike Schmitzers Roman die individuellen Erinnerungen dreier Generationen
als Stimme eines Volkes – dem Gerechtigkeit
widerfährt.
Ulrike Schmitzer |Die gestohlene Erinnerung| Edition
Atelier 2015, 192 S., EurA 19,95 • Auch als E-Book
dafür, dass sie nicht in eine geschlossene
Klinik eingewiesen wird. Vor ihrer Sit­
zung ist Emanuel an der Reihe, sie be­
gegnen einander im Vorzimmer und
Marie nimmt seine Einladung auf einen
Kaffee an. Allmählich gewinnen sie Ver­
trauen zueinander und Marie erfährt,
dass Emanuel todkrank ist. Er muss ster­
ben, Marie will. Die beiden treffen eine
Vereinbarung – auf Leben oder Tod. Ditta Rudle
Fazit Eine ungewöhnliche Geschichte –
packend, hart, direkt, aber auch einfühlsam
und mit Humor erzählt.
Sandra Weihs |Das grenzenlose Und| Frankfurter Verlagsanstalt 2015, 188 S., EurA 20,50 • Auch als E-Book
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Abschied von Polt?
Der liebenswürdige Ex-Gendarm,
Drittelwirt, neuerdings auch Winzer für
den Eigenbedarf sowie in einer Mischung
aus Stolz und furchtsamer Ehererbietung
der dahingeschiedenen Frau Habesam
gegenüber, die ihm ihre zauberhafte
Greißlerei hinterlassen hat, als Gemischt­
warenhändler tätig, wird, solange es
das Wiesbachtal gibt, präsent sein. Das
Amtskappel hat er ja schon lange hinge­
schmissen. Sein Gerechtigkeitsbedürfnis
und die Empathie nicht. Und deshalb
fragt man ihn um Rat, als die Tochter des
ortsansässigen Upperclass-Winzers nach
einem aus den Fugen geratenen Keller­
gassenfest tot im Wiesbach aufgefun­
den wird. Neben der drängenden Frage:
Des einen Glück, des
anderen UnGlück
In der Kurstadt Bad Au tut sich nicht
viel. Eckart Glück, Musiklehrer und
Grübler, passt da gut hin, wie auch in das
beschauliche Café Sisi. Aber wenn ihn et­
was stört – wie der neue Gast, der ihm den
Fensterplatz wegnimmt, oder der zugezo­
gene Nachbar –, macht er sich schon Ge­
danken. Das kann für denjenigen, der die
Kreise stört, insofern ganz schlecht ausge­
hen, als Herr Glück zwar Ideen hat, aber
die Konsequenzen nicht so recht abzu­
schätzen vermag. Und wenn er auch noch
seine Lieblingsschülerin – recht hübsch,
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Bernhard Aichner |Totenhaus| btb 2015, 416 S., EurA 20,60
• Auch als E-Book
Mord oder Suizid? geht es dem Polt wie
immer um die menschlichen Abgründe
hinter der Tragödie. Zunehmend muss
er sich eingestehen, dass er die Welt und
ihr immer schnelleres Ticken nicht mehr
ganz versteht und auch nicht besonders
mag. Zu klug, um sie anhalten zu wol­
len, zieht er sich zurück. Nachdenklich,
mit dem Finger auf den Wunden, die
rücksichtslose Gier, Selbstüberschätzung
und Dummheit im Kleid des angeblich
Neuen hinterlassen, gibt Simon Polt sei­
ne Abschiedsvorstellung. sylvia treudl
Fazit Polt ist ab sofort Privatier mit einer
ganz speziellen Grammel-Vorliebe. Zauberhaftes Adieu.
Alfred Komarek |Alt, aber Polt| Haymon 2015, 184 S.,
EurA 19,90
mit roter Vespa, aber ohne Singstimme
– beschützen möchte, ja, dann gerät die
Geschichte etwas aus den Fugen, und
jetzt macht sich der Inspektor Obermayer
so seine Gedanken … Man merkt, Elisa­
beth Martschini hat sich viel mit Sprache
und Ausdruck beschäftigt: Wenn Herr
Glück so vor sich hin sinniert, denkt man
manchmal unwillkürlich an den „Simpli­
cissimus“.
Maria Leitner
Fazit Ein witziger Kleinstadtkrimi, den man
gleich neben Komarek und Haas ins Regal
stellen sollte!
Elisabeth Martschini |GlücksFälle| Literaturedition Niederösterreich 2015, 142 S., EurA 18
Eine abenteuerliche Reise
mit Michael Köhlmeier.
€ 17.90, ISBN 978-3-7099-7179-6
Fazit Weiterhin keine Seelenruhe für Bestatterin Blum. Nicht weniger mitreißend als der
erste Teil, aber anders.
Highlights
Herzbewegende Komik
und sanfte Melancholie
von Michael Krüger.
€ 19.90, ISBN 978-3-7099-7191-8
Mit seiner im vergangenen Jahr er­
schienenen „Totenfrau“ hat Bernhard
Aichner nicht nur im deutschsprachigen
Raum für Furore gesorgt. Die Überset­
zungen reichen von Amerika bis Korea.
„Totenhaus“ ist der zweite Thriller um
Bestatterin Brünhilde Blum. Gleich
geblieben ist die gelungene Mischung
von Erzählung und Dialogform, mit
der Aichner seine Geschichte gewohnt
temporeich vor­antreibt.
Neu ist Blums Rolle. War sie im
ersten Teil als mordender Racheengel
unterwegs, wird sie nun von der Polizei
gejagt, da bei einer Exhumierung eines
Verstorbenen Überreste eines ihrer Op­
fer im selben Sarg gefunden werden.
Gleichzeitig jagt sie wiederum ihrer ei­
genen Familiengeschichte nach. Blum,
das Adoptivkind, entdeckt durch Zu­
fall, dass sie eine Zwillingsschwester
hatte, die nun als groteskes Ausstel­
lungsstück eines Künstlers ihren ei­
genen Tod überdauert. Bei ihrer Reise
in die Vergangenheit landet Blum in
einem stillgelegten Luxushotel, das von
unheimlichen Menschen auf ebensolche
Weise konserviert wurde. Nicht nur
ihre Freiheit steht auf dem Spiel …
Hannes Lerchbacher
Lang erwartet, heiß ersehnt: der brandneue Polt
von Alfred Komarek.
€ 19.90, ISBN 978-3-7099-7177-2
geister der
vergangenheit
www.haymonverlag.at
n marktplatz
RUNTER, RUNTER,
RUNTER
Alles muss runter, alles muss weg, was
die Figuren zu sich selbst führen könnte.
Neben sich her müssen sie laufen. Diesen
„schönen Gruß“ richtet Elfriede Jelinek
gleich zu Beginn ihres Theaterstückes
„Ulrike Maria Stuart“ aus. Sie konfrontiert darin die Schicksale der beiden
Königinnen Elisabeth und Maria Stuart
mit den zwei RAF-Frauen Ulrike Meinhof
und Gudrun Ensslin. Es geht also um die
weibliche Ohnmacht und wie Macht von
Frauen zuerst beansprucht und dann ausgeübt wird. Jelineks Wortmühlen mahlen,
mal kommt Pathos und tiefstes Mitgefühl
heraus, dann wechselt sie blitzartig zu
Spott und Ironie, vor allem immer wieder
zur Selbstironie: „Sagen wir so her, das
kann auch weggelassen werden.“ Bedenkt
man, dass das Theaterstücke sind, dann
hat man als Leser doch den Vorteil, verweilen, wiederholen zu können. Und wenn
man sich in dem Zweikampf zwischen
Elisabeth und Maria Stuart auszukennen
glaubt (mittlerweile muss man sich ja
nicht nur auf Schiller verlassen), dann
sollte man sich – um in dieses Stück
eindringen zu können – mit der Geschichte des RAF-Terrors vorerst vertraut
machen. Die Uraufführung von „Ulrike
Maria Stuart“ ging 2006 mit allen nur
möglichen theatralischen Mitteln über die
Bühne. Hingegen meinte Johan Simons,
der Regisseur der Uraufführung von
„Das schweigende Mädchen“, dass man
diesen Text eigentlich gar nicht spielen
könne und ließ ihn von den Schauspielern
vorlesen. Im schweigenden Mädchen geht
es um den NSU (Nationalsozialistischer
Untergrund)-Prozess, den die Jelinek ja
schon in „Rheingold“ angesprochen hat,
und um die schweigende Hauptangeklagte. Und wieder diese eiskalte Selbstironie:
„Wozu das ganze Theater? Ja, fragen Sie
das nicht mich, ich kann nichts dafür!“
Eine „Spaziergängerin der Sprache“
nennt sich die österreichische Nobelpreisträgerin verharmlosend. KONRAD HOLZER
Fazit: Die Jelinek macht es einem nicht leicht.
Es gehört eine gewisse Hartnäckigkeit dazu,
ihr folgen zu wollen. Aber es rentiert sich
jedes Mal.
Elfriede Jelinek |Das schweigende Mädchen / Ulrike
Maria Stuart. Zwei Theaterstücke| Rowohlt 2015, 464 S.,
EurA 15,50 • Auch als E-Book
20
Seelisches Abbalgen
Eine Hotelrezeptionistin und ein
Tierpräparator. Ist es eine Affäre? Ist es
eine Beziehung? Ist es Liebe oder Hass?
„Kuss, der sich bei ihm zu Hause wie­
derholt, bevor wir Liebe machen,/ ver­
eint in einem Schmerz, der keine Schläge
braucht, um weh zu tun“. Erinnerungen
schieben sich in die Gegenwart: „Welt
der Milchglaserinnerungen,/ brechen
aus mir heraus,/ Scherben, die sich vor
mir ausbreiten“. Isabella Feimer hat mit
„Trophäen“ einen dichten Beziehungs-,
aber auch Bezeihungstext im Sinne ei­
ner Vorwurfslitanei gewoben. Eine vage
Sommer ohne Ordnung
In ihrem Romandebüt lässt Sandra
Gugic ihre Figuren durch den Som­
mer driften wie Astronauten beim
Außenbord­einsatz. Da sind Darko und
Zeno, zwei Freunde, die im Park herum­
hängen. Da sind Alen, Taxifahrer und
Schriftsteller, und Niko, Polizist und
junger Vater. Da ist Alex, gegen den
Darko und Zeno wie harmlose Jungs
wirken, obwohl sie es nicht sind. Als
schließlich noch Mara in der Geschich­
te auftaucht, laufen die Fäden zwischen
ihnen allen zusammen. Ein komplexes,
hervorragend komponiertes Spiel mit
Perspektiven und Episoden, die sich zu
einem ungeheuer spannenden Roman fü­
gen. Wer Tschechow gelesen hat, weiß:
Wenn in der Literatur eine Schusswaffe
Vaterlose Suche
Mit einer glasklaren, plastischen Er­
zählweise führt Travnicek zwei junge
Erwachsene vor, die – von Kindesbeinen
an befreundet – nun auf sich gestellt
sind. Johanna und Ernst müssen sich
unabhängig voneinander auf die Suche
begeben: nach verlorenen Elternteilen,
nach den Bruchstücken ihrer Identität,
und auch danach, welche Bedeutungen
sie den Menschen in ihrem Leben zu­
schreiben.
Es ist ein Roman über die Labilität
der österreichischen Kleinfamilie und
das Ungewisse, das darauf folgt. Selbst
durchschimmernde Handlung verleiht
den Empfindungen scheinbaren Sinn.
Aha deshalb!, darf man zu seiner Er­
leichterung denken, hassen sie sich,
quälen sie sich, klammern sie sich an­
einander, lieben sie sich vielleicht sogar.
Nicht nur der Mann und die Frau, son­
dern auch die Frau und ihre Schwester,
die Schwester und deren Sohn. Das geht
tiefer unter die Haut als jede konventio­
nell spannend erzählte Handlung.
Christa Nebenführ
Fazit Stilistisch in brillanter Weise innovative
Lektüre über Gefühle. Nichts für zwischendurch und viel für kontemplative Stunden.
Isabella Feimer |Trophäen| Braumüller 2015, 199 S., EurA 21,90
vorkommt, wird sie auch abgefeuert, frü­
her oder später. Von Anfang an liegt ein
Unheil in der Luft, eine Bedrohung, die
mal diffus bleibt und mal ganz konkret
wird. Jeder versucht auf seine Weise,
dieser von Zufällen bestimmten Welt
ein Ordnungsprinzip entgegenzusetzen.
Mara fragt Zeno: „Kennst du die Schön­
heit der Stille vor dem Moment, in dem
die Ordnung auseinander bricht, und die
Stille danach?“ So hält man den Atem
an, während man den Figuren durch ihre
Geschichte folgt, und bekommt eine
Vorstellung von dieser schönen, schlim­
men Stille.
jana Volkmann
Fazit Die Geschichte eines ungewöhnlichen
Sommers, spannend zu lesen und mit großem
Können erzählt. Sandra Gugic |Astronauten| C.H.Beck 2015, 208 S., EurA 19,50
• Auch als E-Book
das idyllische Landleben wird zum
Mordschauplatz – hauptsächlich durch
den wiederholten Zusammenprall
menschlicher Technologie mit der allzu
furchtlosen Fauna. Und als Ernst nach
China aufbricht, birgt auch die Ferne
keine Entlastung. Selten ist ein gutes
Wort über das Reich der Mitte zu fin­
den. Was bleibt, ist eiskalter Realismus
an der Grenze zur Antipathie: spröde,
funkelnd.
S. K.
Fazit Ein stiller Roman von einer gewaltigen,
unbarmherzigen Präzision.
Cornelia Travnicek |Junge Hunde| DVA 2015, 240 S., EurA 15,50
• Auch als E-Book
Buchkultur Österreich Spezial 2015
österreich spezial n
> Kunterbunt <
Eine eigene Burg,
magische Fähigkeiten
und geheimnisvolle
Drachen!
Spannendes, Fantastisches, Lustiges und Tragisches –
österreichische Kinder- und Jugendbuchautoren haben wieder
eine bunte Palette an Themen anzubieten. Von Andrea Wedan
der erste Gedanke, den man hat, wenn man
Willy Puchners neues Buch Unterwegs, mein
Schatz aufschlägt. Und dann beginnt man
zu blättern, Seite für Seite, von Bild zu Bild
und kann nicht genug bekommen von dieser
endlosen Fantasie, von diesen liebevoll
gewählten Worten und von diesen schönen
bunten Gedanken. Man fliegt einfach mit,
macht eine lange Reise auf winterliche
Berggipfel, übers Meer auf dem Rücken einer
Riesenschildkröte, marschiert mitten durch
glitzernde Schneekugeln und wird dann sanft
wieder zurück gebracht – und ist mit Sicherheit ein bisschen glücklicher, um ein Lächeln
reicher – und noch am selben Abend probiert
man das Fantasieren selbst aus ...
n Es rauscht, braust, zischt, quietscht,
prasselt, brüllt, klirrt, bimmelt, raschelt und
piepst – hier wird nach Herzenslust Lärm
gemacht, Hauptsache, es ist laut und reimt
sich. Vielleicht nicht gerade als Gute-NachtBuch geeignet, aber sicherlich ein Riesenspaß für die Kleinen, wenn sie dann die beschriebenen Laute nachmachen dürfen und
meckern wie die Ziegen oder zischen wie
eine Schlange. Dieses Buch wird garantiert
nicht langweilig. Es schnurrt und schnattert, surrt und flattert ist eine (laut)starke
Idee von Edith Schreiber-Wicke.
n Heidi Trpak ist vielen noch mit ihrem Er-
• DIE BÜCHER •
folgsbuch „Gerda Gelse“ gut in Erinnerung.
Und wieder greift sie einen richtig unsympathischen Zeitgenossen als Protagonist
für ihr neues Buch auf: Willi Virus, das
miniwinzigkleine Ungeheuer, das schuld an
tropfenden und roten Nasen ist. Schön und
anschaulich illustriert von der österreichischen Illustratorin Leonora Leitl, gibt sie
n Rosemarie Eichinger |Wasserbomben und Dosenbrot|
Jungbrunnen 2015, 132 S., EurA 14,95
n Irmgard Kramer |Am
Ende der Welt traf ich Noah|
Loewe 2015, 352 S., EurA 18,50 • Auch als E-Book
n Willi Puchner |Unterwegs,
mein Schatz| Nilpferd bei
kindgerecht Einblick in die Mikrowelt der
Viren und informiert auch, wie man sich am
besten vor ihnen schützt.
n Am Ende der Welt traf ich Noah – ein
Buch wie eine Woge, von der man mitgerissen wird. Die wohlbehütete Marlene greift
nach diesem roten Koffer, der herrenlos
vor dem Bahnhof steht, und ehe sie sich
versieht, sitzt sie in einem Auto, das sie weit
weg bringt aus ihrem gewohnten Leben. In
einer abgelegenen Villa soll sie dem blinden
Noah, dessen Eltern verunglückt sind und
ihm ein Vermögen hinterlassen haben, das
Schwimmen beibringen. Noah lebt dort mit
einer Nonne, die ihn unterrichtet, einem
Koch und einem Gärtner, die ihn rund um
die Uhr bewachen und ihn keine Minute aus
den Augen lassen. Angeblich leidet Noah an
einer seltenen Krankheit, weshalb er nicht
mit der Zivilisation in Berührung kommen
darf. Doch dann bittet er Marlene, ihm bei
der Flucht zu helfen … Es ist der zweite
Jugendroman von Irmgard Kramer.
ISBN 978-3-505-13715-0
n „Mein Gott, ist das schön!“ Dies ist wohl
einer
Auftakt
en
esselnd
neuen f
ie
Trilog
n Wie Heinrich und Anna es schaffen, das
gespannte Nachbarschaftsverhältnis mit
dem sonderbaren Herrn Schebesta zu
klären, erzählt Rosemarie Eichinger in
Wasserbomben und Dosenbrot. Mit viel
Humor, aber sehr gefühlvoll (wie man es
von der Autorin gewohnt ist) packt sie einmal mehr ein heikles Thema an: Herr Schebesta möchte am liebsten mit niemandem
etwas zu tun haben. Er meidet die Nachbarn
und reagiert böse, wenn man sich seinem
Grundstück nähert. Doch er hat etwas auf
diesem Grundstück, das Heinrichs und Annas Neugierde weckt. Herr Schebesta
hat nämlich einen Bunker, in dem er Vorräte für „schlechte Zeiten“ hamstert ...
Entdecken Sie weitere
spannende Abenteuer
bei
n Edith Schreiber-Wicke |Es
schnurrt und schnattert,
surrt und flattert| Ill. v. Carola Holland. Thienemann
2015, 32 S., EurA 13,40
n Heidi Trpak |Willi
Virus| Ill. v. Leonora Leitl. Tyrolia
2015, 26 S., EurA 14,95
G&G 2015, 40 S., EurA 19,99
Buchkultur Österreich Spezial 2015
21
von jana volkmann
Gelebte Utopien
25 Jahre ist es her, dass die Uni Wien erstmals eine Standleitung
ins Genfer CERN gelegt hat – und damit den Grundstein für das
Internet in Österreich.
Aus der Urzeit: Der erste rein elektronische Universalrechner wurde bereits 1946 in den USA
vorgestellt. Ende der 1970er-Jahre begann die internationale Ausbreitung des Internets.
A
m 10. August 1990 hat das In­
ternet in Österreich Geburtstag.
Eigentlich konnte man auch vorher
schon ins Netz, aber nur per Einwahlver­
bindung. Vor einem Vierteljahrhundert
wurde dann eine Standleitung von der
Uni Wien ins Genfer CERN gelegt. Das
wiederum war damals bereits mit dem
weltweiten Internet verbunden, so dass
die Verbindung „Genève-Wien NP1“
für die Uni eine, wenn man so will,
Pforte in die große neue Welt war. Im
Augenblick erleben wir, wie die erste
Generation, für die das Internet immer
schon da war, zu mündigen Teenies her­
anwächst. Erwachsene nehmen Kinder
(die natürlich seit jeher mystische Wesen
sind) als Smartphone-Zombies wahr;
dass Dreijährige besser mit iPads als mit
Wachsmalkreiden umgehen können,
macht vielen Angst. Die letzten Jahre
haben gezeigt, dass mit der Vernetzung
22
der Zugang zu Informationen leichter
geworden ist. Dass man Freundschaften
über große Distanz leichter pflegen kann
als zu Zeiten, als das Wort „Fernge­
spräch“ noch für kommunikative Hürden
stand. Dass man gemeinsam allein sein
und sich dabei entweder super oder
mies fühlen kann. Eine „Post-Privacy“Gesellschaft bietet sich für literarische
Bestandsaufnahmen und dystopische Fan­
tasien an. Vier Bücher – zwei Romane,
ein Sachbuch und eines dazwischen – un­
tersuchen, was den vernetzten Menschen
bewegt und bedroht, welche Freiheiten
wir gewonnen haben und welche auf dem
Spiel stehen.
In Anna Kims Abhandlung „Der sicht­
bare Feind“ (Residenz) geht es um Ab­
hörskandale, Rasterfahndung, (staatliche)
Angriffe auf das Recht auf Privatheit;
und um die neuen Technologien, die
der Überwachung als Instrumentarium
dienen. Thomas Raab denkt diese Gesell­
schaft zehn Jahre weiter und setzt seinen
Roman „Die Netzwerk-Orange“ (Luft­
schacht) im Jahr 2025 an, wo Psycholo­
gen an einem Therapie-Roboter arbeiten.
„Endlich haben sich alle auf die Utopie
Mensch geeinigt“, fasst Professor Franzer
diese, seine, Gegenwart zusammen. Die
Utopie wirkt perfekt, solange man ihre
Sollbruchstellen gewissenhaft kaschiert.
Olga Flors Roman „Ich in Gelb“ (Jung
und Jung) ist nah an der Gegenwart und
zeigt die eher skurrilen Seiten digitalen
Daseins. Ihre Hauptfigur schreibt im
Netz über Mode („How to look like a
doll“) und fragt sich, „wozu diese ganze
Bloggerei gut sein soll“. Die eigentliche
Frage, die das nextGirl im Roman stellt,
ist viel grundsätzlicher. Stefan Zweig
meinte einst, er finde „die Identität mit
meinem Ich nicht mehr“. So könnte man
auch das Dilemma verstehen, in dem
Flors Hauptfigur sich befindet.
Ianina Ilitcheva hat es ganz anders ge­
macht und sich für „183 Tage“ von der
Welt abgekapselt. Nicht nur aus dem
Internet: Sämtliche soziale Interaktionen
hat sie auf das kleinstmögliche Maß
reduziert. „Selbstentziehung“ nennt sie
das, das Wort klingt allzu passend. Ihre
Erfahrungen hat der Verlag Kremayr
& Scheriau, der mit einer neuen Belle­
tristiklinie den Buchmarkt bereichert,
in einem bestechend schön gestalteten,
poetischen und eigensinnigen Band
herausgebracht. Die Notizen und Fotos,
die in diesem halben Jahr entstanden
sind, lassen sich als Zeugnis einer starken
Wahrnehmung für das Kleine, Echte,
Übersehbare lesen. Wenn man allein
ist, ändert sich der Blick auf Innen- und
Außenwelt. Letztlich ist es eine extreme
Form von Nabelschau, dieses Beschäf­
tigtsein mit sich. Ähnlichkeiten mit der
Selbstdarstellung in Onlinenetzwerken
können vielleicht Zufall sein, vielleicht
auch nicht. Mittlerweile ist Ilitcheva
zurück im Netz. Ihr letzter Tweet vor
Redaktionsschluss: „Da sitz ich nun, im
Katapult.“•
Buchkultur Österreich Spezial 2015
Foto: Image from Historic
• schlusspunkt
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