Material und Methoden [Schlüsselwörter]
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Material und Methoden [Schlüsselwörter]
Studiengang B.Sc. Biologie Meristische und Isotopen Untersuchung von Coregoniden im Hartsee und Langbürgner See BACHELORARBEIT von Theresa Barbara Pia Heider Matrikelnummer: 3606081 Beginn der Arbeit: 01.04.2012 Datum der Abgabe: 29.06.2012 Prüfer & Betreuer: Prof. Dr. Jürgen Geist Selbstständigkeitserklärung Hiermit erkläre ich, Theresa Heider, dass ich die Arbeit selbständig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe und dass alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen sind, durch Angabe der Quellen als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind. Die Arbeit wurde weder ganz noch teilweise für eine Prüfung an einer anderen Hochschule eingereicht. München, den 29.06.2012 Ort, Datum Unterschrift Abstract The genus Coregonus, also known as Whitefish, shows exceptionally high levels of phenotypic diversity with sympatric morphs occurring in numerous postglacial lakes in the Northern Hemisphere. Hence the detailed identification of Coregonus is very difficult, even for experts. The aim of this study was to uncover the morphology of Coregonus populations in two different postglacial lakes near the Chiemsee: the Hartsee and the Langbürgner See. For this purpose, meristic analysis of gill raker numbers and scalimetry was used to detect differences in morphology. In addition stable isotope analysis of 15N and 13C of dorsal muscle and scales were performed to distinguish the whitefish by their nutrition physiology into pelagic and benthic ecotype. The scalimetry showed a normal distribution of age classes within the Hartsee (1-6 years), whereas in the Langbürgner See just 3 and 4 year old whitefish had been fished. For the gill raker numbers varying from 27 to 40 gill rakers in both lakes, the Langbürgner See showed a differentiation into three groups in further statistic analysis: Low, medium, and high amounts of gill raker numbers. However, the results were not correlated to sex, age, weight or length of the respective whitefish. Even the stable isotope analysis exhibited no linear relation between isotope signature and gill raker numbers. This analysis detected a significant stable isotope signature for the two lakes. The whitefish of the Hartsee had a mean 15N of 11.3 ‰ and 13C of -30.7 ‰ for the dorsal muscle probes. The Coregonus of the Langbürgner See had a mean 15N of 16.4 ‰ and 13C of -34.8 ‰. Comparing these results the values for the 15N signature, differed about 5.1 ‰, at which a change of 3 ‰ is significant for one trophic level within the food web. The 13C signature reflects the carbon source of the fish and differs in these lakes about 4.1 ‰, at which a change of 2 ‰ is significant. In conclusion three different basic forms of Coregonus had been determined in the lakes: Coregonus wartmanni, Coregonus macrophthalmus and Coregonus fera. Moreover, the stable isotope analysis showed that the Hartsee is more eutrophic than the Langbürgner See. Compared to previous research, both lakes improved their trophic status, which is probably caused by the new “Wasserrahmenrichtlinie” of the European Union (BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT 2005). Differences in the Langbürgner See can be ascribed to oligotrophication which leads to competitive food stress for the whitefish. However the variation in the morphology of the whitefish in the two lakes is not significant, but due to normal variety of forms within the genus Coregonus. These results are also confirming waterquality-studies in the two lakes by the Wasserwirtschaftsamt Rosenheim, and also polymorphism studies of Coregonus in other waters (THOMAS & ECKMANN 2007). Danksagung Ganz besonders bedanke ich mich bei Prof. Dr. Jürgen Geist für die fürsorgliche Betreuung dieser Arbeit und die tatkräftige Unterstützung bei all meinen Anliegen und auch für das Bereitstellen der Gerätschaften. Danken möchte ich auch herzlichst Dr. Bernhard Gum und Jörg Brandner für die liebevolle Betreuung und Sebastian Beggel für seine große Unterstützung. Mein Dank gilt zudem Prof. Dr. Karl Auerswald für die geduldige Unterstützung bei der statistischen Analyse und für das Bereitstellen von Gerätschaften. Außerdem danke ich dem Kreisfischereiverein Rosenheim e.V. für die Anregung zu diesem Thema und für das Sammeln und Bereitstellen von Proben und Daten. Hier gilt mein besonderer Dank Peter Klinkow für sein Engagement und seinen unermüdlichen Einsatz für diese Arbeit. Nicht zuletzt möchte ich mich bei Dr. Thomas Bittl vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim für die Bereitstellung von Daten für diese Arbeit bedanken. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ....................................................................................................................................... 1 2 Material und Methoden ................................................................................................................ 2 2.1 Untersuchungsgebiet..................................................................................................................... 2 2.1.1 Hartsee ..................................................................................................................................... 2 2.1.2 Langbürgner See...................................................................................................................... 4 2.2 Meristische Untersuchung ............................................................................................................ 5 2.2.1 Scalimetrie ............................................................................................................................... 6 2.2.2 Kiemenreusendornen ............................................................................................................... 7 2.3 Isotopenuntersuchung ................................................................................................................... 7 2.4 Statistische Analyse ...................................................................................................................... 8 3 Ergebnisse .................................................................................................................................... 10 3.1 Längen- Gewichts-Regression .................................................................................................... 10 3.2 Scalimetrie .................................................................................................................................. 11 3.3 Kiemenreusendornen .................................................................................................................. 12 3.4 Isotopenuntersuchung ................................................................................................................. 14 4 Diskussion..................................................................................................................................... 16 5 Zusammenfassung ....................................................................................................................... 20 6 Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 21 I Tabellenverzeichnis II Abbildungsverzeichnis III Abkürzungsverzeichnis IV Anhang EINLEITUNG ______________________________________________________________________________________________________ 1 Einleitung Coregonus bildet die artenreichste Gattung der Ordnung der Salmoniformes und wird in Bayern allgemein als Renke oder Felchen bezeichnet (KLEIN 1980). Der Geschmack macht die Renke besonders als Speisefisch und somit für Angler interessant. Ihr Anteil an den Fangerträgen der Berufsfischer liegt in fast allen bayrischen Seen deutlich über 50 % (FISCHEREI OBERBAYERN 2012). Entsprechend wird die Renke im Volksmund auch als „Brotfisch“ der Fischerfamilien bezeichnet (LADGIES 1979, BERG 1993). Zu ihnen zählen sowohl Wanderfische (z.B. Coregonus oxyrhynchus) als auch stationäre Formen (z.B. Coregonus wartmanni) (LADGIES 1979). Als lebende Zeugen der Eiszeit bewohnen sie in Mitteleuropa bevorzugt kalte Gewässer im Voralpengebiet (HAEMPEL1930, WAGLER 1941). Nach BERG (1948) und PRAVADIN (1948) stammen alle europäischen Coregonen von zwei Grundformen ab: dem arktischen Coregonus lavaretus pidschian und dem europäischen Coregonus lavaretus lavaretus. Aus C. lavaretus lavaretus entstanden durch Besatz der ökologischen Nischen die sympatrischen Populationen der Alpenseen, die als Infrasubspezies eingestuft werden. Grundsätzlich lassen sich die Renken in zwei ökologische Gruppen unterteilen: die Schweberenken und die Bodenrenken (MUUS 1990). Diese können aufgrund von Kiemenreusendornenanzahl und Ernährung unterschieden werden. Schweberenken halten sich meist im freien Wasser auf, besitzen zahlreiche schlanke Reusendornen und ernähren sich überwiegend von Plankton. Bodenrenken hingegen halten sich am Grund der Gewässer auf. Sie besitzen kürzere und weniger zahlreiche Reusendornen und ernähren sich vorwiegend von Zooplankton und kleineren benthischen Organismen (BERGSTRAND 1982, MUUS 1990, AMUNDSEN 2004). Der ungeheure Formenreichtum, verbunden mit geringen Unterschieden und zahlreichen Übergangsformen, der Gattung Coregonus macht eine Unterscheidung der einzelnen Arten selbst für Fachleute äußerst schwierig und gibt deshalb immer wieder Anstoß zu morphologischen Untersuchungen (HIMBERG 1995, OSTBYE 2004, KOTTELAT & FREYHOF 2007). So bemerkten auch die Mitglieder des Kreisfischereivereins Rosenheim e.V. schon seit längerem deutliche Unterschiede an ihren Renken in den Seen Hartsee und Langbürgner See. Daher war das Ziel dieser Studie, die morphologischen Unterschiede des Coregonenbestands in den nicht fischwirtschaftlich genutzten Hartsee und Langbürgner See aufzuklären und deren trophische Position im Nahrungsnetz zu bestimmen. Hierfür wurden sowohl meristische Methoden zur Morphologieunterscheidung als auch Isotopenuntersuchungen zur Unterscheidung der Ernährungsphysiologie verwendet. 1 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ 2 Material und Methoden 2.1 Untersuchungsgebiet Der Hartsee und Langbürgner See gehören zu der nordwestlich des Chiemsees gelegenen Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte. Sie entstanden durch den Rückgang der Gletscher gegen Ende der Würm-Eiszeit, wobei sich Eisblöcke ablösten. Da diese nicht mehr mit dem Hauptstrom des Gletschers in Verbindung standen, bezeichnet man sie als „Toteis“. Die Toteisblöcke wurden anschließend mit Schotter überdeckt und blieben durch die so entstandene Isolierschicht noch Jahrhunderte lang erhalten. Die Klimaerwärmung ließ schließlich auch die Toteisblöcke im Untergrund schmelzen, wobei Mulden und Vertiefungen in der Landschaft entstanden. Diese sogenannten Toteislöcher blieben entweder als trockene Kessel erhalten oder füllten sich mit Wasser. Im Fall der Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte bildete sich zunächst ein Ursee, der sich aufgrund von Verlandung in insgesamt 18 Seen mit einer Gesamtfläche von 3,5 km2 aufteilte. Die fünf größten Seen und einige kleinere Seen sind nach Norden hin immer noch durch Wasserläufe verbunden. Am 14. Juni 1939 wurde die Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte zum Naturschutzgebiet ernannt und mittlerweile in das europaweite Schutzgebiet-Netz „Natura 2000“ mit aufgenommen (BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT 2005). Mit der seit Dezember 2000 gültigen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der Europäischen Union werden diese Seen des Weiteren im Planungsraum Inn, des Flussgebiets der Donau, überwacht und auf hohem Niveau geschützt (BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT 2005). 2.1.1 Hartsee Der Hartsee umfasst 86,6 ha mit einem Wasservolumen von 16,4 Mio. m3 und erstreckt sich auf einer Länge von ca. 1,7 km in Nord-Süd-Richtung. Der Hartsee wird aus Grundwasser gespeist (SIEBECK 1989) und erhält zusätzlich einen Zufluss aus dem Kautsee und Pelhamer See (vgl. Abbildung 1). An der nördlichen Spitze besitzt der Hartsee einen Abfluss über die Wöhrache. Der tiefste Punkt befindet sich bei 39,1 m mittig nach Süden versetzt (WASSERWIRTSCHAFTSAMT ROSENHEIM 2001). Mit einem Tiefengradienten von 1,5 weist der See eine stabile thermische Schichtung auf. Ab August 1993 kam es zu einer sich schnell ausweitenden anoxischen Zone, die Mitte Oktober ihre maximale Ausdehnung erreichte 2 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ und bereits bei 10 m Tiefe begann. Umgerechnet auf das Wasservolumen waren in dieser Zeit etwa 53 % des Wasservolumens sauerstofffrei. Die Chlorophyll a (Chl a)–Konzentrationen schwankten zwischen Juni und Oktober 1993 in einem Größenbereich von 0,9 – 4,9 g/l (JÜSTEL & TRÖGER 1995). Auch 1999 wies der Hartsee ähnliche quantitative Phytoplankton-Verhältnisse auf: Hier wurde ein Vegetationsmittelwert von 3,8 g Chl a/l bestimmt. 2003 wurde der Hartsee nach Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAWA)Bewertungsverfahren (LAWA 1998) mit einer mittleren Gesamtphosphorkonzentration von 25,7 g/l und einer Sichttiefe von 2,4 m als meso- bis schwach eutroph eingestuft (NIXDORF 2003). Abbildung 1: Tiefenkarte Hartsee: Der Abstand der Höhenlinien entspricht 2 Metern 3 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ 2.1.2 Langbürgner See Der Langbürgner See ist mit 103,5 ha der größte See der Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte. Nach seinem Wasservolumen von 9,4 Mio. m3 ist er jedoch kleiner als der Hartsee. Er gehört mit seinem in mehreren Einzelbecken untergliederten Gewässer zu den sogenannten verkesselten Toteisseen. Hierbei erreichen die diversen Nebenbecken nur eine Maximaltiefe von 12 m, wohingegen das Hauptbecken eine Maximaltiefe von 37,3 m aufweist. Das Hauptbecken wird durch eine Inselanlage in der Mitte und eine sehr unregelmäßige Seebodenstruktur gekennzeichnet (vgl. Abbildung 2). Der See erhält nordwestlich einen Zufluss vom Thaler See und nördlich einen Abfluss in Richtung Schlosssee (WASSERWIRTSCHAFTSAMT ROSENHEIM 2001). Mit einem Tiefengradienten von 1,5 besitzt der Langbürgner See eine stabile thermische Schichtung. 1993 kam es im Langbürgner See ebenfalls zur Ausbildung einer anoxischen Zone, die im Mai ab einer Tiefe von 21 m begann und sich nur langsam ausweitete. Ihre maximale Ausdehnung erreichte sie Mitte Oktober bei einer Tiefe von 15 m. Umgerechnet auf das Wasservolumen waren ca. 16 % des Wassers zu dieser Zeit sauerstofffrei. Die Chl a – Werte schwankten zwischen Juni und Oktober im Bereich von 1,6 – 4,5 g/l (Jüstel & Tröger 1995). 1999 wurden quantitativ ähnliche Phytoplanktonverhältnisse gemessen, wobei ein Vegetationsmittelwert von 3,0 g Chl a/l ermittelt wurde. 2003 wurde der Langbürgner See nach LAWA-Bewertungsverfahren (LAWA 2003) mit einer Gesamtphosphorkonzentration von 29,0 g/l sowie einer Sichttiefe von 5,6 m als mesotrophes Gewässer eingestuft (NIXDORF 2003). 4 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ Abbildung 2: Tiefenkarte Langbürgner See: Der Abstand der Höhenlinien entspricht 2 Metern 2.2 Meristische Untersuchung Für die Untersuchungen wurden von Peter Klinkow vom Fischereiverein Rosenheim e.V. mit einer Handangel 25 Coregonen aus dem Hartsee und 16 Coregonen aus dem Langbürgner See im Zeitraum vom 21.03.2011 – 30.05.2011 gefischt, gewogen, vermessen und deren Köpfe anschließend bei -20 °C tiefgefroren. Der Großteil der Coregonen wurde von ihm nach eigener Aussage in einer Gewässertiefe von 8 m – 14 m gefangen. 5 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ 2.2.1 Scalimetrie Unter Scalimetrie versteht man die Altersbestimmung bei Fischen mittels Jahresringanalyse der Schuppen. Coregonen besitzen wie alle Salmoniden Cycloidschuppen, auf deren Oberfläche man konzentrische Furchen erkennen kann. Diese Furchen bilden engere/dunklere und weitere/hellere Banden, die man den unterschiedlichen Wachstumsphasen eines Fischs im Sommer beziehungsweise Winter zuordnen kann. Die Altersbestimmung mittels Scalimetrie wurde nach der Methode von BERG & GRIMALDI (1967) durchgeführt (vgl. Abbildung 3). Die engeren/dunkleren Furchen entstehen aufgrund der eingeschränkten Nährstoffaufnahme im Winter und des damit verbundenen geringeren Zuwachs und werden als Winterringe bezeichnet. Die Sommerringe bilden weitere und hellere Zonen, die aufgrund reichhaltiger Nährstoffaufnahme verbunden mit großen Wachstumsschüben entstehen. Je ein Sommerring zusammen mit dem angrenzenden Winterring formt eine Jahreszone. Zählt man nun die Winterringe einer Cycloidschuppe, so lässt sich das Alter der Renke ermitteln und wird als Winterringanzahl+ angegeben. Das „+“ steht hierbei für den noch nicht vollständig ausgebildeten Sommerring, der aufgrund des Fangdatums zu Stande kommt. Am Fangtag wurden den Renken jeweils an der seitlichen Flanke einige Schuppen entnommen und bis zur Analyse in Löschpapier aufbewahrt. Die einzelnen Schuppen wurden anschließend unter dem Mikroskop untersucht und die jeweils am besten lesbaren Schuppen, mindestens jedoch zwei, mit Hilfe des Programms Cell^D abfotografiert. Die Auszählung der Jahresringe wurde durch Auszählung von mindestens zwei Schuppen validiert. Abbildung 3: Jahresringanalyse von Cycloidschuppen nach BERG & GRIMALDI (1967): Darstellung einer Schuppe der Altersklasse 4+. 6 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ 2.2.2 Kiemenreusendornen Bei der Art-Bestimmung der Coregonen spielen die Kiemenreusendornen (KRD) sowohl nach ihrer Anzahl als auch nach ihrer Form eine wichtige Rolle und gelten häufig als einzig verwertbares Merkmal der Coregonen (LADGIES 1979, SVÄRDSON 1950, MUUS & DAHLSTRÖM 1990, KOTTELAT & FREYHOF 2007). Coregonen die zahlreiche schlanke Reusendornen besitzen ernähren sich überwiegend pelagisch, wohingegen Coregonen mit kürzeren und weniger zahlreichen Reusendornen sich von kleineren benthischen Organismen ernähren (BERGSTRAND 1982, MUUS 1990, AMUNDSEN 2004) (vgl. Abbildung 4). Die Kiemenreusendornen wurden vom Fischer Peter Klinkow nach dem Fang herausprepariert, auf schwarzem Grund aufgepinnt und abfotografiert. Die Auszählung erfolgte mittels Fotoauswertung. Hierbei wurden alle Fotos mindestens zweimal ausgezählt und bei unterschiedlichen Ergebnissen erneut ein Vergleichsfoto ausgewertet. Abbildung 4: Darstellung eines Kiemenreusendornenapparats von sich pelagisch (links) und sich benthisch (rechts) ernährenden Renken 2.3 Isotopenuntersuchung Stabile Isotope sind ein erfolgreiches Hilfsmittel, um die Struktur von meist sehr komplexen Nahrungsnetzen in aquatischen Ökosystemen zu erforschen (POST 2002). Vor allem stabile Isotope von Stickstoff und Kohlenstoff werden auf charakteristische Weise angereichert, wenn organisches Material von einer Trophieebene zur anderen weitergegeben wird (ZANDEN & RASMUSSEN 1999). Nach HARROD (2006) bestimmt die Stickstoffsignatur die Position im Nahrungsnetz, wobei eine Zunahme um 3 ‰ 15N je einer trophischen Ebene entspricht. Die 13C-Signatur hingegen bleibt nahezu unverändert innerhalb eines Nahrungsnetzes und gibt Aufschluss über die Kohlenstoffquelle des Organismus (PERGA 2003). 7 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ So weisen Landpflanzen, die bei der Photosynthese atmosphärisches CO2 aufnehmen, eine höhere 13C-Signatur auf als Algen, die Kohlensäure aus dem Wasser assimilieren (HARROD 2006). Für die 13C-Signatur ist bereits eine Änderung von 2 ‰ charakteristisch (NEWBREY 2012). Werden beide Isotopen-Signaturen eines Organismus miteinander verglichen, kann auch die Herkunft seiner Nahrungsmittel geklärt werden. Für die Isotopenuntersuchungen wurden zum einen ausgewählte Fische aufgetaut und etwa 0,5-1,0 cm große Stücke aus der Flankenmuskulatur herauspräpariert, zum anderen Schuppenproben verwendet (vgl. Tabelle 1). Alle Proben sind so gewählt worden, dass sie die Bandbreite der Kiemenreusendornenanzahl abdecken. Die einzelnen Proben wurden in einem Ultraschallbad gereinigt und zusätzlich in einer Chloroform-Methanol-Lösung (2:1) entfettet. Nach der Trocknung der Proben im Ofen bei 40 °C für 48 Stunden wurden die Proben in einem Mixer zu einem homogenen Pulver zermalmt und je 0,3 – 0,4 mg davon in eine Zinn-Kapsel eingewogen. Schließlich wurden die Proben in einem Isotopenverhältnismassenspektrometer (Delta plus, Finnigan MAT, MasCom GmbH, Bremen) mit einem Element-Analysator (EA1108, Carlo Erba, Thermo Fisher SCIENTIFIC, Mailand, Italien) und einer Pyrolysatoreinheit verbrannt. Für die Bestimmung des Kohlenstoffisotopenverhältnisses 13 C/12C ist das fossile Calciumcarbonat (Pee Dee Belemnite) und für das Stickstoffisotopenverhältnis 15 N/14N atmosphärischer Stickstoff verwendet worden. Die Verhältnisse wurden in Delta () angegeben. Für einen internen Laborstandard wurde dann die gleiche Analyse nach je 10 Proben mit Mehl durchgeführt und zeigte dabei eine Standardabweichung für 15N von 0,10 ‰ und für 13N von 01,13 ‰. 2.4 Statistische Analyse Alle Berechnungen wurden in Microsoft Office Excel 2007 durchgeführt. Arithmetisches Mittel : Erwartungswert : 8 MATERIAL UND METHODEN ______________________________________________________________________________________________________ Varianz 2: für ( 0) Standardabweichung : für ( 0) Kerndichteschätzung: Die Kerndichteschätzung ist ein Verfahren der Statistik, um über gegebene Stichproben eine konsistente, stetige Schätzung der unbekannten Verteilung abzugeben. Hierfür wird über einzelne Lebesgue-Dichten eine Verteilungsdichtefunktion erstellt. Die Kerndichteschätzung wurde, mit dem von Prof. Karl Auerswald (Lehrstuhl für Grünlandlehre, Technische Universität München) in R geschriebenen Programm, nach folgenden Grundformeln durchgeführt: R 9 ERGEBNISSE ____________________________________________________________________________________________________ 3 Ergebnisse 3.1 Längen- Gewichts-Regression 800 700 Gewicht [g] 600 500 y = 0,0087x2,9489 R² = 0,9595 400 300 200 y = 0,0544x2,408 R² = 0,7215 100 0 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 Länge [cm] Hartsee Trendlinie (Hartsee) Langbürgner See Trendlinie (Langbürgner See) Abbildung 5: Längen- Gewichtsverhältnisse des Hartsee und Langbürgner Sees. Hartsee: N= 25; Langbürgner See: N = 16 Um einen Eindruck vom Ernährungszustand und der damit verbundenen körperlichen Verfassung eines Fisches zu bekommen, wird eine Beziehung zwischen der Gesamtlänge und dem Gewicht hergestellt (SCHULZ 1979). In Abbildung 5 ist dieses Verhältnis für die Coregonen der gesamten Untersuchungsperiode graphisch dargestellt. Sowohl die Renken im Hartsee als auch im Langbürgner See zeigen ein annähernd lineares Verhältnis von Gewicht und Länge. Die Coregonen des Hartsees weisen im Mittel ein Gewicht von 268 g und eine mittlere Länge von 33 cm auf, die Coregonen des Langbürgner Sees im Mittel ein Gewicht von 214 g und eine mittlere Länge von 31 cm. Beide stehen jedoch insgesamt gesehen nicht in Abhängigkeit von Geschlecht oder Reusendornenanzahl. 10 ERGEBNISSE ____________________________________________________________________________________________________ 3.2 Scalimetrie prozentualer Renkenanteil 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Alter in Jahren (+) Hartsee Langbürgner See Abbildung 6: Ergebnisse der Jahresringauszählung der Schuppen: Alle Ergebnisse sind als Alter+ zu verstehen. Hartsee: N=25, Langbürgner See: N=16 Die Auswertung der Schuppenproben ergab ein unterschiedliches Altersspektrum für die zwei Seen: Die im Hartsee gefangenen Renken waren im Mittel 3,4 Jahre alt. Im Langbürgner See wurden von Herrn Kinkow sogar nur 3+ oder 4+ Jährige Renken gefangen (ebenfalls 3,4 Jahre) (vgl. Abbildung 6). Die kleineren Renken wurden aufgrund des bestehenden Schonmaßes für Renken von 28 cm wieder in den See zurückgesetzt und standen dadurch nicht für weitere Untersuchungen zur Verfügung. 11 ERGEBNISSE ____________________________________________________________________________________________________ prozentualer Renkenanteil 3.3 Kiemenreusendornen 20,0% 18,0% 16,0% 14,0% 12,0% 10,0% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 0,0% 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 Kiemenreusendornenanzahl Hartsee Abbildung 7: Langbürgner See Ergebnisse der Auszählung der Kiemenreusendornen. Hartsee: N=18; Langbürgner See: N=11 Die Renken des Hartsees weisen im Mittel 33,8 und die des Langbürgner Sees 34,5 Kiemenreusendornen auf. In beiden Seen zeigen die Coregonen eine große Bandbreite an Kiemenreusendornenzahlen von minimal 27 KRD bis maximal 40 KRD. Die Langbürgner See-Renken zeigen eine Aufspaltung in der Anzahl der Kiemenreusendornen in drei Gruppen: wenig KRDs (27-30), durchschnittliche KRDs (31-37) und viele KRDs (38-40). Der Hartsee hingegen zeigt eine Normalverteilung in der Anzahl der Kiemenreusendornen (vgl. Abbildung 7). Diese Ergebnisse wurden auch in der Kerndichteschätzung bestätigt, wobei der Langbürgner See bei einer Kernbreite von 1,7 nur eine deutliche Aufspaltung in geringe und viele Reusendornenanzahl ergibt. Die höhere Reusendornenanzahl zeigt hier nur eine leichte Aufspaltung (vgl. Abbildung 8). Die Anzahl der Kiemenreusendornen steht in beiden Seen nicht in Korrelation mit der Morphologie der Reusendornen oder der Länge, dem Gewicht oder dem Geschlecht der Renken. Vergleicht man die Bandbreite der Kiemenreusendornen (27-40 KRD) der zwei Seen, mit den in der Literatur (LADGIES 1979, VILCINSKAS 2000, KOTTELAT & FREYHOF 2007) angegeben Daten und Verbreitungsgebieten, so lassen sich für den Hartsee und Langbürgner See die in Tabelle 1 aufgeführten Arten beziehungsweise Formenkreise bestimmen. 12 ERGEBNISSE ____________________________________________________________________________________________________ 0,12 0,1 Kerndichte 0,08 0,06 0,04 0,02 0 25 30 35 40 45 Kiemenreusendornenanzahl Hartsee Langbürgner See Abbildung 8: Kerndichteschätzung: 25 N 45; Kernbreite h=1,7; Stichprobenanzahl Hartsee: 18; Stichprobenanzahl Langbürgner See: 11 Tabelle 1: Bestimmung der Coregonen des Hartsees und Langbürgner Sees nach Kiemenreusendornenanzahl Erstbestimmung Kiemenreusendornenanzahl Formenkreis Coregonus nasus Artname Coregonus fera Formenkreis Coregonus lavaretus Artname Coregonus wartmanni Formenkreis Coregonus oxyrhynchus Artname Coregonus macrophthalmus Pallas (1776) 21-27 Jurine (1825) 21-28 Linnaeus (1758) 25-34 Bloch (1783) 33-39 Linnaeus (1758) 36-44 Nüsslin (1882) Trivialname Hauptnahrung Sandfelchen, große Bodenrenke benthisch Blaufelchen pelagisch, planktivor Gangfisch pelagisch, planktivor 35-44 13 ERGEBNISSE ______________________________________________________________________________________________________ 3.4 Isotopenuntersuchung Tabelle 2: Ausgewählte Muskel- und Schuppenproben für die Isotopenanalyse # L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 H1 H2 H3 H5 H4 KRD 39 27 27 39 40 35 39 34 29 32 34 Alter 3 3 3 4 4 3 4 10 4 4 10 Länge [cm] Gewicht [g] 29,5 179 30 237 29 189 34 298 31 237 29,5 194 34 298 44 30 35 44 603 202 306 603 Sex ♀ ♂ ♀ ♀ ♂ ♂ ♀ ♀ ♀ ♀ ♀ Habitat/Probe Langbürgner See Langbürgner See Langbürgner See Langbürgner See Langbürgner See Langbürgner See Schuppe_L4 Schuppenmix Proben L1-6 Hartsee Hartsee Hartsee Schuppe_H1 Schuppenmix Proben H1-3 18,00 H1 17,00 15N ± SD [‰] 16,00 H4 15,00 H3 H2 H5 14,00 13,00 L6 12,00 L1 L5 11,00 L3 L2 L4 10,00 L8 L7 9,00 8,00 -25,00 -27,00 -29,00 -31,00 13C -33,00 -35,00 -37,00 ± SD [‰] Abbildung 9: Isotopenuntersuchung von 13C und 15N: Die Proben des Langbürgner Sees sind in Blau angegeben und die des Hartsees in Rot. Die Muskelproben sind mit Kreissymbolen und die Schuppenproben mit Dreieckssymbolen gekennzeichnet. 14 ERGEBNISSE ______________________________________________________________________________________________________ Die in Tabelle 2 angegeben Schuppenproben wurden zum Vergleich der LangzeitIsotopenanreicherung mit der Kurzzeit-Isotopenanreicherung (Muskelproben) verwendet. Die Probe L7 stellt hierbei die Schuppenreferenzprobe zur Muskelprobe L4 dar. L8 ist eine Sammelprobe an Schuppen der Fische L1-6. Die Probe L1 stellt die Schuppenreferenzprobe zur Muskelprobe H1 dar. H4 ist die Sammelprobe an Schuppen für die Muskelproben H1-3. Vergleicht man nun die in Abbildung 9 gezeigten Isotopensignaturen der Muskel- und Schuppenproben, so kann man sehen, dass beide Seen für die Schuppenproben eine niedrigere 15N- und 13C-Signatur aufweisen (vgl. Tabelle 3). Insgesamt zeigt hierbei der Hartsee eine durchschnittlich um 5,1 ‰ höhere 15N- Signatur und durchschnittlich um 4,1 ‰ niedrigere 13C-Signatur als der Langbürgner See. Tabelle 3: Unterschiede in der Isotopensignatur für Schuppen- und Muskelproben Probe Langbürgner See Hartsee 15N [‰] 13C [‰] 15N [‰] 13C [‰] Muskelproben 11,3 -30,7 16,4 -34,8 Schuppenproben 9,0 -26,9 14,8 -30,2 Unterschied 2,3 -3,8 2,4 -4,6 15 DISKUSSION ____________________________________________________________________________________________________ 4 Diskussion Da die Gattung Coregonus aufgrund seines ungeheuren Formenreichtums, verbunden mit geringen Unterschieden und zahlreichen Übergangsformen, schwierig zu bestimmen ist, bietet sie immer wieder Grundlage für verschiedenste Forschungsarbeiten (BERGSTRAND 1982, HIMBERG 1995, OSTBYE 2004, KOTTELAT & FREYHOF 2007, THOMAS & ECKMANN 2007). Hierbei stehen nicht nur Untersuchungen über sympatrische Artbildung (MUUS 1990), sondern auch die Aufklärung der Ernährungsphysiologie der Coregonidae (NEWBREY 2012) im Vordergrund. Der Altersdurchschnitt der untersuchten Renken beider Seen betrug 3,4 Jahre. Im Vergleich mit Coregonidae aus 9 europäischen Seen ( 3,6-9,5 Jahre) liegt die Altersstruktur des Hartsees und des Langbürgner Sees unter dem erwarteten Schnitt (OSTBYE 2006). Dieses Ergebnis kann, gerade im Langbürgner See, durch die selektive Fangmethode beeinflusst worden sein. Da das mittlere Alter der Renken beider Seen identisch war, entsteht durch die selektive Fangmethode zum Vergleich der Fische untereinander kein Nachteil. Die Beziehung zwischen Gewicht und Gesamtlänge der Fische wurde daher eingesetzt, um eine Aussage über den Ernährungszustand und der damit verbundenen körperlichen Verfassung der Fische zu bekommen. Beide Seen zeigten hierbei ein annähernd lineares Verhältnis. Mit Hilfe der Gleichung der Regressionskurve kann für jede beliebige Totallänge das entsprechende mittlere Gewicht (y) zugeordnet werden. Liegt der Exponent der Länge (x) bei 3,0, so liegt isometrisches Wachstum vor und das Vollgewicht des Fisches nimmt proportional zur Totallänge zu (TESCH 1991). Der Fisch hält also seine Form bei steigender Totallänge weitgehend (WINEMILLER 1995). In diesem Fall liegt der Exponent mit 2,9 für den Hartsee und 2,4 für den Langbürgner See unter dem des isometrischen Wachstums. Also nimmt das Gewicht der Renken leicht unterproportional zur Länge zu. Betrachtet man die Auftragung des Langbürgner Sees (Abbildung 5), so liegen dessen Datenpunkte zwar auch auf der Trendlinie des Hartsees, aber sind nicht so breit verteilt wie diese. SCHULZ (1979) ermittelte für Coregonus wartmanni im Achensee bei einer Länge von 30 cm ein mittleres Gewicht von 200 g. Ausgehend von den Trendlinien erlangten die Coregonen des Hartsees bei einer Länge von 30 cm im Durchschnitt 197 g, die des Langbürgner Sees im Durchschnitt 196 g. Daraus ergibt sich für die 30 cm langen Renken des Hartsees und Langbürgner Sees eine Abweichung von 2 % von SCHULZ (1979) Renken. Jedoch war die Probenanzahl für die 16 DISKUSSION ____________________________________________________________________________________________________ Renken 40 cm (Hartsee: N=2, Langbürgner See: N=0) sehr gering und die Trendlinien sind daher nicht so genau. Deshalb ist die Abweichung von 2 % eher zu vernachlässigen und das Längen-Gewichtsverhältnis der untersuchten Coregonen als vergleichbar zu bezeichnen. SCHULZ (1979) klassifizierte aufgrund der Messdaten seine Renken als extrem schlank, was auch auf die hier untersuchten Renken zutrifft. Dieses Ergebnis bestätigt auch Beobachtungen des Kreisfischereivereins Rosenheim e.V.. Ein geschlechtsspezifisches Gewichts- Längenverhältnis, wie bei SCHULZ (1979), konnte weder im Langbürgner See noch im Hartsee nachgewiesen werden. Auch GERSTMEIER (1986) konnte bei Coregonen des Starnberger Sees diesen Bezug nicht feststellen. Auf eine Konditionsanalyse nach SCHULZ (1979) wurde verzichtet, da nur das Gesamtgewicht der Renken bekannt war. Die Gonaden können allerdings bis zu 25 % des Gesamtgewichts betragen und hätten die Ergebnisse stark verfälscht (RITTERBUSCH-NAUWERCK 1995). Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Morphologie und der Bestimmung der Coregonen sind, wie bereits beschrieben, die Kiemenreusendornen. Wegen der Überlappung der Reusendornenanzahl für verschiedene Arten (OSTBYE 2004, 2005, MÜLLER 2008) und der vielen Mischformen ist eine sichere Bestimmung der Art oft nicht möglich. Die Renken dieser Untersuchung zeigten ebenfalls eine große Diversifikation und Überlappung in der Reusendornenanzahl (27-40 KRD) und standen nicht in Korrelation mit Alter, Gewicht, Länge oder Geschlecht der Coregonen. Nach der statistischen Analyse war eine Aufspaltung der KRD für den Langbürgner See nicht wahrscheinlich und entstand wohl eher durch die limitierte Probenzahl (N=11). Auch ließ die Überlappung der Reusendornenanzahlen eine genaue Abgrenzung nicht zu. Daher war eine sichere Bestimmung der Renken nur für die Formenkreise möglich und die bestimmten Arten sind als Grundtypen anzusehen (OSTBYE 2005). Trotz Kiemenreusendornen der häufig Schwierigkeiten als einzig bei der verwertbares Bestimmung Merkmal der gelten die Coregonen (AMUNDSEN 2004). Eine allgemeine Übereinstimmung von Kiemenreusendornenanzahl und ihrer Morphologie (wenig KRD: kurze und etwas dickere KRD; viele KRD: lange und dünne KRD), wie in VILCINSKAS (2000) beschrieben, konnte für die untersuchten Fische nicht festgestellt werden. LANGELAND (1995) fand, dass die Nahrung der Renken nicht rein durch ihre Reusendornenanzahl und Morphologie determiniert wird, wohingegen AMUNDSEN (2004) bei Coregonen des Pasvik Nationalparks durch Mageninhaltsanalysen zeigte, dass die Anzahl der Kiemenreusendornen mit der Nahrungsselektion der Renken korrelierte. Die Rolle der Kiemenreusendornen für die Ernährung der Renken ist demnach bis jetzt noch nicht vollständig geklärt (KAHILAINEN 2004). 17 DISKUSSION ____________________________________________________________________________________________________ Die stabilen Isotopenuntersuchungen von 15N und 13C ergaben für die Fische beider Seen keine Korrelation zwischen Kiemenreusendornenanzahl und Ernährungsbiologie. Auch eine Beziehung zwischen Alter, Größe, Gewicht oder Geschlecht der Coregonen mit der Isotopensignatur war nicht nachzuweisen. Jedoch kann mit einer Isotopensignatur-Differenz von 5,1 ‰ für 15N und 4,1 ‰ 13C ein signifikanter Unterschied in der Stickstoff- und Kohlenstoffquelle der Coregonen festgestellt werden. Da 3 ‰ 15N je einer trophischen Ebene entsprechen (HARROD 2006), stehen die Renken des Langbürgner Sees zwischen der dritten und vierten Position des Nahrungsnetzes. Daher sind sie als Predatoren einzuschätzen, die sich höchst wahrscheinlich ausgewogen von sowohl benthischen Organismen als auch Insekten ernähren. Die Coregonen des Hartsees nehmen eine noch höhere Position im Nahrungsnetz ein. Sie liegen auf der Trophieebene 5 und ernähren sich demnach wahrscheinlich hauptsächlich von benthischen Organismen und Insekten. Auch kleinere Fische und Fischlaich sind als opportunistische Nahrung denkbar. Trotzdem zeigt die 13CSignatur für beide Populationen auch eine pelagische Ernährung von Phytoplankton (Shurin 2005). NEWBREY (2012) konnte für Coregonus clupeaformis in einem canadischen See 15N-Werte von 12,3 - 13,9 ‰ und 13C-Werte von -22,9 ‰ - -24,7 ‰ beobachten. Dieser ordnete die Renken ebenfalls an der Spitze des Gewässer-Nahrungsnetztes ein. Die niedrigeren 13C-Werte für die Coregonen des Hartsees lassen schlussfolgern, dass der See sowohl eine höhere Algenbelastung als auch einen höheren Makrophyten-Bewuchs besitzt (Shurin 2005). Ferner kann man davon ausgehen, dass der Hartsee im Vergleich zum Langbürgner See ärmer an Sauerstoff ist. HARROD (2006) berichtet von C-Werten bis zu -50 ‰ in sauerstoffarmen Seen, bei denen Organismen Methan aus dem Sediment verwerten. Diese Einschätzung stimmt mit Wasseruntersuchungen beider Seen des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim überein, denen zufolge der Hartsee eutropher ist als der Langbürgner See (siehe Anlage). Zieht man nun alle Untersuchungsfakten in Betracht, so ist davon auszugehen, dass die Morphologieunterschiede der Coregonen beider Seen auf den Polymorphismus dieser Gattung zurückzuführen sind. Die in Ansätzen vorhandenen Unterschiede für die Kiemenreusendornen der Fische des Langbürgner Sees sind nicht signifikant. Insgesamt konnten zwar drei Grundformen an Renken festgestellt werden: Coregonus wartmanni, Coregonus macrophthalmus und Coregonus fera. Jedoch sind die unterschiedlichen Renkenformen eher als Ökotypen zu betrachten. Die Isotopenuntersuchung zeigte eine unterschiedliche Ernährungsstruktur für die Coregonen der beiden Seen. Folglich sind die Fischpopulationen 18 DISKUSSION ____________________________________________________________________________________________________ beider Seen als Predatoren zu anzusehen, wobei neben der peliagischen und benthischen Ernährung für die Hartsee-Renken eine Ernährung mit kleineren Fischen und Fischlaich wahrscheinlich ist. Zudem ließen sich aus der 13C Isotopsignatur Rückschlüsse über die Gewässergütequalität der Seen ziehen, wonach der Hartsee eutropher als der Langbürgner See einzustufen ist. Vergleiche mit früheren Wasserqualitätsuntersuchungen zeigen eine grundsätzliche Verbesserung der Wasserqualität (vgl. JÜSTEL & TRÖGER 1995, WASSERWIRTSCHAFTSAMT ROSENHEIM 2005,2009). Diese Oligotrophierung der Seen ist, aufgrund der steigenden Nahrungskonkurrenz, wahrscheinlich auch der Grund für die unterproportionale Gewichtszunahme und kleineren Durchschnittslängen (Thomas & Eckmann 2007). Aus evolutiver Sicht liegt meist keine reproduktive Isolation zwischen den Renkenformen vor (GUM 2009) und ein genetischer Unterschied kann zwar in voneinander isolierten Seen, aber meist nicht innerhalb eines Sees nachgewiesen werden (OSTBYE 2005). Da beide Seen über das Gewässersystem Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte verbunden sind und die meristische Untersuchung keine klaren Unterschiede brachte, ist eine genetische Differenzierung unwahrscheinlich. Der Vergleich mit ähnlichen Untersuchungen zeigte, dass die limitierte Probenzahl und die eingeschränkte Fangmethode zwar leichte Auswirkungen auf das Ergebnis haben, ein annehmbarer Vergleich jedoch trotzdem möglich war. Daher sind weitere genetische Untersuchungen und eine Wiederholung der morphometrischen Untersuchung mit größerer Probenzahl und einer alternativen Fangmethode in naher Zukunft nicht sinnvoll. 19 ZUSAMMENFASSUNG ____________________________________________________________________________________________________ 5 Zusammenfassung Coregonus bildet die artenreichste Gattung der Ordnung der Salmoniformes und wird in Bayern allgemein als Renke oder Felchen bezeichnet. Als lebende Zeugen der Eiszeit zeigen sie aufgrund sympatrischer Radiation eine enorme Plastizität in ihrer Morphologie, was die genaue Bestimmung der Gattung Coregonus selbst für Experten schwierig macht. Das Ziel dieser Arbeit war daher, die Morphologie von Renkenpopulationen in zwei nacheiszeitlichen Seen in der Nähe des Chiemsees aufzuklären: dem Hartsee und dem Langbürgner See. Die morphologischen Unterschiede wurden mittels Meristik der Kiemenreusendornen und Scalimetrie untersucht. Um ihre grundlegende Ernährungsphysiologie in benthische oder pelagische Ernährung zu unterscheiden, wurden 13C zudem und 15N Isotopenuntersuchungen an dorsaler Muskulatur und Schuppen durchgeführt. Die Scalimetrie ergab für den Hartsee eine Normalverteilung in der Altersstruktur (1-6 Jahre) mit einem durchschnittlichen Alter von 3-4 Jahren, wohingegen die Renken des Langbürgner Sees alle 3 oder 4 Jahre alt waren. Die Analyse der Kiemenreusendornen erbrachte für beide Seen eine Bandbreite von 27-40 Kiemenreusendornen, wobei die Coregonen des Hartsees eine Normalverteilung mit durchschnittlich 33,8 Reusendornen zeigten. Die Renken des Langbürgner Sees spalteten sich in drei Gruppen (wenig, durchschnittliche, viele Reusendornen) mit durchschnittlich 34,5 Kiemenreusendornen auf. Diese Ergebnisse standen bei beiden Seen nicht in Korrelation mit Länge, Gewicht, Alter oder Geschlecht der Renken. Ebenfalls erbrachte die stabile Isotopenuntersuchung keine Korrelation mit der Kiemenreusendornenanzahl. Jedoch unterschied sich die Isotopensignatur der beiden Seen signifikant: Die Renken des Hartsees wiesen eine durchschnittliche 15N-Signatur von 11,3 ‰ und eine 13C-Signatur von -30,7 ‰, die des Langbürgner Sees eine 15N-Signatur von 16,4 ‰ und eine 13C-Signatur von -34,8 ‰ auf. Insgesamt konnten drei Grundformen an Renken festgestellt werden: Coregonus wartmanni, Coregonus macrophthalmus und Coregonus fera. Die Unterschiede in der Morphologie sind für eine Artaufspaltung nicht signifikant und daher rein auf die allgemeine Plastizität der Renken zurückzuführen. Insgesamt sind die unterschiedlichen Renkenformen daher als Ökotypen anzusehen. Der Hartsee ist aufgrund der Isotopenanalyse eutropher als der Langbürgner See einzuschätzen. Diese Ergebnisse sind sowohl mit Renkenuntersuchungen in anderen Seen (AMUNDSEN 2004, THOMAS & ECKMANN 2007) als auch mit Wasseruntersuchungen des WASSERWIRSCHAFTSAMT ROSENHEIM (siehe Anhang) konform. 20 LITERATURVERZEICHNIS ____________________________________________________________________________________________________ 6 Literaturverzeichnis Veröffentlichung Autor Jahr Titel Amundsen Gill raker morphology and feeding Ann. Zool. 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(vor Ort) °C Mst-Name Kenngröße NH4-N mg/l tiefste Stelle, Hauptbecken Anzahl N 7 7 7 7 7 8 7 7 6 7 7 7 7 tiefste Stelle, Hauptbecken Minimum 0,01 7,9 253,0 0,5 0,22 0,05 0,0025 0,006 0,0025 6,9 0,0 600,0 3,8 tiefste Stelle, Hauptbecken Maximum 3,83 9,9 589,0 3,6 13,0 0,3 0,027 0,116 0,029 8,6 12,6 870,0 25,3 tiefste Stelle, Hauptbecken Mittelwert (volumengewichtet) 0,199 8,43 289,0 0,723 1,9 0,173 0,00336 0,0198 0,00597 8,12 7,24 774,2 5,78 Messdaten des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim für den Hartsee (2009) Chlorid mg/l LF (20°C) vor Ort N-ges. µS/cm mg/l SiO2 mg/l NO3-N mg/l o-PO4-P mg/l P-ges. mg/l P-ges. gelöst mg/l pH-Wert (vor Ort) - O2 gel. mg/l Sichttiefe cm Wassertemp. (vor Ort) °C Mst-Name Kenngröße NH4-N mg/l tiefste Stelle, Hauptbecken Anzahl N 7 7 6 6 7 7 7 7 7 7 7 7 7 tiefste Stelle, Hauptbecken Minimum 0,005 7,0 141,0 0,5 0,2 0,1 0,0025 0,009 0,0025 7,3 0,7 140,0 4,0 tiefste Stelle, Hauptbecken Maximum 0,33 10,0 448,0 1,0 8,4 0,8 0,034 0,05 0,036 8,7 12,3 580,0 25,2 tiefste Stelle, Hauptbecken Mittelwert (volumengewichtet) 0,0248 9,0 365,0 0,797 3,65 0,513 0,00601 0,0158 0,00856 7,88 5,8 352,0 8,4 ANHANG ______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Untersuchte Renken des Hartsees (2011): N = 25 Probe H6 H7 H8 H9 H10 H11 H12 H13 H14 H15 H16 H17 H18 H19 H20 H1 H2 H3 H21 H22 H23 H24 H25 H26 H27 Geschlecht Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner KRD 37 40 35 37 35 29 31 33 32 39 34 29 32 29 31 33 35 37 Länge [cm] 33 36 36 32 33,5 33 35 29,5 40 32,5 29 30 30 31 34 44 30 35 31 35,5 31 34 33 25 27 Gewicht [g] 264 315 371 230 270 232 340 204 425 245 163 183 196 231 307 603 202 306 217 392 222 265 246 115 149 Fangdatum 30.03.2011 30.03.2011 11.04.2011 14.04.2011 14.04.2011 20.04.2011 11.05.2011 25.05.2011 05.04.2011 26.04.2011 27.04.2011 09.05.2011 09.05.2011 09.05.2011 09.05.2011 11.05.2011 11.05.2011 11.05.2011 11.05.2011 13.05.2011 25.05.2011 25.05.2011 30.05.2011 11.04.2011 09.05.2011 Schuppenanalyse [+] 2 3 4 3 3 4 5 2 6 4 2 2 3 2 4 10 4 4 2 5 3 3 3 1 1 ANHANG ______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Untersuchte Renken des Langbürgner Sees (2011): N=16 Probe L9 L2 L10 L11 L12 L6 L13 L5 L14 L15 L1 L16 L17 L3 L4 L18 Geschlecht Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Milchner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner Rogner KRD 27 32 35 33 40 35 39 36 27 39 36 Länge [cm] 32 30 Gewicht [g] 30,5 201 32 234 28 171 31 208 31 180 31 237 29,5 194 210 237 35 262 29,5 179 29,5 163 29,5 184 29,5 189 34 298 34 276 Fangdatum 21.03.2011 02.05.2011 02.05.2011 16.05.2011 18.05.2011 18.05.2011 18.05.2011 20.05.2011 20.05.2011 23.03.2011 18.04.2011 29.04.2011 16.05.2011 18.05.2011 20.05.2011 20.05.2011 Schuppenanalyse [+] 4 3 3 4 3 3 4 4 3 3 3 4 3 3 3 4