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M A R I A DR E WE S TIROLER KÜCHE M A R I A DR E WE S TIROLER KÜCHE Mit einer kleinen Kulturgeschichte der Tiroler Küche von Otto Kostenzer Mit Fotos von Ursula und Bernhard Aichner Tyrolia-Verlag • Innsbruck-Wien Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“ Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. 2012 © Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck 14. Auflage Umschlaggestaltung: nuovoline, Innsbruck Fotos: Fotowerk Aichner OG/Ursula & Bernhard Aichner Assistenz: Bernhard Geiler ©iStockphoto.com (Seite 16, 28, 33, 41, 51, 54, 69, 80, 95, 98, 99, 101, 110, 117, 119, 129, 137, 144, 146, 156, 158, 172, 201, 218, 222, 235, 239, 261, 264, 267, 282, 283) Layout: Tyrolia-Verlag Digitale Gestaltung: Studio HM, Hall in Tirol Lithografie: digi-service, Innsbruck Druck und Bindung: Gorenjski Tisk, Kranj ISBN 978-3-7022-1676-4 E-Mail: [email protected] Internet: www.tyrolia-verlag.at InHALT Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Hinweise für die Verwendung der „Tiroler Küche“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Erläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Suppen – ’s ganze Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Knödel, Nudeln, Nocken, Plenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Gsottenes und Gebratenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Wildbret . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Fische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Was dazu gegessen wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Die Marende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Kiechl, Krapfen, Platteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Torten, Kuchen, Guatelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Alte Tiroler Weihnachtsspeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Köstliche Weihnachtsbäckereien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Kleine Kulturgeschichte der Tiroler Küche (von Otto Kostenzer) . . . . . . . . . . . . . . 300 Rezepte für Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5 6 ZU DIESEM BUCH Maria Drewes bedeutet für die Tiroler Küche, was die Brüder Grimm für die deutschen Sagen und Märchen darstellen: Sie hat sie nicht erfunden, sondern zunächst einmal einfach gesammelt. Aber mit ihrem Buch Tiroler Küche hat sie das Gesammelte lebendig erhalten, verständlich und nachvollziehbar gemacht und einen Kanon dessen geschaffen, was wir heute unter „Tiroler Küche“ verstehen. „Es besteht die Gefahr“, schrieb die damals 40jährige Mitarbeiterin der Tiroler Landwirtschaftskammer Maria Drewes 1974 im Vorwort zur ersten Auflage der Tiroler Küche, „daß all diese Spezialitäten in Vergessenheit geraten.“ Daß das nicht geschehen ist, ist zu einem guten Teil ihr Verdienst. In den vergangenen Jahrzehnten haben Tiroler Gastronomen mit Erfolg die Tiroler Küche in ihr Angebot aufgenommen und damit manche Haube und manchen Stern in die Tiroler Bergwelt holen können, vor allem aber stehen nach wie vor weiter Teile der Tiroler Bevölkerung zu ihren Knödeln, Kiechln oder Plattln. Grund dafür ist auch, daß Maria Drewes ihr Kochbuch in Schweinsbraten (Rezept Seite 87) regelmäßigen Abständen immer wieder aktualisiert hat, damit die Tiroler Küche keine Museumsküche werde, sondern mit aktuellen Koch- und Ernährungsgewohnheiten Schritt halte. Kochen und Essen ist ein wesentlicher Teil regionaler Kultur und Identität. So wurde Maria Drewes im Herbst 2009 zu Recht für ihre Verdienste um die Tiroler Küche zur Botschafterin der Friedensglocke des Alpenraums ernannt, weil sie in besonderer Art und Weise das Kulturgut – regionale Tiroler Küche – bewahrt und gepflegt hat. Wir sind stolz darauf, daß ein Buch aus unserem Verlag diesen Stellenwert erlangen konnte, und wir danken unserer Maria Drewes, daß sie uns durch vier Jahrzehnte die Treue gehalten hat – nicht nur mit 14 Auflagen der Tiroler Küche, sondern mit weiteren Kochbüchern, die mit ihren typischen kulinarischen Köstlichkeiten unübertroffen sind. Gottfried Kompatscher Verlagsleiter 7 VORWORT ZUR nEUAUFLAgE DER „TIROLER KÜCHE“ Mit Freude und Dankbarkeit durfte ich erleben, daß die „Tiroler Küche“ fast vier Jahrzehnte als das Standardwerk in vielen Familien und gastronomischen Betrieben unseres Landes und bei den Gästen Zustimmung gefunden hat. Die Verläßlichkeit der erprobten Rezepte, der Überblick über die klassischen und neueren Gerichte der heimischen Küche und die kleine Kulturgeschichte machten das Buch zu einem umfassenden und wertvollen Nachschlagewerk. Das veranlaßte die Deutsche Gastronomische Akademie 1974 zur Verleihung der Silbermedaille. Immer wieder stellt sich die Frage, worin das Besondere der Tiroler Küche liegt? Jahrhundertelang brachten die Menschen zu Tisch, was die Natur auf Acker, Feld und im Wald im Laufe der Jahreszeiten lieferte. Daraus bereitete man mit viel Geschick und Erfahrung, was schmeckte und satt machte. Und diese ursprüngliche Küche hielt auch Einzug in die der wohlhabenden Bürgerfamilien, des Adels, der Klöster und der Gasthöfe an den Verbindungsstraßen zwischen Bayern und dem Trentino, Salzburg und dem alemannischen Raum. So hat das Wirtschaftsleben und die Reisefreudigkeit der Menschen von jeher unsere Küche mitgeprägt. Erst ab den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wandelten sich mit der Zunahme des Wohlstandes und des Tourismus Geschmack, Zubereitung und Ernährung. Die Vorratshaltung und Ein- 8 kaufsgewohnheiten änderten sich, die Verwendung von Fertiggerichten, Fastfood und das Konsumieren von Mahlzeiten außerhalb des häuslichen Rahmens nahmen zu. Es bestand die Gefahr, daß Altvertrautes aus unseren Küchen verlorengeht und damit auch ein Teil unserer heimischen Identität. So entschloß sich die Verlagsanstalt Tyrolia, mit mir ein Nachschlagewerk über die Tiroler Küche herauszugeben. Das Werk wurde mehrmals methodisch und inhaltlich aktualisiert und erfährt nun in der 13. Auflage eine weitere Neubearbeitung und Erweiterung von Rezepten, und eine zeitgemäße fotografische Präsentation möge zum Schauen und Appetitmachen anregen. Entsprechend dem Wandel der Zeit war es wieder notwendig geworden, aus der Vielfalt der Gerichte unseres Landes eine Auswahl zu treffen, die inzwischen heimisch gewordenen Gerichte der regionalen österreichischen Küche aufzunehmen und mit vielen wertvollen Anregungen und Tips zu ergänzen. Die Rezepte können leicht, mit etwas Geschick, guter Organisation und den beschriebenen Hinweisen nachgekocht werden. Ich möchte Sie auch dazu ermutigen, Ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen, die Rezepte weiterzuentwickeln, gegebenenfalls auch zu verbessern, damit unsere traditionelle Tiroler Küche lebendig bleibt. Es ist mir wichtig, auf die Einfachheit und Genügsamkeit unserer Vorfahren hinzuweisen, die oft aus spärlich vorhandenen Grundzutaten, entsprechend den Jahreszeiten, köstliche Gerichte zauberten, die auch heute noch als Gaumenfreuden gelten. Ein besonderer Vorteil der Tiroler Küche besteht darin, daß sie auf die Vielfalt der qualitativ hochwertigen Lebensmittel der heimischen Landwirtschaft zugreifen kann. Und nicht nur auf den Wert für unsere Gesundheit, sondern auch die positiven Auswirkungen auf unsere Umwelt und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit in unserer Heimat darf ich hinweisen. In diesem Sinn ist auch der Beitrag der Agrarmarketing Tirol am Ende des Buches zu verstehen. Viele Jahrzehnte hat mich die „Tiroler Küche“ begleitet und geprägt. Für das Mitdenken, Ermutigen, Helfen und Mitarbeiten während dieser langen Zeit möchte ich sehr herzlich danken: – meinem Mann Gerhard und unseren Kindern mit Familien, unseren Freundinnen und Freunden, – allen früheren Mitarbeitern des Verlages, besonders jedoch für das Verständnis und die Begleitung bei der Neuauflage Mag. Gottfried Kompatscher, Hans Augustin und allen, die im Hintergrund wirken, – dem Lehrkoch Peter Kojat und seinem Team von der Höheren Lehranstalt für Tourismus und Hotelfachschule „Villa Blanka“ für die Zubereitung der Gerichte, die für das Buch fotografiert wurden, – dem Fotografen Bernhard Aichner und seinem Assistenten für die engagierte Arbeit – und allen, die in irgendeiner Weise zum Gelingen des Buches beigetragen haben. Heimat haben bedeutet, gemeinsam mit den Menschen in ihrer Umwelt und damit mit der Schöpfung zu leben. Zur Heimat zählt auch die „bodenständige Kost“, die Teil unserer Alltagskultur ist. Die „Tiroler Küche“ soll Sie auf diesem Weg begleiten und Hilfe zur Erhaltung unserer Identität sein. Möge die Neuauflage der „Tiroler Küche“ wieder viele Freunde finden und die heimische Küchenund Tischkultur bereichern, Lust und Freude an der Zubereitung, aber auch am Essen bereiten, sowie Anregung sein, über das, was Leib und Seele zusammenhält, nachzudenken. Dies wünscht Ihnen sehr herzlich Maria Drewes Ampass, im April 2010 9 10 HInWEISE FÜR DIE VERWEnDUng DER „TIROLER KÜCHE“ * Die Rezepte sind für 4 Portionen berechnet, wenn nicht anders angegeben. Für viele Mehlspeisen, wie Torten, Strudel und Weihnachtsbäckereien, trifft dies jedoch nicht zu. * Beschreibung der Rezepte: Die Rezepte sind methodisch so gestaltet, daß sowohl die Zutaten als auch die Arbeitsgänge der Reihenfolge bei der Anwendung entsprechen. * Die Angaben für Temperaturen, Back- oder Rastzeiten sind Richtwerte, die von vielen Faktoren wie Herd, Lebensmittel- und Raumtemperatur, Qualität des Fleisches u. a. abhängen und nur eine Hilfe sein können. * Das gleiche gilt für die Mengenangaben. Es ist ein Unterschied, ob man für körperlich schwer arbeitende, junge oder alte Menschen kocht. Auch für die Mengenverhältnisse ist die genaue Beobachtung nötig. Für die Mehlspeisen z. B. wurde eine mittlere Eigröße angenommen (Größe L); auch das Flüssigkeitsverhältnis bei Verwendung von Knödelbrot ist ein anderes, ob ich gebähtes oder 2–3 Tage altes geschnittenes Brot verwende. * Manche alte Rezepte lassen sich schwierig nacharbeiten, wenn nicht die entsprechende Erfahrung und die dazu nötigen Geräte vorhanden sind, wie z. B. bei der Prügeltorte, den Waffeln, Schnürkrapfen oder den Osttiroler Bauernkrapfen. Doch es handelt sich um kulturgeschichtlich wertvolle Rezepte, die nicht verlorengehen sollen. Gepökelte Rindszunge (Rezept Seite 81) * Viele Rezeptanweisungen sind bewußt in Tiroler Umgangssprache niedergeschrieben, weil auch das zu unserer Volkskultur gehört. Die Tiroler Küche entspricht auch in ihrer traditionellen Form den Anforderungen an eine zeitgemäße, gesunde Ernährung, wenn * wertvolle Lebensmittel der heimischen Produktion schmackhaft, abwechslungsreich und schonend zubereitet werden * der Konsument Tiroler Produkte mit Gütesiegel, Qualitätszertifikaten und Ursprungsbezeichnungen auswählt * pflanzliche und tierische Produkte in guter Qualität, ausgereift und auf kürzestem Weg möglichst frisch auf den Tisch kommen * das jahreszeitliche Angebot an Lebensmitteln beachtet wird, also versucht wird, im Rhythmus mit der Natur zu leben * mehr Frischkost auf den Tisch kommt und Fett und Zucker etwas reduziert werden * Vollwertgetreide wie Dinkel, Weizen und Buchweizen ausgemahlene Mehle bei Gerichten der Tiroler Küche ganz oder teilweise ersetzen * wertvolle Fette wie Butter, Butterschmalz, das leichtest verdauliche tierische Fett und kaltgepreßte und naturbelassene Öle verwendet werden * wieder vermehrt ein Weg der Einfachheit und Genügsamkeit gefunden wird * mit Kreativität neue Wege beschritten und Traditionelles mit phantasievollen neuen Schöpfungen kombiniert werden. 11 ERLäUTERUngEn abschmalzen Abtrieb, abtreiben Apfelschnitz Backfett Backschmalz Beuschl blanchieren Brät Bröseln dag Dampfl Dotter Eierschwammerln Eiklar Einbrenn Einmach EL Erdäpfel Faulbeeren Figgen Fisole Germ Graukas Gschlingel Gselchtes gsurt HL Holler Kletzen KL Koch Knödel 12 mit goldgelb erhitzter Butter übergießen Schaummasse, meist Butter mit Dotter und Zucker cremig rühren getrocknete Apfelschnitten, auch Figgen genannt Öl oder ein anderes hochwertiges Fett, wie Butterschmalz, oder auch Schweineschmalz zum Herausbacken von Speisen siehe Backfett Gericht aus Kalbs- oder Schweinslunge und Herz überbrühen gewürztes, faschiertes Fleisch Paniermehl Dekagramm = 10 Gramm Hefeprobe Eigelb Pfifferlinge Eiweiß braune Mehlschwitze helle Mehlschwitze Eßlöffel Kartoffeln (festkochende oder speckige Sorten für Salate und zum Rösten, mehlige für Teige, Püree) siehe Vogelbeeren siehe Apfelschnitz braune Bohne Hefe gewürzter, gereifter Topfen, eine Tiroler Spezialität siehe Beuschl geräuchertes Schweinefleisch gepökelt Heißluft, damit ist schnelleres und ca. 20° niedrigeres Backen möglich. Fehlt die Bezeichnung HL, wird Oberhitze/Unterhitze empfohlen, damit das Gericht nicht zu sehr austrocknet. Holunder Dörrbirnen Kaffeelöffel siehe Mus Klöße Krapfen Kren Mehl Milcheinmach Moosbeeren mor Muas Muskat Obers Paradeiser Petersilie Pfanzeln Plenten Porree Prinzen Rahm Rammeln Rohnen Sauerrahm schleifen schmelzen Schöpsernes Schotten Schwarzplenten Semmelbröseln Speck Türken, Tirggen überkühlen Vogelbeeren wiegen Zelten Zieger Zitronenschalen Zucker in Schmalz gebackenes Gebäck Meerrettich glattes Mehl, sonst steht die Bezeichnung griffig davor Bechamel Heidelbeeren, Schwarzbeeren mürbe Brei, Unterland Koch geriebene Muskatnuß Schlagobers, süße Sahne Tomate gehacktes oder gewiegtes Petersiliengrün Pfannkuchen, Palatschinken dicker Brei aus Maisgrieß Lauch am Boden oder am Rande des Kochgeschirrs angelegte Kruste süße Sahne siehe Prinzen Rote Rübe, Rote Bete Saure Sahne mit der Hand unter leichtem Druck runde Laibchen formen zerlassen Schaffleisch Topfen, Quark Buchweizen, Heidenmehl siehe Bröseln wenn keine genauere Bezeichnung (z. B. Schinkenspeck), gut geräucherter, fester Bauch- oder Fettspeck Mais kurz abkühlen Ebereschen mit einem Wiegmesser oder Messer feinst schneiden Früchtebrot scharfer, harter, gut gereifter Buttermilch- oder Molke-Reibkäse in Kugelform zum Würzen von Suppen und Nudeln nur Schalen ungespritzter Zitronen verwenden Feinkristallzucker 13 14 | Suppen Suppen – ’s ganze Jahr Auch wenn sich die Essensgewohnheiten geändert haben, zählen Suppen in der Tiroler Küche noch immer zu den wichtigen Gerichten. Ihre Vielfältigkeit bietet heute noch reiche Abwechslungsmöglichkeiten am Speisezettel. Oft ersetzt die Suppe als selbständiges Gericht die Hauptmahlzeit, besonders am Abend: An Werktagen kann es die Brennsuppe, die Gerstensuppe mit Selchfleisch, die Erdäpfelsuppe und die Milchsuppe sein, an Sonntagen oder Feiertagen die Milzschnittensuppe, die Bärlauchsuppe, aber auch Knoblauch- und Weinsuppe sind überaus beliebt. Suppen regen die Verdauungstätigkeit an, befriedigen das Flüssigkeitsbedürfnis des Körpers und gelten zu Recht als leichte und nahrhafte Speisen. Tiroler Gerstensuppe (Rezept Seite 38) Suppen | 15 RInDFLEISCHSUppE ½ kg Markknochen Rippenknochen 2 l Wasser 1 KL Salz 6 Pfefferkörner ½ Zwiebel 40–60 dag Rindfleisch (Tafelspitz, Brustkern, Schulterscherzl, Beinfleisch) 15 dag Wurzelwerk (2 Teile Karotten, je 1 Teil Petersilien- und Selleriewurzel) 1 kl. Stück Porree Petersilienstengel Liebstöckl Verbesserung: ½ Paradeiser, Ochsenschlepp, Rindsleber, Suppenhuhn, Kerbelkraut, Schnittlauch 16 | Suppen 1. Die Knochen waschen, im kalten Wasser zustellen, Salz und Pfefferkörner beifügen und langsam zum Kochen bringen (zuerst nur leicht salzen). Die Zwiebel abbraten und zur Suppe geben. Ochsenschlepp, Rindsleber und Suppenhuhn werden dem kalten Wasser zugesetzt. Sobald die Knochensuppe kocht, wird das Fleisch eingelegt. 2. Die Suppe läßt man nur einmal leicht aufkochen und dann auf schwacher Wärme ziehen. Der sich bildende Schaum ist Eiweiß und verkocht allmählich. Nach etwa 1½ Stunden wird das etwas zerkleinerte Wurzelwerk, Porree, Petersilienstengel und Liebstöckl zugegeben. Die Kochzeit der Suppe ist von der Garzeit des Fleisches abhängig und beträgt 1½ bis 2½ Stunden. 3. Die verbessernden Küchenkräuter setzt man eine halbe Stunde vor Kochende zu. Wenn das Fleisch gar ist, die Suppe seihen, abschmecken und weiterverwenden. Ist die Suppe zu fett, gibt man einen Schöpfer kaltes Wasser zu und schöpft das schwimmende Fett ab. ➡ Zu schwache Suppen kann man mit etwas Suppenextrakt aufwürzen. Für 4 Personen rechnet man 1 bis 1¼ l fertige Suppe. ➡ Durch das Einlegen des Fleisches in heißes Wasser gerinnt das Eiweiß an der Oberfläche und läßt weniger Fleischsaft austreten. Das Fleisch bleibt saftiger und schmackhafter. Will man aber eine kräftige Suppe, stellt man das Fleisch im kalten Wasser zu. DUnKLE FLEISCHSUppE Zutaten wie vorher und 2 dag Fett zum Anrösten. Im heißen Fett werden die Rindsknochen, die Zwiebel und das Wurzelwerk angeröstet und wie vorher weiterbehandelt. ➡ Zu hellen Suppen gibt man dunkle Einlagen, wie Milzschnitten, Leberreis, Lebernockerln und Leberknödel. Zu dunklen Suppen gibt man helle Einlagen, wie Eingetropftes, Teigwaren, Grieß- und Butternockerln, Knödel und Frittaten. nUDELSUppE MIT WÜRSTELn Helle Fleischsuppe, 8 dag Suppennudeln, 2–4 Paar Würstel – Die Suppennudeln kocht man in reichlich Salzwasser, seiht sie ab und gibt sie in die fertig vorbereitete Fleischsuppe. Die Würstel schneidet man in Scheiben und läßt sie 5 Minuten in der Fleischsuppe ziehen. ➡ Die Nudelsuppe mit Würsteln war eine der beliebtesten Suppen der Tiroler Küche. In vielen Gegenden gilt sie als Festtagssuppe für Hochzeiten, Kirchweih und andere hohe Festtage des Jahreslaufes. Nudelsuppe mit Würsteln war oft auch das einzige, was sich der Wallfahrer oder Marktler zur Stärkung leistete. nUDELSUppE MIT RInDFLEISCH Wie vorher die Nudelsuppe bereiten. Das gekochte Rindfleisch wird in Würfel geschnitten und in der Suppe serviert. ➡ Die Fleischstücke ißt man je nach Gegend mit Messer und Gabel aus der heißen Nudelsuppe, bestreut sie dann mit etwas Kren oder taucht sie in Senf und ißt dazu eine Semmel. Suppen | 17 18 | Suppen HÜHnERSUppE Für eine helle Fleischsuppe verwendet man statt Rindfleisch ein Suppenhuhn. Kochzeit je nach Alter des Tieres ca. 1½–2 Stunden. Das gekochte Huhn herausnehmen, enthäuten, entbeinen, das Fleisch in kleine Stücke teilen. Die Suppe gut entfetten, mit gekochtem Reis oder Nudeln und den Fleischstücken mischen und mit Reibkäse überstreut servieren. ➡ Die Hühnersuppe galt als die kräftigende Suppe für Wöchnerinnen. MILZSCHnITTEnSUppE 1. Die Zwiebel wird in der heißen Butter goldgelb geröstet und dann erkaltet mit den Gewürzen und dem Ei unter die geschabte Milz gemengt. 2. Die Milz wird ½ cm dick auf die Weißbrotscheiben gestrichen, mit der bestrichenen Seite nach unten im heißen Backfett schwimmend gebacken, umgedreht und fertiggebacken. 3. Die Milzschnitten serviert man in Streifen geschnitten zu heißer Fleischsuppe Milzschnitten: 2 dag gehackte Zwiebel 2 dag Butter Petersilie, Salz, Pfeffer Muskatnuß 1 Ei 15 dag geschabte Milz 8 dünne Weißbrotschnitten ➡ Die Milzschnitten können auch im Rohr gebacken werden. ➡ Die Milzschnittensuppe ist eine beliebte Hochzeitssuppe. Backfett Fleischsuppe TIROLER SpECKKnöDELSUppE Aus der halben Menge Tiroler Speckknödel (siehe S. 44) formt man 4 größere oder 8 kleinere Knödel, kocht sie in Salzwasser und legt sie in die fertige Fleischsuppe. Wird die Speckknödelsuppe als Hauptgericht serviert, ist die Menge von S. 44 notwendig. Tiroler Speckknödelsuppe Suppen | 19 LEBERKnöDELSUppE Gibt man Leberknödel nur als Suppeneinlage, formt man aus der halben Leberknödelmenge (siehe S. 50) 8 kleine Knödel und kocht diese in der fertigen Fleischsuppe. gRIESSKnöDELSUppE Als Suppeneinlage bereitet man von der halben Grießknödelmenge (siehe S. 49) 8 kleine Knödel und kocht diese in der fertigen Fleischsuppe. SCHWARZpLEnTEnKnöDELSUppE (Knödel aus Buchweizenmehl): Aus der halben Schwarzplenten-Knödelmasse (siehe S. 51) formt man 4 Knödel, kocht sie in Salzwasser und reicht sie in der Fleischsuppe. ZILLERTALER FLEISCHKnöDELSUppE Aus der halben Menge Zillertaler Fleischknödel (siehe S. 50) formt man 4 Knödel und kocht sie in der fertigen Fleischsuppe. Für die Bereitung der Knödelmasse kann man das Suppenfleisch mitverwenden. ➡ Schnittlauch ist eines der beliebtesten Suppen-Würzkräuter. Er ist Farb- und Geschmacksgeber, außerdem reich an Vitamin C und Mineralstoffen. Er darf aber nicht gekocht werden, sonst verliert er seine Würzkraft. 20 | Suppen