Grafen, Herzöge, Könige
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Grafen, Herzöge, Könige
Grafen, Herzöge, Könige Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152) Herausgegeben von Hubertus Seibert und Jürgen Dendorfer .... HUBERTUS SEIBERT Die frühen -Staufer-: Forschungsstand und offene Fragen In der frühen Regierungszeit Friedrich I. Barbarossas markiert der Hoftag von Konstanz im März 1153 gleich in zweifacher Hinsicht einen ersten, folgenreichen Höhepunkt'. In Anwesenheit päpstlicher Legaten bestätigte der König den mit dem Papsttum ausgehandelten Vertrag, der die beiderseitigen politischen Interessensphären absteckte und ihm den Weg nach Rom zur Kaiserkrönung eröffnete/, Das zweite Ergebnis von erheblicher politischer Tragweite in Konstanz betraf die Lösung der Ehe Friedrichs mit Adela von Vohburg, die die hier tagende Diözesansynode sanktionierte". Viele zeitgenössische Chronisten begründeten diese Trennung pauschal, ohne Angabe von Details, mit der zwischen beiden Ehepartnern bestehenden Blutsverwandtschaft (vinculum consanguinitatiss, während erst spätere Quellen des 13. Jahrhunderts andere Begründungen wie Ehebruch und inproborum figmenta anbieten", Den in den zeitgleichen Quellen fehlenden Nachweis einer zu nahen Verwandtschaft trat allein Wibald von Stablo in Form einer -Tabula consanguinitatis- ans, die »wie das Ergebnisprotokoll einer diesbezüglichen Boweisführung-" wirkt. Wibalds Tafel skizziert den fünf Generationen umspannenden Weg der Vorfahren Barbarossas von einem ersten Friedrich ohne Zunamen über den gleichnamigen Erbauer der später namengebenden Burg Stauf bis zu dessen Enkel, Friedrich Barbarossa, der 1152 den römisch-deutschen Königsthron 2 3 4 5 6 JOHANNFRIEDRICH BÖHMER,Die Regesten des Kaiserreiches unter Friedrich I. 1152 (1122)-1190, 1. Lieferung 1152 (1122)-1158, neubearb. von FERDINANDOPLL (Regesta Imperii IV, 2. Abteilung), Wien!Köln 1980, Nr. 167. MGH DD F I. 51 u. 52; BÖHMER/OPLL(wie Anm. 1), Nr. 164,167 u. 169; ODlLO ENGELS,Zum Konstanzer Vertrag von 1153, in: Dells qui mutat tempera. Menschen und Institutionen im Wandel des Mittelalters. Festschrift für Alfons Becker zu seinem 65. Geburtstag, hg. von ERNSTDIETERHEH!)HUBERTUSSElBERT(FRANZ STAAB,Sigmaringen 1987, S. 235-258. BöHMER/OPLL(wie Anm. 1), Nr. 167; HELMUTMAURER,Konstanz, in: Die deutschen Königspfalzen, Bd. 3: Baden-Württemberg, 3. Lieferung, Göttingen 1997, S. 263-331, hier S. 3OOf.,Nr. 18. Vgl. die detaillierte Übersicht in BÖHMER/OPLL(wie Anm. 1), Nr. 167, S. 48. Wibaldi Epistolae, ed. !'HILIPPJAFFE,Monumenta Corbeiensia (Bibliotheca rerum Germanicarum 1), Berlin 1864, Nr. 408, 5.547; LUI'OLDVONLEHSTEN,Die Tabula Consanguinitatis des Wibald von Stablo, in: Die Zähringer. Anstoß und Wirkung, hg. von HANS SCHADEK/KARL SCHMID(Veröffentlichungen zur Zähringer-Ausstellung 11), Sigmaringen 1986, Nr. 6, 5.14-16. GERDALTHOFF,Anlässe zur schriftlichen Fixierung adligen Selbstverständnisses, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 134,1986, S. 34-46, S. 41. 2 Hubertus Seibert bestieg? Diese im Auftrag Barbarossas und nach seinem Wissen erstellte Tafel bietet uns - wie die Forschung schon lange erkannt hats - einen näheren, aber tendenziösen Einblick in das adlige Selbstverständnis der .Staufer- und in die Vorstellungen, die sie von ihrer Herkunft (origo) und Abstammung besaßen und für erinnerungswürdig hielten. Die neuere Forschung hat den erstaunlichen Erfolgsweg der -Staufer- von einer nur regional bedeutsamen schwäbischen Adelsfamilie bis zum Königtum innerhalb von vier Generationen zurecht betont, seinen familiären, historischen und strukturellen Voraussetzungen und Bedingungen aber nur mäßige Aufmerksamkeit geschenkt. Manche Handlungsweisen und politische Ziele Barbarossas lassen sich erst in Kenntnis des staufischen Aufstiegs und durch eine Neubewertung des bislang vernachlässigten Königtums seines Vorgängers und Onkels, Konrads IlL, tiefer erschließen. Bisher hat die Forschung die Frühzeit der -Staufer- fast ausschließlich durch die Brille Ottos von Freising wahrgenommen. Doch seine Angaben über ihre Herkunft, Bedeutung und Karriere wecken begründete Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und erweisen sich vielmehr im Vergleich mit anderen, zeitnäheren Quellen als Konstrukt von Ottos zeitgebundener Deutung", Somit gilt es, stärker als bisher die zeitgenössischen Chronisten und ihre unterschiedlichen Formen erinnerten Wissens über die frühen -Staufer- in den Blick zu nehmen und in ihrem eigenen Zeithorizont und funktionalen Kontext zu analysieren. Deren obgleich sporadische und disparate Aussagen zur Frühzeit der -Staufer- vermitteln - wie noch zu zeigen sein wird - eine andere Vorstellung von ihren Anfängen, die insofern authentischer ist, als sie ihren Aufstieg nicht im Rückblick zu einer Erfolgsgeschichte verkürzen. 7 8 9 Wibaldi Epistolae (wie Anm.5), S.547; KAHLScHMID, -De regia stirpe Waiblingensium-. Bemerkungen zum Selbstverständnis der Staufer, zuerst in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 124, 1976, S.63-73, hier zitiert nach DERS.,Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag, Sigmaringen 1983, S.454-466, hier S. 462; DERS.,Heirat, Familienfolge. Geschlechterbewußtsein, zuerst in: Il matrimonio nella societa altomedievale (Settimane di studio del Centro italiano di studi sull'alto medioevo 24/1), Spoleto 1977, S.103-137, hier zitiert nach DERS., Gebetsgedenken, S.388-423,bes.S.414-422. Bereits CHRISTOPHFRIEDRICHSTÄLIN,Wirtembergische Geschichte, Bd. 2, StuttgartfTübingen 1847, S. 227f. mit Anm. 1; ERNSTKLEBEL,Zur Abstammung der Hohenstaufen. in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 102, 1954, S. 137-187, bes. S. 138f.; HANSMARTIN ScHWARZMAlER, Die Heimat der Staufer. Bilder und Dokumente aus einhundert Jahren staufiseher Geschichte in Südwestdeutschland. Sigmaringen 21977, 5.16-18; Die Zeit der Staufer. Geschichte - Kunst _ Kultur. Katalog der Ausstellung, hg. von REINERHAUSSHERR,Bd. I, Stuttgart 1977, Nr.348, S.248f. Dazu jetzt tARS HAGENEIER,Die frühen Staufer bei Otto von Freising oder Wie sind die Gesta Friderici entstanden?, und JÜRGENDENDORFER, Fidi milites? Die Staufer und Kaiser Heinrich V., in diesem Band S. 363-396 u. S. 213-265. Zuletzt hat STEPHANIE DICK,Die Königserhebung Friedrich Barbarossas im Spiegel der Quellen - Kritische Anmerkungen zu den -Cesta Frederici- Ottos von Freising, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 121, 2004, S.200-237, den Bericht Ottos von Freising über die Königserhebung Friedrich Barbarossas als tendenziöses Konstrukt entlarvt. Die frühen «Staufer. 3 Die zeitgenössischen Autoren dokumentieren in besonderer Weise, daß Geschichte und Aufstieg dieser Adelsfamilie zwischen 1079 und 1152 vorrangig von drei Konstituenten nachhaltig bestimmt wurden: durch ihre Herkunft und Verwandtschaft, durch ihr Verhältnis zum Königtum und durch den Erwerb und die Nutzung von Besitz- und Herrschaftsrechten. Ziel der folgenden Ausführungen ist es, den aktuellen Stand der Forschung in diesen drei Bereichen zu resümieren sowie auf offene Fragen und Forschungslücken hinzuweisen. 1. Herkunft und Verwandtschaft Die räumliche Herkunft und dynastische Abstammung thematisiert die Forschung seit dem 19. Jahrhundert in immer neuen Anläufen als die beiden zentralen Bezugspunkte der Frühgeschichte der -Staufer- freilich ohne bis heute zu allseits befriedigenden und abschließenden Ergebnissen zu gelangen. Von der methodisch fragwürdigen Prämisse ausgehend, daß die Abfolge der agnatischen Vorfahren konstitutiv für die Existenz eines Adelsgeschlechts sei, suchte sie nach den adligen Vorfahren der -Staufer- - und fand sie bzw. ihre eigentliche Heimat im salzburgischen Alpenvorland, im Rems-Fils-Gebiet'" oder im schwäbischen Riesgau", Werner Hechberger hat den methodischen Anachronismus dieser Sichtweise herausgestellt und damit der Adels- und der Stauferforschung - aufbauend auf den wegweisenden Studien von Karl Schmid und Otto Gerhard Oexle - eine neue Richtung gewiesen". Während Karl Schmid die lange Zeit unterschätzte Bedeutung des adligen Geschlechterbewußtseins hervorhob und den sich seit dem 10';11. Jahrhundert vollziehenden tiefgreifenden Wandlungsprozeß von der horizontal strukturierten Adelsfamilie des Frühmittelalters zu der vertikal geordneten, nur die Vorfahren der männlichen Linie umfassenden adligen Dynastie betonte+', definierte Otto G. Oexle Adelsgeschlechter als »Abstammungsgemeinschaften der dem 10 11 12 13 STÄUN, Wirtembergische Geschichte (wie Anm. 8), S. 228f.; HANS HEUERMANN, Die Hausmachtpolitik der Staufer von Herzog Friedrich I. bis König Konrad Ill., Boma-Leipzig 1939, S. 17f. Erstmals KLEBEL, Abstammung (wie Anm. 8), S. 139f.; ähnlich, aber mit leichten Modifikationen EMlL KIMPEN, Zur Königsgenealogie der Karolingerbis Stauferzeit, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 103, 1955, S. 35-115, bes. S.99f.; KLEBEL folgten mit weiteren, v. a. besitzgeschichtlichen Argumenten HEINZ BÜHLER, Zur Geschichte der frühen Staufer. Herkunft und sozialer Rang - unbekannte Staufer, in: Hohenstaufen 10, 1977, S. 1-44, hier zit. nach der DERS., Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze, hg. von WALTER ZIEGLER, Weißenhom 1997, S.441-486, S. 443-467; HANs-MARTIN MAURER, Der Hohenstaufen. Geschichte der Stammburg eines Kaiserhauses, Stuttgart 1977, S. 14-18. WERNER HECHBERGER, Staufer und Welfen 1125-1190. Zur Verwendung von Theorien in der Geschichtswissenschaft (passauer Historische Forschungen 10), Köln 1996, S. 160-183. Grundlegend KARL 5cHMID, Geblüt - Herrschaft - Geschlechterbewußtsein. Grundfragen zum Verständnis des Adels im Mittelalter, (Habilitationsschrift Freiburg i. Br. 1961), aus dem Nachlaß hg. und eingeleitet von DIETER MERTENS und 1i-IOMAS Zorz (Vorträge und Forschungen 44), Sigmaringen 1998, bes. S. 103--109, 1n-lI8; ferner DERS., Gebetsgedenken (wie Anm. 7); DERS., Zur Entstehung und Erforschung von GeschIechterbewußtsein, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 134, 1986, S.21-33. 4 Hubertus Seibert adligen -Haus. (domus) zugehörenden Familie«!'. Hechberger deutet, Oexle folgend, Adelsgeschlechter wie die -Staufer- als mentale Konstruktionen, die im historischen Sinn erst durch eine Reflexion - durch die gezielte historische Erinnerung - entstehen". In diesem Prozeß der historischen Erinnerung der eigenen Vorfahren und ihrer Leistungen bedeutet die Regierungszeit Friedrich Barbarossas einen deutlichen Einschnitt. Schon Barbarossas Vorgänger und Onkel, Konrad Ill., war von dem Bewußtsein erfüllt, Mitglied einer Königsdynastie zu sein'", Diese Selbstdeutung überhöhte Otto von Freising zu der symbolträchtigen Vorstellung einer die Salier und ihre staufischen Nachkommen gleichermaßen umfassenden Dynastie der -Waiblinger-F, indem er die Linie der Fürsten und Könige zu einer Abstammungsgemeinschaft verknüpfte18. Daß sich Barbarossa selbst dieser Vorstellung je bediente oder sich gar - wie Burchard von Ursberg suggeriert - als erster seines Geschlechts gerühmt habe, aus dem königlichen Stamm der >Waiblinger< (de regia stirpe Waiblingellsium) entsprossen zu sein'", was ihn abstammungsmäßig mit Karolingern, Merowingern und Trojanern verband-", ist mit Bestimmtheit auszuschließen. Doch verstand Barbarossa sich als Nachkomme des ersten Salierkaisers Konrads 11., auf den er sich _ dem Beispiel seines königlichen Onkels Konrads Ill. folgend - mehrfach als seinen Vorfahren (abavus; pater) bezog". Diese Berufung Barbarossas auf seinen progenitor Konrad II. registrierten seit den 1160er Jahren auch zeitgenössi14 15 16 17 18 19 20 21 OrrOGERHARD OEXLE,Adliges Selbstverständnis und seine Verknüpfung mit dem liturgischen Gedenken - das Beispiel der Welfen, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 134, 1986, S.47-75, hier S.47f.; DERS.,Haus und Ökonomie im früheren Mittelalter, in: Person und Gemeinschaft im Mittelalter. Karl Schmid zum 65. Geburtstag, hg. von GERDALTHOFFu. a., Sigmaringen 1988, S. 101-122, bes. S. 102-105 u. 120f. HEGfBERGER,Staufer (wie Anm. 12), S. 167 u. 170. ARNOLDBÜHLER,Königshaus und Fürsten. Zur Legitimation und Selbstdarstellung Konrads Ill. 1138, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 137, 1989, S. 78-90, bes. S. 82-85; vg!. ferner unten Anrn. 21. Otto von Freising, Gesta Frederici liber II, cap. 1, ed. FRANZ-JOSEF ScHMALE(Freiherr vom SteinGedächtnisausgabe 17), Darmstadt 31%5, S.284; ÜDILO ENGELS,Beiträge zur Geschichte der Staufer im 12. Jahrhundert (I), in: Deutsches Archiv 27, 1971, 5.373-456, hier zit. nach DERS., Stauferstudien. Beiträge zur Geschichte der Staufer im 12. Jahrhundert, hg. von ERlCH MEUTHEN/STEFAN WEINFURTER, Sigmaringen 219%, S. 32-115, bes. S. %f. HEGfBERGER,Staufer (wie Anrn. 12), S. 141. Die Chronik des Propstes Burchard von Ursberg, ed. OsWALDHOLDER-EGGER/BERNHARD VON SIMSON,MGH SS rer. Germ. (16), Hannover 21916,S. 24, Z. 29 - S. 25, Z. 2. Nach Gotifredi Viterbiensis opera. Pantheon particula XXIV,I, cap. 24, MGH SS 22, S. 264, Z. 23 entstammte Barbarossa ex clarissima proienie Karulorum. Einen solchen familiären Rückbezug finden wir insbesondere in seinen frühen Urkunden, so MGH D F I. 1, S.l, Z. 38f., in wörtlicher Wiederholung der entsprechenden Vorurkunde König Konrads m, MGH D Ko Ill. 5, S. 10, Z. 2£.; den vermeintlich selbständigen Zusatz Barbarossas (abavus) weist schon die Vorurkunde Konrads Ill. auf, was SäNKE LoRENZ,Staufer, in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch, hg. von WERNERPARAVICINI,Teilband I: Dynastien und Höfe (Residenzenforschung 15/1), Ostfildem 2003, S. 195-199, S.197, übersehen hat. Eine besondere Bedeutung kommt dem zweiten Beleg zu, der sich bezeichnenderweise in einem Privileg für Heinrich den Löwen findet, MGH D F I. 200 (1158, Jan. 1), S. 334, Z. 32f.: privilegium predecessoris et progenitoris nostri dioe memorie Cünradi imperaioris, u. S. 335, Z. Sf.: ex dioi patris et antecessoris nostri Cünradi imperatoris instituiione. Die [ruhen .Staufer. 5 sehe Autoren diesseits wie jenseits der Alpen. Sie sprachen zudem Barbarossa und seine Nachfahren als -Waiblinger- an22, benannt nach dem Ort, der - so Gottfried von Viterbo-' - die berühmte Adligkeit des ersten Saliers, König Konrads 1I., begründete. Dagegen lieferten sie keinen Hinweis, daß sich Barbarossa und seine Verwandten (Pfalzgraf Konrad; Herzog Friedrich IV. von Rothenburg) - wie die ältere Forschung zu wissen glaubte - »durch die Zugehörigkeit zu einer -staufischen- Dynastie verbunden wußten«24. Südlich der Alpen war Barbarossas dynastische Verortung als .Waiblingerschon zu seinen Lebzeiten bekannt und diente als Grundstock für einen neuartigen Parteinamen, der geradezu zu einem politischen Kristallisationspunkt wurde. Im Florenz des frühen 13. Jahrhunderts tauchte erstmals die Bezeichnung -Partei des Gibellinen- für die Anhänger des jungen (>Waiblinger<Erben) Friedrich II. auf25, die künftig zum Synonym für die kaiserliche, staufisehe Partei schlechthin wurde. Hinter dieser bald weit verbreiteten politischen Verortung des Kaisergeschlechts der -Staufer- ist deren eigenes, erst im 13. Jahrhundert" und nur vereinzelt begegnendes dynastisches Bewußtsein, einer stirpe et cognatione imperaiorum de Stophin27 zu entstammen oder gar einer domus Stoffensis28 anzugehören, kaum zu erkennen. 22 23 24 25 26 27 28 Codex Laureshamensis Kap. 96, ed. KARLGLÖCKNER,Bd. 1, Darmstadt 1929, S. 378f.: ... in Cuonradum regem, quem dieuni de Weibelingen, contenit regni uniuersalis electio. A quo ut aiuni process it adhuc permallells imperialis prosapia. Weitere Belege bei ScHMID, De regia stirpe (wie Anm.7), S. 459 Anm. 22. Gottfried von Viterbo, Pantheon (wie Anm. 20) particula XXIII, cap. 24, S. 242, Z. 28f.; 5cHMID, De regia stirpe (wie Anm. 7), S. 458; LORENZ,Staufer (wie Anm. 21), S. 197; 0D1LO ENGELS,coufried von Viterbo und seine Sicht des staufischen Kaiserhauses, in: Aus Archiven und Bibliotheken. Festschrift für Raymund Kottje zum 65. Geburtstag, hg. von HUBERTMORDEK(Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 3), Frankfurt/Main 1992, S. 327-345. HECHBERGER, Staufer (wie Anm. 12), S. 151. PETERHERDE,Guelfen und Neoguelfen. Zur Geschichte einer nationalen Ideologie vom Mittelalter bis zum Risorgimento, Frankfurt 1986, hier zit. nach DERS.,Von Dante zum Risorgimento. Studien zur Geistes- und Sozialgeschichte Italiens. Gesammelte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 1, Stuttgart 1997, S. 259-398, hier S. 261-265; DERS.,Guelfen und Gibellinen, in: Friedrich H. Tagung des Deutschen Historischen Instituts in Rom im Gedenkjahr 1994, hg. von ARNOLD ESCH/NORBERT KAMP (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 85), Tübingen 1996, S. 50-66, S. SOf. Der bislang älteste Beleg findet sich in der von Herzog Friedrich I. getroffenen Vogteiregelung für St. Fides in Schlettstadt in der Ende des 12. Jahrhunderts gefälschten Urkunde seines Sohnes, Herzog Friedrichs IL, ed. STEPHANUSALEXANDER WÜRDTWEIN,Nova subsidia diplomatica ad selecta juris ecclesiastici Germaniae, tomus VI, Heidelbergae 1785, Nr. 123, S. 286-292, hier S. 290: lice ad alienos heredes adrocatiam de Slettstat transferret, sed ad quem eius progeniei Stouja ae omnis ducatus spectaret, ille advoeatus de S/rttstat existeret; EDUARDHLAWlTSCHKA, Zu den Grundlagen der staufischen Stellung im Elsaß: Die Herkunft Hildegards von Schlettstadt (Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste. Geisteswissenschaftliche Klasse, Sitzungsberichte 1991, 9), München 1991, S. 92f. Historia monasterii Marchtelanensis cap. 6, MGH SS 24, S. 665, Z. 46f. Historia diplomatica Friderici secundi, ed. JEAN-LoUIS-ALPHONSEHUILLARD-BREHOLLES, Bd. VU1, Paris 1860, ND Turin 1963, S.515; HECHBERGER,Staufer (wie Anm.12), S. 112 mit Anm. 24; ARNo BoRST, Die Staufer und Europa, in: DERS., Reden über die Staufer, Frankfurt/Main 1978, S. 9-26, hier S. 13. In einem Brief an Herzog Bertold V. von Zähringen von 1202, März c. 26 spricht Papst Innocenz III. erstmals de domo dUCllm Sueuie oidereiur aliquis ad imperium 6 Hubertus Seibert Doch wie stellt sich dieser Vorgang der historischen Erinnerung und Selbstvergewisserung für die frühen -Staufer- in der Zeit vor 1152 dar? Wie positionierte sich diese Familie in der Adelsgesellschaft des 11. und 12. Jahrhunderts? Worauf gründete ihre Abstammung und ihr adliges Bewußtsein, die einen konstitutiven Wert für jedes Adelsgeschlecht repräsentierten? Wie bewerteten die Zeitgenossen ihren adligen Stand und ihr Profil? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert ebenso eine Beurteilung der Zeitgenossen über deren Herkunft und Adligkeit wie die Vorstellungen und Kenntnisse offen zu legen, die die -Staufer- selbst über ihre Herkunft und ihren adligen Rang besaßen und verbreiteten. Erste Mitglieder dieser Adelsfamilie - wie Friedrich und (Bischof) Otto _ treten seit dem späten 11. Jahrhundert in das Blickfeld der zeitgenössischen Chronisten. Der konkrete Anlaß für Friedrichs erstmalige namentliche Erwähnung bildete die Neubesetzung des Herzogtums Schwaben, die König Heinrich IV. nach der Amtsenthebung und Ächtung Herzog Rudolfs von Rheinfelden und fast zweijähriger Vakanz an Ostern 1079 vornahm". Die zeitgleichen Autoren verlieren kein Wort über Friedrichs geographische Herkunft oder familiäre Zugehörigkeit'P, allein sein Grafentitel hebt ihn aus der Schar lokaler Adliger heraus und weist ihm herrschaftliche Funktionen zu. Wo er seine Grafschaftsrechte ausübte - in Schwaben, Franken oder etwa im Elsaß -, hält keine Quelle für erwähnenswert. Daß dieser Friedrich - und somit auch sein Geschlecht - viele seiner gräflichen Standesgenossen überragt habe und auf einer Burg Stauf residierte, betonen erst Quellen des 12. Jahrhunderts. Ekkehard von Aura rühmt besonders Friedrichs Klugheit, Charakter und Adel (nobilitas)31; Otto von Freising rechnet ihn und seine Familie - abstammungsmäßig - zu den vornehmsten Grafengeschlechtern Schwabens (ex nobilissimis Suevie comitibus) und würdigt ausführlich seine Treue gegenüber Kaiser und Reich=, Otto stellt zudem einen locke- 29 30 31 32 assumendus, Regesturn Innocentii III papae super negotio Romani imperii, ed. FRIEDRICH KEMPF(Miscellanea Historiae Pontificiae 12), Rom 1947, Nr. 62, S. 175, Z. 1; der nächste Beleg ist die Wahlanzeige der Pisaner an König Alfons X. von Kastilien vom 18. März 1256, ed. MGH Const. II, Nr. 392, S.491, Z. 9f.: vos cognoverunt (se, Pisa und ganz Italien) esse naium de progenie domus ducatus Sueuie; HECHBERGER, Staufer (wie Anm, 12), S. 139 Anrn. 172 u. S. 152. ULRICHPARLOW,Die Zähringer. Kommentierte Quellendokumentation zu einem südwestdeutschen Herzogsgeschlecht des hohen Mittelalters (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg A SO), Stuttgart 1999, Nr.83, S.55; zuletzt HUBERTUS SEIBERT,Rudolf von Rheinfelden, röm.-dt. (Gegen-)König, in: Neue Deutsche Biographie 22, Berlin 2005, S. 165-167. Bertholdi Chronicon ad a. 1079, in: Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bemolds von Konstanz 1054-1100, hg. von IAN S. ROBINSON,MGH SS rer. Germ. NS 14, Hannover 2003, S. 357, Z. 16f.: Ipse (se, Heinrich IV.) ... ducaturn Alemannie ... comiti Friderico .. commendans; Annales Augustani ad a. 1079, MGH SS 3, S. 130, Z. 1: Fridericus dux Alemanniae praeponitur. Zu Herzog Friedrich I. von Schwaben jetzt TOBIAS WELLER,Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (Rheinisches Archiv 149), Köln 2004, S. 13-21. Ekkehardi Chronica, Recensio I. ad a. 1105, in: Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die Anonyme Kaiserchronik, hg. von FRANZ-JOSEFSCI-IMALE!IRENE ScHMALE-üIT (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 15), Darmstadt 1972, S. 202, Z. 9f. Otto von Freising, Gesta (wie Arun. 17) I, 8, S. 144, Z. 5-15 u. 24-27. Oie frühen -Staufer. 7 ren Bezug zwischen Friedrich und einer Burg Stauf (castro Stoypl1e) her, bei der dieser eine Siedlung angelegt habe. Er enthält sich aber jeglicher Angaben über die genaue Lage und spezifische Bedeutung dieser Burg für Friedrich. Die bei Otto von Freising fehlende'? Benennung Friedrichs nach seiner Burg (Fridericus de Stoufe) findet sich dagegen bei zwei zeitgenössischen, vor 1156 entstandenen Klosterchroniken süddeutscher Provenienz-", Deren Verfasser verweisen damit auf die schwäbischen Wurzeln Friedrichs und seiner Familie, die sie in einem ganz bestimmten, ihnen offenbar vertrauten Milieu ansiedeln. Doch implizieren sie mit dem Namenszusatz de Stoufe/Stouphin keineswegs eine besondere Funktion dieses Ortes als vermeintlicher politischer oder dynastischer Mittelpunkt von Friedrichs Herrschaft, gleichwohl diese Benennung offensichtlich die gewünschte Funktion der Identifizierung erfüllte. Angesichts dieser wenigen, vor 1152/56 verfaßten Quellennachrichten zu Herkunft und Abstammung der -Staufer- gilt es nach anderen Kriterien zu suchen, nach denen zeitnahe Chronisten sie dynastisch in der Adelsgesellschaft ihrer Zeit verorteten. Einen ersten wichtigen Hinweis dazu liefert Ekkehard von Aura, wenn er Herzog Friedrichs 1. Ansehen und Berühmtheit primär auf dessen Ehe mit der Königstochter Agnes zurückführt". Nach Ekkehards Deutung verdankten Friedrich und seine Nachkommen ihr adliges Prestige und ihren hohen politischen Rang in erster Linie ihrem Konnubium und ihrer Verwandtschaft mit der Salierdynastie. Während Ekkehard eigens die Ehe Friedrichs mit Agnes als konstitutives, die Verwandtschaft mit dem salischen Königshaus begründendes Element hervorhob, rekurrierten nahezu alle späteren, vor 1152/58 schreibenden Chronisten allein auf die (Bluts-)Verwandtschaft mit den Saliern als adligem Signum der -Staufer- und wichtigster Ausprägung sozialer Formation. Sie verorteten Herzog Friedrich I., seine Söhne und Enkel dynastisch als königliche Blutsverwandte (cognati", consanguinei", consobrinue", nepos39), als Nachkommen königlichen 33 34 35 36 Anders der Marbacher Annalist, der seine Vorlage, Ottos Gesta, genau in diesem Punkt verändert und das daraus geschöpfte 8. Kapitel auf die Kemaussage reduziert, Heinrich IV. habe seine Tochter Agnes cuidam Friderico de castro Stoyphe (sic!) wegen dessen Beistand zur Ehe gegeben und ihm das Herzogtum Schwaben verliehen, Annales Marbacenses ad a. 1125, ed. HERMANNBLOCH,MGH SS rer. Germ. [9], Hannover 1907, S. 41, Z. 25-28. Das 1137/38 geschriebene Bertholdi Chronicon cap. 30, in: Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds, neu hg. von LUITPOLD WALLACH/ERlCHKÖNIG/KARLOrro MÜLLER(Schwäbische Chroniken der Stauferzeit 2), Sigmaringen 21978, 5.232, und die zwischen 1134 und 1139 begonnene, nach 1148 und vor 1156 (oder 1159 ?) im 5. Buch unterbrochene Chronik von Petershausen am Bodensee. Die Chronik des Klosters Petershausen lib. 11,cap.33, neu hg. von Orro FEGER(Schwäbische Chroniken der Stauferzeit 3), Sigmaringen 21978, 5.112: Friderico de Siouphin; zu dessen Datierung und Redaktionsstufen zuletzt HELMUTG. WALlliER, Gründungsgeschichte und Tradition im Kloster Petershausen vor Konstanz, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 96, 1978, S. 31-67. Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. I. ad a. 1105, S. 202, Z. 10-12. Chronicon s. Andreae Castri Cameracesii liber III, cap. 33, MGH SS 7, 5.547, Z. 14; Chronica monasterii Casinensis lib. IV, cap. 87, ed. HARlMUTHOFFMANN,MGH SS 34, S. 548, Z. 10: cognationem Einrici inperatoris. 8 Hubertus Seibert Geblüts (de regum familia4o, filius sororis" bzw. sororii Heinrici imperatoris42) oder als Erben (heredes43) des letzten Salierkaisers Heinrichs V. Diese Verfahrensweise der Chronisten läßt sich besonders gut am Beispiel von Herzog Friedrichs I. Sohn Konrad, dem späteren König, beobachten, den sie - im Gegensatz zu seinem Vater und herzoglichen Bruder - fast nie über sein Amt als Graf oder (zeitweiliger) Herzog definierten. Die vor 1152/58 schreibenden Autoren kennzeichneten Konrads Person und Stellung nahezu ausschließlich mit verwandtschaftlichen Termini, ohne über seine Herkunft, Abstammung und Adligkeit ein Wort zu verlieren. Einige Chronisten sprachen ihn - kaum überraschend - als Neffen Kaiser Heinrichs V. und Verwandten der Salier'" an; doch auffallend viele zeitnahe Autoren hoben vorrangig auf seinen familiären Status als Bruder Herzog Friedrichs 11.ab45• Als einzige zeitgenössische Quelle ordnete die um 1142 verfaßte Magdeburger Bischofschronik in eigenhändiger Ergänzung ihrer Vorlage Ekkehard von Aura Konrad herkunftsmäßig einem bestimmten Ort und Raum zu, als sie ihn (Conrado Rodenburgensi) - unter bewußter Negation seines inzwischen erlangten Königstitels - nach seiner neuen fränkischen Burggründung Rothenburg ob der Tauber benanntet". Wenn die zeitgenössischen Quellen die frühen -Staufer- fast durchwegs als Verwandte und Nachkommen der Salier wahrgenommen und gedeutet haben, legt dies keineswegs den Schluß nahe, ihre Verfasser hätten damit eine vermeintliche Herkunft aus -kleinen Verhältnissen- kaschieren wollen. Indem die Chronisten die Adligkeit der -Staufer- vielmehr über die ungleich bedeutendere Kategorie der königlichen Verwandtschaft definierten und begründeten, 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus liber VII, cap. 24, ed. AOOLFHOFMEISTER, MGH SS rer. Germ. [45], Hannover 1912, 5.347, Z. 18f.; OUo von Freising, Gesta (wie Anm. 17) I, 18, 5.160, Z. 1: sanguinis consortes. Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. IV. ad a. 1124, S. 364, Z. 25, ad a. 1125, S. 374, Z. 14. Gesta Treverorum Contin. prima cap. 27, MGH SS 8, 5.199, Z.21f.; Chronica monasterii Casinensis (wie Anm. 36) IV, 87, S. 548, Z. 11: nepotes. Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) I1,2, S. 286, Z. 2. Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. Ill. ad a. 1116, S. 316, Z. 27; Honorii Augustodunensis Summa totius ad a. 1125, MGH SS 10, S. 131, Z.27f.; Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium cap. 25, MGH SS 14, 5.412, Z. 2f.; Chronik von Petershausen (wie Anm. 34) 111,43,S. 164. Ottonis Chronica (wie Anm. 37) VII, 15, 17 u. 22, S. 330, Z. 4, S. 333, Z. 23 u. S. 343, Z. 21f. Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) Capitul. lib. I, cap. 1-19, S. 90, Z. 30, u. I, 17, S. 158, Z. 4. Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. Ill. ad a. 1116, S. 316, Z. 27, und ad a. 1124, S. 364, Z. 25; Ottonis Chronica (wie Anm. 37) VII, 15, 17 u. 22, S. 330, Z. 4, S. 333, Z. 23 u. S. 343, Z. 21f. Bertholdi Chronicon (wie Anm.34) cap. 30, S. 232; Annales Erphesfurdenses Lothariani ad a. 1127, 1134 u. 1135, ed. OSWALDHOLDER-EGGER,MGH SS rer. Germ. [42], Hannover 1899, 5.35, Z. 13f., 5.41, Z. 19 u. 5.42, Z.34; Annalista Saxo ad a. 1127 u. 1128, MGH SS 6, 5.765, Z.27f. u. 41; Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) I, 17, 18 u. 23, 5.158, Z.4f. u. 13, 5.166, Z. 28; Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium (wie Anm. 41) cap. 25, S. 412, Z. 2f. Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium (wie Anm.41) cap.25, 5.412, Z.2f.; anders GERHAlmLUBICH,Auf dem Weg zur »Cüldenen Freiheit«. Herrschaft und Raum in der Francia orientalis von der Karolinger- zur Stauferzeit (Historische Studien 449), Husum 1996, 5.187 u. 242; OERS.,Der Besitz der frühen Staufer in Franken - ein »Erbe auf Umwegen«?, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 59, 2000, 5.403-412, hier 5.409, der hierin einen zeitnahen Reflex von Konrads ostfränkischem (Titular-)Herzogtum erkennt. Die [ruhen -Staujer. 9 hoben sie jene über deren adlige Standesgenossen empor und wiesen ihnen einen gesteigerten Rang und gleichsam herrscherliche Qualitäten zu. Welche Vorstellung - so ist nun in einem zweiten Schritt zu fragen - besaßen Herzog Friedrich 1. und seine Familie von solch konstitutiven sozialen Werten wie (ihrer) Herkunft und Abstammung? In welchen Formen verarbeiteten sie ihr dynastisches Wissen und verliehen ihm Ausdruck? Unsere Spurensuche hat methodisch bei den Zeugnissen -staufischer- Familiengeschichte und verwandten Quellen aus der Zeit vor 1152/58 anzusetzen. Unter den wenigen überlieferten urkundlichen und historiographischen Zeugnissen des »Erinnerungs- und Abstammungswissens«47 der frühen -Staufer- nimmt die von Wibald von Stablo aufgezeichnete sogenannte -Tabula consanguinitatiseinen singulären Platz ein48. Diese gibt keine gelehrte Fiktion wieder, sondern ist vielmehr Ausdruck des erinnerten Wissens Friedrich Barbarossas, das ihm offenbar von seinen Vorfahren tradiert wurde und das er nun zur Beweisführung im Ehescheidungsverfahren heranzog. Sein dynastisches Wissen hat Barbarossa im Ordnungsmuster zweier Genealogien der im Scheidungsprozeß verwickelten beiden Adelsfamilien der -Staufer- und der Markgrafen von Cham-Vohburg (>Diepoldinger<) zusammenfassen und erstmals durch Wibald aufzeichnen lassen. Damit entsprach er einem deutlich faßbaren Bestreben des Adels seit dem 11./12. [ahrhunderr'", der sich nunmehr immer häufiger seiner Vorfahren und Abstammung besann und die Ergebnisse seiner Nachforschungen schriftlich festhielt'", Diese neue Form der Selbstvergewisserung förderte zugleich den Prozeß adliger Identitätsbildung auf der Basis eines neuartigen, historisch argumentierenden und schriftlich nachvollziehbaren Selbstbildes und Selbstverständnisses. Eine ausgewählte Genealogie als mündlich oder schriftlich erinnerte Abfolge eines Geschlechts konstituierte und verstetigte adlige Identität und bot ihm vielfältige Möglichkeiten der familiären Selbstdeutung und Selbstdarstellung51. Die von Barbarossa vermittelte und für seine angestrebte 47 48 49 50 51 Dazu - am Beispiel der Welfen - grundlegend BERNDScHNEIDMÜllER,Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung (Urban-Taschenbücher 465), Stuttgart 2000, S. 23--40. Wibaldi Epistolae (wie Anm.5), 5.547; BORST,Staufer (wie Anm.28), S. 12: »unser frühestes Zeugnis für ihr Selbstverständnis, eine wortkarge Ahnenliste«. Grundlegend ScHMID,Geblüt (wie Anm. 13); zuletzt resümierend WERNERHECHBERCER, Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 72), München 20Q4,bes.S.19-22,u.74-79. Zur Spurensuche Herzog Heinrichs des Schwarzen (t 1126) nach seinen -wclfischen, Ahnen vg!. den Bericht der auf 1132/37 datierten sogenannten -Sächsischen Welfenquelle<, Anhang IV zur Sächsischen Weltchronik, ed. LUDWICWEILAND,MGH Deutsche Chroniken 2, 1877, S.276, cap.4, Z.I-{', dem der Annalista Saxo (wie A~m. 45) ad a. 1126, S.764, Z. 42. - S.765, Z.2 nahezu wörtlich folgt; HECHBERGER, Staufer (wie Anrn. 12), S. 17lf.; ScHNEIDMULLER, Welfen (wie Anm. 47), S. 164; BEATEKELLNER,Ursprung und Kontinuität. Studien zum genealogischen Wissen im Mittelalter, München 2004, bes. S. 314-321. Zur Genealogie als gleichsam universales Ordnungsmuster und Prinzip der Organisation von Wissen jetzt grundlegend KELLNER,Ursprung (wie Anm.50), bes. S. 13-15, 29-46, 61~ u. 104-127; KlLIAN HECK, Genealogie als Monument und Argument. Der Beitrag dynastischer Wappen zur politischen Raumbildung der Neuzeit (Kunstwissenschaftliche Studien 98), Berlin 2002, S.31-5O; Genealogie als Denkform in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. von DEMS'/ BERNHARD JAHN(Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 80), Tübingen 2000. 10 Hubertus Seibert Ehescheidung instrumentalisierte Abstammungsreihe seiner Vorfahren in patrilinearer Linie stellt somit einen - im Konfliktfall - verschriftlichten Niederschlag dieses Prozesses der Selbstfindung und -deutung in seiner Familie dar. Die von Wibald überlieferte, von der Forschung bis heute so klassifizierte Genealogie der >Staufer,52präsentiert sich als Abfolge von fünf Generationen, deren jeweilige männliche Vertreter alle den (Leit-)Namen Friedrich trugen _ »ein eindrückliches Zeichen für die Kontinuität im Selbstverständnis der Familie«53 . Sie beginnt mit einem ersten Friedrich (als Spitzenahn?), der durch keinen Titeloder Namenszusatz gekennzeichnet ist, und endet mit Friedrich Barbarossa, der den Königstitel trägt. Ob das eklatante Fehlen jeglicher Amtsbezeichnung in den beiden ersten Generationen die eher bescheidenen adligen und herrschaftlichen Anfänge der -Friedriche- erinnert, erscheint möglich, ist aber letztlich nicht beweisbar. Doch spätestens mit dem Besitz eines Amtes _ der Herzogswürde - in der dritten Generation zeigt sich der Wille zu Aufstieg und Machterweiterung. Die Friedriche der zweiten und dritten Generation zeichnen sich als einzige durch einen Namenszusatz aus. Der zweite Friedrich wird nach einem bis heute nicht zweifelsfrei lokalisierten Ort Buren benannte', der entweder auf seine räumliche Herkunft verweist oder als sein Herrschaftssitz anzusprechen ist. Genauere Angaben bietet die Genealogie zum dritten Friedrich. Sie stellt ihn zunächst als Gründer eines Ortes bzw. einer Burg Stophe(n) vor, nach der er zudem bezeichnet wird. Damit deutet die Genealogie Stophe als seinen speziellen Bezugsort und - gegenüber Buren - neuen Herrschaftssitz, nach dem aber kein anderes Familienmitglied neben ihm benannt wird. Wibalds Tabula der Vorfahren Barbarossas liegt die Vater-Sohn-Folge als Strukturprinzip zugrunde - mit einer bezeichnenden Modifikation. Den Friedrich der vierten Generation zeichnet sie zudem als Sohn seiner namentlich nicht genannten Mutter, der Tochter König Heinrichs IV., aus und verortet ihn damit implizit als königlichen Sproß55. Alle anderen Frauen - ob Ehefrauen oder weibliche Nachkommen - bleiben mangels konstitutiver Bedeutung für die eigene Generation und Abstammung im Gegensatz zur zweiten von Wibald überlieferten Genealogie der Markgrafen von Cham-Vohburg'" uner- 52 53 54 55 VONLEHSTEN,Tabula (wie Anm.5), S. 15; ODILO ENGELS,Die Staufer (Urban-Taschenbücher 154), Stuttgart 71998, S. 9. So HEINZ KRIEG,Adel in Schwaben: Die Staufer und die Zähringer, in diesem Band, S. 65-97, hier S. 78; ScHMID, Heirat (wie Anm. 7), S. 416-418. Gegen die bis heute vertretene Gleichsetzung mit Wäschenbeuren (LK Göppingen) - so zuletzt noch Lurz REICHARDT,Ortsnamenbuch des Kreises Göppingen (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B 112), Stuttgart 1989, S.220, und ENGELS,Staufer (wie Anm. 52), S. 9 - schon SCHMID,De regia stirpe (wie Anm. 7), S. 462. Wibaldi Epistolae (wie Anm. 5), S. 547: Dux Fridericus de Stophe ex filia regis Heinrici genuit ducem Fridericum. 56 Gemessen an der Funktion der Tabula spricht die Forschung die zweite Genealogie bis heute unzutreffend als Zähringer-Genealogie an, doch geht es im Scheidungsverfahren auf dem Hoftag und der Synode von Konstanz 1153 nicht um die zu nahe Verwandtschaft Barbarossas mit diesen, sondern mit deren Nachfahren und Verwandten, den Markgrafen von Cham-Vohburg. Die frühen -Staufer. 11 wähnt. Daß auch Konrad IlL, immerhin der erste König aus diesem Adelsgeschlecht, in der Genealogie fehlt, ist kein Zufall und unterstreicht nur ihre weitere Funktion. Ihr erklärtes Ziel ist die Darstellung der -Ceneratio- Friedrich Barbarossas. Dieser versteht sich agnatisch als direkter (und alleiniger?) Nachfahre seiner von dem -Spitzenahn- Friedrich begründeten Adelsdynastie und zugleich - unter Betonung der kognatischen Bezüge - als Nachkomme des königlichen Geschlechts der Salier'", Eine gleichsam repräsentative, dynastische Dokumentation der Familie der frühen -Staufer- in all ihren agnatischen und kognatischen Bezügen lag Wibalds Tabula und ihrem königlichen Auftraggeber dagegen völlig fern. Abgesehen von ihrer primär rechtlichen Funktionsbestimmung eröffnet die Genealogie einen unmittelbaren Zugang zum adligen Selbstbewußtsein Friedrich Barbarossas und zu jenem Prozeß, »der zur Bildung des Geschlechtes der Staufer führtev'", Als Garanten ihres Erfolgsweges betrachteten diese offenbar den Erwerb wichtiger Ämter, die Besitzerweiterung und den Burgenbau; in ihrer Erinnerung gründete sich dieser Aufstieg aber in besonderer Weise auf die Verwandtschaft mit der Königsdynastie und die Königsnähe. Weitere, ähnlich aussagekräftige Zeugnisse -staufischer- Familiengeschichte aus der Zeit vor 1152/58 suchen wir vergeblich. Bis auf die schon erwähnte Urkunde Konrads Ill. von 1138, deren Arenga auf seine königliche Abstammung abhebt'", fehlen bis zum Herrschaftsantritt Barbarossas jegliche urkundlichen Zeugnisse, die nähere Rückschlüsse auf ihre (adlige) Abstammung und ihr königliches Bewußtsein zuließen. Ob wir die im Privileg Friedrich Barbarossas für die -Staufergründung- Lorch von 1154 getroffene, auf Empfängerdiktat zurückgehende Unterscheidung zwischen den descendentes de genere regis Cuonradi et Friderici ducis clarissimi60 als Zeugnis für ein »vinnerstauflsches- Hausbewusstseine'" zu deuten haben, erscheint problematisch. Die von der Forschung an den zeitgenössischen Namenszusatz de Stophe geknüpfte These von der zentralen Bedeutung dieser Burg als namengebender und identitätsstiftender Herrschaftssitz findet in den urkundlichen Zeugnissen keine ausreichende Bestätigung. Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts benennt sich kein Mitglied der -staufischen- Familie in den eigenen Urkunden nach der Burg oder dem Berg Stauf(en)62. Die wenigen Ausnahmen davon 57 58 59 60 61 62 Heirat (wie Arun. 7), S.420f. betonte zu Recht, daß der Hinweis auf die königliche Abstammung und Verwandtschaft Barbarossas ihn deutlich von seiner Frau Adela und ihrer Familie abhob. ScHMID, Heirat (wie Arun. 7), S. 417. MGH D Ko Ill. 5, vg!. oben Anm. 16 u. 21. MGH D F I. 77 (1154, Mai 3--17),S. 129, Z. 26f. THOMAS ZOIZ, Der Südwesten des Reiches auf dem Weg zur staufischen Königslandschaft, in: Orte der Herrschaft. Mittelalterliche Königspfalzen, hg. von CASPAREHLERS, Göttingen 2002, S.85--105, hier S.91, spricht das Kloster Lorch als konkreten Kristallisationspunkt für ein »innerstaufisches Hausbewusstsein« an. Zur Titulatur der -Staufer- als Herzöge von Schwaben im 12. Jahrhundert vg!. WALTHER KIENAST,Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert). Mit Listen der ältesten deutschen Herzogsurkunden, München 1968, S. 414-416. ScHMID, 12 Hubertus Seibert sind allesamt als Fremdbezeichnungen einzustufen, als Titulaturen, die ihnen durch Urkundenaussteller und deren Notare von außen beigelegt wurden. Die Kanzlei Barbarossas hat ausschließlich Konrads Ill. Sohn, Herzog Friedrich IV. von Schwaben, seit 1164 und bis 1166 wiederholt in zum Teil als Original überlieferten Diplomen nach de Stoupha benannt'". Da diese Bezeichnung sich zahlenmäßig mit anderen Benennungen Friedrichs als dux Slleviae/Sllevorum64, als dux de Rotenburc(g)65 oder als filius Conradi regis66 in etwa die Waage hält, eignet sie sich nicht für diesbezügliche weitergehende Rückschlüsse auf Friedrichs adliges Bewußtsein und Selbstdarstellung. Als Ergebnis der Untersuchung der Fremdeinschätzung und Selbstdeutung der frühen -Staufer- bleibt festzuhalten: Auf der Suche nach ihren räumlichen und dynastischen Anfängen setzte die bisherige Forschung vorrangig bei der Darstellung Ottos von Freising an, ohne dessen Deutung im einzelnen kritisch zu überprüfen. Manche Angaben Ottos wie auch die Anlage seiner -Cesta Frederici- überhaupt erfordern eine neuerliche Analyse'". Ein Blick auf die anderen, bislang vernachlässigten zeitgenössischen Quellen bis 1152/58 zeigt vielmehr, welch geringen Stellenwert sie der räumlichen Herkunft und den adligen Ursprüngen der frühen -Staufer- bei der Beurteilung von deren Adligkeit (nobilitas) zubilligten. Vielmehr definierten und begründeten die Chronisten ihren Rang und ihr Prestige primär über ihr Konnubium und ihre Verwandtschaft mit der salischen Königsdynastie'". 63 64 65 66 67 68 MGH DD F I. 153 (1165 ?), S.264, Z.7; 470 (1164), S.382, Z.38; 506 (1166), S.439, Z.47; 507 (1166), S. 441, Z. 32; 513 (1166), S.448, Z.36, und 516 (1166), S.454, Z.22; REICHARDT,Göppingen (wie Anm. 54), S. 112f. Als eigentlicher Schöpfer dieser Titulatur kommt nur Friedrich Barbarossa selbst in Frage, der damit offenbar der herzoglichen Linie die Burg Stauf als Herkunftsort und Herrschaftssitz zuwies und sie auf diese Weise klar von der königlichen prosapia abhob; dazu und zur Titulatur des jungen Friedrich in Herrscherdiplomen und anderen zeitgenössischen Quellen jetzt grundlegend THOMASZorz, Friedrich Barbarossa und Herzog Friedrich (IV.) von Schwaben. Staufisches Königtum und schwäbisches Herzogtum um die Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Mediaevalia Augiensia. Forschungen zur Geschichte des Mittelalters, hg. von JÜRGENPETERSOHN(Vorträge und Forschungen 54), Stuttgart 2001, S. 285-306, bes. S. 291-298. Erstmals MGH D F I. 61 (1153), S. 106, Z. 8. MGH DD F I. 228 (1158), S. 15, Z. 28; 478 (1165), S. 392, Z. 36 u. S. 393, Z. 8 u. 23; 509 (1166), S.444, Z.8; 529 (1167), S.472, Z.9; 559 (1170), S. 24, Z.30; 588 (1172), S.66, Z. 19; und 970 (1188), S.248, Z. 29; Wirtembergisches Urkundenbuch. Bd. 11, Stuttgart 1858, Nr.544 (1212), S.386; zum Herzogstitel »von Rothenburg«, der »die Verdrängung Friedrichs IV. aus dem schwäbischen Herzogtum « widerspiegelt, LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 225f.; ZOTZ, Friedrich (wie Anm. 63), S. 295f., 298 u. 302f. MGH DD F I. 61 (1153), S. 106, Z.8: Fridericus filius imperaioris Ciinradi dux Sweuie; 77 (1154), S. 129, Z.36: Fridericus filius Cimmdi regis; 173 (1157), S.295, Z. 16: Fridericus dux filius Cünradi regis; 174 (1157), S. 296, Z. 27f.; 472 (1164), S. 385, Z. Sf.; 523 (1167), S. 465, Z. 13; 532, S. 477, Z. 3; u. 534, S. 481, Z. 2; ferner - als Selbstbezeichnung - in seiner im Original erhaltenen Urkunde für Kloster Lorch von 1165, ed. Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm.65) 11, Nr.386, S. 151: ego Fridericus dux, illustris regis Cünradi filius. Dazu jetzt HAGENElER,Die frühen Staufer (wie Anm. 9), in diesem Band, S. 363-396. Dazu TOBlASWELLER,Auf dem Weg zum -staufischen Hause Zu Abstammung, Verwandtschaft und Konnubium der frühen Staufer, in diesem Band, S. 41~3; DERS.,Heiratspolitik (wie Anm. 30), S. 18-21. Die frühen .Staufer, 13 Diese Einschätzung der Chronisten korrespondiert mit der Selbstdarstellung der frühen -Staufer-, wie sie sich in der von Wibald von Corvey überlieferten Genealogie und in ihren Königsurkunden manifestierte. Konrad IlL, Friedrich Barbarossa und ihre Vorfahren verstanden sich als Nachkommen, Verwandte und Erben der salischen Könige. In ihrem genealogisch erinnerten Wissen, das sich zur Zeit Barbarossas über fünf Generationen in patrilinearer Deszendenz erstreckte, nahm daher die Tochter König Heinrichs IV. und Mutter Herzog Friedrichs 1I. und Konrads IlL, die die Verwandtschaft mit dem salischen Königshaus erst begründet hatte, als einzige Frau eine Schlüsselposition ein. Die Wahrnehmung der zeitgenössischen Autoren und die -staufische- Selbstdeutung stimmen noch in einem weiteren Punkt überein - in ihrer Beurteilung der Burg Stauf für das Selbstverständnis dieses Geschlechts. In beiden Fällen werden nur ganz bestimmte Familienmitglieder in einen direkten Bezug zur Burg Stauf gesetzt; ihr Namenszusatz de Siophe weist auf den Ort ihrer Herkunft oder auf den Mittelpunkt ihrer Herrschaft hin. Doch die wenigen diesbezüglichen Belege und das Fehlen jeglicher urkundlicher Selbstbezeichnung nach der Burg unterstreichen, daß dieser Ort im 12. Jahrhundert keine herausragende Funktion als namengebender Herrschaftssitz einnahm und keine identitätsstiftende Bedeutung entwickelte, die sich auf mehrere Familienmitglieder oder gar das -Adelshaus- erstreckt hätte. 1I.Königsnähe - Königsferne Es ist daher kaum ein Zufall, daß Graf Friedrich bei seiner ersten Erwähnung in den zeitgenössischen Quellen des späten 11. Jahrhunderts mit dem Königtum in Verbindung gebracht wird. Zählt doch die Königsnähe nach Ansicht der neueren Forschung neben der Herzogswürde und der Verwandtschaft mit der Königsdynastie zu den drei Faktoren, die »den Aufstieg des staufischen Hauses zur überregionalen, universalen Wirksamkeit und Celtung«?? bedingten. Das Verhältnis der frühen -Staufer- zu Königtum und Reich verlief bis 1152 keineswegs geradlinig, sondern war von Höhen und Tiefen begleitet und erfuhr manche Umbrüche wie die reichspolitischen Zäsuren von 1125 und 1138. Zunächst ist aber der Blick auf die Anfänge und Entstehung dieser politisch-dynastischen Allianz zu richten. Was hat die Beziehungen Graf Friedrichs zum König 1079 begründet? König Heinrich IV. hat nach der Amtsenthebung und Ächtung der drei oppositionellen süddeutschen Herzöge, Rudolfs von Rheinfeiden, Bertolds von Kärnten und Welfs IV. von Bayern, im Juni 1077 in Ulm fast zwei Jahre bis zu einer Wiederbesetzung des Herzogtums Schwaben verstreichen lassen. Möglicherweise resultierte diese lange Zeitspanne aus Heinrichs Schwierigkeiten, einen geeigneten königstreuen Nachfolger für Rudolf zu finden. An Ostern 1079 erhob Heinrich IV. auf einer Ver69 KLAUS ScHREINER, Die Staufer als Herzöge von Schwaben, in: Die Zeit der Staufer (wie Anm. 8), Bd. Ill, S. 7-19, hier S. 7. 14 Hubertus Seibert sammlung seiner Anhänger in Regensburg. seinem wichtigsten Stützpunkt im Süden des Reiches, den Grafen Friedrich zum neuen Herzog von Schwaben. Die zeitnahen Chronisten nennen keinen Grund für diese auffallende Rangerhöhung Friedrichs'", Da er zu dieser Zeit offenbar weder in erkennbaren Beziehungen zum salischen Königtum stand, noch eine seine gräflichen Standesgenossen überragende Machtstellung einnahm, hat die Forschung vor allem auf die strategische Lage seiner Besitzungen an wichtigen Durchgangsstraßen als Hauptgrund für seine Auswahl und Erhöhung abgehoben". Zur Sicherung der königlichen Positionen und Güter in Inner- und im östlichen Schwaben, im Fils- und Remstal sowie im Raum Ulm, wählte Heinrich IV. offenbar gezielt einen dort begüterten, aufstrebenden Adligen aus, den er zudem durch die Heirat mit seiner zweiten Tochter Agnes dauerhaft an das Königshaus zu binden trachtete. Langfristig gesehen ging Heinrichs Kalkül auf. Herzog Friedrich hat seine und seiner Familie Rangerhöhung und Förderung durch zahlreiche Gunsterweise (Erhebung seines Bruders Otto zum Bischof von Straßburg 1082/8472) seinem königlichen Schwiegervater zeitlebens auf vielfältige Weise gelohnt, als Heerführer, politischer Ratgeber, Intervenient und Vermittler in Konflikten. Von Anfang an stellte sich der neue Herzog Friedrich I. mit großem Eifer, militärisch aber nur mit mäßigem Erfolg in den Dienst der königlichen Sache. Der Schwerpunkt der seit 1077 geführten Kämpfe zwischen den salischen Parteigängern und der süddeutschen Fürstenopposition lag bis 1090/93 in Schwaben und im benachbarten Franken?', Während Friedrichs Versuche zur Einnahme des (ost-)schwäbischen Vorortes Ulm 1079 kläglich scheiterten/s, gelang es ihm zwischen 1082/83 und 1088/90 nur mit großer Mühe und nach wiederholten Rückschlägen, das wichtige Augsburg gemeinsam mit dessem heinrizianischen Bischof Siegfried für das salische Königtum zu behaupten". Zahlenmäßig unterlegen vermied es Friedrich lange Zeit konsequent, sich Welf IV. oder anderen fürstlichen Gegnern Heinrichs IV. in einer offenen Feld70 71 n 73 74 75 VgI.Anm.30. SäNKE LORENZ,Waiblingen - Ort der Könige und Kaiser, Waiblingen 2000, S. 114; ScHREINER, Staufer (wie Anm. 69), S. 8. HUBERTUSSEIBERT,Otto v. Staufen (Hohenstaufen), Bischof von Straßburg, in: Neue Deutsche Biographie 19, 1999, S. 695. PARLOW,Zähringer (wie Anm.29), Nr.97, 98, 101, 104-106, 109, 111 u. 133; THOMASZoTZ, Ottonen-, Salier- und frühe Stauferzeit (911-1167), in: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 1/1: Von der Urzeit bis zum Ende der Staufer, hg. von MEINRAD5cHAAB/ HANSMARTIN 5cHw ARZMAlER,Stuttgart 2001, S. 380-528, hier S. 428-432; WILFRIEDHARTMANN, Schwaben im Investiturstreit, in: Schwaben vor tausend Jahren, hg. von BARBARAScHOLKMANN/SäNKELoRENZ,Filderstadt 2002, S. ~1, bes. S. 38f., 42 u. SO£. Bertholdi Chronicon (wie Anm. 30) ad a. 1079, S. 359, Z. 14 - S. 360, Z. 12. Annales Augustani (wie Anm. 30) ad a. 1083 u. 1084, S. 130f.; Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1152, bearb. von WILHELMVOLKERT/ FRIEDRICHZOEPFL (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte Reihe II b), Augsburg 1985, Nr.349, 350 u. 356; MICHAELHORN, Zur Geschichte der Bischöfe und der Bischofskirche von Augsburg, in: Die Salier und das Reich, Bd. 2: Die Reichskirche in der Salierzeit. hg. von STEFANWEINFURTER unter Mitarbeit von FRANKMARTINSIEFARTH,Sigmaringen 21992,S. 251-266, bes. S. 259f. Die frühen -Staufer« 15 schlacht zu stellen'": stattdessen verlegte er sich im Bündnis mit anderen Salieranhängern wie dem bayerischen Pfalzgrafen Rapoto V. vielfach auf einzelne gezielte Eroberungs- und Plünderungszüge, so im Juli (?) 1081 gegen das schwäbische Donauwörth und im April1086 gegen die Bischofsstadt Freising", Obwohl Herzog Friedrich bis 1098 nur über einen Großteil des nördlichen und östlichen Schwaben gebot, gab Heinrich IV. dessen herrschaftlicher Präsenz in Schwaben und im Reich eindeutig den Vorrang vor einer möglichen Teilnahme an den herrscherliehen Italienzügen'", Neben den verschiedenen militärischen Unternehmen zeugen vor allem Friedrichs vermehrte Aufenthalte am Königshof in den Jahren 1085/86, 1091, 1097 (?) und zwischen 1099 und 110379 von seinem erheblich gestiegenen Ansehen und seinem wachsenden Einfluß auf die politischen und militärischen Entscheidungen Heinrichs IV. Im Ende 1104 ausbrechenden Konflikt zwischen Heinrich IV. und seinem Sohn Heinrich V., der das Reich und die zur Parteinahme gezwungenen Fürsten einer gefährlichen Zerreißprobe aussetzte, scheint Friedrich bis zu seinem Tod 1105 eine unparteiische Haltung eingenommen und zwischen beiden Seiten vermittelt zu haben'", In Anerkennung dessen hat Heinrich V. Friedrichs gleichnamigen Sohn offenbar ohne erkennbare Verzögerung und Verpflichtung 1105 oder 1106 zum neuen Herzog von Schwaben erhoben'". Die damit begründete dauerhafte Verankerung des schwäbischen Dukats in der Familie der -Staufer- band diese künftig noch enger 76 77 78 79 80 81 Bertholdi Chronicon (wie Anm. 30) ad a. 1079, S. 360, Z. 2-12; Chronik von Petershausen (wie Anm. 34) II, 40, S. 116. Chronik von Petershausen (wie Anm. 34) II, 40, S. 116; Annales Augustani (wie Anm.30) ad a.1086, 5.132, Z.5-9; HUBERTUSSEIBERT,Vom königlichen dux zum Herzog von Bayern. Welf IV. und der Südosten des Reiches, in: Welf IV. Schlüsselfigur einer Wendezeit. Regionale und europäische Perspektiven, hg. von DIETERR. BAUER/MATTHIAS BECHER(Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Beiheft 27), München 2004, S. 226-260, bes. S. 247-249. Im Aug./Sept. 1091 hat Friedrich zusammen mit seinem Bruder, Bischof Otto von Straßburg, aus unbekannten Gründen (Ausbau von 5t. Fides in Schlettstadt?) den Kaiser in Verona aufgesucht; anschließend kehrte er offensichtlich nach Schwaben zurück, da er in der Folgezeit nicht mehr im kaiserlichen Gefolge in Italien nachweisbar ist: in MGH DD H IV. 424 (1091, Sept. 2) u. 426 (1091, Sept. 21) werden er und sein Bruder als Intervenientcn genannt. MGH DD H IV. 377 (l085, Dez. 28), S.503, Z.24; 390 (1086, Apr. 29), S.516, Z.37; 424 (1091, Sept. 2), 5.569, Z. 27; 426 (1091, Sept. 21), 5.572, Z. 2; 485 (1097 ?), 5.661, Z. 16; 463 (1099, Apr. 30), 5.625, Z. 34f.; 464 (1100, Jan. 7), S.627, Z.24; 468 (1101, Mai 16), 5.633, Z.39; 469 (1101), 5.635, Z. 20; 470 (1101, Jun. 1), 5.638, Z. 24 u. S. 639, Z. 11; 471 (1101, Aug. 3), 5.640, Z. 42; 473 (1102, Febr. 11), S. 643, Z. 18 u. 22; 476 (-), S. 650, Z. 31; 479 (1103, Ju!. 15), S. 654, Z. 17; und "511 (1088-1100), 5.699, Z. 6; ALFREDGAWUK,Intervenienten und Zeugen in den Diplomen Kaiser Heinrichs IV. (1056-1105). Der Übergang von der Interventions- zur Zeugenformel (Münchener Historische Studien Abteilung Geschichtliche Hilfswissenschaften 7), Kallmünz 1970, 5.151. Vg!. ferner Gesta abbatum Lobbiensium cap. 14, MGH SS 21, S. 317 Anm. 65: Herzog Friedrich 1. unterschrieb an dritter Stelle, nach Heinrich IV. und Heinrich V., eine Urkunde Bischof Otberts von Lüttich. die dieser bei der kaiserlichen Belagerung der Burg Limburg im Jahre 1102 ausstellte. Armales Hildesheimenses ad a. 1105, ed. GEORGHEINRlCHPERTZ/GEORGWAITZ,MGH SS rer. Germ. [8], Hannover 1878, S. 52. Anonyme Kaiserchronik liber II ad a. 1105, ed. FRANZ-JOSEF 5cHMALE/IRENESCHMALE-OTT,in: Frutolfs und Ekkehards Chroniken (wie Anm.31), 5.236, Z.23-25; Otto von Freising, Gesta (wie Anrn. 17) 1,10, S. 148, Z. 2lf. 16 Hubertus Seibert an das salische Königshaus und dessen Schicksal und bildete eine unerläßliehe Voraussetzung für eine Fortsetzung und Intensivierung ihrer vielfach bewährten Aktionsgemeinschaft. Herzog Friedrich 11. begegnet erstmals 1108 am Hof seines königlichen Onkels'", Seit dem ersten Italienzug Heinrichs V. 1110/11 zählte er nach Pfalzgraf Gottfried von Calw und Graf Berengar von Sulzbach zu den engsten weltlichen Vertrauten und tatkräftigsten Helfern des Kaisers'", In der Folgezeit verfocht er an führender Stelle die kaiserlichen Interessen in dem sich seit 1115/16 erheblich verschärfenden Kampf mit der sächsisch-rheinischen Fürstenopposition'", Seinen rastlosen Einsatz für König und Reich belohnte Heinrich V. mit der Übertragung der Reichsverweserschaft, als er 1116 für fast zwei Jahre nach Italien zog'". Friedrichs jüngerer Bruder Konrad, der insgesamt nur drei Mal am salischen Königshof nachzuweisen ist und seinem Onkel erheblich ferner stand'", empfing zur gleichen Zeit die herzogliche Gewalt über den östlichen, herrschaftlich vom Bischof von Würzburg beanspruchten Teil Frankens'". Nach der Rückkehr Heinrichs V. aus Italien wuchs sich sein Konflikt mit den Fürsten seit 1119/20 zu einer gefährlichen Krise aus, die das Ordnungsgefüge und den Fortbestand des Reiches existentiell bedrohten'", Diese aussichtslose Lage trieb Friedrich und seinen Bruder auf die Seite der Gegner des Kaisers. Ihre wachsende Distanz zur kaiserlichen Politik manifestierte sich in massiven politischen Differenzen mit Heinrich V., beispielsweise im Würzburger Bistumsstreit 112289 oder im Wormser Bischofsschisma 112490• Um diese offenkundige Entfremdung zu erklären, hat die Forschung vor allem auf die unterschiedlichen territorialen Interessen der Beteiligten und auf mögliche persönliche Motive der Neffen abgehoben?', Dabei hat sie aber außer Acht 82 83 84 85 86 • 87 88 89 90 91 St. 3032 (1108, Sept. 29), ed. THEODORMAYER,Spicilegium von Urkunden aus der Zeit der österreichischen Babenberger-Fürsten, in: Archiv für Kunde österreichischer GeschichtsQuellen 6, 1851, S. 294-296. Dazu im einzelnen DENOORFER, Fidi mi/ites (wie Anm. 9), S. 223-228 u. 234-239. Annalium Patherbrunnensium fragmenta ad a. 1116, MGH SS 30/2, S. 1331f.; Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. IV. ad a. 1117, S. 336, Z. 26-30; Armales Hildesheimenses (wie Anm. 80) ad a. 1118, S. 64; Annalista Saxo (wie Anm. 45) ad a. 1116 u. 1117, S. 753£. Chronik von Petershausen (wie Anm.34) Ill, 43, S. 164: summam rerum commendaoii (sc. Heinrich V.); fast gleichlautend Otto von Freising, Chronica (wie Anm.37) VII, 15, S.33O, Z.4f.; CHRISTOPHWALDECKER,Herzog Friedrich II. von Schwaben als Reichsregent 1116-1118, in: Vergangenheit lebendig machen. Festgabe für Ingrid Heidrich zum 60. Geburtstag von ihren Schülerinnen und Schülern, hg. von SABINEHAPP/CHRISTOPHWALDECKER, Bonn 1999, S. 50-61. DENDORFER, Fidi mi/ites (wie Anm. 9), S. 224£. Ekkehardi Chronica (wie Anm.31), Rec. Ill. ad a. 1116, S.316, Z.25-28; LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 162-168. JUTIA ScHLICK,König, Fürsten und Reich 1056-1159. Herrschaftsverständnis im Wandel (Mittelalter-Forschungen 7), Stuttgart 2001, S.76--80; STEFANWEINFURTER,Das Jahrhundert der Salier (1024-1125), Ostfildern 2004, S. 182 u. 184f. Ekkehardi Chronica (wie Anm.31), Rec. IV. ad a. 1122, S.354, Z. 1-21, ad a. 1124, S.368, Z. 16-19; LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 192-202. HUBERTUS SEIBERT,Reichsbischof und Herrscher. Zu den Beziehungen zwischen Königtum und Wormser Bischöfen in spätsalisch-frühstaufischer Zeit (1107-1217), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 143, 1995, S. 97-144, bes. S. 107-109. ENGELS,Staufer (wie Anm. 52), S. 22f.; zorz, Ottonenzeit (wie Anm. 73), S. 435. Oiefrühen »Staufcr, 17 gelassen, daß sich insbesondere Friedrich seit 1119 neben und zusammen mit den verschiedenen geistlichen und weltlichen Fürsten nachdrücklich für die Wiederherstellung von Frieden und Ordnung im Reich eingesetzt hat92• Dieses Anliegen und ein zweites Ziel - die angestrebte Einigung im Konflikt zwischen Kaiser und Papst'" - bewogen ihn zum Wechsel in das Lager der politischen Gegner des Kaisers, während dieser die Einigungs- und Friedensbemühungen der Fürsten mit allen Mitteln zu hintertreiben suchte. Als weiterer Beweggrund Friedrichs neben seiner ausgeprägten fürstlichen Verantwortung für das Reich ist vor allem seine Sorge um die Nachfolge in Königtum und Reich als Erbe und Verwandter des Kaisers nach dessen seit 1123/24 absehbaren Tod in Rechnung zu stellen. Trotz dieser erheblichen Differenzen kam es nicht zu einem dauerhaften Zerwürfnis zwischen Heinrich V. und seinen Neffen, wie Friedrichs sporadisches Auftreten am kaiserlichen Hof nach 112294 und vor allem Heinrichs testamentarische Verfügung de regni statu kurz vor seinem Tode belegen. Nach Ekkehards Deutung bestimmte Heinrich darin seinen Neffen Friedrich zum Allodialerben, dem er sein Eigentum (proprietates suas) und die Königin - gleichsam als Unterpfand des Reichs - anvertraute'", Bei der für Ende August 1125 in Mainz anberaumten Königswahl= suchte Herzog Friedrich n. seinen - von manchen geteilten'? - Anspruch als Mitglied der -stirps regia, und gleichsam geeignetster Anwärter auf die Nachfolge Heinrichs V. im Königtum erfolgreich durchzusetzen. Sein allzu siegesgewisses, als hochmütig empfundenes Auftreten (ambicione cecatus98) und die bei nicht wenigen der einstigen Saliergegner vorhandenen persönlichen Vorbehalte gegen den -Staufer- machten jedoch Friedrichs Hoffnungen und Erwartungen rasch zunichte. Seine ausgeprägte Königsnähe und Verwandtschaft mit dem Königshaus - Eigenschaften und soziale Werte, die bei früheren Königs92 93 94 95 96 97 98 Grundlegend fur diese Deutung sind die Ergebnisse von DENDORFER,Fidi milites (wie Anm. 9), 5.239-258. Principum de restituenda pace consilium Wirceburgense, MGH Const. I, Nr. 106, S. 158, cap. 1: Donmus inperator apostolice scdi obediat; zuletzt WEINFURTER, Jahrhundert (wie Anm. 88), S. 180f. DENOORFER, Fidi miliics (wie Anm. 9), S. 258 u. 262. Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec. IV. ad a. 1125, S. 374, Z. 13-17. HAGEN KELLER,Schwäbische Herzöge als Thronbewerber. Hermann 11. (1002), Rudolf von Rheinfelden (1077), Friedrich von Staufen (1125). Zur Entwicklung von Reichsidee und Fürstenverantwortung, WahIverständnis und Wahlverfahren im 11. und 12.Jahrhundert, in: Zeitschrift fur die Geschichte des Oberrheins 131, 1983, 5.123-162, hier S. 123-125 u. 152; ULRICH ScHlvllDT,Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 7), Köln 1987, 5.34-59; LUDWIGVONES,Der gescheiterte Königsmacher. Erzbischof Adalbert I. und die Wahl von 1125, in: Historisches Jahrbuch 115, 1995, 5.85--124; ScHLICK,König (wie Anm. 88), 5.83-95, jeweils mit weiterführenden Hinweisen. Chronicon s. Andreae (wie Anm. 36) Ill, 33, 5.547, Z. 14: ... cognati eius (se, Heinrichs V.) Conradus et Fredericus hercditarie regnum sibi txllent usurpare; Ekkehardi Chronica (wie Anm.31), Rec. IV. ad a. 1125, S. 374, Z. 16£.:proprietates slIas atque reginam eiusdem Friderici utpote heredis sui fidei commisii (se, Heinrich V.); Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) 1,17, S. 156, Z. 31: predictus dux ad regllum a multis exposceretur, u. S. 158, Z. 4; WELLER,Heiratspolitik (wie Anm. 30), S. 18f. Narratio de electione Lotharii Saxoniae ducis in rcgem Romanorum, MGH SS 12, 5.510-512, cap.3, S.51O, Z.37-40 u. 46 - 5.511, Z. 3 (Zitat, Z.37), ferner cap. 1, 5.510, Z. 19-24, u. cap.4, 5.511, Z. 4--6; ScHLICK,König (wie Anm. 88), S. 91 u.94. 18 Hubertus Seibert erhebungen als Ausweis besonderer Eignung des e1igendus gegolten hatten, _ erwiesen sich 1125 in Mainz hingegen als entscheidender Nachteil für ihn gegenüber seinen Konkurrenten und bildeten gleichsam einen politischen Ausschlußgrund für seine Wahl und Nachfolge im Königtum. Friedrichs Wahlniederlage und sein Ende 1125 ausbrechender Konflikt mit König und Fürsten?', der sich an seiner Weigerung zur Rückgabe des ihm von Heinrich V. anvertrauten Reichsguts entzündet hatte, führten zum Bruch mit dem Königtum und bedeuteten das vorläufige Ende der auf König und Reich ausgerichteten politischen Handlungsstrategie der -Staufer-. Bei dieser Haltung beließen es Friedrich und sein Bruder Konrad jedoch keineswegs. Bereits im Dezember 1127 verliehen sie ihrem vermeintlich legitimen Anspruch auf das Königtum noch auf andere, höchst augenfällige Weise Ausdruck und Geltung. Offenbar auf Betreiben Friedrichs wählten die staufischen Anhänger seinen Bruder Konrad auf fränkischem Boden - auf der Reichsburg Nümberg oder auf der Nivenburc bei Gellingen bzw. bei Burg Rothenburg ob der Tauber - zum (Gegen-)König1OO• Die Wahl fiel ganz bewußt auf Konrad, da er König Lothar III. noch nicht gehuldigt hatte und infolgedessen - anders als sein Bruder - keine Anklage wegen Eidbruchs zu befürchten hatte'?', Mit diesem Akt kündigten sie König Lothar nicht nur Treue und Gefolgschaft auf, sie erklärten vielmehr sein Königtum gleichsam vor aller Welt für illegitim und nicht existent. Die Reaktion der zeitnahen Chronisten auf diesen Schritt der -Stauferwar nahezu einhellig und unmißverständlich: sie brandmarkten Konrads Wahl als Usurpation'F, Ein das Ordnungsgefüge des Reiches erschütternder jahrelanger Bürgerkrieg war die Folge. Während sich Konrad schon bald dem Kampfgetümmel entzog und sein Aktionsfeld - für Lothar Ill. überraschend - ohne den von ihm erhofften durchschlagenden Erfolg nach Oberitalien (Krönung zum rex Italiae in Monza am 29. Juni 1128)103 verlegte, hielt Friedrich der feindlichen Übermacht trotz mancher Niederlagen bis 1134 stand'?'. Auf Vermittlung Kai99 100 101 102 103 104 Annalista Saxo (wie Anm. 45) ad a. 1126, 5.763, Z. 14f., u. ad a. 1127, S. 765, Z. 27-32; JOHANN FRIEDRICHBöHMER,Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar Ill. und Konrad Ill., 1. Teil: Lothar rn. 1125 (1075)--1137, neubearb. von WOLFGANGPETKE(Regesta Imperii 1V,l/1), Köln 1994, Nr. 98, 106 u. 115. Annalista Saxo (wie Anm.45) ad a. 1128, 5.765, Z.4Of.; Bertholdi Chronicon (wie Anm.34) cap. 30, S. 232; Otto von Freising, Chronica (wie Anm. 37) VII, 17, S. 334, Z. 3f.; BöHMER/PETKE (wie Anm.99), Nr.l50 u. 151; WOLFGANGGIESE,Das Gegenkönigtum des Staufers Konrad 1127-1135, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanist. Abteilung 95, 1978, 5.202-220, sieht Konrads Gegenkönigtum auf dessen Erbanspruch gegründet; dagegen SCHMIDT,Königswahl (wie Anm. %), S.~; zum Wahlort zuletzt LUSICH, Besitz (wie Anm. 46), S. 408. GERDALTHOFF,Konrad m. (1138-1152) mit Heinrich (1147-1150), in: Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I. (919-1519), hg. von BERND5cHNEIDMÜLLER/STEFAN WElNFURTER, München 2003, S. 217-231, hier 5.206. 5cHMIDT,Königswahl (wie Anm. %), S. 63 mit Verweis auf die einschlägigen Quellen. AnnaIista Saxo (wie Anm. 45) ad a. 1127, S. 765, Z. 32f.; Otto von Freising, Chronica (wie Anm. 37) vrr, 18, 5.335, Z.llf.; GIESE,Gegenkönigtum (wie Anm.loo), 5.203-206 u. 214; zuletzt JAN PAUL NIEDERKORN, Konrad rn. als Gegenkönig in Italien, in: Deutsches Archiv 49, 1993, S. 589-600. BöHMER/PETKE(wie Anm. 99), Nr. 106, 132, 141, 145, 149, 155,208,211,281 u. 411--414. Die frühen -Staujer. 19 serin Richenzas unterwarf er sich Lothar Ill. schließlich im Oktober 1134 in Fulda und wurde auf Intervention Bemhards von Clairvaux im März 1135 in Bamberg wieder in die kaiserliche Gnade aufgenommen'P''. Auch Konrad schloß auf dem Hoftag in Mühlhausen, im September 1135, Frieden mit Lothar und verpflichtete sich zudem - wie sein Bruder - zur Teilnahme an dem für August 1136 angesagten ltalienzug des Kaisersl'", Lothar restituierte ihm daraufhin die meisten der eingezogenen Güter (und Rechte ?), beschenkte ihn königlich und entließ ihn ehrenvoll. Mit seiner Indienstnahme als Bannerträger des kaiserlichen Heeres in Italien vollzog Konrad - anders als sein Bruder - eine bewußte neuerliche Annäherung an das Königtum. Sie förderte sein Ansehen bei den beteiligten Fürsten merklich und wirkte sich offenbar positiv aus auf seine Einschätzung als königsfähig durch Fürsten und zeitgenössische Chronisten, was zudem seine erstaunlich schnelle Durchsetzung nach seiner Wahl als König 1138 erklärtl'". Bereits wenige Monate nach dem Tod Kaiser Lothars am 4. Dezember 1137 erreichten die -Staufer- somit ein langfristig angestrebtes Ziel, als mit Konrad ein Mitglied der vierten Generation des Geschlechts den Königsthron bestieg. Mit der von Herzog Friedrich 11. initiierten, von zwei päpstlichen Legaten und wenigen Fürsten unterstützten Wahl in Koblenz+", am 7. März 1138, landeten die Stauferanhänger einen Überraschungscoup - oder »Staatstreich-P? (?) und schafften sie -langfristig gesehen - unverrückbare Fakten. Anders als der zum Nachfolger Lothars erkorene, für hochmütig erachtete >Welfe< Heinrich der Stolze hatten Konrad und Friedrich offensichtlich entsprechende Lehren aus dem Verlauf und Ausgang der Wahl von 1125 gezogen'". Als Konrad auf dem von zahlreichen Fürsten besuchten Pfingsthoftag in Bamberg, am 22. Mai 1138, die allgemeine Anerkennung fand, schien alles Weitere nur noch reine Formsache zu sein'!'. Doch der 1138 ausbrechende Konflikt und bis 1152 feh- 105 Annalista Saxo (wie Anm.45) ad a. 1134 u. 1135, S.769, Z. 13-20 u. Z.26-29; BöHMER/PETKE (wie Arun. 99), Nr. 417 u. 429. 106 BöHMER/PETKE(wie Anm. 99), Nr. 456 u. 494. 107 GERHARDLUBICH,Beobachtungen zur Wahl Konrads Ill. und ihrem Umfeld, in: Historisches Jahrbuch 117,1997, S. 311-339, bes. S. 314f. u. 323. 108 Annalista Saxo (wie Anm.45) ad a. 1138, 5.776, Z. 17-22; Otto von Freising, Chronica (wie Anm, 37) VII, 22, S. 343, Z. 16-26; Otto von Freising, Gesta (wie Arun. 17) I, 23, S. 166-168; Gesta Alberonis archiepiscopi auctore Balderico, MGH SS 8, 5.243-260, cap.15, 5.252, Z.12-18; Annales Magdeburgenses ad a. 1138, MGH SS 16, S. 186, Z. 34-37; SCHMIDT,Königswahl (wie Arun.96), 5.81--85; URSULAVONES-LrEBENSTEIN, Neue Aspekte zur Wahl Konrads Ill. (1138). Dietwin von Santa Rufina, Albero von Trier, Amold von Köln, in: Köln - Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, hg. von HANNA VOLLRATH/STEFAN WE[]\;FURTER, Köln 1993, 5.323-348; LUBICH,Beobachtungen (wie Anm. 107), passim; zuletzt ScHLICK,König (wie Anm. 88), S. 131-145. 109 So ENGE1.5,Staufer (wie Anm. 52), 5.33; ROLANDPAULER,War Konrads Ill. Wahl irregulär", in: Deutsches Archiv 52,1996, 5.135--159. 110 Bertholdi Chronicon (wie Anm.34) cap.3O, 5.234; Otto von Freising, Chronica (wie Anm.37) VII, 24, S. 347, Z. 16 - S. 348, Z. 17; 5cHL1CK,König (wie Anm. 88), S. 135. 111 Otto von Freising, Chronica (wie Anm.37) VII, 23, 5.344, Z. 15-19; ScHLICK, König (wie Arun. 88), S. 136f. 20 Hubertus Seibert lende Ausgleich mit den >Welfen,1l2 bildeten eine schwere Hypothek für Konrads Königtum und wurden geradezu zu einem charakteristischen Signum seiner Regierung. Die Forschung hat dies mit seiner offensichtlichen Unfähigkeit erklärt, seinen vornehmsten Aufgaben als König, der Sorge für Frieden und Gerechtigkeit, umfassend und kompetent gerecht zu werden und die gewaltigen Probleme der Reichsordnung zu lösen'P. Daß Konrad Ill. als einziger der hochmittelalterlichen römisch-deutschen Könige nie die Kaiserwürde errang und die Interessen des Reiches in Italien massiv vernachlässigte, scheinen das Bild eines glücklosen und schwachen Herrschers zu zeichnen, der allenfalls zum Wegbereiter seines glanzvollen und tatkräftigen Nachfolgers Friedrich Barbarossa taugte114• Aber ist Konrads Königtum nur am Maßstab von Erfolg und Mißerfolg zu messen? Lassen sich in Konrads Politik und königlichem Handeln keine Hinweise »für eine grundsätzlich andere Bewertung«115seiner Herrschaft finden? Eine neuere, umfassende Würdigung von Konrads Königtum und Politik, den Grundlagen, Mitteln und Trägem seiner Königsherrschaft, ihren Konzepten und ihrer Wirkungsweise ist seit dem Werk von Wilhelm Bemhardi von 1883116 ein dringendes Forschungsdesiderat. Neuere Forschungsübersichten und weiterführende Erkenntnisse liegen bereits für manche Einzelbereiche und -fragen wie Konrads Kirchenpolitik und sein Verhältnis zu den Bischöfen!'? vor. In Weiterführung und Korrektur des bisherigen Forschungsstandes vermag jetzt Knut Görich zu zeigen, welch erhebliche Anstrengungen Konrad zur Wahrung seines königlichen honor und zur Steigerung der herrscherliehen Autorität unternahm!". Eine bisher fehlende, genauere Untersuchung der herrscherIichen Entourage Konrads durch [an Keupp verdeutlicht, wie nachdrücklich sich 112 EGONBosHOF, Staufer und Welfen in der Regierungszeit Konrads Ill. Die ersten Welfenprozesse und die Opposition Welfs VI., in: Archiv für Kulturgeschichte 70, 1988, 5.313-341; GERD ALTHOFF,Konfliktverhalten und Rechtsbewußtsein in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Frühmittelalterliche Studien 26, 1992, 5.331-352; JA.'I PAULNIEDERKORN,Welf VI. und Konrad m, in: Die Welfen. Landesgeschichtliche Aspekte ihrer Herrschaft (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen 2), hg. von KARL-LUDWIGAY/ LORENZMAIER/JOACHIM JAHN t, Konstanz 1998, 5.135-150; zuletzt ScHNEIDMÜLLER,Welfen (wie Anm. 47), 5.173-188. 113 Zuletzt ALlHOFF, Konrad (wie Anm. 101), 5.222, und ScHNEIDMÜllER,Welfen (wie Anm.47), 5.188. 114 ENGELS,Staufer (wie Anm.52), S.47f. u. 53-55; DERS.,Konrad Ill., in: Lexikon für Theologie und Kirche 3. Auflage, Bd. 6,1997, Sp. 279f. 115 Skeptisch ALTHOFF,Konrad (wie Anm. 101), 5.231; erste wichtige Hinweise zu einer Neubewertung von Konrads Königtum bietet schon ScHLICK,König (wie Anm. 88), 5.142-164. 116 WILHELMBERNHARDI,Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad Ill. (Iahrbüchcr der Deutschen Geschichte), Leipzig 1883. 117 GERHARDDILCHER,Königliche Privilegienemeuerung und kirchliches Reformdenken bei Konrad IlL, in: Nit anders denn liebs und guets. Petershauser Kolloquium aus Anlaß des achtzigsten Geburtstags von Karl S. Bader, hg. von CLAUSDIETER 5cHorr/CLAUDIO SaLIVA,Sigmaringen 1986, 5.47-55; BERND5cHüTIE, König Konrad Ill. und der deutsche Reichsepiskopat (Studien zur Geschichtsforschung des Mittelalters 20), Hamburg 2004. 118 KNUTGöRlCH, Wahrung des honor. Ein Grundsatz im politischen Handeln König Konrads Ill., in diesem Band, S. 267-297. Die frühen -Staufer, 21 Valenz und Dignität einer zuverlässigen Anhängerschaft auf die eigenen Handlungs- und Erfolgschancen auswirktenl-", Die Wahl und rasche Durchsetzung ihres Verwandten Konrad als König konfrontierte die übrigen Familienmitglieder mit der Frage nach der künftigen Gestaltung ihres Verhältnisses zum Königtum. Verfolgten Konrad und seine Verwandten gemeinsame politische Ziele zum Wohl von König und Reich? Oder stellten sie ihr herrschaftliches Handeln auf der Königs- bzw. Herzogsebene vorrangig in den Dienst -staufischer Familieninteressen <120? Festzuhalten bleibt: Das Ordnungs- und Handlungsmuster KönigsnäheKönigsferne eignet sich in besonderer Weise zur Erfassung des Verhältnisses der frühen -Staufer- zum Königtum, das einern stetigen Wandel unterlag. In ihren Beziehungen zu König und Reich lassen sich bis 1152 drei verschiedene Phasen ausmachen. Die Bestellung des schwäbischen Grafen Friedrich zum neuen schwäbischen Herzog 1079 und dessen Konnubium mit der salischen Königstochter Agnes bildeten den Auftakt zu einer ersten Phase großer Nähe in dem auf Verwandtschaft, persönliche Treue und Reichsdienst gegründeten Verhältnis. Die Verwandtschaft mit der salischen Königsdynastie und die seit 1079 durch stetigen Einsatz für Königtum und Reich vielfach bezeugte Königsnähe der frühen -Staufer- erwiesen sich 1125 für Herzog Friedrich II. als entscheidender Wettbewerbsnachteil und bildeten - neben seinem persönlich anfechtbaren Verhalten - den politischen Ausschlußgrund für seine angestrebte Wahl zum König als erster Anwärter auf die Nachfolge im Reich. Die bis 1135/37 währende Phase ausgeprägter Königsferne der -Staufer- ist durch deren erfolglose Bemühungen um die Durchsetzung ihrer Ansprüche auf das Königtum und den daraus resultierenden Bürgerkrieg gekennzeichnet, der schließlich mit ihrer bedingungslosen Unterwerfung vor Kaiser Lothar Ill. endete. Mit der Wahl Konrads Ill. zum römisch-deutschen König 1138 erreichten die -Staufer- das vorrangige Ziel ihres konsequent betriebenen politischen Aufstiegs. Ihr Verhältnis zu Königtum und Reich erlangte damit eine neuartige, gesteigerte Qualität. Daß der König nunmehr der eigenen Familie entstammte, leitete nicht nur eine weitere Phase engster gegenseitiger Beziehungen ein, sondern stellte beide Seiten auch vor neue Bewährungsproben und Herausforderungen. Konrads III. Herrschaft und Politik im Reich würde künftig den Gradmesser dafür darstellen, ob sich königliche Ansprüche und -staufische FamiIieninteressen< miteinander vereinen ließen oder ob auf der Ebene von Herrschaftsbildung und Territorialausbau massive Interessengegensätze und Konflikte zwischen Konrad und seinen Verwandten drohten. Damit ist die zentrale Frage nach den Grundlagen und Zielen staufischen Herrschaftsund Territorialaufbaus vor 1152 aufgeworfen, die es im folgenden, letzten Abschnitt zu beantworten gilt. 119 KEUPP,Interaktion als Investition. Überlegungen zum Sozialkapital König Konrads III., in diesem Band, S. 299-321. 120 WEIt"lERHECHBERGER, Konrad Ill. - Königliche Politik und -staufische Familieninteressen.P, in diesem Band, S. 323-340. JAN 22 Hubertus Seibert Ill. Besitzgrundlagen und Herrschaftsaufbau Wie viele andere Adelsgeschlechter ihrer Zeit gründeten auch die frühen -Staufer- ihre materielle Existenz, ihren adligen Rang und ihre politische Macht sowohl auf Grund- und Lehensbesitz als auch auf herrschaftliche Instrumente wie auf vorn König verliehene Ämter, auf Burgen, Eigenkirchen, Klostergründungen und Vogteirechte sowie auf eine Gefolgschaft von Adligen und Ministerialen. Grund- und Forstbesitz bildeten das materielle Substrat einer jeden Adelsherrschaft und damit die wichtigste Voraussetzung für jegliche Form von Herrschaftsaufbau und Territorialausbau. Die Forschung hat den Besitzgrundlagen der -Staufer- seit jeher erhebliche Bedeutung beigemessen und zu deren Erfassung und Bewertung insbesondere die Lage und den Umfang des jeweiligen Besitzes, dessen Herkunft, Nutzung und Funktion untersucht. Eine kritische Bestandsaufnahme der ältesten -staufischen- Besitzungen vor 1152 wurde und wird durch die schlechte Überlieferungslage erschwert'?'. Die ältere Forschung hat dieses grundsätzliche Problem kaum thematisiert und sich vielfach damit beholfen, jüngere Befunde in die Zeit des späten 11. und frühen 12. Jahrhunderts zurückzuprojizieren 122. Die wichtigsten Besitzschwerpunkte der -Staufer- im Zeitraum bis 1138 befanden sich in Schwaben, im Elsaß und in Franken. Ihr anfänglich bescheidener Land- und Forstbesitz setzte sich aus Allod, salischem Erbgut und Reichs- bzw. Kirchenlehen zusammen. Ihre ältesten schwäbischen Besitzungen unbekannter Herkunft lagen im Norden des Herzogtums im Gebiet zwischen Fils, Rems und Welzheimer Wald und waren auf die frühen Herrschaftsmittelpunkte Lorch, den Hohenstaufen und (Schwäbisch) Gmünd ausgerichter'P. Weitere, namentlich nicht bekannte Güter im Rernstal fielen Herzog Friedrich I. nach 1079 offenbar als Mitgift seiner Frau Agnes, der Tochter König Heinrichs IV., aus salischem Haus- oder Reichsbesitz zum. Wann (vor 1101 ?) und wie (als Kirchenlehen oder über Vogteirechte?) die von Heinrich IV. 1080 und 1086 an das Domkapitel und die bischöfliche Kirche von Speyer übertragenen 121 Die beste Übersicht über die staufischen Besitzungen bietet FRANZXAVERVOLLMER,Besitz der Staufer (bis 1250) Beiwort zur Karte V,4, in: Historischer Atlas von Baden-Württemberg Erläuterungen VA, Stuttgart 1976, zur spärlichen Quellenbasis bis 1152 bes. S. 2 u. 12. 122 STÄLlN,Wirtembergische Geschichte (wie Anm. 8), S. 23~244; HEUERMANN,Hausmachtpolitik (wie Anm.l0), passim. Zur Vereinfachung der genealogisch-besitzgeschichtlichen Untersuchungsmethode kritisch HUBERTRuss, Die Edelfreien und Grafen von Truhendingen. Studien zur Geschichte eines Dynastengeschlechtes im fränkisch-schwäbisch-bayerischen Grenzraum vom frühen 12. bis frühen 15. Jahrhundert (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX/40), Neustadt/Aisch 1992, S. 13-18; jetzt GERHARDLUBICH,Territorien-, Klosterund Bistumspolitik in einer Gesellschaft im Wandel. Zur politischen Komponente des Herrschaftsaufbaus der Staufer vor 1138, in diesem Band, S. 179--211,hier S. 182. 123 HELMUTMAURER,Cöppingen, in: Die deutschen Königspfalzen (wie Anm. 3), 2. Lieferung, Göttingen 1993, S. 141-147, hier 5.145. 124 LORENZ,Waiblingen (wie Anm. 71), S. 117. Die frühe1l -Staufer, 23 salischen Hausgüter Waiblingen und Winterbach im unteren Remstal in -staufisehen- Besitz übergingen, berichtet keine zeitnahe Quelle125• Im mittleren Neckartal und im östlichen Schwaben faßten die -Staufer- besitzmäßig und herrschaftlich noch im ausgehenden 11. Jahrhundert Fuß. In Esslingen standen die Kirche und weitere Güter in ihrem Besitz126; im herzoglichen Vorort VIm geboten sie spätestens seit 1098 über die dortigen Reichsrechte-". Die besondere Bedeutung und politische Funktion der ältesten schwäbischen Stammgüter der -Staufer- basierte auf ihrer Lage an wichtigen Verkehrswegen, an der Straße von Oberschwaben über Ulm durch das Filstal nach Speyer und an der West-Ost-Route vom Rhein durch das Remstal zur Donau über Gmünd und Närdlingen nach Donauwörth-". Die elsässischen Besitzgrundlagen der frühen -Staufer- überragten die schwäbischen nachweislich an Alter wie Umfang. Dies evoziert die bislang von der Forschung kaum gestellte Frage, ob die Ursprünge dieser Familie vielmehr im elsässischen Raum lagen und sie daher als »elsässisches Adelsgeschlecht« anzusprechen sei129. Die um oder kurz vor 1050 geschlossene Ehe von Herzog Friedrichs gleichnamigem Vater mit Hildegard von Egisheim (Schlettstadt) verband seine Familie nicht nur verwandtschaftlich mit einem der mächtigsten und angesehensten Adelsgeschlechter im Südwesten des Reichesl'", sie bescherte ihr auch eine reiche Mitgift an Gütern und Rechtstiteln. Dazu zählte vor allem ein großer Besitzkomplex um den einstigen karolingischen Pfalzort schlettstadt'". Friedrich (von -Büren-) verfügte in diesem Gebiet zudem über weitere, von ihm selbst erworbene Güter wie das Allod in der marcha Wittisheim132, das seine Frau und Kinder vor 1094 an ihre Kirchengründung St. Fides in Schlettstadt schenkten. 125 MGH DD H IV. 325 (1080, Okt. 14) u. 380 (1086, Jan. 12); in seiner Besitzbestätigung für das Domkapitel von Speyer von 1101, Apr. 10, D H IV. 466, wird Winterbach nicht mehr erwähnt; CASPAREHLERS,Metropolis Germaniae. Studien zur Bedeutung Speyers für das Königtum (751-1250) (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 125), Göttingen 1996, S. 169-171 u. 197f.; LoRE,,\/Z,Waiblingen (wie Anm. 71), S. 113 u. 116f.; LUBICH,Territorienpolitik (wie Anm. 122), S. 187 erwägt, ob Waiblingen erst 1138 an die -Staufer- fiel. 126 HELMUT MAURER, Esslingen, in: Die deutschen Königspfalzen (wie Anm. 3), 1. Lieferung, Göttingen 1988, S. 95-112, u. 2. Lieferung, Göttingen 1993, S. 113-118, hier S. 112. 127 IMMO EBERL,Siedlung und Pfalz Ulm. Von der Gründung in der Merowingerzeit bis zur Zerstörung im Jahre 1134, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 41, 1982, S. 431-457, bes. S. 454f. u. 457. 128 SCHREINER,Staufer (wie Anm. 69), S. 8; LORENZ,Waiblingen (wie Anm. 71), S. 114. 129 Dazu jetzt DAI\.1ELZIEMA.."N,Die Staufer - Ein elsässisches Adelsgeschlecht?, in diesem Band, S.99-133. 130 Grundlegend HLAWITSCHKA, Grundlagen (wie Anm. 26), S. 31-102, bes. S. 51-57 u. 62; THOMAS SEILER,Die frühstaufische Territorialpolitik im Elsaß, Hamburg 1995, S.48f., 59 u. 95; FRANK LEGL, Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim (Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und Volksforschung 31), Saarbrücken 1998, S. 52, 58f. u. 474f. 131 HLAWITSCHKA,Grundlagen (wie Anm.26), S.38 u. 44-47; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 59--62u. 95. 132 WÜRDlWEIN,Nova subsidia (wie Anm. 26), Nr. 110, S. 258f., hier S. 258: ... iradidimus (se, Bischof Otto von Straßburg) allodium Ullum, quod in Withenesheim marclza hereditario paierne acquisitionis jure possedimus; HLAWITSCHKA, Grundlagen (wie Anm. 26), S. 37 u. 43. 24 Hubertus Seibert . es ein _ Seinem Sohn, Herzog Friedrich I., gelang nach 1?79 dile IAusbildung ß Zur umf~gl zweiten >staufischen, Besitzschwerpunktes im nördlichen ~ sa . eh ein DrItte reichen Mitgift seiner salischen Gemahlin gehörte vermutliC~tUdie Salier u~d des ausgedehnten Heiligen Forstes, über dessen weitere Ante~ e rfüg die ten die Grafen von Mömpelgard-Lützelburg gebotenlP. Damit v~ Landl<o.rn>Staufer, über einen ertragreichen und ausbaufähigen Wald- :~errschafthCh plex, den sie in der Folgezeit siedlungsmäßig e~schlossen un d 1125134, schuf durchdrangen. Mit der Gründung Hagenaus. ZWischen 1115 u.n staufische~ Her~og .Fri~drich 1.1. den z~ntralen Mitt~lpunkt der ~xpansl~;;erb des sahTerntonalblldung rm nördlichen Elsaß, die - nach erblichem dem Kloster schen Anteils 1125 und der gewaltsamen Aneignung des letzten, terben der S W lb . . Is nac.h dem Auss t. a urg testamentansch zustehenden Dntte 0 das gesarnte Grafen von Lützelburg im Mannesstamm (t 1143) _ seit ca. 115 Gebiet des Heiligen Forstes umfaßtem. . königlichen Von ihren Positionen im Elsaß griffen die frühen >Staufer' im gspun1<te Auftrag anscheinend noch vor 1100 nach Rheinfranken aus. Als Au~gru; Weißenihrer136 Herrschaftsausübung in diesem Raum dienten ihnen die ~öste rll'ehenen burg und Limburg an der HaardtlV, wo die ihnen vom K'on 19 veive besitzReichsiehen und Vogteien die rechtliche Grundlage für ihre sukzessl bildeten. mäßige und herrschaftliche Verankerung im Speyer- und Worms~~u en linkS Unter Heinrich V. bauten die -Staufer. ihre fränkischen BesitzpOSltlO~genö55ides Rheins offenbar Zielstrebig aus - ein Prozeß, der sich mangels zel sie arben sc~er <?uellen kaum rekonstruieren läßt. Bis 1125 erta~scht~n od~r (~olande~)f ~uter I~ Annweile~, am Fuß der Reichsburg T~els, m ~rchhelffiittelrhein In Im Gebiet von KaIserslautern und Münsterdreisen sowie am M 133 134 135 136 . 'alpohtt"k (wie HLAWITSCHKA, Grundlagen (wie Anrn.26), S.63f., 77 u. 82; SEILER, Ternton Anrn. 130), S. 49f. u. 59. .' Ha<,iel1ovve, a MGH D F I. 447 (1164, Juni 15) für Hagenau, hier 5.346, Z. 30--32: ill villa, qu~ dl~lt;;LAWrrscI.II(A: nostro quondam patre duce Friderico sub Henrico Romanorum imperaiore fundata, 30) 5.12 -124, 1 Grundlagen (wie Anrn.26), S.78-82; SEILER, Territorialpolitik (wie Anrn. 1 rfutdUng am en BERNHARD METZ, Hagenau als staufische Stadtgründung, in: ~t~ufische Stadtg ), Sigmaringen Oberrhem, hg. von EUGEN REL\iHARD/PEnR R(;CKERT (Oberrheinische Studien 15 1998, S. 214--234, bes. S. 214 u. 217. SEILER,Territorialpolitik (wie Anrn. 130), S. 125 u. 140-143. . ei erstmals als Im Vogteiweistum MGH D H IV. 473 (1102, Febr. 11), S. 643, Z. 2lf. wird ~l~ vogt' Anm. ), 130 e dien zur Ge(Reichs-)Lehen Herzog Friedrichs I. bezeichnet; SEILER, Territorialpolirik [wi S. 37-39; HAN5-JOSEF KREY, Bischöfliche Herrschaft im Schatten des Königtum~: Hochschulschichte des Bistums Speyer in spätsalischer und frühstaufischer Zeit (Europalsc e tei Studien schriften Ill, 703), Frankfurt/Main 1996, S. 8f.; zuletzt MARTIN CLAUSS, Die Unterv0!chlch des te zur Stellvertretung in der Kirchenvogtei im Rahmen der deutschen Verfassungsg . f 11. und 1~. Jahrhu~derts (Bonner ~storische Forschungen 61), Siegburg 2002, S. :f~ch als mihKloster Llmburg diente Herzog Fnedrich 11. in den Jahren 1116 und 112~ (?) me T '1 I Bistum tärischer Stützpunkt, BöHMERiPETKE (wie Anm.99), Nr.52 u. 54; Palatia Sacra ~h1 bea . rb Speyer. Der Archidiakonat des Dompropstes von Speyer, Bd. 5: Der Landde~n~ e~chichte von RENATE ENGELS (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirc eng chung en 61.~~, M~nz 1992, 5.123f.; WALTER ScHENK, Kloster Limburg an der Haardt. u~;rs~orschung zu Uberheferung und Geschichte (Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschi ts B 2), Neustadt/Weinstraße 2002, S.278. s~ 137 Die frühen .Staufer- 25 Boppard •. on im Kaund f Bin g e n 138 . Heinrich V. übertrug ihnen zur Stärkung ihrer Positiwie Oppe~. geg~n Er~bischof Adalbert 1. von Mainz wichtige Reichslehen 139 Die >stau;'lm, Nierstein und Alzey nebst Pertinenzien . 1100 zurüCkl~chen( Besit~grundlagen in Ostfranken reichen bis in die Zeit um Schweinfurt .bNeben ~lrchenlehen des Bischofs von Würzburg im Raum Hopferstedt 141 :saßen sie vor 1125 einzelne Güter unbekannter Herkunft in bronn H . (b~1 Ochsenfurt) und nördlich der späteren Zisterze Maul142 rad, di~ v~\7r~c~s V. Verleihung der ostfränkischen Herzogswürde an KonRothenburg \ le~~ t die na~h dem Aussterben der Grafen von ComburgWeitere, nicht be an das Rel~h zurückgefallene Grafschaft im143Kochergau und entscheidend kannte Besitz- und Rechtstitel miteinschloß , bildete eine Besitzschwe e Voraussetzung für die Ausbildung eines ersten ostfränkischen Comburg) rp~nktes der -Staufer- im Gebiet zwischen Kocher (um Kloster fränkischenu~ !auber (um Rothenburg)144. Die Anfänge eines zweiten ostmöglicherw . esitzschwerpunktes mit Weißenburg im Gau Sualafeld gehen 145 Nach dieelse n~ch in die spätsalische Zeit zurück . der frühen Ssern Uberblick über die ältesten salierzeitlichen Besitzgrundlagen a bschließe >d taufer < m . d en d rer. Kemräumen Schwaben, Elsaß und Franken ISt . Anfall des~ l~ach möglichen Veränderungen bis zum Jahre 1138 durch den Zu fragen. a Ischen Erbes und den jahrelangen Konflikt mit König Lothar III. . Schon kurz n a.ch d em Tod Kaiser .. Hemnchs . .. eingesetzt V. ergnffen seme aslEb r en Zeitgeno en staufIschen Neffen Besitz vom gesamten Saliererbe, das sich den sa.lschern I. ssen als. ein s~hiier undurchdringliches Konglomerat von Re~c . h s- un d Farn. Fnedrkh 11 ilienbesitz darstellte!". Daß sie dieses unter sich auftedten und m plexe rechat e staufIschen Hausgüter links des Rheins, Konrad die Besitzko s des Rh . h d bi h . :cc-------- __ ems verwaltete, läßt sich entgegen der Ansic t er "en138 Verfassun El MAR WADl E, Reichsgut . 1969, S. 64fsg~schi<;hte des und Königsherrschaft unter Lothar Ill. (1125-1137). Ein Beitrag zur 12. Jahrhunderts (Schriften zur Verfassungsgeschichte 12), Berlin 139 Z~ Oppenheim . nut weite r führ en d en Hinweisen. . . ." 1 ~ttelrheinischenVOlKER RODE~, Oppenheim als Burg und Stadt des ReiChs, m: Beitrage zur hier S. 61' Landesgeschichte (Geschichtliche Landeskunde 21), Stuttgart 1980, S.60-8 , in: 1750 J~ Alzey HANS WERLE, König, Grafen und Dynasten im hochmittelalterl~chen Alzey, BARMANNIK~ Alzey. Festschrift hg. von FRIEDRICH KARL BECKERin Verbindung mit JOHANNES HOFF, Bur u RT BöHNER!HEINRICH STEITZ, Alzey 1973, S.82-94, hier S.90--92; STEFAN G~.T140 ter 32, 200~ Snd Schloss Alzey. Residenz der Pfalzgrafen bei Rhein, in: Alzeyer GeschichtsblattUBI ,. 29-72. 141 U Weg (w' Arun rkundenbuch le .46), S. 133-135. JOSEPH BENDEL der Benediktiner-Abtei St. Stephan in Würzburg, Bd. I, bearb. von ..FRA~~ chungen der ,neubearbeitet von FRANZ HElDINGSFELDERund MAX KAUFMANN (V~roffen 142 Weg (Wie Anm Gesellschaft für fränkische Geschichte Ill/l), Leipzig 1912, Nr.30, S. 41£., LUBICH, CH, 143 WADlE R 'chs' 46), S. Bt. 144 t~:CH: S:itz Fw:e(~~). ;~~?·A~Anm. 52 u. S. 66. 145 W CH, Weg ( . ., .~ . . ADLE, ReichswIe Arun. 46), S. 173-175, 217f. u. 221-226. 14(, Elchstätt im Su gut (wie Anm. 138), S. 91; zum frühen WADlE, Reichs alafeld?au vg!. LUBICH, Weg (wie gut (wie Anm. 138), S. 48-55. Interesse Herzog Anm·46), S. 134. .' Fnednchs I. am Ra um 26 Hubertus Seibert gen Forschung quellenmäßig nicht belegen!". Die Weigerung Herzog Friedrichs 11.das Reichsgut herauszugeben, wie es d~~ Spruch der in Regensburg versammelten Fürsten gebotl.J8, führte zu seiner Achtung und löste einen jahrelangen Bürgerkrieg um den von ihm und seinem Bruder Konrad usurpierten Reichsbesitz wie Speyer, Alzey, Nürnberg oder VIm ausH9• Auf das - queIIenmäßig kaum näher lokalisierbare - salische Hausgut erhob Lothar III. dagegen keinen Anspruchl'", Dieses konzentrierte sich vor allem im Elsaß, in Rhein- und Ostfranken, während das wenige in Schwaben verbliebene Hausgut schon vor 1125 an die -Staufer- gefallen warlSI. Den größten Zugewinn aus dem salischen Erbe erzielten diese im nördlichen Elsaß mit dem Erwerb des zweiten Drittels des Heiligen Forstes'F. In Rhein- und Ostfranken fielen mehrere unterschiedlich große Saliergüter an sie, so in den Räumen Weißenburg und Kaiserslautern'<' sowie vielleicht im Gebiet um Schweinfurt'>'. Gelang es Friedrich 11.und Konrad in der Folgezeit, das salische Hausgut bis auf zeitweilige Verluste im Elsaß und Ostfranken (Grafschaft im KochergauIsS) weitgehend zu behaupten, so verloren sie aber fast das gesamte okkupierte Reichsgut, insbesondere den Nürnberger Komplex und die rheinfränkischen Positionen im Raum Speyer, an Lothar IIJ.156 Diese Verluste wurden seit 1138 mehr als wettgemacht, als mit dem Aufstieg Konrads Ill. zum Königtum eine neue überaus expansive Phase in der staufischen Territorienbildung und Königslandpolitik einsetztet". 147 Anders LORENZ,Waiblingen (wie Anm. 71), S. 117; HANSMARTINSCHWARZMAlER, Pater imperatoris. Herzog Friedrich 11. von Schwaben, der gescheiterte König, in: Mediaevalia Augiensia (wie Anm.63), S.247-284, 5.254, 261 u. 273. HEUERMANN,Hausmachtpolitik (wie Anm. 10), S.47f., und LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. ISH. datieren die Aufteilung des Besitzes zwischen den Brüdern schon auf die Zeit nach dem Tode Herzog Friedrichs I. 1105. 148 Zum sogenannten Regensburger Fürstenweistum vom Nov. 1125 BöHMER/PETKE (wie Anm. 99), Nr. 101; WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), S. 51-56u. 100-123. 149 AnnaIista Saxo (wie Anm.45) ad a. 1127, 5.765, Z.27-31; Otto von Freising, Gesta (wie Anm.I7) I, 17-18, S. 158-160; WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), 5.52, 6()..{j2u. 78-85; KREY, Herrschaft (wie Anm. 136), S.46-49; EBERL,Siedlung (wie Anm.127), S.455f.; zuletzt zusammenfassend OLNERHERMANN,Lothar ill. und sein Wirkungsbereich. Räumliche Bezüge königlichen HandeIns im hochmittelalterlichen Reich (1125-1137) (Europa in der Geschichte 5), Bochum 2000, S. 107, 109, 113-115, 118f., 125, 138,250-253,263,270,274-276 u. 296. 150 WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), S. 53 mit Anm. 23. 151 WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), S. 93-%. 152 SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 125. 153 VOLKERRÖDEL,Der Lauterer Reichsgutkomplex. Eine Zwischenbilanz. in: Deutsche Königspfalzen 4, Göttingen 19%, S. 409-445, hier S. 412, 416 u. 420. 154 WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), S. 89f. mit Arun. 56. 155 LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 218. 156 Atois SCHMID,Vom fundus Nuorenberg zur civitas Numnberch. Die Anfänge der Stadt Nürnberg in der Zeit der Salier und Staufer, in: Nürnberg. Eine europäische Stadt in Mittelalter und Neuzeit, hg. von HELMUfNEUHAUS,Nümberg 2000, S. 3-21, hier S. 10f.; LUBICH,Weg (wie Anm.46), 5.217; WADLE,Reichsgut (wie Anm.I38), 5.78-80 u. 84f.; KREY,Herrschaft (wie Anm. 136), 5.46-49; zur Zerstörung und zum Verlust Ulms 1134 EBERL,Siedlung (wie Anm. 127), S. 455f. 157 Dazu im einzelnen für Ostfranken LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 221-226; für das Elsaß SEILER, Territorialpolitik (wie Anm.130), 5.176-1% u. 245-266; ferner ALFONSScHÄFER,Staufische Die frühen .Staufer. 27 Neben umfangreichen Besitzkomplexen gründeten die frühen -Staufer- ihre Stellung und ihren Territorialaufbau auf wichtige herrschaftliche Bausteine: auf vom König verliehene Ämter, auf Burgen, Eigenkirchen, Klostergründungen und Vogteirechte sowie auf ein Gefolge von Adligen und Ministerialenl'", Rangmäßig begegnen uns die ersten -Staufer- zunächst als Inhaber eines offenbar vom König verliehenen Grafen- und Herzogsamtes. Als einzige Quelle des 11. Jahrhunderts spricht Berthold von Reichenau Friedrich bei dessen erster Erwähnung im Jahre 1079 als Grafen an159, ohne die Lage oder den Ursprung von Friedrichs Grafschaft mitzuteilen. Die bisherige Forschung hat die Grafschaft Friedrichs unter Verweis auf den ältesten Besitzschwerpunkt seines Geschlechts im Raum zwischen Fils und Rems im ostschwäbischen Riesgau lokalisiert160• Einen gesicherten Quellenbeleg ist sie dafür - wie für die zeitweilige Ausübung des schwäbischen Pfalzgrafenamtes durch Friedrichs Vater - aber bis heute schuldig geblieben'?'. Dieser Befund entspricht auffallend der -staufisehen- Selbstdarstellung der rangmäßigen Stellung ihrer Vorfahren, wie sie Wibalds -Tabula consanguinitatis- dokumentiert. In Wibalds Genealogie sind die Friedriche der ersten beiden Generationen durch keine Amtsbezeichnung deflniert'F, Quellenmäßig gesicherteren Boden betreten wir bei den -staufischen- Grafschaftsrechten im Kochergau. In seinem Schutzprivileg für Kloster Comburg vom August 1138 betonte Konrad IlL, daß er selbst die Grafschaft im Kochergau vor seiner Erhebung zum König besessen habe163• Der genaue Zeitpunkt und die Umstände ihres Erwerbs sind in der Forschung bis heute strittig. Kaiser Heinrich V. hatte die nach dem Aussterben der Grafen von ComburgRothenburg im Mannesstamm 1116 ledigen Grafschaftsrechte im Kochergau offenbar an sich gezogen und sie seinem Neffen Konrad vielleicht noch im Reichslandpolitik und hochadlige Herrschaftsbildung schwarzwald vom 11.-13. Jahrhundert, in: Zeitschrift 1969, S. 179-244. 158 159 160 161 162 163 im Uff- und Pfinzgau und im Nordwestfür die Geschichte des Oberrheins 117, Zur politischen Komponente des Herrschaftsaufbaus der frühen -Staufer- jetzt LUBICH, Territorialpolitik (wie Anm. 122), S. 184. Bertholdi Chronicon (wie Anm. 30) ad a. 1079, S. 357, Z. 16f.; vg!. auch oben S. 6. HANSMARTIN DECKER-HAUFF, Das Staufische Haus, in: Die Zeit der Staufer (wie Anm.8) III, S.339-374, hier S. 342f.; HEINZ BÜHLER, Geschichte der frühen Staufer (wie Anm. 11), S.449f., 457-463 u. 467; DERS., Die frühen Staufer im Ries, in: Früh- und hochmittelalterlicher Adel in Schwaben und Bayern, hg. von IMMO EBERL/WOLFGANG HARTUNG/JOACHIM JAHN (Regio. Forschungen zur schwäbischen Regionalgeschichte 1), Sigmaringendorf 1988, S. 270-294, hier zit. nach DERS., Adel (wie Anm.Il), S.899-923, bes. 5.901-903; MAURER, Göppingen (wie Anm. 123), S. 145; LORENZ, Waiblingen (wie Anm. 71), S. 115; vg!. jetzt auch die Kritik an den Thesen von BÜHLER und DECKER-HAUFF von WELLER, Heiratspolitik (wie Anm. 30), S. 11f., 15f. u.196-211. Zuletzt Zmz, Ottonenzeit (wie Anm. 73), S. 429 u. 475; schon HEUERMANN, Hausmachtpolitik (wie Anm. 10), S. 17 bestritt, »daß die Staufer .. vor Friedrich, dem späteren Herzog, ein Grafenamt .. ausgeübt« hätten; SCHWARZMAlER, Heimat (wie Anm. 8), S. 18 bezweifelte, »ob Friedrich von Büren Graf oder, ... r schwäbischer Pfalzgraf gewesen ist«. Wibaldi Epistolae (wie Anm. 5), S. 547; vg!. oben S. 10. MGH 0 Ko Ill. 14, S. 23, Z. 37£. 28 Hubertus Seibert gleichen Jahr (als Substrat von Konrads ostfränkischem Dukat ?1b-!) oder spätestens bei seinem Ausgleich mit dem Bischof von Würzburg im Mai 1120165 als Amtslehen verliehen. Konrad scheint diese wichtigste Machtgrundlage der -Staufer- im südlichen Ostfranken bis zu ihrem Verlust im Rahmen des Ausgleichs mit Lothar Ill. 1135 behauptet zu habenl'". Ungeachtet ihrer künftigen Crafschaftserwerbungenl'" war und blieb das vom König verliehene Amt des Herzogs der wichtigste Herrschaftstitel der frühen -Staufer- bis 1138. Die bezeichnenderweise außerhalb Schwabens in Regensburg Ende März 1079 vollzogene Erhebung Friedrichs zum schwäbischen Herzog bedeutete für ihn und seine Familie eine deutliche Rangerhöhung und potentiellen Machtzuwachs, stellte ihn faktisch aber vor kaum lösbare Probleme. Der oppositionelle schwäbische Adel reagierte auf die Entscheidung Heinrichs IV. sogleich mit der Wahl Bertholds von Rheinfeiden, König Rudolfs Sohn, zum neuen schwäbischen Herzog im einstigen königlichen Pfalzort Ulm168. Damit standen sich seit Mai 1079 zwei Herzöge in Schwaben gegenüber, die mit kriegerischen und politischen Mitteln um ihre Anerkennung und die Durchsetzung ihrer herzoglichen Gewalt fochten. Die schwäbische Adelsopposition um Berthold von Rheinfeiden und seinen Schwager und Nachfolger im Herzogtum seit Mai 1092, Bertold 11. von Zähringen, behielt militärisch lange Zeit die Oberhand in Innerschwaben, während Friedrich nur den Norden Schwabens bis zur Donaulinie kontrolIiertel'", Diese politische Patt-Situation beendete 1098 schließlich der von Heinrich IV. initiierte Komprorniß, der den stetigen Zerfall der alten Herrschaftsordnung in der provincia Schwaben massiv beschleunigte. Die neue Ordnung von 1098 sanktionierte die Aufspaltung Schwabens in die beiden autogenen Herzogsherrschaften der -Zähringer- - im Westen und Süden mit Zürich als Mittelpunkt - und der -Staufer- - im Norden und Osten mit dem neuen herzoglichen Vorort Ulm170• Langfristig gesehen verfestigte und verstärkte die für heide Seiten »defizitäre Schwabenlösung«!" von 1098 die politische und territoriale Rivalität der -Zähringer- und -Staufer-, die sich nachhaltig auf die weitere Entwicklung des Südwestens des Reiches im 12. Jahrhundert auswirktel'", Die -Staufer- gingen in der Folgezeit verstärkt daran, ihr herzogliches Amt mit konkreten Rechtstiteln und herrschaftlichen Befugnissen auszufüllen und 164 165 166 167 168 169 170 171 172 LUBICH, Besitz (wie Anm.46), S.405 u. 410 Anm.35 unter Zurückweisung gegenteiliger Forschungspositionen. LUBICH, Weg (wie Anm. 46), S. 187f. LUBICH, Weg (wie Anm. 46), S. 218; DERS.,Besitz (wie Anm. 46), S. 412. LUBICH, Weg (wie Anm. 46), S. 133f. PARLOW, Zähringer (wie Anm. 29), Nr. %, S. 67 mit weiterführenden Hinweisen. PARLOW, Zähringer (wie Anm. 29), Nr. 120,129 u. 136;THoMASZarz, Der südwestdeutsche Adel und seine Opposition gegen Heinrich rv., in: Welf rv. (wie Anm. 77), S. 339-359, hier S. 354-357. PARLOW, Zähringer (wie Anm. 29), Nr.152; THOMASZorz, Die frühen Staufer, Breisach und das Zähringerland, in: Ein gefüllter Willkomm. Festschrift für Knut Schulz zum 65. Geburtstag, hg. von FRANZJ. FELTEN/STEPHANIE IRRGANGIKURT WESOLY,Aachen 2002, S. 53-72, bes. S. 53-55. zorz, Staufer (wie Anm. 170), S. 55. Dazu jetzt KRIEG, Adel (wie Anm.53), in diesem Band, S.93-97; ferner ALFONSZETTLER,Geschichte des Herzogtums Schwaben, Stuttgart 2003, S. 184-194. Die frühen -Staufer. 29 ihre Amtsherrschaft territorial dauerhaft in Schwaben zu verankern. Ein erster Teilerfolg gelang ihnen bereits 1105 artläßlich des Todes Herzog Friedrichs I. Die von Heinrich V. umgehend vollzogene Belehnung von dessen ältestem Sohn Friedrich 11.mit Schwaben'P sicherte ihnen nicht nur die direkte Nachfolge im herzoglichen Amt, sondern band dieses damit dauerhaft an die Familie der -Staufer-. Friedrich H. hat den an das herzogliche Amt geknüpften Vorrechten und Befugnissen, die während des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in Schwaben großen Schaden genommen hatten, in seiner über vierzigjährigen Amtszeit neuerlich und mit großem Nachdruck Geltung verschafft. Wie die Herzöge des 10./11. Jahrhunderts führte er das schwäbische Stammesaufgebot militärisch an; von den schwäbischen Grafen forderte er die lehnsrechtlieh begründete Heeresfolge ein174. Auf den von ihm einberufenen, von zahlreichen Adligen und Freien besuchten Landtagen (Dim 1112, Rottenacker 1114 und auf der bis heute nicht lokalisierbaren Dingstätte Königsstuhl ca. 1140) und Fürstenversammlungen (Dim 1128, Rottenacker 1116) brachte Friedrich seine Amtsherrschaft auf unterschiedliche Weise zur Anerkennung''". Gemeinsam mit den Großen Schwabens trug er wie schon sein Vater 1104 Sorge für die Wahrung des Landfriedens; klösterlichen Boten gewährte er Schutzgeleit in Ausübung seines herzoglichen Celeitsrechtsl": Auf diese und andere Weise verschaffte er seiner Herzogsherrschaft auch räumliche Wirkung und förderte er zugleich massiv insbesondere in Nord- und Ostschwaben sowie im angrenzenden fränkischen Gebiet (Sualafeldgau) - die Ausbildung eines -staufischen. Territoriums, das deutlich über die alte schwäbisch-fränkische Provinzgrenze hinausgriff!". Diese überragende Machtfülle Friedrichs 11. scheint sich auch in seiner neuen, erweiterten Titulatur dux Suueuorum et Alsaci« zu spiegeln, die ihm 1140 erstmals die Königskanzlei in einem Originaldiplom beilegte178 und die 173 Anonyme Kaiserchronik (wie Anm. 81) ad a. 1105, S. 236, Z. 23-25. 174 HELMUTMAURER,Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufiseher Zeit, Sigmaringen 1978, S. 230, 239 u. 252. 175 Zu den Landtagen in Ulm und Rottenacker Notitiae fundationis et traditionum monasterii s. Georgii in nigra silva, ed. OSWALDHOLDER-EcCER,MGH SS 15/2, S. 1005-1023, hier cap. 46, 5.1014, Z. 9-12 u. cap. 47, S. 1014, Z. 13-18; MAURER,Herzog (wie Anm. 174), S.99f., 113f., 228 u.236-243. 176 MAURER,Herzog (wie Anm. 174), S. 228, 231f. u. 253. 177 MAURER,Herzog (wie Anm. 174), S.231f., 235, 254 u. 271. Ein Reflex dieses interterritorialen Herrschaftsaufbaus weist offenbar die Herzog Friedrich 1. beigelegte Titulatur, Fridericus ... Suetorum dux et Franeorum, in dessen um die Mitte des 12. Jahrhunderts nach einer zeitnahen Vorlage gefälschten Schenkungsurkunde für Kloster Lorch von 1102 auf, ed. Wirtembergisches Urkundenbuch, Bd. I, Stuttgart 1849, Nr.264, S.334; zur Entstehung um 1150 PETERWEISS,Die Anfänge der besiegelten »Privat--Urkunde im hochmittelalterlichen Schwaben, in: Herrschaft und Legitimation: Hochmittelalterlicher Adel in Südwestdeutschland. hg. von SäNKE LORENZ/ STEPHANMOLITOR(Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 36), Leinfelden-Echterdingen 2002, S. 155-169, hier S. 165f. 178 MGH D Ko Ill. 40, S. 66, Z. 26. Bereits die Urkunde Graf Hermanns von Stahleck für Kloster Lorch legt dessen Schwager Friedrich II. den Titel eines Herzogs von Schwaben und Elsaß zu, ed. Wirtembergisches Urkundenbuch, Bd. III, Stuttgart 1871, Nachtrag Nr. 6, S.466, die HANSMARTINMAURER,Zu den Anfängen Lorchs als staufisches Hauskloster, in: 900 Jahre Kloster Lorch. Eine staufisehe Gründung vom Aufbruch zur Reform, hg. von FEUXHEINZER/ROBERT 30 Hubertus Seibert er selbst 1142 in seiner einzigen erhaltenen, echten Herzogsurkunde führtel79. Friedrichs elsässischer Herzogstitel (dux Alsaciae) allein begegnet erstmals in den Jahren 1117 und 1126 in zeitgenössischen Chronikenl'" und seit 1139 in Diplomen König Konrads III.181 Aber in allen Fällen handelt es sich um eine Fremdbezeichnung; Friedrich selbst hat sich den Titel eines dux Alsaciae bis auf die eine erwähnte Ausnahme niemals zugelegt. Dieser eindeutige Quellenbefund liefert auch den Schlüssel zu dessen Deutung. Diese Bezeichnung signalisiert keineswegs den Anspruch auf einen eigenen elsässischen Dukat182, sondern trug in den Augen der Zeitgenossen nur der Eigenständigkeit und Bedeutung der auf Eigenbesitz und Lehen gegründeten -staufischen, Herrschaftsbildung im Elsaß Rechnung+". Wiederum anders ist der Fall eines dritten für die frühen -Staufer- reklamierten Herzogstitels'Y gelagert. Kurz bevor Kaiser Heinrich V. seinen zweiten Italienzug antrat, berief er Pfalzgraf Gottfried von Calw und seine staufisehen Neffen Friedrich und Konrad im Januar 1116 zu Reichsverwesern für die Zeit seiner Abwesenheit'P. Konrads Stellvertreterschaft im Reich stand in direktem Zusammenhang mit der kaiserlicher Übertragung des ostfränkischen Dukats an ihnl86. Die gegen den Bischof von Würzburg und seine Territorialpolitik gerichtete Entscheidung hatte aber nur wenige Jahre Bestand'F, Nach ihrer Aussöhnung restituierte Heinrich V. Bischof Erlung von Würzburg die bislang in Konrads Herzogtum inkorporierte dignitas iudiciaria, die ihm und seinen Nachfolgern zwar keinen ducatus verlieh, aber die Möglichkeit ein- 179 180 181 182 183 184 185 186 187 KRETZ5CHMAR/PETER RÜCKERT,Stuttgart 2004,5.1-28, hier 5. 9 nunmehr auf den 1. April 1135 (statt Ende März 1138) datiert. Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 178) Ill, Nachtrag Nr. 8, 5.469; zum verbesserten Datum (statt 1143) Rappoltsteinisches Urkundenbuch 759-1500, Bd. I, hg. von KARLALBRECHT, Colmar 1891, Nr. 10, 5.9; ferner KIENAST,Herzogstitel (wie Anm. 62), S. 370 u. 415, Nr. 6. Annalista Saxo (wie Anm.45) ad a. 1117,5.754, Z.43, ad a. 1126, 5.763, Z.14, u. ad a. 1128, 5.765, Z.41; Armales Hildesheimenses (wie Anm.80) ad a. 1126, 5.66; Annalium s. Aegidii Brunsvicensium Excerpta ad a. 1134, ed. i...ornAR VON HEINEMANN,MGH 55 30/1, S. 13, Z. 25f.; JEAN-YVESMARIOTTE,Les Staufen en Alsace au XIIe siede d'apres leurs diplörnes, in: Revue d' Alsace 119,1993, S. 43-74, hier S. 49 Anm. 18. MGH DD Ko III. 36, 5.59, Z. 35; 37, S. 61, Z. 3, und öfter. Die Angabe eines ersten urkundlichen Belegs für dasjahr 1119 bei SCHREINER,Staufer (wie Anm. 69), 5. 9, und ihm folgend ScHwARZMAlER,Pater (wie Anm. 147),5.261, beruht offenbar auf einem Druckfehler (statt 1139). 50 SCHREINER,Staufer (wie Anm.69), 5.10; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), 5.96, 117 u. 267. MAURER,Herzog (wie Anm. 174), 5. 185 u. 233; SCHWARZMAlER, Pater (wie Anm. 147), 5. 26lf. denkt an einen unter diesem Titel »zusammengefaßten Sonderbereich Friedrichs im linksrheinischen Gebiet«. Zur Deutung von Herzog Friedrichs I. Titel eines Svevorum dux et Franeorum vg!. oben S. 29 Anm.l77. Vg!. oben S. 16. Ekkehardi Chronica (wie Anm.31), Rec. III. ad a. 1116, 5.316, Z.25-28; LUBICH,Weg (wie Anm.46),S.162-168. Zu den von Konrad verschuldeten Kämpfen im Bistum Würzburg Ekkehardi Chronica (wie Anm. 31), Rec.Il!. ad a. 1116, S. 324, Z.21-23. Die frühen -Siaujer. 31 räumte, »über das Recht eine territoriale Einflußnahme zu begründen-J". Das kaiserliche Privileg vom 1. Mai 1120 zeitigte zwei gravierende Rechtsfolgen: der bischöfliche Besitz wurde damit wiederum der rechtlichen Oberhoheit des Bischofs unterstellt, während Konrads Amtsherzogtum hierdurch seiner wichtigsten Existenzgrundlage beraubt wurde und fortan zu einem bloßen Titularherzogtum herabsank'I". Konrads ostfränkischer Dukat blieb eine kurze Episode, die auch in den zeitnahen Quellen kaum Spuren hinterlassen hat190• Dies erklärt vielleicht auch, warum sich Konrad selbst rangmäßig nie über sein ostfränkisches Amt sondern allenfalls über seine Teilhabe an der schwäbischen Herzogswürde definierte'?'. Die Burgen stellten für die frühen -Staufer- ein wesentliches Rückgrat ihrer auf unterschiedliche Räume konzentrierten Adelsherrschaft dar. Zumeist an wichtigen Verkehrswegen gelegen und zu militärischen Festungen ausgebaut, bildeten sie die zentralörtlichen Bezugspunkte, von denen die -staufischenHerzöge aus das umliegende Gebiet verwaltungsmäßig und herrschaftlich zu erfassen suchten. Im einzelnen läßt sich dieser Vorgang mangels schriftlicher Quellenzeugnisse und gesicherter neuer archäologischer Grabungsbefunde nur ansatzweise verfolgen!". Das viel zitierte -Bonrnot- Ottos von Freising, das Herzog Friedrich 11. als den großen Burgenbauer im linksrheinischen Raum zwischen Basel und Mainz präsentierte, hat sich als gelehrte Fiktion entpuppt, da die Archäologen bis heute keine ihm zweifelsfrei zuweisbare Anlage aus spätsalischer Zeit zu entdecken vermochten'?'. Welch hohe Bedeutung nichtsdestotrotz der Besitz und die Kontrolle von Burgen für die -staufisehe- Stellung und Herrschaftsausübung im Reich besaß, zeigt der Konflikt mit Lothar 111., der sich im Kern als ein Kampf um Burgen und Pfalzorte wie Nümberg, Ulm und Speyer erweist'?'. Die zahlreichen Burgen, die sich jemals vor 1152 in -staufischem- Besitz befunden haben, lassen sich nach Ursprung und Funktion in drei Gruppen unterteilen. Quellenmäßig kaum näher zu fassen sind die Burgen, die die frühen 188 St. 3164, ed. Monumenta Boica, Bd. 29/1, München 1831, Nr.444, S.238f.; LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 179-185, Zitat S. 183. 189 LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 183-186. 190 Von Konrads ostfränkischer Herzogswürde nahm außer Ekkehard nur der Verfasser der Urkunde Bischof Reinhards von Halberstadt vom 16. April 1120 Notiz, Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe, hg. von GUSTAVSCHMIDT,Teil I, Stuttgart 1883, Nr. 147, S. 116: Conrado duce Franeorum orientalium; LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 155f. u. 179. 191 Annales Isingrimi maiores ad a. 1138, ed. GEORGHEINRICHPERTZ,MGH SS 17, S.312, Z.40; dazu ENGELS,Beiträge (wie Anm. 17), S. 105 Anm. 276; MAURER,Herzog (wie Anm. 174), S. 270; LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 153. 192 Dazu jetzt MATHIASHENSCH,Baukonzeption. Wohnkultur und Herrschaftsrepräsentation im Burgenbau des 11./12. Jahrhunderts in Nordbayem - neue Erkenntnisse der Archäologie, in diesem Band, S. 135--178. 193 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) I, 12, S. 152, Z. 5--12; THOMASBILLER/BERNHARD METZ, Anfänge der Adelsburg im Elsaß in ottonischer, salischer und frühstaufischer Zeit, in: Burgen der Salierzeit. Teil 2: In den südlichen Landschaften des Reiches, hg. von HORSTWOLFGANG BöHME (Römisch-Germanisches Zentralmuseum Monographien 26/2), Sigmaringen 1991, S. 245--284,hier S. 262f. 194 WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138), S. 69. 32 Hubertus Seibert -Staufer- als Amts- oder Reichslehen nur zeitweilig besassen und im Dienst von König und Reich errichteten, ausbauten und befestigten oder sicherten, wie Oppenheim, Guttenberg bei Bad Bergzabern, Landeck bei Klingenmünster, Neukastel bei Leinsweiler, Wachtenburg bei Wachenheim und Nürnberg (ab 1125)195. Eine zweite Gruppe bildeten Burgen, die sie durch Kauf bzw. Tausch oder durch gewaltsame Aneignung erlangten. Um 1122/24 erwarb Herzog Friedrich n. für die beachtliche Summe von 500 Mark Silber von den Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg als Erben der Grafen von Hildrizhausen ihre am Rande des Forstes Schönbuch gelegenen Burgen Kräheneck und Hildrizhausen'?', Konrad Ill. tauschte 1142 den erforderlichen Baugrund auf dem Burgberg von Rothenburg ob der Tauber vom Stift Neumünster (Diözese Würzburg) ein, wo er noch im gleichen Jahr mit dem Bau der neuen gleichnamigen Burg begann'?" Die südwestlich des -staufischen- Besitzzentrums um Schlettstadt gelegene, offenbar auf Boden der Abtei S. Denis errichtete Hohkönigsburg (castrum Estufin) hatten sich die -Staufer- vielleicht schon um 1115/20 angeeignetl'". Im November 1147, im kleinasiatischen Esseron, wehrten Konrad Ill. und sein Neffe Herzog Friedrich Ill. von Schwaben, die als derzeitige Besitzer je eines Turmes der Burg bezeichnet wurden, die von Odo von Deuil für sein früheres Kloster S. Denis erhobene Forderung nach Restitution der Hohkönigsburg und des Dorfs Esslingen erfolgreich ab'?". Oie größte Aufmerksamkeit hat die Forschung naturgemäß der dritten Gruppe gezollt - den Burgen, die die frühen -Staufer- auf eigenem Grund und Boden erbauten. Den ältesten Adels- und Wohnsitz der -staufischen- Familie hat 195 WADLE,Reichsgut (wie Anm. 138),5.70-72 u. 79-84; SElLER,Territorialpolitik (wie Anm. l30), S. I52f.; zu Nürnberg, das 1127 erstmals als urbs munitissima bezeichnet wird, Chronica regia Coloniensis ad a. 1127, ed. GEORGWAITZ, MGH SS rer. Germ. [18], Hannover 1880, S.65, 5cHMID,Fundus (wie Anm. 156), S. 10f. 196 Vita Godefridi comitis Capenbergensis, ed. PHILlPPJAfFE, MGH SS 12, 5.513-530, hier S.529, Z. 20-30; HANSJÄNICHEN,Zur Geschichte des Schönbuchs. in: Der Schönbuch. Beiträge zu seiner landeskundliehen Erforschung, hg. von HERMANNGREES(Veröffentlichung des Alemannischen Instituts 27), Bühl/Baden 1969, S.49-M, bes. 5.50-52; SäNKE LORENZ,Staufer, Tübinger und andere Herrschaftsträger im Schönbuch. in: Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Geschichte, hg. von SäNKE LoRENzJULRICHSCHMIDT(Veröffentlichung des Alemannischen Instituts 61), Sigmaringen 1995, S. 285-320, hier S. 303f. u. 318. 197 KARLFRIEDRICHSTUMPF-BRENTANO, Die Reichskanzler vornehmlich des X., XI. und XII. Jahrhunderts, Bd.1I1, Innsbruck 1881, ND Aalen 1964, Nr.109, 5.132£.; LUBICH, Besitz (wie Anm.46), S. 409; KARLBoRCHARDT,Die Anfänge von Burg und Stadt Rothenburg, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Alt-Rothenburg 1998, S. 177-202; lHOMASSTEINMETZ, Die Königsp£alz Rothenburg ob der Tauber, Brensbach 2002, S. 6--8. 198 WILHELMWIEGAND,Die Hohkönigsburg im Rahmen der elsässischen Geschichte bis zum Ausgang der Staufischen Zeit, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 65,1911, S. 7-37, hier S.16f.; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm.130), S.84-86; anders ENGELS,Staufer (wie Anm. 52), S. 10. 199 Odo von Deuil, Liber de via sancti Sepulchri a Ludovico VII. Franeorum rege suscepta, ed. GEORGWAITZ, MGH SS 26, 5.59-73, hier 5.70, Z.21-31; nach ScHWARZMAlER,Pater (wie Anm. 147), S. 254 Anm. 27 sei zu beachten, »daß die Hohkönigsburg, ..., ursprünglich _ der Berg schon im 8. Jahrhundert - ebenfalls -Staufen- hieß, also möglicherweise als -Stammburg. eine ähnliche Bedeutung hatte wie der Hohenstaufen selbst«. Die frühen -Staufer« 33 sie lange Zeit auf dem Berg oberhalb der Rems an der Stelle des um 1100 gegründeten Klosters Lorch lokalisiert'?', Die an diesem Platz bislang vergeblich gesuchte gräfliche Befestigung wird archäologischerseits neuerdings mit guten Gründen in der Siedlung im Tal auf dem heutigen Kirchhofareal vermutet'?'. Der dort offenbar nachweisbare -staufische- Herrenhof diente der Sicherung ihres an einer alten Durchgangsstraße gelegenen Besitzkomplexes im Remstal. Welche Gründe und Ziele Graf Friedrich dazu bewogen, seinen bisherigen Herrschaftssitz in Lorch im Tal auf den wesentlich höhergelegenen, die Landschaft beherrschenden Bergkegeloberhalb der späteren Siedlung Göppingen und unweit der durch das Rems- und Filstal führenden Verkehrswege zu verlegen, ist nicht mehr im einzelnen zu klären202. Schon bald nach 1070 (?) begann Friedrich auf dem Berg Hohenstaufen mit dem Bau der erstmals um 1137 in zeitgenössischen Chroniken erwähnten Burg Stauf, der während des 12. Jahrhunderts noch keineswegs die von der Forschung oft behauptete herausragende Bedeutung als namengebender Stammsitz zukam203• Von der vielleicht noch im 11. Jahrhundert fertiggestellten ältesten Burg haben sich archäologisch offensichtlich keine Spuren erhalten'?', Die ältesten Besitz- und Herrschaftskomplexe der frühen -Staufer- umfaßten auch mehrere Eigenkirchen und von ihnen gegründete Klöster. Wichtige Eigenkirchen, von denen die meisten zu Pfarr-, Stifts- oder Klosterkirchen aufstiegen, besaßen sie in Lorch (um 1050/60 zum Kollegiatstift erweitert)205, Schlettstadt (um 1087 nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbaut)206, Esslingen (vor 1100?)207,Münsterdreisen (aus salischem Erbe??08 und Hagenau (nach 1143 zur Pfarrkirche erweitertj-?', Die älteste von insgesamt fünf -staufischen- Kloster- und Stiftsgründungen, die Mitglieder der -staufischen. Familie bis 1152 initiierten oder an denen sie ent200 So zuletzt noch HELMUTMAURER,Lorch, in: Die deutschen Königspfalzen (wie Anm. 3), 4. Lieferung, Göttingen 2003, S.369-388, hier S.372, 374, 377 u. 385; H.-M. MAURER,Anfänge (wie Anm. 178), S. 7. 201 SIMONM. HAAG, Beobachtungen und Überlegungen zum Staufersitz Lorch, in: 900 Jahre (wie Anm. 178), S. 29-32, bes. S. 29-31. 202 H.-M. MAURER,Hohenstaufen (wie Anm. 11), S. 12-15 u. 18-20; HELMUTMAURER,Hohenstaufen, in: Die deutschen Königspfalzen (wie Anm.3), 2. Lieferung, Göttingen 1993, S.208-219, bes. S. 208-212, 215 u. 218; LORENZ,Waiblingen (wie Anm. 71), S. 115. 203 Vg!. oben S. 7 u. llf. 204 H. MAURER,Hohenstaufen (wie Anm. 202), S. 212f. 205 H. MAURER,Lorch (wie Anm. 200), S. 372, 374, 382f. u. 385. 206 SEllER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 62. 207 Die Urkunde Herzog Friedrichs H. von ca. 1106 (?), die den Tausch genannter Leibeigener der Kirche von Esslingen mit der bischöflichen Kirche von Worms dokumentiert, ed. Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm.I77) I, Nachtrag F., S.412, gilt mittlerweile als spätere Fälschung, PETERRÜCKERT,Alles gefälscht? Verdächtige Urkunden aus der Stauferzeit, Stuttgart 2003, S. 56f.; MAURER,Esslingen (wie Anm. 126), S. 112. 208 MGH 0 Ko Ill. 104 (1144), S. 185, Z. 2-10; BRUNOKRINGS,Das Prämonstratenserstift Arnstein a. d. Lahn im Mittelalter (1139-1527) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 48), Wiesbaden 1990, S. 89f. 209 MGH 0 Ko Ill. 91 (1143), S. 162, Z. 11-18; METZ,Hagenau (wie Anm. 134), S. 217; SEllER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 124 u. 131. 34 Hubertus Seibert scheidend mitwirkten, ist St. Fides in SchIettstadt. 1094 übertrugen Hildegard und ihre sechs Kinder, darunter Herzog Friedrich I. und Bischof Otto von Straßburg, die seit ca. 1092 der heiligen Fides geweihte Kapelle dem südfranzösischen Kloster Conques (Diözese Rodez) zur Einrichtung des mönchischen Lebens und der Pflege des liturgischen Gedächtnisses der Stifterfamilie='', Das einzige Priorat des Klosters Conques im Reich erwies sich erst nach weiteren umfangreichen Schenkungen der Stifterfamilie als wirtschaftlich lebensfähig-", Ob das 1106 von Papst Paschalis 11. mit Begräbnisrecht und freier Vogtwahl privilegierte, Conques unterstellte Kloster als -staufische- Familiengrablege vorgesehen war, ist nicht nachweisbar-F, Auch die Gründung des Klosters Lorch um 1100 geht auf eine gemeinsame Aktion der -staufischen- Familie, Herzog Friedrichs I., seiner Gattin und Söhne Friedrich und Konrad, zurück+'. Die bewußte Einführung der hirsauischen Lebensweise und die (versuchte) Übertragung an den hI. Petrus in Rom belegen, wie nachhaltig die -staufischen- Gründer von den zeitgenössischen religiösen Idealen kirchlicher Erneuerung erfaßt waren-!'. Mit der von ihm veranlaßten Translation der Gebeine der -staufischen. Ahnen von der Stiftskirche im Tal in die Klosterkirche auf dem Berg im Jahre 1139 intensivierte und institutionalisierte König Konrad Ill. die von der -staufischen- Familie und ihrer ministerialischen Familia gemeinsam getragene Memoria!", Fast alle der im späten 11. und frühen 12. Jahrhundert im Heiligen Forst gegründeten Männer- und Frauenklöster weisen einen oder mehr weniger starken Bezug zur -staufischen- Familie (als Gründer) und ihrer Territorialpolitik im nördlichen Elsaß auf. Die 1074 von Graf Dietrich I. von Mömpelgard gestiftete Zelle St. Walburg erhoben sein Neffe, Graf Peter von Lützelburg, und Herzog Friedrich H. 1116/17 zur Abtei und übertrugen das neue Kloster dem apostolischen Stuhl, der ihm den Besitz bestätigte und wichtige Vorrechte 210 WÜRDTWEIN,Nova subsidia (wie Anm.26), Nr. 109, S.256--258; zur Pilgerfahrt Herzog Friedrichs und Bischof Ottos zur hi. Fides und Traditio ihrer Gründung an Conques vgl. den zwischen 1108 und 1138 entstandenen Griindungsbericht, ed. LUCAROBERTINI, über miraculorum sancte Fidis (Biblioteca di Medioevo latino 10), Spoleto 1994, S.305-310, bes. S.305f., die die MGHEdition, MGH SS 15/2, S. 9%-1000, ersetzt; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 62-70. 211 WÜRDTWEIN,Nova subsidia (wie Anm. 26), Nr. 110, S. 258f.; Cartulaire de l'abbaye de Conques en Rouergue, publie par GUSTAVEDESJARDlNS,Paris 1879, Nr.575, S.405f.; ROBERTINI,über (wie Anm. 210), S. 306-310; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 71-sQ. 212 JL 6072, ed. WÜRDTWEIN,Nova subsidia (wie Anrn.26), Bd. VII, Heidelbergae 1786, Nr.3, 5.5-7; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 80-82. 213 Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 177) I, Nr.264, 5.334; MGH 0 F I. 77 (1154), S. 129, Z. 22-24; H. MAURER,Lorch (wie Anm. 200), S. 374f. 214 H.-M. MAURER,Anfange (wie Anm. 178), S. 6f. u. 10; KLAUSGRAF,Staufer-Überlieferungen aus Kloster Lorch, in: Von Schwaben (wie Anm. 196), S. 209-240, hier S. 212-214 u. 217f. 215 MGH 0 F I. 77 (1154), S. 129, Z. 19-23; KLAUSGEREONBEUCKERS, Die Klosterkirche von Lorch. Bemerkungen zu ihrer baulichen Entwicklung unter den Staufern, in: 900 Jahre (wie Anrn. 178), 5.43-70, bes. S. 45 u. ~; H. MAURER,Lorch (wie Anm. 200), S. 379-384; H.-M. MAURER,Anfänge (wie Anm. 178), S. 16-19; zu Lorch als Kloster der -staufischen- Familia jetzt LUBICH,TerritoriaIpolitik (wie Anm. 122), S.200-202, zu den dortigen Staufergräbern GRAF, StauferÜberlieferungen (wie Anm. 214), S. 223-230. Die frühen .Siaujer. 35 verlieh?". Friedrich 11.bezog St. Walburg seit 1119 durch großzügige Besitzschenkungen in seine Bemühungen zur siedlungsmäßigen Erschließung und herrschaftlichen Erfassung des Heiligen Forstes mit ein und bestimmte es zu seiner und seiner zweiten Frau Grablege-". Dem von Graf Reinhold von Lützelburg um 1133 gegründeten und nach seinem Tod (t 1143) zu seinem Erben eingesetzten Zisterzienserkloster Neuburg entriß Friedrich 11. das ihm zugedachte letzte Drittel des Heiligen Forstes-". Zur rechtlichen Legitimierung dieser Handlung erklärte Friedrich Barbarossa seinen Vater 1158 zum Mitgründer Neuburgs und nahm durch diese rückwirkende Umdeutung des Gründungsvorgangs Neuburg für sich und seine Erben gleichsam als Eigenkloster in Anspruch+'', Das vor 1147 von Herzog Friedrich 11.gestiftete Zisterzienserinnenkloster Königsbrück vervollständigte im Norden den Kranz von kirchlichen und weltlichen Stützpunkten, den er sukzessive um das Gebiet des Heiligen Forstes gezogen hatte22D• Welch hohe Anziehungskraft auch die prämonstratensische Lebensweise auf die frühen -Staufer- ausübte, verdeutlichen die von Friedrich n. und Konrad Ill. 1144 initiierte Neubesiedlung von Münsterdreisen durch Prämonstratenser221 und die Zustimmung Konrads Ill., Herzog Friedrichs 11. und seines Sohnes zur Gründung des Prämonstratenserinnenstifts Lochgarten 1144 durch zwei Hintersassen des Kollegiatstifts Lorch222• Eine weitere Säule ihrer adligen Herrschaft und ihres Territorialaufbaus bildeten die Kirchenvogteien, die sie über ihre eigenen Gründungen und mehrere andere Klöster und Stifte ausübten. Dieses Herrschaftsinstrument, das einen idealen Ansatz- und Ausgangspunkt für vielfältige raumbezogene Einflußnahmen bot, suchten sie in rechtlich unterschiedlichen Formen - als erbliche Gründervogtei oder als Reichsschutz - dauerhaft zu behaupten und für ihre territorialen Ziele einzusetzen. Als Vögte ihrer ältesten Kirche, des Kollegiatstifts St. Marien in Lorch, treten die frühen -Staufer- in den Quellen kaum hervor+'. Die Vogtei über das Kloster Lorch war und blieb - ungeachtet des freien Vogtwahlrechts des Konvents und ihres zeitweiligen Entzugs durch 216 217 218 219 220 221 222 223 SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 44f. u. 125f. MGH D F I.270 (1159), S. 78, Z. 25f.; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 137f. SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 140f. MGH D F I. 206, S.345, Z. 36-38; MICHAELÜBERWEIS,»A nostris progenitoribus fundata«. Die Staufer als fiktive Gründer der Zisterzen Neuburg im Elsaß und Eußerthal in der Pfalz, in: Grenzen erkennen B Begrenzungen überwinden. Festschrift für Reinhard Schneider zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, hg. von WOLFGANGHAUBRICHS!KURT-ULRlCH JÄSCHKE/ MICHAELÜBERWEIS, Sigmaringen 1999, S. 177-189, hier S. 182 u. 186. MGH D F I. 967, S.244, Z. 30; THOMASSEILER,Das Zisterzienserinnenkloster Königsbrück im 12. und 13. Jahrhundert. Ein Beitrag zur staufischen Territorialpolitik im Unterelsaß, in: Grenzen erkennen (wie Anm. 219), S. 163-175, bes. S. 166. MGH D Ko Ill. 104, S. 185, Z. 3-15; SABINEPENTH, Prämonstratenser und Staufer. Zur Rolle des Reformordens in der staufischen Reichs- und Territorialpolitik (Historische Studien 478), Husum 2003, S. 52-54. MGH D Ko Ill. 113; PENTH,Prämonstratenser (wie Anm. 221), S. 56f. MGH D Ko Ill. 113 (1144), S. 202, Z. 39. 36 Hubertus Seibert König Lothar Ill. 1134/35224 - dauerhaft in Form einer spezifischen Senioratsbestimmung in der -staufischen- Familie verankert-", Ähnlich verhält es sich bei der zweiten -staufischen- Klostergründung St. Fides in Schlettstadt. Obwohl die vier Söhne Hildegards von Egisheim im Juli 1095 dem Abt von Conques nach ihrem Tod das Recht der freien Vogtwahl zugestanden-", was Paschalis 11. 1106 ausdrücklich bestätigte, hat Herzog Friedrich H. faktisch die Vogtei über St. Fides zeitlebens niemals aufgegeben-". Weitere Vogteirechte übten die frühen -Staufer- im Elsaß vor 1147/52 über die Klöster St. Walburg, Neuburg und das Zisterzienserinnenkloster Königsbrück aus228• Im benachbarten Rheinfranken amtierten sie als Vögte von Weißenburg und Münsterdreisen+", in ihrem schwäbisch-fränkischen Machtbereich erwarben sie die Vogteien über Comburg (vor 1138), Öhningen und Lochgarten23o. Ein letzter Träger der Adelsherrschaft der frühen -Staufer- sei hier noch kurz angesprochen - ihr aus Adligen und Ministerialen zusammengesetztes Gefolge. Otto von Freising hebt unter den vielen rühmenswerten Tugenden Herzog Friedrichs 11. besonders dessen Freigebigkeit hervor. Sie habe bewirkt, daß Friedrich eine große Menge von Rittern (militum) zuströmte und sich ihm freiwillig zum Dienst anbot-". Eine Identifizierung dieses Personenkreises wie des staufischen Gefolges vor 1138 insgesamt wird durch die wenigen zeitgenössischen Quellennachrichten erheblich eingeschränkt. Die Urkunden mit ihren Zeugenlisten, die in anders gelagerten Fällen232 einen erheblichen Erkenntnisgewinn zeitigten, führen hier mangels Masse nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Von den -staufischen- Herzögen in Schwaben und Ostfranken sind bis 1152 überhaupt nur fünf Urkunden überliefert, von denen vier 224 Erstmals in der Urkunde Pfalzgraf Hermanns von Stahleck vom 1. April 113S (?), Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 178) Ut Nachtrag Nr. 6, S. 466; MGH 0 Ko Ill. 38 (1139), S. 62, Z.4lf. u. 5.63, Z.3f. u. 6--9; zum Verlust des Vogtwahlrechts H.-M. MAURER,Anfänge (wie Anm. 178), S. 9f. 22S MGH 0 Ko HI. 38, S. 63, Z. 1-7; MGH 0 F I. 77 (1154), S. 129, Z.24-27; die Erbvogtei in Form einer Senioratsregelung verfügt auch die um die Mitte des 12. Jahrhunderts nach echter zeitgenössischer Vorlage gefälschte Schenkungsurkunde Herzog Friedrichs 11. für Lorch von 1102, Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 177) I, Nr.264, S.334; H. MAURER,Lorch (wie Anm.200), S.37Sf. Im ersten Papstprivileg für Kloster Lorch von Innocenz 11.vom 24. April 1136 fehlt bezeichnenderweise ein Passus über die Bestellung des Vogts, JL ml, Wirtembergisches Urkundenbuch I, Nr. 303, S. 383f. 226 DESJARDINS,Cartulaire (wie Anm.211), Nr.575, S.405f.; SEILER, Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 74. 227 JL 6072, ed. WÜRDlWElN,Nova subsidia (wie Anm. 212), Nr.3, S. Sf.; SElLER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S. 80-82. 228 CLAUSS,Untervogtei (wie Anm. 136), S.270f. u. 274; SEILER,Territorialpolitik (wie Anm. 130), S.139-142. 229 CLAUSS,Untervogtei (wie Anm.I36), S.270-272; PENTH, Prämonstratenser (wie Anm.221), S.53 u. 89f. 230 HELMUTMAURER,Komburg. in: Die deutschen Königspfalzen (wie Anm. 3), 3. Lieferung, Göttingen 1997, S.254-262, hier S.257f.; LUBICH,Besitz (wie Anm.46), S.412; zu Öhningen CLAUSS,Untervogtei (wie Anm. 136), S.271 u. 274f., zu Lochgarten PENTII, Prämonstratenser (wie Anm. 221), S. 56f. 231 Otto von Freising, Gesta (wie Anm. 17) I, 12, S. 152, Z. 12-15. 232 DENDORFER, Fidi milites (wie Anm. 9), S. 220f. Die [ruhen .Staufer. 37 eine Zeugenliste besitzen. Während Herkunft (Bischofsurkunde?) und Authentizität der Zeugenliste der auf den Namen Herzog Friedrichs n. Ende des 12. Jahrhunderts gefälschten Urkunde für St. Fides in Schlettstadt zweifelhaft sind233, weisen die Laien, die die echte Urkunde Herzog Friedrichs L von 1103234 und das Falsum Herzog Friedrichs n. von 1106 (?)235bezeugten, keine Zunamen oder Herkunftsbezeichnungen auf, was ihre Zuordnung zu einer Adelsfamilie oder einem bestimmten Raum unmöglich macht. Erschwerend kommt insgesamt hinzu, daß sich die Forschung der Entstehung und Zusammensetzung des -staufischen- Gefolges bislang kaum angenommen hat236• Der quellenmäßig gut dokumentierte Teilnehmerkreis des Fürstentags in Rottenacker 1116 und des herzoglichen Landtags am Königsstuhl um 1140 erlaubt erste vorsichtige Rückschlüsse auf das herzogliche Gefolge Friedrichs IL, dem offenbar die Grafen von Kirchberg, Berg, Veringen, Zollern, Achalm, Wirtemberg, Lenzburg und der Pfalzgraf von Tübingen zuzuweisen sind237• Der Graf von Lenzburg begegnet zudem als Spitzenzeuge in der einzigen erhaltenen echten Herzogsurkunde Friedrichs IL, die 1142 in Hagenau ausgestellt wurde-". Neben mehreren bayerischen Großen, den Grafen von Bogen und den Edelfreien von Moosburg, dem herzoglichen Mundschenk und Notar bezeugten Friedrichs Schenkung an das Kloster Odenheim noch vier weitere Personen. Der an erster Stelle genannte Walther entstammte dem Geschlecht der Herren von Lobenhausen, die wie die Edelfreien von BieJriet und von Truhendingen zu den ostfränkischen Gefolgsleuten der frühen -Stauferzählten+", Die übrigen drei Zeugen der Urkunde von 1142 gehören offenbar zum elsässischen Gefolge Friedrichs 11.,darunter vielleicht der Edelfreie Otto von Huneburg+" und die Ministerialen Konrad Zurno und Heinrich von Rappoltsweiler. Eine profiliertere Stellung als der Adel nahmen im -staufischen- Gefolge offensichtlich die zahlreichen Ministerialengeschlechter ein. Vor 1138 lassen sich quellenmäßig aber nur wenige von ihnen im Dienst der schwäbischen Herzö233 WÜRDTIVEIN,Nova subsidia (wie Anm. 26), Nr. 123, S.286-292, hier S. 290f.; zum Fälschungscharakter HLAWITSCHKA, Grundlagen (wie Anm. 26), S. 93 mit weiterführender Literatur. 234 BENDEL,Urkundenbuch (wie Anm. 141), Nr. 30, S. 42, Z. 15-20. 235 Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 177) I, Nachtrag F., S. 412. 236 Erste, aber nicht immer nachprüfbare Hinweise bei KARLBost, Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches (Schriften der MGH 10/1-2), Stuttgart 1950/51, S.99f., 119, 123, 130, 190,365 u. 386f., der wiederholt die Wichtigkeit der Unterscheidung »zwischen Reichsministerialen und Dienstmannen des Herzogtums Schwaben und staufischen Eigenministerialen« (119) betont. 237 MAURER,Herzog (wie Anm. 174), S.238-243 mit Nennung weiterer Grafen und Edelfreier. die der -staufische- Herzog von Schwaben an seinen Hof zu ziehen vermochte. 238 Wirtembergisches Urkundenbuch (wie Anm. 178) 1II,Nachtrag Nr. 8, S. 469. 239 LUBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 176 u. 193f.; nach Russ, Truhendingen (wie Anm. 122), S.23 u. 75f. werden die Edelfreien von Truhendingen erstmals in MGH 0 Ko Ill. 79 (1142), S. 141, Z. 17, im -staufischen- Gefolge erwähnt, scheinen aber schon vorher im Raum Eichstätt -staufischeInteressen wahrgenommen zu haben. 240 Zu den Edelfreien von Huneburg, deren Stammburg nördlich von Zabem lag, SEILER,Territorialpolitik (wie Anm.I30), S.173-175; BOSL,Reichsrninisterialität (wie Anm.236), S.192 weist Otto von Huneburg einem Reichsministerialengeschlecht zu. 38 Hubertus Seibert ge und -staufischen- Territorialpolitik nachweisen. Zu den ältesten -staufisehen- Ministerialenfamilien gehörten vermutlich die Geschlechter, die sich nach ihren Sitzen bzw. -staufischen- Burgen Rot, Rothenburg ob der Taubern, Pappenheinr'" und Staufen2H benannten. Aus unserer Tour d'horizon über die Besitzgrundlagen und den Herrschaftsaufbau der frühen -Staufer- lassen sich zwei Schlüsse ziehen. Zum einen unterschieden sich die -Staufer- in vielem kaum von anderen Adelsfamilien ihrer Zeit. Wie diese betrieben sie konsequent den Auf- und Ausbau einer auf Grundbesitz, Burgen, Klöster, Vogteien und Ministerialen gegründeten adligen Territorialherrschaft. Doch hoben sich die -Staufer- in anderem deutlich von ihren adligen Standesgenossen ab. Sie waren besitzmäßig und herrschaftlich in drei Räumen, Schwaben, Elsaß und Franken, verankert. Aber ihre wichtigsten herrschaftlich nutzbaren Positionen und Rechte erwarben sie offenbar im Zuge ihres überragenden reichspolitischen Engagements oder eigneten sie sich infolgedessen gewaltsam und auf Dauer an. So gesehen erweist sich ihr geschicktes und erfolgsorientiertes politisches Handeln als treibende Kraft ihres stetigen Aufstiegs, der nicht - entgegen der Ansicht der bisherigen Forschung - das Resultat einer territorial fundierten HausmachtsteIlung war44• IV. Offene Fragen Am Ende dieses Überblicks über die wichtigsten Ergebnisse und Positionen der Forschung zur Geschichte der frühen -Staufer- (1079-1152) wollen wir den Blick künftiger Forschung auf offene Fragen und Desiderata lenken. In der viel diskutierten Frage nach Herkunft und Abstammung-v dieser Adelsfamilie sind neue Erkenntnisse angesichts der wenigen vorhandenen Quellen nicht zu erwarten. Künftige Forschung wird daher vor allem bei den unterschiedlichen Grundlagen und Mitteln des -staufischen. Aufstiegs seit 1079 anzusetzen und die Stellung und Vemetzung der -Staufer- innerhalb des regionalen Adels als auch auf der Ebene der Fürsten im Reich präziser als bisher zu konturieren haben. Während ihr Dienst für Königtum und Reich/"; die Bedeutung ihrer Königsnähe und -verwandtschaft angemessen gewürdigt wurden, bedürfen die -staufische- Herrschaftsbildung und ihr Territorialauf- 241 LOBICH,Weg (wie Anm. 46), S. 176; seit ca. 1140 wird Rothenburg in Urkunden auch als Beiname von staufischen Ministerialen verwandt, DERS.,Besitz (wie Anm. 46), S. 409 Anm. 28. 242 Zu den Marschällen von Pappenheim JAN ULRlCHKEUPP, Dienst und Verdienst. Die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48), Stuttgart 2002, S. 180f. 243 REICHARDT,Göppingen (wie Anm.54), S. Il2f.; H. MAURER,Hohenstaufen (wie Anm.202), S. 216; der früheste Beleg stammt von 1171, MGH 0 F I. 577, S. SO,Z. 6. 244 LOBICH,Territorialpolitik (wie Anm. 122), S. 209. 245 Dazu WELLER,Auf dem Weg (wie Anm. 68), in diesem Band. 246 Vg!. DENDORFER, Fidi milites (wie Anm. 9), in diesem Band. Die [ruhen .Staufcr, 39 bau vor 1152w vor allem in Schwaben und im Elsaß248einer neuerlichen kleinteiligeren Untersuchung. Neben den Burgen und Klöstern als zentralörtlichen Bezugs- und Ausgangspunkten -staufischer- Herrschaftsbildung ist insbesondere das bislang kaum behandelte -staufische. Gefolge aus Adel und Ministerialität als Träger des staufischen Aufstiegs in den Blick zu nehmen. Viel zu wenig wissen wir über Herkunft, Umfang und Funktion der Güter und Rechte, die die frühen -Staufer- von Bischofs- und Klosterkirchen zu Lehen trugen. Die Wahl des ersten -Staufers- zum römisch-deutschen König 1138 markierte einen neuen Abschnitt in der Geschichte ihres Aufstiegs, stellte sie jedoch zugleich vor neue Probleme und Herausforderungen=", Den von der jüngsten Forschung eingeschlagenen Weg einer Neubewertung von Konrads Ill. Person und Königtum250 gilt es fortzusetzen und die weißen Flecken, die noch für seine Herrschaft und seinen Hof bestehen, zu füllen. Ein letztes Forschungsdesiderat betrifft die Wahrnehmung und Deutung der frühen -Staufer- in der zeitgenössischen Historiographie und volkssprachigen Literatur+". Die insbesondere in der Kritik der Darstellung Ottos von Freising erzielten Ergebnisse-S erfordern eine Vertiefung. Im Kontext der skizzierten Forschungsfelder und künftigen Aufgaben verstehen sich die Beiträge dieses Tagungsbandes+' als ersten Schritt hin zu einer fundierteren Bewertung und Deutung der frühen -Staufer- vor Friedrich Barbarossa. 247 248 249 250 Vgl. LUBICH,Territorialpolitik (wie Arun. 122), in diesem Band. Dazu KRIEG,Adel (wie Anm. 53), u. ZIEMANN,Staufer (wie Anm. 129), in diesem Band. Erste Hinweise bei HECHBERGER, Konrad III. (wie Anm. 120), in diesem Band. Dazu CöRICH, Wahrung (wie Arun. 118), u. KEUpr, Interaktion (wie Anm. 119), sowie SEBASTIANSCHOLZ,Die Wiener Reichskrone. Eine Krone aus der Zeit Konrads IlL?, alle in diesem Band. 251 Für die .vor-staufische- Zeit vgl. MONlKA WINTERLING,Zur Darstellung Heinrichs v. und Lothars III. in der deutschen Kaiserchronik des 12. Jahrhundert, in diesem Band, S. 397-408. 252 Dazu HAGENEIER,Staufer (wie Anm. 9), in diesem Band. 253 Ein konzises Resümee der Beiträge dieses Bandes bietet CLAUDIAZEY,Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152) Zusammenfassung, in diesem Band,S.~.