Jahresabschlussänderungen und ihre bilanzielle Behandlung
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Jahresabschlussänderungen und ihre bilanzielle Behandlung
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Henning Zülch / Jesco Willms Jahresabschlussänderungen und ihre bilanzielle Behandlung nach IAS 8 (revised 2003) Prof. Dr. Henning Zülch ist Juniorprofessor für Unternehmensrechnung, insbesondere Internationale Rechnungslegung, am Institut für Wirtschaftswissenschaft der Technischen Universität Clausthal. Dipl.-Kfm. Jesco Willms ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Unternehmensrechnung, insbesondere Internationale Rechnungslegung, am Institut für Wirtschaftswissenschaft der Technischen Universität Clausthal. I. Einleitung Das ¹Improvement Projectª des IASB wurde am 18. 12. 2003 mit der Veröffentlichung von 13 überarbeiteten Rechnungslegungsstandards abgeschlossen. Neben sprachlichen Konkretisierungen wurden Bilanzierungswahlrechte eliminiert, Redundanzen beseitigt und inhaltliche Widersprüche zu bereits bestehenden Rechnungslegungsstandards ausgeräumt1). Gegenstand des ¹Improvement Projectª war auch IAS 8 (revised 1993) (Net Profit or Loss for the Period, Fundamental Errors and Changes in Accounting Policies), welcher sich mit der bilanziellen Behandlung von Schätzungsänderungen und grundlegender Fehler im Rahmen der Abschlusserstellung beschäftigt sowie Fragen zur bilanziellen Behandlung von ¾nderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden beantwortet. Der Regelungsbereich des IAS 8 (revised 1993) erstreckt sich somit im Wesentlichen auf die bilanzielle Behandlung von Jahresabschlussänderungen. Mit der Neuregelung des IAS 8 (Accounting Policies, Changes in Accounting Estimates and Errors2)) sind nun weitreichende Neuerungen bzgl. der bilanziellen Behandlung von Jahresabschlussänderungen im Vergleich zur Altregelung verbunden. Gleichzeitig ist diese Neuregelung das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen von IASB und FASB, divergierende Rechnungslegungsvorschriften in beiden Rechnungslegungskreisen, die kurzfristig und isoliert von anderen umfangreichen Projekten erörtert werden können, einander anzugleichen (¹Short Term Convergence Projectª). Nahezu zeitgleich zur Veröffentlichung der 13 überarbeiteten Rechnungslegungsstandards des IASB im Rahmen des ¹Improvement Projectª, nämlich am 15. 12. 2003, veröffentlichte das FASB einen Exposure Draft (ED) zum Thema ¹Accounting Changes and Error Correctionsª3). Dieser ED lehnt sich eng an die Neuregelung des IAS 8 an. Die Neuregelung des IAS 8 ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Die jeweiligen Arten von Jahresabschlussänderungen und ihre bilanzielle Behandlung werden detailliert erläutert. Ein Überblick über die wesentlichen Neuerungen im Vergleich zur Regelung nach IAS 8 (revised 1993) werden zudem in einem gesonderten Abschnitt diskutiert. II. Die bilanzielle Behandlung von Jahresabschlussänderungen nach IAS 8 (revised 2003) 1. Überblick Entscheidungsnützliche Informationen für bestehende und potenzielle Investoren bereitzustel128 len, wird vom IASB als oberstes Ziel eines IFRSAbschlusses formuliert4). So heiût es in F.125): ¹The objective of financial statements is to provide information about the financial position, performance and changes in financial position of an enterprise that is useful to a wide range of users in making economic decisionsª. Notwendige Voraussetzung für die Entscheidungsnützlichkeit von IFRS-Abschlüssen ist ihre Konsistenz und damit ihre Vergleichbarkeit6). Die Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen ist allerdings nicht gesichert, wenn bereits veröffentlichte Abschlüsse nachträglich geändert werden, oder wenn ein Unternehmen in Folgeperioden alternative und damit nicht konsistente Schätzungen bzw. Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden verwendet7). Damit die genannten Abschlusseigenschaften dennoch gewährleistet sind, regelt das IASB in IAS 8, wie l ¾nderungen von Schätzungen im Rahmen der Bewertung (changes in accounting estimates; IAS 8.32-.40), l ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (changes in accounting policies; IAS 8.14-.31) und l die Korrektur von Fehlern (Errors; IAS 8.41-.49) bilanziell abzubilden sind. Die Regelungen des IAS 8 sind für Geschäftsjahre ab dem 1. 1. 2005 verbindlich. Eine frühere Anwendung ist erwünscht; auf sie muss jedoch im Anhang gesondert hingewiesen werden8). Die erstmalige Aufstellung eines IAS/IFRS-Abschlusses als besondere Form einer Methodenänderung fällt nicht unter die Regelungen des IAS 8; sie wird durch IFRS 1 (First-time Adoption of International Financial Reporting Standards) 1) Vgl. hierzu auch die Zielsetzung des ¹Improvement Projectª, IASB (Hrsg.), Exposure Draft of Proposed Improvements to International Accounting Standards, 2002, S. 6. 2) Ist im Folgenden von IAS 8 die Rede, so ist damit der überarbeitete Standard (IAS 8 [revised 2003]) gemeint. Wird Bezug auf den derzeit noch gültigen Standard genommen, ist dies entsprechend kenntlich gemacht. 3) Der angeführte Exposure Draft ¹Accounting Changes and Error Correctionsª ist im Volltext unter www.fasb.org abrufbar. 4) Vgl. Framework F.12 i.V.m. F.10. 5) Zu den Bilanzierungsinteressen von Aktionären und Analysten, welche es mit den IFRS primär zu befriedigen gilt, vgl. Ballwieser, KoR 2001 S. 161 f. 6) Zur qualitativen Anforderung der Vergleichbarkeit an in einen IFRS-Abschluss eingehende Informationen vgl. Baetge/Kümmel, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht-Kommentar, Einführung, Abschn. E Rdn. 845; Kleekämper/ Knorr/Somes/Bischof/Doleczik, in: Baetge u.a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IAS, 2. Aufl. 2002, IAS 1, Rdn. 58-63; Christensen/Demski, Accounting Theory, 2003, S. 427 ff. 7) Vgl. Cairns, Applying International Accounting Standards, 3. Aufl. 2002, S. 137. 8) Zu den Regelungen des IAS 8 (revised 1993) vgl. Zülch/ Willms, StuB 2004 S. 11 ff.; Heuser/Theile, IAS-Handbuch, 2003, S. 42-49; Biener/Blaum, in: Baetge u.a. (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 6), IAS 8 Rdn. 57-104. KoR 4/2004 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Abb. 1: Prinzip einer prospektiven Anpassung geregelt9). Auch sind ¾nderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gesondert zu behandeln, wenn sie aus der erstmaligen Anwendung eines neuen oder überarbeiteten IFRS oder IFRIC resultieren (IAS 8.19(a)). Maûgeblich sind in diesem Zusammenhang zunächst Übergangsvorschriften des anzuwendenden neuen oder überarbeiteten Standards bzw. der Interpretation. Nur wenn solche Vorschriften fehlen, gelten gem. IAS 8.19(b) die allgemeinen Regelungen zur retrospektiven Behandlung einer Bilanzierungs- und Bewertungsmethodenänderung (IAS 8.22). Ungeachtet spezieller Übergangsregelungen werden in IAS 8.28 indes für erstmalige Anwendungen eines neuen oder überarbeiteten IFRS bzw. einer neuen oder überarbeiteten Interpretation allgemeine Angabeerfordernisse festgelegt. 2. ¾nderungen von Schätzungen (changes in accounting estimates) Schätzungen sind im Rahmen der bilanziellen Darstellung unternehmensbezogener Sachverhalte oftmals unumgänglich10). Erforderlich sind Schätzungen genau dann, wenn Abschlussinformationen nur unvollständig ermittelbar sind, oder die Kosten ihrer Beschaffung in einem Missverhältnis zu ihrem Nutzen stehen (¹balance between benefit and costª; F.44). Als Beispiele für solche Sachverhalte, die regelmäûig Schätzungen bedingen, lassen sich nennen (IAS 8.32): l mögliche Wertminderungen von Vorräten aufgrund von Überalterung (IAS 2.28 [revised 2003]), l die Ermittlung von Nutzungsdauer und Abschreibungsverlauf bei abnutzbaren Vermögenswerten des Anlagevermögens (IAS 16.56 [revised 2003]), l die Bemessung von Rückstellungen (IAS 37.36), l der Ansatz von finanziellen Vermögenswerten und Schulden zum beizulegenden Zeitwert (IAS 39.43, .46 bzw. .47 [revised 2003]) oder l die Bewertung zweifelhafter Forderungen (IAS 39.58-.70 [revised 2003]). Verändern sich im Zeitablauf durch neue Informationen oder Erfahrungen die Umstände, welche ursächlich für die vormals unternommene Schätzung waren, kann sich dies auf die Schätzungsgrundlage auswirken (IAS 8.34). Eine Revision der zuvor erfolgten Schätzungen wird u.U. erforderlich, da die Würdigung eines Sachverhalts stets auf der Grundlage der zuletzt verfügKoR 4/2004 baren Informationen zu erfolgen hat (IAS 8.32). Bei den resultierenden Anpassungsbeträgen handelt es sich regelmäûig nicht um Fehlerkorrekturen11) (IAS 8.34 und IAS 8.48). Von zu korrigierenden Fehlern kann hierbei nur dann gesprochen werden, wenn wesentliche bewertungsrelevante Informationen keinen Eingang in die ursprüngliche Schätzungen gefunden haben und die Schätzung somit von Anfang an falsch und irreführend für den Abschlussleser war12). Geht aus einem Sachverhalt nicht eindeutig hervor, ob es sich um eine Schätzungsänderung oder eine ¾nderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden handelt, ist der Sachverhalt als Schätzungsänderung unter Angabe weiterführender Informationen zu behandeln (IAS 8.35). Dies gilt grundsätzlich auch für die ¾nderung von Abschreibungsmethoden bei Vermögenswerten des Sachanlagevermögens (IAS 16.61) oder bei immateriellen Vermögenswerten (IAS 38.94). In Ausnahmefällen wird jedoch auch die Bilanzierung als Methodenänderung diskutiert13). ¾nderungen von Schätzungen sind regelmäûig erfolgswirksam und prospektiv im IAS/IFRS-Abschluss zu erfassen (vgl. Abb. 1). Handelt es sich um ¾nderungen, die sich lediglich auf das Berichtsjahr beziehen, werden die Auswirkungen nur im betroffenen Jahr erfasst (IAS 8.36(a); z.B. bei der Bewertung zweifelhafter Forderungen). Strahlt die ¾nderung indes auch auf Folgeperioden aus, sind die Auswirkungen der ¾nderungen von Schätzungen jeweils in der Periode zu erfassen, die sie betreffen (IAS 8.36(b)). Eine Nutzungsdaueranpassung betrifft z.B. den Abschreibungsaufwand des Berichtsjahrs sowie aller Folgejahre innerhalb der Restnutzungsdauer (IAS 8.38)14). Der Einfluss der Schätzungsänderung auf Vermögenswerte, Schulden oder das Eigenkapital ist durch Anpassung des Buchwerts der betroffenen Posten zu berücksichtigen (IAS 8.37). 9) Zu IFRS 1 vgl. ausführlich Pellens/Detert, KoR 2003 S. 369 ff.; Hayn/Bösser/Pilhofer, BB 2003 S. 1607 ff. sowie Theile, DB 2003 S. 1745 ff. 10) Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 7. Aufl. 2003, S. 686; Lüdenbach, in: Haufe IAS-Kommentar, S. 677 Rdn. 31. 11) Zu Ausnahmetatbeständen vgl. Biener/Blaum, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 61. 12) Vgl. ebenso Mackenzie/Simmonds, International Accounting Standards, 3. Aufl. 2001, S. 94. 13) Vgl. Epstein/Mirza, IAS 2003, 2003, S. 733 f. 14) Zu verschiedenen Erfassungsmethoden von Schätzungsänderungen vgl. ausführlich Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach internationalen Standards, 2002, Abschn. 3 Rdn. 117-119. 129 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Art und Betrag einer Schätzungsänderung sind anzugeben (IAS 8.39). Wo diese Angaben zu erfolgen haben, wird allerdings durch IAS 8.39 nicht konkretisiert. Eine Anhangangabe erscheint indes sachgerecht15). Von der Vorschrift des IAS 8.39 darf abgewichen werden, wenn die ¾nderung für den aktuellen IFRS-Abschluss oder IFRS-Abschlüsse in Folgejahren nicht von wesentlicher Bedeutung ist bzw. sein wird. Stehen der Ermittlung vorbenannter Angaben Praktikabilitätsüberlegungen entgegen, so muss diese Tatsache berichtet werden (IAS 8.40). Wird aufgrund eines Zweifels über die Natur einer Anpassung eine Schätzungsänderung ± anstatt einer Bilanzierungs- und Bewertungsmethodenänderung ± berichtet, so ist auch dies anzugeben (IAS 8.39). ¾nderungen von Schätzungen sind regelmäûig erfolgswirksam und prospektiv im IAS/IFRS-Abschluss zu erfassen. Handelt es sich um ¾nderungen, die sich lediglich auf das Berichtsjahr beziehen, werden die Auswirkungen nur im betroffenen Jahr erfasst. Strahlt die ¾nderung indes auch auf Folgeperioden aus, sind die Auswirkungen der ¾nderungen von Schätzungen jeweils in der Periode zu erfassen, die sie betreffen. 3. ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (changes in accounting policies) Sämtliche Grundsätze, Grundlagen, Konventionen, Regeln und Verfahren, die das Unternehmen nutzt, um seinen IFRS-Abschluss auf- bzw. darzustellen (IAS 8.5), werden unter den Oberbegriff der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (accounting policies) gefasst. Die erstmalige Wahl der Neubewertungsmethode für Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte gilt nicht als Methodenänderung i.S.d. IAS 8.5 (IAS 8.17; zur Behandlung der erstmaligen Anwendung der Neubewertungsmethode bei Sachanlagevermögen vgl. IAS 16.31-.42; bei immateriellen Vermögenswerten vgl. IAS 38.64-.78). Analog gilt diese Ausnahme für die erstmalige Bewertung von Grundstücken und Gebäuden zum beizulegenden Zeitwert, wenn diese als Finanzinvestitionen gehalten werden (IAS 40.33 i.V.m. IAS 40.81)16). Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind nur dann zu ändern bzw. der Stetigkeitsgrundsatz ist nur dann zu durchbrechen17), wenn entweder l ein Standard oder eine Interpretation dies vorschreibt (IAS 8.14(a)), oder l wenn die Darstellung der unternehmensbezogenen Sachverhalte bzw. der Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage durch die ¾nderungen verbessert wird (IAS 8.14(b)). Ausgenommen von den Beschränkungen und damit nicht als ¾nderung der Bilanzierungsund Bewertungsmethoden sowie Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes anzusehen ist zum einen die Anwendung von Bilanzierungsund Bewertungsmethoden auf Geschäftsvorfälle, die sich grundsätzlich von vergangenen Geschäftsvorfällen unterscheiden. Ausgangspunkt hierfür können z.B. neue Produkte sein, deren 130 Produktion grundlegend anders als die Produktion bisheriger Produkte ist. Bei diesen neuen Produkten kann eine Verbrauchsfolge für die verwendeten Vorräte angenommen werden, die von der gängigen Übung abweicht. Zum anderen sind bisher nicht aufgetretene oder bislang als unwesentlich eingestufte Geschäftsvorfälle von dem indirekten ¾nderungsverbot des IAS 8.14 ausgenommen (IAS 8.16(a) und (b)). Geänderte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind regelmäûig retrospektiv anzuwenden (IAS 8.19(b)). Indes besteht die Möglichkeit, die ¾nderungen rein prospektiv zu erfassen, also auf Anpassungen für Vorjahre zu verzichten. Das IASB erlaubt dies, sofern die Ermittlung des kumulierten oder auf eine Periode bezogenen Anpassungseffekts impraktikabel ist (impracticable, IAS 8.23-.25). Die Anwendung einer Regelung ist gem. IAS 8.5 als impraktikabel anzusehen, wenn die Regelung durch den Einsatz aller wirtschaftlich vertretbaren Mittel nicht umgesetzt werden kann. Im Fall der retrospektiven Anpassung gilt dies insbesondere, wenn l der Anpassungseffekt nicht bestimmbar ist, l Annahmen über Intentionen des Managements früherer Perioden zur Bestimmung der Anpassung nötig wären oder l zur retrospektiven Anpassung in erheblichem Umfang Schätzungen notwendig sind und dabei Informationen zur Bilanzierung, die vor Veröffentlichung des Abschlusses bekannt waren, von anderen Informationen nicht klar zu trennen sind (IAS 8.5). Bei einer retrospektiven Anwendung (retrospective application) werden alle Vorjahresdaten unter der Annahme angepasst, die neu angewendeten Methoden seien von jeher angewendet worden (IAS 8.5; vgl. Abb. 2 auf S. 131). Auf dieser Grundlage wird das Datenmaterial der Vorjahre aufbereitet und der Anpassungsbedarf ermittelt; der Anpassungsbedarf bezieht sich hierbei grundsätzlich auf alle dem Berichtsjahr vorgelagerten Perioden. Indes wird dieser Zeitraum dadurch begrenzt, dass die retrospektive Anpassung nicht impraktikabel werden darf (IAS 8.23). Bei der Aufbereitung werden regelmäûig nur direkte Effekte der ¾nderung berücksichtigt. Ein Beispiel ist die ¾nderung der Abschreibungshöhe bei einer alternativen Ausübung des Wahlrechts für die Aktivierung von Fremdkapitalkosten (IAS 23.7 und .11). Diesbezüglich stellen aus der ¾nderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden resultierende latente Steuerwirkungen eine Ausnahme dar. Sie sind als indirekte Effekte bei der retrospektiven Anpassung zu berücksichtigen und gem. IAS 12 (Income Taxes) zu bilanzieren (IAS 8.4). 15) Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O. (Fn. 14), Abschn. 3 Rdn. 125. 16) Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O. (Fn. 14), Abschn. 3 Rdn. 58. 17) Zur Bilanzierungsstetigkeit als Darstellungsstetigkeit (consistency) vgl. IAS 1.27 (revised 2003) und als Vergleichbarkeit (comparability) vgl. F.39-.42 sowie IAS 1.36-.41 (revised 2003). Zur Darstellungsstetigkeit vgl. auch Kleekämper/Knorr/Somes/Bischof/Doleczik, a.a.O. (Fn. 6), Rdn. 38-46; Heuser/Theile, a.a.O. (Fn. 8), S. 42-44 sowie Ammann/Müller, IFRS ± International Financial Reporting Standards, 2004, S. 74. KoR 4/2004 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Abb. 2: Prinzip einer retrospektiven Anpassung Die Anpassungen erfolgen gem. IAS 8.22 erfolgsneutral. Der Anpassungsbetrag wird mit dem Saldovortrag des betroffenen Eigenkapitalpostens im aktuellen Berichtsjahr verrechnet (vgl. I. in Abb. 2). Regelmäûig handelt es sich hierbei um die Gewinnrücklagen (IAS 8.22 und IAS 8.26)18). Der Anpassungsbetrag wird neben dieser Verrechnung im Berichtsjahr in den Vergleichsinformationen aufgesplittet dargestellt. Ein Teil wird mit dem Saldovortrag des betroffenen Eigenkapitalpostens der frühesten dargestellten Periode verrechnet, und zwar die Summe aller Anpassungsbeträge, die vor dieser frühesten dargestellten Periode anfallen (vgl. II. in Abb. 2). Der Rest der Anpassungssumme entfällt auf den Vergleichszeitraum, für den Informationen im Abschluss offen gelegt werden (vgl. III. in Abb. 2). Dieser Anpassungsbetrag wird auf der Grundlage der retrospektiven Anwendung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden in der angepassten GuV des Vergleichsjahres aufgeführt, wodurch i.S.d. qualitativen Anforderungen der Vergleichbarkeit (comparability; F.39-.42) an die Abschlussinformationen den Abschlussadressaten vergleichbare Vorjahreszahlen zur Verfügung gestellt werden19). Die Wirkung der erfolgsneutralen Methodenänderung liegt indes in Höhe des gesamten Anpassungsbetrags im Berichtsjahr20). Sie ergibt sich als Summe aus den Anpassungen für nicht mehr im aktuellen Bericht dargestellte Perioden (vgl. II. in Abb. 2) und den Anpassungen für das Vorjahr (vgl. III. in Abb. 2). Im aktuellen Berichtsjahr resultiert diese Anpassung aus der Veränderung der Saldenvorträge der angesprochenen Eigenkapitalposten (vgl. I. in Abb. 2). Zusätzlich hierzu sind auch bei der Ermittlung der Earnings per Share, im Anlagengitter, im Segmentbericht sowie in der Kapitalflussrechnung Anpassungen resultierend aus Methodenänderungen zu beachten. Resultieren aus einer ¾nderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden Auswirkungen auf die Berichtsperiode oder eine frühere Periode oder sind Auswirkungen auf künftige Perioden zu erwarten, sind Zusatzangaben vornehmlich im Anhang vorgeschrieben (IAS 8.29). Anzugeben sind (IAS 8.29): l die Art der Methodenänderung, l die Gründe, wegen derer die Methodenänderung zu relevanteren Informationen führt, KoR 4/2004 l periodenweise die Anpassungsbeträge für jeden betroffenen Abschlussposten sowie, bei Geltung von IAS 33 (Earnings per Share), für den unverwässerten sowie den verwässerten Gewinn je Aktie, l der kumulierte Anpassungsbetrag aus dem Zeitraum, für den keine Vergleichsinformationen mehr berichtet werden, sowie l die Tatsache, dass Vergleichsinformationen angepasst worden sind bzw. diese Anpassung wegen mangelnder Praktikabilität unterlassen wurde. Geänderte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind regelmäûig retrospektiv anzuwenden. Indes besteht die Möglichkeit, die ¾nderungen rein prospektiv zu erfassen, also auf Anpassungen für Vorjahre zu verzichten. Das IASB erlaubt dies, sofern die Ermittlung des kumulierten oder auf eine Periode bezogenen Anpassungseffekts impraktikabel ist. Zudem hat das bilanzierende Unternehmen darüber zu berichten, wenn ein veröffentlichter, aber noch nicht geltender Standard oder eine solche Interpretation vom Unternehmen im aktuellen Abschluss nicht angewendet wurde (IAS 8.30(a)). In einem solchem Fall sind zudem Angaben über die erwarteten Folgen aus der Erstanwendung des neuen Standards bzw. der neuen Interpretation auf den Abschluss zu machen (IAS 8.30(b); eine detaillierte Auflistung der erwarteten Angaben wird in IAS 8.31 gegeben). Beispiel: Im Geschäftsjahr 2003 hat die P-AG, die in der Petrochemiebranche tätig ist, ihre Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden dahingehend geändert, dass Fremdkapitalkosten, die dem Kauf eines im Bau befindlichen Steamcrackers zugerechnet werden können, nunmehr nicht gem. IAS 23.11 (alternativ zulässige Methode) aktiviert werden. Durch einen solchen Steamcracker soll in kommenden Jahren unter Zusatz von Wasserdampf Rohbenzin aufgespalten werden. Die anfallenden Fremdkapitalkosten sollen künftig in dem Jahr, in dem sie anfallen, erfolgswirksam in der GuV erfasst werden. Diese direkte Erfassung im Periodenaufwand entspricht der Benchmark-Methode des IAS 23.7. Als Grund für die ¾nderung führt die P-AG an, dass durch die neu gewählte Methode eine verbesserte Darstellung vor allem der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens gelänge. Auch sieht man 18) Vgl. Kirsch, BBK 2003 S. 416 f. 19) Vgl. auch IAS 8, Basis of Conclusion Par. 7(b) 20) Vgl. Wagenhofer, Internationale Rechnungslegungsstandards, 4. Aufl. 2003, S. 181. 131 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung sich mit der neu gewählten Methode in Übereinstimmung mit der gängigen Praxis der Branche. Hierdurch soll eine höhere Vergleichbarkeit des Abschlusses der P-AG mit Abschlüssen von Mitbewerbern erreicht werden. Zu Beginn des Geschäftsjahres 2002 waren bereits Fremdkapitalkosten, die dem Steamcracker zugerechnet werden konnten, i.H.v. 7000 GE durch die P-AG aktiviert worden. Im Laufe des Geschäftsjahres wurden weitere Fremdkapitalkosten (4500 GE) aktiviert. Da sich die Anlage in 2002 noch nicht in einem betriebsbereiten Zustand befand und folglich nicht im betrieblichen Leistungserstellungsprozess eingesetzt werden konnte, sind bislang keine Abschreibungen erfasst worden. Neben dem Steamcracker verfügt die P-AG über eine Anlage zur Herstellung eines von ihr patentierten Weichmachers, der in der Produktion v.a. von Lebensmittelfolien und medizinischen Artikeln Einsatz findet. Auch beim Kauf dieser Anlage wurden Fremdkapitalkosten aktiviert (12 000 GE). Anders als beim Steamcracker wird mit dieser Anlage bereits seit Anfang 1999 produziert. Von diesem Geschäftsjahr ausgehend wird die Anlage über zehn Jahre linear abgeschrieben (der Anteil der Fremdkapitalkosten an den Jahresabschreibungen bis Ende 2001 beträgt insgesamt 3600 GE, im Jahr 2002 1200 GE). In 2002 berichtete die P-AG: GE 100 000 Umsatzerlöse Umsatzbezogene Aufwendungen 77 000 Gewinn vor Ertragsteuern und Zinsen 23 000 Zinsaufwand 0 Gewinn vor Ertragsteuern 23 000 6 900 Ertragsteuern Gewinn nach Steuern 16 100 Tab. 1: Auszug aus der Gewinn- und Verlustrechnung der P-AG zum 31. 12. 2002 In 2003 wurden Umsätze i.H.v. 145 000 GE erzielt; diesen Umsätzen standen Aufwendungen i.H.v. 120 000 GE zuzüglich 5000 GE Zinsaufwendungen, die sich rein auf das Geschäftsjahr 2003 beziehen, gegenüber. Die Ertragsteuerverpflichtung des Unternehmens belief sich auf 6000 GE; Grundlage hierfür war ein Ertragsteuersatz von 30%. Aus Vereinfachungsgründen wird von der Bilanzierung latenter Steuern abstrahiert. Für 2002 berichtete die P-AG einen Saldovortrag der Gewinnrücklagen i.H.v. 80 000 GE und einen Endbestand der Gewinnrücklagen von 96100 GE. Die Anteile an der P-AG werden nicht öffentlich gehandelt; das Ergebnis je Aktie wird durch das Unternehmen nicht berichtet. 2003 (geändert) 2002 GE GE Umsatzerlöse 145 000 100 000 Umsatzbezogene Aufwendungen 120 000 75 800 25 000 24 200 5 000 4 500 20 000 19 700 6 000 5 910 14 000 13 790 Gewinn vor Ertragsteuern und Zinsen Zinsaufwand Gewinn vor Ertragsteuern Ertragsteuern Gewinn nach Steuern Tab. 2: Auszug aus der Gewinn- und Verlustrechnung der P-AG zum 31. 12. 2003 132 Die umsatzbezogenen Aufwendungen wurden für das Jahr 2002 korrigiert. Durch die Methodenänderung wurde auch die Aktivierung der Fremdkapitalkosten rückgängig gemacht, die der Weichmacher-Anlage zuzurechnen waren. Aus dem hierdurch reduzierten Buchwert der Anlage ergibt sich eine gegenüber den ursprünglich berichteten Werten geringere Jahresabschreibung. Diese Minderung der Abschreibung senkt die umsatzbezogenen Aufwendungen um 1200 GE. Neben diesem positiven Effekt werden Fremdkapitalkosten für den Steamcracker i.H.v. 4500 GE nun nicht mehr aktiviert. Sie stellen Zinsaufwand dar. Aus diesen zwei Effekten ergibt sich eine Nettoerhöhung des Aufwands vor Steuern von 3300 GE (4500 GE ± 1200 GE). Durch den gestiegenen Aufwand wird die Grundlage zur Steueraufwandsermittlung reduziert. Hierdurch wird die Ertragsteuerzahllast um 990 GE im Vergleich zur ursprünglichen Bilanzierungspraxis gemindert. Die beschriebene Gesamtanpassung 2310 GE (3300 GE ± 990 GE) wird in Abb. 2 durch III. dargestellt. Über die Eigenkapitalveränderungen der P-AG wird in 2003 wie in Tab. 3 auf S. 133 dargestellt berichtet. Der Saldo der Gewinnrücklagen zum 31. 12. 2001 wird durch den Abzug von 10 780 GE um Effekte aus nicht mehr dargestellten Vorperioden (vgl. II. in Abb. 2) korrigiert. Diesem Posten liegen zunächst 15 400 GE an aktivierten Fremdkapitalkosten aus nicht dargestellten Vorperioden zugrunde, die nach der neu gewählten Methode erfolgswirksam hätten erfasst werden müssen. In diesen Betrag flieûen aus der Weichmacher-Anlage Fremdkapitalkosten i.H.v. 8400 GE (12 000 GE ± 3600 GE) ein. Hierbei wird berücksichtigt, dass im Zeitraum von der Inbetriebnahme der Weichmacher-Anlage in 1999 bis zum 31. 12. 2001 bereits 3600 GE durch planmäûige Abschreibungen erfolgswirksam erfasst wurden und deshalb nicht mehr zu korrigieren sind. Der Restbetrag von 7000 GE resultiert aus bislang aktivierten Fremdkapitalkosten des Steamcrackers. Der Korrekturbedarf für nicht mehr dargestellte Vorperioden besteht jedoch nicht in Höhe der vollen 15 400 GE, da die Grundlage zur Steueraufwandsermittlung für denselben Zeitraum um diesen Betrag gesenkt wird. Der hieraus resultierende positive Steuereffekt für das Unternehmen beträgt bei einem unterstellten Ertragsteuersatz von 30% 4620 GE und führt zu einem verminderten Korrekturbedarf von nur noch 10 780 GE (anstatt 15 400 GE). Der in Abb. 2 durch I. dargestellte Gesamteffekt, der sich aus der geänderten Behandlung der Fremdkapitalkosten ergibt, zeigt sich in der ¾nderung des Saldovortrags der Gewinnrücklagen zum 31. 12. 2002 (vgl. Tab. 4 auf S. 133). 4. Korrektur von Fehlern (errors) Fehler in Abschlüssen aus Vorperioden (prior period errors) können im gesamten Bilanzierungsprozess auftreten. Ein Vorjahresabschluss steht nicht mit den IFRS in Einklang, wenn er Fehler enthält, die entweder materiell sind oder absichtlich herbeigeführt wurden, um ein bestimmtes Bild der Unternehmenslage zu zeichnen (IAS 8.41). Diese Vorjahresabschlüsse erfüllen nicht mehr die Forderung nach Relevanz (relevance; F.26-.30) und Zuverlässigkeit (reliability; F.31-.38) der verarbeiteten Abschlussinformationen und bieten dem Abschlussadressaten somit keine entscheidungsnützliche Information für seine wirtschaftlichen Entscheidungen21). Aus diesem Grund müssen solche Fehler retrospektiv korrigiert werden. Bei der Korrektur (retrospective restatement) ist von der Annahme aus21) Vgl. Cairns, a.a.O. (Fn. 7), S. 230. KoR 4/2004 Beispiel: Die A-AG stellte während des Geschäftsjahres 2003 fest, dass sie im vorangegangenen Geschäftsjahr 2002 Abschreibungen auf eine Anlage i.H.v. 3500 GE doppelt erfasst hatte (gebuchter Betrag: 7000 GE). In 2003 erzielte die A-AG einen Umsatz i.H.v. 185 000 GE, dem Aufwendungen i.H.v. 170 000 GE (3500 GE Jahresabschreibung 2003 sind hierin enthalten) gegenüber standen; hinzu kamen 4500 GE an zu entrichtender Ertragsteuer. In 2002 berichtete die A-AG: GE Umsatzerlöse 170 000 Umsatzbezogene Aufwendungen 148 500 Gewinn vor Ertragsteuern Ertragsteuern Gewinn nach Steuern 21 500 6 450 15 050 Tab. 5: Auszug aus der Gewinn- und Verlustrechnung der A-AG zum 31. 12. 2002 KoR 4/2004 (geändert) Gewinnrücklagen gez. Kapital u. Kapitalrücklagen Saldo zum 31. 12. 2001 GE GE GE 55 000 80 000 135 000 ±10 780 ±10 780 69 220 124 220 13 790 13 790 83 010 138 010 ¾nderung der Methoden zur Bilanzierung von Fremdkapitalkosten (zzgl. 4620 GE Ertragsteuern) Saldo zum 31. 12. 2001 (geändert) 55 000 Gewinn nach Steuern zum 31. 12. 2002 (geändert) Saldo zum 31. 12. 2002 55 000 Gewinn nach Steuern zum 31. 12. 2003 Saldo zum 31. 12. 2003 Summe 55 000 14 000 14 000 97 010 152 010 Tab. 3: Eigenkapitalveränderungsrechnung der P-AG zum 31. 12. 2003 GE Saldo zum 31. 12. 2002 (alt) ± ± GE 96 100 Effekt aus der Anpassung von nicht mehr im aktuellen Berichtsjahr dargestellten Vorperioden (II. in Abb. 2) ±10 780 Gewinnschmälerung für den Vergleichszeitraum (16 100 GE ± 13 790 GE) (III. in Abb. 2) ±2 310 Gesamter ¾nderungseffekt (I. in Abb. 2) ±13 090 Saldo zum 31. 12. 2002 (geändert) 83 010 Tab. 4: Darstellung des Gesamteffekts der Methodenänderung Für 2002 berichtete die A-AG einen Saldovortrag der Gewinnrücklagen i.H.v. 70 000 GE, der Endbestand der Gewinnrücklagen betrug 85 050 GE. Die Aktien der A-AG stehen nicht öffentlich zum Handel; die Unternehmung berichtet nicht ihr Ergebnis je Aktie. Für die Ertragsteuerermittlung wurde ein Steuersatz von 30% angenommen. Von latenten Steuerwirkungen wird abstrahiert. 2003 (geändert) 2002 GE GE Umsatzerlöse 185 000 170 000 Umsatzbezogene Aufwendungen 170 000 145 000 15 000 25 000 4 500 7 500 10 500 17 500 Gewinn vor Ertragsteuern Ertragsteuern Gewinn nach Steuern Tab. 6: Auszug aus der Gewinn- und Verlustrechnung der A-AG zum 31. 12. 2003 Der Fehler, Abschreibungen i.H.v. 3500 GE doppelt im Abschluss 2002 erfasst zu haben, wird rückgängig gemacht. Die umsatzbezogenen Aufwendungen wurden um diesen Betrag gemindert. Hieraus folgt ein steigender Vorsteuergewinn, der eine Erhöhung der Steuerzahllast um 1050 GE nach sich zieht. Aus diesen gegenläufigen Effekten ± sinkende Aufwendungen und steigende Steuerlast ± ergibt sich ein um 2450 GE gestiegener Gewinn nach Steuern. Dieser Nachsteuereffekt wird in Abb. 2 durch III. dargestellt. In der Eigenkapitalveränderungsrechnung (vgl. auch Tab. 7 auf S. 134) spiegelt sich die Fehlerkorrektur in einem um 2450 GE erhöhten Saldo der Gewinnrücklagen zum 31. 12. 2002 wider. Weitere Anpassungen ± z.B. für Auswirkungen der Fehlerkorrektur auf Jahre vor dem letzten dargestellten Abschluss (vgl. II. in 133 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung zugehen, der Fehler sei nie aufgetreten (IAS 8.5). Für die Aufbereitung der Vergleichsinformationen wird der Korrekturbetrag aufgeteilt ± und zwar auf den Zeitraum vor der ersten im Abschluss dargestellten Periode sowie auf den Vergleichszeitraum, über den im Anschluss berichtet wird. Der Teil des Korrekturbetrags, der aus nicht mehr im aktuellen Abschluss dargestellten Perioden resultiert, wird kumuliert mit dem Saldovortrag der Vermögenswerte, Schulden und des Eigenkapitals des frühesten Jahres verrechnet, über das berichtet wird (IAS 8.42(b)). Der Restbetrag, welcher sich auf den berichteten Vergleichszeitraum bezieht, wird durch Anpassung der Vergleichszahlen erfasst (IAS 8.42(a)). Hierdurch wird der Annahme Rechnung getragen, der Fehler sei nie aufgetreten (IAS 8.5). Im aktuellen Berichtsjahr zeigt sich die bilanzielle Wirkung der Fehlerkorrektur lediglich in den veränderten Saldovorträgen der betroffenen Eigenkapitalposten; sie ist erfolgsneutral (IAS 8, Guidance on Implementing, Example 1). Wie auch bei Methodenänderungen ist eine Korrektur allerdings daran geknüpft, dass die periodenspezifischen Anpassungsbeträge sowie der kumulierte Gesamteffekt auf praktikablem Wege ermittelt werden können (IAS 8.43; vgl. auch IAS 8.50-.53). Überdies bestehen Rückwirkungen auf die Ermittlung der Earnings per Share, auf das Anlagengitter, den Segmentbericht sowie die Kapitalflussrechnung. Das bilanzierende Unternehmen muss zusätzlich folgende Informationen vornehmlich im Anhang angegeben (IAS 8.49): l die Art des Fehlers in Vorperioden, l für die Berichtsperiode und für jede zusätzlich offen gelegte Periode den Korrekturbetrag je betroffenem Abschlussposten sowie, bei Geltung von IAS 33 (Earnings per Share), den Effekt auf den unverwässerten sowie den verwässerten Gewinn je Aktie, l die Summe der Berichtigungsbeträge aus dem Zeitraum vor der frühesten Periode, über die berichtet wird, sowie l den Hinweis, dass die Vergleichsinformationen angepasst wurden bzw. detaillierte Informationen, wenn die Anpassung der Vergleichsinformationen unterblieb, da diese Anpassung impraktikabel gewesen wäre. Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung gez. Kapital u. Kapitalrücklagen Saldo zum 31. 12. 2001 GE GE GE 70 000 131 000 17 500 17 500 87 500 148 500 61 000 Gewinn nach Steuern zum 31. 12. 2003 Saldo zum 31. 12. 2003 Summe 61 000 Gewinn nach Steuern zum 31. 12. 2002 (geändert) Saldo zum 31. 12. 2002 (geändert) Gewinnrücklagen 61 000 10 500 10 500 98 000 159 000 Tab. 7: Eigenkapitalveränderungsrechnung der A-AG zum 31. 12. 2003 Abb. 2) ± ergeben sich nicht, da der Fehler einmalig ist und sich nur auf das Jahr 2002 bezieht. Der Effekt aus 2002 (vgl. III. in Abb. 2) fällt mit dem Gesamteffekt (vgl. I. in Abb. 2) der Korrektur zusammen. III. ¾nderungen zur noch gültigen Regelung des IAS 8 (revised 1993) Im Rahmen des am 18. 12. 2003 mit der Veröffentlichung von 13 überarbeiteten Standards abgeschlossenen ¹Improvement Projectª des IASB wurden auch die hier diskutierten Regelungen bzgl. Jahresabschlussänderungen im Vergleich zur bisherigen Regelung des IAS 8 (revised 1993) weitgehend überarbeitet und in die, in vorstehenden Absätzen beschriebene, Form gebracht. Folgende wesentlichen ¾nderungen haben sich durch das ¹Improvement Projectª in IAS 8 ergeben22): l Für die Behandlung von ¾nderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie der Korrektur von grundlegenden Fehlern wurde die, ehemals als bevorzugte Methode bezeichnete, retrospektive und erfolgsneutrale Anpassung als einzige Abbildungsmöglichkeit zugelassen. Die nur noch für Jahresabschlüsse bis zum 31. 12. 2004 alternativ zulässige Methode, die eine erfolgswirksame Erfassung des Anpassungs- bzw. Korrekturbedarfs unter Beibehaltung der Vorjahresinformationen erlaubt, wurde hingegen ersatzlos gestrichen. Methodenänderungen sowie Fehler werden nach der überarbeiteten Version des IAS 8 bilanziert, als seien die Methoden schon immer angewendet worden bzw. der Fehler nie aufgetreten. l Auf die vormalige Unterscheidung zwischen wesentlichen und grundlegenden Fehlern wurde verzichtet (IAS 8.41 i.V.m. IAS 8.BC 12). Die mit dieser Unterscheidung einhergehenden bilanziellen Wahlrechte wurden zudem eliminiert. So waren wesentliche, aber nicht grundlegende Fehler in dem Jahr, in dem sie aufgedeckt wurden, erfolgswirksam zu erfassen (IAS 8.31 [revised 1993]). Grundlegende Fehler hingegen mussten retrospektiv erfasst werden: entweder nach Maûgabe der bevorzugten Methode (IAS 8.34-.37 [revised 1993]) oder nach der alternativ zulässigen Methode (IAS 8.38-.40 [revised 1993]). Nach der bevorzugten Methode war der zur Fehlerkorrektur notwendige Anpassungsbetrag erfolgsneutral mit dem Saldovortrag der Gewinnrücklagen zu ver134 rechnen. Nach der alternativ zulässigen Methode hingegen war der Korrekturbetrag erfolgswirksam in der GuV des Berichtjahres anzusetzen. An die Stelle der Unterscheidung zwischen wesentlichen und grundlegenden Fehlern tritt nun das Konstrukt des Fehlers aus Vorperioden (prior period errors). l Die Möglichkeit, Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden auf Grundlage von nationalem Recht ändern zu können, wurde aufgehoben. So durfte gem. IAS 8.42 (revised 1993) eine Bilanzierungs- und Bewertungsmethode aufgrund einer ¾nderung im nationalen Rechnungslegungsrecht geändert werden, sofern die neu zu verwendende Bilanzierungs- und Bewertungsmethode auch nach den geltenden IFRS zulässig war23). l Der Verzicht auf die Anpassung von Vergleichsinformationen ist in Fällen erlaubt, in denen dies impraktikabel ist. Die hierfür genutzte Formulierung ¹impracticableª wurde beibehalten, jedoch durch eine Definition und Interpretationshilfen konkretisiert (IAS 8.5 i.V.m. IAS 8.23-.25). Überdies wurden die Begriffe ¹retrospektive Anwendungª (retrospective application) und ¹prospektive Anwendungª (prospective application) eingehend definiert (IAS 8.5). l Unternehmen sind durch den veränderten Standard nunmehr verpflichtet, auf veröffentlichte, indes noch nicht verpflichtende Standards und Interpretationen hinzuweisen, sofern das Unternehmen diese im Berichtsjahr nicht freiwillig angewendet hat. Auch sind nun Effekte auf den Abschluss der Erstanwendung des neuen Standards/der neuen Interpretation zu zeigen (IAS 8.30). Zusätzlich zu diesen Anpassungen, die sich auf die Bilanzierung von ¾nderungen in IFRS-Abschlüssen beziehen, wurde der Titel des IAS 8 geändert, um zu dokumentieren, dass die Regelungen zur GuV, die sich in IAS 8 (revised 1993) befunden hatten, in IAS 1 (revised 2003) ± mit Veränderungen ± übertragen wurden. Hingegen wird die Auswahl von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden in Fällen, in denen kein Standard/keine Interpretation anwendbar ist ± also Regelungslücken bestehen ±24), in aktualisierter Form nun in IAS 8 geregelt (IAS 8.10-.12) und nicht mehr in IAS 1 (revised 1997). Kritisch zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass mit der Neuregelung des IAS 8 noch viel weitgehender als bislang gegen das Kongruenzprinzip der externen Rechnungslegung verstoûen wird25). Gemäû dem Kongruenzprinzip soll die Summe der jeweiligen Periodenerfolge mit dem Totalerfolg des bilanzierenden Unternehmens übereinstimmen, d.h. über die gesamte Lebensdauer des bilanzierenden Unternehmens haben sich die Summe von Auszahlungen und 22) Zu den Regelungen des IAS 8 (revised 1993) vgl. auch Zülch/Willms, StuB 2004 S.11 ff. sowie im Überblick Förschle/Holland/Kroner, Internationale Rechnungslegung, 6. Aufl. 2003, S. 26-31. 23) Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O. (Fn. 14), Rdn. 61 f. 24) Vgl. ausführlich zur Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS Ruhnke/Nerlich, DB 2004 S. 389 ff. 25) Zur Bedeutung des Kongruenzprinzips für die externe Rechnungslegung vgl. Schildbach, DB 1999 S. 1813 ff. KoR 4/2004 IV. Zusammenfassung Insgesamt ist zur bilanziellen Behandlung von Jahresabschlussänderungen nach IAS 8 abschlieûend Folgendes festzuhalten: 1) Werden Schätzungen im Rahmen der Bewertung geändert, sind diese ¾nderungen rein prospektiv zu behandeln. Von den Anpassungen sind lediglich der aktuelle Abschluss sowie die Abschlüsse künftiger Perioden betroffen. Rückwirkungen auf Abschlüsse der Vorjahre existieren nicht (IAS 8.36-.37). 2) Eine solche Rückwirkung besteht indes, wenn ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorliegen. In diesem Fall hat die ¾nderung retrospektiv zu erfolgen, d.h. unter der Annahme, man verwende die neu gewählten Methoden von jeher29) (IAS 8.19 i.V.m. IAS 8.5, IAS 8.22). Der Anpassungsbedarf aus der retrospektiven Anwendung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden wird erfolgsneutral mit dem Saldovortrag des betroffenen Eigenkapitalpostens verrechnet (IAS 8.22). Zudem werden die Vergleichsinformationen aus Vorjahren annahmegemäû angepasst (IAS 8.22). 3) Bei der Behandlung von Fehlerkorrekturen wird auf materielle Fehler aus Vorperioden abgestellt, sowie auf bewusst in Vorperioden eingebaute immaterielle bzw. unwesentliche Fehler, wenn diese mit dem Ziel in den Jahresabschluss aufgenommen wurden, einen falschen Eindruck von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des bilanzierenden Unternehmens zu erwecken (IAS 8.41). Für Vorjahresfehler (prior period KoR 4/2004 Vorschrift ¾nderung IAS 8.5 n Detaillierte Erläuterung der Begriffe ¹retrospektive Anwendungª (retrospective application) und ¹prospektive Anwendungª (prospective application); n detaillierte Erläuterung des Begriffs der ¹impraktikablen Anwendungª (impracticable). IAS 8.10-.12 Behandlung von Regelungslücken nunmehr in IAS 8 geregelt (Festlegung der Reihenfolge im Vorgehen): 1. Rückgriff auf Regelungen anderer IFRS oder Interpretationen, welche ähnliche Sachverhalte behandeln; 2. Rückgriff auf die Regelungen im Framework; 3. Rückgriff auf die Verlautbarungen anderer Standardsetter. IAS 8.13 Explizite Beachtung des Stetigkeitsgebots bei der Wahl von Bilanzierungsund Bewertungsmethoden (vgl. auch SIC-18). IAS 8.14 Eine ¾nderung im nationalen Recht kann künftig nicht mehr ursächlich für die ¾nderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sein. IAS 8.22 ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind zwingend retrospektiv und erfolgsneutral zu behandeln. IAS 8.30 Angabe der bilanziellen Auswirkungen, welche sich aus der künftigen Anwendung geänderter IFRS ergeben, sofern diese Standards bereits veröffentlicht, aber noch nicht verpflichtend anzuwenden sind. IAS 8.41 i.V.m. IAS 8.BC 12 Verzicht auf die Unterscheidung zwischen grundlegenden Fehlern und übrigen wesentlichen Fehlern. IAS 8.42 Die Korrektur von Fehlern hat zwingend retrospektiv und erfolgsneutral zu erfolgen. IAS 8.54 Verbindliche Anwendung der Neuregelung für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. 1. 2005 beginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist erwünscht und muss im Anhang angegeben werden. Tab. 8: ¾nderungen von IAS 8 im Vergleich zur noch gültigen Regelung des IAS 8 (revised 1993) Ausstrahlungswirkung auf andere IFRS IAS 7.29 f.; IAS 12.62(b), .80(h), .81(b), .83; IAS 14.8, .60, .77 f.; IAS 19.131, .142, .160; IAS 20.20 ff.; IAS 22.100; IAS 23.30; IAS 34.17, .24 f., .27, .43 f.; IAS 35.41, .42, .50; IAS 36.13, .120 f.; IAS 37.94; IAS 38.120; IFRS 1. Tab. 9: Von der Neuregelung des IAS 8 berührte Standards errors) gilt die retrospektive, erfolgsneutrale Verrechnung mit dem Saldovortrag des betroffenen Eigenkapitalpostens. Die Vorjahresinformationen sind anzupassen (IAS 8.42). Ausgenommen sind Fehler der aktuellen Periode; es wird davon ausgegangen, dass diese vor Veröffentlichung behoben werden und deshalb keinen Korrekturbedarf nach sich ziehen (IAS 8.41). Mit der Neufassung von IAS 8 wird das IASB der eingangs angeführten Zielsetzung des ¹Improvement Projectª gerecht. Wahlrechte im Rahmen der bilanziellen Behandlung von Jahresabschlussänderungen werden beseitigt und sprachliche Konkretisierungen vorgenommen, wie bei der Auslegung des Begriffs ¹impracticableª. Darüber hinaus ist mit dieser Regelung ein weiterer Schritt in Richtung einer internationalen Akzeptanz der IFRS unternommen worden. So lehnt sich das FASB mit seinem kürzlich veröffentlichten ED ¹Accounting Changes and Error Correctionsª eng an die Neuregelung von IAS 8 an. 26) Zu den Arten von Kongruenzverstöûen vgl. Heyd, Internationale Rechnungslegung, 2003, S. 659. 27) Bzgl. der erfolgsneutralen Verrechnung von Jahresabschlussänderungen im Eigenkapitalspiegel vgl. detailliert Kirsch, BBK 2003 S. 416 f. 28) Vgl. ebenso Schildbach, DB 1999 S. 1820. 29) Vgl. Wagenhofer, a.a.O. (Fn. 20), S. 181. 135 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Aufwendungen sowie die Summe von Einzahlungen und Erträgen zu entsprechen. War diese Entsprechung bisher im Rahmen der bilanziellen Behandlung auftretender ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie von Fehlerkorrekturen noch durch das Wahlrecht zu erlangen, diese ¾nderungen alternativ erfolgswirksam zu erfassen, so ist eine Entsprechung auf Basis der Neuregelung nahezu ausgeschlossen. Durch die nunmehr zwingend erfolgsneutrale Erfassung auftretender ¾nderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie von Fehlerkorrekturen entstehen permanente Kongruenzverstöûe26), welche die Verbindung zwischen Periodenergebnis und Totalerfolg des bilanzierenden Unternehmens durchbrechen. Auch der Ausweis dieser ¾nderungen unter den Anpassungen der Gewinnrücklagen im IFRS-Eigenkapitalspiegel bringt nicht die erforderliche Transparenz27). Die Folgen der dargestellten mangelnden Kongruenz eines IFRS-Abschlusses sind weitreichend. Die bilanzpolitischen Freiräume der nach IFRS bilanzierenden Unternehmen werden erweitert und den bilanzierenden Unternehmen wird es damit ermöglicht, ihre Periodenerfolge dauerhaft einseitig zu verzerren28). Eine gegenläufige künftige Erfolgswirkung und damit die Egalisierung des vormals aufgetretenen Kongruenzverstoûes ist ausgeschlossen. Abschlieûend sind die gesamten ¾nderungen in IAS 8 im Vergleich zur noch gültigen Regelung des IAS 8 (revised 1993) nochmals tabellarisch in Tab. 8 dargestellt. Überdies werden die von der Neuregelung des IAS 8 berührten Standards in Tab. 9 aufgeführt.