Die Themen - Evangelischer Beratungsdienst für Frauen

Transcrição

Die Themen - Evangelischer Beratungsdienst für Frauen
JAHRESBERICHT
2014
Evangelischer Beratungsdienst für Frauen
Heßstraße 12 und
Schellingstraße 65
80799 München
Träger:
Tel. 089/287783-0
Fax 089/287783-26
www.frauenberatungsdienst-muenchen.de
Tel. 089/12 69 91 340
gefördert durch
Evangelisches Hilfswerk München
Landshuter Allee 38b
80637 München
Inhalt
1. Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen ................................................. 3
1.1
Entwicklung ....................................................................................................... 3
1.2
Unser Beratungsansatz in der Arbeit mit Frauen in besonderen sozialen
Schwierigkeiten.................................................................................................. 4
1.3
Unsere Ziele ...................................................................................................... 5
1.4
Unsere Förderer und Spender ........................................................................... 6
1.5
MitarbeiterInnen des Evangelischen Beratungsdienstes für Frauen ................... 6
1.6
Gesamtstatistik .................................................................................................. 7
2. Evangelischer Beratungsdienst für Frauen – Stationäres Wohnen ................ 12
2.1
Teilbetreutes Wohnen für junge volljährige Frauen ...................................... 13
2.2
Wohnheim und Dezentrales Stationäres Wohnen ........................................ 16
3. Evangelischer Beratungsdienst für Frauen – Ambulante Beratung und
Freie Straffälligenhilfe ..................................................................................... 23
4. Evangelischer Beratungsdienst für Frauen – Unterstütztes Wohnen .............. 32
4.1
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung ................................................................ 33
4.2
Unterstütztes Wohnen / Betreute Wohngemeinschaften .................................. 39
4.3
Unterstütztes Wohnen / Integrationshilfen........................................................ 42
4.4
Unterstütztes Wohnen / Integrationshilfen für Frauen mit Kindern.................... 45
5 Anhang ........................................................................................................... 50
5.1
Öffentlichkeits- und Gremienarbeit ................................................................... 50
5.2
Praxisanleitung und Fortbildung ....................................................................... 51
München, 30.04.2015
Herausgeberinnen:
Nadja Dobesch-Felix, Monika Schmidt, Barbara Thoma
Einrichtungsleiterinnen
2
1
Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen
1.1
Entwicklung
Ausgehend von unseren seit 1966 bestehenden Bereichen Wohnheim, Freie Straffälligenhilfe und Ambulanter Beratungsdienst konnten wir bis heute ein differenziertes Hilfeangebot für Frauen in besonderen sozialen Schwierigkeiten entwickeln.
So
eröffneten
wir
1986
die
erste
von
inzwischen
neun
sozialpädagogisch
betreuten Wohngemeinschaften für Frauen; aktuell verfügen wir über 22 WG-Plätze.
Das Angebot Teilbetreutes Wohnen für junge volljährige Frauen entstand im Jahr 2000
aus unseren Wohngemeinschaften für Frauen: Wir hatten festgestellt, dass sehr junge
WG-Bewohnerinnen eine intensivere Betreuung mit eigens konzipiertem Hilfeangebot
brauchen. Im Berichtsjahr standen neun Wohngruppenplätze für junge volljährige Frauen
zur Verfügung. Im Jahr 2001 entstand das Unterstützte Wohnen für Menschen, deren
soziale Schwierigkeiten mit einer psychischen Erkrankung verbunden sind. Das Angebot
richtet sich an Menschen, die ergänzende Hilfen benötigen, um sich den Wohnraum zu
erhalten. 2009 wurde die Platzzahl in diesem Bereich erhöht, sodass wir hier insgesamt
über 30 Plätze verfügen.
Im Rahmen des Konzepts Unterstütztes Wohnen schufen wir 2004 die Integrationshilfen.
Dieses Konzept richtet sich an Frauen, die nach dem Aufenthalt im Wohnheim, den
Wohngemeinschaften oder anderen Einrichtungen des Evangelischen Hilfswerks München unsere Hilfe und Unterstützung beim Neuanfang in der eigenen Wohnung benötigen. Die Nachbetreuung ist auf maximal zwei Jahre befristet. In diesem Bereich stehen
uns mittlerweile insgesamt 20 Plätze zur Verfügung.
Das Dezentrale Stationäre Wohnen entstand 2004. In enger Anbindung an das Wohnheim haben wir mittlerweile 18 neue Plätze in Außenwohngruppen geschaffen. Die Konzeption entspricht weitgehend der des Wohnheims.
Im Jahr 2007 startete unser Projekt Vermittlung von Müttern minderjähriger Kinder in gemeinnützige Arbeit bei uneinbringlicher Geldstrafe. Dieses ambulante Beratungsangebot
ist in den Bereich Freie Straffälligenhilfe / Ambulanter Beratungsdienst eingebunden.
1990 gründeten wir unsere Mutter-Kind-Gruppe. Seit 2011 findet das bis dahin nur durch
Spenden finanzierte und mit ehrenamtlichem Engagement geleistete Angebot seine
Fortführung in den Integrationshilfen für Frauen mit Kindern. 15 Mütter, die bereits in
einer eigenen Wohnung leben, können in diese Maßnahme aufgenommen werden.
Seit Januar 2011 beraten wir Angehörige von vorwiegend in der Justizvollzugsanstalt
Stadelheim inhaftierten Männer. Seit November 2013 können sich diese Angehörigen
auch online beraten lassen.
3
1.2
Unser Beratungsansatz in der Arbeit mit Frauen in besonderen sozialen
Schwierigkeiten
Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen setzt sich für die Verbesserung der Lebenslagen von Frauen im Wohnungsnotfall ein. Gerade in Zeiten des Gender
Mainstreaming gilt es, genau hinzusehen und wieder deutlich Position für eine frauenspezifische Soziale Arbeit zu beziehen, um speziell der Benachteiligung von wohnungslosen Frauen gezielt entgegenzuwirken.
Frauen im Wohnungsnotfall sind eine sehr heterogene Gruppe mit sehr individuellen und
spezifischen Problemen, aber auch mit vielen Gemeinsamkeiten. Sie leben ihre Wohnungslosigkeit häufig verdeckt, niemand soll wissen, in welcher Situation sie stecken.
Auslöser für akute Wohnungslosigkeit sind in der überwiegenden Zahl der Fälle Trennung oder Scheidung sowie erlittene körperliche Gewalt im häuslichen Umfeld. In einigen Fällen tritt sie aber auch nach der Entlassung aus einer Haftanstalt oder aus Krankenhäusern und Therapieeinrichtungen auf. Erfahrungen von sexualisierter physischer
und psychischer Gewalt prägen diese Frauen in vielen Fällen schon von frühester Kindheit an und führen zu vielfältigen Traumatisierungsstörungen.
Hinzu kommt das Armutsrisiko, das für Frauen eine deutlich größere Rolle spielt als für
Männer. Fehlende Berufsausbildung, niedrige Qualifizierung und vielfach langjährige
Pausen der Kindererziehung sowie atypische Beschäftigungsverhältnisse schwächen die
Position von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und führen nicht nur zu geringerem Einkommen, sondern auch zu einer schlechteren Alterssicherung. Insbesondere Alleinerziehende sind davon betroffen.
Meist haben diese Frauen keine funktionierenden sozialen Netzwerke mehr. Fehlender
Kontakt zur Herkunftsfamilie, fremduntergebrachte Kinder und fehlende oder gewaltgeprägte Partnerschaften führen zu extremer Vereinsamung, in deren Erleben sich die
Frauen am Ende selbst aufgeben.
Ein frauengerechtes Hilfesystem, das den Erfahrungen der betroffenen Frauen Rechnung trägt, muss an deren spezifischen Lebenslagen anknüpfen. Beispielsweise benötigen diese Frauen die Option, sich – gerade aufgrund ihrer Erfahrungen als Opfer von
meist männlichen Gewalttätern – ausschließlich von Sozialarbeiterinnen beraten zu lassen. Sie benötigen nach wie vor geschützte Räume, in denen sie vor Gewalt sicher sein
können und in denen ihre Selbstbestimmung und Autonomie sowie ihre Ressourcen
gefördert werden. Sie benötigen und wünschen sich besondere Qualifizierungs- und
Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Insbesondere aber brauchen sie preisgünstige Wohnungen, die ihnen die Chancen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft weiter eröffnen. Daher sehen wir es als unsere Aufgabe, nicht nur im Einzelfall,
sondern auch in der Vernetzungsarbeit mit den vielfältigen Akteuren der Wohnungslo4
senhilfe und der spezifischen Hilfesysteme an den Schnittstellen (wie zur Jugendhilfe
oder zur Sozialpsychiatrie), der Sozialpolitik, der Sozialhilfeverwaltung, Arbeitgebern,
Justiz u. v. m. tragfähige Strukturen zur Unterstützung dieser Frauen weiter zu stärken
und auszubauen.
1.3
Unsere Ziele
Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen ist eine Einrichtung mit unterschiedlichen
Angeboten für Frauen, die sich in existenziellen materiellen, sozialen und persönlichen
Notlagen befinden. Unser Ziel war immer, Konzeptionen zu erarbeiten, die individuelle
und flexible Hilfen ermöglichen, sodass die Frauen auf der Basis einer gesicherten Existenzgrundlage ihre eigenen Fähigkeiten und Ressourcen entdecken und wieder nutzen
können.
Wir helfen unseren Klientinnen in folgenden Bereichen

Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten

Persönlichkeitsentwicklung

Wohnen und Existenzsicherung

Verbesserung der Lebensbedingungen und der sozialen Chancen

Vermeidung von Wohnungslosigkeit

Wiedereingliederung

Selbsthilfe
Dabei setzen wir auf

die Verbesserung von Lebenschancen statt Strafe

die Verbesserung der realen Lebensbedingungen und existenzsichernde Hilfen

eine durchgehende Betreuung sowie

individuelle und flexible Hilfen.
5
1.4
Unsere Förderer und Spender
Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen kann diese umfangreichen Hilfen nur
durch die großzügige und engagierte Unterstützung von Stiftungen und Spendern gewährleisten. Insbesondere in der Einzelfallhilfe, wo meist schnell und unbürokratisch
Hilfe geleistet werden muss, für die Arbeit mit den Angehörigen Inhaftierter und für die
Mutter-Kind-Arbeit sind wir dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
Wir danken sehr herzlich folgenden Spendern:
1.5

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e. V.

Beckenbauer-Stiftung

Deutsche Fernsehlotterie

Intel

Stiftung ANTENNE BAYERN hilft

Sternstunden e. V.

Marianne-Strauß-Stiftung

Kröner-Stiftung

Omnicom Media Group Germany GmbH

Ludwig Beck AG

Münchner Geschenke-Regen

Kaufhof Charity Baum Aktion

St.-Markus-Gemeinde

Münchner Tafel e.V.

Frauen helfen Frauen

und allen privaten Spendern, die unsere Arbeit so großzügig unterstützen!
MitarbeiterInnen des Evangelischen Beratungsdienstes für Frauen
Das Team des Evangelischen Beratungsdienstes für Frauen besteht aus 40 Sozialarbeiterinnen, einer Erzieherin, fünf Verwaltungsfachkräften, einem Hausmeister, mehreren
Praktikantinnen der Sozialen Arbeit, drei geringfügig angestellten Mitarbeiterinnen im
Nachtdienst, 45 ehrenamtlichen Mitarbeitenden und drei Einrichtungsleiterinnen.
Wir danken an dieser Stelle unseren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
sowie allen Kolleginnen und Kollegen für ihre engagierte Arbeit!
6
1.6
Gesamtstatistik
1.6.1
Betreute Frauen in den jeweiligen Arbeitsbereichen*
Arbeitsbereich
Plätze
Im Jahr 2014 betreut
Ambulante Beratung
–
515
Frauen
Freie Straffälligenhilfe (Inhaftierte)
–
161
Frauen
Vermittlung von Müttern minderjähriger Kinder
in gemeinnützige Arbeit
–
29
Frauen
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
30
36
Frauen
Integrationshilfen
20
29
Frauen
Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
12
16
Frauen
Betreute WG für Erwachsene
22
34
Bewohnerinnen
9
19
Bewohnerinnen
Wohnheim
22
45
Bewohnerinnen
Dezentrales stationäres Wohnen
18
36
Bewohnerinnen
Gesamt
133
920
Betreutes Wohnen für junge volljährige Frauen
Klientinnen
* Mehrfachnennungen möglich
Die Gesamtzahl der betreuten Frauen ist 2014 im Vergleich zum Vorjahr (886 Klientinnen) wieder leicht gestiegen. Der Hauptanteil wird von der Ambulanten Beratungsstelle
betreut und wird zu 63 % innerhalb eines halben Jahres abgeschlossen (siehe Statistik
„Verweildauer“ S. 30). Die Verweildauer in den anderen Bereichen liegt in der Regel bei
über einem Jahr.
Verteilung der betreuten Frauen nach Einrichtungen des Ev. Beratungsdienstes
11%
12%
Ambulante Beratung
Unterstütztes Wohnen
Stationäres Wohnen
77%
Mehrfachnennungen möglich
7
1.6.2
Sozialstruktur
1.6.2.1 Altersverteilung
Arbeitsbereich
Alter der betreuten Frauen
≤ 20
21–25
26–29
30–39
40–49
50–59
≥ 60
Ambulante
Beratung
8
41
51
122
121
96
76
Freie Straffälligenhilfe
3
10
28
49
30
27
14
Vermittlung von Müttern in
gemeinnützige Arbeit
–
1
5
14
7
2
–
1–2–3 Wohnen
Beratung Betreuung
–
1
4
9
7
7
8
Integrationshilfen
–
5
5
8
4
5
2
Integrationshilfen für Frauen
mit Kindern
–
1
4
4
6
1
–
Betreute WG für
Erwachsene
–
7
5
7
12
2
1
Betreutes Wohnen für junge
volljährige Frauen
1
17
1
–
–
–
–
Wohnheim
1
11
6
9
7
9
2
Dezentrales Stationäres
Wohnen
1
3
5
8
8
7
4
Gesamt
14
97
114
230
202
156
107
Gesamt in Prozent
1,5
25
22
17
11,5
23
In den vergangenen Jahren verzeichnen wir kontinuierlich einen leichten Anstieg der
über 60- jährigen hilfesuchenden Frauen.
1.6.2.2 Minderjährige Kinder
In den verschiedenen Arbeitsbereichen des Beratungsdienstes wurden 216 Mütter beraten, deren Kinder (365) mit im Haushalt leben. Dem gegenüber stehen die Mütter mit
fremduntergebrachten Kindern. Hier ist allerdings eine gewisse Schnittmenge zu berücksichtigen.
Bei den Müttern lebend
Arbeitsbereich
Ambulante Beratung
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
Kinder
Mütter
331
197
3
3
31
16
8
Fremdunterbringung
Arbeitsbereich
Kinder
Mütter
Ambulante Beratung
106
67
Freie Straffälligenhilfe (JVA)
112
54
11
6
Integrationshilfen
9
6
Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
–
–
18
8
5
4
Wohnheim
33
22
Dezentrales Stationäres Wohnen
27
12
321
179
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
Betreute WG für Erwachsene
Betreutes Wohnen für junge volljährige Frauen
Gesamt
Mehrfachnennungen sind möglich
Der Anteil der Mütter mit fremduntergebrachten Kindern ist leicht angestiegen. In den
betreuten Wohnangeboten beträgt er 27 % und bei den inhaftierten Frauen 34 %. In der
ambulanten Beratungsstelle beträgt er „nur“ 13 %. Vor allem der Verlust ihrer Kinder
wegen Fremdunterbringung führt bei vielen Frauen zu einer resignativen Lebenshaltung
und im Extremfall zu Wohnungsverlust und Obdachlosigkeit.
1.6.2.3 Migrationshintergrund und Staatsangehörigkeit
Seit Jahren zeichnet sich eine Zunahme der Frauen mit Migrationshintergrund ab. Im
Jahr 2014 machte dieser Anteil mehr als die Hälfte der betreuten Frauen aus.
Migrationshintergrund
Ambulante Beratung
Ja
Nein
264
251
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
22
14
Integrationshilfen
14
15
Integrationshilfen Frauen mit Kindern
14
2
Betreute WG für Erwachsene
17
17
8
11
Wohnheim
20
25
Dezentrales Stationäres Wohnen
14
22
Gesamt
373
357
Gesamt in Prozent
51%
49%
2013
47%
53%
2012
41%
59%
Betr. Wohnen für junge volljährige Frauen
9
Staatsangehörigkeit
Deutsch
EU
Sonstige
Ambulante Beratung
278
79
158
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
25
6
5
Integrationshilfen
15
10
4
3
3
10
Betreute WG für Erwachsene
17
3
14
Betr. Wohnen für junge volljährige Frauen
12
3
4
Wohnheim
30
7
8
Dezentrales Stationäres Wohnen
24
6
6
Gesamt
404
117
209
Gesamt in Prozent
55%
16%
29%
2013
61%
15%
24%
2012
63%
14%
23%
Integrationshilfen Frauen mit Kindern
1.6.3 Problemfelder
1.6.3.1 Psychische Störungen
Arbeitsbereich
Im Jahr
2014
betreut
Keine
psych.
Auffälligkeiten
Vermutete
psych.
Erkrankung
Diagnostizierte
psych.
Erkrankung
Ambulante Beratung
515
316
118
81
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
36
–
–
36
Integrationshilfen
29
11
2
16
Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
16
7
2
7
Betreute WG für Erwachsene
34
21
5
8
Betreutes Wohnen für junge volljährige Frauen
19
9
5
5
Wohnheim
45
19
12
14
Dezentrales Stationäres Wohnen
36
14
11
11
Gesamt
730
397
155
178
Gesamt ohne 1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
694
397
155
142
57%
22,5%
20,5%
Gesamt (ohne 1–2–3) in Prozent
Unser Schwerpunkt liegt in der Beratung von Frauen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind. Die sehr schwierigen, oft gewaltgeprägten Lebenslagen der Klientinnen spiegeln sich in einer beeinträchtigten psychischen Gesundheit wider. Bei rund 20% der Frauen wird eine psychische Erkrankung
vermutet, eine genaue Abklärung scheitert jedoch häufig an der fehlenden Krankheitseinsicht. Hier setzt unser Hilfeangebot an und hat zum Ziel, die betroffenen Frauen
zur Aufnahme (fach-)ärztlicher Behandlung zu motivieren.
10
1.6.3.2 Vermittlungen in eigenen Wohnraum / adäquaten Wohnraum
Bei der Suche nach eigenem Wohnraum ist die massive Wohnungsnot in München
spürbar. Wir konnten 2014 nur 48 betreute Frauen in einen eigenen Wohnraum vermitteln bzw. bei der Umsetzung in eine geeignetere Wohnung unterstützen. Gegenüber
dem Vorjahr von 67 Vermittlungen bedeutet dies, dass 3,41 % weniger der betreuten
Frauen eine Wohnung fanden. Der Anteil der Vermittlungen in Sozialwohnungen liegt
unverändert bei 75 %. Drei Frauen bezogen Wohnungen mit einem Untermietvertrag.
Wir stufen den Untermietvertrag in der Regel als ein ungesichertes Wohnverhältnis ein.
Vermittlungen in eigenen Wohnraum
Sozialwohnungen
Frei finanzierte
Wohnungen
Untermietvertrag
17
3
–
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
–
–
–
Integrationshilfen
–
–
–
Integrationshilfen Mu- Ki
1
–
–
Betreute WG für Erwachsene
7
2
–
Betr. Wohnen für junge volljährige Frauen
3
–
1
Wohnheim
4
1
2
Dezentrales Stationäres Wohnen
4
3
–
36
9
3
Ambulante Beratung
Gesamt
Wohnungslose Frauen haben große Schwierigkeiten, sich auf dem freien Wohnungsmarkt zu behaupten. Der Bezug von Sozialleistungen, ehemalige Mietschulden, Arbeitslosigkeit und ein evtl. auffälliges Auftreten machen sie für Makler und potentielle Vermieter unattraktiv. Weitere Hindernisse bilden Faktoren wie Migrationshintergrund, Hautfarbe oder der Status der Alleinerziehenden. Die hohe Zahl der Sozialwohnungsvermittlungen hebt die große Bedeutung von Sozialwohnungen für die Stadt München einmal
mehr hervor. Wohnungslose Menschen haben momentan in München kaum Chancen
auf eine finanzierbare Wohnung mit eigenem Mietvertrag.
1.6.4
Bereichsübergreifende Aktivitäten
Aktivität
Teilnehmerinnen
Sommerfest am 30.07.2014
Stammtisch
(10 Termine)
Freitagsfrühstück
(21 Termine)
61 Gäste
8 Gäste durchschnittlich pro Termin
9 Teilnehmerinnen durchschnittlich pro Termin
11
2
Evangelischer Beratungsdienst für Frauen – Stationäres Wohnen
Leistungsangebote, Zielgruppen und Finanzierung
Der Evangelische Beratungsdienst für Frauen – Stationäres Wohnen – umfasst die intensiv betreuten Bereiche des Evangelischen Beratungsdienstes: das Betreute Wohnen
für junge Volljährige, das Wohnheim und das Dezentrale Stationäre Wohnen. Insgesamt
verfügen die drei Bereiche über 49 Plätze. Das Wohnheim und das Dezentrale stationäre Wohnen haben eine gemeinsame Leistungsvereinbarung und arbeiten sehr eng zusammen. Im Berichtsjahr wurden insgesamt 100 Klientinnen betreut.
Arbeitsbereich
Plätze
Im Jahr 2014 betreut
Betreutes Wohnen für junge volljährige Frauen
9
19
Bewohnerinnen
Wohnheim
22
45
Bewohnerinnen
Dezentrales Stationäres Wohnen
18*
36
Bewohnerinnen
Gesamt
49
100
Klientinnen
* Januar 2014 wurde der 18. Wohnplatz eingerichtet.
Das Wohnheim ist neben der Freien Straffälligenhilfe und dem Ambulanten Beratungsdienst der traditionsreichste und älteste Bereich des Evangelischen Beratungsdienstes
für Frauen. Von hier aus wurden im Laufe der Jahre die weiteren Angebote des Evangelischen Beratungsdienstes entwickelt. Vorgehalten werden 22 Einzelzimmer mit jeweils
eigener Nasszelle, über vier Etagen verteilt. Als ergänzendes stationäres Angebot entstand 2004 das Dezentrale Stationäre Wohnen. In enger Anbindung an das Wohnheim
wurden 18 Plätze in Außenwohngruppen geschaffen. Die Konzeption entspricht weitgehend der des Wohnheims. Das stationäre Angebot steht Frauen offen, die von besonderen sozialen Schwierigkeiten betroffen sind. Hier finden Frauen Aufnahme, deren Lebensverhältnisse sich vor allem in Wohnungslosigkeit und Straffälligkeit äußern und die
intensive stationäre Hilfe benötigen. Dem Wohnheim und dem Dezentralen Stationären
Wohnen liegt eine Entgeltfinanzierung des überörtlichen Sozialhilfeträgers (in der Regel
des Bezirks Oberbayern) gemäß § 67 SGB XII zugrunde. Bei jungen volljährigen Frauen,
die Unterstützung zur Persönlichkeitsentwicklung benötigen, kommen auch Leistungen
nach § 41 des SGB VIII in Betracht.
Das Angebot Teilbetreutes Wohnen für junge volljährige Frauen entstand im Jahr 2000
aus unseren ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Frauen. Wir hatten festgestellt, dass sehr junge WG-Bewohnerinnen eine intensivere Betreuung mit eigens konzi12
piertem Hilfeangebot brauchen. Im Berichtsjahr standen neun Wohngruppenplätze für
junge volljährige Frauen im Alter von 18 bis 21 Jahren zur Verfügung, die Unterstützung
bei der Persönlichkeitsentwicklung benötigen. Die jungen Frauen in diesem Bereich leiden alle an den Folgen äußerst benachteiligender sozialer Bedingungen. Für die Gewährung der Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung gemäß den §§ 35, 35a und 41 SGB VIII ist
die Jugendhilfe – in aller Regel das Stadtjugendamt München – zuständig.
Obwohl es nach unserer Beobachtung unverändert einen großen Hilfebedarf bei jungen
volljährigen Erwachsenen gibt, wurden unsere Wohnplätze von der Jugendhilfe in den
vergangenen Jahren kaum belegt, so dass dieses Angebot ab 2015 in das Dezentrale
Stationäre Wohnen integriert wird. Um den besonderen Anforderungen dieser Personengruppe gerecht zu werden, sollen die Wohngruppen schwerpunktmäßig mit jungen
Frauen ab 21 Jahren besetzt werden.
2.1
Teilbetreutes Wohnen für junge volljährige Frauen
Es ist uns ein großes Anliegen, die Personengruppe im Alter zwischen 18 und 21 Jahren
weiterhin nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade diese Phase der Adoleszenz ist
grundlegend für den weiteren Lebensweg – nach ersten Erfahrungen als Erwachsene
können Chancen besser gewürdigt und genutzt werden. Gerade bei den schwierigen
Lebensläufen können negativen Entwicklungen noch entgegengewirkt werden. Nicht alle
sind in der Lage, sich aus eigener Kraft oder mit ambulanter Unterstützung eine Existenzgrundlage zu schaffen, sondern benötigen weitergehend intensive Hilfe. Die jungen
Menschen, die sich an die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe wenden, befinden sich
in extremen sozialen Notsituationen, und dies zusätzlich zu ihrer meist nicht altersentsprechenden Persönlichkeitsentwicklung. Wir beobachten bei den meisten Betroffenen
eine erhebliche Reifeverzögerung, psycho-somatische Störungen, Essstörungen, Straffälligkeit, Suchtgefährdung, Versagensängste, Vereinsamung, soziale Ängste und damit
verbunden oft eine mangelnde Abgrenzungsfähigkeit gegenüber Bekannten und Freunden. In ihrer Kindheit haben sie massive Gewalt, auch sexualisierte Gewalt, und Vernachlässigung erlitten. Diese schwierigen Sozialisationsbedingungen führten oft dazu,
dass die jungen Frauen die Schule nicht erfolgreich abschließen konnten, geschweige
denn eine Ausbildung. Solche umfassenden Sozialisationsdefizite und die nicht vorhandene Unterstützung durch eine Familie führen dazu, dass junge Menschen in der Wohnungslosenhilfe „landen“. Sie brauchen eine intensive und diesem Lebensabschnitt angemessene Betreuung, Beratung und Begleitung. Ein Ziel unserer Hilfe soll selbstverständlich die Vermittlung in eine eigene Wohnung sein. Dies aber nur dann, wenn davon
auszugehen ist, dass der junge Mensch die Anforderungen des selbstständigen Wohnens auch erfüllen kann. Es ist auch außerhalb dieser Zielgruppe keineswegs üblich
13
oder gesellschaftlicher Standard, dass junge Volljährige in einer eigenen Wohnung leben. Neuere Forschungen der Entwicklungspsychologie belegen zudem, dass sich die
Adoleszenz immer länger hinzieht. Gerade die Arbeit mit jungen volljährigen Wohnungslosen benötigt intensive zeitliche und personelle Ressourcen und eine enge Kooperation
zwischen Jugendhilfe und Wohnungslosenhilfe. Ein Vorteil des Evangelischen Beratungsdienstes für Frauen ist, dass er die Möglichkeit bietet, an der Schnittstelle 21. Lebensjahr auch nach Beendigung der Jugendhilfe die Hilfemaßnahme bei Bedarf intensiv
nach SGB XII weiterzuführen, ohne dass Wohnplatz und Bezugsbetreuerin gewechselt
werden müssen.
Teilbetreutes Wohnen für junge volljährige Frauen – Statistische Daten
Im Berichtsjahr 2014 wurden 19 junge Frauen betreut (9 Wohnplätze). Es zogen 10 neue
Bewohnerinnen in das Teilbetreute Wohnen ein und 11 aus.
Vorstellungsgespräche
Zahl der Gespräche
2013
2014
21
19
Wohnen
Wohnsituation
vor Aufnahme
Wohnsituation
nach Auszug
2013
2014
2013
2014
Eigene Wohnung
–
–
5
3
Bei Eltern / Familie
5
2
–
2
Bei Bekannten / Freunden / PartnerIn
6
5
2
2
Betreute Jugendeinrichtung
1
1
1
–
Maßnahmen nach § 67 SGB XII
3
1
–
4
Andere Einrichtungen
1
2
–
–
KBO oder sonst. psychiatrische Klinik
–
2
–
–
Notunterkunft (inkl. Karla 51)
3
3
1
–
JVA
1
1
2
–
Ohne Unterkunft
–
2
–
–
Die Wohnsituation vor der Aufnahme spiegelt die gravierenden sozialen Notlagen wider,
aus denen heraus die jungen Frauen Hilfe suchen. Acht Frauen waren vor Aufnahme
ohne Unterkunft und hielten sich bei Bekannten und Freunden auf. Drei Frauen wurden
aus dem Frauenobdach KARLA 51 und eine aus dem Haus Agnes vermittelt. Eine Bewohnerin zog nach erfolgreichem Abschluss einer Essstörungsbehandlung in die Wohngruppe ein.
14
Nach Beendigung der sozialpädagogischen Maßnahme bezogen drei Bewohnerinnen
eigene Mietwohnungen. Eine Bewohnerin entschied sich für eine ambulant betreute
Wohnform. Zwei Frauen zogen in das Wohnheim und eine in das Dezentrale Stationäre
Wohnen um. Zwei weitere Frauen zogen in die Wohnung des Partners mit ein.
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Wohnen
100
Psychische Auffälligkeit
42
Umgang mit Behörden
100
Sucht
37
Arbeit/Ausbildung
84
Erziehung/Kinder
21
Finanzielle Notlage
79
Gesundheit/Hygiene
11
Soziale Kontakte
74
Straffälligkeit
11
Alltagsbewältigung
74
Kognitive Einschränkung
11
Gewalterfahrung
63
Ausländerrechtliche Probleme
–
Tagesstrukturierung
63
Analphabetismus
–
Schulden
47
In der intensiv betreuten Maßnahme sind die Problemfelder der Bewohnerinnen vielfältig. Alle benötigen Unterstützung beim Umgang mit den Behörden und bei den wenigsten war das Thema „Arbeit/Ausbildung“ derart geregelt, dass sie aktuell keinen Unterstützungsbedarf haben.
Vermittlung in Schulen oder Ausbildung (Mehrfachnennungen möglich)
2013
2014
Ausbildung/Schule
5
5
Minijob
3
2
Versicherungspflichtige Arbeit
2
2
Qualifizierende Maßnahme
2
7
Praktikum
–
3
Fünf Bewohnerinnen befanden sich im Berichtsjahr in einem Ausbildungsverhältnis, wobei vier bereits im Jahr 2013 (Hotelfachfrau, Einzelhandel, Dekorationsnäherin, Fremdsprachenkorrespondentin) ihre Ausbildung begonnen hatten. Eine Bewohnerin hat im
Laufe des Jahres 2014 einen Ausbildungsplatz (Rechtsanwaltsfachangestellte) angetreten. In den qualifizierenden Maßnahmen war u.a. die Erreichung des Hauptschulabschlusses bzw. des Qualifizierenden Hauptschulabschlusses das Ziel. Weiterhin befanden sich zwei Bewohnerinnern in einer versicherungspflichtigen Vollzeitarbeitsstelle.
15
2.2
Wohnheim und Dezentrales Stationäres Wohnen
Das Geschehen im Jahr 2014

Personalwechsel Leitung
Nach langjähriger, erfolgreicher Leitung des stationären Bereiches des Evangelischen Beratungsdienstes ist Frau Barbara Thoma zum 01.10.2014 in den Bereich
der Ambulanten Beratung/Freie Straffälligenhilfe als Einrichtungsleitung gewechselt.
Wir möchten ihr hiermit für ihren intensiven Einsatz ganz herzlich danken und ihr
weiterhin viel Erfolg und Glück wünschen! Seit Oktober 2014 leitet die bisherige
Stellvertreterin, Frau Monika Schmidt, den stationären Bereich des Evangelischen
Beratungsdienstes für Frauen.

Renovierungen
Erfreulicherweise konnten im Jahr 2014 erneut zwei Bäder der Bewohnerinnenzimmer sowie die Klientinnen-/Besucherinnentoilette im Erdgeschoss komplett saniert
werden. Nachdem in 2013 bereits alle Fenster der Südseite des Wohnheimes in der
Heßstraße 12 ausgetauscht wurden, konnte in 2014 die Gebäuderückseite ebenso
saniert werden. Beides hat sich auf die geringere Erwärmung im Sommer bzw. die
Wärmehaltung im Winter spürbar ausgewirkt und sich erfreulicherweise auch in unseren Heizungsausgaben abgezeichnet.

Einweihungsfeier der neuen Räume und 10jähriges Jubiläum des Dezentralen
stationären Wohnens in München-Giesing am 17. Juli 2014
Neue Büroräume in der Wieskirchstraße 1 konnten zum Jahreswechsel 2013/2014
nach kleineren Umbaumaßnahmen und Vervollständigung der Einrichtung bezogen
werden. Es handelt sich hierbei um ein eingeschossiges kleineres Gebäude, das
seinen eigenen Charme besitzt.
Der Umzug des Dezentralen Stationären Wohnens war bereits länger gewünscht,
da sich der dringende Bedarf nach einer größeren Büroeinheit herauskristallisiert
hatte. Die geeigneten Räumlichkeiten waren jedoch nicht so einfach zu finden. Die
neuen Räume befinden sich nun in einer Entfernung von nur ca. 100 Meter „Luftlinie“ zu den vier Wohneinheiten der Klientinnen des Dezentralen Stationären Wohnens (Chiemgau- und Schloßbergstraße).
Aufgrund der Größe der Räumlichkeiten zog das Team des Teilbetreuten Wohnens
für junge volljährige Frauen, das zur selben Zeit auf Bürosuche war, mit in die
Wieskirchstraße 1 ein.
Bei schönstem Sonnenschein fand am 17.07.2014 die offizielle Einweihungsfeier
statt. Gleichzeitig konnten wir das 10-jährige Bestehen des Dezentralen Stationä16
ren Wohnens würdigen. Schon vor 10 Jahren war die Wohnungsnot groß gewesen.
Damals mussten Bewerberinnen für einen stationären Wohnplatz bis zu einem halben Jahr auf eine Aufnahme warten. Im Juli 2004 wurde mit einem neuen Konzept
gestartet und die ersten stationären Außenwohngruppen in Denning und Giesing
angemietet. Im Laufe der Zeit konnte das Angebot immer weiter ausgebaut werden,
so dass heute zeitnah aufgenommen werden kann.
Nach den Grußworten von Frau Andrea Betz (Bereichsleiterin Wohnungslosen- und
Straffälligenhilfe Frauen) und Frau Thoma (Einrichtungsleiterin Stationäres Wohnen) wurden die Arbeit des Dezentralen Stationären Wohnens und des Teilbetreuten Wohnens für junge volljährigen Frauen vorgestellt. Die Palette der Gäste, die
sich unter die Gastgeberinnen vom Evangelischen Beratungsdienst gemischt hatten, war erfreulicherweise sehr „bunt gefächert“: frühere und aktuelle Bewohnerinnen der Einrichtung, ein Sachbearbeiter des Bezirkes Oberbayern, Vertreter der
Vermieterseite GEWOFAG, der Mitarbeitervertretung des Evangelischen Hilfswerkes gGmbH, Kolleginnen und Kollegen von anderen Einrichtungen sowie der anderen Bereiche des Evangelischen Beratungsdienstes. Die Räumlichkeiten waren dekoriert mit Fotos, kreativen Ergebnissen aus unserer Malgruppe und den Einladungsschreiben unserer Angebote an die Klientinnen. Somit konnte nebenbei ein
Einblick in unsere Tagesstrukturangebote genommen werden. Auch wurden Führungen durch die Wohngruppen des Dezentralen Stationären Wohnens angeboten.
Wir freuen uns über die rege Teilnahme, positiven Begegnungen und vielen guten
Gespräche.
Statistische Daten
Heimbelegung
2013
Plätze
Wohnheim
Dezentrales Stationäres Wohnen
2014
Bewohnerinnen
22
42
45
18*
31
36
* 2014 wurde ein zusätzlicher Wohnplatz eingerichtet.
Insgesamt wurden 81 Frauen stationär betreut.
Vorstellungsgespräche
Zahl der Gespräche
2013
2014
107
100
Bei den Vorstellungsgesprächen wird geprüft, ob ein stationärer Hilfebedarf nach § 67
17
SGB XII vorliegt; zudem kann und soll sich die Bewerberin nach dem Kennenlernen entscheiden, ob sie in die Einrichtung ziehen will. Im vergangenen Jahr wurde jede dritte
Bewerberin aufgenommen.
Wohnsituation (Wohnheim und Dezentrales Stationäres Wohnen)
Vor Einzug
2013
Nach Auszug
2014
2013
2014
Eigene Wohnung
1
1
14
12
Bei Familie
6
3
3
1
Bei Bekannten / Partner
5
9
2
6
Ambulant betreute Wohnform
1
2
3
2
Maßnahmen nach § 67 SGB XII
10
14
–
1
Maßnahme nach § 53 SGB XII
1
–
2
1
23
23
3
2
5
7
1
2
11
10
–
–
Mutter-Kind-Heim
1
–
–
2
Frauenhaus
2
–
–
–
Pension
2
4
1
2
Ungesicherte Wohnverhältnisse (Untermiete etc.)
–
–
1
–
Obdachlos/ohne Unterkunft
5
8
–
1
Unbekannt
–
–
5
3
Notunterkunft (inkl. Karla 51)
Gesundheitssystem
JVA
Viele der Bewohnerinnen werden aus anderen Einrichtungen vermittelt. Auch aus den
Justizvollzugsanstalten bewarben sich in Vorbereitung auf die Entlassungen wieder viele
Frauen um einen Wohnplatz. Durch den derzeit sehr angespannten Wohnungsmarkt
finden unsere Klientinnen mit ihren mannigfachen Problemen schwer eine Wohnung. In
der stationären Beratung werden (realistische) Wohnperspektiven entwickelt und Voraussetzungen geschaffen, die eine Vermittlung in eine eigene Wohnung oder in eine
weiterbetreuende Einrichtung ermöglichen. So konnten in 2014 12 Frauen eine eigene
Wohnung beziehen. Insgesamt verließen 41 Bewohnerinnen den stationären Bereich.
Leider sind 5 Bewohnerinnen wieder in ungeklärte Wohnverhältnisse zurückgekehrt.
Es zeichnet sich ab, dass gerade Menschen in besonderen sozialen Notlagen in der sich
verschärfenden Wohnungsnotlage der Metropolregion München immer schwieriger für
sich eine Wohnung finden können. Dasselbe gilt für die Arbeitssituation. In unserer Leistungsgesellschaft gibt es immer weniger Nischen für Menschen, die dem Erwartungsdruck nicht standhalten können.
Wir befürchten mittelfristig eine längere Verweildauer in den Einrichtungen bzw. einen
Drehtüreffekt zwischen den Einrichtungen. Die bereits mögliche Selbständigkeit der Klientinnen wird dadurch verhindert und weiteren Bedürftigen der Zugang zum Hilfesystem
verwehrt. Dies führt bei Letzteren zum Verharren in schwierigsten existenziellen Notsituationen und damit nicht zu einer schnellen, bedarfsgerechten Unterbringung.
18
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Wohnen
100
Gesundheit/Hygiene
47
Umgang mit Behörden
84
Gewalterfahrung
46
Arbeit/Ausbildung
78
Erziehung/Kinder
36
Finanzielle Notlage
74
Sucht
27
Alltagsbewältigung
73
Straffälligkeit
23
Soziale Kontakte
64
Kognitive Einschränkung
21
Schulden
63
Ausländerrechtliche Probleme
9
Psychische Auffälligkeit
59
Analphabetismus
1
Tagesstrukturierung
57
Vermittlung in Arbeit (Mehrfachnennungen möglich)
2013
2014
Minijob
3
6
Versicherungspflichtige Arbeit
6
9
Ausbildung, Schule
3
6
Qualifizierende Maßnahme
6
4
Praktikum
3
2
Gemeinnützige Arbeit
2
2
AGH (Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung)
3
4
Derzeit finden unsere Bewohnerinnen etwas leichter wieder eine Arbeits- oder eine Ausbildungsstelle, was wiederum ihre Chancen bei der Wohnungssuche steigert.
Tagesstrukturierende Maßnahmen
Ein wichtiger Teil der stationären Maßnahme im Wohnheim und im Dezentralen Stationären Wohnen ist die Gestaltung einer Tagesstruktur, die sich nach dem Bedarf der Bewohnerin richtet. Es finden regelmäßige, den Tag strukturierende Angebote (z. B. morgendliches Wecken, Frühstück, abendlicher Rundgang) statt. Weiter werden in der Einzelfallhilfe die Bedarfe und anstehenden Aufgaben mit der Bewohnerin strukturiert und
organisiert. Beispielsweise gibt die Sozialpädagogin hauswirtschaftliche Anleitung als
lebenspraktische Unterstützung, trainiert die Wahrnehmung von Terminen und unterstützt im Bewerbungsverfahren für eine Arbeit.
Weiter wird ein stabiles, teilweise wiederkehrendes Kurssystem angeboten, das von den
sozialpädagogischen Mitarbeiterinnen geplant und von Honorarkräften, Ehrenamtlichen
und den Sozialpädagoginnen selbst durchgeführt wird. Das Angebot steht allen Bewohnerinnen offen. Eine Nichtteilnahme führt nicht zu einer Sanktionierung, sondern die Mitarbeiterinnen motivieren zur Teilnahme und versuchen, das Angebot dem Interesse und
19
den Bedarfen der Bewohnerinnen anzupassen. Dabei hat es sich bewährt, die meisten
Kurse in Kleingruppen durchzuführen, da dadurch eine produktive Gruppendynamik
möglich wird.
Im Gegensatz zur Arbeit der sozialpädagogischen Einzelfallhilfe stehen in den tagesstrukturierenden Angeboten in der Regel nicht die Problemlagen der Bewohnerinnen im
Vordergrund. Sie sind dadurch unbelasteter in der Lage, neue Fähigkeiten und Kenntnisse zu erlernen und einzuüben. Sie erhalten positive Rückmeldungen von der Gruppe
und den Mitarbeiterinnen, wodurch sich auch die Kontakte untereinander verbessern.
Sowohl die Kolleginnen als auch die Bewohnerinnen schätzen inzwischen diese veränderte Form der Begegnung und Kommunikation. Für die Sozialpädagoginnen wird hierbei zudem oft sichtbar, wenn bei Klientinnen besonderer Hilfebedarf im Sozialverhalten
besteht. Dies kann dann im Einzelgespräch thematisiert werden.
Gruppenmaßnahmen/Angebote
Anzahl
2013
2014
407
395
Wohngruppenversammlungen
65
65
Psychische Stabilisierung
(heilpädagogisches Reiten, Selbstsicherheitstraining etc.)
27
25
Berufliche Qualifizierung
(PC-Kurs, Bewerbungstraining, Lerntraining, Englischkurs)
68
61
Kulturelle Angebote
(Ausstellungen, Konzerte, Museen, Kino etc.)
32
36
101
70
Hauswirtschaftlicher Bereich
(Kochen, Backen, Handarbeitskurs)
61
61
Gesunde Lebensführung
(Ernährung, Walking-Kurs, Sport und Bewegung, Entspannung)
38
24
Kommunikationsfördernde Maßnahmen
(Spielnachmittage, Geburtstagsfeiern etc.)
25
31
Tagesstrukturierende Rahmenangebote
(Frühstück, Sonntagskaffee, jahreszeitliche Aktivitäten etc.)
Kreativer Bereich
(Malkurs, Fotoprojekt, Kreativ-Gruppe, Töpferkurs, Land-Art-Projekt, Mosaikgruppe,
diverse Bastelangebote)
Freizeitmaßnahme in Nürnberg
Im Juli 2014 fuhr eine Reisegruppe von 9 Bewohnerinnen und 4 Sozialpädagoginnen
des Stationären Wohnens für 4 Tage nach Nürnberg. Ermöglicht wurde dieses durch die
großzügige Unterstützung des Diakonischen Werkes Bayern, der Stiftung ANTENNE
BAYERN hilft und eine kleine Eigenbeteiligung der mitfahrenden Frauen. Diese kleine
Urlaubsreise war eine sehr schöne Erfahrung für alle Teilnehmerinnen.
Wir kamen in der zentrumsnahen und modern ausgestatteten Burg-Jugendherberge
unter. Die Jugendherberge wurde vor zwei Jahren renoviert. Wir wohnten direkt im
20
Burggebäude – für unsere Frauen war allein dies schon ein besonderes Erlebnis: sie
haben von der Ausstattung der Jugendherberge sehr geschwärmt und die tolle Atmosphäre genossen.
Die positive Erfahrung schlug sich auch in der Gruppe nieder: Obwohl sich die Frauen
teilweise kaum kannten, gelang es ihnen, zu einer netten Reise-Gemeinschaft zusammen zu wachsen und die Unternehmungen zu genießen.
Die Führung in den Untergrund der Burg, in die sog. Kasematten und Lochgänge, und
ein historischer Stadtrundgang begeisterten die Frauen ebenso wie der Besuch des
Tiergartens und des „Feldes der Sinne“. Besonders hier hatten sie Gelegenheit, neue
Erfahrungen auf erlebnispädagogische Weise zu machen.
Die Reise förderte das Zusammengehörigkeitsgefühl der Frauen und soziale Kompetenzen, z.B. Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Gegenseitige Rücksichtnahme und gemeinsam Absprachen zu treffen und einzuhalten waren gefragt. Was im stationären Alltag des Wohnheims oft schwer fällt, schien auf dieser Reise kein Problem zu sein
Auffallend waren der Unternehmungsgeist und auch die Eigeninitiative der Frauen, da
freie Zeit zur Verfügung stand, die die Frauen gut zu nutzen wussten.
So lernten die Betreuerinnen die Bewohnerinnen von einer anderen, neuen Seite kennen und vermutlich auch umgekehrt.
Diese vier tollen Tage bleiben den Frauen sicherlich in lebhafter Erinnerung – jede einzelne von ihnen schien auf ihre Weise persönlich profitiert zu haben.
Zusammen gefasst und nicht besser auszudrücken lässt sich dies mit den Worten einer
Betreuten, die meinte: „ Das mach ma jetzt jedes Jahr!“
21
Eindrücke von der Freizeit nach Nürnberg
22
3
Evangelischer Beratungsdienst für Frauen –
Ambulante Beratung und Freie Straffälligenhilfe
Leistungsangebote, Zielgruppen und Finanzierung
Die Ambulante Beratung steht in einem ersten Gespräch grundsätzlich allen Frauen, die
unsere Einrichtung aufsuchen, zur Verfügung. In der Erstberatung wird geklärt, ob besondere soziale Schwierigkeiten vorliegen und ob weitere ambulante Hilfe durch unseren
Beratungsdienst notwendig und ausreichend oder z. B. eine stationäre Unterbringung
erforderlich ist. Gegebenenfalls vermitteln wir auch an andere Fachberatungsstellen weiter, wenn das Problem durch spezifische Beratungsstellen (z. B. Scheidungsberatung)
besser geklärt werden kann.
In unserer Freien Straffälligenhilfe gehen wir auf Frauen zu, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Sie steht ihnen auch während und nach einer Haft zur Verfügung. Breiten Raum nimmt die Beratung im Vorfeld einer Sanktionierung oder zur Vermeidung einer Freiheitsstrafe ein, insbesondere bei uneinbringlichen Geldstrafen.
Die ambulanten Hilfen werden durch Mittel der Stadt München, Amt für Wohnen und
Migration, und durch Eigenmittel des Trägers finanziert. Das Projekt „Vermittlung in gemeinnützige Arbeit bei uneinbringlicher Geldstrafe“ wird bei straffällig gewordenen Müttern vom Stadtjugendamt München finanziert. Die sonstige Vermittlungstätigkeit im Bereich „Gemeinnützige Arbeit statt Strafe“ wird erfolgsabhängig aus Justizmitteln bezuschusst.
Die Angehörigenberatung wendet sich an die Ehefrauen und Partner/innen inhaftierter
Männer und wird ausschließlich aus Kirchgeldern des Evang.-Luth. Dekanatsbezirks
München im Rahmen der mission innovation finanziert. Im November 2013 ging die Online-Beratung für Angehörige von Inhaftierten ans Netz. Sie wird überwiegend aus Mitteln der Deutschen Fernsehlotterie sowie trägereigenen Mitteln gefördert.
Unser Beratungsangebot richtet sich an Frauen, deren besondere Lebensverhältnisse
mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, insbesondere an wohnungslose und von
Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen.
Der Zugang zu unserem Beratungsangebot erfolgt über unterschiedliche Wege: Frauen
werden vom Jobcenter, der Bezirkssozialarbeit, anderen Ämtern oder Einrichtungen der
freien Wohlfahrtspflege vermittelt, sie erfahren von uns durch Bekannte oder Freundin-
23
nen, manche waren bereits früher in einem unserer Hilfeangebote oder kennen uns über
unsere Beratungsangebote in den Justizvollzugsanstalten (JVA).
In den letzten Jahren kommen zunehmend auch Frauen über unser Angebot der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit zur Tilgung einer uneinbringlichen Geldstrafe in unsere
Beratungsstelle. Das heißt, die Frauen sind nicht in der Lage, die ihnen auferlegte Geldstrafe ratenweise zu zahlen. Die Lebenslage dieser Frauen ist in der Regel ebenfalls
häufig geprägt von Wohnungslosigkeit, drohendem Wohnungsverlust, materieller Not,
psychischer Erkrankung, Langzeitarbeitslosigkeit oder Suchtproblematik. Diese prekäre
Lebenssituation hat sich nicht selten über einen langen Zeitraum zugespitzt und droht
nun aufgrund der Straffälligkeit zu eskalieren. Aus Angst vor einer Inhaftierung kommen
die Frauen in unsere Beratungsstelle, legen meist zum ersten Mal ihre gesamte Situation
offen.
Ambulante Beratung/Freie Straffälligenhilfe – Fallzahlen
2013
2014
371
466
Beratung zu und Vermittlungen in gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe
50
29
Beratung von Müttern mit minderjährigen Kindern zu und Vermittlungen in gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe
48
29
Beratung während der U-Haft
44
58
118
103
49
20
680
705
Ambulante Beratung
Beratung während der Strafhaft
Angehörigenberatung
Gesamt
2014 wurden insgesamt 705 Frauen von unserem Bereich Ambulante Beratung/ Freie
Straffälligenhilfe beraten und unterstützt. In der Ambulanten Beratungsstelle wurden
über 11 % mehr hilfesuchende Frauen beraten, während die Fallzahlen in den anderen
Bereichen in etwa gleich blieben oder abnahmen.
Ambulante Beratung
Im Sommer 2014 genehmigte die Landeshauptstadt München aufgrund der seit Jahren
kontinuierlich zunehmenden Fallzahlen eine Stellenzuschaltung für die ambulante Beratungsstelle. Im Jahr 2014 wurden die offenen Sprechstunden der Beratungsstelle wieder
vermehrt von Frauen in besonderen sozialen Lebenslagen nachgefragt. So stiegen die
Fallzahlen um rund 11 % (in 2013 Steigerung von 9 %). Die häufigsten Problemlagen
waren finanzielle Probleme und Wohnungslosigkeit, drohende Wohnungslosigkeit oder
unzureichende Wohnverhältnisse. Die Sicherstellung von Sozialleistungen, Schuldnerberatung, die Suche nach einer Unterkunft oder die Beantragung einer öffentlich geförderten Wohnung stehen im Vordergrund. Dazu gehört die (Wieder-) Beschaffung von
Ausweisen, Kontoauszügen, amtlichen Bescheiden.
24
In der Beratung äußern 70 % der Klientinnen Schwierigkeiten im Umgang mit den Behörden, vorrangig mit dem Jobcenter. Dieses äußert sich in der Art des Kontaktes, dass
sie Bescheide nicht verstehen oder dass sie sich ihrer Rechte/Pflichten nicht bewusst
sind. In der Beratung vermitteln wir zwischen Behörden und den Frauen, prüfen Bescheide und klären auf.
Unsere Klientinnen benötigen Unterstützung beim Verständnis und Ausfüllen der Anträge. Oftmals müssen umfangreich Kontoauszüge und Unterlagen fotokopiert werden.
Frauen mit Migrationshintergrund und genauso Frauen mit kognitiven Einschränkungen
sind mit den Anforderungen massiv überfordert und auf intensivere Erklärungsbemühungen angewiesen, die das Jobcenter nicht leisten kann. Dies setzt sich auch im laufenden Bezug der Leistungen fort, indem Briefe und Bescheide nicht verstanden werden.
Die Folge sind Leistungslücken durch Einstellungen der Zahlung aufgrund fehlender
Mitwirkung, angedrohte Leistungskürzungen und falsche Anspruchsberechnungen. Die
aufgrund der angespannten Personalsituation des Jobcenters oftmals sehr große
Schwierigkeit der persönlichen Erreichbarkeit des zuständigen Sachbearbeiters, verschärft die Situation.
Fehler in den Leistungsbescheiden werden von den Frauen nicht rechtzeitig erkannt,
was zu Überzahlungen oder zu geringeren Auszahlungen führt. Die Fehlerquellen der
Bescheide sind vielfältig, gerade bei Frauen mit mehreren Kindern und /oder Berechnungen von aufstockenden Leistungen zum Arbeitseinkommen. Aufgrund dieser Kommunikationsprobleme zwischen Jobcenter und Kundinnen werden häufig beispielsweise
Kindergeldzahlungen, Unterhaltsvorschuss oder Arbeitseinkommen zu Unrecht als Einkommen angerechnet, obwohl dieses Einkommen real nicht gezahlt wird. Ebenso kann
es vorkommen, dass Einkommen dem Jobcenter nicht rechtzeitig bekannt wird, es zu
Überzahlungen kommt, die dann ratenweise wieder zurückgezahlt werden müssen und
das laufende Monatsbudget langfristig belasten.
Wir bemühen uns um eine umfangreiche Beratung über Leistungsansprüche und zu
erfüllende Pflichten sowie um eine Klärung und Vermittlung zwischen Amt und Klientin.
Viele der von uns beratenen Frauen, die nicht lesen und schreiben können oder Behördenbriefe nicht verstehen, schätzen unser Angebot und kommen mit den entsprechenden Schreiben und Bescheiden vorbei, um sie überprüfen und erklären zu lassen.
Angehörigenberatung
Die Beratung der Angehörigen von Inhaftieren ist für den Evangelischen Beratungsdienst
für Frauen ein wichtiger Aspekt der Straffälligenhilfe. Eine Inhaftierung bedeutet für die
gesamte Familie ein einschneidendes Erlebnis mit gravierenden Folgen psychosozialer
und/oder existentieller Art. Unser Ziel ist es, ratsuchende Angehörige von Inhaftierten zu
erreichen und sozialpädagogische Unterstützung anzubieten.
25
Bei den Angehörigen inhaftierter Männer handelt es sich insbesondere um Partnerinnen,
aber auch um Mütter und Kinder. Die Beratung richtet ihren Fokus zwar auf die Partnerinnen der inhaftierten Männer, hat aber die psychosoziale Situation der gesamten Familie im Auge. Unser Angebot für Angehörige inhaftierter Männer orientiert sich an den
individuellen Problemen der betroffenen Partnerin, Freundin oder Mutter. Neben der
psychosozialen Beratung geben wir Informationen zum Strafvollzug sowie Hilfen im Umgang mit Behörden und leisten praktische Lebenshilfen. Die Problemlagen der Partnerinnen inhaftierter Männer sind dabei so vielschichtig wie das Leben selbst: mangelnde
finanzielle Absicherung, wenn das Einkommen des Mannes wegfällt, Eheprobleme,
Schwierigkeiten mit den Kindern, Wohnungsprobleme, Probleme am Arbeitsplatz, Probleme mit den Ursprungsfamilien, Überschuldung u.v.m.
Online-Beratungsangebot für Angehörige von Inhaftierten
Die Onlineberatung bietet ein Portal zur elektronischen Kontaktaufnahme an. Hier werden die Frauen angesprochen, die den Weg in eine Beratungsstelle scheuen oder aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht schaffen und sich lieber im Internet Rat
und Unterstützung suchen oder regional kein Hilfeangebot haben.
Der Evangelische Beratungsdienst erhält regelmäßig regionale und überregionale EMails von Hilfesuchenden. Auf diesem ungeschützten Weg werden oft viele persönliche
Daten verschickt. Ziel ist durch die Nutzung des Onlineportals die Datensicherheit zu
erhöhen. Den Hilfesuchenden wird durch eine verschlüsselte Kommunikation eine sichere Ebene des Kontakts angeboten. Die modernen technischen Kommunikationsmittel
vereinfachen die Informationssuche im Internet und sind inzwischen zu der üblichen Art
geworden, sich zu verschiedenen Lebensthemen zu informieren und Kontakte herzustellen.
Die Onlineberatung ist eine neue und spezialisierte Methode in der Beratung von hilfesuchenden Menschen. Diese neue Beratungstechnik ermöglicht in seiner Methodenpluralität neue Formen der Unterstützung, die - neben dem reinen Informationsaustausch –
die Selbstreflektion und das Selbsthilfepotential der Kontaktperson anregt.
Das Online-Beratungsangebot für Angehörige von Inhaftierten, das von der Deutschen
Fernsehlotterie gefördert wird, gibt zeitnah die Möglichkeit, per verschlüsselte E-Mail
anonym auf individuelle Fragen und psychosoziale Problemlagen einzugehen. Es stellt
Informationen zum Strafvollzug zur Verfügung, berät zu existenzsichernden Hilfen und
bietet eine psychosoziale Begleitung in dieser schwierigen Lebenssituation. Seit November 2013 gibt es für betroffene Frauen die Wahlmöglichkeit zwischen der persönlichen Beratung (face-to-face) vor Ort in den Beratungsräumen des Ambulanten Beratungsdienstes oder der schriftlichen Beratung, die unabhängig von Zeit und Raum wahrgenommen werden kann. Auch ein Wechsel zwischen den Beratungsformen ist denkbar.
26
Vermittlung in gemeinnützige Arbeit bei uneinbringlicher Geldstrafe
2014 wurden 58 Fälle von „Vermittlung in gemeinnützige Arbeit statt Strafe“ bearbeitet,
darunter 29 Frauen mit Kindern. Gegenüber 2013 bedeutet dies einen Rückgang über 6
% im Verhältnis zu den Gesamtzahlen der betreuten Frauen in der Beratungsstelle. Der
Grund ist eine verminderte Fallzuweisung durch die Staatsanwaltschaft München I in
2014. Allerdings verzeichnen wir nun schon zu Anfang des Jahres 2015 wieder einen
verstärkten Eingang von Zuweisungen.
Das Augenmerk liegt in der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit bei den Frauen mit Kindern. Die Inhaftierung der Mutter hat in den meisten Fällen eine Fremdunterbringung der
Kinder zur Folge. Im besten Fall finden diese Kinder Aufnahme bei Verwandten, im ungünstigsten Fall werden sie für die Dauer der Inhaftierung der Mutter in Heimen untergebracht, worunter Kinder und Mütter gleichermaßen leiden. Gerade auf kleinere Kinder
kann eine solche Heimunterbringung auch schwer traumatisierend wirken und Folgen für
das gesamte weitere Leben haben.
Gemeinsam mit den Frauen arbeiten wir daher an der Verbesserung ihrer gesamten
Lebenssituation. Vorrangig ist dabei die Vermittlung einer gemeinnützigen Arbeit, um
eine drohende Inhaftierung zu vermeiden. Sicherung der Existenz, Wohnungserhalt,
Schuldenregulierung, Organisation des Alltags sind die weiteren Beratungsinhalte, die
der Stabilisierung der familialen Lebenssituation der überwiegend Ein-Eltern-Familien
dienen und einen erneuten Rückfall in Straffälligkeit verhindern helfen.
Nachdem die existentielle Grundlage in der Beratung wieder gefestigt wurde, entschieden sich 2014 über die Hälfte der betreuten Mütter letztendlich, die Geldstrafe in Raten
abzuzahlen. Aufgrund fehlender Kinderbetreuung fiel es einigen Mütter schwer, kontinuierlich die gemeinnützige Arbeit zu leisten.
Aus der Arbeit der Freien Straffälligenhilfe
Unser psychosoziales Beratungsangebot wendet sich an straffällig gewordene Frauen.
Die Hilfeangebote sind justizunabhängig und werden von den Frauen auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen. Mit individuellen und durchgehenden Hilfeangeboten bieten
wir unseren Klientinnen sowohl vor, während und nach der Haft Unterstützung aus einer
Hand an. Ziel unserer Arbeit ist es, mit den Klientinnen realisierbare Perspektiven zu
entwickeln, zur Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Frauen beizutragen und
deren Fähigkeiten zur straffreien Lebensbewältigung zu stärken.
Kriminologische Studien verweisen auf den Zusammenhang zwischen schwieriger Lebenssituation und Straffälligkeit. Die soziale und finanzielle Lage von Strafentlassenen
verschlechtert sich in der Regel durch die Haft deutlich, das Rückfallrisiko in die Straffälligkeit ist deshalb in den ersten 12 Monaten nach Entlassung besonders hoch.
27
Schwerpunkt unserer aufsuchenden Sozialarbeit in den Justizvollzugsanstalten ist es
daher, nicht nur die individuelle Problematik zu bearbeiten, sondern vor allem mit den
Inhaftierten konkrete Vorbereitungen für die Zeit in Freiheit zu entwickeln. Nach Haftentlassung bieten wir im Rahmen der Nachsorge in unserer Beratungsstelle Hilfestellungen
bei der Wohnungssuche, zur Existenzsicherung und Alltagsbewältigung an.
Unsere Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Wohnraum nimmt leider
immer mehr Zeit in Anspruch. Wir können unseren Klientinnen zwar einen Übergangswohnraum beim Ev. Hilfswerk anbieten, und kooperieren auch mit anderen Trägern, der
notwendige Bedarf kann damit jedoch bei weitem nicht gedeckt werden.
Ähnlich defizitär verhält es sich mit Arbeitsangeboten für Strafentlassene. Ohne bereite
Arbeits- und Wohnmöglichkeiten ist jedoch der Versuch einer Resozialisierung wenig
erfolgreich und bedarf unserer Meinung nach dringend einer breiteren Öffentlichkeitsarbeit der freien Straffälligenhilfe, einer besseren Vernetzung mit allen Akteuren der Wohnungswirtschaft und der Agentur für Arbeit, verbunden mit einem leichteren Zugang zu
entsprechenden Angeboten.
Immer wieder zeigt sich die hohe Bedeutung eines gelingenden Übergangsmanagements, das im Rahmen der Vorbereitung der Haftentlassung Fragen aufgreift, Problemen nachgeht und auch nach der Entlassung zur Verfügung steht.
Unser Fallbeispiel von Frau A. verdeutlicht dies.
Frau A. war zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Ihre größte Sorge war
gewesen, dass ihre Tochter deswegen möglicherweise in ein Heim müsse. Zwar ließ
sich zeitnah die Betreuung des Kindes mit dessen Vater regeln, trotzdem erlebte die
alleinerziehende Mutter die Trennung von ihrem Kind als weitaus schmerzhafter als das
Eingesperrt-Sein.
Mit den Monaten stabilisierte sich der psychische Gesundheitszustand von Frau A. und
es gelang ihr, sich in dem Gefängnisalltag einzuleben. Motiviert und zuverlässig intensivierte sie ihre familiären Kontakte und nahm Fortbildungs- und Arbeitsangebote wahr.
Vollzugslockernde Maßnahmen (Arbeit im offenen Vollzug, Beurlaubungen) boten Frau
A. die Möglichkeit, den Übergang in die Selbständigkeit zu erproben.
Im Vergleich zu vielen langjährig Verurteilten hatte Frau A. also gute Startbedingungen
für das Leben in Freiheit. Es schien alles perfekt: insbesondere durch die genehmigten
Ausgänge und Urlaube konnte Frau A. ihre familiären Kontakte stabilisieren. Der Vermieter ihrer Wohnung hatte einer Untervermietung für die Zeit der Haft zugestimmt, so
dass Mietverlust und Mietschulden vermieden werden konnten und eine Rückkehr unkompliziert möglich war. Zudem hatte sie sich durch die lange Beschäftigungszeit in
Haft den Anspruch auf ALG I-Leistungen erarbeitet. Lebensfreude und realistische Zukunftsplanungen bestimmten ihren Haftalltag.
Frau A. kam ca. 3 Wochen nach Haftentlassung in unsere ambulante Beratungsstelle.
Sie war völlig verzweifelt. Ihr Traum vom Leben draußen hatte sich binnen kurzer Zeit
zerschlagen. Sie schämte sich dafür, wieder einmal an lebenspraktischen Abläufen gescheitert zu sein und hielt sich für eine Versagerin.
Was war geschehen? Trotz guter Vorbereitung verweigerte das Arbeitsamt die Bewilli28
gung des Arbeitslosengeldes und sie war nicht in der Lage, ihre Ansprüche alleine
durchzusetzen. Zudem war die Wohnung in miserablem Zustand übergeben worden.
Innerhalb weniger Tage konnten wir den ALG I-Leistungsanspruch und aufstockende
Hilfen klären, zeitnah wurden ihr die zustehenden Gelder angewiesen. Die stark von
Schimmel befallene Wohnung konnte Frau A. in Eigenleistung mit der Familie renovieren, Arbeitsmaterial und neues Mobiliar finanzierten wir über Stiftungsgelder. Die Kontinuität unseres Betreuungsangebotes ermöglichte eine unbürokratische, schnelle Hilfe
und beeinflusste positiv die schwierige Lebenssituation der Klientin. Obwohl in den darauffolgenden Monaten familiäre Tragödien und ernste Erkrankungen den Alltag von
Frau A. bestimmten, war ihr Vertrauen in unsere Hilfeangebote soweit gestärkt, dass sie
in Krisen- und Konfliktsituationen weiterführende soziale Hilfen annahm und bestehende Ängste und Unsicherheiten abgebaut werden konnten.
Frau A. hält regelmäßig Kontakt zu unserer Beratungsstelle; wir sind zuversichtlich,
dass sie ihr Leben in den Griff bekommen wird.
Ambulante Beratung – Statistische Daten
Im Berichtsjahr 2014 betreute die Ambulante Beratungsstelle und Freie Straffälligenhilfe
705 Frauen. In der Auswertung werden hier in der Regel nur die Daten der Beratungsstelle (515 Frauen) dargestellt. Statistische Zahlen der Bereiche Vermittlung von Gemeinnütziger Arbeit statt Strafe für Frauen mit Kindern und der Straffälligenhilfe werden
ausdrücklich benannt.
Vermittelt von/ Zugang über
EB – Wohnheim
12
Andere Beratungsstelle/Einrichtung
114
EB – Wohngemeinschaften
4
Amt
11
EB – 1-2-3
8
BSA
6
EB – Integrationshilfen
20
Justiz
31
EB – Ambulante Beratung
20
Bekannte
115
EB – Straffälligenhilfe
42
Internet
20
Wiederauftritt
43
Flyer
16
Karla 51
32
Sonstiges
27
Teestube Komm
-
In 2014 werteten wir erstmals den Zugang in die Ambulante Beratung aus. Es zeigt sich,
dass 1/3 der Vermittlungen über den trägereigenen Frauenbereich des Evangelischen
Hilfswerkes München erfolgt. Weitere 25 % werden über andere Beratungsstellen oder
ein Amt bzw. BSA vermittelt. Bestätigt wurde unsere Annahme, dass ein großer Zulauf
durch die Empfehlung durch Bekannte zustande kommt: 22 % der Frauen fanden über
diesen Weg in unsere Beratungsstelle. Die gute Mundpropaganda zeigt auch die Zufriedenheit der beratenen Frauen.
29
Anlass der Beratung
Als Anlass der Beratung geben über die Hälfte der betreuten Frauen Wohnungsnotfall
oder Finanzielle Probleme an. Hier werten wir das vordringliche Problem der Klientin
aus.
Wohnungsnotfall
Finanzielle Probleme
Probleme mit Behörden
Straffälligkeit
Vermittlung in gemeinnützige Arbeit
Nachbetreuung intern
Anfrage finanzieller Hilfen
Sonstiges
Betreuung nach Haft
Einzug in eigene Wohnung
38%
21%
10%
8%
6%
6%
6%
3%
1%
1%
Durchaus Regel ist die Kumulation mehrerer Problembereiche, verbunden mit Schwierigkeiten im Umgang mit den Behörden. Unsere Klientinnen sind nicht mehr in der Lage,
ihre Probleme alleine zu bewältigen.
Problembereiche (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Finanzielle Notlage
72
Straffälligkeit
19
Umgang mit Behörden
70
Gewalterfahrung
17
Wohnen
60
Alltagsbewältigung
16
Arbeit/Ausbildung
50
Ausländerrechtliche Probleme
8
Schulden
37
Sucht
8
Psychische Auffälligkeiten
37
Tagesstrukturierung
5
Erziehung/Kinder
37
Kognitive Einschränkung
3
Soziale Kontakte
26
Analphabetismus
1
Gesundheit/Hygiene
21
Wohnungsnotfall
Über die Hälfte der betreuten Frauen ist aktuell von Wohnungslosigkeit betroffen oder
bedroht oder lebt in prekären Wohnverhältnissen. Bei einem Drittel der Frauen ist das
Mietverhältnis entweder nicht mehr gefährdet oder noch nicht so akut gefährdet, dass
die Wohnungslosigkeit unmittelbar bevor steht. Psychosoziale Beratung, Unterstützung
bei Behördenangelegenheiten zur Existenzsicherung, finanzielle Hilfen und Vermittlung
von ergänzenden Hilfen sind präventive Maßnahmen, um einer Wohnungsgefährdung
entgegen zu wirken.
30
Haushaltsstruktur
Die Hälfte aller hilfesuchenden Frauen ist alleinstehend - tatsächlich haben viele der
Frauen Kinder, die fremduntergebracht oder schon ausgezogen sind. Ein Viertel der
Frauen sind alleinerziehende Mütter minderjähriger Kinder. Unter sonstige Mehrpersonenhaushalte verstehen wir die Haushalte mit volljährigen Kindern und auch das meist
notgedrungene Zusammenleben mit Bekannten oder Familienangehörigen aufgrund
fehlenden eigenen Wohnraumes.
Alleinstehend
50%
Alleinerziehend
25%
Paar mit Kind(ern)
10%
Sonstiger Mehrpersonenhaushalt
6%
Paar ohne Kind(er)
6%
Keine Angabe
3%
Abschluss der Beratung
2014 wurden rund 57 % aller Beratungen abgeschlossen. Bei neu auftretenden Problemen und Beratungsbedarf können die Frauen sich jederzeit wieder an uns wenden.
Anzahl
Planmäßige Beendigung
In Prozent
170
60
Weitervermittlung intern Evangelischer Beratungsdienst
20
7
Weitervermittlung extern
55
20
5
2
46
16
Abbruch durch Einrichtung
Abbruch durch Klientin
Nach Abschluss der Beratung werteten wir die Verweildauer in der Ambulanten Beratung
aus. 31% der Beratungen werden innerhalb eines Monats abgeschlossen. Weitere 32 %
können innerhalb eines halben Jahres beendet werden. Nur bei 20 % aller in 2014 abgeschlossenen Fälle dauerte der Beratungszyklus länger als 1 Jahr.
20%
31%
bis 30 Tage
von 31 bis 180 Tage
von 181 bis 365 Tage
17%
ab 366 Tage
32%
Wiederauftritte möglich
31
4 Evangelischer Beratungsdienst für Frauen – Unterstütztes Wohnen
Leistungsangebote, Zielgruppen und Finanzierung
Unterstütztes Wohnen für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten, die zusätzlich von einer psychischen Erkrankung betroffen sind: 1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
Hierbei handelt es sich um eine intensive ambulante Betreuungsform für psychisch kranke Frauen, die zusätzlich von besonderen sozialen Schwierigkeiten betroffen sind. Die
Frauen leben in ihren eigenen Wohnungen. Für diesen Teilbereich des unterstützten
Wohnens ist der Bezirk Oberbayern der Kostenträger auf der gesetzlichen Grundlage
der §§ 53 ff. SGB XII.
Betreute Wohngemeinschaften
Betreute Wohngemeinschaften eignen sich für Frauen, die wohnungslos sind und deren
soziale Schwierigkeiten mit einem ambulanten Betreuungsangebot behoben werden
können. Der Kostenträger gem. § 67 SGB XII ist hier die Landeshauptstadt München.
Unterstütztes Wohnen/Integrationshilfen
Dieser Bereich bietet Beratung und Unterstützung für Frauen, die nach dem Auszug aus
einer betreuten Wohnform Hilfe und Unterstützung in der eigenen Wohnung und bei der
Integration in das Wohnumfeld benötigen. Wie auch bei den betreuten Wohngemeinschaften ist der Kostenträger gem. § 67 SGB XII das Sozialreferat München.
Unterstütztes Wohnen/Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
Dieser Bereich unterstützt und berät alleinerziehende Frauen in besonderen Lebensverhältnissen, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, in der eigenen Wohnung.
Ziel ist die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten. Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Erziehung werden aufgegriffen. Gegebenenfalls werden entsprechende Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen vermittelt. Kostenträger ist wie bei den Integrationshilfen und den Wohngemeinschaften das Sozialreferat der LHS München gemäß
§ 67 SGB XII.
32
4.1
1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung
Im Jahr 2014 wurden insgesamt 36 Frauen in besonderen sozialen Schwierigkeiten, die
auch von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, im Rahmen der Eingliederungshilfe unseres intensiv betreuten Einzelwohnens „1–2–3 Wohnen Beratung Betreuung“
beraten und begleitet. Der überwiegende Teil der Klientinnen, die diese spezielle Hilfe
benötigt, lebte zuvor in unseren stationären oder ambulanten Wohnangeboten bis zum
Auszug in eine eigene Wohnung. Nach Auszug aus den betreuten Einrichtungen zeigt
sich häufig nochmals eine Zuspitzung der vorhandenen Schwierigkeiten. Viele der Klientinnen waren oft jahrelang wohnungslos und müssen sich mit den Anforderungen, die
eine eigene Wohnung mit sich bringt, erst (wieder) vertraut machen. Die Kaution muss
aufgebracht werden, die Miete muss pünktlich überwiesen werden, die Wohnung muss
ausgestattet werden, man muss sich polizeilich anmelden und ALG-II und /oder SGB XIILeistungen müssen beantragt werden. Darüber hinaus sind die Problemlagen häufig
gekennzeichnet durch mangelnde Krankheitseinsicht, kognitive Störungen, fehlende
(fach)ärztliche Versorgung, mangelnde Schul- und Berufsausbildung, Langzeitarbeitslosigkeit, Überschuldung und vieles mehr, so dass die hilfesuchenden Frauen eine alltagsnahe, unbürokratische und vorwiegend handlungsbezogene Beratung und Unterstützung benötigen. Kein Problem wird aus der Beratung ausgeklammert, sondern im
Kontext der gesamten Person und ihrer Lebenssituation betrachtet. Gerade für chronisch
kranke und behinderte Menschen ist die Beantragung von Hilfen in unserem gegliederten und stark fragmentierten Gesundheits- und Sozialsystem, das wie ein Dschungel aus
Behörden und Paragrafen wirkt, nicht durchschaubar und sie benötigen sehr viel Durchhaltevermögen und Unterstützung, um ihre Rechte durchzusetzen.
Aus der Praxis: Verfahren in Betreuungsangelegenheiten
2014 beschäftigten wir uns besonders häufig mit der Frage, wann es notwendig und
sinnvoll ist, eine rechtliche Betreuung anzuregen. Gerade im Betreuten Einzelwohnen
für psychisch kranke Frauen haben wir sehr häufig die Aufgabe abzuwägen, ob eine
sozialpädagogische Betreuung ausreicht oder eine Einleitung einer rechtlichen Betreuung sinnvoll wäre. Ende 2014 wurden neun der von uns begleiteten 30 Frauen zusätzlich durch eine externe rechtliche Betreuung unterstützt.
33
Für viele alltägliche Angelegenheiten wird unsere Einwilligung und aktive Mitarbeit benötigt. So muss jeder Mensch beispielsweise einer Behandlung beim Arzt zustimmen,
seine Wohnverhältnisse organisieren, Postangelegenheiten regeln und sein Geld verwalten. Wenn Personen nicht mehr die Bedeutung, Tragweite und Konsequenzen ihres
Handelns absehen können, sind sie einwilligungsunfähig. Gründe hierfür können
krankhafte Verzerrungen des Denkens sein, welche beispielsweise durch akute Psychosen, starken Alkohol- oder Drogeneinfluss, Demenz oder geistige Behinderung
ausgelöst werden. Wenn eine Person nicht mehr einwilligungsfähig ist, muss die Einwilligung durch eine berechtigte Person, bei Erwachsenen durch eine rechtliche Betreuung, eingeholt werden.
Voraussetzungen für die Bestellung eines rechtlichen Betreuers sind nach §1896 BGB
erfüllt, wenn Menschen aufgrund einer schweren Krankheit oder Behinderung unfähig
sind, ihre Angelegenheiten selbst zu erledigen. Das Betreuungsrecht ist ein Recht für
Volljährige, das die Vormundschaft für Erwachsene abgelöst hat. Eine rechtliche Betreuung kann nur vom Betreuungsgericht bestellt werden. Bei der Bestellung werden,
je nach Bedarf der Betroffenen, die Aufgabenbereiche der rechtlichen Betreuung festgelegt.
Nach Antragstellung erfolgt eine Begutachtung durch einen unabhängigen Sachverständigen und die Anhörung aller Beteiligten. Die Ergebnisse werden an das Betreuungsgericht weitergeleitet. Der Betroffene kann durch eine Verfahrenspflegschaft in der
Wahrnehmung seiner Interessen unterstützt werden. Bei Genehmigung kann ein Betreuer vorgeschlagen werden, ansonsten wird im Betreuungsverfahren ein geeigneter
Betreuer gestellt.
Die Anregung einer rechtlichen Betreuung kann auf Wunsch des Betroffenen oder über
Dritte zum Schutze des Betroffenen beantragt werden. Eine Betreuung gegen den
freien Willen des Betroffenen oder zum Schutz für Dritte ist nicht erlaubt. Gerade diese
Freiwilligkeit stellt uns in der Praxis immer wieder vor Probleme, da wohnungslose
Frauen mit massiven psychischen Belastungen sich in vielen Fällen nicht als psychisch
krank deuten und somit einerseits nicht mehr einwilligungsfähig sind, andererseits aber
die Notwendigkeit einer rechtlichen Betreuung nicht erkennen können und von daher
einer solchen auch nicht zustimmen.
Eine rechtliche Betreuung bedeutet einen schweren Eingriff in die Grundrechte der
Betroffenen: §1 GG die Würde des Menschen und § 2 GG die freie Entfaltung der Persönlichkeit werden berührt. Nach Art 12 der UN- Behindertenrechtskonvention dürfen
Menschen mit einer (seelischen) Behinderung nur Unterstützung, zum Beispiel durch
eine rechtliche Betreuung erhalten, um die Betroffenen zu befähigen und zu unterstützen, ihre Rechte und Interessen in den jeweiligen Lebensbereichen wahrzunehmen
34
und durchzusetzen. Was aber, wenn dringender Unterstützungsbedarf gegeben ist, der
von der betroffenen Person nicht erkannt und abgelehnt wird?
Wenn aufgrund von Einwilligungsunfähigkeit das Leben oder das Wohl des Betroffenen
stark gefährdet ist, kann eine Betreuung zwangsweise angeregt werden. Zu diesem
Zeitpunkt verfügt die betroffene Person aufgrund ihrer Erkrankung oder Behinderung
über keinen freien Willen mehr.
Zwangsbetreuung ist aber nur in einer Akutphase (wenn und solange die Gefahr besteht) zulässig - entsprechend §1901 (5) BGB. Bei einer Veränderung des Krankheitsbildes besteht eine Mitteilungspflicht an das Betreuungsgericht, so dass die Betreuung
aufgehoben werden kann. Somit kommt aufgrund fehlender Freiwilligkeit häufig keine
rechtliche Betreuung zustande, da die von uns betreuten Frauen – erfreulicherweise –
nur relativ selten eine völlige Dekompensation erleiden. Dies hat aber zur Folge, dass
häufig – aus sozialpädagogischer Sicht – notwendige Anträge nicht gestellt werden
können, dass körperliche und psychische Erkrankungen nicht behandelt werden oder
dass gar Wohnungsverlust droht.
Wie kompliziert und langwierig die Einleitung einer gesetzlichen Betreuung gerade bei
Menschen ohne Krankheitseinsicht oft ist, zeigt unser Fallbeispiel.
Fallbeispiel Frau X, 50 Jahre alt, alleinstehend
Frau X wird seit 2010 im Rahmen des Intensiv Betreuten Einzelwohnens begleitet.
Die verschiedensten Problemlagen, wie die Folgen der psychischen Erkrankung,
eine chronische körperliche Erkrankung, Langzeitarbeitslosigkeit und Schulden
werden mit Frau X thematisiert und bearbeitet.
Fr. X leidet unter einer schwerwiegenden psychischen Behinderung. Sie empfindet sich selbst nicht als krank oder behindert und ist derzeit nicht in psychiatrischer oder therapeutischer Behandlung. Es fällt ihr aufgrund der Erkrankung sehr
schwer, Entscheidungen zu treffen und Vertrauen zu fassen. Insbesondere die
Weitergabe persönlicher Daten löst große Ängste aus. So benötigte sie beispielsweise bei einem Arzttermin über zwei Stunden und viel Motivation, um unter großen Zweifeln schließlich das Anmeldeformular auszufüllen.
Fr. X hat über Jahre hinweg - insbesondere aus früheren Zeiten der Wohnungslosigkeit - Schulden angesammelt. Hinzu kommt, dass sie im letzten Jahr diverse
Handyverträge abschloss, die diese Schulden weiter erhöhen. Bis zum Jahr 2013
wurden Schuldenangelegenheiten von Frau X in Zusammenarbeit mit der trägereigenen Schuldnerberatung bearbeitet. Diese Beratung musste jedoch beendet
werden, da Frau X sich nicht für das Verfahren der Privatinsolvenz entscheiden
konnte und die Voraussetzungen für ein solches Verfahren auch schwer erfüllen
kann (Termine pünktlich einhalten usw.).
In der sozialpädagogischen Beratung fällt es Frau X nicht immer leicht, Briefe und
Unterlagen zeitnah und lückenlos der Sozialpädagogin zur Bearbeitung vorzulegen. Gerade in Zeiten, in denen es ihr psychisch schlechter geht, empfindet sie es
als Bedrohung, private Informationen weiter zu geben und möchte nicht, dass ihre
Briefe in irgend einer Form gespeichert oder aufgehoben werden. Die Bearbeitung
dringender Angelegenheiten konnte so oft nur lückenhaft geschehen. Somit sprachen wir mit Frau X auch immer wieder auf die Möglichkeit an, sich rechtlich betreuen zu lassen. Ohne Erfolg.
35
Im Frühjahr 2014 forderte schließlich der Sozialhilfeträger Frau X auf, Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Frau X wurde in den folgenden Monaten mehrmals angeschrieben, die hierfür erforderlichen Anträge der Rentenversicherung
auszufüllen - eine Aufgabe, die Frau X gänzlich ablehnte. Zudem wäre das Ausfüllen der seitenlangen Formulare aufgrund ihrer kognitiven Einschränkungen keinesfalls für sie durchführbar gewesen.
Die sich häufenden Schreiben der Gläubiger, Besuche von Gerichtsvollziehern,
versuchte Pfändungen auf ihrem P-Konto und das Antragsverfahren für die Erwerbsminderungsrente erhöhten den Druck auf Frau X. In den Beratungsgesprächen wurde immer wieder versucht, sie zur Annahme einer rechtlichen Betreuung
zu motivieren, um ihr Entlastung bei diesen Themen zu verschaffen. Schließlich
willigte Frau X ein, den Antrag zur Einrichtung einer rechtlichen Betreuung an das
Amtsgericht abzusenden. Diese Entscheidung verschlimmerte zunächst ihr psychisches Befinden, sie wurde wieder sehr misstrauisch.
Die städtische Betreuungsstelle lud Frau X ein, um ihre Einwilligungsfähigkeit zu
überprüfen. Im Rahmen dieses Gespräches stellte die zuständige Pädagogin zwar
den Bedarf fest, Frau X konnte aber nicht deutlich ihre Zustimmung formulieren,
die Flut der Informationen und die Tatsache, eine Entscheidung treffen zu müssen, überforderten sie. Aus diesem Grund teilte die prüfende Betreuungsstelle
zunächst dem Betreuungsgericht mit, der Antrag sei abzulehnen.
Zeitgleich drohte der Sozialhilfeträger Frau X damit, die Leistungen aufgrund fehlender Mitarbeit zu kürzen. Dies war schließlich doch ausschlaggebend für das
Betreuungsgericht, einer rechtlichen Betreuung für Frau X zuzustimmen. Wir hoffen, dass Frau X somit die nötige Entlastung im Alltag erhält.
Letztlich dauerte der Motivations- und Beratungsprozess, der in eine rechtliche
Betreuung mündete, fast vier Jahre. Positiv zu sehen ist, dass Frau X trotz aller
Einschränkungen, ihre Wohnung erhalten konnte und erneute Wohnungslosigkeit
vermieden wurde.
Corporate Citizenship der Firma Intel
Ein Merkmal wohnungsloser Frauen mit psychischen Beeinträchtigungen ist häufig das
Fehlen von Beziehungen zu Familie oder Freunden. Vielfach sind diese Frauen stark
vereinsamt. Sie erleben nur wenig Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Umso bedeutender ist es, wenn die Gesellschaft sich um Kontakt zu diesen Frauen bemüht und
in bürgerschaftlichem Engagement auf sie zugeht und hilft, wo „Not an der Frau ist“, wie
folgendes Beispiel zeigt.
Anfang 2014 wurden wir auf die Firma Intel aufmerksam, die bekannt machte, dass sie
Einsatzmöglichkeiten in sozialen Projekten suchte für ihre Volunteers. Im Zuge einer
geplanten Küchenrenovierung bei Frau C., wurden die Volunteers der Firma Intel gebeten, die Küche von den alten Tapeten zu befreien und frisch zu streichen. Der Raum war
seit über 20 Jahren nicht renoviert worden. Hier war tatkräftige Hilfe dringend nötig!
Die freiwilligen Helfer waren bei ihrer Ankunft in der Wohnung der Klientin vorbereitet auf
ihre Beschäftigung, hatten ihr Werkzeug dabei und gingen zielstrebig an die Arbeit. Auch
Frau C. half mit, so dass insgesamt fünf Personen innerhalb von nur wenigen Stunden
die komplette Küche renoviert und weiß gestrichen hatten. Diese Arbeit wäre ohne das
36
soziale Engagement der Mitarbeiter von Intel aus finanziellen und organisatorischen
Gründen in so kurzer Zeit nicht möglich gewesen. Unsere Klientin und ihre Kinder freuen
sich sehr über ihre neu renovierte Küche und nutzen sie täglich zum Kochen und Backen. Die Küche wurde zu einem zentralen und gemütlichen Wohlfühlort für die gesamte
Familie.
Wir bedanken uns für die unkomplizierte und tatkräftige Unterstützung durch die freiwilligen Helfer und hoffen, bald wieder mit Ihnen zusammenarbeiten zu können.
Mut-Mach-Gedicht
Da wir oft erleben, dass Betroffene Angst haben, ihre Probleme mitzuteilen und sich
Unterstützung zu holen, freuen wir uns, dass wir dieses Mut-mach-Gedicht von Frau D.
hier abdrucken dürfen:
Der Weg zurück ins Leben,
dahin geht mein Bestreben.
Voll Zuversicht und Gelassenheit,
doch dieser Prozess braucht seine Zeit.
Auf, auf, nur Mut, die alten Ängste zu beenden.
Keine Scheu sich an professionelle Hilfe zu wenden.
Mit Hilfe die ersten Schritte zu wagen,
ist mutig und gar kein Versagen.
Nur du allein, hast es in der Hand,
gehst voran, oder bleibst im Stand.
Leicht ist es nicht, doch verzage nicht.
Am Ende des Dunkeln wartet immer das Licht.
Auf ins Leben im hier und jetzt,
denn es wird kein anderes Leben geben.
37
1–2–3 Statistische Daten
Betreute Personen
Stand zum 01.01.
Neuaufnahmen
Stand zum 31.12.
2013
2014
30
30
6
6
30
30
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Psychische Auffälligkeit
100
Schulden
47
Umgang mit Behörden
83
Gewalterfahrung
44
Wohnen
75
Kognitive Einschränkung
33
Arbeit/Ausbildung
72
Sucht
22
Alltagsbewältigung
72
Straffälligkeit
14
Soziale Kontakte
69
Erziehung/Kinder
14
Tagesstrukturierung
63
Analphabetismus
6
Finanzielle Notlage
61
Ausländerrechtliche Probleme
3
Gesundheit/Hygiene
61
Weitere Maßnahmen
2013
2014
Hausbesuche
275
298
Freizeitangebote
248
205
Begleitungen
350
175
38
4.2
Unterstütztes Wohnen / Betreute Wohngemeinschaften
In unseren sozialpädagogisch betreuten Wohngemeinschaften finden wohnungslose
Frauen, die von sozialen Schwierigkeiten betroffen sind, aber keiner stationären Betreuung bedürfen, vorübergehend Aufnahme. Weitere Zielgruppe sind alleinstehend wohnungslose Frauen, die zusätzlich zu den besonderen sozialen Schwierigkeiten von einer
psychischen Störung betroffen sind und überwiegend keine Krankheitseinsicht haben.
Die Aufenthaltsdauer ist zunächst auf ein Jahr befristet. Im Einzelfall kann ein Verlängerungsantrag gestellt werden. Das Hilfeangebot richtet sich an den Problemlagen und
Bedürfnissen der betroffenen Frauen aus. Die Beratung findet sowohl in den Büros in
der Schellingstraße statt als auch in dem von uns zur Verfügung gestellten Wohnraum.
Unsere Wohngemeinschaften sind über das Stadtgebiet verteilt.
Begleitungen zum Arzt, zu Behörden, die Vermittlung von Kontakten und Adressen im
Gemeinwesen wie auch die Einladungen zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten sind
gleichermaßen Schwerpunkte der Beratungstätigkeit. Alltagstraining und Jobsuche, Hilfe
bei der Schuldenregulierung, aber auch Unterstützung im Hinblick auf Konflikte in der
Gruppe und mit Nachbarn sind ebenfalls häufige Anliegen der Frauen. Letztlich sollen
die Frauen in die Lage versetzt werden, wieder ganz selbstständig in einer eigenen
Wohnung zu leben. Zur sogenannten Mietfähigkeit gehört es, pünktlich die Miete zu bezahlen, den Wohnraum zu pflegen und den Hausfrieden zu wahren. All dies soll durch
den Aufenthalt in den betreuten Wohngemeinschaften eingeübt werden.
Im Jahr 2014 wurden insgesamt 34 Frauen im Rahmen dieser Maßnahme betreut. Zwölf
Bewohnerinnen konnten in eigene freifinanzierte Wohnung oder Sozialwohnung vermittelt werden.
Wie komplex der Unterstützungsbedarf häufig ist, zeigt unser Fallbeispiel.
Fallbeispiel Frau L.
Die 30jährige Frau L. hatte einen schwierigen Start ins Leben. Sie wuchs in München auf. Einige Monate nach ihrer Geburt wurde sie adoptiert. Bereits in Kindheit
und Jugend zeigten sich Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Eine
kognitive Störung wurde ebenfalls sehr früh diagnostiziert. Eine begonnene Ausbildung musste sie aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Frau L. heiratete in
jungen Jahren und bekam ein Kind. Die Eheprobleme führten zu einer baldigen
Trennung der Familie.
Für Frau L. ist es besonders schwierig, ihre finanziellen Angelegenheiten zu überblicken und zu ordnen. Letztlich führte ihr unwirtschaftliches Verhalten zu Überschuldung und schließlich zu einer Inhaftierung, in Folge war sie obdachlos. Zunächst fand sie Aufnahme in unserem Wohnheim. Im Anschluss daran konnte sie
Ende 2013 in unsere Betreuten Wohngemeinschaften wechseln.
39
Fehlende Tagestruktur, mangelnde berufliche Perspektiven, Überschuldung, Straffälligkeit, Schwierigkeiten im Umgang mit Post und Behörden sowie psychische
Auffälligkeiten wiesen bereits zu Beginn der persönlichen Hilfe auf einen hohen Beratungs- und Betreuungsbedarf hin. Im Laufe ihres Aufenthalts in der Wohngemeinschaft konnte sich Frau L. jedoch stabilisieren. Sie lernte zunehmend, sich und ihre
Möglichkeiten realistischer einzuschätzen. Es kam zu keinen neuen Straftaten. Frau
L. gelang es immer öfter, ihre Post eigenständig zu bearbeiten und die Geldeinteilung besser zu regeln. Sie übernahm immer mehr Verantwortung für sich selbst. Die
Entwicklung sowohl einer beruflichen als auch einer Wohnperspektive wurde unterbrochen, Frau L. war wieder schwanger. Aufgrund ihrer psychischen, sozialen und
kognitiven Problematik wurde ihr dringend eine betreute Mutter-Kind-Einrichtung
empfohlen, was Frau L. zunächst für sich ablehnte. Nach intensiver Motivierung und
der Besichtigung einiger geeigneter Einrichtungen konnte sie sich jedoch klar dafür
entscheiden.
Die Beratungsarbeit erforderte aufgrund der multiplen Störungen eine intensive
Vernetzung mit anderen Einrichtungen und Diensten: Sozialhilfeträger, Jobcenter,
gesetzliche Betreuerin, Bewährungshilfe, Fachärzte, Krankenhaus, Mutter-KindEinrichtungen, Bezirkssozialarbeit waren u.a. ständige Kooperationspartner in diesem Fall.
Mittlerweile konnte Frau L. von ihrem Kind entbunden werden. Beide finden Aufnahme in einer Mutter-Kind-Einrichtung.
Betreute Wohngemeinschaften - Statistische Daten
Anzahl der betreuten Personen
2013
2014
Stand zum 01.01.
20
22
Neuaufnahmen
16
12
Beendigungen
14
12
Stand zum 31.12.
22
22
Angemietete Wohnungen
2013
Plätze
2014
Klientinnen
Dreimühlenstraße
3
6
5
Fockensteinstraße
2
3
4
Hugo-Troendle-Straße I
2
3
3
Hugo-Troendle-Straße II
2
3
3
Nanga-Parbat-Straße
2
2
3
Theodor-Dombart-Straße
3
6
7
Waltherstraße
3
5
4
Schloß-Berg-Straße
3
4
3
Warngauer Straße
2
4
2
Gesamt
22
36
34
Anzahl der Vorstellungsgespräche
40
2013
2014
43
33
Vor dem
Einzug
Wohnsituation
Nach dem
Auszug
2013
2013
2014
Eigene Wohnung
–
–
8
9
Wohnung zur Zwischennutzung
-
–
–
2
Bei Familie/Partner(in)
3
1
5
1
Bekannte
–
1
–
–
Notunterkunft/befristete Unterbringung
22
21
–
–
Ev. Beratungsdienst Stationäres Wohnen
6
6
–
–
Ev. Beratungsdienst Jugend WG
–
1
–
–
Psychiatrie, psychosomatische Klinik
–
–
1
–
Frauenhaus
1
1
–
–
Akut wohnungslos, Pension, unbekannt
3
3
–
–
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Wohnen
100
Schulden
56
Finanzielle Notlage
94
Tagesstrukturierung
47
Umgang mit Behörden
94
Ausländerrechtliche Probleme
29
Arbeit/Ausbildung
85
Erziehung/Kinder
29
Gewalterfahrung
85
Kognitive Einschränkung
29
Psychische Auffälligkeit
76
Straffälligkeit
15
Alltagsbewältigung
68
Sucht
12
Gesundheit/Hygiene
68
Analphabetismus
3
Soziale Kontakte
68
Arbeit / Erwerbstätigkeit / Beschäftigung
Stand zum 31.12.
2013
2014
Minijob/MAW-Stelle
3
1
Versicherungspflichtige Arbeit
11
7
Qualifizierende Maßnahme/Schule
6
4
Werkstatt f. behinderte Menschen
-
1
Im Vergleich zum Vorjahr (55%) sind weniger Frauen in einer versicherungspflichtigen
Tätigkeit oder anderen Beschäftigung/Qualifizierung (38%).
41
4.3 Unterstütztes Wohnen / Integrationshilfen
Das Angebot „Unterstütztes Wohnen/Integrationshilfen“ richtet sich an Frauen, die nach
dem Bezug einer Wohnung weiterhin Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer
Schwierigkeiten benötigen. Es orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Frauen, sodass beispielsweise Beratungsgespräche nicht nur im Büro oder in der
Wohnung stattfinden, sondern oft in den Alltag eingebunden sind, d. h. sie finden auch
bei Begleitungen zu Behörden oder im Rahmen der Erkundung der Wohnumgebung etc.
statt.
Die Ziele des Unterstützten Wohnens im Rahmen der Integrationshilfen sind:
 Privates Wohnen ermöglichen
 (Wieder-)Entwicklung eigener Fähigkeiten und Ressourcen
 Stabilisierung im eigenen Wohnraum
 Bessere Bewältigung alltäglicher Anforderungen: Haushaltsführung, Geldverwaltung,
Behördenkontakte u.v.m.
 Aufbau und Erhalt von sozialen Kontakten
 Integration in das neue Wohnumfeld
2014 begingen die Integrationshilfen ihr 10-jähriges Jubiläum. Von 2004 bis 2013 wurden insgesamt 98 Frauen beraten und unterstützt. Unserer Einschätzung nach war und
ist dieses Nachsorge-Angebot für alle ehemals wohnungslosen Frauen sehr hilfreich.
Die meisten Frauen integrierten sich darüber gut in der eigenen Wohnung und erneute
Wohnungslosigkeit konnte so vermieden werden.
Im Jahr 2014 wurden insgesamt 29 Frauen (2013: 27 Frauen) im Rahmen dieser Maßnahme betreut. Elf Frauen wurden neu aufgenommen. Zehn Betreuungen wurden regulär beendet, d.h. die Mietverhältnisse waren bei Betreuungsende gesichert und ein dauerhafter Wohnraumerhalt kann prognostiziert werden.
Für alle Frauen, die vor allem aus gesundheitlichen Einschränkungen heraus nicht mehr
in der Lage sind, zu arbeiten, ist es häufig sehr schwierig, ihren Lebensunterhalt dauerhaft von der geringen Hilfe zum Lebensunterhalt zu bestreiten. Besonders hinsichtlich
der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft müssen die Betroffenen oft Abstriche machen. Wie es trotzdem gelingen kann, zeigt das folgende Beispiel von Frau Z.
42
Fallbeispiel Frau Z.
Frau Z. ist 63 Jahre alt. Sie ist gebürtige Münchnerin und gemeinsam mit mehreren
Geschwistern bei ihren Eltern aufgewachsen. Ihre bodenständige Herkunft merkt
man ihr an. Am Heiligabend gibt es Würstel, am ersten Feiertag einen Braten für die
Familie. Beim gemeinsamen Einkauf von Möbeln ist sie bescheiden, da werden
Sonderangebote mit kleinen Fehlern gekauft, die man selber noch beheben kann.
Von den Lebensmitteln der Tafel kocht sie das, was sie hergeben. In anderer Hinsicht ist Frau Z. allerdings auch ein typisches Beispiel für den schwierigen Lebensweg und die Gesamtsituation von älteren Frauen in besonderen sozialen Schwierigkeiten.
Frau Z. hat eine einfache Schulbildung. Sie sagt von sich selbst, dass sie schlecht
lesen und schreiben kann. Sie heiratete früh und bekam drei Kinder, wovon das
erste in den ersten Lebensmonaten verstarb. Ihre Ehe war von Anfang an vom Alkoholmissbrauch ihres Mannes und seinen gewalttätigen Übergriffen geprägt.
Frau Z. arbeitete, um die Familie zu ernähren, oft in prekären, sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen. Die Suchterkrankung des Mannes führte letztlich zur Überschuldung der gesamten Familie. Nach der Scheidung hatte Frau Z.
einen hohen Schuldenberg abzutragen. Sie wurde aufgrund dieser Dauerbelastungen immer depressiver, öffnete keine Post mehr, hatte auch nicht mehr die Kraft,
sich Hilfe zu suchen und ihre Wohnung wurde letzten Endes Anfang 2013 zwangsgeräumt. Zunächst fand sie Aufnahme in Karla51, anschließend in unserem Dezentralen Stationären Wohnen. Seit Mitte 2014 lebt sie wieder in einer eigenen Wohnung und erhält Nachbetreuung durch die Integrationshilfen.
Frau Z. ist gesundheitlich stark eingeschränkt. Sie nimmt seit über 20 Jahren Medikamente gegen Depressionen. Dazu hat sie eine Vielzahl von körperlichen Beschwerden, so dass ihr mittlerweile ein Grad von 50% Schwerbehinderung zuerkannt wurde.
Die Scham über ihre Obdachlosigkeit und die Scham, ihr Leben nicht in den Griff
bekommen zu haben, holt sie auch heute immer wieder ein. Wohltuend ist für sie
ihre kleine Wohnung. Sie kann ihre Familie einladen. Sie hat viele kreative Fähigkeiten, so dass ihre Wohnung – mit Unterstützung der Integrationshilfen – sehr gemütlich geworden ist. Die Ängste von Frau Z., im Leben nicht zu recht zu kommen, sind
weniger geworden. Die Mitarbeiterin in den Integrationshilfen stellt für sie eine vertrauensvolle Unterstützung dar, sie konnte mehr Stabilität in ihren psychischen und
sozialen Bezügen entwickeln. Mittlerweile blickt sie hoffnungsvoll in die Zukunft und
weiß, dass sie Probleme auch meistern kann.
Integrationshilfen - Statistik
Anzahl der betreuten Personen
2013
2014
Stand zum 01.01.
13
18
Neuaufnahmen
14
11
Beendigungen
8
10
Stand zum 31.12.
19
19
Gesamt
27
29
43
Vermittelnde Stellen und Verweildauer
Klientinnenanzahl
Vermittelt von
15
Ev. Beratungsdienst / Ambulante Dienste
13
Ev. Beratungsdienst / Stationäres Wohnen
1
Karla 51
Klientinnenanzahl
Verweildauer
2
1 Jahr
1
1,5 Jahre
7
2 Jahre
Einkommenssituation
zum 31.12.
2013
2014
ALG-II
13
17
Grundsicherung + Rente
2
1
Ausbildungsvergütung
2
1
MAW-Stelle
1
-
Einkommen aus versicherungspflichtiger Arbeit
0
-
Einkommen + ergänzende Leistungen aus ALG- II
1
-
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Wohnen
100
Gesundheit/Hygiene
31
Umgang mit Behörden
100
Tagesstrukturierung
31
Soziale Kontakte
86
Kognitive Einschränkung
24
Finanzielle Notlage
80
Erziehung/Kinder
20
Arbeit/Ausbildung
80
Sucht
20
Psychische Auffälligkeiten
69
Ausländerrechtliche Probleme
14
Schulden
62
Straffälligkeit
14
Gewalterfahrung
59
Analphabetismus
3
Alltagsbewältigung
48
Weitere Maßnahmen
2013
2014
Hausbesuche
102
95
Begleitungen
96
93
Krisenintervention
27
46
44
4.4 Unterstütztes Wohnen / Integrationshilfen für Frauen mit Kindern
Das Angebot besteht seit Mai 2010. Wohnungslose Frauen leiden nicht nur selbst, sondern auch ihre Kinder sind von der schwierigen psychosozialen Situation der Mütter in
hohem Maß mitbetroffen. Existenzielle Unsicherheiten, welche die Mütter beeinträchtigen (z. B. Wohnungslosigkeit oder sehr beengte Wohnverhältnisse, finanzielle Sorgen,
Schulden, Straffälligkeit, Gewalt in der Partnerschaft, Suchtgefährdung und gesundheitliche Einschränkungen), erschweren die Zuwendung und Fürsorge für die Kinder.
Auf der Basis einer gesicherten Existenzgrundlage, eines tragfähigen sozialen Netzes
und gestärkter Selbsthilfekräfte werden soziale und psychische Ressourcen für die Kindererziehung frei. Eine Verbesserung der psychosozialen Situation der Mutter hat die
unmittelbare Verbesserung der Lebenssituation des Kindes zur Folge. Die Hilfen dieses
Fachdienstes – Betreuung, Beratung und Begleitung in der eigenen Wohnung – setzen
daher direkt an den sozialen Schwierigkeiten der einzelnen Frau an.
Im Jahr 2014 wurden in den Integrationshilfen für Frauen mit Kindern insgesamt 16
Frauen mit 31 Kindern beraten und unterstützt. Sechs Frauen mit Kindern konnten neu
aufgenommen werden und fünf Maßnahmen wurden im Jahr 2014 beendet. Bei all diesen fünf Haushalten war zum Zeitpunkt der Beendigung das Mietverhältnis gesichert mit
Aussicht auf einen dauerhaften Wohnraumerhalt.
Unser folgendes Fallbeispiel verdeutlicht die Kumulation der sozialen Schwierigkeiten:
Unzureichende Wohnverhältnisse, Kündigung, gewaltgeprägte Lebensverhältnisse, die
Situation als Alleinerziehende, Arbeitslosigkeit, ausländerrechtliche Probleme, die Sorge
um die Herkunftsfamilie, u.v.m.
Fallbeispiel Frau Y.
Wir lernten Frau Y. 2012 durch Vermittlung der Bezirkssozialarbeit kennen. Frau Y.
stammt aus einem afrikanischen Land, sie ist mit knapp 18 Jahren nach Deutschland gekommen, um hier Geld für ihre schwerkranke Mutter zu verdienen. Sie lebte
zunächst längere Zeit in einer Asylbewerberunterkunft. Dort lernte sie einen etwas
älteren Mann kennen, von dem sie schwanger wurde. Mit Bekanntwerden der
Schwangerschaft, teilte der Mann ihr mit, dass er verheiratet sei und sich nicht weiter um sie kümmern könne. Mit der Geburt des Kindes begründete sich Frau Y.s
Aufenthalt und sie suchte sich eine günstige Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt.
Die Vermittlung durch die Bezirkssozialarbeit erfolgte, da Frau Y. eine Reihe von
45
sozialen Schwierigkeiten hatte, sich zu diesem Zeitpunkt in sehr prekären und beengten Wohnverhältnissen befand und mit ihrem zweiten Kind schwanger war.
Auch hier hatte der Kindsvater Frau Y. schnell im Stich gelassen, nachdem er ihr
gegenüber sehr gewalttätig geworden war. Zudem hatte sie kaum soziale Kontakte
und drohte, zu vereinsamen.
Frau Y. hat in ihrem Herkunftsland sechs Jahre die Schule besucht, sie spricht gut
englisch, mit der deutschen Sprache hat sie sich jedoch zunächst sehr schwer getan. Sie benötigte viel Unterstützung bei verschiedensten Antragstellungen wie Kindergeld, Unterhaltsvorschuss, Erziehungsgeld, etc. Frau Y. konnte aber relativ zügig in einen Deutschkurs vermittelt werden und spricht mittlerweile gut deutsch.
Hervorzuheben ist, dass Frau Y. eine sehr fürsorgliche und verantwortungsvolle
Mutter ist, die sich liebevoll um ihre beiden Kinder kümmert. Gerade in diesem Bereich benötigt sie kaum Unterstützung.
Ihr größtes Problem war und ist die äußerst prekäre Wohnsituation, die sich immer
mehr zugespitzt hatte. Das Haus, in dem sie lebt, wurde verkauft und soll abgerissen werden. Allen Mietern wurde zum 30.06.2014 fristlos gekündigt. Bereits Ende
2013 war das Haus nur noch teilweise bewohnt und die gesamte Wohnanlage in
einem sehr schlechten Zustand. Frau Y. hat mit unserer Unterstützung einen Sozialwohnungsantrag gestellt, sie hat Rangstufe I erhalten. Daraufhin bekam sie eine
Wohnungsbenennung, für die sie aber letztlich keine Zusage erhielt.
Mittlerweile läuft eine Räumungsklage und die letzte Frist zum Auszug ist Anfang
2015. Da Frau Y. bisher keine Sozialwohnung erhalten hat, konnte unser Träger das Evangelische Hilfswerk München - einspringen und ihr eine trägereigene Wohnung anbieten. Sie kann im Frühjahr 2015 in diese Wohnung umziehen.
Der andere Schwerpunkt der Betreuung von Frau Y. liegt auf der Arbeitsvermittlung.
Hier zeigt sich ein fataler Teufelskreis gerade für Menschen mit ihrem Aufenthaltsstatus. Frau Y. ist noch sehr jung und würde sehr gerne eine Ausbildung machen,
z.B. in der Altenpflege, und sie hätte auch die Fähigkeiten dazu. Dies wird ihr jedoch von Seiten des Ausländeramtes verweigert und stattdessen verlangt, dass sie
möglichst in Vollzeit arbeitet, da sie als Angehörige eines EU-Bürgers gilt. Da sie
aber über keine Ausbildung und keinerlei anerkannten Schulabschluss verfügt, ist
die Auswahl der möglichen Stellen sehr begrenzt und ermöglicht auch finanziell
kaum eine Unabhängigkeit von Sozialleistungen.
Mittlerweile hat das jüngere Kind einen Krippenplatz, so dass Frau Y. ihre Arbeitssuche intensivieren konnte und vorübergehend eine Arbeitsstelle für 15 Stunden
gefunden hat.
Die gesamte Belastungssituation mit der Wohnung, der Arbeit, dem Ausländeramt
hat dazu geführt, dass Frau Y. in eine depressive Krise geraten ist, und sich mittlerweile in psychiatrischer Behandlung befindet. Wir hoffen jedoch, dass sich ihre
Lebenssituation durch den Umzug im nächsten Jahr entspannen und es ihr langfristig wieder besser gehen wird.
Ein wichtiger Schritt für Frau Y. war die Teilnahme an unserer Mutter-Kind Gruppe
und an der gemeinsamen Freizeit, wo sie nicht nur schnell neue soziale Kontakte
knüpfte, sondern auch erstmals das Umland von München kennenlernte, was sie
und die Kinder als große Bereicherung erlebten.
46
Eindrücke der Ferienfreizeit vom 16. bis 18. Juni am Simsee
Im Jahr 2014 konnten wir wieder eine Ferienfreizeit für die Frauen mit Kindern durchführen. Es nahmen vier Frauen mit insgesamt sieben Kindern teil, 2 Frauen mussten kurzfristig absagen, da die Kinder krank geworden waren.
Wir fanden dieses Jahr eine sehr schöne Unterkunft auf einem Bauernhof ganz in der
Nähe vom Simssee. Dies war für alle eine ganz besondere Erfahrung. Die Kinder konnten viele Tiere z.B. Kühe, Ziegen, Hühner, Kaninchen ganz nah erleben und durften einige auch streicheln.
Der Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf verschiedenen Ausflügen in das Umland im
Chiemgau. Das Highlight war ein Ausflug auf die Insel Herrenchiemsee mit Schlossbesichtigung. Was sich bei solchen Aktivitäten immer wieder zeigt, ist die geringe Belastbarkeit der Klientinnen. Zum einen ist es für die Frauen eine körperliche Herausforderung, längere Strecken zu Fuß zu gehen, da sie dies im Alltag nicht gewohnt sind.
Gleichzeitig sind die vielen neuen Eindrücke, z.B. mit einem Schiff zu fahren, in einem
Schloss zu sein, auch anstrengend für sie.
Wichtig und wohltuend war es daher für die Frauen, am Abend zu entspannen und sich
in der Gruppe auszutauschen. Die Kinder haben es genossen in der Natur viel Platz zum
Spielen zu haben und einfach mal draußen sein zu können.
47
Integrationshilfen für Frauen mit Kindern - Statistik
Anzahl der betreuten Personen
2013
2014
Stand zum 01.01.
10
10
Neuaufnahmen
2
6
Beendete Maßnahmen
2
5
Stand zum 31.12.
12
11
2013
2014
ALG-II
7
10
Grundsicherung + Rente
-
1
Ausbildungsvergütung
-
-
MAW-Stelle
-
-
Einkommen aus versicherungspflichtiger Arbeit
1
2
Einkommen + ergänzende Leistungen aus ALG- II
3
3
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
1
-
Einkommenssituation
zum 31.12.
Altersstruktur Kinder
Jahr
0–3
Jahre
4–6
Jahre
7–9
Jahre
10–15
Jahre
> 15
Jahre
Gesamt
2014
8
7
2
6
8
31
2013
4
6
2
8
6
26
2012
9
5
4
9
7
34
Haushaltsstruktur
Jahr
alleinlebend
mit Partner
Gesamt
2014
14
2
16
2013
13
1
14
2012
17
2
19
Jahr
Haushalt mit 1 Kind
Haushalt mit 2 und mehr
Kindern
Gesamt
2014
6
10
16
2013
4
10
14
2012
8
11
19
Haushaltsgröße
48
Verweildauer
Klientinnenanzahl
1
1,5 Jahre
4
2,5 Jahre
Vermittelnde Stellen
Klientinnenanzahl
Vermittelt von*
2013
2014
-
4
Ev. Beratungsdienst/Ambulante Dienste
-
1
Ev. Beratungsdienst/Stationäres Wohnen
2
1
Karla 51
-
-
SBH/BSA
*nur Neuaufnahmen
Problemfelder (Mehrfachangaben möglich, Angaben in Prozent)
Wohnen
100
Ausländerrechtliche Probleme
44
Finanzielle Notlage
100
Analphabetismus
38
Umgang mit Behörden
100
Alltagsbewältigung
31
Erziehung/Kinder
100
Gesundheit/Hygiene
31
Soziale Kontakte
88
Straffälligkeit
19
Arbeit/Ausbildung
75
Kognitive Einschränkung
13
Gewalterfahrung
69
Sucht
6
Psychische Auffälligkeiten
63
Tagesstrukturierung
6
Schulden
63
In der Abfrage der Problemfelder findet sich die bereits beschriebene Kumulation der
Problemlagen: Wohnen, finanzielle Notlagen, Umgang mit Behörden, Probleme bei der
Kindererziehung, fehlende soziale Kontakte, Arbeitslosigkeit, in sehr hohem Ausmaß
auch gewaltgeprägte Lebensverhältnisse, u.v.m. Sechs der Frauen sind
Analphabetinnen!
Weitere Maßnahmen
2013
2014
Hausbesuche
137
125
Begleitungen
117
98
Krisenintervention
43
37
49
5
Anhang
5.1
Öffentlichkeits- und Gremienarbeit
Der Evangelische Beratungsdienst ist in folgenden Gremien und Arbeitskreisen aktiv:
Übergeordnete Gremien und Arbeitskreise

Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe und Arbeitskreis Hilfe für Frauen in Not
(beides Arbeitskreise des Kuratoriums der AG für Wohnungslosenhilfe)
Nadja Dobesch-Felix, Barbara Thoma

Konferenz der Wohnungslosenhilfe in Bayern
Nadja Dobesch-Felix, Barbara Thoma

Fachausschuss Wohnungslosenhilfe
des FEWS – Fachverband Evangelische Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern e. V.
Barbara Thoma

Einspruch e. V.
Monika Schmidt, Anita Goldbrunner
Fachgremien der Freien Straffälligenhilfe

Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e. V./Fachausschuss straffällig
gewordene Frauen
Nadja Dobesch-Felix

Fachausschuss Straffälligenhilfe
des FEWS – Fachverband Evangelische Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern e. V.
Nadja Dobesch-Felix, Barbara Thoma

Arbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe München
Nadja Dobesch-Felix

Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Fachstellen zur Vermittlung gemeinnütziger
Arbeit (AGV)
Gabriele Bauer, Melanie Seidl
Fachgremien der Hilfen für junge Volljährige

Arbeitskreis sozialpädagogisch betreutes Wohnen (AK SBW)
Sarah Göhr, Michaela Zintl
Fachgremien der Hilfen für psychisch kranke Menschen

PSAG Nord
Nadja Dobesch-Felix

Ki.ps.E – Kinder psychisch kranker Eltern
Angelika Pieke
50
5.2
Praxisanleitung und Fortbildung
Im Berichtsjahr haben sich die Mitarbeiterinnen in folgenden Themen weitergebildet:
Recht
Sozialrecht, insbesondere SGB II und SGB XII, Grundlagen- und Vertiefungskurs
Schuldnerberatung
Psychosoziale Themen
Basiswissen zu psychischen Erkrankungen, Wohnungslosigkeit, Krisenintervention bei
Persönlichkeitsstörungen, Bindung und Migration, Online-Beratung, Traumafachberatung, Systemische Individual-, Paar- und Familientherapie, kultursensible Unterstützungsangebote für Migranten, Wirksames Selbstmanagement, Achtsamkeit als Haltung
und Methode
Verwaltung und Organisation
Erste-Hilfe-Kurse, Haustechnik, Grundkurs für Schwerbehindertenvertreter, Schulung
zur IT-Beauftragten
_____________________________________________________________________________
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:
Sandra Anderiasch, Gabriele Bauer, Nadja Dobesch-Felix, Frau D., Sarah Göhr, Heike Kestler,
Andrea Neßlauer, Angelika Pieke, Elke Plattner, Ina Reiner, Gabriele Schmaus, Monika Schmidt,
Ursel Schertel-Forster, Melanie Seidl, Barbara Thoma, Christine Wegele, Birgit Zimmermann
51

Documentos relacionados