Gigantische Zeitzeugen im Paradies

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Gigantische Zeitzeugen im Paradies
Te c-S p o t s
Te c-S p o t s
Bikini Atoll –
G i g a n t i s c h e Z e i tz e u g e n i m Pa r a d i e s
Text: Olivier Bourquin, Übersetzt von Sabine Kerkau
Bilder: Olivier Bourquin, Michael Cooper, Manu Raze
V
om ersten Gedanken an einen
Tauchgang am Wrack der Saratoga
bis zur Realisierung vergingen sechs
Jahre. Eine Reise zum Bikini Atoll ist alles
andere als einfach.
Wir begannen unsere Reise in Amsterdam.
Der erste Flug führte uns nach Manila. Nach
einer Zwischenübernachtung ging es weiter
nach Guam. Ab Guam nutzten wir einen so
genannten Island Hopper, der zwischen
Guam und Honolulu eingesetzt wird. Eine
zeitaufwendige Aktion, denn die Boeing 727
landet auf jedem Atoll zwischen.
Wir konnten den Flieger nicht an unserem
geplanten Zielflughafen Kwajalein verlassen, da die Maschine keine Landeerlaubnis
erhielt. (Kwajalein ist eine amerikanische
Militärbasis, auf der Raketentests stattfinden. Aus diesem Grund kommt es vor,
dass Zivilmaschinen umgeleitet werden
müssen.) Stattdessen flogen wir weiter bis
Majuro, übernachteten einmal und nahmen am nächsten Tag wieder den Hopper
in die andere Richtung, in der Hoffnung,
nun auf Kwajalein landen zu dürfen. Dieses
Mal erhielt unsere Maschine die Erlaubnis
für die Landung.
Auf Kwajalein angekommen standen wir
erst einmal ohne unsere Ausrüstung da, ein
ziemlich beunruhigendes Gefühl. Was wir
nicht wussten: Unsere Ausrüstung war mit
einem Frachtflugzeug transportiert worden
und hatte den Zielflughafen schon vor uns
erreicht.
Die Reisezeit bis Kwajalein betrug vier Tage.
In dieser Zeit habe ich insgesamt siebenmal
mein Handgepäck durchleuchten lassen
müssen und mindestens ebenso oft versucht, zu erklären, dass es sich bei dem Kopf
meines Rebreathers nicht um eine Bombe
handelt.
Unser Tauchboot erwartete uns auf Ebeye,
einer Nachbarinsel von Kwajalein, einem
militärischen Sperrgebiet, in dem keine
zivilen Boote anlegen dürfen. Wir ließen alle
militärischen Formalitäten über uns und
unser Gepäck ergehen und wurden dann
mit Militärfahrzeugen auf eine Militärfähre
transportiert. Diese brachte uns nach
Ebeye, wo wir nun letztendlich nach ca.
100 Stunden Reisezeit unser Schiff, die „MV
Winward“, erreichten. Dies ist das einzige
Schiff, mit dem man die Wracks im Bikini
Atoll anfahren kann. Das internationale
Tauchteam, bestehend aus vier Australiern,
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fünf Amerikanern, einem Malteser, einem
Belgier und einem Schweizer war nun komplett, und das große Abenteuer konnte
beginnen.
Checkdive auf „Prinz Eugen“
Unser erster Tauchgang führte uns zum
Deutschen Kriegsschiff „Prinz Eugen“.
Dieses war nach zwei Explosionen nur leicht
beschädigt, konnte aber auf Grund der hohen
Strahlenbelastung nicht vor Ort repariert
werden. Man versuchte deshalb, das Schiff
nach Kwajalein zu bringen. Es gelang nicht
den Wassereinbruch zu stoppen. Die „Prinz
Eugen“ sank vor Kwajalein.
Nach all den Strapazen der Anreise und der
bedrückenden Geschichte dieses Ortes war
die Anspannung vor dem ersten Tauchgang
bei jedem von uns deutlich spürbar.
Mein Tauchpartner und ich waren die einzigen Rebreather-Taucher auf dem Schiff.
Alle anderen tauchten mit Doppelgeräten.
Die maximale Tauchtiefe am Wrack liegt bei
35 m. Wir wählen als Diluent und Bailout
Luft.
Brian, der kanadische Gasblender an Bord,
der auch für die Dekokammer verantwortlich ist, wurde an diesem Tag noch nicht
wirklich gefordert.
Die Sichtweite an der „Prinz Eugen“ war
wider Erwarten schlecht. Dies und die
Lage des Wracks (kieloben) machten die
Navigation nicht einfach. Trotzdem konnten wir klar erkennen, dass das 208 m lange
Kriegsschiff für eine schnelle Fahrt gebaut
war.
Der Geschützturm, besetzt mit 2x8‘‘
Doppelgeschützen, beeindruckte uns sehr.
Klar erkennen konnten wir auch zwei der
eigentlich drei, je 12 t schweren Schrauben.
Die Dritte befindet sich vor dem nautischen
Museum in Kiel.
Obwohl es im Wrack fest verlegte Leinen
gibt, entschieden wir uns bei diesem ersten
Checktauchgang gegen ein Eindringen ins
Wrack. Wir hatten einen Batteriealarm,
eine Zelle zeigt utopische Werte, mein
Tauchpartner Manu hatte kein Diluent mehr,
aber trotzdem konnten wir uns fast nicht
vom Wrack trennen und kehrten erst nach
146 min an die Oberfläche zurück.
Schon während unseres Tauchganges hatte
die Crew der „MV Winward“ begonnen, das
Bikini Atoll
Das Bikini Atoll gehört zu den Marschall Inseln.
1946 fanden dort die ersten Atomtests nach
dem abrupten Ende des 2. Weltkriegs statt.
Diese Tests wurden genehmigt von Präsident
Harry Trumann. Die Versuche hatten das Ziel,
die vernichtende Wirkung von Atombomben
auf Kriegsschiffe und U-Boote zu erforschen.
Für diese so genannte Operation Crossroad
schickte das amerikanische Militär 242 Schiffe
mit 42.000 Männern und 146 Flugzeuge ins
abgelegene Bikini Atoll. Der Schiffsverband
setzte sich aus Schiffen der alliierten
Flottenverbände, aber auch der unterlegenen
Kriegsparteien zusammen. 95 Schiffe wurden
in unterschiedlichen Entfernungen um ein
geplantes Epizentrum herum platziert. Die restlichen Schiffe dienten dem Support. Tausende
von Tieren, darunter Schweine, Ziegen, Ratten
u. a. wurden auf die Versuchsschiffe gebracht,
um den tödlichen Effekt der Atombomben
zu testen. Kameras und Messgeräte wurden
installiert.
Die erste Atombombe, Able, verfehlte ihr
geplantes Ziel. Von den 95 Schiffen wurden
nur 5 versenkt.
Die zweite Atombombe, Baker, wurde unter
Wasser gezündet, und dies hatte einen verheerenden Effekt auf die Versuchsschiffe. 10
Schiffe, unter anderem die „Saratoga“ sanken
unterschiedlich schnell.
Die Armee studierte die verursachten Schäden
am Material und an den Versuchstieren. Es
wurde versucht, die Schiffe zu dekontaminieren
und zu reparieren. Einige Schiffe wurden versenkt, andere umplatziert. Einige wurden mit
einer Besatzung versehen und nach Amerika
geschickt.
Zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich,
die durch Plutonium erzeugte Strahlung zu
messen. Heute weiß man, dass 85 % der radioaktiven Strahlung dieser Atombomben durch
Plutonium erzeugt wurden.
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Schiff hochseetauglich zu machen. Alles
wurde sorgfältig festgebunden und gesichert, denn nun erwartete uns eine 25
Stunden lange Überfahrt ins Bikini Atoll.
Es schaukelte gewaltig, und ein Großteil der
Gruppe bliebt die nächsten Stunden unter
Deck verschwunden.
Manu und ich nutzten die Zeit der Überfahrt,
um die Pläne der „Saratoga“ zu studieren.
Wir versuchten, uns den Plan so gut wie
möglich einzuprägen, damit wir möglichst
viel von diesem sagenhaften Wrack würden
erforschen können. Auch unsere Gas- und
Dekoplanung wollten wir noch verfeinern.
Wir entschieden uns, für die kommenden
Tauchgänge als Diluent das vorgemixte, auf
der „Winward “ vorrätige 17/50 zu nutzen.
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Endlich da!
Sister Sara (Toga)
Das Bikini Atoll erschien wie ein wahr
gewordener Inseltraum. Weiße Sandstrände,
menschenleer und überall Kokospalmen.
Am großen Korallenriff, welches das Atoll
umschließt, bildeten sich riesige Wellen,
ein ideales Surferparadies. Beim Betrachten
dieser vollkommenen Inselschönheit
konnte sich keiner von uns vorstellen,
dass es hier zwischen 1946 und 1958 23
Atombombenzündungen, über und unter
Wasser mit all ihren verheerenden Folgen
gegeben haben soll. Die Tests hatten auch
einen Einfluss auf die bewohnten Gebiete
des Atolls. Ob die Menschen bewusst oder
unbewusst der hohen Strahlung ausgesetzt
wurden, ist bis heute nicht endgültig geklärt.
Während des 2. Weltkrieges haben die
Japaner mindestens sieben Mal behauptet sie
hätten die „Saratoga“ versenkt. Letztendlich
fand sie jedoch ihr Ende nicht durch den
Feind, sondern durch das eigene Militär.
Brian, der auch als Guide auf der „Winward“
arbeitet, legte eine stabile Leine von der
Winch der „Saratoga“ zur Oberfläche.
Mithilfe dieser Leine lag die „Winward“ nun
fest vertäut über der „Saratoga“, und wir
konnten uns für unseren ersten Tauchgang
fertigmachen.
Für mich war es der erste Tauchgang an
einem Flugzeugträger. Die „Saratoga“ hat
eine Länge von 268 m. Das Flugdeck befin-
det sich in einer Tiefe von 28 m und das
Wrack steht aufrecht auf Grund in einer
Tiefe von 55 m.
Die Sicht an der „Saratoga“ betrug ca.
25-35 m und die Wassertemperatur angenehme 30 °C. Das Wrack war ca. 30 m breit.
Normalerweise sind Sichtweiten von um
die 30 m gut. An einem so großen Wrack
wie der „Saratoga“ wünscht man sich aber,
sie wären mindestens zwei- bis dreimal so
gut, würde das doch die Orientierung sehr
viel einfacher machen.
Wir begannen unseren Tauchgang in Höhe
des Flugdecks am Bug des Wracks. Die
ersten ein bis zwei Minuten tauchten wir
entlang der Start- und Landebahn, bis wir
zum beeindruckenden Geschützturm mit
mehreren großen Doppelgeschützen kamen.
A ls nächstes er reichten w ir einen
Fahrstuhlschacht, in dem die Flugzeuge
auf das Flugdeck transportiert wurden.
Peter Fear, der Veranstalter, kannte das
Wrack inzwischen sehr gut. Er zeigte uns
die verschiedenen Möglichkeiten, um in
das Wrack hineinzukommen und es ausgiebig zu betauchen. Vom Fahrstuhl aus
ließ sich fast jedes Stockwerk der Saratoga
erreichen. Sehr hilfreich waren dabei auch
die fest angebrachten Leinen, die von hier
ausgehend gelegt sind.
Die Penetration hatten Manu und ich allerdings für die folgenden Tauchgänge gep-
lant. Der erste Tauchgang diente uns erst
einmal dazu, einen Gesamteindruck von
außen zu bekommen. Wir tauchten daher
weiter, bis wir die Navigationsbrücke erreichen. Diese glich einem kleinen Museum.
Taucher haben hier viele Artefakte aus dem
Inneren der „Saratoga“ zusammengetragen,
darunter Brillen und Teller. In den dunklen
Raum fielen nur durch die wenigen sehr
kleinen Sehschlitze einige Lichtstrahlen.
Auch wir konnten noch die beklemmenden
Gefühle erahnen, die die Menschen bei
einem Angriff in diesem Raum empfunden haben müssen.
Bei unserem ersten Tauchgang erkundeten wir fast den gesamten vorderen Teil
der „Saratoga“ . Nachdem die OC-Taucher
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S pr ao ct ks
ihren Rückweg zur Oberfläche begonnen
hatten, konnten wir das beeindruckende
Wrack noch fast 45 Minuten für uns allein
betauchen.
Ein Tauchgang an einem historisch so
bedeutenden Wrack wie der „Saratoga“ lässt
einen gefühlsmäßig nicht kalt. Man ist sich
sehr bewusst, mit welchem dunklen Kapitel
der menschlichen Geschichte man sich hier
beschäftigt, andererseits kann man sich
der Faszination, ein so beeindruckendes
Wrack betauchen zu dürfen, nicht entziehen.
Glücksgefühl und Beklommenheit sind ein
ständiger Begleiter.
Nach 141 min beschlossen wir, diesen ersten
Tauchgang zu beenden.
Der Schleier lüftet sich
Wir wollten mit Brian und Eddy über eine
mögliche Penetration des Maschinenraums
sprechen. Die beiden Männer sahen sich
an und sagen lachend „ Guy‘s, no one ever
entered the engine room of the Saratoga!“
Wir machten insgesamt sechs Tauchgänge
am Wrack der „Saratoga“. Dabei konnten
wir einige Geheimnisse des Wracks lüften. Es gibt jedoch noch unendlich viel zu
entdecken. Bei der Erforschung der verschiedenen Decks entdeckten wir unter
anderem die Krankenstation, sahen die
Zahnarztstühle, die Helme der Taucher,
das Gefechtskoordinations-Center und den
Frisörstuhl für die Offiziere.
Eine Wrack-, oder Höhlenausbildung ist
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für die Penetration des Wracks eigentlich
mehr als empfehlenswert. Es gibt einige
Engstellen, die überwunden werden müssen, und am Boden befindet sich eine dicke
Schicht aus Rostpartikeln, die bei einem
falschen Flossenschlag sehr schnell zu
einer Null-Sicht Situation führen kann.
Ich hatte bei der Penetration einige Male
das Gefühl, dass die OC-Taucher hier im
Vorteil sind. Eine Penetration mit CCR
macht das Ablegen und Zurücklassen von
Stageflaschen unmöglich, auch der Trim ist,
besonders hier, wo ohne Trocki getaucht
wird, nicht immer perfekt. Wir haben auf
dem Rückweg einige Male die Hilfe der
permanent gelegten Leinen in Anspruch
nehmen müssen.
Manu und ich folgten den verlegten Leinen,
wechselten über Treppen die Decks, schwebten durch Korridore, passierten Luken,
um am Ende durch Öffnungen, die zu den
Seitengeschützen führen, das Wrack wieder zu verlassen. Nach einer langen und
schwierigen Penetration dieses riesigen
Metallmonsters wieder ins Tageslicht zu
schwimmen, ist ein befreiendes Gefühl.
Neben dem Wrack, ca. 25 m tiefer als
das Flugdeck, findet man zwei gut erhaltene Torpedobomber (Curtiss Helldiver
und Grumman TBF Avenger). Selbst
Abwurfvorrichtungen und Bomben sind
noch vorhanden. Vom Flugdeck aus auf
die Silhouette der beiden Flugzeuge zuzuschweben, war für mich ein sehr beeindruckendes Erlebnis.
Die letzte Reise der „Nagato“
Die „Nagato“ war das Schiff, von dem aus
der Angriff auf Pearl Habor koordiniert
wurde. Sie war der Stolz der japanischen
Kriegsmarine im 2. Weltkrieg. Nachdem
Japan den Krieg verloren hatte, musste die
„Nagato“ an die USA übergeben werden. Sie
wurde nach Bikini geschleppt. Fünf Tage
nach der Zündung der zweiten Atombombe
ist sie gesunken. Sie ruht auf der rechten
Seite und ist zum Teil zerstört.
Bei diesem Tauchgang konnte die „Winward“
nicht am Wrack festgemacht werden. Wir
mussten vom fahrenden Schiff an eine Boje
springen.
Schon kurz nach dem Abtauchen nahm
das Wasser um uns herum diese beeindruckende intensive blaue Farbe an, die man
von den Bikini-Fotos kennt.
Die Brücke der „Nagato“ liegt auf 52 m und
ist unbedingt einen Besuch wert.
Die respekteinflößenden gigantischen 16,1‘‘
Doppelgeschütze (406 mm) der „Nagato“
sind die größten Kanonen, die sich auf
einem Wrack aus dem 2. Weltkrieg, das in
betauchbaren Tiefen liegt, finden lassen.
Immer, wenn die 100 t schweren Kanonen
abgefeuert wurden, musste sich jedes
Besatzungsmitglied unter Deck befinden...
Wir drangen seitwärts in das Wrack ein und
durchtauchten es von einer Seite zur anderen. Auf der anderen Seite angekommen, ist
es unmöglich, das Wrack zu verlassen. Man
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© OpenStreetMap-Mitwirkende
sieht das Tageslicht, aber man kommt nicht
hinaus, da das Schiff fast kieloben liegt. Nur
im Bereich der Geschütze kann man das
Wrack wieder verlassen. Taucht man auf
dem Weg zu den Geschützen seitlich am
Wrack entlang, erlebt man faszinierende
Effekte von Licht und Schatten. Wir entdeckten die vier großen Schrauben, die frei
im Wasser stehen. Das Wrack ist insgesamt
220 m lang, und zwei Tauchgänge reichen
bei weitem nicht, um es auch nur ansatzweise kennen zu lernen.
„USS Apogon, the best submarine dive“
Peter garantierte uns, dass der Tauchgang
an der „USS Apogon“ mit Sicherheit einer
der besten Tauchgänge an einem U-Boot
sein würde, die wir je gemacht hätten, oder
noch machen würden. Und er hatte Recht!
Die „USS Apogon“ steht für mich mit ihren
100 m Länge ganz oben auf der Rangliste
meiner besten U-Boot-Tauchgänge.
Das Wrack ist kaum beschädigt und ruht in
50 m Tiefe aufrecht auf dem Meeresgrund.
Die z wei Sc h r aub en und auc h d ie
Stabilisatoren sind noch vorhanden. Die „USS
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Apogon“ erweckt den Eindruck, als könne
sie jeden Moment wieder Fahrt aufnehmen.
Ein Torpedorohr ist geöffnet, und gibt den
Blick auf ein abschussbereites Torpedo frei.
Auf unserem weiteren Weg Richtung Bug
stoppten wir an der Brücke. Hier entdeckten
wir die Überwachungsferngläser, in denen
selbst die Linsen noch vorhanden sind.
Dank unseres Gemisches mit 50 % Helium
konnten wir jedes Detail am Wrack klar
erkennen und den Tauchgang in vollen
Zügen genießen. Großartige Sicht- und
Lichtverhältnisse verstärkten dieses Gefühl
noch. So konnten wir einige schöne Fotos
von diesem hochdekorierten Kriegsveteran
mit nach Hause nehmen.
„USS Arkansas“ (Schlachtschiff )
Die „USS Arkansas“ diente sowohl im 1. wie
auch im 2. Weltkrieg. Sie hat eine große
historische Bedeutung. Beim Abwurf der
2. Atombombe befand sie sich fast unmittelbar im Epizentrum der Explosion. Eine
Legende sagt, dass die durch die Explosion
entstandene gewaltige Wassersäule aus ca.
zwei Millionen Litern Wasser die „Arkansas“
mit emporhob und sie dann kieloben wieder auf die Wasseroberfläche schleuderte.
Die Wucht der Baker-Bombe hat das Schiff
beinahe zerquetscht. Dass massive Kräfte
auf das Schiff eingewirkt haben müssen,
lässt sich unter anderem auch an den
Wellen erkennen, die in der ca. 35 cm dicken
Panzerung entstanden sind. Diese massive
Zerstörung macht das Erkennen der Details
und der einzelnen Sektionen dieses Wracks
schwieriger. Deutlich heben sich die intakten
12‘‘ Doppelgeschütze vom Rest des Wracks
ab. Zwei der ehemals vier Schrauben sind
am Sandgrund zu finden. Auf unserem
Rückweg zum Aufstiegsseil schwammen
wir 170 m am Kiel entlang und verkürzten
auf diese Weise auch gleich unsere Dekozeit.
Diesen Tauchgang beendetenn wir mit einem
„Trippel- 50“: 50 m tief, 50 min Grundzeit
und 50 min Deko, worauf wir am Ende des
Tauchtages mit ein paar chinesischen Bieren
anstießen.
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Wrack
Wrack
Tauchen auf Bikini
„USS L amson “ – Der schönste
Tauchgang
Die Tauchgänge im Bikini Atoll übertreffen alles, was ich bisher weltweit an
Wrackexplorationen erlebt habe. Die historische Bedeutung dieses Orts, die Größe und
der gute Zustand der betauchten Wracks
machen diese Reise so einzigartig, dass man
die Umstände und Strapazen der langen
Anreise vergisst.
Der Tauchgang am Wrack des Zerstörers
„USS Lamson“ ist für mich dabei der schönste gewesen. Meiner Meinung nach bietet
dieses Wrack alles, was sich ein technischer
Taucher nur wünschen kann.
Gleich nach dem Abtauchen am Seil
entdeckten wir eine Vier-KammerTor p e doabschuss vor r icht ung. Die
„USS Lamson“ verfügte über drei dieser
Abschussvorrichtungen und zusätzlich
über mehrere Katapulte und verschiedene
weitere Vorrichtungen für Wasserbomben.
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Insgesamt eine Bewaffnungskonzentration,
die auf jede U-Bootbesatzung respekteinflößend gewirkt haben muss.
Die Abschussvorrichtungen sind voll mit
Bomben und Torpedos. Durch den guten
Zustand und den minimalen Bewuchs lässt
sich jedes Detail deutlich erkennen.
Die Tiefe von 46 m erlaubte uns eine
Exploration von einer Stunde. Es würde sich
lohnen, an diesem Wrack deutlich mehr
Zeit zu verbringen, da es noch unendlich
viel zu entdecken gibt.
Wie immer sind wir die letzten, die das
Wrack verlassen, alle anderen sind schon
längst an die Oberfläche zurückgekehrt.
Nur Edward, der Guide, leistete uns, wie
jedes Mal, auf unserer einstündigen Deko
Gesellschaft.
Epilog
Bik ini ist nur et was f ür echte
Wrackfanatiker. Allein schon der Preis und
die Dauer der Expedition werden sicher viele
abschrecken, dieses Abenteuer zu wagen.
Die Gesamtreisezeit betrug ca 19 Tage, 14
Tage davon auf der „MV Winward“. Man
kann maximal 20 Tauchgänge machen.
Dafür muss man ein Budget von mind 7500 €
einplanen. Im Jahr 2012 war es gerade einmal 30 privilegierten Tauchern vergönnt,
über dem Deck der Saratoga zu schweben.
Für 2014 plane ich eine weitere Expedition
ins Bikini Atoll. Sollte sich jemand für diese
Reise interessieren, kann er mich gern unter
[email protected] kontaktieren.
Danke auch an meinen belgischen
Tauchpartner Manu Raze für die fantastischen gemeinsamen Tauchgänge und die
großartige Videoarbeit.
Sein Video ist zu finden unter:
http://vimeo.com/14537479
Olivier Bourquin mi
t
seinem JJ-CCR
Alle Tauchgänge, außer dem Tauchgang an
der Saratoga, beginnen mit einem Sprung
vom fahrenden Boot an die Boje.
Das Beiboot wird an der Boje befestigt
und ein Besatzungsmitglied positioniert
die Dekostation. Zusätzlich wird eine Leine
mit zwei Flaschen Nitrox 50 herunter
gelassen.
Wer seine Dekogase nicht mit auf den
Tauchgang nehmen möchte kann diese
an der Dekostation deponieren lassen.
Meiner Meinung nach ein nicht ungefährlicher Luxus. Für uns CCR Taucher war es
keine Frage, dass wir unser Bailout immer
mit dabei hatten.
Die technische Ausrüstung der Winward
ist beeindruckend: Neben 2 Kompressoren, einem Booster, 3 Sauerstoffgeneratoren (wie im Krankenhaus) gibt es jede
Menge Sauerstoff und Pressluft Speicherflaschen. Wenn es gewünscht wird werden
auch Helium und Trimix Speicherflaschen
(für CCR Taucher) mitgenommen.
Ausserdem befindet sich auf dem Schiff
eine Ein-Platz Dekokammer.
Für OC Taucher stehen 12 Liter Doppelgeräte aus Stahl bereit. Diese werden bis auf
250 bar mit Pressluft gefüllt. Um die fantastischen Wracks ausgiebig genießen zu
können ist ein Rebreather notwendig. Wir
konnten auf diese Weise unsere Grundzeit
gegenüber den OC Tauchern verdoppeln.
Es werden 2 Tauchgänge pro Tag durchgeführt. Es gibt fast keine Tauchzeitbegrenzungen. Es wird aber erwartet, dass man
seine geplante Runtime der Crew mitteilt.
Wenn man es wollte könnte man als CCR
Taucher täglich 5 bis 6 Stunden im Wasser
sein.
Bei jedem Tauchgang sind zwei Guides
mit im Wasser. Jedes Buddyteam kann
entscheiden, ob es mit einem Guide gehen
möchte, oder den Tauchgang alleine
durchführt.
Bikini ist kein Reiseziel für Tauchanfänger
oder Ausbildungen.
Die MV Winward ist kein klassisches
Tauchkreuzfahrtschiff. Die Gäste sind alle
zusammen in einem 12 Bett Schlafsaal
untergebracht. Für Crew und Gäste stehen
insgesamt 2 Duschen und 2 WC´s zur
Verfügung.
Der Skipper Chris und seine Besatzung
versuchen alles was in ihrer Macht steht
zu tun um die Wünsche ihrer Gäste zu
erfüllen.
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