150 Jahre seit der Belagerung Fort Sumters

Transcrição

150 Jahre seit der Belagerung Fort Sumters
150 Jahre seit der
Belagerung Fort Sumters
Camp in Meierskappel
Ein geniales Wochenende
in Amerika von 1861. Die
Sezession wurde ausgerufen, die Stimmung war
euphorisch. Bis tief in die
Nacht wurde das Ereignis
gefeiert.
Der Bürgerkrieg begann mit der Belagerung des von
Unionstruppen gehaltenen Fort Sumter im Hafen von
Charleston durch Konföderierte Artillerie. Vier Tage
lang verwandelten die Südstaaten-Kanoniere das Fort
in einen formidablen Schutthaufen, doch Opfer gab es
bis dato keine. Am 14. April entschied der Kommandant des Forts, Major Robert Anderson, das Fort aufzugeben.
Lesen Sie weitere Details auf Seite 11
Das Leben des Schweizer Auswanderers
Captain Henry Wirz
Die Erfahrungen eines Schweizer Auswanderers in der
Neuen Welt.
Erste Scharmützel in der
Nacht trübten zwar die
Stimmung. Rufe nach
mehr Sicherheit wurden
laut.
Aber trotz allem, schön war es!
Eine wahre Geschichte auf Seite 2
Some Jokes
Etwas für das Gemüt
auf den Seiten 9 & 10
Ein Tag unter Cowboys in Montana
Lesen Sie die Reportage auf Seite 7 & 8
Eine wahre Geschichte auf Seite 3
Seite: 1 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Camp in Meierskappel
Das grosse Ereignis des Frühlings:
Mit grosser Vorfreude kamen wir
nach Meierskappel. Doch es sollte
auch ein stürmisches Wochenende
werden.
tagnacht wurde die gemütliche Lagerfeuerromantik durch fallende Zelte gestört. Es wird klar, dass der
Authentik-Bereich besser abgetrennt
und geschützt werden muss. Am
Sonntag kam es zu einem Novum,
über 80 Authentiker aus den Bereichen Cowboys, American Natives
und Civil War sassen an einer langen Tafel und unterschreiben ein
gemeinsames Dokument mit ihren
Anliegen. Wäre diese doch nur
Am Mittwoch fegte ein grausiger schon vor 150 Jahren geschehen!
Sturm über das Gelände. Nicht alle History Show und Lagerfeuer
Zelte hielten dem Wind stand. So
Die History Show war wieder ein
dass die ganze Crew von Five Star
voller Erfolg. Es war 1861 irgendwo
Leather Crafts noch Tage Arbeit mit
in Texas. Die Sezession wurde ausZelt-Reparaturen hatte. Zum Glück
gerufen, die Armee hatte sich forwar Walti vor Ort.
miert, viele der Cowboys und StädAls alle Zelte gestellt waren, war ter wurden zu Soldaten. Sofort bees Zeit für ein kleiner Drill. Die gann die bestehende Armee die neuFortschritte des letzten Jahres sind en Soldaten zu Drillen. Es wurde
deutlich sichtbar. Nach wenigen Mi- klar, dass es noch viele Wochen
nuten sassen die Befehle wieder.
dauern wird, um aus dem wilden
Irgendwie kamen wir aber gar nicht Haufen eine Armee zu bilden.
recht zum Schiessen.
Kompensiert wurde dies durch die
Schnappschüsse des
Geo-Photographen
Tom.
Wir
freuen uns
auf die Reportage im
Herbst.
Aufnahme
Charles Henry Floyd
Mit Salutschüssen wurde Sir Charles
Henry Floyd in die Gray Ghost aufgenommen. Ein Hoch auf unser
neustes Mitglied!
Leibliches Wohl
Im Gegensatz zur authentischen Geschichte fehlte es uns, abgesehen
vom Schlaf, an gar nichts. Neben
edlen Getränken aus Gerste und
Trauben, genossen wir feinste Speisen vom Feuer. Der Küchenmannschaft ein grosses Danke.
Der Redaktor freut sich schon wieder aufs nächste Jahr!
In der FreiSeite: 2 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Das Leben des Schweizer
Auswanderers Henry Wirz
Captain Henry Wirz aus Zürich
wurde nach dem amerikanischen
Bürgerkrieg als Kriegsverbrecher gehängt. Er war der perfekte Sündenbock.
Langsam steigt er die 15. Holzstufen hoch, sein letzter Gang. Es ist
der 10. November 1865. Eine Kompanie der Union ist im Capitol Prison
in Washington um den Galgen aufgestellt. Schaulustige drängen sich
im Hof, ein paar sind gar auf Bäume ausserhalb des Gefängnisses geklettert. „Hang him!“, rufen sie,
„Remember Andersonville!“.
Seite: 3 / 12
Henry Wirz, Captain der Südstaatenarmee war Kommandant des Gefangenenlagers Andersonville, wo im
Sezessionskrieg tausende Soldaten
der Nordstaaten starben. Der 42-jährige senkt den Kopf, das Urteil
wird verlesen: schuldig des mehrfachen Mordes und der Verschwörung.
Zwei Geistliche geben ihm das letzte Sakrament. Dann legt ihm ein
Major die Schlinge um den Hals
und murmelt, er führe nur seine
Befehle aus. „Ich weiss, was Befehle
sind, Major“, sagt Wirz. „Ich werde
gehängt, weil ich sie befolgt habe.“
Der Major zieht ihm die Kapuze
über. 10.32 Uhr: Wirz hört das Klicken der Falltür – dann nichts
mehr.
Die Öffentlichkeit reagiert mit Genugtuung. Das Lager von Andersonville war die Hölle. Es wurde nach
dem Krieg zum Inbegriff der Unmenschlichkeit – und Henry Wirz
zum Monstrum, das alle Untaten
des Rebellenregimes personifizierte.
Dahinvegetieren bis zum Tod
Als der Krieg 1861 ausbrach, dachten alle, dass er nur kurz dauern
werde. Je länger er sich jedoch hinzog, desto stärker stieg die Zahl
der Gefangenen auf beiden Seiten.
1864 richteten die Konföderierten in
Andersonville in Georgia ihr grösstes
Gefängnis ein, als Durchgangslager
für 10'000 Insassen. Weil aber
kaum mehr Gefangene ausgetauscht
wurden und täglich 400 neue zuströmten, waren es bald 33'000. Monatelang vegetierten sie dahin. Zelte
und Erdlöcher dienten als Behausung, ein Bach war oben die Wasserstelle, unten die Kloake. Wegen
der Wirtschaftsblockade konnte der
Süden die Truppen kaum verpflegen,
erst recht darbten die Gefangenen.
Für 90 Häftlinge gab es jeweils
zwei Eimer Maismehlmus, Brennholz,
Medikamente und Kleidung fehlten,
Durchfall, Fieber, Ruhr, Skorbut und
Pocken breiteten sich aus. Die ausgezehrten Insassen starben wie Fliegen.
Alle Lager, im Norden wie im Süden, wiesen katastrophale Bedingungen auf. Von insgesamt 410'000 Gefangenen kamen 60'000 um. Im
Norden lag die Todesrate bei 12
Prozent, im Süden bei 15. In Andersonville liessen innert 14 Monaten
13'000 von 45'000 Häftlinge ihr Leben - 29 Prozent.
Henry Wirz war eine undurchsichtige Figur. Gefangene beschrieben den
Kommandanten als nervösen Mann,
als Krüppel, der wegen einer Hasenscharte einer Ratte ähnelte. Ständig
die „Goddam Yanks“ verfluchend in
seinem fremden Akzent, sei er
durchs Lager geritten und habe un-
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
barmherzig den Schein von Ordnung
durchgesetzt. „Tod auf dem Schimmel“ nannten sie ihn. Grub jemand
einen Fluchttunnel, strich er die
Rationen. Aufmüpfige kettete er zusammen. Betrat ein Häftling den
Todesstreifen an der Palisade, schossen die Wachen sofort. Durch seine
Rolle, sein Gehabe und seine Herkunft zog Wirz abgrundtiefen Hass
auf sich.
Hochstapler, Kurpfuscher,
Kriegsheld.
Hartmann Heinrich Wirz wird am
25. November 1823 in Zürich geboren. Sein Vater ist Schneider und
Verwalter im Kaufhaus beim Fraumünster, eine Art Zollfreilager. Heinrich lernt Kaufmann, wird 1845 Gehilfe im Kaufhaus und heiratet
Emilie Oschwald, mit der er zwei
Kinder hat. Dann verschwindet im
Kaufhaus eine Kiste Seide. Der Verdacht fällt auf Wirz – er bekommt
viel Jahre Zuchthaus. Zudem hat er
2'400 Franken Schulden, so dass
leichtfertiger Bankrott festgestellt
wird. Nach 15 Monaten wird der
aus der Haft entlassen und für 12
Jahre des Kantons verwiesen.
Während seine Frau die Scheidung
vorantreibt, schifft sicht Wirz 1849
nach New York ein. In den USA arbeitet er als Weber, Übersetzer und
Aufseher einer Kuranstalt. Dann
lernt er einen Arzt kennen, der in
Hopkinsville praktiziert, 1854 beginnt er dort als Gehilfe. Er lernt,
Brüche zu schienen und kleinere
Operationen durchzuführen. Kurz darauf arbeitet er selbst als Arzt –
ohne Diplom, was damals zulässig
war. Er heiratet 1854 die Witwe
Elisabeth Wolf mit zwei Töchtern
und zeiht nach Louiswille, wo er
wieder eine Kuranstalt beaufsichtigt
und eine gemeinsame Tochter zur
Welt kommt. 1856 lernt er einen
Plantageherrn kennen, der ihm zum
Verwalter der Pflanzungen in Louisiana macht.
Wirz meldet sich früh bei der Südstaatenarmee. Seine Einheit bewacht
Gefangene. Der für die Gefangenenlager verantwortliche General John
H. Winder macht ihn zu einem Assistenten. Im Mai 1862 zieht Wirz
in die Schlacht von Seven Pines.
Eine Minensplitter zerschmettert ihm
den rechten Unterarm: er wird zeit
seines Lebens nicht mehr heilen.
Nach der Schlacht befördert ihn
Winder zum Captain in der Gefängnisverwaltung. Wirz wird Aufseher
in Richmond, inspiziert auf seiner
4'000 Meilen langen Reise die Lager im Süden und sucht 6'000 verschwundene Gefangenenakten.
Danach erhält er vier Monate Urlaub, um seinen Arm in Europa zu
kurieren. Via Paris reist er nach
Zürich, trifft seine alte Familie und
erstmals seinen Sohn. Im Februar
1864 meldet er sich wieder zum
Dienst und wird Chef von Andersonville.
Gefängnis Andersonville
Andersonville ist bis heute ein grosser Streitpunkt der amerikanischen
Geschichte. Für die einen war es
eine Vernichtungslager und Henry
Wirz ein gewissenloser Vollstrecker
der Verbrecherregierung. Andere sehen ihn als Opfer eines Justizmords,
umstrahlt vom Glorienschein des unschuldig verurteilten Märtyrers.
Seite: 4 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Wirz’ Prozess ist von Anfang an politisch. Eben erst ist Abraham Lincoln von einem Terroristen erschossen worden. Aus den Gefängnissen
strömen zerlumpte Überlebende nach
Norden. Die Stimmung ist aufgepeitscht, die Leute verlangten Sühne. Vor allem aber will Kriegsminister Edwin M. Stanton unbedingt die
Führungsclique des Südens vor Gericht bringen. Im Prozess gegen die
Lincoln-Mörder ist es misslungen,
den Südstaatenpräsidenten Jefferson
Davis als Drahtzieher eines Rachekomplotts zu brandmarken. Das sollte nun dank Captain Wirz gelingen.
Wird festgestellt, dass die Hölle von
Andersonville System hatte und
Wirz auf Anordnung handelte, wäre
der Boden für die Aburteilung der
Rebellenregierung bereitet. Zudem
kann Stanton von eigener Schuld
Gefängnis von Andersonville
ablenken: Mit seiner Billigung wurde 1864 der Gefangenenaustausch
gestoppt. Die zynische Rechnung:
Der Norden hat mehr menschliche
Reserven, so dass der Süden eher
ausgeblutet sein wird, wenn keine
Seite: 5 / 12
Gefangenen ausgetauscht werden.
Ein abgekartetes Spiel
Unter diesen Vorzeichen beginnt im
August 1865 der zweimonatige Prozess. Die Klage lautet auf Verschwörung mit dem Ziel, systematisch
Gefangene sterben zu lassen. Zudem
soll Wirz 13 Einsassen ermordet haben. Seit Wochen beherrscht Andersonville die Titelseiten der Presse.
Die „New York Times“ schreibt vorweg: „Was Hauptmann Wirz betrifft, so dürfte nachzuweisen sein,
dass er seine massenmörderische Tätigkeit aufgrund von ausdrücklichen
Instruktionen durch eine höhere Befehlsstelle begann. Es steht fest,
dass die von ihm vorgenommenen
Misshandlungen Teil eines grossangelegten Plans von Seiten des Rebellenregimes sind.“
Der Prozess ist eine Farce. Nur
schon, dass ein Militärtribunal urteilt statt ein Zivilgericht, ist fragwürdig. Der Staatsanwalt hat alle
Macht: Er entscheidet über die Zulassung von Zeugen und stellt die
Fragen, er ist bei Beratungen der
Richter dabei. Die Verteidiger legen
ihr Mandant unter Protest nieder,
weil sie keine Zeit und keine Akteneinsicht erhalten. In der Schweizer Kolonie wird Geld für eine richtige Verteidigung gesammelt. Aber
der Schweizer Generalkonsul lehnt
ab, das Geld zu verwalten, denn er
will Wirz’ Herkunft möglichst verschleiern. Als einziger Verteidiger
bleibt der deutschstämmige Louis
Schade, der ihm bis zum Ende beisteht.
Der Staatsanwalt ruft 160 Zeugen
auf. Belastungszeugen werden gekauft oder belohnt. Entlastungszeugen abgewiesen, eingeschüchtert und
verleumdet. Kein einziges Dokument
und kein Zeuge stützen die These
der planmässigen Vernichtung. Das
Hauptargument, Wirz habe auf Versorgungsmängel keinen Einfluss gehabt, wird unterdrückt. Ebenso beliebt ausgeblendet, dass die Union
die Lager selbst verschlimmerte: Sie
hatte mehrfach einen Gefangenenaustausch ausgeschlagen und Medikamente mit einem Embargo belegt.
Vor allem aber hatte eine Nordarmee unter General Wiliam L. Sherman auf ihrem Verwüstungszug
durch Georgia die Bahnlinie zum
Lager zerstört und war daran vorbeimarschiert, ohne die Waffenbrüder
zu befreien. Dass Herny Wirz als
Soldat im Befehlsnotstand handelte,
wird ignoriert. Ebenso, dass er eine
Bäckerei baute, bessere Rationen erwirkte, das Lager erweiterte und
ein Dammprojekt begann.
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Ich werde nicht zum Verräter
Auch beim Vorwurf des Mordes ist
die Anklage ein Hohn: Von 160 Zeugen sagen 145, sie wüssten nichts
davon. 15 Zeugen schildern die Taten zwar plastisch, können aber
keinen Namen oder Zeitpunkt nennen. In sechs Punkten ändert der
Staatsanwalt die Anklage später
passend ab.
Trotz allen Verfahrensmängeln, Unklarheiten und Manipulationen ver-
urteilt das Gericht Wirz einstimmig
der Verschwörung und des zehnfachen Mordes. Gnadengesuche bleiben
erfolglos. Hingegen macht ein Mittelsmann der Regierung ein Angebot: Wenn Captain Wirz den Rebellenpräsidenten Davis direkt für die
Zustände im Lager verantwortlich
mache, werde die Todesstrafe in
Haft umgewandelt. Wirz weigert
sich und betont: „Jafferson Davis
hatte keine Verbindung zu mir und
Seite: 6 / 12
zu dem, was in Andersonville geschah. Und wenn ich irgendwas über
ihn wüsste, würde ich nicht zum
Verräter an ihm oder sonst jemandem werden, nicht einmal um mein
Leben zu retten.“
Nach der Hinrichtung
Nach Wirz’ Hinrichtung wurden keine weiteren Lagerchefs verfolgt, und
auch die Führungsriege der Südstaaten kam bald frei. So blieb Wirz
der einzige Armeeangehörige, der
am Galgen endete. Sein Fall ist inzwischen in mehreren Studien aufgearbeitet worden. Die Forscher sind
sich einig, dass der Prozess unfair
war, und tendieren dazu, Wirz in
Schutz zu nehmen. Ein Unschuldslamm sei er nicht gewesen, denn er
hätte Brennholz schlagen und Lebensmittel requirieren können. Er
sei vielmehr ein hilfloser, überforderter Bürokrat gewesen, der sich an
Befehle klammerte, statt selbst zu
handeln. Versagt hat das ganze
Haftsystem der Konföderation. Aber
aus politischen Gründen wurde ein
Einzelner verantwortlich gemacht.Lincolns Kabinett wollte den Süden
zurück in die Union führen und den
Eindruck vermeiden, der Sieger unterdrücke den Verlierer. An Wirz
konnte man jedoch Härte demonstrieren und zugleich ein Zeichen der
Aussöhnung geben. Einer musste
hängen für die Untaten des Südens
– und Henry Wirz war der perfekte
Sündenbock: Er war nicht Soldat
auf dem Schlachtfeld, sondern kommandierte ein Todeslager. Er hatte
nirgendwo Rückhalt. Er hatte eine
unrühmliche Vorgeschichte. Und er
war Ausländer: „Thank God he is
not of American origin!“, frohlockte
eine Zeitung.
Wirz’ Leiche wurde auf den Old Arsenal Grounds verscharrt, neben George Atzenrodt, einem Mitverschwörer im Attentat auf Lincoln. Erst
1869 kamen Überreste auf den
Friedhof Mount Olivet in Washington. Dort gibt es noch eine Grabplatte mit der Inschrift „Confederate
Hero - Martyr“. In Andersonville
steht seit 1909 ein Denkmal, das
Henry Wirz als Opfer der Umstände
und der Siegerjustiz bezeichnet. Veteranenvereine halten das Andenken
hoch.
Wirz Denkmal in Andersonville
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Ein Tag unter Cowboys in Montana
Wir schreiben den 10. Mai im Jahre
1875. Es ist früher Morgen in den
nördlichen Bergen Montana’s: kühler
Frühlingswind streicht durch die
stacheligen Sträucher; Wildblumen
wiegen sich sanft; die Luft ist erfüllt vom Duft kräftiger Kiefern.
Der Tag erwacht früh um diese
Jahreszeit. Erste Sonnenstrahlen erwärmen die Zeltstadt der Cowboys.
Zwei Pferde nähern sich dem
Chuckwagon. Ein kurzer Blick bestätigt: Boss und Percy kehren von
ihrem nächtlichen Kontrollritt bei
der Herde zurück. Erschöpft steigen
sie von den Pferden und schleppen
ihre müden Knochen zum Lager.
Während Boss die Pferde versorgt,
rüttelt Percy die nächste Schicht
unsanft aus dem Schlaf. Ächzend erheben sich Charley und Button aus
ihren Bedrolls, montieren Chaps,
Stiefel und Hut. Gemächlich machen
sie sich auf den Weg.
Auch wenn man Button die wenigen
Stunden Schlaf nach einer durchzechten ansieht, würde er nie darüber klagen. Denn er ist stolz mit
Charley, dem „Grössten“ aller Cowboys, reiten zu dürfen. Ihr Frühstück hat ihnen Mose bereits am
Vorabend in den Satteltaschen verstaut; sie werden den ganzen Morgen bei der Herde verbringen und
keine Zeit finden, für die Mahlzeit
an den Chuckwagon zurück zukehren. Die Herde ist dieses Jahr grösser als sonst, was noch etwas mehr
Seite: 7 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Aufmerksamkeit und Zeit fordert.
Denn schon das Knacksen eines Astes oder das Erscheinen eines einzelnen Rehs kann die Herde in Panik versetzen und damit eine tödliche Stampede für Ross und Reiter
auslösen. Einen letzten Blick zurück
zum Lager, dann reiten die beiden
Cowboys los. Ein Lächeln huscht
über ihre müden Gesichter, denn
zum Mittagessen werden sie zurück
sein und an der warmen Küche von
Mose verpflegt werden. Diego und
Mitch, zwei der amerikanischen
Cowboys, werden die Nachmittagsschicht übernehmen.
Es ist kalt. Der letzte Dunst hängt
länger in der Luft als sonst um
diese Jahreszeit. Nur langsam lichtet sich der Nebel. Im Süden, hinter
der grossen alten Kiefer, erwacht
Harmonville. Eine kleine Stadt, die
in keinem Geschichtsbuch der Welt
je zu finden sein wird. Es ist die
einzige weit und breit. Bald schon
wird sie aus dem Schlaf erwachen
und alle Menschen der Plains, die
sich um die Stadt angesiedelt haben, treffen sich zu den grossen
Festlichkeiten. Jedes Jahr erscheinen
sie von weit her, um miteinander zu
feiern, handeln und Geschichten aus
vergangen Zeiten auszutauschen.
Im Osten der Stadt liegen die Zelte
der Soldaten der U.S. Army. Schön
angeordnet, in militärischer Präzision, die seinesgleichen sucht. Südlich
davon haben sich die Indianer vom
Stamme der Lakota mit ihren Tipis
niedergelassen. Fast wie von Geisterhand erscheinen die ersten Gestalten zwischen den Tipis, tauchen
auf, um gleich wieder zu entschwinden. Felle, Federn und sonstige
Tauschwaren, die mit in die Stadt
genommen werden, sind vorbereitet
und liegen vor den Tipis.
Während bei den Indianern die ersten Kinder um die Tipis rennen,
findet im Armeelager das Antrittsverlesen mit Tagesrapport statt und
im Cowboy-Lager wird schon fleissig
das Frühstück vorbereitet. Lockender
Duft von gebratenem Speck und Eiern steigt den müden Cowboys in
die Nase. Auch der wärmende Kaffe
kocht bereits über dem Feuer. Es
wird nicht mehr lange dauern, dann
werden sich die Cowboys bei Mose
und seinem Chuckwagon sammeln.
Die Küche der Canadian Cowboys ist
weit über die kanadische Grenze bekannt.
Als die letzten Nebelschwaden das
Tal verlassen, erfüllen sich die
Stadt, die umliegenden Zelte und
Lager mit Leben. Mit verkniffenem
Gesicht tritt der Barkeeper auf die
Veranda seines Saloons. Deutlich hat
der Vorabend seine Spuren hinterlassen, wie jedes Jahr, wenn die Jungs
ihre jährlichen Treffen bis in die
frühen Morgenstunden feiern. Manches Glas Whisky zu viel verlässt
seine Theke. Murrend rückt er seinen Hut zurecht, dann wischt er
den Schmutz vergangener Nacht von
der Veranda.
All dies aber sehen Charley und
Button nicht mehr; sie sind bereits
weit draussen in der Prärie und
kümmern sich um ihre Herde…
Seite: 8 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Das folgende Foto zeigt eine Kampagne zum Alkoholverbot.
Eine Gruppe aufgebrachter Frauen halten ein Plakat, auf dem man lesen kann:
"Lippen, die Alkohol berühren, werden nicht die unseren berühren."
Die Redaktion hat sich spontan für den Whiskey entschieden!
Seite: 9 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Some
Jokes
Ein Cowboy ist frisch verheiratet
und reitet mit seiner Braut zu seiner Farm. Unterwegs strauchelt das
Pferd. Der Cowboy: "Eins." Die
Braut wundert sich, aber sagt
nichts. Ein paar Minuten später
strauchelt das Pferd wieder. Darauf
der Cowboy: "Zwei." Kurz vor der
Ranch strauchelt das Pferd zum
Dritten mal. Der Cowboy steigt ab:
"Drei." und erschiesst das Pferd.
Darauf die Braut entsetzt: "Warum
hast du das arme Pferd erschossen?"
Antwort des Cowboys: "Eins."
Indianerhäuptling Roter Adler hat
Verstopfung. Er geht zum Medizinmann, aber keins seiner Kräuter
will wirken. Also schickt er einen
Krieger in das nächste Dorf, er solle beim weissen Doktor Medizin holen. Besagter Krieger kommt in der
Stadt beim Doc an. Da sein englisch sehr schlecht ist, meint er
nur: "Big chief - no shit." Der Doktor kennt sich natürlich sofort aus.
Er meint: "Ich weiss schon: einmal
Rizinus!" Indianer reitet zurück in
die Prärie. Das Mittel wirkt nicht
und nach zwei Tagen ist er wieder
da: "Big chief - no shit" - "Hmmm.
Schwerer Fall; na ja. Da gebe ich
Dir mal eine Fass voll Rizinus mit.
Das müsste wirken!" Der Indianer
reitet wieder zurück zum Stamm.
Nach weiteren zwei Tagen ist er
Seite: 10 / 12
wieder beim Doktor: "Big chief - no
shit!" - "Also pass auf: ich gebe Dir
mal eine Spezialmischung mit aber seid vorsichtig mit dem Zeug es ist wirklich stark!" Nach einer
Woche trifft der Doc besagten Indianer zufällig mal in der Stadt. Als
er sich nach dem Häuptling erkundigt, meint der Indianer: "Big shit
- no chief!"
Im Wilden Westen spricht der Prediger über Nächstenliebe. "Warum
soll man allen Menschen gegenüber
ein Auge zudrücken?" Knurrt der
Revolverheld: "Damit man besser
zielen kann!"
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
150 Jahre seit der
Belagerung von Fort Sumter
Vor 150 Jahren begann der amerikanische Bürgerkrieg, Nordstaaten und
Südstaaten liefern sich über vier
Jahre einen blutigen Schlagabtausch,
bevor die Konföderierten Staaten
schliesslich im April 1865 kapitulierten. Der erste Tote des bewaffneten Konflikts war ein 36-jähriger
Ire namens Daniel Hough aus Tipperary – getötet durch einen Rohrkrepierer der eigenen Seite.
Telegramm zur Kapitulation
Seite: 11 / 12
Aus der Militärakte des Daniel
Hough kann man sich ein vages
Bild zeichnen eines Mannes, der in
den 1840er Jahren, möglicherweise
in der Folge der grossen Hungersnot
in die USA emigrierte, wo er sich
1849 zum Dienst in der Armee verpflichtete und der Batterie D des
1st United States Artillery Regiments zugeteilt wurde. Hough war
seiner Akte zufolge 1,73 Meter gross,
hatte trotz seines niedrigen Alters
graue Haare, helle Gesichtsfarbe und
blaue Augen. Nach
Ablauf
seiner
Dienstzeit verpflichtete er sich im
Jahr 1859 in Fort
Moultrie, South Carolina, erneut.
Der Bürgerkrieg begann mit der Belagerung des von
Unionstruppen gehaltenen Fort Sumter im Hafen von
Charleston
durch
Konföderierte Artillerie. Vier Tage
lang verwandelten
die
Südstaaten-Kanoniere
das
Fort in einen formidablen Schutthaufen,
doch Opfer gab es
bis dato keine. Am
14. April entschied der Kommandant
des Forts, Major Robert Anderson,
das Fort aufzugeben.
Mit den Südstaaten-Kommandeuren
wurde ein ehrenvoller Abzug der
Fort-Besatzung, einschliesslich eines
100-Schuss Saluts für das gefallene
Fort, vereinbart. Beteiligt am Salutschiessen war auch Private Daniel
Hough als Kanonier. Beim 47. Salutschuss passierte es schliesslich. Die
Erinnerungen eines Offiziers über die
Geschehnisse sind erhalten.
“Irgendwie
gelangten
glühende
Stückchen in den Lauf der Kanone
nachdem die Treibladung eingebracht
worden war. Als dann der Kanonier
die Kugel den Lauf hinunter rammte explodierte die Ladung vorzeitig,
tötete Private Daniel Hough auf der
Stelle und entzündete weitere Granaten, die ebenfalls explodierten und
fünf Soldaten schwer verwundeten”,
erinnerte sich Major General Abner
Doubleday, der das Unglück beobachtete.
Was dann mit den sterblichen Überresten Houghs geschah ist bis heute
unbekannt, es existieren keine Aufzeichnungen. Zwar hatte seine Familie aus New York die Überführung der Leiche für ein Begräbnis
beantragt, doch da kam der tote
Kanonier nie an.
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6
Mosby’s Gray Ghosts
43rd Battalion Virginia Cavalry
Als Reenactor-Thema verkörpern wir
Was ist Reenactment
Mosby's Gray Ghosts. Warum gerade
»Wir definieren Authentik als forteine Gruppe Partisanen?
währenden Prozess, um Geschichte
Das 43rd Virginia Cavalry Battalion
auf der Basis unseres Wissens darunter John Singleton Mosby war die
zustellen. Für uns ist Authentik
einzige, reguläre Partisanengruppe
eine Reise, kein Ziel. Manche von
auf der konföderierten Seite.
uns sind auf diesem Weg schon
Mosby hielt sich, im Gegensatz zu weiter vorangekommen; andere haden anderen kriegsverbrecherischen ben ihre Reise erst begonnen. Jeder
Partisanenführern, streng an die da- der ernsthaft an der Weiterentwickmaligen Kriegsgesetze, Moral und an lung seiner Darstellung arbeitet, ist
die Menschlichkeit. Als einzige Par- uns willkommen und kann unseres
tisanengruppe wurden die Gray Respekts sicher sein; gleichgültig,
Ghosts von General Lee hoch geach- wo auf seiner Reise er sich befintet.
det.«
Was unternehmen die Gray Ghosts
während des Jahres?
Interessiert ?
Bist Du an Lebendiger Geschichte
interessiert, möchtest die Zeit des
amerikanischen Bürgerkrieges erleben. Schreib uns eine E-Mail oder
sprich uns ganz einfach an.
Impressum:
Redaktion, Satz, und Druck:
Mosby's Gray Ghosts
Kilian Wunderlin, Emmenstrasse 7 ,
CH-6102 Malters
[email protected]
http://www.grayghosts.ch/
Wir treffen uns jeweils am ersten
Freitag des Monats im Raum Zentralschweiz. Bei unseren Höcks setzen wir uns mit dem amerikanischen Bürgerkrieg auseinander. Sei
dies um Fertigkeiten von dazumal
zu üben, z.B. die Herstellung von
Papierpatronen, das Spielen von
Kartenspiele
aus dieser Epoche
oder wir sehen uns Filme über
diese Epoche an. Sicher gehört auch
etwas Drill dazu. Aber auch die Instandhaltung unserer Ausrüstung,
Zelte und Waffen muss sein. Neben
dem Besuch von Reenactor-Anlässen
organisieren wir unsere eigenes
Camp auf dem Seelisberg.
Seite: 12 / 12
The Newspaper of the Mosby's Gray Ghost
Zeitung Nr. 6

Documentos relacionados