Versorgungsreport Schlaganfall.

Transcrição

Versorgungsreport Schlaganfall.
Versorgungsreport Schlaganfall.
Chancen für mehr Gesundheit
Versorgungsreport Schlaganfall
Ist die heutige Versorgung bestimmter Indikationen kosteneffektiv? Erzielen wir mit den eingesetzten Mitteln
nach heutigem Wissensstand ein optimales Ergebnis? Durch welche Veränderungen in der
Ressourcenverteilung lässt sich mit gleichbleibenden Mitteln „mehr Gesundheit“ erreichen?
Ziel der neuen Versorgungsstudien der DAK-Gesundheit ist es, exemplarisch an einzelnen Krankheitsbildern
aufzuzeigen, wie und in welchem Umfang durch eine Optimierung von Prävention, Behandlung und
Rehabilitation bessere Therapieergebnisse für die Versicherten erzielt werden können. Mit einer innovativen
Methodik, die von der WHO entwickelt wurde, werden Verbesserungspotentiale in der Versorgung ökonomisch
und qualitativ bewertet. Bei der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten dienen die Routinedaten der
Krankenkassen als wertvolle Quelle für Erkenntnisse im Gesundheitswesen.
„Wir sind stolz auf unser Gesundheitssystem in Deutschland, das hinsichtlich seiner medizinischen wie
ökonomischen Leistungsfähigkeit als eines der besten weltweit gilt. Trotzdem ist die Effizienz der
gesundheitlichen Versorgung ein zentrales und sich immer wieder neu stellendes Problem. Der DAK Report
zeigt auf, dass rund 10.000 Schlaganfälle im Jahr in Deutschland durch eine verbesserte präventive Versorgung
vermeidbar wären“, so Prof. Dr. h. c. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall, Hans-Dieter Nolting, Bernd Deckenbach, Karsten Zich
Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 8)
Heidelberg: medhochzwei-Verlag 2014
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
DAK-Versorgungsreport
Schlaganfall
Berlin, 3. Juli 2014
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
Ausgangspunkt und Ziele des neuen DAKVersorgungsreports
Die gerechte und wirtschaftliche Zuteilung
verfügbarer finanzieller Ressourcen bildet den Kern
einer
tragfähigen
Versorgungspolitik
im
Gesundheitssystem. Angesichts der öffentlichen
Diskussion über zunehmende Mittelknappheit
infolge steigender Leistungsnachfrage verlangt dies
von den Handlungsträgern immer häufiger eine
Prioritätensetzung. Gelingen kann das wiederum nur
mithilfe einer fundierten Wissens- und Evidenzbasis,
auf deren Grundlage Entscheidungen über den
möglichst effizienten Einsatz von begrenzten Mitteln
getroffen werden können.
Unmittelbar damit verknüpft ist die Frage, inwiefern
die derzeitige Organisation der Versorgung für ein
bestimmtes Krankheitsbild überhaupt kosteneffektiv
gestaltet ist.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Wird mit den aktuell eingesetzten Mitteln unter
Berücksichtigung
des
medizinischen
Kenntnisstandes ein annähernd optimales Ergebnis
erzielt? Oder ließe sich möglicherweise auch ohne
Aufwendung
zusätzlicher
Mittel
durch
Veränderungen der Organisation der Versorgung
ein
„Mehr
an
Gesundheit“
produzieren?
Die
neue
DAK-Berichtsreihe
greift
diese
Überlegungen auf und betrachtet das aktuelle
Versorgungsgeschehen in Deutschland aus einer
neuen Perspektive. Neben dem Ziel der öffentlichen
Berichterstattung – vergleichbar dem seit langem
etablierten DAK-Gesundheitsreport – strebt die neue
Reihe
an,
am
Beispiel
ausgewählter
Fokusindikationen
Ansatzpunkte
zur
Versorgungsoptimierung zu identifizieren und zu
bewerten.
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
■ Versorgungsreport Schlaganfall
■ Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
■ Thema 2: Sekundärprävention nach einer ersten
Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA)
■ Schlussfolgerungen
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
Vorbilder
Thema Schlaganfall
Das neue Berichtsformat orientiert sich am
methodischen
Vorbild
der
so
genannten
„Generalisierten Kosten-Effektivitäts-Analyse“, die
von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im
Rahmen
des
Forschungsprogramms
„WHOCHOICE“ entwickelt wurde. „WHO-CHOICE“ steht
für „CHOosing Interventions that are Cost-Effective”
und wurde 1998 mit dem Anliegen ins Leben
gerufen, politische Entscheidungsträger durch die
Sammlung und Bereitstellung evidenzbasierter
Informationen und Methoden darin zu unterstützen,
mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen das
„Maximum an Gesundheit“ zu erzielen.
Für die erste Ausgabe des DAK-Versorgungsreports
wurde das Thema „Schlaganfall“ gewählt, genauer
gesagt der Hirninfarkt (ischämischer Insult), der den
größten Teil der Schlaganfälle ausmacht.
Die Buchfassung des „DAK-Versorgungsreport
Schlaganfall“ wird die Thematik von der
Primärprävention bis zur Nachsorge analysieren. Im
Rahmen der Pressekonferenz am 3. Juli 2014
werden zwei ausgewählte Aspekte vorgestellt:
•
Die vorbeugende medikamentöse Behandlung
von Menschen mit Vorhofflimmern
und
• die Versorgung von Patienten nach einer
sogenannten
„Transitorischen
Ischämischen
Attacke (TIA)“.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Pro Jahr werden mehr als 300.000 Schlaganfälle und über
100.000 „Beinahe-Schlaganfälle“ (TIAs) im Krankenhaus behandelt
300.000
250.000
Krankenhausfälle
240.038
Erstereignisse (geschätzt)
200.000
153.800
150.000
107.763
100.000
83.500
55.132
50.000
7.870
Hirninfarkte
Hirnblutungen
Schlaganfälle nicht näher
bez.
Quelle: IGES Institut auf Basis von Daten der DAK-Gesundheit (2011) und des Stat. Bundesamtes
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
TIAs
Pro Jahr werden mehr als 300.000 Schlaganfälle und über
100.000 „Beinahe-Schlaganfälle“ (TIAs) im Krankenhaus behandelt
Häufigkeit von Schlaganfällen
Im Jahr 2012 wurden nach Daten des Statistischen
Bundesamtes
(DRG-Statistik)
in
deutschen
Krankenhäusern etwa 302.000 Behandlungsfälle mit
einer Hauptdiagnose „Schlaganfall“ gezählt.
Unter dem Begriff „Schlaganfall“ werden mehrere
schwere Krankheitsbilder zusammengefasst: Am
häufigsten sind Hirninfarkte (ICD-10-Code I63), bei
denen es zum Verschluss von Blutgefäßen kommt,
die das Gehirn versorgen.
Hinsichtlich der
Auswirkungen
(Sterblichkeit,
bleibende Behinderungen) noch gravierender sind
Schlaganfälle aufgrund einer Hirnblutung (I60, I61,
I62). Pro Jahr werden über 55.000 Behandlungsfälle
mit einer dieser Ursachen in den Krankenhäusern
registriert. Darüber hinaus treten noch knapp 8.000
Fälle mit unklarem bzw. nicht präzise dokumentiertem Hintergrund auf.
Der DAK-Versorgungsreport befasst sich mit den
erstmals auftretenden Hirninfarkten sowie den
Transitorischen Ischämischen Attacken (TIA).
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Die Hirninfarkte führen zu 240.000 stationären
Behandlungsfällen. Bei dieser Zahl werden auch
wiederholte
Hirninfarkte
sowie
Verlegungen
zwischen Krankenhäusern mitgezählt. Für den DAKVersorgungsreport wurden Analysen durchgeführt,
um die Zahl nur der erstmals aufgetretenen
Hirninfarkte zu schätzen. Demnach werden in
Deutschland pro Jahr knapp 154.000 Patienten mit
erstmaligem Hirninfarkt im Krankenhaus behandelt.
Dies entspricht der Einwohnerzahl von Städten wie
Leverkusen, Osnabrück oder Potsdam.
Bei den Transitorischen Ischämischen Attacken
(TIA) handelt es sich gewissermaßen um „BeinaheSchlaganfälle“.
Auch
hier
liegt
eine
Durchblutungsstörung des Gehirns vor, die zu den
typischen Symptomen eines Schlaganfalls (insbes.
Lähmungen) führt. Bei einer TIA bilden sich die
Symptome jedoch innerhalb von 24 Stunden wieder
zurück. Unter den 108.000 jährlichen stationären
Behandlungsfällen wegen einer TIA sind nach
unseren Schätzungen etwa 84.000 Patienten mit
einer erstmaligen TIA.
Fakten zum Hirninfarkt
Folgen des Hirninfarkts
Kosten des Hirninfarkts
Etwa 7% der Patienten mit einem ersten Hirninfarkt
versterben noch während der Behandlung im
Krankenhaus. Innerhalb des ersten Jahres nach der
Krankenhausentlassung sterben weitere ca. 20 %.
Nach Analysen des Erlanger Schlaganfall-Registers
verursacht ein Hirninfarkt im ersten Jahr Behandlungskosten von durchschnittlich ca.15.000 €, auf
die gesamte verbleibende Lebenszeit gerechnet und
mit einem Diskontsatz von 3% abgezinst von
ca. 43.000 € (Kolominsky-Rabas et al. 2006).
Die Überlebenden leiden vielfach unter bleibenden
Behinderungen. Ferner haben sie ein hohes Risiko,
einen erneuten Schlaganfall zu erleiden:
• Im Durchschnitt erleiden pro Jahr 3 bis 4% der
Menschen nach erstem Schlaganfall einen
erneuten Schlaganfall.
• Das heißt, im Laufe von fünf Jahren nach dem
Erstereignis erleiden 14 bis 18% einen weiteren
Schlaganfall.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Fakten zum Hirninfarkt
Fortschritte in der Prävention und Versorgung
In den vergangenen Jahrzehnten ist bei der
Prävention und der Versorgung von Schlaganfällen
in Deutschland schon viel erreicht worden:
• Die Aufmerksamkeit für wichtige Risikofaktoren –
z.B.
Bluthochdruck,
Stoffwechselstörungen
(Diabetes, erhöhtes Cholesterin), bestehende
Erkrankungen
(KHK,
Vorhofflimmern)
und
Lebensstilfaktoren
(Rauchen,
Übergewicht,
Alkohol) – ist gestiegen.
• Die medikamentöse Prophylaxe bei bestehenden
Risikofaktoren hat zugenommen.
• In den Krankenhäusern gibt es ein gut ausgebautes System von spezialisierten Schlaganfalleinheiten („Stroke Units“)
• Unmittelbar im Anschluss an die Akutphase wird
mit Maßnahmen der Frührehabilitation begonnen.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
• Die
Nachsorge
umfasst
Physiotherapie,
Logopädie,
Ergotherapie,
Neuropsychologie
sowie medikamentöse Sekundärprävention zur
Verhütung erneuter Ereignisse.
Trotz der unbestrittenen Fortschritte gilt die
Schlaganfallversorgung und –prävention als weiter
verbesserungsfähig.
Der DAK-Versorgungsreport Schlaganfall analysiert
daher wichtige Stationen der Versorgungskette.
Fragestellungen des DAK-Versorgungsreports Schlaganfall
An welchen Gliedern der Versorgungskette sind Verbesserungen möglich?
Allgemeine
kardio-vaskuläre
Prävention
Prävention
spezifischer
SchlaganfallRisiken
Thema 1:
Vorhofflimmern
Thema 2:
TIA
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Prä-stationäre
Versorgung
Akutstationäre
Versorgung
Thema 3:
Zeit zwischen Ereignis und
Krankenhaus-Aufnahme
(-> Lyse-Behandlung)
Post-akutstationäre
Rehabilitation
Thema 4:
(Früh-)
Rehabilitation
Ambulante
Nachsorge,
Prävention
Re-Insult
Thema 5:
Nachsorge
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
Versorgungskette des Schlaganfalls und
Themenschwerpunkte des DAKVersorgungsreports
Erstes Glied der Versorgungskette sind die allgemeinen Maßnahmen zur Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen, zu denen der Schlaganfall neben
z.B. der koronaren Herzkrankheit und dem Herzinfarkt zählt.
• Für den DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
wurde kein Thema aus diesem Bereich gewählt.
Als zweites Glied lassen sich Maßnahmen sehen,
die sich auf Risiken beziehen, die für den
Schlaganfall spezifisch sind.
• Die beiden Themen der Pressekonferenz
„Vorhofflimmern“ und „Versorgung nach TIA“ sind
diesem Bereich zuzurechnen.
Beim Schlaganfall ist es extrem wichtig, dass die
Patienten so schnell wie möglich in ein geeignetes
Krankenhaus gelangen. Zum einen, weil es sich um
ein lebensbedrohliches Ereignis handelt.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Zum anderen gibt es für einen Teil der Patienten
nach Hirninfarkt die Möglichkeit, die Verstopfung
des
Blutgefäßes
aufzulösen
und
damit
Schädigungen des Gehirns zu verhindern (sog.
Lyse-Behandlung). Voraussetzung ist allerdings,
dass die Betroffenen innerhalb eines Zeitfensters
von 2 bis 3 Stunden im Krankenhaus eintreffen.
• Die mit einer Verkürzung des Zeitraums zwischen
Schlaganfall-Ereignis
und
Eintreffen
im
Krankenhaus verbundenen Chancen analysiert
der DAK-Versorgungsreport.
Die Mehrheit der Patienten profitiert von zeitnaher
Rehabilitation und Nachsorgemaßnahmen.
• Der DAK-Versorgungsreport untersucht, welches
Potenzial es für weitere Verbesserungen gibt.
Der DAK-Versorgungsreport bedient sich dabei
einer in Deutschland bisher kaum eingesetzten
Methodik der WHO, um zu ermitteln, welche
„Gesundheitsgewinne“ sich durch Verbesserungen
an der jeweiligen Stelle der Versorgungskette
erzielen lassen.
Das Konzept der DALY
100 Personen im Alter von 50 Jahren
Restlebenserwartung im Alter 50: 30 Jahre
100 Personen entsprechen maximal 3.000 Lebensjahren
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Fall 1: Alle 100 Personen
leben in völliger Gesundheit
noch 30 Jahre
Fall 2: 20 sterben sofort, 80
leben noch 30 Jahre mit einer
leichten Behinderung
Fall 3: 10 sterben sofort, 90
leben noch 30 Jahre mit einer
schweren Behinderung
Krankheitsgewicht für „völlig
gesund“ = 0
Krankheitsgewicht für „leichte
Behinderung“ = 0,2
Krankheitsgewicht für „schwere
Behinderung“ = 0,8
Durch vorzeitigen Tod
verlorene Lebensjahre = 0
„Abwertung“ der verbleibenden
Lebensjahre wegen
Behinderung = 0
Durch vorzeitigen Tod
verlorene Lebensjahre = 20*30
„Abwertung“ der verbleibenden
Lebensjahre wegen
Behinderung = 80*30*0,2
Durch vorzeitigen Tod
verlorene Lebensjahre = 10*30
„Abwertung“ der verbleibenden
Lebensjahre wegen
Behinderung = 90*30*0,8
DALY = 0
DALY = 600 + 480 = 1.080
DALY = 300 + 2.160 = 2.460
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall: Methodik
Methodischer Ansatz des DAKVersorgungsreports
Der DAK-Versorgungsreport berichtet nicht nur über
das Auftreten oder die Verhütung von Hirninfarkten,
sondern analysiert die Versorgung, indem darüber
hinaus die jeweils verursachte bzw. durch eine
Versorgungsmaßnahme verminderte „Krankheitslast“ berechnet wird.
Die erfolgt mit dem von der WHO entwickelten
Konzept der „behinderungskorrigierten Lebensjahre“
– englisch „disability adjusted life years“, abgekürzt
DALY.
Zur Bestimmung von DALYs werden die durch
vorzeitigen Tod verlorenen Lebensjahre (im
Englischen „years of life lost“, kurz YLL) und die mit
einer Behinderung bzw. Einschränkung durch
Krankheit verbrachte Lebenszeit („years lived in
disability or disease“, YLD) kombiniert.
Bei der Berechnung der YLD werden die mit
Behinderung verbrachten Lebensjahre durch einen
Gewichtungsfaktor „abgewertet“.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Die Berechnung von DALYs lässt sich an dem
Beispiel gut nachvollziehen. Ausgangspunkt sind
100 Personen im Alter von 50 Jahren. Im Beispiel
leben 50-jährige im Durchschnitt noch 30 Jahre, die
100 Personen also in Summe 3.000 Jahre.
• Fall 1 ist der „Basisfall“. Alle 100 Personen leben
noch 30 Jahre, die sie bei völliger Gesundheit
verbringen. Es treten keine vorzeitigen Todesfälle
auf (YLL=0) und die Lebensjahre werden auch
nicht „abgewertet“ wegen krankheitsbedingter
Behinderungen (YLD=0). Ergebnis: 0 DALYs.
• In Fall 2 tritt eine Krankheit auf, die dazu führt,
dass 20 Personen sterben (YLL: 20 * 30 Jahre =
600) und die überlebenden 80 Personen mit einer
leichten bleibenden Behinderung noch 30 Jahre
leben. Diese 30 Jahre werden jedoch mit dem
Faktor 0,2 abgewertet (YLD=80* 30 Jahre *
0,2=480). Die verursachte Krankheitslast beträgt
somit 600 YLL + 480 YLD = 1.080 DALY.
• Fall 3 zeigt die Situation für eine Krankheit mit
geringerer Sterblichkeit, aber schwerwiegenderen
Behinderungsfolgen.
Methodische Vorgehensweise des Versorgungsreports Schlaganfall
Beispiel: Primärprävention Vorhofflimmern
Fiktives „NullSzenario“
Häufigkeit
Vorhofflimmern
OptimierungsSzenario
16
Keine
Primärprävention
Vorhofflimmern
Anzahl Hirninfarkte
pro Jahr, die dem
Vorhofflimmern
zuzuordnen sind
DALY dieser
Hirninfarkte
Aktuelle
Primärprävention
Vorhofflimmern
Anzahl Hirninfarkte
pro Jahr, die dem
Vorhofflimmern
zuzuordnen sind
DALY dieser
Hirninfarkte
Verbesserte
Primärprävention
Vorhofflimmern
Anzahl Hirninfarkte
pro Jahr, die dem
Vorhofflimmern
zuzuordnen sind
DALY dieser
Hirninfarkte
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Methodische Vorgehensweise des Versorgungsreports Schlaganfall
Beispiel: Primärprävention Vorhofflimmern
Grundprinzip der methodischen
Vorgehensweise
Die grundsätzliche Vorgehensweise des DAKVersorgungsreports lässt sich am Beispiel des
ersten
Schwerpunktthemas
„Vorhofflimmern“
verdeutlichen.
• Für die resultierenden Hirninfarkte werden die
DALY berechnet.
• Ausgangspunkt ist eine Schätzung, wie viele
Menschen in Deutschland bzw. unter den
Versicherten der DAK-Gesundheit unter einem
Vorhofflimmern leiden. Diese Information wird aus
epidemiologischen Studien oder (bei anderen
Themen) aus Analysen der Daten der DAKGesundheit abgeleitet.
Diese Analyse der aktuellen „Ist-Versorgung“ wird
um zwei alternative Szenarien ergänzt:
• Anschließend wird die aktuelle Versorgung des
Vorhofflimmerns analysiert. Im ersten Schritt wird
beschrieben, mit welcher Häufigkeit die
angezeigten Präventionsmaßnahmen umgesetzt
werden.
Im letzten Schritt wird berechnet, wie sich die
Situation ändern würde, wenn die aktuelle
Versorgung optimiert würde, also wie viele
Hirninfarkte und damit verbundene DALY zusätzlich
vermieden
werden
könnten
(OptimierungsSzenario).
• Unter Verwendung von Studienergebnissen zur
Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen bei
Vorhofflimmern wird dann berechnet,
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wie viele Hirninfarkte unter den aktuellen
Versorgungsbedingungen verhindert werden bzw.
trotzdem noch auftreten und dem Vorhofflimmern
zuzuordnen sind.
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Um abschätzen zu können, wie groß der Nutzen der
aktuellen Versorgung ist, wird die fiktive Situation
berechnet, wie viele Hirninfarkte auftreten würden,
wenn es die heutigen Präventionsmaßnahmen bei
Vorhofflimmern nicht gäbe (Fiktives Null-Szenario).
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
■ Versorgungsreport Schlaganfall
■ Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
■ Thema 2: Sekundärprävention nach einer ersten
Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA)
■ Schlussfolgerungen
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Thema 1: Hirninfarkt-Risikofaktor Vorhofflimmern (VHF)
Vorhofflimmern
Das Vorhofflimmern (VHF) ist die am häufigsten
vorkommende anhaltende Herzrhythmusstörung.
Sie tritt bei 1-2% der Bevölkerung auf. Die
Prävalenz des VHF steigt mit zunehmendem Alter
deutlich an. Männer sind häufiger betroffen als
Frauen.
Es handelt sich um eine Störung im Erregungsleitungssystem des Herzens mit der Folge, dass
sich Blutgerinnsel („Thromben“) im Herzen bilden
können. Lösen sich die Thromben, kann es zu
einem Gefäßverschluss („Thrombembolie“) und zu
einem Infarkt, zumeist im Gehirn, kommen.
Das Vorhofflimmern stellt einen der bedeutsamsten
unabhängigen Risikofaktoren für ein Schlaganfallereignis dar. Im Mittel weisen Patienten mit VHF ein
ca. 4- bis 5-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko auf.
Die
Analysen
des
DAK-Versorgungsreports
beziehen sich nur auf das sog. Nicht-valvuläre VHF,
das ca. 97% des VHF insgesamt ausmacht.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Bei Vorhofflimmern soll der Arzt nach den geltenden
Leitlinien eine Einstufung des Risikos vornehmen.
Bei einem entsprechenden Risiko (trifft auf ca. 90 %
der
VHF-Patienten zu)
und
wenn keine
Kontraindikationen vorliegen, soll eine vorbeugende
Behandlung mit
Medikamenten zur „Oralen
Antikoagulation (OAK)“ durchgeführt werden.
Studien haben gezeigt, dass das Vorhofflimmern
• nur bei zwei Dritteln der Betroffenen entdeckt
und
• nach Entdeckung nur bei der Hälfte der mit OAK
behandelbaren Patienten (d.h. bei Behandlungsempfehlung
und
fehlenden
Kontraindikationen) auch medikamentös behandelt wird.
Der DAK-Versorgungsreport Schlaganfall analysiert
das Potenzial einer Verbesserung der Entdeckung
und Behandlung des Vorhofflimmerns im Hinblick
auf die Senkung der Krankheitslast des Hirninfarkts.
Thema 1: Modellierung Behandlung des Vorhofflimmerns
(vereinfachte Darstellung)
Menschen mit
VHF:
VHF entdeckt:
66,7 %
Mit OAK
behandelbar:
82,3 %
Mit OAK
behandelt:
50,0 %
Risiko Schlaganfall:
1,4 %
1.542.000
1.028.000
847.000
424.000
~5.950 Insulte
Nicht mit OAK
oder TAH
behandelt: 43,0 %
Risiko Schlaganfall:
4,1 %
364.000
~14.900 Insulte
Nicht mit OAK,
aber mit TAH
behandelt: 7,0 %
Risiko Schlaganfall:
2,6 %
59.000
~1.550 Insulte
Keine Behandlungsempfehlung für OAK oder
nicht mit OAK oder TAH behandelbar : 17,7%
181.000
(vereinfachte
Darstellung)
20
Risiko Schlaganfall:
1,3 % oder 4,1%
~4.550 Insulte
VHF nicht
entdeckt: 33,3 %
Risiko Schlaganfall:
4,1 %
514.000
~21.100 Insulte
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Thema 1: Modellierung Behandlung des Vorhofflimmerns
(vereinfachte Darstellung)
Modellierung der aktuellen „Ist-Versorgung“
Die Gesamtzahl der Menschen mit VHF in
Deutschland wird vom DAK-Versorgungsreport
(unter Verwendung der Ergebnisse der sog.
Rotterdam-Studie, Heeringa et al. 2006) auf etwa
1,5 Mio. geschätzt.
Davon werden heute nur etwa 66,7% (ca. 1 Mio.)
entdeckt. Ca. 181.000 dieser Patienten werden nicht
mit OAK behandelt, weil wegen fehlender sonstiger
Risiken keine Behandlungsempfehlung besteht oder
weil eine Kontraindikation vorliegt. In dieser Gruppe
treten pro Jahr ca. 4.550 Schlaganfälle auf.
Es verbleiben ca. 847.000, die mit OAK behandelt
werden könnten. Tatsächlich behandelt wird jedoch
nur die Hälfte, d.h. etwa 424.000 Patienten. Diese
mit OAK behandelten Patienten haben ein jährliches
Schlaganfallrisiko von ca. 1,4%, d.h. es treten knapp
6.000 Schlaganfälle auf.
Menschen mit VHF, die gar nicht medikamentös
behandelt werden, haben demgegenüber ein
deutlich höheres Schlaganfallrisiko von 4,1%.
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DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Ein Teil der Patienten (ca. 59.000), die eigentlich mit
OAK behandelt werden könnten, wird zumindest mit
einem Thrombozyten-Aggregations-Hemmer (TAH)
behandelt, der das Schlaganfallrisiko auf 2,6%
senkt, also weniger stark als die OAK.
Zusammen entfallen auf die knapp 850.000
erkannten
und
grundsätzlich
mit
OAK
behandelbaren Personen aktuell ca. 22.400
Schlaganfälle. Hinzu kommen die Schlaganfälle der
514.000 Personen, bei denen das Vorhofflimmern
bisher nicht entdeckt wurde, die auf ca. 21.000
geschätzt werden.
Bei der Modellierung werden nicht nur Hirninfarkte
betrachtet, sondern alle Schlaganfallarten. Dies ist
erforderlich, weil die Behandlung mit OAK zu einer
geringfügigen Erhöhung des Risikos für das
Auftreten einer Hirnblutung führt. Die gravierendste
Nebenwirkung einer vermehrten Behandlung mit
OAK ist also bei der Abschätzung der Effekte der
Versorgungsoptimierung mit berücksichtigt.
Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
Wirksamkeit der bestehenden Versorgung
In dem fiktiven „Null-Szenario“ wird geschätzt,
wie viele Schlaganfälle ohne primärpräventive
Behandlung mit OAK und TAH auftreten würden.
Menschen mit
VHF:
VHF entdeckt:
66,7 %
Mit OAK
behandelbar:
82,3 %
Mit OAK
behandelt:
0%
Risiko
Schlaganfall:
1,4 %
Menschen mit
VHF:
VHF entdeckt:
66,7 %
Mit OAK
behandelbar:
82,3 %
Mit OAK
behandelt:
50,0 %
Risiko
Schlaganfall:
1,4 %
1.542.000
1.028.000
847.000
0
0 Insulte
1.542.000
1.028.000
847.000
424.000
~5.950 Insulte
Nicht mit OAK oder
TAH behandelt:
100 %
Risiko
Schlaganfall:
4,1 %
Nicht mit OAK oder
TAH behandelt: 43,0
%
Risiko
Schlaganfall:
4,1 %
847.000
34.750 Insulte
364.000
~14.900 Insulte
Nicht mit OAK, aber
mit TAH behandelt:
0%
Risiko
Schlaganfall:
2,6 %
Nicht mit OAK, aber
mit TAH behandelt:
7,0 %
Risiko
Schlaganfall:
2,6 %
0
0 Insulte
59.000
~1.550 Insulte
Keine Behandlungsempfehlung für OAK oder nicht mit OAK oder TAH
behandelbar : 17,7%
181.000
Risiko Schlaganfall:
1,3 % oder 4,1%
~4.550
VHF nicht
entdeckt: 33,3 %
Risiko
Schlaganfall:
4,1 %
514.000
~21.100 Insulte
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Keine Behandlungsempfehlung für OAK oder nicht mit OAK oder TAH
behandelbar : 17,7%
181.000
Insulte
60.350
22
Durch die bestehende Versorgung im Bereich
der Primärprävention bei Vorhofflimmern werden
ca. 12.300 Schlaganfälle pro Jahr verhindert.
Risiko Schlaganfall:
1,3 % oder 4,1%
~4.550
Insulte
VHF nicht
entdeckt: 33,3 %
Risiko
Schlaganfall:
4,1 %
514.000
~21.100 Insulte
48.050
Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
Wirksamkeit der bestehenden Versorgung
Vergleich der bestehenden Versorgung mit
einem fiktiven „Null-Szenario“
Effekt der aktuellen Versorgung (Ist-Versorgung)
In dem fiktiven „Null-Szenario“ wird geschätzt, wie
viele
Schlaganfälle
ohne
primärpräventive
Behandlung mit OAK und TAH auftreten würden,
d.h. die Pfade
• „mit OAK behandelt“ und
werden auf „Null“ gesetzt. Alle Patienten werden als
„nicht mit OAK oder TAH behandelt“ ausgewertet.
23
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
• In Deutschland werden pro Jahr etwa 12.300
Schlaganfälle und 36.100 DALYs verhindert.
• Bezogen auf die DAK-Gesundheit sind es jährlich
1.100 Hirninfarkte und 3.200 DALYs.
• „nicht mit OAK, aber mit TAH behandelt“
In dem fiktiven Null-Szenario würden
insgesamt ca. 60.350 Schlaganfälle aufreten.
Für die aktuell bestehende Primärprävention bei
VHF errechnet sich damit folgende Wirksamkeit (im
Vergleich zum „Null-Szenario“):
dann
Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
Effekt einer optimierten Versorgung
Menschen mit
VHF:
VHF entdeckt:
80 %
Mit OAK
behandelbar: 82,3
%
Mit OAK
behandelt:
75,0 %
Risiko Schlaganfall:
1,4 %
1.542.000
1.234.000
1.016.000
762.000
~10.700 Insulte
Nicht mit OAK oder
TAH behandelt:
21,5 %
Risiko Schlaganfall:
4,1 %
218.000
~8.950 Insulte
Nicht mit OAK,
aber mit TAH
behandelt: 3,5 %
Risiko Schlaganfall:
2,6 %
36.000
~900 Insulte
Keine Behandlungsempfehlung für OAK oder nicht
mit OAK oder TAH behandelbar : 17,7%
218.000
Risiko Schlaganfall:
1,3 % oder 4,1%
~5.450 Insulte
VHF nicht
entdeckt:
20 %
Risiko Schlaganfall:
4,1 %
308.000
~12.650 Insulte
38.650
24
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
Effekt einer optimierten Versorgung
Szenario einer optimierten Versorgung
Ökonomische Effekte
Für das Optimierungs-Szenario wurden folgende
Ziele formuliert:
Legt man die Ergebnisse des Erlanger Schlaganfallregisters zu den Behandlungskosten eines
Hirninfarkts zugrunde, errechnet sich folgender
ökonomischer Effekt:
• Die Entdeckungsrate des Vorhofflimmerns steigt
von heute 66,7% auf 80 %.
• Die Behandlungsrate bei den für eine
Behandlung mit OAK geeigneten Patienten steigt
von heute 50% auf 75%.
• 9.400 Hirninfarkte entsprechen einer Einsparung
von ca. 141 Mio. € nur im ersten Jahr. Auf die
gesamte Lebenszeit der Betroffenen gerechnet
sind es ca. 404 Mio. € (diskontiert mit 3%).
Effekte einer optimierten Versorgung
• Diesen Einsparungen sind die zusätzlichen
Behandlungskosten gegenüber zu stellen.
Eine Verbesserung der Primärprävention bei
Vorhofflimmern
in
der
vorgeschlagenen
Größenordnung hätte folgende Effekte:
• In Deutschland könnten pro Jahr zusätzlich etwa
9.400 Hirninfarkte und 27.500 DALYs verhindert
werden.
• Bezogen auf die DAK-Gesundheit sind es 830
Hirninfarkte und 2.400 DALYs.
25
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
• Nur für die Behandlung von ca. 340.000
zusätzlichen VHF-Patienten mit OAK (Vitamin-KAntagonisten, Tagestherapiekosten 0,25 €) sind
pro Jahr ca. 31 Mio. € anzusetzen.
• Selbst wenn man von zusätzlichen Kosten für das
Erreichen der Optimierungsziele ausgeht, sind
positive Nettoeffekte zu erwarten.
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
■ Versorgungsreport Schlaganfall
■ Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
■ Thema 2: Sekundärprävention nach einer ersten
Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA)
■ Schlussfolgerungen
26
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Thema 2: Transitorische Ischämische Attacken (TIA)
Transitorische Ischämische Attacken (TIA)
TIA sind eine Durchblutungsstörung des Gehirns,
die die gleichen Symptome wie ein Hirninfarkt zeigt
– die sich aber innerhalb von 24 Stunden wieder
zurückbilden.
Das Risiko, dass nach einem TIA-Ereignis ein
„richtiger“ Schlaganfall auftritt, entspricht dem
Wiederholungsrisiko nach einem ersten Schlaganfall
(3-4 % pro Jahr).
Von entscheidender Bedeutung ist daher eine
möglichst optimale Sekundärprävention. Neben
Lebensstiländerungen
spielen
auch
hier
Medikamente eine wichtige Rolle:
• Falls
die
TIA-Patienten
unter
einem
Vorhofflimmern leiden, ist eine vorbeugende
Medikation mit Oralen Anti-Koagulantien (OAK)
angezeigt.
• Medikamentöse Behandlung des Bluthochdrucks
mit Anti-Hypertensiva.
• Behandlung mit Arzneimitteln zur Blutverdünnung
(Thrombozyten-Aggregations-Hemmer, TAH).
27
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Thema 2: Behandlung nach erstmaliger TIA
Behandlungsraten nach Quartalen im ersten Jahr nach dem Ereignis
Vor allem der Anteil von VHF-Patienten mit wenigstens einer OAK-Verordnung
nimmt mit zunehmendem Abstand zur Krankenhausentlassung immer mehr ab.
100%
90%
88%
81%
81%
82%
80%
70%
60%
OAK bei TIA-Patienten mit VHFDiagnose
66%
Anti-Hypertensiva bei TIA-Patienten
mit Bluthochdruck-Diagnose
50%
52%
40%
50%
47%
30%
20%
10%
0%
Quartal I
Quartal II
Quartal III
Quartal IV
Quelle: IGES Institut auf Basis von Daten der DAK-Gesundheit 2011
28
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Linear (OAK bei TIA-Patienten mit
VHF-Diagnose)
Thema 2: Behandlung nach erstmaliger TIA
Sekundärpräventive Behandlung nach Auftreten
einer TIA zur Verhütung eines Hirninfarkts
In Deutschland treten pro Jahr ca. 83.500
Behandlungsfälle
im
Krankenhaus
wegen
erstmaliger TIA auf. Bei den Versicherten der DAKGesundheit sind es jährlich ca. 7.000 erstmalige
TIA-Patienten.
Im
Hinblick
auf
die
medikamentöse
Sekundärprävention nach der Entlassung aus dem
Krankenhaus
wurden
Analysen
der
Versorgungsdaten
der
DAK-Gesundheit
durchgeführt. Demnach erhalten im vierten Quartal
nach Entlassung aus dem Krankenhaus
• von den TIA-Patienten mit Diagnose eines
Vorhofflimmerns nur noch ca. 47% mindestens
eine OAK-Verordnung
• von den Patienten mit Bluthochdruck-Diagnose
82% mindestens eine Verordnung
Aus Studien lässt sich ferner schließen, dass von
den übrigen Patienten 85% eine TAH-Verordnung
erhalten.
29
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Absinken
der
Behandlungsrate
des
Vorhofflimmerns mit zunehmendem Abstand
zum Krankenhausaufenthalt
Viele Ärzte berichten, dass die Sekundärprävention
nach einer TIA im Laufe der Zeit immer lückenhafter
wird. Die Analyse der DAK-Versorgungsdaten
bestätigt diesen Eindruck. Zwar stand nur ein
Zeitraum von einem Jahr nach Entlassung aus dem
Krankenhaus zur Verfügung, aber bereits die
Betrachtung der ersten vier Quartale zeigt
insbesondere bei den Patienten mit VHF einen
markanten Rückgang der Behandlungsrate.
Schreibt man den Trend fort – in der Grafik ist der
extrapolierte Verlauf für zwei weitere Quartale
angedeutet – dann ist mit einem noch stärkeren
Absinken zu rechnen.
Thema 2: Behandlung nach erstmaliger TIA
Effekte einer Optimierung der Versorgung
Menschen mit erster TIA
Davon mit VHF
83 Tsd
15 Tsd
Mit OAK
Davon mit VHF
behandelt:
47 % -> 85 %
Übrige mit TAH
behandelt:
Schlaganfälle:
- 460
DALY
- 2.100
14 % -> 95 %
Davon mit
Bluthochdruck
56 Tsd
Übrige
12 Tsd
30
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Davon mit
Mit Anti-Hypert.
Bluthochdruck
behandelt:
82 % -> 95 %
Mit
TAH
Übrige
behandelt:
85 % -> 95 %
Hirninfarkte:
- 50
Hirninfarkte:
- 10
DALY
- 210
DALY
- 40
Thema 2: Behandlung nach erstmaliger TIA
Effekte der aktuellen und einer optimierten Versorgung
Effekte der aktuellen Versorgung
Effekte einer optimierten Versorgung
Bei
den
aktuellen
Behandlungsraten
mit
Medikamenten zur Sekundärprävention nach
erstmaliger TIA werden
Eine Verbesserung der Sekundärprävention nach
erstmaligem TIA-Ereignis in der vorgeschlagenen
Größenordnung hätte folgende Effekte:
• in Deutschland etwa 930 Hirninfarkte und 4.200
DALYs verhütet,
• In Deutschland könnten pro Jahr zusätzlich etwa
520 Hirninfarkte und 2.350 DALYs verhindert
werden.
• Bei den Versicherten der DAK-Gesundheit sind
es ca. 80 Hirninfarkte und 320 DALYs.
Szenario einer optimierten Versorgung
Für das Optimierungs-Szenario wurden folgende
Ziele formuliert:
• TIA-Patienten mit VHF-Diagnose: Steigerung der
Behandlungsrate mit OAK von 47% auf 85%.
• TIA-Patienten
mit
Bluthochdruck-Diagnose:
Steigerung der
Behandlungsrate mit AntiHypertensiva von 82% auf 95%.
• Übrige
TIA-Patienten:
Steigerung
der
Behandlungsrate mit TAH von 85% auf 95 %.
31
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
• Bezogen auf die DAK-Gesundheit sind es 40
Hirninfarkte und 180 DALYs.
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall
■ Versorgungsreport Schlaganfall
■ Thema 1: Primärprävention bei Vorhofflimmern
■ Thema 2: Sekundärprävention nach einer ersten
Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA)
■ Schlussfolgerungen
32
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Schlussfolgerungen
Erhebliche Verbesserungspotenziale
Die Analysen und Modellierungen zu den beiden
ausgewählten Aspekten „Primärprävention bei
Vorhofflimmern“ und „Sekundärprävention nach TIA“
haben gezeigt, dass trotz der Fortschritte der letzten
Jahrzehnte noch bedeutsame Verbesserungen
möglich sind. Allein durch die beiden hier
dargestellten Optimierungspotenziale könnten fast
10.000 Schlaganfälle bzw. 30.000 DALY vermieden
werden.
Maßnahmen und Ansatzpunkte
Geeignete Maßnahmen und Empfehlungen für
Verbesserungen der Versorgung finden sich in
einschlägigen Leitlinien:
• Aufklärung der Patienten über die Bedeutung der
Behandlung des Vorhofflimmerns bzw. der
Sekundärprävention nach TIA.
• Durchführung
einer
Arzneimitteltherapie bei
faktoren
33
leitliniengerechten
vorhandenen Risiko-
DAK-Versorgungsreport Schlaganfall 2014
Gemäß der Schlaganfall-Leitlinie der Deutschen
Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) ist zum
Beispiel
eine
deutliche
Verbesserung
der
Entdeckungsrate des Vorhofflimmerns möglich,
wenn die Hausärzte bei allen Patienten über 65
Jahren regelmäßig den Puls tasten und bei
Auffälligkeiten ein EKG durchführen.
Die Krankenkassen wären technisch in der Lage,
durch Analyse ihrer Versorgungsdaten einen Beitrag
zu leisten. Beispielsweise könnten Patienten und
ihre Ärzte gezielt angesprochen werden, wenn keine
einschlägigen Arzneimittelverordnungen bei VHF
oder nach TIA erfolgen. Möglicherweise liegen gute
Gründe dafür vor – in manchen Fällen können aber
u.U. auch Versäumnisse korrigiert werden.
Bei der gegenwärtigen Rechtslage sind den
Krankenkasse
solche
Aktivitäten
des
Versorgungsmanagements jedoch nur begrenzt auf
wenige Indikationen erlaubt. Von einer Reform
dieser Regelungen würden nicht nur Patienten mit
Schlaganfall-Risiko profitieren.

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