Strategie der Mobilfunkbetreiber von 1982 bis 1992

Transcrição

Strategie der Mobilfunkbetreiber von 1982 bis 1992
Short Message Service,
persönliche mobile globale
Textkommunikation
Friedhelm Hillebrand
www.hillebrand-ce.com
www.gsm-history.org
24.05.2012
Inhalt
1. GSM Mobiltelefonie und SMS, die
erfolgreichsten
Telekommunikationsdienste
2. Konzeption und Standardisierung von
SMS
3. Globale SMS Marktentwicklung
4. Wie kann es mit SMS weitergehen?
2
1 GSM Mobiltelefonie und SMS, die
erfolgreichsten Telekommunikationsdienste
3
MobilkommunikationsDienste und Systeme
Ziele
Mittel
•
•
•
•
•
•
•
•
Attraktive Dienste: Sprache
und Daten
Viele Kommunikationspartner
Jedes Endgerät kann mit
jedem anderen kommunizieren
Kommunikation mit dem
Festnetz und anderen
Mobilfunknetzen
Roaming zwischen Netzen
Hohe Qualität
Günstige Gerätepreise und
Netzgebühren
Zusammenarbeit von
Regulierern, Betreibern
Herstellern im
vorwettbewerblichen Bereich
zur Schaffung eines großen
Marktes
– Technische Standardisierung
– Zusammenarbeit der
Netzbetreiber
•
•
Wettbewerb bei der Lieferung
von Endgeräten und
Netzelementen
Wettbewerb zwischen
Betreibern von Regulierung
sichergestellt
4
Mobilkommunikation Generationen
Gene Syste
m
ratio
n
Kennzeichnung
1G
CNetz,
NMT,
TACS
analoge Sprachübertragung über den
Ab 1981 bis Mitte
Funkweg, in Europa nur länderspezifische der 90er Jahre
Systeme
2G
GSM
Digitale Sprachübertragung mit niedrigen
Bitraten, digitale Funkübertragung, voll
standardisiert, mobiles Internet bis ca. 64
kbit/s
Ab 1992
3G
UMTS
UMTS: Hohe Bitraten 2 Mbit/s bis 10 -20
Mbit/s pro Zelle, mobiles Internet
Ab 2002
GSM = Global System for Mobile Communication
4G
über 100
Mbit/s pro Zelle,
schnelles
UMTS = LTE
Universal mobile
Telecommunication
System
Internet
LTE = Long Term Evolution
Zeitraum
Ab ca. 2014
5
GSM Überblick
Global System for Mobile Communication
GSM Meilensteine
•
•
•
•
•
•
•
Spektrum und Einrichtung der
Gruppe GSM 1982
Basisparameter des Standards
und GSM Memorandum of
Understanding 1987
GSM Spezifikationen für
Netzeröffnung 1990
GSM Eröffnung kommerzieller
Dienst 1992
10 Mio. Teilnehmer in 100 Netzen
in 60 Ländern Herbst 1995
100 Mio. Teilnehmer 1998
1000 Mio. Teilnehmer 2003
Heute relevante GSM
Dienste
• GSM Fokus mobile
Telefonie
• Qualität der Telefonie mit
dem Festnetz
vergleichbar
• Datendienste
– GPRS
– EDGE als Turbo
• Short Message Service
• Mobiles Internet
• Multimode Operation von 6
Ein rasantes Wachstum der GSM
und UMTS Benutzer weltweit
m users
10000,00
1000,00
100,00
10,00
1,00
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
51 7
GSM/UMTS wird von 89.7 %
weltweit vorgezogen
8
Mobile Telephony
has overtaken fixed Telephony
4500
4000
3500
3000
2500
Fixed
Mobile
2000
1500
1000
500
0
Source:
ITU
1997
1999
2001
2003
2005
2007
9
Estimated Internet Users World
(in millions, source ITU)
1600
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
10
2 Die Konzeption und
Standardisierung des Short
Message Service (SMS)
11
SMS Konzept (1)
• 1984 wurde von den europäischen Netzbetreibern
in der Gruppe GSM entschieden, dass das GSM
System für Telefonie optimiert werden sollte, um
es für den Massenmarkt fähig zu machen
• Ich habe dann im Sommer/Herbst 84 überlegt,
was man für Datendienste auf dem für Telefonie
optimierten System tun könnte. Ergebnis waren
zwei Konzepte:
– Konzeption für leitungsvermittelnde
Datenübermittlungs-dienste bis 9,6 kbit/s, für
professionelle Nutzer
– Konzept für SMS, einen einfachen voll
standardisierten Textkommunikationsdienst, der von
jedem mobilen Endgerät genutzt werden konnte, für
Privatkunden
12
SMS Konzept (2)
Für ein Implementierung in jedem Gerät und Netz konnten keine hohen
Zusatzaufwendungen gemacht werden. Daher Nutzung des
Vorhandenen:
• Vorhandenes Display für Darstellung der Nachricht
• Vorhandene Tastatur zur Erzeugung der Nachricht
• Mobilfunkrufnummer zur Adressierung des Empfängers
• Steuerkanäle der Telefonie für die Übertragung => Begrenzung der
Nachrichtenlänge auf 160 Zeichen => Name Short Message Service
13
SMS-Konzept (3)
• Die einzige neue Komponente war das SMSCentre, wir würden heute „SMS-Server“ sagen
• SMS-C empfängt die gesendeten Nachrichten
und leitet sie weiter an den zwei Arten von
Empfängen
– Terminal am festen Anschluss in Festnetzen
– Mobilgerät im eigenen oder fremden Mobilfunknetz
• Bei Funkkontakt sofortige Zustellung
• Wenn kein Funkkontakt, Zustellung sobald
Empfänger wieder erreichbar ist
• Damit wird die Nachricht zugestellt, sobald dies
technisch möglich ist
14
1984 gab es Zweifel:
Bietet SMS den Kunden einen
Nutzen?
Gibt es Nutzen für
Plausibilitätstests
Kunden?
(Marktforschung gab es bei
•Betreibern nicht)
Geschäftlicher Markt: Telex,
• Es gab keinen Dienst mit einer
Telefax hatten viele kurze
Beschränkung der
Nachrichten
Nachrichtenlänge und dann
• Privatkundenmarkt: Postkarten
einer solch kurzen Länge
(Ansichtskarten,
• Franzosen glaubten nicht,
Glückwunschkarten) hatten
dass Nutzer mit der Tastatur
kurze Nachrichten
Nachrichte erzeugen könnten
• Ich schrieb auch kurze
• ISDN Kollegen lehnten
Nachrichten und fand, dass sie
Mitziehen in der
Sinn ergaben
Standardisierung ab, da sie
den Dienst für zu unattraktiv
hielten
Schlussfolgerung
gemeinsam mit Bernard Ghillebaert (France Télécom) :
Ja, wir sollten SMS standardisieren und realisieren
15
War SMS eine Erfindung?
•
•
•
Wahrscheinlich war keines der Elemente des SMS neuartig, wohl aber die
Kombination. Sie hätte man daher zum Patent anmelden können.
Aber wir strebten nicht eine Erfindung an, sondern einen attraktiven Dienst
für unsere Kunden, eine wirklich zu nutzende Innovation. Daher endete
unsere Arbeit nicht bei dem Konzept, sondern wir setzten den Prozess zur
Standardisierung und Realisierung in Gang und unterstützten ihn. Die
ersten Schritte waren:
–
Einigung der beiden großen Betreiber in D und F auf das Konzept
–
Einigung auf einen Vorschlag zur Standardisierung von SMS
•
als einen Dienst im GSM und
•
Klassifikation als „essential“, was eine sehr weite Verbreitung
sicherstellen würde
–
Sorgen für Akzeptanz der Vorschläge und danach Unterstützung der
technischen Arbeit
Beim iPhone war es ähnlich: auch bei ihm war jede Komponente wie Touch
Screen, Apps. etc. bekannt, die Innovation steckte in der Komposition und
16
der Realisierung
SMS Standardisierung (1):
Grundsatzbeschluss und Rahmenstandardisierung
• Feb. 1985 GSM Oslo Beschluss der europäischen
Netzbetreiber
– SMS im GSM System zu standardisieren
– Als „essential“ zu klassifizieren (d.h. in allen Endgeräten und
allen Netzen zu implementieren)
• 1985-86 Rahmen-Standardisierung
– Dienste-Anforderungen: Funktionalität, min. Nachrichtenlänge,
max. Fehlerwahrscheinlichkeit, max. Übertragungsverzögerung
– Einschluss in Teilnehmerverhältnis für Telefonie
– Vergebührungs-Grundsätze
– Erstes technisches Konzept
17
SMS Standardisierung (2):
Erarbeitung der technischen
Lösung
• Nach dem Beschuss zu den Basisparametern von GSM
im Feb. 87 wurde eine spezielle Gruppe für
Datendienste eingerichtet, deren erste Vorsitzender ich
wurde. Wir haben dort eine spezielle Untergruppe für
SMS eingerichtet, deren Leitung Finn Trosby (Telenor)
übernahm.
• 1987-90 Standardisierung der technischen Lösung
– Netzarchitektur und Transportmechanismus, Service Elemente,
– Short Message Länge: Maximal möglich aufgrund der
Beschränkungen des Übertragungswegs: 140 Octets
– Alphabet: 7 bit Alphabet ERMES statt IA No 7
18
SMS Standardisierung (3):
Die Auswahl des SMS
Alphabets
SMS Alphabet von
Auswahl
1990
•
•
•
•
•
140 Octets erlauben bei einem
Alphabet mit 7 bit pro Zeichen
160 Zeichen
Ein 7 bit Alphabet erlaubt 128
Zeichen darzustellen
Größere Zeichensätze hätten
die Nachrichtenlänge verkürzt
Balance die häufigsten
Zeichen in den Schriften
Europas zu finden führte zur
Auswahl des ERMES
Alphabets (siehe links)
Später wurden andere
19
Alphabete berücksichtigt
Standardisierung (4)
Evolution von 1990 bis 2009
• Vorsitzende Kevin Holley (Cellnet) und Ian
Harris (Vodafone)
• Etwa 50 neue Features:
• viele optionale Features, die keine starke Nachfrage
fanden
• viele technische Verbesserungen
• Wichtigste neue Features:
– Verkettung mehrere SMS zu einer Nachricht 1994
– Weiteres Alphabet 16 bit für arabisch, chinesisch etc.:
Unicode UCS 2 1995
20
3 Globale SMS
Marktentwicklung
Erstes SMS-fähiges Handy 1993 im Vergleich mit iPhone
21
Die SMS Inkubationsphase bis 1994/5
•
Die Schaffung einer großen Basis an SMS-fähigen Mobilstationen
und einer globalen SMS-Infrastruktur
– Betreiber waren durch das von ihnen unterzeichnete GSM MoU
verpflichtet, SMS baldmöglichst in ihren Netzen zu implementieren
– Die Hersteller von Mobilstationen waren durch den Standard
verpflichtet, SMS in allen Mobilstationen zu implementieren.
– Dies wurde ab 1994/5 durchgängig eingehalten
•
Erste interne Benutzung durch Netzbetreiber
– Am Anfang zog die mobile Telefonie alle Aufmerksamkeit auf sich. „Why
would anybody want to send one of these messages when they can talk
to tehm?“ Ein Vodafone Direktor 1992
– Netzbetreiber hatten SMS im Netz, aber vermarkteten es nicht und
einige hatten keine Gebührenerfassung implementiert
– 1993 nutzen einige Betreiber SMS zur Benachrichtigung über
eingegangene Voice Mails, um neue Anrufe anzuregen. Andere
Betreiber sahen überhaupt keinen Nutzen in SMS.
22
SMS wurde von jungen Leuten
entdeckt
•
•
•
•
•
•
•
•
Ab Mitte der 90er Jahre konnten sich viele Jugendliche in den
Industrieländern Mobiltelefone leisten, SMS war überall und in jedem
Mobilgerät verfügbar
Die Jugendlichen erkannten, dass SMS ein einfacher und billiger, kurz ein
„geiler“ Weg war, mit ihren Freunden zu kommunizieren
Sie leiteten eine Kurzschrift ab von Abkürzungen, die im Internat benutzt
wurden (C U 2 nite)
Sie entwickelten eine bewundernswerte Geschicklichkeit im Eingeben von
Nachrichten mit der Telefontastatur
Es machte Spaß und begründete ein Gemeinschaftsgefühl
Daher war weder die Begrenzung der Länge auf 160 Zeichen, noch die
umständliche Eingabemethode ein Hinderniss.
Es erschienen unerwartet große Verkehrsvolumina, insbesondere an
Sylvester
Betreiber, die keine Vergebührung hatten, kamen in große
Schwierigkeiten
23
Gesamtzahlen weltweit Ende
2008
Durchnittliche SM /
GSM Tln.
Betreiber in
Entwickelten
Ländern
Entwicklungsländer
n
SM/Tln &
Monat
40 - 100
170 - 950
Verkehr/Umsatz Ende
2008
• Verkehr: 3,5 Mrd GSM-Tln. x 70 SM/Monat X 12
Monate/Jahr = 3 Trillionen SM/ Jahr
• Umsatz: 3 Trillionen SM x 0,03 €/SM = 90 Mrd €/Jahr
Britische Yacht vor Borneo
24
Gründe für die SMS Akzeptanz
•
•
Hohe Akzeptanz von GSM weltweit ist die Basis des Erfolgs
(„Enabler“)
SMS ist sehr populär bei Kunden weil
–
–
–
–
–
–
–
•
Weltweit überall verfügbar
Mit jedem Mobiltelefon nutzbar
Jedes Mobiltelefon als Empfänger
Der Dienst stellt die Nachricht zu, sobald es technisch möglich ist
Der SMS Empfang stört den Empfänger nicht
Einfach und robust
Nützlicher als festnetzbasierte Dienste, weil Mobilgerät immer dabei
SMS ist sehr populär bei Betreibern
– Implementierung mit wenig Aufwand
– Profitabel
– Wohin führt die europäische Preisregulierung?
25
4 Wie kann es mit SMS
weitergehen?
26
•
Neue Anwendungen 2012:
Wireless Emergency Alerts in
USA
Kunden bekommen Alarme für
– Extrem-Wetter: Tornados, Blitz-Eis, Blitz-Überschwemmungen,
Tsunamis, Erdbeben usw.
– nationale Notstände und anderen Notfälle
• Kurze Nachricht in Abhängigkeit vom Standort, kostenlos
für Mobilfunkkunden
• Nutzt SMS Dienst „Cell Broadcast“ (Max. 90 Zeichen)
• Federal Emergency Management Agency sendet Alarme
stellt sicher, dass sie in den betroffenen Regionen
ausgesendet werden
• Entstanden durch Zusammenarbeit von
Bundesregierung und verschiedenen Behörden mit den
Mobilfunkbetreibern
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Künftiges SMS Wachstum
• Wachstumspotential bei älteren Leuten
• Wachstumspotential in Märkten mit billigen Telefonen
• Anwendung zum Datentransport Maschine-zu-Maschine
Kommunikation (M2M machine-to-machine):
– Verkehrsquellen
• Autos
• Maschinen in Fabriken
• Messgeräten für Elektrizität, Gas usw.
– Mögliche Aktionen
• Messen, Fernablesen, Ferndiagnose
• Steuern
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Möglichkeiten der
Weiterentwicklung von SMS
•
•
•
Potential
– 500 – 1000 Millionen neue GSM Endgeräte pro Jahr, davon nur
kleinerer Anteil Smartphones, eröffnet Möglichkeiten für
Weiterentwicklung
– Sehr viel größere Zahl von Teilnehmern und Endgeräten als bei
Twitter
Optionale Features in SMS
– Review, Optimierung und Auswahl
– Bindend machen
Neue Features: SMS als Chat Plattform (vgl. Twitter):
– Unterstützung von Dialogen
– Versenden von Nachrichten an mehrere Teilnehmer
– Verteilerlisten im SMS-C gespeichert
•
Aber es gibt keine Ambitionen bei Betreibern und Herstellern, weil
diesen nur von neuen „glanzvolleren“ Dingen träumen (MMS, IM,
29
Literatur
Friedhelm Hillebrand (Editor), Finn Trosby,
Kevin Holley, Ian Harris: Short Message
Service, The Creation of Personal Global
Text Messaging, Wiley 2010
30
31

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