Eine Katze zieht ein

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Eine Katze zieht ein
Eine Katze zieht ein
von Manuela Eiban
Hier sind einige Tipps, die Ihnen und Ihrem neuen tierischen Mitbewohner die erste
Zeit etwas einfacher machen sollen:
Leider gibt es keine „pauschale Gebrauchsanleitung“ für den richtigen Umgang mit
Katzen, da jedes Tier seine ganz individuellen Charaktereigenschaften besitzt und
seine persönlichen Erfahrungen im Leben gemacht hat.
Als erstes sollten Sie Ihr neues Familienmitglied also genau beobachten und auf
seine Persönlichkeit und Bedürfnisse eingehen.
Viele Tiere sind von Natur aus sehr aufgeschlossen und fügen sich ohne Probleme
in ihre neue Umgebung ein. Andere aber sind Anfangs sehr verschüchtert und
ängstlich oder benehmen sich sogar aggressiv bzw. reagieren mit „Unsauberkeit“.
Bitte bedenken Sie, dass Tiere aus dem Tierheim vorher oft ein schweres Leben
hatten, in dem sie zum Teil vernachlässigt, missverstanden oder sogar misshandelt
wurden. Zeigen Sie also Verständnis, wenn die Katze etwas Zeit braucht, um sich
einzugewöhnen. Aber bitte: Mitleid wäre hier völlig fehl am Platze, denn die Katze
hat ja jetzt ein Zuhause und Mitleid ist etwas, das Tiere nicht empfinden und deshalb
auch nicht verstehen können und deshalb nur verunsichern würde.
Geben Sie ihr vielmehr das Gefühl, dass Sie für Sie sorgen und dass sie sich immer
auf Sie verlassen kann.
Die Eingewöhnung
Folgende Methode hat sich bei Katzenwelpen und eher ängstlichen Tieren in den
meisten Fällen bewährt: Sie sollten dem Tier nicht von Anfang an den gesamten
Wohnbereich zur Verfügung stellen. Wahrscheinlich werden Sie jetzt denken: Das
Tierchen soll doch jetzt jede Menge Platz zum Spielen haben! Auf ein ohnehin
verunsichertes Tier können viele und große fremde Räume sehr bedrohlich wirken,
auch kann die Katze das Gefühl bekommen, der „Verantwortung“ für so ein großes
„Revier“ nicht gewachsen zu sein. Für das Tier ist es einfacher, die neue Welt von
einem sicheren Plätzchen aus Stück für Stück zu erkunden.
Bringen Sie das Tier in den ersten Tagen in dem Raum unter, in dem auch später
das Katzenklo stehen soll. Eine „Höhle“ zum verstecken, ein erhöhter gemütlicher
Liegeplatz und Futter/Wasser müssen immer zur Verfügung stehen.
Stellen Sie Toilette, Futternapf und Wassernapf nie nebeneinander, das „gehört“
sich nicht in Katzenkreisen! Viele Katzen trinken zu wenig, wenn das Wasser direkt
neben dem Futter steht und das kann später zu Erkrankungen Harnwege führen.
Katzen, die neben dem Klo fressen müssen, suchen sich oft einen anderen Platz für
ihr „Geschäft “- und wir Menschen nennen das dann „unsauber“, aber wer isst schon
gern auf dem Klo?!
Zu Hause angekommen, sprechen Sie ruhig mit dem Tier und stellen Sie den
Transportbehälter geöffnet in den vorbereiteten Raum(Bad, Toilette, Flur, es können
natürlich auch 2 kleinere Räume sein) und lassen Sie den Neuankömmling selbst
aussteigen, auch wenn er sich dazu etwas länger Zeit nimmt - niemals mit Gewalt
aus der Box zerren! „Verfolgen“ Sie die Katze nicht um ihr Ihre Zuneigung zu zeigen,
sie würde sich bedrängt fühlen und sich nur noch mehr zurückziehen. Lassen Sie ihr
die Zeit, die sie braucht, um Vertrauen zu Ihnen zu entwickeln, sie wird dann von
sich aus Kontakt zu Ihnen suchen.
Zeigt die Katze keine Angst mehr vor Ihnen und bewegt sie sich selbstsicher in ihrem
„Eingewöhnungsbereich“, können Sie beginnen, ihr den Rest des Wohnbereichs
nach und nach zugänglich zu machen.
„Unsauberkeit“
ist etwas, das aus der Sicht der Katze überhaupt nichts mit Verschmutzung oder
mangelnder Hygiene zu tun hat. Wir Menschen sehen das natürlich anders und
empfinden dieses Problem als sehr unangenehm - und deshalb reagieren wir auch
meist ärgerlich und schimpfend auf derartige „Ausrutscher“, was die Situation
meistens nur verschlimmert.
Auch hier kann man das Problem nicht pauschalisieren: Manche Katzen „markieren“
(auch kastrierte Tiere sind hierzu imstande!) um ihren Revieranspruch geltend zu
machen oder aber auch weil sie z.B. ihr Zuhause mit anderen Tieren teilen müssen.
Katzen sehen uns Menschen mehr oder weniger als Artgenossen an und ihnen ist
die Tatsache, dass wir nicht imstande sind, über Gerüche zu kommunizieren nicht
bewusst. Sie können nicht verstehen, dass wir ihre Duftsignale nicht deuten können
und oft versuchen sie verzweifelt, noch mehr Duftmarken zu setzen- „irgendwann
muss dieser Mensch doch kapieren, war ich von ihm will!“
Das „Reviermarkieren hat bei wildlebenden Katzen in freier Natur durchaus seinen
Sinn und es liegt am Besitzer, dem Tier klarzumachen, dass es innerhalb des
Wohnbereiches weder notwendig noch erwünscht ist.
Um diesem späterem „Harnspritzen“ vorzubeugen, ist es ratsam vor allem Kater
möglichst früh (jedoch nach dem Zahnwechsel) kastrieren zu lassen.
Es kommt auch vor, dass Katzen ihre Notdurft außerhalb der Katzentoilette
verrichten. Dieses Verhalten hat wieder ganz andere Hintergründe. Möglicherweise
ist die Toilette zu klein oder sie verwenden die „falsche“ Einstreu. Viele Katzen
mögen z.B. keine überdachten Klos oder parfümierte Katzenstreu. Vielleicht steht die
Toilette aber auch einfach nicht an der richtigen Stelle (auch Katzen bestehen auf
dem stillen Örtchen auf Privatsphäre) oder wird von mehreren Tieren benutzt. Das
Aufstellen weiterer Toiletten kann die Lösung des Problems sein, aber: werden
Toiletten umpositioniert oder ganz entfernt, kann es passieren, dass diese Stellen
weiter von der Katze als Klo genutzt wird. Bevor Sie also eine Katzentoilette
aufstellen, überlegen Sie sich genau, ob Sie diese dort auch auf Dauer haben
möchten! Es gibt viele Katzen, die ihre „großen“ und „kleinen“ Geschäfte gern in zwei
getrennten Toiletten verrichten.
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Wieder andere Katzen fühlen sich durch Ereignisse wie z.B. Besucher, Feiern,
tobende Kinder, Handwerker usw. derartig gestört und verunsichert, dass sie mit
„Unsauberkeit“ reagieren. Werten Sie solches Verhalten nie als „Racheakt“ oder
„Boshaftigkeit“, zu diesen Dingen sind nur Menschen fähig. „Unsauberkeit“, die
nichts mit Reviermarkierung zu tun hat, passiert immer aus großer Unsicherheit
heraus und ist eine reine Verzweiflungstat. Deshalb dürfen Sie niemals „böse“
reagieren oder das Tier sogar bestrafen. Bleiben Sie immer ruhig und versuchen Sie
den Grund für das Fehlverhalten herauszufinden und helfen Sie Ihrer Katze zu
lernen, mit ihren Ängsten umzugehen. Das können Sie, indem Sie z.B. eine
„Tabuzone“ für Besucher, Kinder ö. Ä. schaffen in die sich das Tier wohl fühlt und in
die es sich jederzeit zurückziehen kann.
„Unsauberkeit“ sollte nicht zu der Entscheidung führen, die Katze wieder abzugeben.
Meistens kann man das Problem mit etwas Mühe in den Griff bekommen. Es gibt
auch nicht nur psychische Ursachen für „Unsauberkeit“ Katzen (Kater häufiger als
Kätzinnen) leiden oft an unerkannten Erkrankungen der Harnwege. Auch Würmer
und andere Krankheiten können zu „Unfällen“ führen. Der erste Weg sollte also
immer zum Tierarzt führen um sicher zu gehen, dass keine Erkrankungen oder
Schmerzen der Grund für die „Unsauberkeit“ sind.
Aggression
Bisher sind mir nur sehr wenig wirklich aggressive Katzen begegnet. Die meisten
Tiere sind einfach in Panik und hatten in der Vergangenheit entweder keine
Gelegenheit zu lernen, wie man sich in Konfliktsituationen verhält oder sie waren
gezwungen, sich ständig zu verteidigen. Kein Tier ist von sich aus „böse“ oder
„hinterhältig“. Hinter Aggression verbirgt sich immer Angst, Unsicherheit und
Verzweiflung. Zeigen Sie Ihrem Schützling, dass es nicht mehr notwendig ist, sich
mit allen Mitteln zu verteidigen, es gibt keinen Grund mehr, Angst zu haben. Wenn
Sie das Vertrauen einer solchen Katze gewinnen möchten, brauchen Sie sehr viel
Geduld und Einfühlungsvermögen und Sie dürfen auf „Angriffe“ seitens der Katze
niemals negativ reagieren. Wenden Sie sich ruhig von ihr ab und nehmen Sie die
Sache nicht persönlich. Warten Sie mit einem erneuten Annäherungsversuch, bis
sich das Tier wieder beruhigt hat. Um auf eine unsichere Katze nicht zu bedrohlich
zu wirken, sollten Sie vermeiden, sie direkt anzuschauen oder hastig von vorn auf sie
zuzugehen. Nähern Sie sich langsam von der Seite und schauen Sie an ihr „vorbei“.
Auch „Augen zukneifen“ wirkt oft entwaffnend, denn in der Katzensprache bedeutet
es: „Ich bin freundlich und habe nichts Böses im Sinn“. Sprechen Sie immer ruhig
und leise mit Ihrer Katze, aber vermeiden Sie, dauernd auf das Tier „einzureden“.
Freigang
Fast alle Katzen genießen es, wenn sie draußen die Gegend unsicher machen und
ihren natürlichen Jagd- und Spieltrieb ausleben können. Allerdings sollten Sie sehr
genau abwägen, ob Ihre Wohngegend auch wirklich dafür geeignet ist. Es lauern
viele Gefahren auf unsere kleinen Freunde, wie z.B. Straßenverkehr, Bahngleise,
erschießen durch Jäger (leider immer noch völlig legal!), Tierfänger (Tausende
Katzen werden jedes Jahr in Deutschland von Tierfängern verschleppt.
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Nicht, wie die meisten Leute glauben, für Versuchszwecke - Labors haben für
Streuner gar keine Verwendung - sondern für die Pelzindustrie, die daraus
Rheumadecken u. Ä. herstellt. Auch Tierquälern fällt jedes Jahr eine nicht geringe
Zahl streunender Haustiere in die Hände, z.B. für satanistische Rituale) Es geht nicht
darum, Sie mit diesen Informationen zu schockieren, aber Sie sollten sich der
Gefahren bewusst sein, Ihre Katze hat nämlich von all dem keine Ahnung und fühlt
sich in ihrem Revier sicher.
Sollten Sie sich entschließen, Ihrer Katze Freigang zu gewähren, sollten Sie bei
einer erwachsenen Katze mindestens 4-6 Wochen damit warten. Sie sollte erst
absolutes Vertrauen zu ihrem neuen Umfeld entwickelt haben. Nachts ist die Zeit der
größten Gefahren und Katzen sollten bei Dämmerungsanbruch zu Hause sein und
dort auch bleiben! Man kann sie gut daran gewöhnen, indem man sie abends immer
etwa zu gleichen Zeit füttert und am Nachmittag nie ganz satt gefressen nach
draußen lässt. Die ersten Ausflüge sollten möglichst bei schlechtem Wetter
stattfinden, so lernt die Katze ihr Zuhause noch mehr zu schätzen. Begleiten Sie sie
Anfangs, damit sie sich bei Erschrecken zu Ihnen flüchten kann. Auch Katzen
werden „kopflos“, wenn sie erschrecken und können nach einer Flucht den Weg
vergessen. Sie finden dann trotz ihres bemerkenswerten Orientierungssinnes oft
nicht mehr nach Hause. Ein weiterer Grund, warum Sie Ihr Tier bei seinen ersten
Erkundungsgängen im Auge behalten sollten.
Bei Jungkatzen sollten Sie mit dem Freigang auf jeden Fall bis zu Kastration warten,
gerade hier sollten Sie in der ersten Zeit immer dabei sein, denn Jungtiere sind oft
besonders unvorsichtig.
Legen Sie Ihrer Katze auf keinen Fall ein Halsband um. Halsbänder (auch die mit
Gummiband) sind Todesfallen! Lassen Sie Ihr Tier durch eine Tätowierung oder
einen Mikrochip kennzeichnen, bevor Sie es nach draußen lassen!
Eine Katze mit Geschirr und Leine Spazieren zu führen ist absolut nicht artgerecht bitte tun Sie das Ihrem Tier nicht an! Sie müssen sich entscheiden: Wohnungskatze
oder Freigänger, es gibt keine Kompromisslösung.
Es ist sehr schwierig und in vielen Fällen sogar unmöglich, einen Freigänger zur
Wohnungskatze umzuerziehen. Der umgekehrte Fall bringt selten Probleme mit sich.
Bedenken Sie also: Ihre Entscheidung hat eine Tragweite von der Dauer eines
Katzenlebens (15-20 Jahre).
Allgemeines
Katzen gelten im Allgemeinen als „Einzelgänger“, was aber nach persönlichen
Erfahrungen absolut nicht der Realität entspricht. Selbstverständlich bestätigen auch
hier Ausnahmen die Regel, aber die meisten Katzen suchen Nähe und Anerkennung
bei Menschen sowie Artgenossen. Deshalb ist eine Katze, die ohne Artgenossen
und oft auch stundenlang ohne menschliche Ansprache ihr Leben in der Wohnung
fristet wirklich zu bedauern. Gönnen Sie Ihrer Wohnungskatze einen Katzenkumpel,
denn Sie sind ja auch nicht immer da und Katzen sind zu zweit oder auch zu
mehreren in jedem Fall glücklicher.
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Auch in der Wohnung laueren einige Gefahren auf unsere Samtpfoten, denen sich
viele Katzenbesitzer gar nicht bewusst sind:
- Zimmerpflanzen: viele sind für Katzen hochgiftig
Augenverletzungen beim Spielen mit Kakteen
Vergiftungsgefahr durch Trinken von düngerversetzem Wasser
(Untersetzer)
- gekippte Fenster: vielfach unterschätzte Gefahr! Katzen klemmen sich beim
Versuch, durch den Spalt zu kommen ein und rutschen durch
Befreiungsversuche immer tiefer. Die Folge sind meistens
schlimme Quetschungen der inneren Organe und nicht selten
der Tod. Im Fachhandel erhalten Sie einfach zu montierende
und unauffällige Schutzgitter, die ein Kippen der Fenster
ermöglichen und das Katzenleben sicherer machen.
- offene Fenster, Balkone: Öfter als die meisten Katzenbesitzer denken, landen
gestürzte
Katzen
mit
schlimmen
Verletzungen
und
Knochenbrüchen beim Tierarzt. Die Tiere jagen spielerisch einen
Schmetterling o. Ä. und vergessen dabei die Gefahr oder sie
verschätzen sich einfach. Dass Katzen beim Fallen auf den
Pfoten landen stimmt zwar, aber die häufigen durch Stürze (auch
aus geringer Höhe) verursachten Verletzungen beweisen, dass
wir Sie vor solchen Unfällen schützen müssen. Ein KatzenSchutznetz ist in jedem Falle zu empfehlen, da Sie Ihre Katze
dann auch unbeaufsichtigt am offenen Fenster oder auf dem
Balkon spielen lassen können.
Katzen sind Individualisten. Sie lassen sich zwar in manchen Dingen „erziehen“, aber
wenn Sie versuchen, ihnen Ihren Willen aufzuzwingen oder ihre Persönlichkeit nicht
respektieren, wird die Beziehung zu Ihrem Tier darunter leiden. Damit ist nicht
gemeint, dass es in Ordnung ist wenn die Katze Ihnen auf dem Kopf herumtanzt;
natürlich müssen Sie sie in ihre Schranken verweisen und ihr gewisse Regeln des
Zusammenlebens beibringen, aber seien Sie immer fair und geben Sie Ihrem Tier
die Chance auch zu verstehen, was sie von ihm erwarten. Ihre Katze liebt und
akzeptiert Sie ganz selbstverständlich so wie Sie sind, mit all Ihren Stärken und
Schwächen. Sie erwartet und verdient das gleiche Entgegenkommen von Ihnen.
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