Madonnenlilie (Lilium candidum) Liliengewächse (Liliaceae)

Transcrição

Madonnenlilie (Lilium candidum) Liliengewächse (Liliaceae)
Bibelpflanzen - vom alten Buch zur
lebenden Pflanze
Madonnenlilie (Lilium candidum)
Liliengewächse (Liliaceae)
Hoheslied 2,1 – 2, 2: „Ich bin die Narzisse in Saron, die Lilie in den
Tälern. Wie die Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter
den Mädchen.“
Matthäus 6, 28 – 6, 29: „Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung?
Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht
und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all
seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.“
In der Antike war die Lilie ein Symbol für Schönheit und Fruchtbarkeit, im Christentum steht sie vor allem für Reinheit, Keuschheit und Unschuld. Sie wird mit der Unschuld der hl. Maria in
Verbindung gebracht, weshalb der hl. Josef und die hl. Maria oft
mit einem Lilienstengel in der Hand dargestellt wurden. Andere
Namen der Weißen Lilie sind darum Madonnen- oder Marienlilie,
Unschuldsblume, Keuschblume oder Josefslilie.
In der griechisch-mythologischen Entstehungsgeschichte der Lilie
geht es jedoch nicht sehr keusch zu. Als die Göttin Hera ihren
kleinen Sohn Herakles stillte, floss ein wenig Muttermilch über das
Himmelsgewölbe und es entstand die Milchstraße. Ein paar
Tropfen fielen auch zur Erde und aus ihnen wuchsen die ersten
Lilien. Aus Neid waren der Liebesgöttin Aphrodite die marmorgleichen Blüten der Lilien wegen ihrer Reinheit so verhasst, dass
sie ihnen aus lauter Boshaftigkeit das männliche Glied des Esels als
gelben Stempel einsetzte. Auf nebenstehendem Holzschnitt fällt
dieser hervorgehobene Stempel direkt ins Auge.
Aus Schamhaftigkeit und Prüderie und vielleicht auch des christlichsymbolischen und des mythologisch-symbolischen Gegensatzes
wegen, wurde auf vielen mittelalterlichen Mariendarstellungen die
Lilie ohne Stempel und Staubgefäße abgebildet.
In vielen Kräuterbüchern wird die Lilie gegen Frauenbeschwerden
empfohlen. So schreibt Dioscorides: „Die Lilienwurtzlen gbrate /
mit Rosenöl vermischet / heylen die gebranten schäden / erweychen
die geburtglidder / treiben die Monzeit der frawen / un heylen die
geschwere.“ Lonitzer empfiehlt: „Das Öl von den weissen Lilien
ist gar gut / sich darmit bestrichen auff dem Bauch / das erwärmet
fast die kalte Mutter ...“
Abb.: Übersetzung des Kräuterbuchs von Pedanius Dioscorides (1546)