Stellungnahme der Fangruppen

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Stellungnahme der Fangruppen
Stellungnahme der Fangruppen zu den Vorgängen der letzten Woche
Im Rahmen der Ereignisse rund um den Abgang von Trainer Darko Milanic und der Bestellung von
Franco Foda zum neuen/alten Cheftrainer empfinden wir die Notwendigkeit, einige grundlegende
Beobachtungen und Standpunkte kundzutun. Eingangs legen wir großen Wert darauf, festzuhalten,
dass es uns seit jeher fern liegt, in Angelegenheiten wie der Trainersuche oder generell rein
sportlichen Entscheidungen mitzumischen. Das sollte ohnedies hinlänglich bekannt sein, zumal uns
allen die dafür notwendige Qualifikation fehlt. Vielmehr geht es uns darum, wie diese Entscheidung
zustande kam und abgelaufen ist und welche maßgeblichen strategischen und strukturellen Fragen
sie aufwirft.
Ein Rückblick
Bekanntlich hat sich die damals neu angetretene Führung des SK Sturm vor bald 3 Jahren das
ambitionierte Ziel gesetzt, den Klub neu aufzustellen und, neben einem klaren Leitbild, professionelle
Strukturen basierend auf einem zeitgemäßen Konzept einzuführen. „Paradigmenwechsel“ lautete das
Schlagwort, mit dem man plakativ die Abkehr von der systematischen Planlosigkeit, die bei unserem
Verein Einzug gehalten hatte, greifbar machen wollte. Nicht zuletzt zielte dieser massive Einschnitt
darauf ab, die Hierarchien im Verein sinnvoll zu verteilen, was ganz konkret auch die Rolle des
Trainers Franco Foda betraf. Dieser nämlich hielt noch in weitaus gewichtigeren Bereichen als nur am
Spielfeld die Zügel fest in der Hand und prägte die Ausrichtung des Vereins maßgeblich. Dass ihm
selbst das nicht zum Vorwurf gemacht werden darf, möchten wir ausdrücklich betonen. Er füllte
lediglich ein Machtvakuum und nahm sich zusätzlicher Aufgaben an, traf Entscheidungen, die sonst
niemand zu treffen im Stande oder gewillt zu treffen war. Unsere Kritik zielte stets auf den Mangel an
Struktur ab, der ein solches Ungleichgewicht überhaupt erst zuließ.
Da wir jahrelang immer wieder mit erhobenem Zeigefinger darauf hingewiesen hatten, wie dringend
der oben angesprochene Wandel erforderlich war und weil man uns glaubhaft vermitteln konnte, dass
die Vorhaben nicht nur vielversprechend und überzeugend, sondern auch ernst gemeint waren,
haben wir dieses Projekt „Sturm Neu“ von Anfang an unterstützt. Selbstverständlich waren wir uns im
Klaren darüber, dass die beabsichtigten Veränderungen sehr viel Zeit brauchen würden und man
Geduld haben müsse. In monatlich stattfindenden Treffen mit der Geschäftsführung und im Zuge
anderer Projekte und Arbeitsgruppen, in denen wir die Möglichkeit haben, uns einzubringen und
mitzuhelfen, versuchen wir seitdem, konstruktive Kritik zu äußern, notwendige Dinge einzufordern
und produktiv mitzugestalten und auch selbst anzupacken, wo immer es Sinn macht.
Entgegengesetzt dem Beispiel vieler Besserwisser und Einmischer im Verein haben wir uns auch in
schwierigen Momenten, die es in den letzten Jahren ja zu Hauf gab, bewusst mit öffentlicher Kritik
zurückgehalten, um den Neuaufbau nicht zu stören. Immer wieder wurden Stimmen laut, auch in den
eigenen Reihen, dass man in manchen Fragen wahrnehmbarer Stellung hätte beziehen und
Fehlentwicklungen wie früher lautstärker hätte anprangern müssen. Diesen Aspekt haben wir oftmals
hinterfragt, kamen jedoch bis dato immer zu dem Schluss, dass gewisse Fehlschläge Teil der
Umgestaltung seien. Jetzt allerdings sehen wir den Moment gekommen, an dem wir offen
hinterfragen möchten, inwiefern man nach 3 Jahren „Geburtswehen“ den Weg der Neuausrichtung
nach wie vor beschreitet oder ob man diesen mit der jüngsten Personalentscheidung nicht endgültig
verlassen hat, um wieder in die ursprüngliche Situation zurückzukehren.
Die aktuelle Situation
Es steht außer Zweifel, dass die aktuelle Führung des SK Sturm weitaus professioneller arbeitet, als
uns das ihre Vorgänger vermittelt haben. Der Klub wurde administrativ neu aufgestellt und scheint
wirtschaftlich modern und vernünftig geleitet zu werden. In unseren Kernthemen, dem Kundenservice
und der Betreuung der Anhänger, konnten wir uns beispielsweise selbst davon überzeugen, dass
zahlreiche Konzepte und Maßnahmen ausgearbeitet wurden, die zu einer nachdrücklich merkbaren
Verbesserung der Situation beigetragen haben. Dennoch sind wir der Meinung, dass vor allem dann,
wenn es um große Brocken geht, professionelle Vereinsstrukturen noch immer nicht zur Gänze
umgesetzt wurden und der angekündigte Paradigmenwechsel nicht vollzogen worden ist.
Am drastischsten wird das augenscheinlich wann immer Personalentscheidungen mit großer
Tragweite zu treffen sind. So wird einerseits unentwegt von umfassenden Anforderungsprofilen
philosophiert, um dann (präsidiale) Schnellschüsse ohne jegliche fachliche Grundlage à la Paul
Gludovatz oder Ayhan Tumani zu tätigen, mit denen man sich nur noch tiefer in die Bredouille
manövriert. Es ist zudem hinlänglich bekannt, dass zwar der Großteil der Sturmfans – so auch wir – in
Jubelstürme ausbrach, als man mit Darko Milanic den Wunschtrainer vieler geholt hat, aber auch
diese Entscheidung auf keinerlei Erfüllung irgendeines fachlichen Bedarfs basierte. Und genau dieses
Eindruckes können wir uns angesichts der Geschehnisse der letzten beiden Wochen abermals nicht
erwehren. Rund 20 Trainer sollen laut der in den Medien getätigten Aussagen zur Debatte gestanden,
auf ihre Kompatibilität mit dem vereinseigenen Anforderungsprofil durchleuchtet und kontaktiert
worden sein, nur um dann in scheinbar allerletzter Minute doch wieder in alte Schemata
zurückzufallen und sich für das vermeintlich geringste Risiko zu entscheiden?
Das führt uns zu dem Fazit, dass, wenn es um die „Wurst“ geht, sämtliche Strukturen und Ideen
wieder über Bord geworfen werden. (Dazu passt es dann auch gut, dass sich die Geschäftsführung
jüngst auch öffentlichkeitswirksam vom Wandel verabschiedet hat, da man „Sturm Neu nicht mehr
hören könne“.)
Besonders sauer stößt uns der fehlende Mut auf, der sich durch wichtige Entscheidungen zieht.
Natürlich ist der Druck, gerade ob der anhaltenden sportlichen Misere groß. Bei guten Resultaten
wäre das besonnene Arbeiten im Hintergrund fraglos einfacher. Außerdem mag es wohl von außen
ungleich leichter aussehen, die Geschicke eines Vereins wie Sturm zu lenken, wo zahlreiche
Interessensgruppen und verschiedenste Strömungen hineinzupfuschen versuchen und oft nicht
zimperlich mit öffentlicher Kritik und Unmutsäußerungen sind. Gerade in diesem Punkt wollen und
dürfen wir uns selbst nicht ausnehmen.
Nichtsdestotrotz ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie sehr man sich immer wieder von all den
Nörglern und Besserwissern beeinflussen lässt, und zwar speziell bei essentiellen Themen. So fehlt
uns jegliches Verständnis dafür, dass sich Kapazunder aus der Wirtschaft und Verwaltung am
Gängelband eines Blogs von Hobbyjournalisten halten und vor sich hertreiben lassen. Es ist
bedauerlich zu sehen, dass nach anfänglichen mutigen Schritten, Fehler in der Personalpolitik dazu
geführt haben, dass man sich heute nicht mehr traut, die 2012 versprochenen Kriterien anzuwenden.
Stattdessen hat der Weg des geringsten Widerstandes in Messendorf Einzug gehalten.
Sicherlich ist dieser Eindruck auch der Außendarstellung des Vereins geschuldet. Nach wie vor tritt
man äußert patschert in den Medien und der Kommunikationspolitik auf. Man fühlt sich an Politiker
erinnert, wenn nach den letzten Jahren die gute sportlichen Entwicklung und erfolgreichen
vorangegangenen Jahre beschworen oder vollmundige Ankündigungen von 3-Jahresplänen, Einbau
der Jugendspieler oder modernen taktischen Konzepten von der Kampfmannschaft bis zu allen
Jugendmannschaften verlautbart werden. Klartext statt Schönfärberei, konkrete Ansagen statt
Marketing-Gags wollen wir, wollen die Fans hören. Und man möge sich bitte endlich der Pressearbeit
annehmen, damit Pressekonferenzen nicht zu Hollywood-Dramen mutieren oder Informationen in
heißen Phasen nicht tröpfchenweise und per SMS an die Öffentlichkeit durchsickern.
Was bringt die Zukunft?
Für uns stellt sich trotz grundsätzlich konstruktiver Basis nun die Sinnfrage, was die Zusammenarbeit
mit unserem Verein betrifft. Wir vermissen die klare Linie und die Resultate in wichtigen Fragen. Mehr
denn je in den letzten 3 Jahren sehen wir uns vom ursprünglich eingeschlagenen Weg abgekommen.
Es bleibt abzuwarten, wie man schlussendlich mit anderen großen und heiklen Projekten wie der
Stadionfrage oder der versprochenen Generalversammlung umgeht.
Nochmals und explizit wollen wir hervorheben, dass wir nicht mit der Person Franco Foda als Trainer
hadern, hierzu hat wohl jeder Sturmfan seine eigene Meinung dazu. Wie immer in der Vergangenheit
bekommt der neue Coach eine faire Chance und unsere vollste Unterstützung. Wir wollen lediglich
unserer Befürchtung Ausdruck verleihen, dass seine neuerliche Bestellung einen fatalen Rückschritt
in alte Muster bedeuten könnte, indem er über kurz oder lang wiederum das bestehende Vakuum in
der sportlichen Leitung und Entscheidungsfindung des Vereins ausfüllen könnte und letzterer zu sehr
von einer einzigen Person abhängig wird. Des Weiteren erhoffen und erwarten wir uns, dass die
immer wieder angekündigte sportliche Philosophie von Sturm (Einbau von jungen Spielern, attraktive
und moderne Spielweise) nun endlich umgesetzt wird.
Das heutige Spiel
Wir, die organisierten Fangruppen der Nordkurve, werden am heutigen Samstag wie gewohnt unsere
Mannschaft unterstützen und versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass die drei Punkte, die
heute ausgespielt werden, in Graz bleiben.
Weder trägt die Mannschaft an der aktuellen (Fehl-)Entwicklung Schuld, noch können wir Franco
Foda vorwerfen, ein Angebot des SK Sturm angenommen zu haben. Wie schon mehrmals in diesem
Text betont, werden wir ihm eine faire Chance geben.
Dennoch wollen wir noch einmal hervorheben, dass wir in Zukunft noch genauer auf die Entwicklung
des Vereines blicken werden, egal ob es um das Versprechen, dass sich der Trainer in die
bestehenden Strukturen einpassen wird, seine autoritäre Art abgelegt und sich auch einem modernen
Stil verschrieben hat, geht oder um die Weiterentwicklung von „Sturm Neu“, die uns - auch wenn es
anderen schon zum Hals heraus hängt - nach wie vor ein großes Anliegen ist. Sollten wir hier eine
Entwicklung erkennen, die sich mit den großen Ankündigungen der letzten Tage und Jahre nicht
deckt, behalten wir uns auch vor, diese in Zukunft bei Bedarf auch wieder öffentlich zu kommentieren.
Die Fangruppen der Nordkurve, Graz am 04.10.2014