Harnverlust und Blasenbeschwerden der Frau
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Harnverlust und Blasenbeschwerden der Frau
Harnverlust und Blasenbeschwerden der Frau Blasenzentrum Frauenklinik Frauenfeld Leitung: Prof. Dr. med. Volker Viereck, Chefarzt Urogynäkologie Konsiliararzt: Prof. Dr. med. Jakob Eberhard Leitende Inkontinenzfachfrau: Marlies von Siebenthal Chefarzt Frauenklinik: PD Dr. med. Mathias Fehr Co-Chefarzt Frauenklinik: Prof. Dr. med. Volker Viereck Inhaltsverzeichnis Harnverlust, Senkungs- und Intimbeschwerden, Blasenentzündungen – die häufigsten Frauenleiden 4 5 6 7 8 9 11 12 Blasenzentrum Frauenfeld Warum leiden Frauen häufig unter diesen Krankheiten? Wie arbeitet die Blase? Harnverlust bei Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) Harnverlust bei Dranginkontinenz (Urgeinkontinenz), Reizblase Senkungsbeschwerden, Vorfall, Beckenbodenschwäche Blasenentzündungen Juckreiz, Brennen, Entzündungen und Beschwerden im Intimbereich Konservative Behandlungen 13 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Trink- und Blasentraining Trink- und Miktionskalender Beispiel für ein sehr gutes Trink- und Miktionsverhalten Beckenbodentraining bei Belastungsinkontinenz und Beckenbodenschwäche Kugeln zum Beckenbodentraining Elektrostimulation und Biofeedback als Trainingshilfen Vibrationstraining (Galileo) – ein Erfolgskonzept Pessarbehandlungen Ringpessare bei Inkontinenz, Senkungs- und Harnröhrenbeschwerden Würfelpessare bei Senkungsbeschwerden Blasenzentrum Frauenfeld 24 25 26 28 30 32 33 34 Wegwerfpessare bei Inkontinenz-, Senkungs-, Narbenbeschwerden Blasenentleerungsstörungen mit Pessaren oder Dobbie selber behandeln Behandlung von Blasenentzündungen Intimpflege und Entzündungsbehandlung bei Juckreiz, Brennen und Beschwerden im Intimbereich Hormone lokal und systemisch Blasenentspannende Medikamente Preiselbeersaft zur Vorbeugung und Behandlung von Blasenentzündungen Naturheilverfahren und Komplementärmedizin bei Beschwerden der Blase und im Intimbereich Operationen 35 36 38 40 41 Operieren – wann und wie? Operationen bei Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) Operationen bei Senkung und Vorfall Botox-Injektion Andere Operationen Anlaufstellen 42 Was tun? Unsere Tipps! 43 Adressen/Impressum 44 Unser Standort Blasenzentrum Frauenfeld Blasenleiden – auch urogynäkologische Krankheiten genannt – zählen zu den häufigsten Frauenleiden. Rund 40 Prozent der Frauen sind im Laufe ihres Lebens in irgendeiner Form davon betroffen. Harnverlust, Reizblasenbeschwerden, chronische Entzündungen der Blase oder des Intimbereichs und Senkungszustände werden dazu gezählt. Sie alle können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Abklärungen und Behandlungen sind anspruchsvoll, erfordern viel Erfahrung und eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Spezialisten. Die Frauenklinik Frauenfeld hat sich seit bald 30 Jahren auf die Behandlung von Blasenleiden spezialisiert und neue Behandlungsmethoden und Operationen entwickelt. Im Jahr 2005 eröffnete die Frauenklinik Frauenfeld das erste eigenständige Blasenzentrum der Schweiz. Damit wurden optimale Voraussetzungen für eine umfassende Betreuung von Patientinnen mit Blasenbeschwerden geschaffen. Das Zentrum bietet Raum für verschiedene Spezialisten wie Frauenärzte und Frauenärztinnen, Inkontinenzfachfrauen, Urologen, Physiotherapeutinnen und Fachpersonen aus anderen Bereichen. Den Patientinnen erleichtert das Zentrumsangebot den raschen Zugang zu einer erfolgreichen Behandlung. 4 Blasenzentrum Frauenfeld Warum leiden Frauen häufig unter diesen Krankheiten? Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Harnröhre der Frau ist kurz, der Beckenboden ist durch die Scheidenöffnung weniger stabil und zudem bei Schwangerschaften und Geburten stärkeren Belastungen ausgesetzt. Einen grossen Einfluss haben auch die Hormone. Wenn sie absinken, zum Beispiel im Zyklus, im Wochenbett oder nach den Wechseljahren, wird die Schleimhaut dünner. Auch Schutzmechanismen, Muskulatur und Bindegewebe werden dadurch geschwächt. Meistens sind es mehrere Ursachen, die zu Harnverlust, Blasen- und Intimbeschwerden, chronischen Entzündungen sowie Senkungsbeschwerden führen. Es kann jede Frau treffen. Auch junge Frauen klagen immer häufiger über chronische Blasenentzündungen oder lästigen Juckreiz und Brennen im Intimbereich. Jede Art der Belastung, wie Kälte, Baden, psychische Belastungen und Intimverkehr, kann die Beschwerden auslösen. Wagen Sie den ersten Schritt zur Besserung Ihrer Beschwerden Lassen Sie sich untersuchen und beraten. Der beste Behandlungserfolg wird erreicht, wenn alle Krankheitsursachen erkannt und gleichzeitig behandelt werden. Mit einfachen Massnahmen kann jede Frau selber viel zur Heilung und Vorbeugung dieser Krankheiten beitragen. In der vorliegenden Broschüre finden Sie hilfreiche Tipps und Informationen dazu. 5 Wie arbeitet die Blase? Die Blase arbeitet wie ein Wasserreservoir. Sie wird von Muskelfasern gebildet, die im Innern von einer Schleimhaut überzogen sind. Während der Blasenfüllung sind die Muskelfasern schlaff, bei der Blasenentleerung ziehen sie sich zusammen. Die Harnröhre ist ein Ablaufrohr mit Verschlussapparat. Während der Blasenfüllung sind die Muskelfasern gespannt und die Harnröhre bleibt geschlossen. Zur Blasenentleerung öffnet sich die Harnröhre und die Muskelfasern werden schlaff. Muskelfasern Beckenboden Schliessmuskel Blase und Harnröhre 6 Harnröhre Blase Schleimhaut Blasenzentrum Frauenfeld Harnverlust bei Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) Harnverlust bei körperlicher Anstrengung – wie Heben von Lasten, Springen, Turnen, Tennis spielen und Bergabgehen oder beim Husten, Niesen und Lachen – nennt man Belastungsinkontinenz. Dabei ist der Harnröhrenverschluss ungenügend. Ursachen sind eine angeborene Bindegewebe- oder Muskelschwäche sowie Gewebeschwund infolge Östrogenmangel oder Alterung. Ursachen können aber auch Belastungen und Überdehnungen des Beckenbodens bei chronischem Husten oder während Schwangerschaften und Geburten sein. Es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten: S. 18 S. 20 S. 21 S. 30 S. 35 bä rm ut ter Kugeln und Elektrostimulation als Hilfsmittel Beckenboden- und Vibrationstraining mit «Galileo» Pessare Hormone Operationen ter › › › › › Blase Ge Ge bä rm ut Blase e id Darm Beckenboden Kontinenz he Sc Beckenboden Belastungsinkontinenz 7 Harnverlust bei Dranginkontinenz (Urgeinkontinenz), Reizblase Eine Dranginkontinenz liegt dann vor, wenn der Harndrang so stark ist, dass Urin abgeht, noch bevor die Toilette erreicht werden kann. Gründe sind chronische Blasen-, Harnröhren-, Vulva- oder Scheidenentzündungen, zu kleine Trinkmengen und zu frühe Blasenentleerungen. Aber auch dünne, empfindliche Schleimhäute infolge eines Hormonmangels oder körperliche und seelische Belastungen können Reizblasenbeschwerden auslösen. Bei Reizblasenbeschwerden klagen die Frauen über häufigen, starken und oft schmerzhaften Harndrang und über häufige Blasenentleerungen bei nur kleinen Urinmengen. Oft ist die Harnröhrenregion druckempfindlich und chronisch gereizt. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen: › › › › › › › › › › › › › 8 Trink- und Blasentraining Elektrostimulation als Trainingshilfe Vibrationstraining mit «Galileo» Pessare Behandlung von Blasenentzündungen Intimpflege und Entzündungsbehandlung im Intimbereich Hormone Blasenentspannende Medikamente Preiselbeersaft und andere Phytotherapien Naturheilverfahren/Komplementärmedizin Botox-Injektion Instillationstherapie Physiotherapie mit Verhaltenstraining und Entspannung S. 13 S. 19 S. 20 S. 21 S. 26 S. 28 S. 30 S. 32 S. 33 S. 34 S. 40 Blasenzentrum Frauenfeld Senkungsbeschwerden, Vorfall, Beckenbodenschwäche Je nach Ort der Senkung spricht man von einer Blasen-, Gebärmutter- oder Darmsenkung. Ein Vorfall liegt immer dann vor, wenn Teile der Scheidenwand oder der Gebärmutter vor die Scheide austreten. ter Gebärmutter Blase Ge bä rm ut Blase e eid Sch Darm Darm Beckenboden Beckenboden Senkung von Scheide, Blase, Gebärmutter und Darm r tte Blase Ge bä Ge rm u bä rm ut te r Normale Lage der Beckenorgane Sc he id e e eid Sch Darm Beckenboden Beckenboden Blase Darm Vorfall der Blase bei Überdehnung der vorderen Scheidenwand Darmvorfall bei Überdehnung der hinteren Scheidenwand 9 Senkungsbeschwerden entstehen bei angeborener Bindegewebeschwäche, bei Hormonmangel nach der Menopause und in der Rückbildungsphase nach Geburten. Weitere Ursachen sind länger dauernde Belastungen wie chronischer Husten, Schwangerschaften und Geburten. Es gibt heute viele Methoden, die der Behandlung und Vorbeugung von Senkungsbeschwerden dienen: › › › › › › 10 Beckenbodentraining Kugeln, Elektrostimulation als Trainingshilfe Vibrationstraining mit «Galileo» Pessare Hormone Senkungsoperation S. 17 S. 18 S. 20 S. 21 S. 30 S. 38 Blasenzentrum Frauenfeld Blasenentzündungen Blasenentzündungen entstehen, wenn Bakterien, Pilze oder Viren durch die Harnröhre aufsteigen und sich in der Blase vermehren. Die Krankheitserreger stammen meistens aus Darm, Scheide oder von der Haut. Sie können aber auch bei sexuellem Kontakt übertragen werden. Im Normalzustand verhindern gesunde Schleimhäute und ein saures Scheidenmilieu das Aufsteigen der krank machenden Erreger. Gelangen dennoch Bakterien durch die kurze Harnröhre in die Blase, so werden sie herausgespült, bevor sie sich in der Blasenwand einnisten und vermehren können. Gründe für die Entstehung von Blasenentzündungen sind schlecht aufgebaute Schleimhäute bei Hormonmangel, ungeeignete Intimpflege, zu kleine Trinkmengen, unvollständige Blasenentleerung, eine schlecht eingestellte Zuckerkrankheit und allgemeine Abwehrschwäche. Wie macht sich eine Blasenentzündung bemerkbar? Typische Hinweise auf eine Blasenentzündung sind häufiger Drang, ein brennender Schmerz beim Wasserlassen, starker Uringeruch, trüber Harn, Schmerzen im Unterbauch und bei starker Entzündung Blut im Harn. Zur Behandlung und Vorbeugung von Blasenentzündungen dienen: › › › › › › Trink- und Blasentraining Behandlung von Blasenentzündungen Intimpflege und Entzündungsbehandlung im Intimbereich Hormone Preiselbeersaft Naturheilverfahren und Komplementärmedizin S. 13 S. 26 S. 28 S. 30 S. 33 S. 34 11 Juckreiz, Brennen, Entzündungen und Beschwerden im Intimbereich Immer häufiger leiden Frauen jeden Alters unter Juckreiz, Brennen oder Schmerzen am Scheideneingang, an den Schamlippen und in der Harnröhre. Die Beschwerden sind sehr lästig. Sie können zu chronischen Hautveränderungen führen, die Nachtruhe stören und sich bei jeglicher Art von Belastung verschlimmern, zum Beispiel nach dem Baden, bei Kälte, nach dem Geschlechtsverkehr und auch durch körperliche und psychische Belastungen. Die Ursachen sind vielfältig: Abwehrschwäche der Haut und Schleimhaut, Allergien gegen Pflege- und Waschmittel, trockene Haut, Hormonmangel, Entzündungen durch Bakterien, Pilze und häufig auch durch Viren. Die immer wieder auftretenden Beschwerden treiben viele Frauen fast an den Rand der Verzweiflung. Oft werden unzählige Pilzbehandlungen mit nur kurzdauernden Erfolgen durchgeführt. Verschiedene Ärztinnen und Ärzte werden konsultiert und auch alternative Methoden ausprobiert. Eine erfolgreiche Behandlung bis zur Heilung sowie das Vorbeugen gegen Rückfälle erfordern viel Geduld, sorgfältige Beobachtung der Behandlungseffekte und eine gute Beratung durch ein mit diesen Problemen vertrautes Team. Zu den Bausteinen der Behandlung zählen: › › › › › 12 Behandlung von Blasenentzündungen Intimpflege und Entzündungsbehandlung im Intimbereich Hormone Preiselbeersaft Naturheilverfahren und Komplementärmedizin S. 26 S. 28 S. 30 S. 33 S. 34 Blasenzentrum Frauenfeld Trink- und Blasentraining Ein gezieltes Trink- und Blasentraining hilft bei Blasenbeschwerden, Dranginkontinenz und Blasenentzündungen. Zudem schützt es vor Neuinfektionen, unterstützt die Selbstheilung und die Wirkung von Antibiotika und blasenentspannenden Medikamenten. › Trinken Sie täglich so viel, bis die Urinmenge pro 24 Stunden auf 2 bis 3 Liter steigt. › Stellen Sie schon am Morgen genügend Flüssigkeit bereit (z.B. Tee und Mineralwasser) und trinken Sie viel Hahnenwasser. › Trinken Sie aus grossen Gläsern. › Achten Sie darauf, dass Sie am Morgen viel und am Abend eher wenig trinken, um nachts nicht durch Harndrang geweckt zu werden. › Halten Sie den Harndrang so lange zurück, bis die Urinmenge pro Blasenentleerung etwa 300 ml beträgt. › Unterbrechen Sie den Harnstrahl nicht während dem Wasserlösen und achten Sie auf eine vollständige Blasenentleerung. › Kontrollieren Sie einmal pro Monat mit dem Miktionskalender (S. 15) Ihr Trink- und Miktionsverhalten, bis Sie das Behandlungsziel erreicht haben. 13 Für einen Behandlungserfolg brauchen Sie viel Ausdauer. Die Verbesserung und Heilung von Reizblasenbeschwerden und chronischen Harnwegsinfekten benötigen oft Wochen bis Monate. Auf den folgenden Seiten finden Sie einen Miktionskalender zur Selbstkontrolle und ein Beispiel für ein sehr gutes Trink- und Wasserlöseverhalten. 6 x 3 dl statt 18 x 1 dl täglich trinken 14 Blasenzentrum Frauenfeld Trink- und Miktionskalender Datum: TAG Zeit NACHT Trinkmenge (ml) Urinmenge (ml) Nasse Vorlage, Beschwerden Zeit 07.30 08.00 08.30 09.00 09.30 10.00 10.30 11.00 11.30 12.00 12.30 13.00 13.30 14.00 14.30 15.00 15.30 16.00 16.30 17.00 17.30 18.00 18.30 19.00 19.30 20.00 20.30 21.00 21.30 22.00 22.30 23.00 23.30 24.00 00.30 01.00 01.30 02.00 02.30 03.00 03.30 04.00 04.30 05.00 05.30 06.00 06.30 07.00 Total Total Total Tag und Nacht (24 Stunden) Trinkmenge Urinmenge Anzahl Blasenentleerungen (Miktionen) Durchschnittliche Urinmenge Erbegnis Trinkmenge (ml) Urinmenge (ml) Nasse Vorlage, Beschwerden Ziel: › Ideal zwischen 1500 und 3000 ml › Ideal über 2 Liter › 5- bis 8-mal › Ungefähr 300 ml pro Miktion 15 Beispiel für ein sehr gutes Trink- und Miktionsverhalten TAG NACHT Zeit Trinkmenge (ml) Urinmenge (ml) 07.30 08.00 08.30 09.00 09.30 10.00 10.30 11.00 11.30 12.00 12.30 13.00 13.30 14.00 14.30 15.00 15.30 16.00 16.30 17.00 17.30 18.00 18.30 19.00 300 350 Total 2700 Nasse Vorlage, Beschwerden 300 300 250 300 300 400 250 300 400 200 250 350 200 1750 Total Tag und Nacht (24 Stunden) Trinkmenge Urinmenge Anzahl Blasenentleerungen (Miktionen) Durchschnittliche Urinmenge 16 Zeit 19.30 20.00 20.30 21.00 21.30 22.00 22.30 23.00 23.30 24.00 00.30 01.00 01.30 02.00 02.30 03.00 03.30 04.00 04.30 05.00 05.30 06.00 06.30 07.00 Total Erbegnis 2900 ml 2750 ml 8-mal 340 ml Trinkmenge (ml) Urinmenge (ml) 300 200 300 400 200 1000 Nasse Vorlage, Beschwerden Blasenzentrum Frauenfeld Beckenbodentraining bei Belastungsinkontinenz und Beckenbodenschwäche Bereits mit Beckenbodentraining ist eine Heilung oder zumindest eine Besserung der Inkontinenz und Senkungsbeschwerden möglich. Es gibt verschiedene Trainingsprogramme und Kombinationsmöglichkeiten (z.B. mit Vibrationstraining). Lassen Sie sich anfangs von einer Physiotherapeutin beraten und anleiten. Beachten Sie auch, dass nach den Wechseljahren der trainingsbedingte Muskel- und Bindegewebeaufbau viel rascher erfolgt, wenn die fehlenden Östrogene wieder zugefügt werden. Gerne verweisen wir auf unseren entsprechenden Flyer «Galileo 2000» unter: www.blasenzentrum-frauenfeld.ch Das Beckenbodentraining ist in der Regel in drei Stufen aufgebaut: Erste Stufe: Wahrnehmung des Beckenbodens › Spüren und Bewusstmachen der Beckenbodenmuskulatur › Erlernen und Üben der Beckenbodenmuskelanspannung Zweite Stufe: Aufbau einer guten Beckenbodenaktivität › Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur durch intensives Training › Rumpfstabilisierende Übungen (Bauch- und Rückenmuskulatur) in Kombination mit dem Beckenboden › Beobachtungen im Alltag Dritte Stufe: Übertrag in den Alltag › Schrittweiser Einbau der Übungen in den Alltag, zum Beispiel beim Sport, Niesen, Lachen, Heben von Lasten usw. 17 Kugeln zum Beckenbodentraining Kugeln können das Beckenbodentraining unterstützen. Sie haben unterschiedliche Gewichte und werden von der Frau selbst in die Scheide eingeführt. Die Muskeln des Beckenbodens müssen so angespannt werden, dass die Kugel nicht hinausfällt. Mit zunehmendem Trainingszustand können die Kugeln während Belastungen wie Treppensteigen für längere Zeit besser gehalten werden. ut rm Ge bä Blase ter Lassen Sie sich von der Physiotherapeutin oder der Inkontinenzfachfrau anleiten. Beckenboden Verschiedene Kugeln 18 Eingelegte Kugel Blasenzentrum Frauenfeld Elektrostimulation und Biofeedback als Trainingshilfen Elektrostimulationsgeräte eignen sich für das Beckenbodentraining und für die Reizblasenbehandlung. Durch Elektroimpulse wird die Beckenbodenmuskulatur stimuliert oder der Blasenmuskel entspannt. Dabei lernt die Frau, ihren Beckenboden anzuspannen und die Blase besser zu kontrollieren. Wichtig ist die sorgfältige Instruktion durch eine speziell ausgebildete Physiotherapeutin oder Inkontinenzfachfrau. Mithilfe von Biofeedback kann die Muskelaktivität im Beckenboden auf dem Bildschirm dargestellt werden. Dies ermöglicht der Frau eine bessere Muskelkontrolle, indem Sie die Anspannung der Muskulatur im Ruhezustand und während Bewegungen (z.B. Husten, Bücken, Heben) trainiert und am Bildschirm kontrolliert. Grosses Elektrostimulationsgerät der Physiotherapie. Zeigt Biofeedbackund Leistungskurven. Kleines Elektrostimulationsgerät für das Heimtraining mit Vaginal- und Analsonde. 19 Vibrationstraining (Galileo) – ein Erfolgsrezept Die mechanische Muskelstimulation mit «Galileo» ist eine effektive, neuartige Methode zum Ganzkörpertraining. Das Prinzip der vibratorischen Muskelstimulation beruht auf mechanischen Schwingungen, die auf den ganzen Körper oder einzelne Körperabschnitte übertragen werden und zu unwillkürlichen (reflektorischen) Muskelkontraktionen veranlassen. Die Schwingungen werden von einer vibrierenden Platte ausgelöst, auf der die Trainingsperson steht oder sitzt. Die Behandlung mit dem Galileo-Vibrationsgerät ist für Jung und Alt geeignet und wird von speziell geschulten Physiotherapeutinnen oder Physiotherapeuten durchgeführt. Dabei werden Bewegungsabläufe aus dem Alltag eingeübt und automatisiert. Ein grosser Vorteil der Galileo-Muskelstimulation ist, dass sie zusätzlich zum Beckenboden- und Blaseneffekt auch eine ausgezeichnete Wirkung bei Beschwerden des Bewegungsapparates, des Rückens, der Muskeln und des Bindegewebes zeigt. Sehr gute Behandlungserfolge können bei chronischen Rückenbeschwerden, bei Gehstörungen und Sturzneigungen, bei Lähmungen und Nervenerkrankungen (M. Parkinson) sowie bei Durchblutungsstörungen und Osteoporose erzielt werden. Übungen auf dem Galileo-Vibrationsgerät 20 Blasenzentrum Frauenfeld Pessarbehandlungen Heute gibt es viele unterschiedliche Pessare, die zur Behandlung verschiedener Krankheiten und Beschwerden eingesetzt werden können – zum Beispiel bei Inkontinenz, Reizblase, Senkungsbeschwerden, Blasenentleerungsstörungen, Beschwerden beim Geschlechtsverkehr und auch zur Narbenauflockerung nach Operationen oder zur Gewebevorbereitung vor Inkontinenz- und Senkungsoperationen. Je nach Form sprechen wir von Ring-, Schalen- oder Würfelpessaren oder von Stöpseln, Dobbies oder Tampons. Pessare werden entweder aus gewebefreundlichem Silikon oder aus Schaumstoffmaterialien hergestellt. Wichtig ist die Wahl des geeigneten Pessartyps und der richtigen Pessargrösse. Auch ist die Anwendung der Pessare zu Beginn und nach etwa zwei bis vier Wochen durch die Inkontinenzfachfrau gut zu instruieren. Gelegentlich muss bei der Zweitinstruktion auch eine Pessaranpassung erfolgen. Alle Pessartypen werden durch die Frau selbst eingelegt und regelmässig wieder entfernt und gereinigt. Beim Einführen wird meistens eine östrogenhaltige Creme, gelegentlich auch eine Fettcreme auf das Pessar aufgetragen. Diese dienen sowohl als Gleitmittel als auch zum rascheren Aufbau einer guten Schleimhaut und eines kräftigen Muskel- und Bindegewebes. Die Pessarreinigung erfolgt nur mit warmem Wasser. Eine Desinfektion ist nicht notwendig. Die Pessarbehandlungen werden so lange durchgeführt, bis die Beschwerden behoben sind oder bis das Gewebe vorbereitet ist, damit eine operative Behandlung durchgeführt werden kann. 21 Ringpessare bei Inkontinenz, Senkungsund Harnröhrenbeschwerden Ringpessare, meistens verstärkt durch eine Keule (Urethrapessare), helfen besonders bei Belastungsinkontinenz, Reizblasen und Kohabitationsbeschwerden. Sie werden entweder nur bei sportlicher Belastung oder aber den ganzen Tag getragen. Der Faden wird beidseits der Keule befestigt. Dies erleichtert das Herausziehen des Pessars und stabilisiert die Keule unter der Harnröhre. Ge ut te Blase bä rm Blase Ge bä rm ut ter r Urethrapessare (Ring mit Keule) e id he Sc Beckenboden Beckenboden Belastungsinkontinenz: Bei körperlicher Belastung, zum Beispiel Husten oder Springen, öffnet sich die Harnröhre – es kommt zum Harnverlust. 22 Kontinenz dank eingelegtem Pessar: Das Urethrapessar schliesst bei körperlicher Belastung die Harnröhre. Blasenzentrum Frauenfeld Würfelpessare bei Senkungsbeschwerden Würfelpessare eignen sich besonders gut zur Behandlung von Senkungsbeschwerden der Gebärmutter, der Blase und des Darms. Die Würfel haften an der Scheidenhaut und liegen nicht, wie zum Beispiel die Ringpessare, auf dem Beckenboden auf. Darum halten sie auch bei überdehntem, schlaffem Beckenboden. Nicht selten gelingt es, innerhalb von etwa drei Monaten durch Würfelpessarbehandlungen – unterstützt mit Östrogencreme und Beckenbodentraining – einen Senkungszustand so weit zu bessern, dass auf kleinere Pessare gewechselt und später ganz auf die Pessarbehandlung verzichtet werden kann. Würfelpessare Ge bä rm Blase ut te r Gebärmutter Blase Darm Darm Beckenboden Beckenboden Senkung von Blase, Gebärmutter und Darm. Würfelpessar eingelegt, Beckenorgane in normale Lage zurückgebracht. 23 Wegwerfpessare bei Inkontinenz-, Senkungs-, Narbenbeschwerden Wegwerfpessare aus Schaumstoffmaterialien in verschiedenen Formen und Grössen helfen teilweise noch dann, wenn Würfel- und Ringpessare versagen. Sie finden Anwendung bei Inkontinenz, Senkung, chronischer Harnröhrenentzündung, zur Narbenauflockerung und gegen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Auch sind Wegwerfpessare beliebt bei bestimmten Belastungen wie Sport und Tanzen. Führen vorübergehende Pessarbehandlungen nicht zur Heilung der Senkungsund Inkontinenzbeschwerden, so ist meistens eine Operation notwendig. Die Vorbehandlung mit Pessaren und Östrogencremen kräftigt das Gewebe, was die Operation erleichtert und den operativen Heilungserfolg verbessert. Ge Blase bä rm bä Blase Ge rm u tte utt r er Verschiedene Wegwerfpessare und Tampons ide he Sc Beckenboden Beckenboden Belastungsinkontinenz 24 Kontinenz bei eingelegtem WegwerfRecafem-Pessar Blasenzentrum Frauenfeld Blasenentleerungsstörungen mit Pessaren oder Dobbie selber behandeln Bei ausgeprägtem Blasenvorfall und bei engen Narbenbildungen nach Inkontinenzoperationen kann ein starkes Abknicken der Harnröhre zu einer Blasenentleerungsstörung, zu Harnverhaltungen und zu erhöhten Restharnmengen mit vermehrten Blasenentzündungen führen. Oft gelingt es, die Blase wieder ganz zu entleeren, wenn der Blasenboden mit einem Dobbie oder durch tiefes Einlegen eines kleinen Pessars angehoben und damit die Knickstelle der Harnröhre gestreckt wird. Führt eine mehrwöchige Behandlung mit Pessaren oder Dobbiestab und Creme nicht zur Besserung, so muss in der Regel eine operative Narbenlösung durchgeführt werden. Blasenentleerungsstörungen können aber auch durch entzündliche oder narbige Verengungen der Harnröhre entstehen. In solchen Fällen muss die Entzündung behandelt und die verengte Harnröhre eventuell gedehnt werden. Blase Harnverhalt durch Abknicken der Harnröhre an einer Narbe als Spätkomplikation nach einer Inkontinenzoperation. Blase Blasenentleerung gelingt durch Anheben der Blase und Strecken der Harnröhre mit dem Dobbiestab oder mit einem kleinen Pessar, das tief in die Scheide eingelegt wird. 25 Behandlung von Blasenentzündungen Eine einmalige Blasenentzündung kann gelegentlich schon durch viel Trinken selbst heilen oder mit einer kurz dauernden Antibiotikagabe (Einmaldosis oder Dreitagestherapie) behandelt werden. Bei mehrmals wiederkehrenden Entzündungen braucht es eine ärztliche Abklärung der Infektursache (Erregernachweis, Infektherd suchen, Restharn prüfen, Hormonmangel abklären, eventuell auch Blasenspiegelung durchführen). Auch ist eine länger dauernde, gezielte Antibiotikatherapie notwendig. Hinzu kommt ein ganzheitliches Konzept mit Massnahmen, die die Heilung unterstützen und gegen Rückfälle schützen. Dazu zählen viel trinken (S.13), eine bessere Intimpflege (S. 28), Hormone (S. 30), Preiselbeersaft (S. 33), Tees und andere Naturheilverfahren (S. 34). Antibiotika zur Behandlung von Blasenentzündungen (rezeptpflichtig): Einmaldosis: Monuril (Fosfomycin) 1 Beutel à 3 g Drei Tage bis drei Wochen – je nach Infekt – zum Beispiel eines der folgenden Antibiotika: › Bactrim forte (Trimethoprim/Sulfamethoxazol) › Noroxin (Norfloxacin) › Ciproxin (Ciprofloxacin) 26 2 x 1 Tbl. täglich 2 x 1 Tbl. à 400 mg täglich 2 x 1 Tbl. à 250 mg täglich Blasenzentrum Frauenfeld Bei wiederholten Blasenentzündungen sind oft Erreger vorhanden, die sich mit den üblichen Labormethoden nicht nachweisen lassen. Dann empfehlen wir eine Behandlung mit einem sogenannten Tetracyclinpräparat während acht Tagen, zum Beispiel: › Vibramycin › Doxyclin forte 1 Tbl. à 200 mg täglich 1 Tbl. à 200 mg täglich Bei chronischen Blasenentzündungen mit Befall der Blasenwand ist häufig anschliessend noch eine länger dauernde antibiotische Behandlung in niedriger Dosierung während 30 Tagen angezeigt, zum Beispiel: › Uvamin retard (Nitrofurantoin) › Bactrim forte (Trimethoprim/Sulfamethoxazol) 1 Kps. à 100 mg abends 2 x 1 Tbl. abends Antibiotika 27 Intimpflege und Entzündungsbehandlung bei Juckreiz, Brennen und Beschwerden im Intimbereich Die Ursachen solcher Beschwerden müssen ärztlich abgeklärt werden. Sind Entzündungen durch krank machende Erreger nachweisbar, so sind sie gezielt zu behandeln. › Bakterielle Infekte mit Antibiotika › Pilzerkrankungen mit Antimykotika › Herpesviren mit Virostatika Bei den häufigen anderen Ursachen – wie Ekzeme und oberflächliche Hautviruserkrankungen (z.B. HPV = Human Papilloma Virus) – helfen diese Mittel wenig. Das Gleiche gilt bei häufigen Entzündungsrückfällen und chronischen Reizzuständen im Intimbereich. Hier sind Massnahmen notwendig, die die natürliche Abwehr der Haut und Schleimhaut fördern. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der sorgfältigen Suche nach einer wirkungsvollen, individuellen Intimpflege. Wie finden Sie Ihre persönliche Intimpflege? Durch Probieren und Selbstbeobachtung. Orientieren Sie sich in den Gesundheitsmedien und lassen Sie sich durch Ihren Arzt, Ihre Ärztin oder die Inkontinenzfachfrau beraten. Die Intimpflege basiert auf drei Bausteinen: › Geeignetes Waschen mit Wasser mit oder ohne Zusätze › Haut schützen mit Fettcreme mit oder ohne Zusätze › Gewebeaufbau mit Hormonen 28 Blasenzentrum Frauenfeld Zum Waschen empfehlen wir Wasser und pH-neutrale bis saure, rückfettende Waschlotionen. Waschrichtung von vorne nach hinten. Bei Beschwerden spezielle Waschzusätze verwenden. Nach dem Waschen sorgfältig trocknen. Geeignete Waschlotionen sind: Der-med, Pruri-med, Lubex Flüssigseife, Aveeno fluid, Lactacid femina, Antidry, virale Emulsionen und Spezialmolkebäder mit Zusatz von ätherischen Ölen. Die Haut soll durch fetthaltige Emulsionen, Cremen und Salben gegen Ausseneinflüsse geschützt werden. Zu empfehlen sind: Eutra Melkfett, Excipial- oder Linola-Fett- oder Halbfettcremen, Bepanthen Creme oder Salbe, Comfeel Schutzcreme, Molkeemulsion. Sind die Schleimhäute im Intimbereich dünn, trocken und infektanfällig, so helfen hormonhaltige Cremen und Ovula, die abends in die Scheide eingeführt sowie aussen aufgetragen werden (siehe Kapitel «Hormone», S. 30). Waschlotionen Fettcremen und Salben 29 Hormone lokal und systemisch Hormonell bedingte Gewebeschwäche und dünne Schleimhäute sind die häufigsten Ursachen für rezidivierende Blasenentzündungen, Reizzustände und Schmerzen im Intimbereich. Viele dieser Beschwerden lassen sich sehr rasch mit einer Hormonbehandlung heilen. Östrogene fördern den Aufbau von Haut und Schleimhaut, Muskelzellen und Bindegewebe und verbessern die Infektabwehr. Der Behandlungserfolg tritt schnell ein, wenn die Hormone als Creme oder Ovula direkt in die Scheide eingeführt werden. In den ersten zwei Behandlungswochen empfiehlt es sich, jeden zweiten Abend eine Vaginalcreme in die Scheide einzuführen, als Erhaltungstherapie genügen grössere Abstände, zum Beispiel ein- bis zweimal wöchentlich abends die Creme oder ein Ovulum (Scheidenzäpfchen). Zu beachten ist, dass Hormoncremen und Ovula unterschiedliche Hormonarten und Konzentrationen enthalten. Ist reichlich Creme sinnvoll, zum Beispiel als Gleitmittel auf einem Würfelpessar, so wird eine wenig konzentrierte Creme gewählt (Ortho-Gynest). Ist hingegen wenig Creme erwünscht, so eignet sich eine höher konzentrierte Creme (Ovestin) besser. Nach den Wechseljahren ist es vorteilhaft, die lokale Östrogenbehandlung mit einer ganzheitlichen Hormonsubstitution (Tabletten, Gel oder Pflaster) zu kombinieren. Die Auswahl der individuell besten Hormonanwendung ist eine Kunst und bedarf grosser Sorgfalt. Es lohnt sich, dafür genügend Zeit zu investieren. Denn eine optimale Hormonanwendung bietet grosse Vorteile und Chancen für ein Good-Aging, da bei hormonmangelbedingten urogynäkologischen Beschwerden meistens auch andere Gewebestrukturen (Knochen, Gefässe, Muskelund Bindegewebe sowie Nervenzellen) unter einem vorzeitigen Abbau leiden. 30 Blasenzentrum Frauenfeld Lokale Östrogenpräparate Vaginalcremen › › › › Ovestin Oestro-Gynaedron Neu Ortho-Gynest Colpotrophine 0,5 mg E3 in 0,5g Creme pro Applikator 0,5 mg E3 in 1,0g Creme pro Applikator 0,5 mg E3 in 5,0g Creme pro Applikator 10 mg Promestrienum in 1g Creme Hormonhaltige Vaginalcremen Ovula und Kapseln › Ovestin Ovulum › Ortho-Gynest Ovulum › Colpotrophine Vag. Kapseln 0,5 mg E3 0,5 mg E3 10 mg Promestrienum Hormonhaltige Vaginalovula 31 Blasenentspannende Medikamente Reizblasenbeschwerden, lästiger Harndrang mit häufigen, dringenden Blasenentleerungen am Tag und in der Nacht oder gar mit Harnverlust (Dranginkontinenz) können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Hilfreich sind blasenentspannende Medikamente, besonders in den ersten Monaten einer Behandlung. Bewährt haben sich folgende Medikamente (einzeln oder in verschiedenen Kombinationen): › › › › › › › › › Detrusitol SR (Tolterodin) 4 mg, 1 Kps. auf die Nacht Vesicare (Solifenacin) 5mg, 10 mg, 1 Kps. auf die Nacht Toviaz (Fesoterodin) 4 mg, 8 mg, 1 Tbl. auf die Nacht Emselex (Darifenacin) 7,5 mg, 15mg, 1 Tbl. auf die Nacht Lyrinel Oros (Oxybutinin) 5mg, 10mg, 15mg, 1 Tbl. auf die Nacht Ditropan (Oxybutinin) 5mg, 1 bis 3 x 1 Tbl. tgl. Spasmo-Urgenin Neo (Trospiumchlorid) 20mg, 2 x 1 Drg. tgl. Urispas (Flavoxat) 200mg, 1 bis 3 x 1 Drg. tgl. Kentera (Oxybutinin) 2 x wöchentlich 1 Pflaster Eine sehr gute Wirkung zeigen auch blasenentspannende, schmerzlindernde Antidepressiva wie: › Saroten Retard (Amitriptylin) › Tofranil (Imipramin) › Librax (Chlordiazepoxidum) 25 bis 50 mg auf die Nacht 10 bis 25 mg auf die Nacht 1 bis 3 x 1 Drg. pro Tag Die blasenentspannenden Medikamente müssen meistens etwa zwei bis sechs Monate eingenommen werden oder so lange, bis die immer notwendigen Begleitbehandlungen der Reizblase (S. 8) zur Besserung der Beschwerden geführt haben. Begleitbehandlungen sind: Trink- und Blasentraining (S. 13), Hormone (S. 30), Entzündungsbehandlung (S. 26), Intimpflege (S. 28), Preiselbeersaft (S. 33), Naturheilverfahren (S. 34), Pessare (S. 21) und Vibrationstraining (S. 20). 32 Blasenzentrum Frauenfeld Preiselbeersaft zur Vorbeugung und Behandlung von Blasenentzündungen In der Volksmedizin gilt Preiselbeersaft schon lange als Heilmittel bei Blasenentzündungen. Wissenschaftliche Studien haben dies nun ebenfalls bestätigt. Preiselbeersaft wirkt auf natürliche Art entzündungshemmend an den Schleimhäuten der Harnwege und auch im Mund (Zahnfleisch). Er hemmt die Bakterien am Wachstum und daran, sich an der Schleimhaut anzuheften. Dadurch werden sie rascher aus der Blase herausgespült. Preiselbeersaft schützt gegen Neuinfekte, beschleunigt die Heilung von Blasenentzündungen und reduziert den Antibiotikaverbrauch. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse waren uns Anlass, zusammen mit der Biotta AG, Tägerwilen, einen hochwertigen Bio-Preiselbeersaft zu entwickeln. Der Biotta Bio-Preiselbeer-Nektar wird aus der kleinen europäischen Preiselbeere gewonnen, die einen hohen Gehalt an Wirkstoffen aufweist. Sie ist eine Verwandte der grossfruchtigen amerikanischen Cranberry. Der Saft der handgeernteten Preiselbeeren ist mit Birkenblättertee und Bio-Agavenkonzentrat geschmacklich verfeinert und daher sehr bekömmlich. Er ist reich an natürlichen Wirkstoffen (z.B. Tannin, ca. 500 mg/l), und hat den höchsten Wirkstoffanteil aller im Handel erhältlichen, trinkfertigen Säfte und daher einen sehr guten Wirkungseffekt. Biotta Bio-Preiselbeer Plus ist in Apotheken, Drogerien und Reformhäusern erhältlich. Dosierungsempfehlung Biotta Bio-Preiselbeer-Nektar: › 3 x 1 dl täglich bei Blasenentzündung und Beschwerden. › 1 x 1 dl täglich als Langzeitvorbeugung vor dem Schlafengehen. Biotta Bio-Preiselbeer Plus mit hohem Gehalt an pflanzlichen Wirkstoffen. 33 Naturheilverfahren und Komplementärmedizin bei Beschwerden der Blase und im Intimbereich Phytotherapie, Balneologie, Homöopathie, Akupunktur Diese Therapien sind sinnvolle Ergänzungen zur Schulmedizin und können erfolgreich zur Behandlung von Krankheiten und zur Vorbeugung von Rückfällen eingesetzt werden. Besonders beliebt bei Blasenstörungen, Entzündungen und Beschwerden im Intimbereich sind pflanzliche Wirkstoffe (Phytotherapie) als Fruchtsäfte, Tees, Tropfen und Tabletten oder ätherische Öle. Je nach Pflanze wirken die Extrakte gegen Entzündungen, verursacht durch Bakterien, Viren, Pilze, oder auch juckreizstillend, schmerzlindernd, krampflösend und entspannend. Sehr beliebt gegen Entzündungen im Intimbereich sind heute ätherische Öle wie Teebaum, Lavendel und Hamamelis. Diese werden entweder Fettsalben, Emulsionen oder Cremen sorgfältig beigemischt oder in sehr niedriger Dosierung (Tropfen) auch eingenommen. Sidroga Blasentee, Heidak Tee, Teebaumöl, Prostamed, Solidago Vogel, Nephrosolid Vogel, Biotta Bio-Preiselbeer Plus. 34 Blasenzentrum Frauenfeld Operieren – wann und wie? Operationen sind dann zu empfehlen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: › Wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten über etwa drei Monate versucht wurden und keine befriedigende Besserung oder Heilung der Beschwerden erzielt werden konnte. › Wenn die vorausgehenden Untersuchungen zeigen, dass eine Operation eine sehr gute Chance hat, den Urinverlust und die Beschwerden zu heilen. › Wenn das Gewebe gut vorbereitet ist, zum Beispiel mit lokalen Östrogenen (S. 30), durch Auflockerung vorbestehender Narben mit Pessaren (S. 21) und durch Behandlung eventueller Entzündungen (S. 26). › Wenn die Patientin nach Aufklärung über die Erfolgschancen und Risiken eine Operation wünscht. Die operativen Behandlungsmethoden haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die modernen Operationsmethoden sind weniger invasiv und trotzdem erfolgreicher. Viele Eingriffe können heute sogar in örtlicher Betäubung durchgeführt werden (Lokalanästhesie, kombiniert mit Sedoanalgesie). Auch die postoperativen Erholungszeiten sind kürzer geworden. Die neuen Operationsverfahren sind jedoch anspruchsvoll und erfordern grosse operative Erfahrung. Daher ist es ratsam, sich genau über die empfohlene Operation zu informieren und eventuell auch eine Zweitmeinung einzuholen. 35 Operationen bei Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) Ursache der Belastungsinkontinenz ist ein schlechter Harnröhrenverschluss bei körperlicher Belastung. Die Belastungsinkontinenz ist Folge einer Erschlaffung der Aufhängebänder, die die Harnröhre am Schambein fixieren (siehe Belastungsinkontinenz). Bei erschlafften Bändern senkt sich unter körperlicher Belastung (wie Husten) die Scheidenwand. Die Harnröhre öffnet sich trichterförmig und Urin spritzt heraus. Erfolgreiche Inkontinenzoperationen müssen durch einen möglichst kleinen Eingriff die Harnröhre wieder stabilisieren, sodass sich bei körperlicher Belastung die Harnröhre nicht mehr öffnet und kein Urin mehr verloren geht. Die normale Blasenentleerung darf jedoch nicht behindert werden. Die erfolgreichsten und am wenigsten invasiven Inkontinenzoperationen sind die TVT- oder TVT-O-Band-Operationen. Diese werden in örtlicher Betäubung durchgeführt, meistens während einem dreitägigen Spitalaufenthalt, selten ambulant. In speziellen Fällen sind andere Operationstechniken notwendig, zum Beispiel die Stabilisierung der Scheidenhaut durch Aufhängenähte am Schambeinast (Kolposuspensionsoperation). Dieser Eingriff ist etwas grösser und erfordert einen längeren Spitalaufenthalt. 36 Ge bä Blase Ge bä rm Blase rm ut ut ter ter Blasenzentrum Frauenfeld e id he e id he Sc Sc Beckenboden ut te ärm Blase Ge Ge b bä Blase r Kolposuspensionsoperation: Aufhängen der Scheidenwand am Schambein (Bauchschnitt notwendig). rm ut ter Belastungsinkontinenz: Bei körperlicher Belastung öffnet sich die Harnröhre und Urin geht ab. e eid h Sc TVT-Band Operation: Das Band wird in örtlicher Betäubung spannungsfrei um die Harnröhre gelegt und hinter dem Schambein hinaufgeführt. ide he Sc TVT-O-Band Operation: Das Band wird in örtlicher Betäubung spannungsfrei um die Harnröhre gelegt und beidseits seitlich des Schambeins durchgezogen. 37 Operationen bei Senkung und Vorfall Eine Senkung der Beckenorgane kann entstehen, wenn Muskeln und Bindegewebe erschlaffen oder sich von der Verankerung lösen. Senkt sich die Scheide oder Gebärmutter bis vor den Scheideneingang, so spricht man von einem Vorfall. Senkungsoperationen korrigieren den Beckenbodendefekt und bringen die gesenkten Organe in ihre ursprüngliche Lage zurück. Zu beachten ist, dass durch die Operation nicht neue Beschwerden wie Inkontinenz oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr entstehen. Senkungsoperationen sind sehr anspruchsvolle Eingriffe. Meistens sind es Kombinationen von Geweberaffungen und Fixationen an stabilen Beckenbodenstrukturen. Bei dünnem und schwachem Gewebe werden – wie bei Bruchoperationen – sehr feine Prolenenetze zur Gewebeverstärkung eingelegt. Blase Ge Gebärmutter Blase bä rm ut te r Abhängig von der Art und dem Schweregrad der Senkung (vordere Scheidenwand mit Blase, hintere Scheidenwand mit Darm, Gebärmutter oder Kombinationen) ergeben sich unterschiedliche Operationsvarianten. Auch wird auf individuelle Wünsche Rücksicht genommen wie zum Beispiel Gebärmutterentfernung (Hysterektomie). Darm Darm Beckenboden Kombinierte Senkung: Vordere Scheidenwand mit Blase (Zystozele), hintere Scheidenwand mit Darm (Rektozele), dazwischen Senkung der Gebärmutter. 38 Beckenboden Zustand nach Senkungsoperation kombiniert mit Hysterektomie: Das Scheidenende ist am sacrospinalen Ligament fixiert, die Blase durch eine vordere Geweberaffung, der Darm durch eine hintere Geweberaffung reponiert. Ge bä rm ut ter Blase Ge bä rm ut ter Blasenzentrum Frauenfeld e eid Sch e eid Sch Darm Darm Beckenboden Beckenboden Blase Befund nach Operation des Blasenvorfalles. Zwischen Blase und vorderer Scheidenwand wird körbchenartig ein Prolenenetz eingelegt. Ge Blase Ge e Da bä rm ut te Blase rm r bä rm ut te r Blasenvorfall bei Überdehnung der vorderen Scheidenwand. id he Sc ide he Sc Beckenboden Beckenboden Darm Darmvorfall bei Überdehnung der hinteren Scheidenwand. Befund nach Operation des Darmvorfalles. Zwischen Darm und hinterer Scheidenwand wird körbchenartig ein Prolenenetz eingelegt. 39 Botox-Injektion Botox-Injektion bei Reizblase und Dranginkontinenz Wenn die konservativen Behandlungen der Reizblase und Dranginkontinenz (siehe «Behandlungsmöglichkeiten», S. 8) nicht zur genügenden Besserung führen, kann durch Injektion von 100 bis 300 IE (Internationale Einheiten) von Botulium A-Toxin (Botox) in die Harnblasenwand der übermässig starke Harndrang abgeschwächt, die Blasenmuskulatur beruhigt und dadurch das Fassungsvermögen der Blase oft schlagartig stark vergrössert werden. Die Wirkung einer Botox-Injektion hält etwa sechs bis zwölf Monate an. In dieser Zeit soll mit zusätzlichen Massnahmen (besonders wichtig sind viel trinken, Phytotherapeutika wie Preiselbeersaft, blasenentspannende Medikamente) die Blasenreizung behoben und die Blasenkapazität erhalten werden, sodass eine Wiederholung der Injektion nur in seltenen Fällen notwendig ist. Nachteilig an dieser Behandlung ist, dass gelegentlich Blasenentleerungsstörungen auftreten. Problematisch ist auch, dass Botox sehr teuer ist und die Behandlung derzeit noch nicht zu den kassenpflichtigen Leistungen zählt. Botox-Injektionspräparat 40 Injektion der Botox-Lösung in einen verdickten Muskelstrang einer Reizblase mit Dranginkontinenz. Blasenzentrum Frauenfeld Andere Operationen In seltenen Fällen kommen andere operative Eingriffe zur Anwendung. Für einige dieser Methoden liegen aber noch keine wissenschaftlich geprüften Langzeitergebnisse über Erfolge und Risiken vor. Es bedarf daher grösster Vorsicht im Einsatz wenig erprobter Methoden, da bewährte Behandlungsmethoden oft bessere Ergebnisse erzielen und weniger gefährlich sind. Als andere Operationen erwähnt seien: › › › › › › Die Harnröhrenumspritzung mit Kollagen, Silikon, Polyethylene u.a. Die Injektion von Stammzellen Die selektive sakrale Neuromodulation zur Blasensteuerung Die Implantation künstlicher Harnröhrenverschlusssysteme Die Bildung einer Ersatzblase aus Darmgewebe Die dauernde suprapubische Harnableitung Alle Operationstechniken unterliegen einem raschen Wandel. Immer mehr konzentrieren sich solche Eingriffe daher auf Zentren, die über grosse operative Erfahrung verfügen und mit den Neuerungen vertraut sind. Dabei ist es besonders wichtig, dass behandelnde Teams immer zuerst die konservativen, das heisst die nicht operativen Behandlungen konsequent ausschöpfen und nur und erst dann operieren (S. 35), wenn konservative Behandlungen nicht zur befriedigenden Besserung führen und eine operative Behandlung eine gute Erfolgschance hat. 41 Was tun? Unsere Tipps! Die Behandlungen von Blasenstörungen, Entzündungen und Beschwerden im Intimbereich sind bei kurzer Dauer der Krankheit meistens einfach und erfolgreich. Je länger die Beschwerden bestehen und je häufiger Rückfälle auftreten, desto anspruchsvoller ist die Therapie. Es lohnt sich aber immer, so lange nach einer wirkungsvollen Behandlung und Vorbeugung zu suchen, bis die Beschwerden nachlassen und – wenn möglich – eine vollständige Heilung eintritt, da sonst die Lebensqualität oft stark beeinträchtigt wird und nicht selten auch die Partnerbeziehung und die Umgebung unter den Krankheitsfolgen leiden. Besprechen Sie Ihre Beschwerden mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Man wird Sie gerne beraten und wo notwendig zusätzliche Abklärungen und Behandlungen einleiten. Für Fragen können Sie sich auch direkt an uns wenden. Im Blasenzentrum Frauenfeld steht Ihnen ein interdisziplinäres Team von Spezialisten und Spezialistinnen zur Verfügung: Ärzte Frauenklinik Leitung Blasenzentrum: Viereck Volker, Prof. Dr. med. Chefarzt Urogynäkologie / Co-Chefarzt Frauenklinik Konsiliararzt: Eberhard Jakob, Prof. Dr. med., Urogynäkologie / Good-Aging MPAs / Inkontinenzfachfrauen von Siebenthal Marlies, Leiterin Knecht Susanna Steck Ursula Physiotherapeutinnen Rotach Conny Felmet Doris Meijer Trudy Geider Iris Licht- und Farbtherapie Kuhn Karin 42 Blasenzentrum Frauenfeld Tel. Anmeldung +41 52 723 70 60 (Montag bis Freitag, 08.00 bis 12.00 Uhr /13.15 bis 17.00 Uhr) Notfälle ausserhalb der Öffnungszeiten +41 52 723 77 11 (Hauptnummer Spital). Bitte den Notfallarzt der Frauenklinik verlangen. Tel. Beratung durch Inkontinenzfachfrau +41 52 723 70 60 (Montag bis Donnerstag 08.00–09.00 Uhr) von Siebenhtal Marlies, Leiterin | Knecht Susanna | Steck Ursula Fax: +41 52 723 70 59 E-Mail: [email protected] Website: www.blasenzentrum-frauenfeld.ch/ www.frauenklinik-frauenfeld.ch Impressum: Autoren Prof. Dr. med. Jakob Eberhard | Prof. Dr. med. Volker Viereck | Marlies von Siebenthal Zeichnungen Prof. Dr. med. Jakob Eberhard Grafik und Layout the PR Factory, Zürich Fotografie Susanne Völlm, Lucas Peters, Sonja Ruckstuhl Copyright Prof. Dr. med. Jakob Eberhard 43 Unser Standort Anfahrtsskizze 1 Haupteingang 2 Behandlungstrakt 3 Bettenhochhaus 4 Bushaltestelle 5 Haus Ara 8 Blasenzentrum 11 Besucherparkplätze (gebührenpflichtig) 12 Gärtnerei Das Blasenzentrum ist durch den Haupteingang/ Garten oder von der Bushaltestelle her durch den Garten erreichbar. Besucherparkplätze (gebührenpflichtig) gibt es auf dem grossen Parkplatz oder an der Lachenstrasse. Blasenzentrum Frauenfeld Frauenklinik, Kantonsspital, Postfach, CH-8501 Frauenfeld Feb. 12 083247