1 Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8
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1 Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8
rbb PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte! Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer LiveDiagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen. Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei. Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten. Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an: [email protected] oder schicken Sie uns alles per Post an: Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8-14, 14057 Berlin rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin 15.01.2014, 20.15 – 21.00 Uhr Die Themen: • Lungenentzündung - die unterschätzte Gefahr • Schutzmaßnahme künstliches Koma • Ungewollter Urinverlust – was hilft? • Starker Kerl, schwaches Herz • Exotische Früchte: gute Vitaminquelle im Winter? Lungenentzündung - die unterschätzte Gefahr Lungenentzündungen enden erschreckend oft tödlich. Selbst unter fachgerechter Antibiotika-Therapie verstirbt jeder zehnte Patient im Krankenhaus. In der kalten Jahreszeit ist das Erkrankungsrisiko besonders hoch. Aktuellen Untersuchungen zufolge häufen sich zudem gerade Fälle, in denen Vögel einen Erreger auf den Menschen übertragen, der Lungenentzündungen auslöst. In der Notaufnahme des Klinikum Cottbus fahndet man inzwischen schon routinemäßig nach diesem speziellen Erreger. Besonders gefährdet für eine Lungenentzündung sind ältere Menschen, Kinder und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Symptome wie starker Husten, Atemnot, Fieber, Abgeschlagenheit sind unspezifisch – und können auch für andere Krankheiten sprechen. Deshalb wird gerade bei Patienten mit Vorerkrankungen der Atemwege (Influenza, Bronchitis) nicht gleich eine Lungenentzündung vermutet. Rund 200 000 Menschen kommen pro Jahr mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus. Etwa 25 000 von ihnen sterben daran, meist in Verbindung mit einer anderen Krankheit wie Diabetes, Influenza oder COPD. Erfahrene Fachärzte können die 1 Lungenentzündung schon beim Abhören feststellen. Doch immer wieder passiert es, dass stattdessen eine Bronchitis oder eine Grippe diagnostiziert wird. Im Zweifel bringt ein Röntgenbild Klarheit. Vor allem Pneumokokken sind für eine Lungenentzündung verantwortlich. Daneben gibt es noch zahlreiche andere Erreger, die die Infektion auslösen. Rund drei Prozent der Pneumonien werden durch Viren und nicht durch Bakterien verursacht. Das Karl-ThiemKlinikum in Cottbus nimmt derzeit an einer weltweiten Studie teil, mit deren Hilfe man herausfinden will, welche Erreger außer Pneumokokken hierzulande noch eine Rolle spielen. Deshalb bestimmen die Ärzte mittlerweile bei jedem Patienten mit einer Pneumonie den auslösenden Keim. Erste Auswertungen zeigen, dass die Krankheit in Brandenburg oft durch den Kontakt mit Vögeln ausgelöst wird: Kanarienvögel, Papageien und Hühner. Das dabei übertragene Bakterium heißt Chlamydophila psittaci. Bislang gibt es noch keine Antwort auf die Frage, ob die überdurchschnittliche Infektionsrate am häufiger kränkelnden Federvieh im südlichen Brandenburg liegt oder daran, dass im Klinikum Cottbus nach diesem Erreger gefahndet wird. Je schwächer das Immunsystem, um so heftiger reagiert es auf eine Infektion. Gerade bei den älteren Patienten ist deshalb beim Verdacht auf bakterielle Erreger eine frühzeitige Antibiotikatherapie notwendig. Ein verzögerter Therapiebeginn könnte die Prognose der Patienten dramatisch verschlechtern. Etwa zehn Tage bewährter Antibiotika reichen in der Regel aus, um die Bakterien zu vernichten. Stellt sich allerdings nach 48 Stunden keine Besserung ein, muss mittels Bronchoskopie, Untersuchungen des schleimigen Auswurfs oder Computertomographie nach selteneren Auslösern und Ursachen geforscht werden. Wenn die Antibiotika zu einer Besserung führen, ist die konsequente Fortführung der Therapie bis zum Ende notwendig, sonst drohen Rückfälle. Experte im Studio: Dr. med. Markus Allewelt Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Infektiologie (DGI) Klinik für Pneumologie Evangelische Lungenklinik Berlin Lindenberger Weg 27 13125 Berlin-Buch Tel: 030 - 94802-0 [email protected] http://www.pgdiakonie.de/evangelische-lungenklinik-berlin/unsere-klinikeneinrichtungen/klinik-fuer-pneumologie/ Experten im Beitrag Dr. med. Michael Prediger Chefarzt der III. Medizinischen Klinik, Schwerpunkt Pneumologie Carl-Thiem-Klinikum Thiemstr. 111 2 03048 Cottbus Tel.: 0355 - 46 - 13 22 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ctk.de/III-Medizinische-Klinik.0.78.1.html Dr. Thomas Juretzek Mikrobiologe Carl-Thiem-Klinikum, Cottbus Weiterführende Links Das Kompetenznetz ambulant erworbene Pneumonie, CAPNETZ (http://www.capnetz.de) besteht aus 8 lokalen klinischen Zentren in Berlin, Rothenburg, Essen, Köln/Bonn, Lübeck, Lüdenscheid, Magdeburg und Würzburg. In diesen Zentren werden Patienten für das CAPNETZ rekrutiert, klinische Daten erhoben und Untersuchungsmaterialien gewonnen. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. http://www.pneumologie.de Robert Koch Institut (RKI) – mehr Infos zu Chlamydophila psittaci http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Rat_Chlamydia_Teil2.html Schutzmaßnahme künstliches Koma Je nach Bedarf dauert ein künstliches Koma Stunden, Tage oder gar Wochen. Mit welchen Folgeschäden der Patient wieder aufwacht, hängt in erster Linie vom Ausmaß der zugrunde liegenden Verletzung ab – und nicht vom künstlichen Koma selbst. Samuel Koch wurde nach seinem schweren Unfall bei "Wetten dass" ins künstliche Koma versetzt ebenso wie Ex-'DSDS'-Star Anna-Maria Zimmermann nach ihrem Hubschrauberabsturz. Der prominenteste Patient im künstlichen Koma ist derzeit Michael Schumacher. Dass seine Ärzte den ehemaligen Rennfahrer in den Zustand der tiefen Bewusstlosigkeit brachten, ist eine der wichtigsten medizinischen Maßnahmen. Das künstliche Koma ist bei Patienten nach schweren Unfällen, traumatischen Hirnverletzungen oder anderen schweren Erkrankungen ein gängiges Prozedere. Allerdings ist der Begriff „künstliches Koma“ irreführend, denn die Patienten sind eigentlich narkotisiert. Die verwendeten Medikamente sind die gleichen wie bei der operativen Narkose: Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel, Psychopharmaka und Narkotika. Während der Narkose müssen die Patienten beatmet werden; Medikamente stabilisieren Blutdruck und Kreislauf. Manche Patienten werden im künstlichen Koma zusätzlich gekühlt. Durch diese Maßnahme läuft der Stoffwechsel noch langsamer ab und der Sauerstoffverbrauch sinkt zusätzlich. Die Körpertemperatur der Patienten liegt zwischen 32 und 35 Grad Celsius statt der bei gesunden Menschen üblichen 37 Grad. Bei Patienten mit schweren Hirnverletzungen hilft der „Tiefschlaf“, den Druck auf das Hirn zu senken. Stoffwechsel und Sauerstoffverbrauch des Gehirns werden auf ein Minimum gesenkt. Weitere Gehirnfunktionen wie Schmerz, Stress und Angst sind 3 dadurch gedrosselt; unwillkürliche Bewegungen, mit denen sich der Patient Verletzungen zufügen könnte, werden ausgeschaltet. „Nebenwirkungen“ künstliches Koma Durch das lange Liegen und die künstliche Beatmung können Infektionen – insbesondere eine Lungenentzündung – und Thrombosen auftreten. Langfristig kann das Immunsystem geschwächt werden sowie Blutdruckregulationsstörungen auftreten. Wie schnell sich ein Patient von seinem künstlichen Koma erholt, hängt von der Schwere der Verletzung, seinem Gesundheitszustand vor dem Krankheitsereignis und seinem Alter ab. Um den Patienten aufwachen zu lassen, drosseln die Ärzte die narkotisierenden Medikamente nach und nach. „Echtes“ Koma Rund 35.000 Menschen fallen in Deutschland jedes Jahr ins Koma – oft für Monate, manchmal für Jahre. Auslöser sind schwerste Schädel-Hirn-Verletzungen wie durch einen Unfall oder einen Schlaganfall. Nach Schätzung der Deutschen Wachkomagesellschaft verharren derzeit etwa 10.000 Menschen in einer Welt zwischen Leben und Tod. Anders als beim künstlichen Koma lässt sich die Dauer und Tiefe des "echten" Komas durch ärztliche Maßnahmen nicht beeinflussen. Das echte Koma zeigt an, dass das Großhirn in seiner Funktion schwer, oft sogar lebensbedrohlich gestört ist. Selbst starke Reize wie Licht und Schmerzen rufen beim Patienten keine Reaktion hervor. Man nimmt an, dass das Koma eine Schutzreaktion des Körpers bei lebensbedrohlichen Verletzungen und extremen Schmerzen ist, die ein Mensch bei vollem Bewusstsein nicht ertragen würde. Ob der Patient wieder aufwacht oder nicht, hängt ausschließlich davon ab, wo und in welchem Ausmaß das Gehirn geschädigt wurde. Experte im Beitrag: Dr. Christian Reich Intensivmediziner Charité, Campus Benjamin Franklin, Hindenburgdamm 30 12203 Berlin Tel.: 030 - 8445 - 0 Internet: http://anaesthesie.charite.de/klinik/intensivmedizin/ Deutsche Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin http://www.dgni.de/ Ungewollter Urinverlust – was hilft? Blasenschwäche oder Inkontinenz hat verschiedene Ursachen. Ein geschwächter Beckenboden bei der Frau oder eine vergrößerte Prostata beim Mann sind die häufigsten Gründe für eine tröpfelnde Blase. Um die Blasenschwäche erfolgreich zu behandeln, sollte eine genaue Diagnose durch den Arzt erfolgen. In vielen Fällen können Beckenboden- und Blasentraining helfen, dass die Blase wieder besser abdichtet. 4 Inkontinenz Fachleute unterscheiden vor allem zwei Arten des ungewollten Harnverlustes (Inkontinenz): die Drang- und die Belastungsinkontinenz. Sie können auch gleichzeitig auftreten. Dieses Phänomen bezeichnen die Experten dann als Mischinkontinenz. Dranginkontinenz Die Dranginkontinenz hat ihre Ursache im gestörten Zusammenspiel von Blase und Gehirn. Vermutlich spielen neben nervalen Ursachen auch typische Alterungsvorgänge in der Blase eine Rolle. • fehlende Reizunterdrückung im Gehirn • Zusammenziehen der Blase schon im mäßig gefüllten Zustand • heftiger Harndrang ohne oder mit nur kurzer Vorwarnzeit Typischerweise verlieren von einer Dranginkontinenz betroffene Patienten den Urin schwallartig, ohne dass sie etwas dagegen tun können. Es besteht im Gegensatz zur Belastungsinkontinenz kein Zusammenhang zu körperlichen Aktivitäten. Belastungsinkontinenz Die Belastungsinkontinenz entwickelt sich bei Frauen vor allem durch eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur. Sie verlieren geringe Mengen Urin, beispielsweise beim Niesen, Husten, Lachen, Heben, Laufen oder Springen durch den in solchen Situationen erhöhten Druck auf die Blase. Männer und Blasenprobleme Auch Männer sind mit zunehmendem Alter von Blasenproblemen betroffen – ein Tabuthema, über welches das starke Geschlecht nicht gern spricht. Hilfe versprechen zunächst pflanzliche Mittel; beliebt sind hier vor allem Präparate aus Kürbiskernen. Sie können vorübergehend Linderung schaffen. Dennoch sollte ein Arzt genau abklären, welche Erkrankung hinter Harndrang und Urinverlust steckt. Ausgeschlossen werden müssen beispielsweise ein Diabetes, ein Problem mit den Nervenbahnen der Wirbelsäule oder ein Tumor in der Prostata. In den meisten Fällen ist eine gutartig vergrößerte Prostata für die Beschwerden verantwortlich. Die Prostata beginnt ungefähr ab dem 50. Lebensjahr sich gutartig zu vergrößern. Die normalerweise kastaniengroße Prostata kann dann so groß wie eine Orange, im Extremfall sogar wie eine Pampelmuse werden. Das Wachstum geht mit typischen Symptomen einher: Urplötzlich drückt die Blase, drängt quälend auf sofortige Entleerung. Doch der Toilettengang erlöst nicht wirklich: Der Urin läuft viel zu langsam, und die Blase leert sich nicht komplett. Deshalb verspüren die Männer wenig später erneuten Harndrang. Medikamente, die auf die Muskulatur in der vergrößerten Prostata zielen und die Harnwege entspannen, können die Beschwerden verbessern. Harndrang Es ist ein typisches Bild im heutigen Alltag: Unentwegt starren die Leute auf ihr Handy. Bei so manchem fällt der Blick aufs Smartphone aus echter Not. Er lässt sich per App zur nächsten Toilette lotsen, weil er unter einer schwachen Blase leidet. Eine schwache Blase mit Harndrang plagen beide Geschlechter. Neben Medikamenten können konservative Maßnahmen wie Blasen- und Beckenbodentraining helfen. 5 Beckenbodentraining Der Beckenboden besteht aus Bindegewebe und mehreren Schichten Muskulatur. Sie verlaufen zwischen Schambein und Steißbein und bilden eine Art Schlinge um den Genitalbereich. Unter der Harnblase breitet sich der Beckenboden wie eine Hängematte aus. Geburten, Übergewicht und dauerhaft schweres Heben schwächen den Beckenboden. Doch wie alle Muskeln, die der Körper willentlich aktivieren kann, können Sie den Beckenboden gezielt trainieren. Blasentraining Oberstes Gebot des Blasentrainings: Nicht die Blase bestimmt Sie, sondern Sie bestimmen Ihre Blase. Verschiedene Übungen helfen Ihnen, den Harndrang im Alltag zu beherrschen: Wenn die Blase sich unnötigerweise meldet, kann der Hockfersensitz diesen Reflex blockieren. Eine zweite Übung – die Beine kreuzen – kann man überall machen. Ebenso wirksam unterbindet Trippeln den Impuls der Reizblase. Auch virtuelles Bonbonlutschen lenkt das Gehirn ab; es „vergisst“ den Blasenreiz. Planen Sie, nur zu festgesetzten Zeiten auf die Toilette gehen. Beginnen Sie mit realistischen Zeitabständen und steigern Sie diese dann langsam. Wenn der Harndrang kommt, versuchen Sie, einige Minuten zu warten bzw. den Toilettengang mit Hilfe der genannten Übungen hinauszuzögern. Auf diese Weise wird es Ihnen gelingen, die Abstände zwischen den Toilettengängen zu verlängern. Das macht Sie im Alltag sicherer und weniger abhängig von öffentlichen WCs. Pflegebedürftige können oft nicht schnell genug zur Toilette laufen. Auch ihnen kann das Blasentraining helfen, den Harndrang zu verringern und Folgeerkrankungen wie beispielsweise Stürze zu verhindern. Entweder die Patienten sind so mobil, dass sie die Übungen allein durchführen können oder aber sie lassen sich von Pflegekräften oder Angehörigen dabei unterstützen. So können auch Menschen, die nicht mehr ganz so mobil sind, selbst dazu beitragen, nicht unkontrolliert Urin zu verlieren. Normal trinken! Wichtig ist es auch, normal zu trinken, damit sich die Blase wieder daran gewöhnt, richtig gefüllt zu sein. Wenn Sie weniger trinken oder gar dursten, sammeln sich in der reduzierte Urinmenge reizende Harnbestandteile in höheren Konzentrationen. Das wiederum kann eine überaktive Blase auslösen. Untersuchungen empfehlen eine Trinkmenge von täglich etwa zwei Litern. Trinken Sie die Flüssigkeit gleichmäßig über den ganzen Tag verteilt. Nächtliche Toilettengänge vermeiden Sie, indem Sie das meiste davon vor 18 Uhr trinken. Trinken Sie bevorzugt Wasser ohne Kohlensäure sowie Saftschorlen, Früchte- und Kräutertees. Zucker- und süßstoffhaltige Getränke, Kaffee und Alkohol reizen dagegen die Blase und führen dazu, dass Sie häufiger auf die Toilette müssen. Cranberry – gut gegen Blasenentzündungen? Blasenentzündungen können bei beiden Geschlechtern zu Harndrang und Blasenschwäche führen. Frauen, die immer wieder unter Harnwegsinfekten leiden, wird die lokale Behandlung mit Östrogenzäpfchen empfohlen. Entzündungen können mit einem pflanzlichen Mittel, Angocin, behandelt werden. Männer haben seltener 6 Blasenentzündungen. Wenn, dann sollten diese unbedingt abgeklärt und antibiotisch behandelt werden. Eine weitere Therapie von Harnwegsinfekten bleibt dagegen umstritten: Cranberry-Saft und -Kapseln sollen helfen, Blasenentzündungen vorzubeugen und sie zu behandeln. Der rote Saft erfreut sich großer Beliebtheit; er ist lecker und enthält viel Vitamin C. In Kapseln und Tabletten verpackt ist der Wirkstoff, der angeblich verhindert, dass sich Escherica coli-Bakterien aus dem Darm an der Blasenwand festsetzen, sogar höher konzentriert. Allein – die Menge reicht nicht aus. Zwar lanciert die Industrie immer wieder Studien, die eine vermeintliche Wirksamkeit belegen. Doch neuere Ergebnisse sind ernüchternd. Zuletzt analysierte die amerikanische Cochrane Collaboration im Jahr 2012 insgesamt 24 Studien mit knapp 5.000 Patienten, die mit allen möglichen Cranberry-Produkten behandelt worden waren. Das Institut bewertet Therapien nach den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin. Elf Studien ließen die Wissenschaftler nicht in die Analyse einfließen – zu schlecht war deren wissenschaftlicher Standard. Die Bewertung der restlichen Daten ergab, dass Cranberry weder Blasenentzündungen behandeln noch ihnen vorbeugen kann. Lediglich in kleineren Untersuchungen profitierten Frauen mit wiederkehrenden Blasenentzündungen von den Beerenprodukten – allerdings auf minimalem statistischen Niveau. Insofern erfreut der Run auf Cranberry-Produkte vor allem den Einzelhandel und die Apotheken. Blasenentzündungen – was wirklich hilft Generell sollte man sich auf pflanzliche Mittel bei Harnwegsinfekten nicht zu lange verlassen. Bessern sich die Beschwerden nach zwei Tagen nicht deutlich, gehen Sie besser zum Arzt. Denn wer eine Blasenentzündung verschleppt, riskiert eine Nierenbeckenentzündung. Eine frühzeitige Gabe von Antibiotika kann zudem verhindern, dass eine Blasenentzündung zum Dauerproblem wird. Moderne Antibiotika wie Gyrasehemmer braucht man nur drei Tage lang einzunehmen, Fosfomycin in Pulverform gibt es sogar als Einmaldosis. Wichtig ist es, viel zu trinken, damit der die Blasenschleimhaut reizende Urin rasch ausgespült wird. Experte im Studio: PD Dr. med. Frank Christoph Facharzt für Urologie, Kinderurologie und Andrologie Praxis urologie city west Joachim-Friedrich-Straße 16 10711 Berlin (Charlottenburg-Wilmersdorf) Tel.: 030 - 891 50 25 E-Mail: [email protected] Internet: www.urologie-christoph.de Im Beitrag Blasenschwäche Mann: Simon Hübner Markusapotheke Motzstraße 20 7 10777 Berlin Tel.: 030 - 214 793 90 Internet: www.apotheke-am-nollendorfplatz.de Im Beitrag Blasentraining Sonja Soeder Physiotherapeutin Deutsches Beckenbodenzentrum (Urogynäkologie, Urologie, Koloproktologie) im St. Hedwig-Krankenhaus Große Hamburger Straße 5–11 10115 Berlin Tel.: 030 - 23 11- 0 Internet: www.deutsches-beckenbodenzentrum.de Weiterführende Adressen Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. Friedrichstraße 15 60323 Frankfurt Tel.: 069 - 795 88 393 E-Mail: [email protected] Internet: www.kontinenz-gesellschaft.de Hier finden Sie eine Liste von spezialisierten ärztlichen Beratungsstellen und Kontinenzund Beckenboden-Zentren. Diese Zentren sind interdisziplinäre Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig Problemen der Harn- und Stuhlinkontinenz sowie Erkrankungen des Beckenbodens widmen. Buchtipps Ganz Mann! Ganz fit - das Beckenboden-Training für mehr Potenz und Kontinenz Sonja Soeder und Prof. Dr. Grace Dorey Trias-Verlag, Oktober 2009 12,95 Euro Ganz Frau! Ihr Beckenboden-Buch für erfüllte Sexualität und Kontinenz Sonja Soeder und Prof. Dr. Grace Dorey Trias-Verlag, April 2010 12,99 Euro (Kindle Edition) Informationen im Internet: Cochrane-Studie zu Cranberry http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Jepson+RG%2C+Williams+G%2C+Craig+J C.+Cochrane+Database+Syst+Rev.+2012+Oct+17 Strategien für Blasentraining http://www.senioren-ratgeber.de/Inkontinenz/Staendiger-Harndrang-Wie-Blasentraininghilft-303899.html 8 Exotische Früchte: gute Vitaminquelle im Winter? Vor allem im Winter, wenn es kaum noch einheimisches Obst gibt, füllen mehr exotische Früchte die Supermarkt-Regale. Physalis, Flugmango, Papaya oder Granatapfel - wie gesund sind diese Früchte wirklich? Wer den Wohlgeschmack vollreifer exotischer Früchte genießen will, muss dafür heute nicht mehr in ferne Länder reisen. Auch bei uns sind die Exoten mittlerweile in guter Qualität zu bekommen. Die verschiedenen Früchte stecken voller Geschmackserlebnisse. Ihr Vitamingehalt ist sehr unterschiedlich. Mango Mangos werden vor allem aus Peru und Thailand importiert. Die im Supermarkt erhältlichen Mangos erreichen Deutschland noch unreif mit dem Schiff. Im Gegensatz dazu gibt es Mangos, die reif geerntet und per Flugzeug transportiert werden. Die sogenannten Flugmangos sind um einiges teurer. Mangos enthalten viel Beta-Carotin, einen Vorläufer von Vitamin A. Der so genannte sekundäre Pflanzenstoff soll uns vor Krebs und Herzinfarkten schützen und das Immunsystem ankurbeln. Die ebenfalls in Mangos enthaltene Folsäure ist wichtig für die Blut- und Zellneubildung. Darüber hinaus stecken in der Frucht viele wichtige Spurenelemente wie Kupfer, Mangan und Zink. Papaya Die Papaya kommt ursprünglich aus Mittelamerika. Heute baut man sie überall in den Tropen an. Eine einzelne Frucht kann bis zu neun Kilo wiegen. Die Papaya schmeckt aromatisch süß, ein bisschen nach Aprikose und Melone. Die Frucht enthält kaum Fruchtsäure. Die scharfen Kerne sollen bei Magen-Darm-Beschwerden helfen. Die Papaya ist ein wahres Vitamin C-Reservoir, sie enthält anderthalb mal so viel davon wie Zitronen. Physalis Die Physalis ist reich an dem Provitamin A, den B-Vitaminen und Vitamin C. Sie hat einen leicht säuerlichen Geschmack und duftet gleichzeitig sehr aromatisch. Die Früchte werden frisch verzehrt, eignen sich aber auch zum Trocknen. Dann schmecken sie wie Rosinen. Die getrockneten Beeren können Sie auch in Schokosauce eintauchen und als selbstgemachte Praline servieren. Physalis stammen ursprünglich aus den Anden zwischen Venezuela und Chile. Heute werden sie vor allem aus Kolumbien eingeführt. Ein wichtiges Anbauland ist zudem Südafrika. Granatapfel Granatäpfel reifen nicht nach, sondern müssen reif und verzehrbar geerntet werden. Dank ihrer dicken Schale sind sie jedoch lange haltbar und können mehrere Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen ist eher gering. In der Volksmedizin wird Granatapfelsaft gegen Verdauungsstörungen getrunken. Die süß-säuerlich schmeckenden Granatäpfel, die wir hierzulande kaufen können, kommen überwiegend aus Spanien, der Türkei, Israel und dem Iran. „Fliegende Früchtchen“ sind bis zu dreimal so teuer wie „Schiffsobst“. Ob es lohnt, tiefer in die Tasche zu greifen, haben wir an drei Fruchtsorten überprüft. Papaya, Mango und 9 Physalis stellten sich unserem Test. Auf dem Prüfstand waren der Vitamin C-Gehalt und der Geschmack. Dabei werteten die Tester jeweils Proben von „Flugobst“ und von „Schiffsobst“ aus. Die Ergebnisse unserer Stichproben überraschten: So gibt es nach den Analysen des Instituts für Lebensmittelchemie (Technische Universität Berlin) keinen merklichen Einfluss des Transportwegs auf den Vitamin CGehalt der Früchte: Bei Physalis waren die Gehalte identisch. Und auch Papaya und Mango wiesen nur leichte Unterschiede auf. Und diese können nach Angaben der Wissenschaftler nicht auf den Transportweg zurückgeführt werden, sondern resultieren am ehesten aus unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Der „Geschmackstest“ in einem Berliner Institut für Ernährungsberatung ergab ein ähnlich überraschendes Ergebnis: Die Flugmango schmeckte der Testerin besser als die nachgereifte Frucht. Bei der Physalis wurden keine Unterschiede „erschmeckt“. Und die schmackhaftere Papaya kam per Schiff auf den Test-Teller. Das Fazit also: Tropisches Obst ist lecker und bereichert den Speiseplan. Die Mehrausgaben für Flugobst lohnen sich jedoch nicht. Generell sind tropische Früchte verzichtbar für eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Stattdessen sind heimische Äpfel und Erdbeeren und auch Kohlrabi als besonders Vitamin-C-reiches Gemüse eine gute Wahl. Und das betrifft sowohl den Vitamin-Gehalt, als auch den Preis. Wissen sollte man zudem, dass der Genuss exotischer Früchte in der frühen Kindheit nach neueren Erkenntnissen Allergien fördern kann. Tropenfrüchte sind also eher etwas für besondere Gelegenheiten und leckere Trostpflaster gegen Fernweh. Im Beitrag Vera Spellerberg Ernährungsberaterin & Diplom Ökotrophologin E-Mail: [email protected] Weiterführende Adressen Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE e. V. Godesberger Allee 18 53175 Bonn Tel.: 0228 - 3776-600 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.dge.de aid-Infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e. V. Heilsbachstraße 16 53123 Bonn Tel.: 0228 - 8499-0 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.aid.de/ Die Stiftung Warentest hat 2010 exotische Früchte auf Pestizide untersucht: http://www.test.de/Exotische-Fruechte-Auf-Bio-ist-Verlass-1841110-0/ 10 Weiterführende Infos im Internet: http://www.fruitlife.de/inside.php?in=encyclopedia/fruithomeminiliste-de.htm Starker Kerl, schwaches Herz Knapp 1 Meter 90 groß, kräftig gebaut, Piratentuch auf dem Kopf – der ehemalige Kampfsportler Olaf Lehnert (52) sieht so aus, als könnte ihm Nichts und Niemand etwas anhaben. Doch Lehnert zögert, wenn er eine Bohrmaschine in die Hand nehmen soll. Auch um Schwimmbäder macht er lieber einen Bogen. Denn in seinem Körper trägt er einen Defibrillator. Die rbb Praxis zeigt, wie der starke Kerl mit einem schwachen Herzen lebt. Das geschwächte Herz ist eine häufige Erkrankung. An die 30 Millionen Europäer leiden daran, zwei bis drei Millionen Deutsche. Jedes Jahr erkranken 300 000 Patienten neu, 50 000 sterben. Allein im Jahr 2009 schickten die Ärzte laut Statistischem Bundesamt 363 800-mal herzschwache Patienten in die Klinik. Damit ist die Herzschwäche der wichtigste Grund für Einweisungen in ein Krankenhaus. Hauptursache der Herzinsuffizienz sind verengte und verschlossene Herzkranzgefäße. Nach einem dadurch ausgelösten Herzinfarkt stirbt das betroffene Muskelgewebe ab und wird durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt – das Herz ist dauerhaft geschwächt. Auch ein erhöhter Blutdruck, Alkohol und Drogen, Herzrhythmusstörungen und schadhafte Herzklappen sind als Ursachen häufig. Klassischerweise therapieren Mediziner die Herzschwäche mit Medikamenten. Wirksame und bewährte Arzneien sind Diuretika, Beta-Blocker und ACE-Hemmer. Diuretika oder Wassertabletten entwässern, Beta-Blocker harmonisieren den Herzschlag, ACE-Hemmer unterstützen die Pumpkraft des Herzmuskels. Menschen mit einem besonders schwachen Herzen bekommen einen Defibrillator eingesetzt. Der implantierte Defibrillator kontrolliert und speichert zu jedem Zeitpunkt die elektrische Aktivität des Herzens und behandelt gegebenenfalls krankhafte Veränderungen. Das handtellergroße Medizin-Gerät rettet täglich Leben. Wenn bei Patienten mit Herzschwäche das Herz aussetzt, springt der Defi automatisch an und sorgt dafür, dass es weiterschlägt. Die Hightech-Geräte bedürfen einer regelmäßigen Kontrolle. Die Datenabfrage und die Messungen erfolgen über einen sogenannten Telemetriekopf. Mit der Abfrage werden zwei Ziele verfolgt: Der enthaltene Speicher hat etwaige Herzrhythmusstörungen aufgezeichnet. Diese Aufzeichnungen werden vom Arzt ausgelesen und beurteilt. Außerdem lassen sich die technischen Funktionen des Defibrillators kontrolliert. Da die implantierbaren Defibrillatoren nur über einen begrenzten Speicherplatz verfügen, sollte die Abfrage alle drei Monate erfolgen. Bei Olaf Lehnert, dem Patienten aus dem Film, kann auch der Defi seine schweren Herzrhythmusstörungen nicht immer abfangen. 11 Um besser damit klarzukommen, dass sich sein Leben durch die Herzschwäche verändert hat, trifft sich Olaf Lehnert regelmäßig in einer Selbsthilfegruppe für DefiTräger. Der ehemalige Kampfsportler schöpft neue Kraft für sich vor allem beim Tai Chi. Dort werde ihm am ehesten bewusst, dass der ungeliebte Defi regelmäßig sein Leben verlängert. Experte im Beitrag Dr. med. Boris Keweloh Stellvertretender Direktor der Klinik für Innere Medizin/Kardiologie Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn Warener Str. 7 12683 Berlin Tel.: 030 - 5681-3601 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ukb.de/de/main/klinik_fuer_innere_medizin.htm Weiterführende Adressen Defi-Selbsthilfegruppe Charité-Mitte Seminarraum 17. Etage Bettenhochhaus der Charité Luisenstraße 65 10117 Berlin Ansprechpartner: Detlef Günther Tel.: 030 - 4227805 und 0172 – 383 26 71 E-Mail: [email protected] Deutsche Herzstiftung e. V. Vogtstraße 50 60322 Frankfurt am Main Tel.: 069 - 955128-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.herzstiftung.de Weiterführende Informationen im Netz Defi-Selbsthilfegruppen in Deutschland http://www.defibrillator-deutschland.de RBB „rbb Praxis“ Masurenallee 8 –14 14057 Berlin www.rbb-praxis.de Redaktion: Redaktionsassistenz: Moderation: Infotext: Stand der Information: Angelika Wörthmüller Ingelore Eirich Raiko Thal Constanze Löffler 15.01.2014 12