Der „Gentleman of Music“ spricht
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Der „Gentleman of Music“ spricht
Der „Gentleman of Music“ spricht BZ-Interview Thomas Anders hält einen Vortrag über „Der Mensch als Marke“ VELEN. Thomas Anders (52) hat mit seinem Partner Dieter Bohlen das weltweit erfolgreichste Pop-Duo Modern Talking gebildet. Die beiden haben in mehr als 30 Jahren mehr als 125 Millionen Tonträger verkauft. Am Donnerstag, 19. März, referiert Thomas Anders im Rahmen der Velener Schlossgespräche zum Thema „Der Mensch als Marke“. BZ-Redakteur Frank Liebetanz sprach am Telefon mit dem Musiker, Komponisten und Moderator. das Publikum eine starke Antenne. Die Leute merken es sofort, wenn etwas nicht authentisch ist. BZ: Die Öffentlichkeit interessiert sich ja vielleicht mehr für einen Rüpel als für einen lieben Kerl. Muss denn eine Marke immer positiv sein? Anders: Nein. Das geht auch mit einem Image als Rüpel. Ein rebellischer Rock`n`Roller zum Beispiel wird mit seinem Image natürlich nicht für alle Produkte werben können. Aber es BZ: In welcher Stadt sind gibt ja auch Werbung, die mit Provokation arbeitet. Sie zurzeit? Anders: Ich bin gerade Dann passt es wieder. aus Kiew wiedergekommen BZ: Welche Marke haben und jetzt zu Hause in KoSie selbst Ihrer Meinung blenz. nach früher dargestellt? Anders: Als Modern TalBZ: Wie viele Tage im Jahr sind Sie unterwegs, wie king waren wir gewissermaßen Goldjungs, die deutviele Tage zu Hause? Anders: Ich schätze, sche Musik in die Welt trudass ich etwa 220 Tage im gen. Persönlich war ich mit Jahr unterwegs bin und als Sicherheit der androgyne, nicht einschätzbare Teil eiMusiker Konzerte gebe. nes erfolgreichen Duos. BZ: In Russland sind Sie Durch die Nora-Kette und ein Kultstar, weil Modern meine Ehefrau habe ich sehr Talking dort das erste Al- stark polarisiert. bum aus dem Westen veröfBZ: Sie haben aufgrund fentlichen durfte. Welche Udo Lindenbergs PanikMarke haben Sie dort, welGürtelschnalle mit der beche in Deutschland? rühmten Nora-Kette Dieter Anders: In Russland Bohlen ärgern wollen. War werde ich als Sänger wahrder Hype darum kalkuliert? genommen, hier eher als GeAnders: Hätte ich gesamtperson mit mehr als 30 wusst, dass das so ein Hype Jahren Bühnenerfahrung. wird, hätte ich es wahrBZ: Halten Sie den Vor- scheinlich nicht gemacht. trag „Der Mensch als MarBZ: In der Öffentlichkeit ke“ in Velen zum ersten wurden Sie früher als streiMal? tender, maulender SchönAnders: In dieser Form ling dargestellt. Wie sind Sie ja. Vor fünf Jahren habe ich damit umgegangen? bereits einen ähnlichen VorAnders: Gestritten habe trag gehalten. Aber da die Musikbranche sehr schnell- ich ja nicht großartig. Und lebig ist, müssen die Inhalte „Maulen“ passt nicht zu mir. regelmäßig angepasst wer- Dafür bin ich zu positiv eingestellt. Zum Schönling: Das den. ist doch ein Klassiker. Wenn BZ: Der Begriff Marke be- Sie nicht besonders gut auszieht sich eigentlich auf Ob- sehen, haben Sie einen Chajekte oder Firmen. Was mei- rakterkopf, wenn Sie gut nen Sie mit „Mensch als aussehen, sind Sie ein Schönling. Marke? Anders: Ein Künstler, BZ: Dieter Bohlen hat mal der beständig Leistung ersinngemäß gesagt, wenn Sie bringt, ist mehr als ein Star. einen schmachtenden Blick Nicht jeder Star ist eine Marins Publikum geworfen hätke. Dazu braucht es das geten, hätten die Mädels gewisse Etwas, das die Öffentkreischt. lichkeit auch wahrnimmt. Anders: Das liegt nun Der Künstler ist wie ein Produkt mit einem bestimmten mal an meinem Talent oder an meiner Persönlichkeit. Image. Aber auch das muss authenBZ: Kann sich ein Künst- tisch sein, oder? ler als Marke in der ÖffentBZ: Wie haben Sie früher lichkeit etablieren, wenn auf übelste Verunglimpfunsein Image überhaupt nichts gen über Ihre Person, etwa mit seiner Person zu tun in der Zeitschrift „Musikhat? expresse/Sounds“, reagiert? Anders: Schlecht. Da hat Thomas Anders hat eine Bezeichnung aus einer Anmoderation aufgenommen und will für sich Foto: pd die Marke „Gentleman of Music“ etablieren. Anders: Die habe ich verklagt. Vieles, was damals geschrieben wurde, habe ich aber auch gar nicht mitbekommen. Wir waren so viel unterwegs. Und es gibt doch nichts Älteres als die Zeitung von gestern. Mit dem Abstand von mehreren Jahren betrachtet man sich aus einem ganz anderen Blickwinkel und kann solche Bewertungen auch irgendwie verstehen. Wenn es auch nicht so war, hat doch jeder das Recht auf seine eigene Meinung. BZ: Sie nennen sich jetzt „The Gentleman of Music“. Wollen Sie das als Ihre Marke etablieren? Anders: Vor etwa zehn Jahren habe ich auf einer Gala für eine Firma gesungen. Der Moderator kündigte mich an als „Thomas Anders, der Gentleman of Music“. Nach dem Auftritt wollte ich wissen, wie er darauf komme. Er antwortete, die Mitarbeiter seien gefragt worden, wer singen solle. Und eine Frau habe gesagt: „Das ist doch der Gentleman of Music“. Ich dachte, da müsse ja irgendwas dran sein. Ich gelte ja als zivilisiert, mit guten Manieren und sehr familiär. BZ: Meinen Sie, dass das Ihr Image in der Öffentlichkeit ist? Sie haben zwar in den vergangenen Jahren auch CDs im Jazzlounge-Stil oder mit Elektropop-Elementen gemacht. Das lässt sich alles mit der Marke Gentleman verbinden. Aber ehrlich gesagt, verbindet man Thomas Anders vor allem mit Modern Talking und mit der Nora-Kette. Anders: Klar. Das sind Tatbestände. Aber „Gentleman of Music“ ist ein Mittel, um aus so einer Schublade wieder herauszukommen. Das geht aber nur über Konstanz nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Das ist erstmal nur ein „Branding“ für Auftritte. Es ist ein langer Weg, dass es bei einem Millionenpublikum in einem Atemzug heißt: „Thomas Anders, der Gentleman of Music“. Das ist jetzt auch nicht lebenswichtig. Mit dieser Verknüpfung verkaufe ich nicht automatisch mehr Platten. Es ist ein wunderbares Beiwerk für Thomas Anders. Der eine nannte sich King of Pop, der andere King of Rock`n`Roll. Ich bin lieber „Gentleman of Music“ als der Depp des Monats. und der „böse Dieter“? Anders: Der Gentleman kommt ja nicht von mir. Von dem „lieben Thomas“ zu einem Gentleman ist aber eine logische Kette. BZ: Mal etwas ganz Anderes zum Schluss: Stehen Sie immer noch als der schnellste Eischneeschläger der Welt im Guiness-Buch der Weltrekorde? Anders: Ja, weil sich kein anderer gefunden hat, der es schneller macht. BZ: Müssen Sie sich oft fragen lassen, ob Sie weltbester Schaumschläger sind? Anders: Eigentlich selten. Ich kam ja dazu wie die Jungfrau zum Kind. Das war die Idee eines Fernsehredakteurs, der etwas Lustiges in der Sendung haben wollte. BZ: Und wie kann man das mit der Marke Thomas Anders verbinden? Anders: Nur weil ich der „Gentleman of Music“ bin, muss ich ja nicht in Schönheit sterben. Spaß haben darf man doch, auch als Gentleman. Solange es mit BZ: Ist Ihre Marke als Stil gemacht wird, verstehen Gentleman als Gegensatz Sie? zum manchmal verletzenden, aber auch witzigem | Ihr Kontakt zum Autor: Dieter Bohlen zu sehen? [email protected] Quasi der „liebe Thomas“ Tel. 02861/944-161