Frankfurter Räumung

Transcrição

Frankfurter Räumung
Miete
14. Pantaenius-Immobilientagung
Sofitel Munich Bayerpost
Bayerstraße 12, 80335 München
am 11.7.2013
Effektive Räumungsvollstreckung
Folie 1
nach Inkrafttreten des MietRÄndG
ab 1.5.2013
von Dr. Olaf Riecke
www.riecke-hamburg.de
11. Juli 2013
Folie 1
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Mietrechtsänderungsgesetz –
MietRÄndG 2013
= Gesetz über die energetische Modernisierung von
vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte
Durchsetzung von Räumungstiteln.
Nur Letzteres soll hier Thema sein!
11. Juli 2013
Folie 2
2
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Die wichtigsten Änderungen mit
Praxisrelevanz
erfolgten in der ZPO (§ 940a und § 885a n.F.).
• Dort wurde wenigstens versucht, die
Räumungsvollstreckung gegen die
restriktive Rechtsprechung des BGH wieder
mit etwas Effektivität zu versehen.
11. Juli 2013
Copyright Folie 3
3
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Bisherige traurige Rechtslage für
Gläubiger
• 1. Hat der Mieter in die Mietwohnung einen
nichtehelichen Lebensgefährten aufgenommen, ist
für die Räumungsvollstreckung ein
Vollstreckungstitel auch gegen den nichtehelichen
Lebensgefährten erforderlich, wenn dieser Mitbesitz
an der Wohnung begründet hat.
• (kleine Einschränkung): Ein Mitbesitz an der Wohnung
muss sich aus den Umständen klar und eindeutig
ergeben.
BGH vom 19.3.2008, I ZB 56/07, ZMR 2008, 695
11. Juli 2013
Folie 4
4
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Räumungshindernis:
Drittgewahrsam
• Die Räumungsvollstreckung darf nicht betrieben
werden, wenn ein Dritter, der weder im Vollstreckungstitel noch in der diesem beigefügten
Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet ist,
(auch) im Besitz der Mietsache ist.
BGH vom 14.8.2008, I ZB 39/08, ZMR 2009, 21
11. Juli 2013
Copyright Folie 5
5
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
bewusst zum Räumungshindernis
aufgebauter Drittgewahrsam!
• Der BGH setzt sogar noch einen drauf:
• Dies gilt selbst dann, wenn der Verdacht besteht,
dem Dritten sei der Besitz nur eingeräumt
worden, um die Zwangsräumung zu vereiteln
• BGH vom 14.8.2008, I ZB 39/08, ZMR 2009, 21.
Die Literatur folgt dem z. T. fast bedingungslos: „Die
gegenteilige frühere Rspr. ist nicht mehr haltbar“, so
etwa Schmidt-Futterer/Streyl § 940a Rn. 15 Fn. 49
11. Juli 2013
Copyright Folie 6
6
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Abmilderung
• Allein die Vorlage eines Untermietvertrages stellt
kein dem Drittgewahrsam gleich stehendes
Ereignis dar;
• wenn der Gerichtsvollzieher vor Ort keine
Anhaltspunkte für eine tatsächliche Nutzung
durch den "Untermieter" findet, kann er die
Wohnung räumen.
• LG Hamburg vom 7.12.2011, 316 T 72/11, ZMR
2012, 916
11. Juli 2013
Folie 7
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
(Ungeschriebene, bisherige)
Erkundigungspflicht des Vermieters
• Mit der bisherigen BGH-Rspr. zur Frage der Besitzverhältnisse ergeben sich Schwierigkeiten für den Vermieter:
• Er kann nicht einfach nur seine Mietvertragspartei verklagen, sondern muss sich erkundigen,
welche Personen sonst noch Mitbesitz an der
Wohnung haben.
• Die Rechtsprechung zur Frage des Mitbesitzes erfordert sehr
differenzierte Betrachtungen.
• Grundsätzlich kommt es auf die Besitzverhältnisse an und
nicht auf die Kenntnis des Vermieters davon, dass auch
noch andere Personen außer dem Mieter Besitz an den
Räumen begründet haben.
11. Juli 2013
Folie 8
8
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Offizielle Begründung für die
Änderung
• Der Mieter, der die Räumung missbräuchlich
herauszögern will, kann - bisher - Untermieter in die
Wohnung aufnehmen, die dem Vermieter unbekannt
sind und gegen die er daher zunächst keinen
Räumungstitel erstreitet.
• Vgl. dazu Klimesch/Wedel ZMR 2012, 679
11. Juli 2013
Folie 9
9
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Deshalb neuer Abs.2
zu § 940a ZPO :
• „(2) Die Räumung von Wohnraum darf durch
einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten
angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist,
wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer
Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom
Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der
mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.“
11. Juli 2013
Folie 10
10
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Verbesserung nur bei
Wohnraummiete
• Bei § 940a Abs. 2 ZPO handelt es sich um eine auf
Wohnraum zugeschnittene Spezialvorschrift, die
nicht analog auf sonstige Mietverhältnisse
anzuwenden ist.
• Bei Zwischenvermietung ist entscheidend das
Mietverhältnis zwischen dem Hautvermieter und dem
Zwischenmieter, wenn aus diesem Mietverhältnis und den
im Verhältnis dieser Beteiligten ergangenen rechtskräftigen
Entscheidungen der Anspruch auf Räumung auch
gegenüber dem Nutzer/Untermieter abgeleitet wird.
• LG Köln, Beschluss vom 12.6.2013, 1 T 147/13; so auch
Schmidt-Futterer/Streyl § 940a Rn. 57
11. Juli 2013
Folie 11
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Eingeschränkter
Räumungsauftrag
und andere Kostensparmodelle nach
bisherigem und neuem Recht
11. Juli 2013
Folie 12
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 885a ZPO n.F.
Beschränkter Vollstreckungsauftrag
• „(1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach
§ 885 Absatz 1 beschränkt werden.“
• Damit würde quasi die Berliner Räumung legalisiert!
• Das Vermieterpfandrecht müsste gar nicht ausgeübt werden.
Die einzelnen Pflichten des Gläubigers/Vermieters regelt dann
§ 885a Abs. 2-4 ZPO n.F.
• Er haftet dann nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.
• Unpfändbare Sachen sollte der Vermieter - auch wenn ihm im
Gegensatz zum Gerichtsvollzieher (vgl. § 885 Abs.5 ZPO) ein
Zurückbehaltungsrecht zukommen mag (Hinz ZMR 2012, 164) sofort herausgeben.
11. Juli 2013
Folie 13
13
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
BGH (bisher schon)zur Räumungsvollstreckung:
Beschränkung auf Herausgabe der Wohnung bei
Geltendmachung des Vermieterpfandrechts
• Der Gläubiger kann die Zwangsvollstreckung nach § 885
ZPO auf die Herausgabe der Wohnung beschränken, wenn
er an sämtlichen in den Räumen befindlichen
Gegenständen ein Vermieterpfandrecht geltend macht.
• Das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) hat Vorrang
gegenüber der in § 885 Abs.2 und 3 Satz 1 ZPO bestimmten
Entfernung der beweglichen Sachen, die nicht Gegenstand
der Zwangsvollstreckung sind.
• Der Gerichtsvollzieher hat nicht zu prüfen, ob die bei
Durchführung der Herausgabevollstreckung in der
Wohnung befindlichen Gegenstände vom
Vermieterpfandrecht erfasst werden.
BGH Beschluss vom 16.7.2009, I ZB 80/05, ZMR 2010, 98
11. Juli 2013
Folie 14
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 885 Abs. 1 und 2 ZPO n.F.
Herausgabe von Grundstücken
• (1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache
….herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat
der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu
setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.
Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine
Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.
• (2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher
weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser
abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners,
einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der
Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen
ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung
gestellt.
11. Juli 2013
Folie 15
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 885 Abs.3 und 4 ZPO n.F.
Herausgabe von Grundstücken
• (3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten
Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert,
hat der Gerichtsvollzieher die in Absatz 2 bezeichneten Sachen
auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer zu schaffen
oder anderweitig in Verwahrung zu bringen.
• Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich
kein Interesse besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden.
• (4) Fordert der Schuldner die Sachen nicht binnen einer Frist
von einem Monat nach der Räumung ab oder fordert er die
Sachen ab, ohne die Kosten zu zahlen, veräußert der
Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös; die §§
806, 814 und 817 gelten entsprechend. Sachen, die nicht
verwertet werden können, sollen vernichtet werden.
11. Juli 2013
Folie 16
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 885 Abs.5 ZPO n.F.
Herausgabe von Grundstücken
• (5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei
denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist,
sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne
weiteres herauszugeben.
11. Juli 2013
Folie 17
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 562 BGB
Umfang des Vermieterpfandrechts
• (1) Der Vermieter hat für seine Forderungen aus dem
Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen
des Mieters. Es erstreckt sich nicht auf die Sachen, die der
Pfändung nicht unterliegen.
• (2) Für künftige Entschädigungsforderungen und für die
Miete für eine spätere Zeit als das laufende und das
folgende Mietjahr kann das Pfandrecht nicht geltend
gemacht werden.
11. Juli 2013
Folie 18
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
„Berliner Räumung“
• Der Räumungsgläubiger macht im Vorfeld der Räumung
bereits das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) an allen
(also auch an den nicht der Pfändung unterliegenden)
Gegenständen geltend.
• Dies soll primär dem Zweck dienen, den zu stellenden
Vorschusses erheblich (etwa auf 10 – 20 % des üblichen
Betrages bei einer umfassenden Räumung) zu drücken.
• Der Räumungsschuldner soll vom Gerichtsvollzieher
demnach lediglich unter Übergabe seiner persönlichen
Papiere aus der Wohnung zu setzen sein (vgl. zuerst
Amtsgericht Wedding ZMR 2004, 760, dazu Riecke DGVZ
2004, 147)
11. Juli 2013
Folie 19
Dr. Olaf Riecke
Miete
kein Prüfungsrecht des
Gerichtsvollziehers
• Auch wenn in einem solchen Fall Streit zwischen den
Parteien des Vollstreckungsverfahrens nach § 885 ZPO
darüber besteht, ob alle beweglichen
Folie 20 Sachen des
Schuldners von dem Vermieterpfandrecht erfasst werden,
hat der Gerichtsvollzieher nicht eine Räumung der
Wohnung nach § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO vorzunehmen.
• BGH, Beschluss vom 17.11.2005, I ZB 45/05, ZMR
2006, 199
11. Juli 2013
Folie 20
Dr. Olaf Riecke
Miete
Praxisrelevanz
• Mit Beschluss vom 10.8.2006 (I ZB 135/05, ZMR 2006, 917)
hat der BGH diese/seine Linie bestätigt.
• Die praktische Konsequenz - dieser BGH-Beschlüsse vom
Folie 21
17.11.2005 (I ZB 45/05, ZMR 2006, 199) und vom 10.8.2006
(I ZB 135/05, ZMR 2006, 917) - war, dass die Gerichtsvollzieherin angewiesen wurde, die Vollstreckung der
Herausgabe der Wohnung nicht von der Zahlung des für
den Abtransport geltend gemachten Kostenvorschusses
von 3.000 € abhängig zu machen.
11. Juli 2013
Folie 21
Dr. Olaf Riecke
Miete
Weitere „Spar-Modelle“
„Frankfurter Räumung“ :
• Die Räumungsvollstreckung erfolgt hier mit sowohl vom
Gläubiger gestellten oder eigenem Personal als auch
Folie 22
eigenen oder selbst angemieteten Räumlichkeiten.
• In der Rechtsprechung des „namensgebenden“
Amtsgerichts Frankfurt a.M. wurde im Beschluss vom
01.12.2003, 33 M 59/03-28, DWW 2004, 21, diese Variante –
soweit ersichtlich erstmals – von einem
Vollstreckungsgericht geprüft und für zulässig befunden.
11. Juli 2013
Folie 22
Dr. Olaf Riecke
Miete
Die 5 Frankfurter Kriterien
•
•
•
•
•
Fünf Kriterien zeichnen die Frankfurter Räumung aus:
Der Gläubiger/Vermieter stellt fachkundiges
Räumungspersonal
Haftungsfreistellung des Gerichtsvollziehers
Folie 23
Schadensersatzverpflichtung des Gläubigers gegenüber
dem Schuldner
vom Gläubiger/Vermieter zur Verfügung gestellter Keller
und
Zugangsmöglichkeit für den Gerichtsvollzieher
11. Juli 2013
Folie 23
Dr. Olaf Riecke
Miete
„Hamburger Räumung“
• Bei der Hamburger Räumung (vgl. Riecke DGVZ 2005, 81 – 91)
wird zwar nicht ganz „preußisch korrekt“ gemäß § 885 ZPO die
Räumung in einem Zuge durchgeführt, sondern es wird
Folie 24Schuldner außer Besitz
zunächst nur der im Titel genannte
gesetzt und das gesamte Mobiliar in der Wohnung belassen,
das Türschloss durch einen geschulten Schlosser
ausgewechselt, das Räumungsgut nach Möbelwagenmetern
geschätzt und anschließend zeitnah von einem fachlich
geschulten Umzugsunternehmen (sog. „Spediteur“) verladen
und in die Pfandkammer gebracht.
11. Juli 2013
Folie 24
Dr. Olaf Riecke
Miete
Bewertung der einzelnen
Räumungsverfahren
Folie 25
11. Juli 2013
Folie 25
Dr. Olaf Riecke
Miete
Zuerst waren einige (Anwälte) für das
Frankfurter Modell …
[1]
[2
Da hierdurch Kosten und Kostenvorschüsse des
Gerichtsvollziehers gespart werden können, fand bei
Vermietern und deren Anwälten (vgl. etwa J. Breiholdt
Folie 26
„Reduzierung von Räumungskosten“ Hamburger
Grundeigentum 2004, 128) dieses Verfahren schnell
Interesse und Zustimmung, bei den direkt betroffenen
Gerichtsvollziehern (vgl. Hüermann WuM 2004, 135 f.)
eher Ablehnung.
11. Juli 2013
Folie 26
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Probleme bei der
Frankfurter Räumung:
Probleme gibt es schon beim Beurteilen und Finden
fachkundigen Räumungspersonals :
Wie soll der Gerichtsvollzieher die Sachkunde der
vom Vermieter angebotenen Personen in der
Vollstreckungspraxis überprüfen?
Hintergrund dieser „low-cost“- oder „Geiz-ist-geilVariante“ soll das Entstehen möglichst niedriger
Kosten sein.
Dies bedeutet, dass wohl idR keine qualifizierten
Möbelpacker gestellt werden (zu teuer).
11. Juli 2013
Folie 27
Dr. Olaf Riecke
Miete
Zweifel am Einsparpotenzial
Ein regelmäßig mit Zwangsräumungen
betrautes Fuhrunternehmen kann - auch
wenn der Stundensatz
liegt als bei der
Foliehöher
28
Konkurrenz - für den Räumungsgläubiger
günstiger sein.
Effizientes Arbeiten hilft Arbeitszeit
einzusparen. Dies kommt allen Beteiligten
auch finanziell zugute.
11. Juli 2013
Folie 28
Dr. Olaf Riecke
Miete
Verlässlichkeit
• Außerdem muss sicher sein, dass das
beauftragte Unternehmen die Räumung
verlässlich durchführt, und zwar ohne Rücksicht
auf den oft desolaten Folie
Zustand
29 der Wohnung
(inklusive „dreck- oder geruchsintensiver“
Gegenstände).
• Mit der Haftungsfreistellung des Gerichtsvollziehers
gibt es schon deshalb keine Probleme, weil eine
persönliche Haftung des Gerichtsvollziehers bei
hoheitlicher Tätigkeit ausscheidet.
11. Juli 2013
Folie 29
Dr. Olaf Riecke
Miete
Geeignete Räume?!
• Bei den vom Gläubiger/Vermieter zur Verfügung
gestellten Räumen / Keller nebst
Zugangsmöglichkeiten (nur!?) für den
Gerichtsvollzieher muss
zumindest
gewährleistet
Folie
30
sein, dass sie für das Räumungsgut geeignet sind.
(trocken und auch nach Vollstellen gut zu belüften).
• In der Praxis führt dies zu weiteren kostenintensiven
Verzögerungen. Der Gerichtsvollzieher muss ggf. die
Geeignetheit der angebotenen Lagerräume vorher
prüfen (sonst Haftungsgefahr).
11. Juli 2013
Folie 30
Dr. Olaf Riecke
Miete
Lage der Räume
• Die Schaffung einer Zutrittsmöglichkeit für den
Gerichtsvollzieher zu dem angebotenen
Verwahrraum/Kellerraum reicht nicht aus.
31
• Der Raum muss auchFolie
in geographischer
Nähe
zum Gerichtssprengel des Gerichtsvollziehers
liegen und es muss sichergestellt sein, dass der
Gerichtsvollzieher alleinigen Zutritt hat (arg. § 180
Ziff. 5 GVGA in Verbindung mit § 139 Nr. 4 GVGA
analog).
11. Juli 2013
Folie 31
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 180 Nr.5 GVGA (2012)
•
1Ist
weder der Schuldner noch eine der in Absatz 4 Satz 7
bezeichneten Personen anwesend, so schafft der
Gerichtsvollzieher die Sachen auf Kosten des Schuldners
in die Pfandkammer oder trägt sonst für ihre Verwahrung
Sorge.
• 2Unpfändbare und nicht verwertbare Sachen hat er bis zu
ihrem Verkauf oder ihrer Vernichtung jederzeit ohne
irgendwelche Kostenzahlungen des Schuldners auf dessen
Verlangen herauszugeben.
• 3Für die entstehenden Kosten der Räumung einschließlich
der Kosten der ersten Einlagerung ist der Gläubiger dem
Gerichtsvollzieher gemäß § 4 GvKostG vorschusspflichtig.
11. Juli 2013
Folie 32
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
weiter
•
4Der
Gerichtsvollzieher benachrichtigt den Schuldner, dass
er die verwertbaren Sachen, auch soweit sie unpfändbar
sind, verkaufen und den Erlös nach Abzug der Unkosten
hinterlegen und die unverwertbaren Sachen vernichten
wird, wenn der Schuldner die Sachen nicht innerhalb einer
Frist von zwei Monaten nach der Räumung herausverlangt
oder sie zwar innerhalb der Frist herausverlangt, aber die
aufgelaufenen Kosten nicht bezahlt…
• Beachte: §§ 885/885a Abs.4 ZPO nF fordert eine Erklärung
des Räumungsschuldners binnen eines Monats!
11. Juli 2013
Folie 33
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
§ 139 Ziffer 4 GVGA (2012)
• 4. 1Pfandstücke, die der Gerichtsvollzieher nicht nach § 138
oder in einer Pfandkammer verwahren kann, übergibt er
einem Verwahrer.
•
2Zum
•
3Die
Verwahrer soll er möglichst nur eine zuverlässige,
zahlungsfähige und am Ort der Vollstreckung ansässige
Person wählen.
Bestellung des Gläubigers zum Verwahrer
wird in der Regel nicht angebracht sein.
11. Juli 2013
Folie 34
Dr. Olaf Riecke
Miete
Transportkosten
• Der Gläubiger/Vermieter wird wohl statt eines Vorschusses
wenigstens Sicherheit dafür zu leisten haben, dass die
zusätzlichen Transportkosten zum Versteigerungshaus (wenn
Folie Sachen
35
der Schuldner seine brauchbaren
nicht abholt) gesichert
sind. Sonst könnte der Gläubiger mangels Interesse keinen
Fuhrunternehmer beauftragen und vom Gerichtsvollzieher
wären zu Lasten der Staatskasse derartige Kosten zu
verauslagen.
• Zwischenergebnis: Praktikabel ist die Frankfurter Räumung
nur wenn in der Wohnung (vorhersehbar) ausschließlich
Müll ist.
11. Juli 2013
Folie 35
Dr. Olaf Riecke
Miete
„Hamburger Räumung“
(vgl. auch zur Bewertung Riecke DGVZ 2005, 81 – 91)
Diese Räumung in zwei Akten hat den Vorteil,
dass wirklich nur die notwendigen Hilfskräfte
Folie
36
und Lkw-Kapazitäten
angefordert
werden und
bei „Störungen der Räumungsvollstreckung“
z. B. durch Drittgewahrsamsinhaber keinerlei
Kosten für ein Fuhrunternehmen anfallen
(nicht einmal Bereitstellungskosten).
11. Juli 2013
Folie 36
Dr. Olaf Riecke
Miete
Nachteile?
Nachteil
an dieser in zwei Akte aufgesplitteten
Räumungsvollstreckung
ist, dass dem
Folie 37
Schuldner bis zur Beendigung des zweiten
Aktes der Vollstreckung theoretisch noch die
Möglichkeit der Zwangsvollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) offen steht.
11. Juli 2013
Folie 37
Dr. Olaf Riecke
Miete
Frühere Berliner Räumung;
beschränkter Vollstreckungsauftrag
• Gegenstände, die dem Vermieterpfandrecht
unterliegen, sind nicht mehr Gegenstand einer
Zwangsräumung, wenn
der38
Vermieter sein
Folie
gesetzliches Pfandrecht geltend gemacht hat oder
einen beschränkten Auftrag nach § 885a Abs.1
ZPO n.F. erteilt.
• Sogar dem Wegnahmerecht des Mieters nach § 539
Abs.2 BGB geht das wirksam begründete Vermieterpfandrecht vor (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, § 885 Rn.20).
11. Juli 2013
Folie 38
Dr. Olaf Riecke
Miete
Prüfungsmacht des Gerichtsvollziehers
• Der Gerichtsvollzieher ist als Vollstreckungsorgan nicht zuständig, materiell-rechtliche
Ansprüche (Ausnahme:
evidentes
Dritteigentum
Folie
39
und Erfüllung) der Parteien im Rahmen der
Zwangsvollstreckung zu klären oder zu
berücksichtigen.
• Dies gilt auch für die Frage, ob die in Rede
stehenden Gegenstände wegen Unpfändbarkeit
nach § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vermieterpfandrecht nicht unterliegen.
11. Juli 2013
Folie 39
Dr. Olaf Riecke
Miete
Gerichtliche Prüfungspflicht
• Hierzu gehört die Beurteilung der Grenzen des
Vermieterpfandrechts, über den bei Streit der
Folie 40
Parteien die Gerichte und nicht die Vollstreckungsorgane zu entscheiden haben.
• Sonderfall:
• Der Schuldner ist - nach BGH, Beschluss vom 5.11.2004, IXa ZB
32/04, NJW 2005, 367 - nicht nur im Verfahren der
Vollstreckungsgegenklage, sondern auch im Zwangsvollstreckungsverfahren mit seinem Einwand zu hören, der
vollstreckbare Anspruch sei erfüllt .
11. Juli 2013
Folie 40
Dr. Olaf Riecke
Miete
Herausgabepflicht
• Auf Verlangen des Schuldners sind die dem
Vermieterpfandrecht nicht unterliegenden Sachen
herauszugeben. Kommt der Gläubiger/Vermieter
diesen Pflichten nicht nach, macht er sich nach
näherer Maßgabe des § 280 Abs. 1 BGB und des
Folie 41
§ 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig.
• Der Schuldner kann auf Herausgabe der unpfändbaren beweglichen Sachen klagen und zur
einstweiligen Regelung der Besitzverhältnisse
vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 935 ff. ZPO in
Anspruch nehmen.
• Dies regelt jetzt auch § 885a Abs.5 ZPO für den
beschränkten Vollstreckungsauftrag!
11. Juli 2013
Folie 41
Dr. Olaf Riecke
Miete
Kostenoptimierung durch Kombination der Frankfurter,
Hamburger und Berliner Räumung ?
• Da die Frankfurter Räumung dem Gerichtsvollzieher
nicht aufgezwungen werden kann, d.h. er sich das
Fuhrunternehmen seines Vertrauens selbst aussuchen
darf und wird, führt ein Streit im Rahmen der Erinnerung
nach § 766 ZPO nur zu Kosten
Folie 42verursachenden
Verzögerungen (Mietausfall etc).
• Irreführend ist es, wenn Martini im Praxistipp in
Zusammenhang mit § 180 Nr.4 GVGA schreibt, der
Vermieter könne durch Beauftragung eines
preiswerteren (gemeint wohl : billigeren)
Umzugsunternehmens deutlich Kosten sparen.
11. Juli 2013
Folie 42
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Vermietereigener Abtransport
Hier kann dem Gerichtsvollzieher der Abtransport
und damit die Verantwortung durch die Berliner
Räumung oder den gemäß § 885a ZPO n.F.
beschränkten Vollstreckungsauftrag abgenommen
werden.
Der Gläubiger / Vermieter übernimmt dann nämlich
selbst das Risiko und die Haftung (§ 278 BGB) für
die von ihm ausgewählten Helfer nach Ausübung
und bei Realisierung des Vermieterpfandrechts.
11. Juli 2013
Folie 43
Dr. Olaf Riecke
Miete
Wenn keine Räumungsvereinbarung erfolgt:
• Kommt es nicht zu einer Räumungsvereinbarung
mit dem Schuldner (bei Zwangsräumung als Folge
einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs wohl der
Regelfall) ist jedoch weder eine Berliner Räumung
Folie 44
noch ein beschränkter Vollstreckungsauftrag
als
sofort sinnvoll anzusehen.
• Insbesondere könnte in der Wohnung „Problemgut“
vorgefunden werden.
11. Juli 2013
Folie 44
Dr. Olaf Riecke
Miete
Bisher schon möglich: Kostenoptimierung durch
Kombination der Hamburger und Berliner Räumung ?
• Es hilft das Vorschalten der Hamburger Räumung,
und zwar um festzustellen, welches Räumungsgut
tatsächlich in der Wohnung ist. Nach Öffnung der
Wohnung kann immer Folie
noch 45
pro oder contra
Vermieterpfandrechtsausübung entschieden werden
(verzögerte Berliner Räumung).
• Ist dagegen von Anfang an bekannt, dass wertvolle
Sachen des Mieters (bei Dritteigentum drohen
Interventionsklagen nach § 771 ZPO!) in der Wohnung
sind, kann auch direkt/sofort das
Vermieterpfandrecht ausgeübt werden
11. Juli 2013
Folie 45
45
Dr. Olaf Riecke
Miete
Kein Streit um Vorschusshöhe ?!
• Übrigens: Über die Höhe des Vorschusses mit
Folie
46 zu streiten lohnt
dem Gerichtsvollzieher
lange
sich nur bei Leerstand; ansonsten sollte der
geforderte Betrag gezahlt und die Rechnung
genau geprüft werden. Der Zinsschaden dürfte
gering sein.
11. Juli 2013
Folie 46
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
BGH vom 19.3.2008, I ZB 56/07,
ZMR 2008, 695
• 1. Hat der Mieter in die Mietwohnung einen nichtehelichen
Lebensgefährten aufgenommen, ist für die
Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel auch gegen
den nichtehelichen Lebensgefährten erforderlich, wenn
dieser Mitbesitz an der Wohnung begründet hat. Ein
Mitbesitz an der Wohnung muss sich aus den Umständen
klar und eindeutig ergeben.
11. Juli 2013
Folie 47
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
BGH vom 19.3.2008, I ZB 56/07,
ZMR 2008, 695
• 2. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern
zusammenleben, haben grundsätzlich keinen Mitbesitz an
der gemeinsam genutzten Wohnung.
• Die Besitzverhältnisse an der Wohnung ändern sich im
Regelfall nicht, wenn die Kinder nach Erreichen der
Volljährigkeit mit ihren Eltern weiter zusammenleben.
• Haben Kinder keinen Mitbesitz an der Wohnung erlangt,
reicht für eine Räumungsvollstreckung ein
Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus.
11. Juli 2013
Folie 48
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Kritische Literatur zu den Tendenzen
der BGH-Rechtsprechung:
• Scholz, Der Gerichtsvollzieher hat
den „schwarzen Peter“ ZMR 2009, 99
• Klimesch, Der Trick mit dem
Untermieter – Zwangsräumung vor
dem Aus?, ZMR 2009, 431
• Klimesch, BGH erschwert
Zwangsräumungen, WE 2009, 116.
11. Juli 2013
Folie 49
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Vorschlag Klimesch:
• Der Vermieter muss vor Einleitung des Räumungsprozesses – beispielsweise in der Kündigung – bei dem
Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen
fragen, um diese in die Klage einzubeziehen können.
• Wenn der Mieter auf diese Anfrage hin keine, eine falsche
oder unvollständige Auskunft erteilt, wird man davon
ausgehen müssen, dass die spätere Präsentierung eines
vorher nicht genannten Untermieters ein Verstoß gegen
den Grundsatz von Treu und Glauben darstellt und in
diesen Fällen die Zwangsräumung ohne Rücksicht auf
mögliche weitere in der Wohnung befindliche Personen
durchzuführen ist.
11. Juli 2013
Folie 50
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
Pointiert abweichende Rechtsprechung
AG Hamburg – St. Georg, ZMR 2007, 280:
• Die Räumung kann trotzdem stattfinden, wenn die
Untermietung offensichtlich vorgeschoben ist.
• Mit dieser Auslegung hätten Vermieter auch noch ganz gut
leben können, wenn der BGH nicht dem Ganzen mit der
Entscheidung vom 14.8.2008, ZMR 2009, 21 einen Riegel
vorgeschoben hätte.
• Der BGH ist der Ansicht, dass die Räumung selbst dann nicht
durchgeführt werden dürfe, „wenn der Verdacht besteht,
dem Dritten sei der Besitz nur eingeräumt worden, um die
Zwangsräumung zu vereiteln“.
11. Juli 2013
Folie 51
Dr. Olaf Riecke
WEG
Miete
So long
11. Juli 2013
Folie 52
Dr. Olaf Riecke