1 Allergenchip-Diagnostik Wann ist sie indiziert? PD Dr. Kristine

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1 Allergenchip-Diagnostik Wann ist sie indiziert? PD Dr. Kristine
Allergenchip-Diagnostik
Wann ist sie indiziert?
PD Dr. Kristine Breuer
Dermatologikum, Hamburg
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Mithilfe des ImmunoCAP® ISAC (Immuno Solid-Phase Allergen Chip) können IgE-Antikörper
gegen 112 Einzelallergene aus 51 verschiedenen Allergenquellen in einem Testansatz
nachgewiesen
werden.
Als
Festphase
dient
ein
Glasträger,
auf
den
die
Allergenkomponenten in Triplikaten aufgetragen sind. Allergenquellen sind unter anderem
tierische und pflanzliche Nahrungsmittel, Pollen, Schimmelpilze, Tierepithelien, Insektengifte,
Parasiten und Latex.
Der Allergenchip besteht aus vier 7 x 9 mm großen Testfeldern, so dass Serumproben von
vier Patienten mit einem Chip analysiert werden können. Die Assayzeit beträgt insgesamt ca.
3 Stunden und 40 Minuten und ergibt sich aus der Inkubation der Festphase mit
Patientenserum, der Zugabe des fluoreszenzmarkierten Sekundärantikörpers sowie
wiederholten Wasch- und Trocknungsschritten. Die Fluoreszenz wird im Biochip Reader
mittels Laserscanner gemessen, die Software auf der zugehörigen PC-Plattform wertet die
Ergebnisse aus und erstellt den Befund. Der IgE-Titer wird auf einer semiquantitativen Skala
in ISU-Einheiten (ISAC Standardized Units, 0,3 - 100 ISU) angegeben. Die Software Xplain
stellt eine wertvolle Hilfe für die Befundinterpretation dar.
Die Chipdiagnostik vereint die Vorteile der molekularen Allergiediagnostik und der MultiplexDiagnostik. Für den Nachweis von IgE-Antikörpern mittels ImmunoCAP ISAC sind geringe
Mengen von 30 µl Serum ausreichend, was vor allem in der pädiatrischen Allergologie von
Bedeutung ist. Die Diagnostik mittels Allergenchip ermöglicht es, ein individuelles
Sensibilisierungsprofil für den Patienten zu erstellen. Durch Zuordnung der Allergene zu
bestimmten Proteinfamilien gelingt die Unterscheidung zwischen Spezies-spezifischer
Sensibilisierung und Kreuzreaktion, was vor allem bei Pollen- und Nahrungsmittel-Allergien
eine Rolle spielt. Darüber hinaus kann das individuelle Risiko für schwere Reaktionen auf
Nahrungsmittel und für Reaktionen auch auf erhitzte Nahrungsmittel abgeschätzt werden,
welches bei Allergien auf hitze- und verdauungsstabile Nahrungsmittel erhöht ist. Die auf
diese Weise gewonnenen Informationen sind von großem Wert für Karenzempfehlungen im
Rahmen der diätetischen Beratung von Nahrungsmittelallergikern und die Auswahl der
Extrakte für die spezifische Immuntherapie bei Pollen-Allergikern. Indiziert ist die
Multiplexdiagnostik gemäß einem aktuellen Konsensuspapier der World Allergy Organization
1
(WAO) vor allem bei Kindern und erwachsenen Patienten mit Polysensibilisierungen, bei
denen Kreuzreaktionen verdächtigt werden. Darüber hinaus kann bei Patienten mit unklaren
Reaktionen auf Nahrungsmittel oder unklaren anaphylaktischen Reaktionen ein Screening
mittels Chipanalyse hilfreich sein.
Die Grenzen der Diagnostik mit dem ImmunoCAP ISAC liegen in der naturgemäß limitierten
Anzahl der auf dem Chip vorhandenen Allergene sowie der im Vergleich zum ImmunoCAP
System geringeren Sensitivität bei niedrigen IgE-Konzentrationen begründet. So erklärt es
sich, dass auch mittels Allergenchipdiagnostik eine IgE-vermittelte Sensibilisierung nicht mit
100 % Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Bei verdächtiger Anamnese und
negativer Diagnostik mit dem ImmunoCAP ISAC muss daher mit komplementären Verfahren
(IgE-Diagnostik mittels CAP-System, Hauttestungen) weiter nach dem Auslöser gesucht
werden. Daten zu Präzision, Variationskoeffizienten, Linearität, Detektionslimit und weiteren
Parametern des ImmunoCAP ISAC wurden durch die Firma Thermo Fisher Scientific
erhoben und sind auf Anfrage zugänglich.
Wie für andere allergologische In-vitro-Verfahren gilt auch für die IgE-Bestimmung mittels
Multiplexverfahren, dass die klinische Relevanz der nachgewiesenen Sensibilisierungen
individuell geklärt werden muss. Bei Patienten mit Polysensibilisierungen kann die Abklärung
der klinischen Relevanz eine Herausforderung darstellen, gleichwohl sollte durch den Arzt
stets eine Bewertung der Relevanz von Sensibilisierungen vorgenommen werden, um eine
Verunsicherung des Patienten vor allem durch unerwartete Sensibilisierungen zu vermeiden.
Die Kosten für die Multiplexanalyse werden derzeit nicht von den gesetzlichen
Krankenkassen erstattet, die IgE-Bestimmung mittels ImmunoCAP ISAC stellt daher für
gesetzlich Versicherte eine Selbstzahlerleistung dar.
Drei Fallbeispiele aus dem Dermatologikum Hamburg sollen Nutzen und Grenzen sowie die
sich hieraus ergebenden Indikationen der Allergenchipdiagnostik verdeutlichen.
Literatur
Kleine-Tebbe J, Jappe U. Molekulare Allergiediagnostik: Entwicklung und Bedeutung für die klinische
Praxis. Allergologie 2013;36:327
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Canonica W et al. A WAO – ARIA – GA LEN consensus document on molecular-based allergy
diagnostics. World Allergy Organization Journal 2013;6:17
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