Arbeitsüberlastung, Burnout und Depression
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Arbeitsüberlastung, Burnout und Depression
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Arbeitsüberlastung, Burnout und Depression ‐ eine Begriffserklärung tut not Mathias Berger 2. Deutscher Patientenkongress Depression Leipzig 01.09.2013 Die Neurasthenie George Miller Beard, New York, 1868 1. Symptomatik „allgemeines Krankheitsgefühl, anhaltende Kraftlosigkeit , Schlaflosigkeit, Abneigung gegen anhaltende geistige Tätigkeit, Kopfschmerzattacken und andere ähnliche Symptome... 2 Die Neurasthenie 2. Ursachen „Der wichtigste und primäre Grund dieser Entwicklung ist die moderne Zivilisation, die sich von den älteren Kulturen durch fünf Charakteristika unterscheidet:“ Dampfkraft, regelmäßig erscheinende Zeitungen, Telegraphen, die Wissenschaften und die geistige Aktivität von Frauen 3 Die Neurasthenie 3. Pathomechanismus „Menschen, genauso wie Batterien, brauchen Kraftreserven, und Menschen, genauso wie Batterien, lassen sich nach der Größe dieser Reserve bewerten....“ 4 Die gesellschaftlichen Hintergründe damals Industrialisierung Umgestaltung der Gesellschaft Höhere Mobilität (denke Ruhrgebiet) Höhere Informationsdichte Hohes Maß an Unsicherheit und Irritation 5 Und heute? 6 Erwerbsunfähigkeitsrenten aufgrund somatischer und psychischer Erkrankungen (2000-2010) 80000 60000 Psychische Erkrankungen Bewegungsorgane 40000 Herz-/ Kreislauferkrankungen Neubildungen Atmung 20000 Stoffwechsel / Verdauung 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2012 •BKK: 9 Millionen •TKK: 10 Mio AU-Tage • IG-Metall: Zeitbombe • BIBB/BAuA: 7% der Erwerbstätigen • Kann das stimmen? Begriffs-Chaos ininDeutschland Begriffschaos Deutschland • Gleichstellung von Burnout mit jeglicher Form psychischer Krisen und Erkrankungen im Zusammenhang mit einer Arbeitsbelastung • Gebrauch von Burnout (der Tüchtigen) ersatzweise für Depression (der Schwächlichen) • Sichtweise, dass Burnout eine primäre Aufgabe des Gesundheitssystems ist ! Burnout Taskforce der DGPPN (M. Berger, M. Linden, U. Voderholzer, A. Hillert, E. Schramm, W. Maier) Herbert Freudenberger: „Staff Burn-Out“, Journal of Social Issues, Bd. 30, 1974, S. 159-165 Subjektiv: Gefühl der Verausgabung, Müdigkeit, Infektanfälligkeit, häufige Kopfschmerzen, Magen-DarmProblemen, Schlaflosigkeit, Kurzatmigkeit... Im Kontakt mit Kollegen: emotionale Ausbrüche und leichte Reizbarkeit, im Denken rigide, unflexibel... Insgesamt ist die Symptomatik vielfältig und bei jedem Betroffenen anders..... Es ist keine seelische Erkrankung sondern resuliert lediglich aus einer beruflichen Überlastung Burn-out ist keine ICDKrankheitsdiagnose ! • Kein Burnout 0 – 1,49 • Mildes Burnout 1,5 – 3,49 • Schweres Burnout 3,5 - 6 •DIMDI (2010) : Objektive Parameter zur Diagnostik von Burnout existieren nicht. •Die bisherigen Cuttoff-Punkte erfüllen nicht den Anspruch der diagnostischen Gültigkeit. Arbeitsüberlastung - Burnout - Depression Arbeitsüberlastung Vegetative Stresssymptome, Erschöpfung, nicht erholsamer Schlaf andauernde Überforderung Burn-out-Risikozustand (Z73.0) Emotionale Erschöpfung, kritische Distanz zur Arbeit, Leistungsminderung, vegetative Stresssymptome Chronifizierter Stress Andere psychische Erkrankungen Depression Alkohol- oder Medikamenten-Missbrauch, Angststörungen, Schmerzsyndrome Körperliche Erkrankungen Hörsturz, Tinnitus, Bluthochdruck, Infektionskrankheiten Metabolisches Syndrom Gewicht Blutfette Blutzucker Blutdruck Häufigkeit: Männer 24 % Frauen 23% Psychischer Stress Arbeit und gesundheitliche Beeinträchtigungen Individuelle Faktoren Arbeitsplatzfaktoren 1. ARBEITSÜBERFORDERUNG Vegetative Stresssymptome, Erschöpfung Andauernde Überforderung 2. BURNOUT (Z73.0) (Risiko-Zustand) Erschöpfung, Zynismus, Leistungsminderung Chronifizierter Stress Regeneration Leistungs einbuße 3. Folgekrankheiten 4. Grunderkrankungen z.B. Depression, Angsterkrankungen, Tinnitus, Hypertonie + Burnout (Z73.0) z.B. Multipes Sklerose, Krebs, beginnende Demenz, Psychose, Durchblutungsstörungen Differentialdiagnosen bei Burnout-Beschwerden Psychische Beeinträchtigung (Aus: Korczak, et al., HTA-Bericht 105, DIMDI, 2011) 1. Individuelle Erklärung Gesteigerte Vulnerabilität als Grund für schweres Burn-out/Depression Aktuelle Belastungsituation Belastete Kindheit Gene 1. Individuelle Erklärung U.a. Diskutierte individuelle Risikofaktoren für ein Burnout-Erleben: • Individuelle Belastbarkeit (Resilienz) • Überhöhter Leistungsanspruch an Quantität und Qualität der eigenen Arbeit • Selbstwertprobleme, hohe Kränkbarkeit • Fehlende Fähigkeit, sich abzugrenzen und mangelnde Konfliktfähigkeit • Mangelnde Coping-Strategien • Ungünstiges Gesundheitsverhalten („life-work-balance“) 2.Gesellschaftskritische Erklärung Die Leistungsgesellschaft gibt dem einzelnen vor, dass die Gesellschaft ihm die totale Freiheit gibt, alles aus seinem Leben zu machen, wenn er es nur aktiv angeht. Selbstausbeutung heiß, dass man der Unternehmer seiner selbst ist oder mit anderen Worten Ausbeuter und Ausgebeuteter in einem. Deswegen kann oft nur ein Erschöpfungssyndrom den Prozess beenden. Han (2010 „Müdigkeitsgesellschaft“) 3. Arbeitsorganisatorische Erklärung Berufliche Überlastung durch eine sich permanent verändernde Arbeitswelt Die Arbeitswelt in der globalisierten Leistungsgesellschaft Effizienzsteigerung •Anstieg der Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde seit 1991 um 34,8%. (Statistisches Bundesamt 2012) Rascher Verlust von erworbener Kompetenz Hohe Komplexität der Aufgaben Ständige Erreichbarkeit Verlust an Sicherheiten in Krisenzeiten 23 Veränderungen im Alter: die Geschwindigkeit nimmt ab, das Wissen nimmt zu. 1,5 1 0,5 kristalline Intelligenz 0 fluide Intelligenz -0,5 -1 -1,5 20 Lebens80 jahre 50 Geschwindigkeit Wortschatz Begriffs-Chaos ininDeutschland Begriffschaos Deutschland • Gleichstellung von Burnout mit jeglicher Form psychischer Krisen und Erkrankungen im Zusammenhang mit einer Arbeitsbelastung • Gebrauch von Burnout (der Tüchtigen) ersatzweise für Depression (der Schwächlichen) • Sichtweise, dass Burnout eine primäre Aufgabe des Gesundheitssystems ist Burnout - Diagnose Burnout – Therapie •Antriebslosigkeit •Zeitmanagement •Nein sagen lernen •Sport •Gesundes Essen •Entspannungsverfahren •Konzentrationsstörungen •Depressionen •Gefühl der Sinnlosigkeit •Suizidgedanken Kategorisierung der Burnout-Beschwerden 1. ARBEITSÜBERFORDERUNG Vegetative Stresssymptome, Erschöpfung Andauernde (Risiko-Zustand) Erschöpfung, Zynismus, Leistungsminderung Stress 3. Folgekrankheiten z.B. Depression, Angsterkrankungen, Tinnitus, Hypertonie + Burnout Z73.0 1. Prävention von Burnout Überforderung 2. BURNOUT (Z73.0) Chronifizierter MaßnahmenEbenen 2. Prävention von Burnout-Folgen Leistungs einbuße 4. Grunderkrankungen z.B. Multipes Sklerose, Krebs, beginnende Demenz, Psychose 3. Therapie der FolgeErkrankung und des Burnout 4. Therapie der Grunderkrankung Kategorisierung der Burnout-Beschwerden Andauernde Massnahme: Prävention von BurnoutFolgen Überforderung Lebensstilmodifikation 2. BURNOUT (Z73.0) (Risiko-Zustand) Arbeitsplatzmodifikation Bewältigung des RisikoRegeneration zustandes Herbert J. Freudenberger (1974) : BurnoutVerhaltenspräventionsvorschläge 1. 2. 3. 4. 5. Klärung der eigenen Ansprüche und Ziele: realistische vs. unrealistische Begrenzung der Arbeitsstunden: „Auszeit heißt Auszeit“ Klare Urlaubsregelungen und Flexibilität bewahren: wer eine Auszeit braucht, soll sie bekommen! Pflege von Kollegialität… Körperliche Fitness durch Training steigern DIMDI Analyse 2012: Trotz riesigem Angebot unzureichende Evidenzen für präventive Wirksamkeit Kategorisierung der Burnout-Beschwerden Andauernde Maßnahmen: Prävention von BurnoutFolgen Überforderung Lebensstilmodifikation 2. BURNOUT (Z73.0) (Risiko-Zustand) Arbeitsplatzmodifikation Bewältigung des RisikoRegeneration zustandes DIMDI Analyse 2012: Evidenzen für präventive Wirksamkeit gegen Burnout Psychischer Stress als Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz 2004: Sozialpartnervereinbarung der EU-Staaten Folgejahre: In den meisten Staaten werden daraus gesetzliche Verpflichtungen zur Gefährdungsüberprüfung entsprechend denen bei physikalischen Stressoren In Deutschland keine entsprechenden verpflichtenden Konsequenzen! April 2012: Lohnsteigerung im Öffentlichen Dienst um 6,3 % Sofortige Ankündigung von Stellenstreichungen Kategorisierung der Burnout-Beschwerden Andauernde Maßnahmen: Prävention von BurnoutFolgen Überforderung Lebensstilmodifikation 2. BURNOUT (Z73.0) (Risiko-Zustand) Arbeitsplatzmodifikation Medizinisches System (AU) ! Bewältigung des RisikoRegeneration zustandes Chronifizierung (Arbeitsplatzangst) Neurasthenie 4. Therapie Erholung, Gespräche, Medikamente (z.B. Cola, damals noch mit Cocain), Elektrotherapie (Auffüllen der Energiereserven mit Strom...) Stufenplan bei BurnoutBeschwerden Arbeitsüberforderung Versuch der Entlastung und Abwarten Regeneration Burnout-Beschwerden Einbeziehung des Betriebsarztes Lebensstil- und Arbeitsplatzmodifikation Regeneration Ärztliche Einschätzung Erkrankung Therapie Genesung