Lawinenverbauungen im Permafrost
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Lawinenverbauungen im Permafrost
SLF "" •".* U ENA ~L.r- SNV ~~ PNL ' / ~ Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos • 2000 Lawinenverbauungen im Permafrost Patrik Thaiparpan • • Das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, SLF, gehört zur Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf Lawinenverbauungen im Permafrost Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet Patrik Th;::llparpan Herausgeber Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos, 2000 Das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) gehört zur Eidg. Forschungsanstalt WSL, 8903 Birmensdorf Verantwortlich fürdie Herausgabe Dr. Walter Ammann, lnstitutsleiter, Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos Zitierung Thalparpan, P., 2000: Lawinenverbauungen im Permafrost. Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet Davos, Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung. 91 S. ISBN 3-905620-83-9 Auftraggeber Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Eidg. Forstdirektion, Bern Kanton Graubünden, Forstinspektorat, Chur Kanton Wallis, Dienststelle für Wald und Landschaft, Sion Auftragnehmer und Herausgeber Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), Davos Begleitkommission EKLS Reto Baumann, Eidg. Forstdirektion, BUWAL, Bem Stefan Margreth, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos Peder Spinatsch, Forstinspektorat, Kanton Graubünden, Chur Charly Wuilloud, Dienststelle für Wald und Landschaft, Kanton Wallis, Sion Zusammenarbeit mit der EMPA (Ankermörtel) Dr. Konrad Moser, Dübendorf Beteiligte Firmen und Unternehmungen Aliva AG (Widen), Basil Sournissen (Arolla), Etrasa AG (Martigny), Foralpin SA (EvoiEme), Fatzer AG/Geobrugg (Romanshorn), Helibernina AG (Samedan), Lauberund Söhne AG (Zermatt), Markasub AG (Basel), MBT AG (Zürich), Vermessungsbüro Antoine Rieder (Evolene), Rovina und Partner AG (Varen), Sakret AG (Solothum), Sika AG (Zürich), Störi AG (Maienfeld), Stump AG (Nänikon-Uster), Ingenieurbüro Pascal Tissieres (Martigny), Toscano AG (Pontresina), Voest-Aipine AG (Zeltweg/A) Bezugsadresse Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) Bibliothek Flüelastrasse 11 CH-7260 Davos Preis: Fr. 18.- © 2000, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung Umschlag Test-Verbauungen im Permafrost am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Foto automatische Kamera SLF). 3 Vorwort und Dank Die Einsätze von Helikoptern und die Verwendung von leichten innovativen Verbausystemen ermöglichen es heute, hochalpine Regionen in über 2500 m ü.M. mit Stützwerken als Lawinenschutz zu verbauen. Diese extremen Höhenlagen zeichnen sich häufig durch geotechnisch äusserst anspruchsvollen Baugrund mit alpinem Permafrost aus. Der vergangene Lawinenwinter 1998/99 mit den randvoll eingeschneiten Lawinenverbauungen hat uns eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig der Stützwerkverbau im Alpenraum zum Schutz der dort lebenden Menschen ist. Ohne diese Verbauungen wären die Schäden noch bedeutend verheerender gewesen. Das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF, Davos) untersuchte in den Jahren 1996-1999 im Auftrag des BUWAUEidg. Forstdirektion und der Kantone Graubünden und Wal/is, ob und wie Verbauungen im Permafrost zu realisieren sind. Das Ziel dieses Forschungsprojektes Lawinenverbauungen im Permafrost war die Ausarbeitung einer Richtlinie mit konkreten bautechnischen Empfehlungen für die Praxis. Gleichzeitig wurde die wichtige Frage des möglichen Einflusses der Verbauungen auf das Temperaturregime in Böden mit Permafrost erforscht. Bei der Festlegung der Projektinhalte war die Eidg. Expertenkommission für Lawinen und Steinschlag (EKLS) massgeblich beteiligt. Das BUWAUEidg. Forstdirektion und die beiden Kantone Graubünden und Wallis ermöglichten mit Ihrer Finanzierung dieses Forschungsprojekt. Für diese Unterstützung sei allen Beteiligten herzlich gedankt. Den Herren Reto Baumann, Peder Spinatsch und Charly Wuilloud mit ihren langjährigen Erfahrungen im Lawinenverbau danke ich für ihre wertvolle fachliche Begleitung dieses anforderungsreichen Projektes. Die beiden Firmen Voest-Aipine GmbH (Zeltweg/A) und Fatzer AG/Geobrugg (Romanshorn) wirkten massgeblich bei der Entwicklung der Speziai-Verbauungen für die Anwendung im Permafrost mit. Herr Dr. Konrad Moser von der EMPA, Abt. Beton/Bauchemie legte das Prüfverfahren der Speziai-Ankermörtel für PermafrostBedingungen fest. Ein wesentlicher Teil dieses Aufwandes für die Untersuchungen wurde durch die EMPA grasszügigerweise mitgetragen. Der Spezialmörtel wurde durch die Firma Sakret AG unter Leitung von Herrn Stirnimann entwickelt. Mit der Abteilung für Naturgefahren des Kt. Bern konnten dank Herrn Heinrich Buri die praktischen MörteiPumpversuche auf einer Baustelle im Berner Oberland durchgeführt werden. Frau Garoie Grittin und Herr Alain Broccard vom Geographischen Institut der Universität Lausanne wiesen in ihren Diplomarbeiten im Kt. Wal/is auf die Wichtigkeit der Geomorphologie hin. Weiterer Dank gilt der Gemeinde Pontresina, der Gemeinde Evolime, Herrn Anzevui als Grundeigentümer der Versuchsfläche am Mt. Dolin, dem Kreisforstamt 28 (GR), den Kreisforstämtern I, 111, IV, V, VII (VS) und Herrn Reinhold Bumann für die angenehme Zusammenarbeit. Ein herzlicher Dank gilt absch/iessend dem SLF-Projektteam unter der effizienten Leitung von Herrn Patrik Thalparpan. Bei ihm und bei Frau Dr. Marcia Phillips lag die Hauptverantwortung für die Durchführung dieses technisch-wissenschaftlich äusserst interessanten Projektes. Namentlich erwähnt und verdankt seien im weiteren Dr. P. Bartelt und Mare Christen (numerische Simulationen), Francouis Dufour (Koordination der Arbeiten im Kanton Wallis), Stefan Margreth (Bautechnik}, Dr. Bernhard Krummenacher, Mare Schaer, Frau Dr. Veronika Stöckli (SLF-Review) sowie der Abteilung Logistik (insbesondere Werkstatt, Elektronik). Davos, im Januar 2000 Dr. Walter Ammann Institutsleiter SLF 5 Inhalt 1 Einleitung 7 2 Zusammenfassung: Schlussfolgerungen _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8 3 Permafrost: allgemein 11 3.1 Definition des Permafrostes 11 3.2 Untersuchungs-Standorte 11 3.3 Begriffe 12 3.4 Vorkommen des Permafrostes 14 3.4.1 Einflussfaktoren 14 3.4.2 Permafrostmächtigkeit 16 3.5 Erscheinungen des Permafrostes 16 3.6 Problematik beim Bauen im Permafrost 18 3.6.1 Im Lockergesteinsboden 18 3.6.2 Im Fels 20 3.7 Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost 3.7.1 Eis als Bindemittel im Permafrostboden und -fels 20 20 3.7.2 Resultate aus der Untersuchung der Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost _ _ 21 3.7.3 Klimaerwärmung 23 3.8 Z u s a m m e n f a s s u n g - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 23 4 Erkundung des Permafrostes _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 24 4.1 Direkte Methoden 24 4.1.1 Erkundungsbohrungen 24 4.1.2 Sondierschlitze 29 4.2 indirekte M e t h o d e n - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 30 4.2.1 Schätzformel 30 4.2.2 Geomorphologie 30 4.2.3 BTS-Methode 34 4.3 halbdirekte Methoden: Geophysik 4.3.1 Geoelektrik 36 36 4.3.2 Seismik 37 4.3.3 Radarmethode 38 4.4 Zusammenfassung 38 5 Beurteilung der Kriechanfälligkeit des Baugrundes ________ 40 5.1 Stabilisierung von Kriechhängen 40 5.2 Kriechbewegungen in Permafrosthängen mit Lockergestein 42 5.2.1 Messkampagne in Hängen mit Permafrost 5.3 Beurteilung der Kriechbewegungen 44 48 5.3.1 Beurteilung aufgrund der Geomorphologie 48 5.3.2 Geländevermessung 49 5.3.3 lnklinometermessungen 49 5.4 Zusammenfassung 50 6 6 Verbaumassnahmen im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 51 6.1 Baugrundverhältnisse und Kriechraten _________________ 51 6.2 Verbaumassnahmen im Permafrostfels 52 6.3 Verbaumassnahmen im Lockergestein 52 6.3.1 Test-Verbauungen im Rahmen des Forschungsprojektes 52 6.3.2 Verbaumassnahmen mit Schneenetzen in kriechenden Lockergesteinsverhältnissen ___ 54 6.3.3 Schutzmassnahmen bei Hängen mit grossen Kriechbewegungen 57 6.4 Z u s a m m e n f a s s u n g - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 58 7 Verankerung im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 59 7.1 Im Lockergestein 59 7.1 .1 Problematik von Verankerungen im Permafrostboden 59 7.1.2 Versuchsanordnung der Ankerversuche 60 7.1 .3 Langzeitverhalten eines Ankers im Permafrostboden 61 7 .1.4 Resultate aus den Kurzzeit-Zugversuche 63 7.1 .5 Dimensionierung der Anker und Pfähle in Permafrostböden 65 7 .1.6 Vergleich mit der Richtlinie für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet 71 7.2 Im Fels 73 7.3 Bohrtechnik 73 7.4 Zusammenfassung 73 8 Ankermörtel im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 74 8.1 Allgemeines 74 8.2 Herkömmlicher Mörtel für Permafrostbedingungen 75 8.2.1 Beschreibung des Mörtels 75 8.2.2 Versuchsprozedere 75 8.2.3 Druckfestigkeiten 77 8.3 Spezialmörtel für Permafrostbedingungen 78 8.3.1 Beschreibung der Spezial-Mörtel 78 8.3.2 Vorwärmung des Wassers 79 8.3.3 Druckfestigkeiten 79 8.3.4 Abkühlungsverhalten 80 8.3.5 Frostbeständigkeit 82 8.4 Feldversuch: Überprüfung der Pumpbarkeit 82 8.4.1 Versuchsdurchführung 82 8.4.2 Resultate 83 8.4.3 Schlussfolgerung 84 8.5 Eignungsprüfung für den Spezialmörtel 84 8.6 Konformitätsprüfung beim Spezialmörtel 87 8.7 Zusammenfassung 87 9 Glossar _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 88 10 Literaturverzeichnis _ __ __ __ __ _ _ _ _ _ __ ____ 90 7 1 Einleitung ln der Diskussion um die weltweite Klimaerwärmung ist das Phänomen des alpinen Permafrostes wieder zu einem Gesprächsthema geworden. Der alpine Permafrost ist nicht nur ein wichtiger Klimaaspekt, sondern er stellt wegen seinen speziellen geotechnischen Eigenschaften die Planer und Ingenieure von hochalpinen Bauwerken vor eine besondere bautechnische Herausforderung. Zahlreiche geplante hochgelegene Verbauperimeter, die sich im Permafrost befinden, wurden bis anhin zurückgestellt, da wichtige Fragen noch offen waren. Das BUWAUEidg. Forstdirektion und die beiden Kantone Graubünden und Wallis beauftragten im Jahre 1995 das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung mit dem Forschungsprojekt Lawinenverbauungen im Permafrost, dessen Ziel die Untersuchung von zwei wesentlichen Fragestellungen war: 1 . Können die geotechnisch schwierigen Hänge im Permafrost, die kriechen, überhaupt mit Stützwerken dauerhaft verbaut werden und falls ja, welche Systeme sind anzuwenden? 2. Haben die Lawinenverbauungen auf den Permafrost im Untergrund langfristig einen thermischen Einfluss? Das im Permafrost vorkommende Eis kittet Lockergestein und zerklüfteten Fels und trägt zur Stabilität von steilen Schutthängen und Felsflanken bei. Lawinenverbauungen sollten das Temperaturregime im Untergrund nicht negativ beeinflussen, was im Extremfall langfristig zu einem Auftauen des Permafrostes führen könnte. ln den Richtlinien für Lawinenverbauungen im Anbruchgebiet (BUWAL, SLF 1990, Kap. Lawinenverbauungen im Permafrost) ist beschrieben, wie bei der Projektierung von Stützwerken im Permafrost vorzugehen ist. Phillips (2000) untersuchte im Rahmen ihrer Dissertation umfassend die Wechselwirkung zwischen den Lawinenverbauungen und dem Permafrost im Untergrund. Im vorliegenden Erläuterungsbericht werden ergänzend zur Richtlinie weitergehende Informationen allgemein zum Thema Permafrost und zur Problematik von Bauten im Permafrost gegeben. Die im Rahmen des Forschungsprojektes gewonnenen Erkenntnisse werden zusammengefasst mit dem Ziel, aufzuzeigen, wie die einzelnen Artikel der Richtlinie Lawinenverbau im Permafrost entstanden sind und was deren Hintergründe sind. Den Projektierenden von Lawinenverbauungen im hochalpinen Gelände sollen zusätzliche, teilweise auch praktische Hinweise zur Planung von Schutzmassnahmen im Permafrost gegeben werden. Der vorgängigen Erkundung der Baugrundverhältnisse wird ein grosser Stellenwert beigemessen, da die genaue Kenntnis des Baugrundes eine wichtige Voraussetzung für die fundierte Projektierung von dauerhaften Verbaumassnahmen ist. 8 2 Zusammenfassung: Schlussfolgerungen Hänge mit Permafrost im Untergrund sind geotechnisch für die Lawinenverbauungen vor allem dann ein heikler Baugrund, wenn sie talwärts kriechen. ln Hangsituationen neigt eisreiches Lockergestein wegen seines viskosen Verhaltens, eisarmer Hangschutt wegen seiner lockeren Lagerung zu langsamen Kriechbewegungen. ln diesen bautechnisch anspruchsvollen Kriechhängen, die in Höhenlagen von über 2500-3000 m ü.M. anzutreffen sind, kommen Lawinenverbauungen teuer zu stehen. Damit sie wirtschaftlich sein können, sind dauerhafte Konstruktionen mit einer langen Lebensdauer gefragt. Mit geeigneten Verbausystemen ist dies bei einer sorgfältigen Projektierung und Ausführung möglich. Langfristig haben Verbauungen keinen nachweisbaren Einfluss auf das Temperaturregime des Permafrostes und bewirken nicht sein Auftauen. ln stark kriechendem Baugrundverhältnissen ist stets zu prüfen, ob alternative Schutzmassnahmen anstelle des Stützwerkverbaus im Anbruchgebiet langfristig wirtschaftlicher sind. Mit dem heutigen Stand der Bautechnik kann in solchen Verhältnissen die für Stützwerke angestrebte Lebensdauer von 80-100 Jahren nicht erreicht werden. Die Stabilisierung der Kriechhänge mit bautechnischen Massnahmen ist zudem im Hochgebirge keine Alternative, da sie äusserst aufwändig und kaum realisierbar sind. Ein wesentlicher Beitrag für dauerhafte und wirtschaftliche Schutzmassnahmen ist geleistet, wenn bei der Ausarbeitung eines Verbauprojektes folgende 3 Punkte beachtet werden: 1. Genaue Kenntnis des Baugrundes: Erkundungsbohrungen Eine erste Grobbeurteilung betreffend Permafrost im Untergrund kann mit einfachen Faustregeln und der Geomorphologie vorgenommen werden. Bei Vermutung auf Permatrost im Untergrund ist der Baugrund mit Bohrungen, die mit einem herkömmlichen Bohrgerät aus der Lawinenverbautechnik (Abb. 1) abgeteuft werden, ausreichend zu erkunden. ln diesen einfachen, kostengünstigen Bohrlöchern kann die Temperatur gemessen werden. Zur eindeutigen Erkundung des Permafrostes ist dies eine wirtschaftliche Methode. Diese Erkundungsbohrungen geben zusätzlich Auskunft über die geotechnischen Eigenschaften des Baugrundes und deren Bohrbarkeit. Mit dieser guten Kenntnis des Baugrundes können bei allzu schwierigen Verhältnissen fundiert alternative, unter Umständen langfristig wirtschaftlichere Schutzmassnahmen diskutiert werden. Abb. 1 Abteufen von Erkundungsbohrungen in einem Permafrosthang mit einem herkömmlichen Bohrgerät aus der Lawinenverbautechnik (Foto M. Phillips) 9 2. Kriechbewegungen des zu verbauenden Hanges: Stützverbau oder alternative Schutzmassnahmen Für die Dauerhaftigkeit der Verbauungen in einem Kriechhang sind dessen Kriechraten massgebend. Der Beurteilung der Hangstabilität bzw. der möglichen Kriechdeformationen kommt daher eine zentrale Bedeutung zu. Die Hangstabilität kann aufgrund der Geomorphologie und der Geologie grob beurteilt werden. Oft ist es aber unmöglich, konkret Aussagen über die Kriechraten, d.h. wieviele Zentimeter sich ein Hang pro Jahr talwärts bewegt, zu machen. Daher wird es in vielen Fällen unumgänglich sein, allfällige Kriechbewegungen mit lnklinometermessungen (Abb. 2) und/oder mit Geländevermessungen zu bestimmen. Mit der Kenntnis dieser Kriechbewegungen und der Einschätzung, ob sie tolerierbar sind, lassen sich die für den Standort geeigneten Verbau- oder Schutzmassnahmen entsprechend planen: - Stabile oder wenig kriechende Hänge sind mit geeigneten Systemen bautechnisch verbaubar. ln wenig kriechenden Hängen ist allerdings ein erhöhter Aufwand für den Unterhalt zu erwarten. - Mässig kriechende Hänge dürfen nur bei hoher Kostenwirksamkeit verbaut werden, da sicher mit einem stark zunehmenden Unterhalt zu rechnen ist. Alternative Schutzmassnahmen (Dämme, Zonenplanung, Evakuierung usw.) sind zu überprüfen. - Stark kriechende Hänge dürfen nicht verbaut werden, da Stützwerke nicht dauerhaft realisiert werden können und sie wegen der zu kurzen Lebensdauer nicht wirtschaftlich sind. ln solchen Fällen sind alternative Schutzmassnahmen vorzusehen. Abb. 2 lnklinometermessungen in einem Permafrosthang zur Überwachung von dessen Stabilität (Foto M. Phillips) 3. Hänge mit tolerierbaren Kriechbewegungen: Verbau mit flexiblen Systemen, Ankerversuche, Einsatz von Spezialmörtel Hänge im Parmafrost sind mit flexiblen Systemen, d.h. mit Schneenetzen zu verbauen (Abb. 3). Sie sind wenig empfindlich auf mögliche Kriechbewegungen im Untergrund und sie lassen sich in ihrer Geometrie wieder neu richten. Die Verankerungen müssen mit speziellen Fundationstypen, die geeignet für kriechende Permafrostverhältnisse sind, ausgeführt werden. Zur Dimensionierung der notwendigen Verankerungslängen im Parmafrost sind vorgängig Ankerversuche durchzuführen. Die Injektion der Verankerungen im Permafrost hat mit speziellen Ankermörtel zu erfolgen. Sie sind in einer Eignungsprüfung für die Anwendung im Parmafrost zu testen. Diese Spezialmörtel erreichen bei negativen Temperaturen im Untergrund die geforderten Eigenschaften, namentlich die Druckfestigkeit und Frostbeständigkeit Damit unter Per- 10 mafrostbedingungen im Bohrloch die Mörtel abbinden, sind sie auf der Baustelle vor dem Injizieren vorgängig zu erwärmen. Abb. 3 Flexible Schneenetze in locker gelagerten Hangschutt im Permafrost (Wisse Schijen ob Randa/VS) Fortsetzung der Überwachungskampagne der Test-Verbauungen im Permafrost Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden ob Pontresina/GR und ob Arolla/VS instrumentierte Test-Verbauungen (vgl. Umschlagsbild, Abb. 31) in Hängen mit Permafrost erstellt. Für die von der Permafrost-Problematik betroffenen Kantone Wallis und Graubünden ist die Fortsetzung der Messkampagnen sinnvoll, da für zukünftige Verbauperimeter in ähnlichen schwierigen Baugrundverhältnissen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können. Die eingerichteten Messvorichtungen dienen weiterhin der Ermittlung der Kriechbewegungen im Untergrund. Eine kontinuierliche Messreihe gibt Aufschluss über den Bewegungs-Mechanismus und vor allem über die wichtige Frage der langfristigen Dauerhaftigkeit der Verbauungen. 11 3 Permafrost: allgemein 3.1 Definition des Permafrostes Lockergestein oder Fels wird als Parmafrost definiert, wenn die Temperatur ganzjährig unter dem Gefrierpunkt von oo C liegt. Für die Definition Parmafrost (Abb. 7) ist allein die Temperatur massgebend und nicht das im Untergrund allenfalls vorhandene Eis. Permatrost wird häufig mit dauernd gefrorenem Boden oder Dauerfrostboden bezeichnet. Der Einfachheit halber wird im vorliegenden Bericht generell abgekürzt von Parmafrost gesprochen, statt korrekterweise von Permafrostboden oder Permafrostfels. Mit Boden werden Lockergesteine bezeichnet, dies im Gegensatz zum eigentlichem Festgestein oder Fels. 3.2 Untersuchungs-Standorte Die Felduntersuchungen im Rahmen des Forschungsprojektes wurden an den folgenden drei Standorten durchgeführt. Am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Abb. 4) und am Mt. Dolin ob Arolla/VS (Abb. 5) wurden instrumentierte Test-Verbauungen im Permatrost erstellt. Bei den Wissen Schijen ob Randa/VS (Abb. 6) stehen bereits seit 1990 Schneenetze im Permafrost. Tab. 1 Übersicht über die Standorte Muot da Barba Peider, Pontresina/GR (Abb. 4} Mt. Dolin, Arolla/VS (Abb. 5} Wisse Schijen, RandaNS (Abb. 6} Höhe ca. 2940 m ü.M. ca. 2865 m ü.M. 3000·3130 m ü.M. Hangexposition NNW NE E Mittlere Hangneigung 35° 36° 36-38° Oberflächenbeschaffenheit grobblockiger Hangschutt (Verwitterungsschutt), keine Vegetation grobblockiger Hangschutt (Verwitterungsschutt), keine Vegetation grobblockiger Hangschutt (Verwitterungsschutt), keine Vegetation Abb. 4 Test-Verbauungen am Muot da Barba Peider ob Pontresina!GR (@ DHM25, reproduziert mit Bewilligung des Bundesamtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99) 12 Abb. 5 Test-Verbauungen am Mt. Do/in ob Arol/a!VS (@ DHM25, reproduziert mit Bewilligung des Bundesamtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99) Abb. 6 Verbauungs-Perimeter Wisse Schijen ob RandaNS (@ DHM25, reproduziert mit Bewilligung des Bundesamtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99) 3.3 Begriffe ln einem Permafrostgebiet wird die obere Schicht, die im Sommer jeweils auftaut und im nachfolgenden Winter wieder gefriert, als Auftauschicht (engl. active layef) bezeichnet (Abb. 7, links). Der eigentliche Permafrostkörper beginnt ab dem Permafrostspiegel und weist bis zur Permafrostbasis, der unteren Begrenzung, ganzjährig negative Temperaturen auf. ln diesem Bereich ist der Untergrund also permanent gefroren. Die saisonalen Temperaturschwankungen im Untergrund wirken sich bis zur sogenannten ZAA-Linie (engl. zero-annual-amplitude) aus. Die Schwankungen geschehen entsprechend der Jahreszeiten, im Sommer sind die Temperaturen im Untergrund eher wärmer, im Winter eher kälter. Wegen der thermischen Trägheit des Bodens und Felsens wirken sich die Schwankungen mit zunehmender Tiefe allerdings zeitlich verzögert aus. Damit überhaupt Permafrost im Untergrund vorhanden sein kann, muss die mittlere langjährige Temperatur an der Oberfläche kälter als oo C sein (Abb. 7, links). Wo sich 13 das Temperaturregime im Untergrund mit dem Aussenklima thermodynamisch im Gleichgewicht befindet, kann der konstante geothermische Gradient bis nach oben an die Oberfläche verlängert werden, was die mittlere Bodenoberflächen-Temperatur ergibt. Im Gegensatz dazu ist in Gebieten ohne Parmafrost (Abb. 7, rechts) die mittlere Bodenoberflächen-Temperatur wärmer als oo C. Im Winter gefriert jeweils die obere Schicht temporär, taut aber im folgenden Sommer wieder auf. Es handelt es sich also hierbei nicht um Permafrost, sondern um lediglich saisonalen Winterfrost, der nicht nur in alpinen Regionen, sondern auch im Flachland sehr verbreitet ist. Dabei dringt der Winterfrost bis zur sogenannten Frosteindringtiefe ein. Nicht Permafrost: Permafrost: Mittlere Oberflächentemperatur < O'C Oberfläche Oberfläche Froste in· dringtiefe ZAA·Linle Permafrost· basis .. <: .. ~ <: :::1 ~- ·-·-·-·-·-· negative Temperaturen O'C -·-·-·- · - · -·7 positive Temperaturen ~- ·-·-·-·- -· ·-·-·-·-·-·-·7 negative Temperaturen O'C positive Temperaturen Abb. 7 Temperaturverläufe im Untergrund in einem Permafrostgebiet und zum Vergleich im NichtPermafrostgebiet Bis in welche Tiefe die Auftauschicht in einem Parmafrostgebiet auftaut, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wesentlichen Einfluss haben: - die Eigenschaften des Untergrundes (die Wärmeleitfähigkeit und -kapazität, der vorhandene Eis- bzw. Wassergehalt). - die sommerliche Bodenoberflächen-Temperatur: Sie wird in erster Linie von der Sonneneinstrahlung bestimmt, die von der Hangexposition abhängt. - die Oberflächenbeschaffenheit (Vegetation an der Oberfläche, nackte Felsoberfläche, Hangschutt usw.): Sie beeinflusst im wesentlichen den Wärmeaustausch an der Oberfläche. Am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Abb. 4) beträgt beispielsweise die Mächtigkeit der Auftauschicht ca. 1.5-3.0 m. Am Mt. Dolin ob Arolla/VS (Abb. 5) beträgt sie ca. 2.5 m. Bei beiden Standorten besteht der Untergrund aus 1.0-2.5 m mächtigem blockigem Verwitterungsschutt, der den Fels überlagert. Der Parmafrost ist eher trocken, d.h. er weist einen geringen Eisgehalt auf. 14 Die Tiefe der ZAA-Linie wird einerseits von den Wärmeleiteigenschaften und -kapazitäten des Untergrundes, anderseits von den saisonalen Schwankungen der BodenoberflächenTemperatur beeinflusst. Die ZAA-Linie befindet sich je nach Gegebenheit in 10-20 m Tiefe. Am Muot da Barba Peider liegt sie in ca. 17.5 m Tiefe. Darunter erwärmt sich der Boden wegen der Erdwärme kontinuierlich. Der geothermische Gradient (Abb. 7) beträgt in der Schweiz im Mittel ca. 3° C/1 00 m (Bundesamt für Energie, 1998), d.h. die Erdtemperatur nimmt mit der Tiefe pro 100 m um 3° Celsius zu. ln einem Permafrostgebiet befindet sich die Auftauschicht immer deutlich über der ZAALinie. Der Grund ist, dass das im Untergrund enthaltene Eis das Eindringen der oo Clsotherme sehr stark verlangsamt. Eis weist eine sehr hohe Schmelzwärme von rund 334 kJ/kg auf und die oo C-lsotherme (d.h. die auftauende Schicht) dringt bei weitem nicht bis zur ZAA-Linie. ln Nicht-Permafrostgebieten verhält es sich analog mit dem Eindringen des Winterfrostes. Die Frosteindringtiefe (Abb. 7) hängt von ähnlichen Faktoren ab, im wesentlichen von der Beschaffenheit des Untergrundes, vom vorhandenen Wassergehalt und von der Strenge des Winters. Die Strenge des Winters wird mit der Frostindexzahl (Frostindex = Anzahl Frosttage x mittlere negative Tagestemperatur) beschrieben. Daneben spielt die winterliche Schneedecke eine entscheidende Rolle, da Schnee gute wärmeisolierende Eigenschaften aufweist und den Untergrund in der kalten Jahreszeit vor Frost schützt. 3.4 Vorkommen des Permafrostes 3.4.1 Einflussfaktoren Die mittlere langjährige Bodenoberflächen-Temperatur ist massgebend, ob im Untergrund Permafrost vorkommt oder nicht (Kap. 3.3, Abb. 7). Bei mittleren langjährigen Oberflächen-Temperaturen von kälter als oo C ist mit Permafrost zu rechnen, bei Temperaturen von wärmer als oo C hingegen nicht. Folgende Faktoren beeinflussen die mittlere Oberflächen-Temperatur und sind deshalb entscheidend für das Permafrostvorkommen im Untergrund: - Hangexposition und davon abhängige Sonneneinstrahlung: Die Hangexposition bestimmt die Dauer der Sonneneinstrahlung und den Einfallswinkel. Die Sonneneinstrahlung erwärmt vor allem im Sommer die Geländeoberfläche. Je direkter sie auftrifft, desto effizienter wird die Oberfläche erwärmt. Nebst der Hangexposition bestimmt auch das nachbarliche Geländerelief mit seiner Schattenwirkung die Dauer der Sonnenbestrahlung. ln extremen Schattenlagen kann deswegen Permafrost fleckenhaft in tiefere Höhenlagen hinunterreichen. - Höhenlage und Lufttemperatur: Die Bodenoberflächen-Temperatur steht in direktem Zusammenhang mit der Lufttemperatur, da sie durch den konvektiven Wärmeaustausch beeinflusst wird. Die mittlere Lufttemperatur in der freien Atmosphäre (Abb. 9) korreliert mit der Höhenlage, d.h. je höher man sich befindet, desto kälter ist sie. ln den Alpen beträgt der Temperaturgradient in der freien Atmosphäre ca. 0.65° C auf 100 m. Im Winter wird der Wärmeaustausch zwischen dem Untergrund und dem Aussenklima stark reduziert, da eine wärmeisolierende Schneedecke zwischengeschaltet ist. - Windverhältnisse: Der konvektive Wärmeaustausch zwischen Luft und Oberfläche wird wesentlich von den Windgeschwindigkeiten beeinflusst. Je stärker ein kalter Wind weht, desto stärker wird die Oberfläche abgekühlt und desto mehr Wärme wird dem Untergrund entzogen (sog. wind-chill-effekt). So sind windexponierte Stellen generell günstiger für Permafrost im Untergrund. 15 - Beschaffenheit der Oberfläche: Die für den Wärmeaustausch wichtigen physikalischen Eigenschaften hängen von der Beschaffenheit der Oberfläche ab. Beispielsweise werden dunkle Gesteine, welche die Wärmestrahlung besser absorbieren und weniger reflektieren, stärker erwärmt als helle. Helle Gesteine bleiben unter direkter Sonnenbestrahlung kühler. Nicht nur die Farbe, sondern auch die Struktur der Oberfläche spielt eine Rolle. Ein Felswand mit gleichmässiger Oberflächenstruktur erwärmt sich unter Sonnenbestrahlung besser als grober Blockschutt, durch den kühle Luft durchströmen kann. Abb. 8 Links: Infrarotaufnahme (Tanner 1998) am 26.8.98 am Muot da Barba Peider ob Pontresina. Permafrosthang mit den Test-Verbauungen. Deutlich erkennbar sind die wärmeren Oberflächen-Temperaturen in den Felspartien und bei den Test-Schneebrücken, im Hangschutt ist es deutlich kühler. Rechts: Zur Orientierung normale Fotoaufnahme am 20.10.97 (Foto automatische Kamera SLF). - Winterliche Schneeverhältnisse: Je nach Dichte besteht Schnee zu 60-80% aus Luft. Da Luft einen schlechten Wärmeleiter bildet, weist Schnee gute wärmeisolierende Eigenschaften auf und schützt im Winter den Untergrund vor der Kälte. Eine 70 cm mächtige Schneedecke isoliert beispielsweise gleichwertig wie eine Fassadenisolation mit 12 cm Mineralwolle, welche den neusten Energievorschriften genügt. Windexponierte Stellen mit einer fehlenden oder geringmächtigen Schneedecke sind deswegen tendenziell günstiger für Permafrost. Ebenfalls schneearme kalte Winter wirken sich auf des Temperaturregime des Permafrostes abkühlend aus. Alle diese Faktoren wirken sich in einem komplexen Zusammenspiel auf die mittlere Bodenoberflächen-Temperatur und damit auf das Permafrostvorkommen aus. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, generell eine Meereshöhe zu definieren, ab welcher Permatrost im Untergrund vorkommt. Zum Beispiel trifft es nicht zu, dass ab 2300 m ü. M., wo die mittlere Lufttemperatur in der freien Atmosphäre ca. oo C (Abb. 9) beträgt, Permafrost im Untergrund vorkommt. Wegen der sommerlichen Sonneneinstrahlung und der winterlichen Schneedecke (Isolation) liegt die Permafrostuntergrenze meist höher. ln südexponierten Hängen liegt sie wegen der stark wärmenden sommerlichen Sonnenstrahlung sogar auf ca. 3000 m ü.M. (Abb. 26). 16 3.4.2 Permafrostmächtigkeit Die Permafrostmächtigkeit nimmt generell mit der Höhe zu, da die mittlere Bodenoberflächen-Temperatur abnimmt. King (1996) schätzte am Beispiel des Gernergrates in Zermatt in einem N-S-Schnitt die Permafrostmächtigkeiten ab und zeigte die Zusammenhänge zwischen dem Permafrostvorkommen und der Lufttemperatur bzw. der Hangexposition mit der verbundenen Sonneneinstrahlung auf (Abb. 9). ln nordexponierten Hängen reicht der Permafrost weiter hinunter und der Permafrostkörper ist mächtiger als in südexponierten Hängen auf vergleichbarer Meereshöhe. ln den Übergangszonen kommt der Permafrost oft nicht kontinuierlich, sondern nur fleckenhaft vor. m ü. M. mittlere Jährliche Lufttemperatur in der freien Atmosphäre: ungefähre Mächtigkelt des Permsfrostkörpers mittlere Oberflächen· temperatur: mittlere jährliche Oberflächentemperatur: * =100m 3300 3200 -6' C 3100 -5' C s N -1 ' C -2'C 3000 2900 2800 -3' C 2700 2600 2500 o·c -4'C -1 ' C -2' C -1 ' C 2400 2300 o·c o•c 2200 - Permafrostvorkommen Abb. 9 Schematischer Nord-Süd-Schnitt mit Permafrostverteilung und Permafrostmächtigkeit (angepasst nach King 1996) ln Abhängigkeit der Höhenlage und der Hangexposition kann generell für den alpinen Permafrost von folgenden Mächtigkeiten (Tab. 2) ausgegangen werden. Tab. 2 Permafrostmächtigkeiten in Abhängigkeit der Höhenlage und Exposition N-Expositlon S-Exposition 2500- 3000 m ü. M. einige Meter bis wenige 10 Meter wenige Meter 3000-3500 m ü. M. wenige 10 Meter bis 100 m einige 10 Meter 3.5 Erscheinungen des Permafrostes Der Baugrund im Permafrostgebiet besteht entweder aus Lockergesteinen oder Fels. Lockergesteine setzen sich im Gebirge oft aus Moränen oder Hangschutt zusammen, wobei der Hangschutt häufig das Verwitterungsprodukt des anstehenden Felsens ist. Die Lockergesteine werden je nach Eisgehalt (Tab. 3) unterschieden in trockenen, eisuntersättigten, eisgesättigten und eisübersättigten Permafrost. Diese Unterteilung beruht auf dem Verhältnis vom vorhandenen Eisgehalt zum vorhandenen Porenvolumen im Lockergestein (Abb. 10). 17 Tab. 3 Bezeichnung der Permafrostverhältnisse aufgrundder verschiedene Eisgehalte in einem Lockergesteinsboden Bezeichnung des Permafrostbodens (Lockergestein) Beschreibung Eisgehalt Trocken trockener Parmafrost Kein Eis im Boden Eisgehalt = 0% bis Eisarm eisuntersättigter Permafrost Die Poren sind teilweise mit Eis gefüllt Eisgehalt < Porenvolumen eisgesättigter Permafrost Die Poren sind vollumfänglich mit Eis gefüllt Eisgehalt = Porenvolumen eisübersättigter Parmafrost Der Eisgehalt übertrifft das PorenvoIumen. Die einzelnen Bodenkörner berühren sich nicht mehr. Eisgehalt > Porenvolumen Eisreich Trockenes bis eisuntersättigtes Lockergestein wird mit eisarmen Permafrost, nahezu eisgesättigtes bis eisübersättigtes Lockergestein wird mit eisreichem Permafrost umschrieben. Im Feld kann der Eisgehalt nur qualitativ geschätzt werden. Der genaue Eisgehalt muss im Labor anhand von Bodenproben bestimmt werden, indem im aufgetauten Zustand der Wassergehalt gemessen wird. Luft· Poren trocken eisuntersättigt Q D eisgesättigt Lockergestein Eis eisübersättigt Abb. 10 Schematische Darstellung der verschiedenen Eisgehalte in einem Lockergesteinsboden Im Fels, der sich in einem Parmafrostgebiet befindet, sind die Klüfte oft mit Eis gefüllt. Eine typische Erscheinung von Parmafrost im Gebirge sind die sogenannten Blockgletscher (Abb. 11 ). Es handelt sich hierbei um eisübersättigte Schuttmassen, die wegen ihres viskosen Materialverhaltens langsam talwärts kriechen. Diese Blockgletscher können Abmessungen von mehreren Hundert Meter Länge bzw. Breite aufweisen. Die Blockgletscherströme mit ihren typischen an der Oberfläche auftretenden "Wülste" kriechen in der Grössenordnung von mehreren cm-dm/Jahr talwärts (Hydrologischer Atlas der Schweiz 1999). Die Dynamik dieser einzigartigen Blockströme ist am eindrücklichsten aus der Luft oder vom Gegenhang erkennbar. 18 Die Blockgletscher werden unterschieden in aktive und fossile. Aktive Blockgletscher beinhalten Eis und bewegen sich noch talwärts. Bei fossilen Blockgletschern hingegen ist im Laufe der vergangenen Erwärmung das Eis weggeschmolzen und sie sind heute zum Stillstand gekommen. Häufig sind aber noch alte Kriechstrukturen erkennbar. Abb. 11 Blockgletscher Muragl (Oberengadin, Foto M. Phillips): Sehr schön sind an der Oberfläche die viskosen Kriechstrukturen zu erkennen. Dieser Blockgletscher bewegt sich im aktivsten Teil mit einer max. Geschwindigkeit von 50 cm!Jahr talwärts (Kääb 1998) 3.6 Problematik beim Bauen im Permafrost 3.6.1 Im Lockergesteinsboden Der Eisgehalt, der sehr unterschiedlich sein kann, beeinflusst die geotechnischen Eigenschaften von Lockergesteinsböden. Eisübersättigte grobblockige Schuttmassen, wie es in Blockgletschern der Fall ist, verhalten sich viskos, da der Kornkontakt zwischen den Steinen und Blöcken nicht mehr gegeben ist. Solche Schuttmassen kriechen gravitativ langsam talwärts. Viskoses Verhalten bedeutet, dass unter gleichbleibender Belastung (Normal- oder Scherspannungen) der Boden sich über die Zeit ungedämpft defomiert bzw. kriecht (Abb. 12 und Abb. 13). Das ungedämpfte Kriechverhalten eines Bodens wird auch als "viskoplastisches" Fliessverhalten bezeichnet, wobei gilt: Viskos = Deformationen sind zeitabhängig plastisch = Deformationen sind irreversibel und gehen nicht mehr zurück (im Gegensatz zum elastischem Materialverhalten, wo die Deformationen bei Entlastung wieder zurückgehen) ln der Abb. 12 ist das viskose Materialverhalten unter Normalkraft-Beanspruchung dargestellt. 19 Zeit-Dehnungsdiagramm: konstante Normalspannung a: 1 w Delormatlonsgeschwlndlgkelt V Cl c: ::> c: .<= Q) 0 dE dt Zeit t Abb. 12 Zeit-Dehnungsdiagramm in einem sich viskos verhaltenden Permafrostboden, der mit einer Normalspannung belastet wird. Der Viskositätsmodul des Bodens drückt aus, wie schnell bei einer bestimmten Normalspannung der Boden zusammengedrückt wird (aus Rösli 1982). Der Viskositätsmodul ist spannungsabhängig und folgendermassen definiert: l J'" de ko Sltat . .. = /\.1 = -( j v lS dE Deformationsgeschwindigkeit V dt dt = Normalspannung Die eigentliche Dehnung unter der Spannung cr berechnet sich nach einer gewissen Zeit folgendermassen : Dehnung = (j E =- x A. t t Zeit ln den folgenden Abb. 13 ist das viskose Materialverhalten unter ScherkraftBeanspruchung dargestellt: Zeit-Verzerrungsdiagramm: konstante Sche rspannung -r: dt Verzerrungsgeschw indigkeit V Zeit t Abb. 13 Zeit-Verzerrungsdiagramm in einem sich viskos verhaltenden Permafrostboden, der mit einer Scherspannung belastet wird. 20 Der Viskositätsmodul des Bodens drückt aus, wie schnell bei einer bestimmten Scherspannung der Boden seitlich verzerrt wird (aus Rösli 1982}. Der Viskositätsmodul ist spannungsabhängig und folgendarrnassen definiert: r Viskosität = A =dy dt : dy Verzerrungsgeschwindigkeit dt = Scherspannung Die seitliche Verzerrung unter der Spannung • berechnet sich nach der Zeit t folgendermassen: r Verzerrung= y = - x t A t Zeit ln geneigten Hängen wirken wegen des Überlagerungsdruckes grosse innere Scherspannungen. ln eisübersättigten Schuttmassen oder Blockgletschern bewirken diese Spannungen ein viskoses talwärts-Kriechen. Lawinenverbauungen, die in solchen kriechenden Verhältnissen fundiert sind, werden mitgezogen und erleiden grosse Deformationen, die bei starren Schneebrücken kurzfristig zu einer vollständigen Zerstörung führen können (Abb. 14). Abb. 14 Abgerutschte Schneebrücken (Stahl, Typ DICKRU, o . = 4.0 m) in kriechendem Permafrost (Verbauung Wisse Schijen, Randa!VS, 2980 m ü.M.,). Pro Jahr bewegte sie sich ca. 30 cm talwärts. Nach 5 Jahren musste sie bereits abgebrochen werden. 3.6.2 Im Fels Im kompakten oder wenig zerklüfteten Fels stellen sich die Probleme des viskosen Kriechans nicht, obwohl die Klüfte oft mit Eis gefüllt sind. Das Materialverhalten des Felsens wird vorwiegend durch die Eigenschaften des Festgesteines bestimmt. 3. 7 Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost 3.7.1 Eis als Bindemittel im Permafrostboden und -fels Eis im Permafrostboden wirkt wie Bindemittel und die innere Festigkeit von Lockergesteinsböden wird erhöht. Zahlreiche durch Huder und al. (1979) durchgeführte Triaxversuche zeigten in gefrorenen Böden mit der Temperaturabnahme eine starke Zunahme der Kohäsion. ln Abb. 15 ist ersichtlich, wie die Kohäsion eines gefrorenen siltigen San- 21 des (USCS-Kiassifikation: SM-SC, Eisgehalt ca. 13%} bei -5° C einen sehr hohen Wert von 1.0 N/mm2 (= 1000 kPa) annimmt. Das gleiche Material, ungefroren, weist eine um ca. 170 x kleinere durchschnittliche Kohäsion von nur 5.8 kN/m2 (= 5.8 kPa, SN 670 010 a) auf. ln der gefrorenen Bodenprobe nimmt der innere Reibungswinkel <p bis zur Temperatur von -8° C zu, nachher wieder ab. 30 0 .!: >9o C'l c :I .0 20 ~ 3.0 c ~ /,. c e! Cll c ,!; Ci '0 10 I I t ~ c ~ 0 -15 I / I I I / / I ",..... ---... ....., N 2.0 ' 1'\ {~ E ~ z !: u t c 0 ;;; 0 1.0 's=. ~ 0 :.:: c" -10 -5 -3 ~ -1,5 0 0 Temperatur Tin °C Abb. 15 Triaxversuche an siltigen Sanden bei unterschiedlichen Temperaturen (Huder und a/., 1979) Solches gefrorenes Lockergestein, dessen innere Festigkeit durch das Eis erhöht wird, ist weniger gefährdet auf Murganganrisse oder Hanginstabilitäten. Im Tunnelbau wird diese Art der Bodenverfestigung beim sogenannten Gefrierverfahren genützt. Von der Tunnelbrust aus werden vorgängig horizontale Bohrungen vorgetrieben und das Lockergestein wird künstlich abgekühlt und gefroren. Im Schutz dieses verfestigten gewölbeartigen Eispanzers erfolgt dann nachfolgend der eigentliche Tunnelausbruch. ln Felspartien sind Klüfte oft mit Eis gefüllt. Dieses an den Kluftwandungen angefrorene Eis verbessert die Stabilität von zerklüfteten Felsen. ln Klüfte, die mit Eis gefüllt sind, kann zudem kein Wasser eindringen. Solche wassergefüllten Felsklüfte, in denen sich immense Wasserdrücke aufbauen können, waren oft die Ursache von grossen Fels- und Bergstürzen (Keusen 1999). 3.7.2 Resultate aus der Untersuchung der Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost Phillips (2000) untersuchte im Rahmen des Forschungsprojektes Lawinenverbauungen im Permafrost die mögliche Wechselwirkung zwischen den Verbauungen und dem Permafrost im Untergrund. Stahlverbauungen erwärmen sich unter direkter Sonnenstrahlung. ln einem südexponierten Hang wurden Temperaturen von 30-35° C an den Stahlwerken gemessen. Nach heutigem Stand der Technik werden Stützwerke mittels Mikropfählen, Stabankern und Seilankern fundiert. Nicht ausgeschlossen war ein möglicher Wärmeeintrag über diese Fundationen in den Untergrund, was langfristig zu einem Auftauen des Permafrostes führen könnte .. Da Verbauungen für eine Lebensdauer von bis zu 100 Jahren realisiert werden, rechnete Phillips mit Finite-Eiement-Simulationen den langfristigen Einfluss auf das Temperaturregime des Permafrostes durch. Im Gelände bis in 20 m Tiefe abgeteufte Bohrlöcher, die mit Thermistoren ausgerüstet waren und mit denen kontinuierlich die Temperatur gemessen wurde, dienten der Kalibrierung des thermodynamischen Modells. Zur Messung 22 eines allfälligen Wärmeeintrages waren Mikropfähle und Seilanker der Test-Verbauungen im Parmafrost (Abb. 17) mit Thermistoren instrumentiert. Die langfristigen Simulationen und die Temperatur-Messungen an den Seilankern und Mikropfählen ergaben zwei hauptsächliche Resultate {Abb. 16): 1. Über die Fundationen findet kein nachweisbarer Wärmeeintrag in den Parmafrost statt, der zu einem Auftauen des Parmafrostes führt. 2. Oberhalb der Verbauungen werden die Schneeverhältnisse verändert, da Lawinen nicht mehr anreissen und im Frühling der Schnee länger liegen bleibt. Diese veränderten Schneeverhältnisse haben aber langfristig keinen nachweisbaren erwärmenden Einfluss auf das Temperaturregime im Untergrund. Unterhalb der Verbauungen bildet sich in der Schneedecke häufig ein Spalt infolge Kriechen und Gleiten des Schnees aus. Dieser Spalt, in dem die Isolationswirkung des Schnees fehlt, hat im Gegenteillangfristig einen leicht abkühlenden, also parmafrostfördernden Effekt. Kein Wärmeeintrag über die Fundationen Abb. 16 Interaktion Lawinenverbauung-Permafrost (Phillips 2000) Abb. 17 Mit Temperaturfühlern und Datenlogger instrumentierte Schneenetze am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR, Foto M. Phillips)) 23 3.7.3 Klimaerwärmung Eine mögliche Klimaerwärmung wirkt sich sicher auf das Temperaturregime im Permatrost aus. Ein solche Beeinflussung wird aber unabhängig davon geschehen, ob in einem Hang Verbauungen stehen oder nicht, da die Verbauungen selber die Temperatur im Untergrund nicht beeinflussen. . Generell ist heute noch zu wenig bekannt, wie schnell Permafrost bei einer Klimaerwärmung auftaut. Schon ein geringer Eisgehalt im Permafrostboden oder -fels genügt, dass er thermisch sehr träge reagiert. Eine allfällige Klimaerwärmung wirkt sich deswegen im Untergrund stark verzögert aus. Wegmann (1998) zeigte unter der extremen Annahme einer sprunghaften Temperaturerwärmung von 1.5° C, dass es in einem Felsen mit nur 6% Eisgehalt 100 Jahre dauert, bis die Auftauschicht 15 m eingedrungen ist. ln hochalpinen Lagen ist der Permafrost während einer langen Zeitperiode von Schnee bedeckt. Die Schneedecke bildet in dieser Zeit eine Isolationsschicht zwischen dem Permafrost und dem Klima. ln der Diskussion um den auftauenden alpinen Permafrost wird auch die zukünftige Mächtigkeit und Liegedauer der Schneedecke eine entscheidende Rolle spielen. Es gibt aber noch andere Faktoren zu berücksichtigen, wie die Sonnenstrahlung, der Bewölkungsgrad, die Niederschläge usw. Deren zukünftige Entwicklung hat ebenfalls einen Einfluss auf Permafrostveränderungen. Dies zeigt, dass die Entwicklung des Permafrostes ein komplexes Wechselspiel sein wird, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Es ist deswegen schwierig, fundierte Prognosen für die Permafrostentwicklung bei einer Klimaerwärmung zu machen. Mit sehr vereinfachenden Aussagen oder Katastrophenszenarien von "herabstürzenden Bergen und herabdonnernden Schuttlawinen" ist deswegen vorsichtig umzugehen, denn über die mit schmelzenden Permafrost oft ins Spiel gebrachten Naturereignisse, wie Murgänge, Felsstürze, Steinschlag usw. wissen wir noch zuwenig. Vor allem die Eintretenswahrscheinlichkeit dieser Ereignisse ist die grosse Unbekannte. Allein schmelzender Permafrost genügt zudem noch nicht für solche Naturereignisse (Thalparpan 1998). Die eigentlichen Ursachen wie starke Niederschläge, geologische Schwächezonen, stark wasserführende Klüfte, ungünstige Bodenzusammensetzung sind entscheidender. 3.8 Zusammenfassung Das Permafrostvorkommen hängt von zahlreichen Faktoren ab. Es ist deshalb nicht möglich, generell eine Meereshöhe zu definieren, ab welcher mit Permafrost im Untergrund zu rechnen ist. Vor allem eisreiche Lockergesteine, wie z.B. Blockgletscher, verhalten sich viskos und neigen zu teilweise starken Kriechbewegungen. Bei der Projektierung von Verbaumassnahmen ist dies zu berücksichtigen. Lawinenverbauungen beeinflussen das Temperaturregime des Permafrostes nicht, so dass wegen den Verbauungen auftauender Permafrost zu befürchten wäre. Über die Fundationen wird keine Wärme in den Untergrund geleitet und die veränderten Schneeverhältnisse oberhalb der Verbauungen haben keinen Einfluss. 24 4 Erkundung des Permafrostes Zur Parmafrostprospektion und zur Erkundung des Baugrundes für ein konkretes Bauvorhaben stehen im Gebirge unterschiedliche Methoden zur Verfügung: - direkte Methoden: Sondierungen mit Bohraufschlüssen oder Sondierschlitzen - indirekte Methoden: Schätzformeln, Temperatur der Schneedecke) - halbdirekte Methoden: geophysikalische Sondierungen (Geoelektrik, Seismik, Radar) Geomorphologie, BTS-Messungen (Basis- Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden sie im Feld in Hängen mit Permafrost, am Muot da Barba Peider und Mt. Dolin, getestet. Das Ziel war die Bestimmung von geeigneten Prospektionsmethoden für die Projektierung von hochgelegenen Lawinenverbauungen. 4.1 Direkte Methoden 4.1.1 Erkundungsbohrungen Mit einem Bohrgerät aus dem Lawinenverbau, mit einem lmlochhammer werden im Gelände Bohrlöcher abgeteuft. ln diesen lässt sich zur Erkundung des Parmafrostes die Temperatur messen. Ebenfalls können die Baugrundverhältnisse aufgrund des Bohrfortschrittes bzw. des Bohrwiderstandes durch einen geübten Bohrmeister qualitativ abgeschätzt werden, namentlich kann Fels oder Lockergestein unterschieden werden. Diese Bohrungen sind relativ einfach zu bewerkstelligen und sind kostengünstig (Abb. 1). Falls genauere Aufschlüsse über die Baugrundverhältnisse notwendig sind, sind Rotationskernbohrungen mit Kernentnahme abzuteufen. Im eisreichen Lockergestein sind zwei- bis dreifach Kernrohre einzusetzen und es ist gekühlt zu bohren, damit standfeste Kerne entnommen werden können. Diese Bohrtechnik bedingt allerdings aufwändige Installationen (Abb. 18) und ist wesentlich teurer als einfache Erkundungsbohrungen mit einem lmlochhammer. Abb. 18 Abteufen von Rotationskernbohrungen am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR, 2929 m ü.M., Sommer 1996, Foto M. Phillips) Jahres-Temperaturverlauf im Permafrost ln den Erkundungsbohrlöchern wird das Temperaturprofil des Untergrundes gemessen. Damit die Messresultate richtig interpretiert werden können, sind in Abb. 19 als Beispiel die kontinuierlichen Temperaturmessungen aus dem 20 m tiefen Bohrloch am Muot da 25 Barba Peider ob Pontresina (Abb. 4) aufgezeichnet. Im Winter wird der Untergrund abgekühlt und im Sommer wieder erwärmt, wobei sich die saisonalen Schwankungen wegen der thermischen Trägheit des Untergrundes verzögert auswirken. ln 4.0 m Tiefe ist die wärmste Temperatur ca. Ende Oktober erreicht, die kälteste Temperatur ca. Ende April. Die Temperaturen schwanken saisonal stärker, je weiter oben man im Bohrloch ist. An der Oberfläche weisen sie die grösste Amplitude auf. Die obere ca. 1.5 m mächtige Bodenschicht, die Auftauschicht, ist von ca. Mitte Juli-Anfangs Oktober aufgetaut und gefriert im nachfolgenden Winter wieder. 1.0 ° ober Schi eh aufg_et ut / f_ ~v \ \AA A (\ 0.0 ° 0 -0.5 :!..... ~ -1.0 ° «i ... 8. 0 1--J -1.5 ° ~ {!!. -2.0 ° -2.5 ° -3.0 ° / ~ '---._ ~ --- ' -3.5 ° N Q) 0 I' O"l c Cll """) \ ~ G --------- ---- --- - r---- :7' ~ -----------;-----+ ---- ~---\- \ ~ .......__ / ......_ "" --Tiefe = 4.0m ( I' O"l I' O"l I' O"l .a Q) t::! :2 <( u.. 0.. - Tiefe= 1.0m '------ ~ - ~ Tiefe= 10.0m ---Tiefe= 17.5m " f-1 CO O"l y \_ ~ .......__ _____ r;:-....., __ E r I' O"l "i:ij :2 I' O"l I' O"l c ::; ::J """) """) I' O"l Cl I' O"l 0. <( Cf) ::J Q) I' O"l I' O"l Si: 0 z > 0 I' O"l N Q) 0 Abb. 19 Saisonaler Temperaturverlauf am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR) in verschiedenen Tiefen (Periode Dez. 96-Dez. 97) ln der folgenden Abb. 20 sind die gleichen Messwerte vom Bohrloch Muot da Barba Peider als Monatsmittel aufgezeichnet. ln dieser Darstellung lässt sich die Tiefe der Auftauschicht abschätzen. Auch ist erkennbar, dass die saisonalen Schwankungen in der Tiefe gedämpft werden. ln 17.5 m Tiefe, bei der ZAA-Linie, bleiben die Temperaturen während das ganzen Jahres mehr oder weniger konstant und schwanken nur noch minim, in diesem Beispiel um lediglich ± 0.05° C. 26 Temperatur [°C] -4.0 -3.0 -2.0 -1.0 0.0 1.0 2.0 0 2 ...... 1 ;J 4 ........ E .! 6 j::Cl) 8 \ .L 1 ZAA-Linie ------[_ · -----r ·---- --~ -------- ----------- -+-Jan 97 10 -+-Mar 97 -+-May97 12 -+-Jul97 14 -Sep97 16 --+-Nov 97 18 Abb. 20 Monatsmittel im Permafrost am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR.) Wegen der Übersichtlichkeit sind nur alle 2 Monate aufgezeichnet. Erkundungsbohrungen: Praktische Durchführung und Temperaturmessung Die Erkundungsbohrungen sind lotrecht bis in eine Tiefe von 8-10 m abzuteufen, um bis zum allfälligen Permafrost im Untergrund vorzustossen. Zur Stabilisierung der Wandung ist das Bohrloch mit einem Polyaethylenrohr zu verrohren. Innerhalb dieses Rohres wird die Temperatur mit einer einfachen Temperatursonde, die am Kabel hinuntergelassen wird, gemessen. Abb. 21 Temperaturmessung mit einem einfachen Temperaturmessgerät in einem Erkundungsbohrloch am Emshorn, kein Permafrost im Untergrund (Oberems/VS, 2480 m ü.M., Exposition NE, Sept. 1996) Im oberen Bereich ist der Zwischenraum zwischen dem Polyaethylenrohr und der Bohrlochwand zur Abdichtung gegen Luftzirkulation mit Mörtel zu verdämmen (Abb. 22). Im Sommer kann durch diesen Zwischenraum warme Luft hineinströmen und die Temperaturmessung verfälschen. Das Rohr ist wasserdicht auszubilden, damit kein Wasser hin- 27 einströmen kann, das gefrieren könnte. Oben ist es mit einem Deckel abzudecken, um das Hinunterfallen von Steinen zu verhindern. Die Sohrstelle ist im Gelände mit einem kleinen Betonschacht zu schützen und beispielsweise mit einem Armierungseisen zu markieren, damit die Sondierstelle auch nach einem Schneefall wieder gefunden werden kann. kleiner Betonschacht mit Deckel Markierung de Bohrloches verdämmen ....0E 0 .. dichtes Poly· aethylenrohr d=50·60 mm ~ ..c0 (wasserdicht, unten II) mit Boden, oben mit Deckel) +-4 Bohrloch d=95mm Abb. 22 Erkundung des Permafrostes: Abteufen eines Bohrloches zur Temperaturmessung. Frühestens 3-4 Wochen nach dem Bohren, sobald sich die Temperatur im Bohrloch stabilisiert hat (Reibungswärme infolge Bohren), wird im Bohrloch alle Meter das Temperaturprofil aufgenommen (Abb. 23 und Abb. 24). Die Temperaturmessungen sollen zweimal in der Periode mit den wärmsten Temperaturen im Untergrund, d.h. einmal im September und einmal im Oktober durchgeführt werden. ln 4 m bis 10 m Tiefe sind die wärmsten Temperaturen im Untergrund eigentlich erst in der Periode November/Dezember (Abb. 19) erreicht. Zu dieser späten Jahreszeit ist es wegen den in Permafrostgebieten bereits oft winterlichen Verhältnissen schwierig oder sogar unmöglich, noch ins Gelände zu gehen. Die Temperaturdifferenz ist aber klein und kann toleriert werden. Die zweimalige Messung soll Fehlmessungen vermeiden. Im Bohrloch gemessene negative Temperaturen bedeuten Permafrost (Abb. 23). Im Temperaturprofil kann die Mächtigkeit der Auftauschicht abgeschätzt werden. Darunter ist der Boden permanent gefroren, was in den Erkundungsbohrungen am Muot da Barba Peider bestätigt wurde, als beim Bohren im Sommer Eispartikel an die Oberfläche gefördert wurden. Die Interpretation gemessener negativer Temperaturen in den oberflächennahen Bereichen hat sorgfältig zu erfolgen. Im Oktober/November erfolgt von oben bereits wieder eine Abkühlung des Bodens (Abb. 20). Bei ,allenfall$ negativen Temperaturen in diesen oberflächennahen Bereichen kann es sich entweder um die wieder gefrierende Auftauschicht oder lediglich um saisonalen Frost handeln, ohne dass Permafrost im Untergrund vorhanden ist. Erst bei negativen Temperaturen, die ab ca. 2-5 m Tiefe gemessen werden, handelt es sich um den eigentlichen Permafrost. 28 Temp. [° C] -2.0 -1.0 I 0.0 1.0 " I - ~ ftauschicht - 2.0 1 --------::V--- ---- ---- l Pe rmafro st I I ~~- -Terrperaturprofil am 10.09.1997 4 E 5- .5 Cl) J Cl) " I I i= 7 8 Abb. 23 Temperaturprofil in einem Erkundungsbohrloch am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR). Die Auftauschicht beträgt ca. 1.5 m. ln einem Nicht-Permafrostgebiet ist hingegen die Temperatur im Herbst über das ganze Profil positiv. ln Abb. 24 ist das Beispiel eines Temperaturprofiles am Emshorn (OberemsNS) dargestellt. Die oberflächennahen Schichten sind durch die sommerliche Wärme stark erwärmt. Bis in eine Tiefe von 6.0 m nimmt die Temperatur ab. Ab dieser Tiefe nimmt die Temperatur wieder leicht zu. Unter Umständen ist in dieser Tiefe der geothermische Gradient erreicht, wobei diese Aussage eine Hypothese ist, die durch tiefere Bohrungen zu bestätigen wäre. ln diesem Baugrund ist demzufolge bis in 8-10 m Tiefe kein Permafrost vorhanden, auch in grösseren Tiefen ist wahrscheinlich kein Parmafrost vorhanden, da die Temperatur in 7.0 m Tiefe mit 3.0° C relativ warm ist. Temp. [° C] 0.0 4 .0 2.0 6.0 8.0 0 2 L E 3 .5 ~ i= I 4 5 6 7 I II' ~ / Nicht Pe rmafrost I - - Terrperaturprof il am10.9.97 '\ I I Abb. 24 Temperaturprofil am Emshorn (OberemsNS, auf 2480 m ü.M., Exposition NO), ab ca. 6.0 m Tiefe nimmt die Temperatur vermutlich wegen der geothermischen Wärme wieder zu. Das Bohrloch kann auch mit einer Thermistorenkette, die an einem Datenlogger zur Datenspeicherung angeschlossen ist, ausgerüstet werden. Dies erlaubt die kontinuierliche Temperaturmessung, ist aber aufwändiger in der Ausführung als die Messung mit einem 29 Hand-Temperaturmessgerät Der Datenlogger wird in einem Betonschacht installiert, wo er vor Steinschlag, Schneedruck und der Witterung geschützt ist. Statt Thermistoren mit Datenlogger sind sogenannte Mini-Temperatur-Datenlogger (Bezeichnung UTL, entwikkelt von Krummenacher 1998) einfacher in der Ausführung. Sie werden in verschiedenen Tiefen in das Bohrloch gehängt werden. Diese kleinen zylinderförmigen Gehäuse (Länge = 86 mm, Durchmesser = 39 mm) sind mit einem Temperaturfühler, einer Batterie und einer Speicherelektronik ausgerüstet. Diese messen autonom und kontinuierlich die Temperatur und speichern sie ab. Weitere Informationen aus den Erkundungsbohrung Mit den Erkundungsbohrungen, die mit herkömmlichen Bohrgeräten aus dem Lawinenverbau abgetewft werden, lässt sich im Hinblick auf die Ausführung der Stützwerke die Bohrbarkeit de's Untergrundes beurteilen. Beim Bohrverfahren mit lmlochhammer wird das zertrümmerte Bohrgut über Luftspülung noch oben gefördert. ln eisreichen Lockergesteinsböden kann der Bohrfortschritt mit konventionellen lmlochhammern stark eingeschränkt oder sogar unmöglich sein. Im eisreichen Lockergestein bildet das Bohrgut oft eine zähklebrige Masse, die schwierig hinauszufördern ist. Eine häufiges Ausblasen des Bohrloches mit Zurückziehen des Gestänges ist notwendig. Bei der Submission ist allenfalls der Hinweis auf Eis im Untergrund zu machen. Der Unternehmer kann eine verminderte Bohrleistung einrechnen und Kostenüberraschungen bei der Ausführung werden vermieden. 4.1.2 Sondierschlitze Falls auf der Baustelle ein Bagger verfügbar ist (z. B. für den Bau einer Erschliessungsstrasse) können auch Sondierschlitze zur Erkundung des Untergrundes abgeteuft werden. Sie haben den Nachteil, dass die Aushubstiefe auf max. 4 bis 5 m Tiefe limitiert ist und dass in einem Hang häufig nicht alle Stellen für den Bagger zugänglich sind. ln Sondierschlitzen kann das geotechnische Bodenprofil visuell aufgenommen werden und Eis im Boden ist erkennbar. Im Schlitz selber können Temperaturmessungen durchgeführt werden. Es ist aber darauf zu achten, dass das Bodenmaterial nach dem Aushub relativ schnell die Lufttemperatur annimmt. Bei Dammprojekten sind Sondierschlitze zudem geeignet, die Abbaubarkeit des für die Dammschüttung notwendigen Materials zu beurteilen. Gefrorene, vor allem eisreiche Lockergesteinsböden sind nur sehr erschwert abbaubar. Unter Umständen ist es bei der Ausführung des Dammes sogar notwendig, gefrorene Partien für die Materialgewinnung vorerst schichtweise auftauen zu lassen, bevor sie abgetragen werden können. Abb. 25 Sondierschlitz im Permafrost: gefrorenes Lockergestein mit Eis, Lawinenauffangdamm Gruben (Turtmannta/NS, 2380 m ü.M., Exposition N, Sommer 97, Foto Alain Broccard) 30 4.2 indirekte Methoden 4.2.1 Schätzformel Haeberli (1975) erkannte aufgrund von zahlreichen Felduntersuchungen zwischen dem Flüelapass und dem Piz Grialetsch (Graubünden), dass Permafrostvorkommen von der Meereshöhe und der Hangexposition abhängt. Mit Abb. 26 kann das Permafrostvorkommen im Untergrund grob abgeschätzt werden. ln NE bis NW-exponierten Hängen reicht Permafrost am weitesten hinunter. ln S-exponierten Hängen ist wegen der wärmenden Sonnenstrahlung erst ab einer Meereshöhe von 3000 m ü.M. mit Permafrost zu rechnen. N w E D II II s Permalrost unwahrscheinlich Permalrost möglich Permalrost wahrscheinlich Abb. 26 Diagramm zur Abschätzung des Permafrostvorkommens (Hanglagen) in Funktion der Meereshöhe und der Hangexposition (Haeberli 1975) Dieses Diagramm erlaubt allerdings nur die grobe Abschätzung bez. Permafrostvorkommen, was mit den Bezeichnungen "unwahrscheinlich, möglich bzw. wahrscheinlich" zum Ausdruck kommt. Mit dem Diagramm kann nicht mit eindeutiger Genauigkeit gesagt werden, ob im Untergrund Permafrost vorkommt oder nicht, da das Permafrostvorkommen nicht nur von der Meereshöhe und der Hangexposition abhängig ist, sondern von weiteren zahlreichen Faktoren (Kap. 3.4.1 ). Das Diagramm gibt aber in der Vorphase eines Verbauprojektes einen groben Anhaltspunkt. Im Gelände kann die tatsächliche Permafrostverbreitung aber von diesem Diagramm abweichen. Deshalb sind bei Vermutung auf Permafrost ergänzend Erkundungsbohrungen abzuteufen, um für ein konkretes Bauvorhaben genaue Kenntnisse über den Baugrund zu erhalten (Kap. 4.1.1 ). 4.2.2 Geomorphologie Geomorphologische Untersuchungen geben wichtige Hinweise für das Vorkommen von Permafrost im Untergrund. Ein erfahrener Geomorphologe/Geologe kann bei einer Begehung im Sommer (keine Schneebedeckung) abschätzen, ob in einem geplanten Verbauperimeter mit Permafrost zu rechnen ist oder eher nicht. Wichtige Hinweise siehe Tab. 4. 31 Tab. 4: Beurteilung der Geomorphologie als Indikator für Permafrost im Untergrund Kriterium für Permafrost im Untergrund spricht: gegen Permafrost im Untergrund spricht: Vegetation keine oder nur sehr karge geschlossener alpiner Rasen Oberflächenbeschaffenheil - - Blockgletscher Kriechformen erkennbar, Solifluktionserscheinungen grobblockiger Schutt keine Kriechformen erkennbar aktiv fossil - - - noch Kriechbewegungen erkennbar keine Vegetation an der Oberfläehe steile Blockgletscherstim - keine Kriechbewegungen mehr, nur noch fossile Kriechformen erkennbar Vegetation an der Oberfläche flache Blockgletscherstirn Bodeneinbrüche Moränen kriechende Formen erkennbar stabil Schneeflecken nie wegschmelzend, perennierend im Sommer wegschmelzend Quellwassertemperaturen <2·'p >2·c Vegetationslose Blockgletscher sind eher aktiv, enthalten noch Eis und können langsam talwärts kriechen, was die Vegetations-Bildung erschwert. Sie weisen eine eher steile Stirn und Ränder auf. Blockgletscher mit Vegetationsdecke sind heute fossil, d.h. das Eis ist weggeschmolzen und sie bewegen sich nicht mehr. ln einem Hang perennierende oder im Sommer lang liegenbleibende Schneeflecken sprechen für Permafrost, da die lokalklimatischen Bedingungen an diesen Stellen für die Schneeschmelze nicht ausreicht. Abb. 27 Lmks. akttver Blockgletscher, wahrscheinlich mit Eis, Suvretta beim Julierpass/GR (2600 m ü.M., Exposition N, Foto M. Phi/fips). Rechts: Fossiler Blockgletscher bei le Catogne, MartignyNS (2100 m ü.M. Exposition NE, Foto C. Crittin) 32 Abb. 28 Links: Wahrscheinlich aktiver kleiner Blockgletscher, Sanetsch-PassNS (2700 m ü.M. Exposition SW, Foto M. Phi/fips). Rechts: Steile Stirn eines aktiven Blockgletschers, Triftgretji, Saas-GrundNS (2500 m ü.M., Exposition NW, Foto C. Crittin) Auf Luftaufnahmen (Abb. 29) oder vom Gegenhang können die Kriechformen von sich viskos verhaltenden Blockgletschern oder kleineren Blockgletscherzungen erkannt werden. Luftaufnahmen für eine erste Beurteilung der Geomorphologie können bezogen werden: - beim Bundesamt für Landestopographie, Wabern, Bern: Aufnahmen für Landeskarten (Massstab ca. 1:30'000) - bei der Koordinationsstelle für Luftaufnahmen, KSL, Dübendorf: projektbezogene Flugaufnahmen (wie Bundesinventar für Trockenwiesen, Moore, Gletscherbefliegungen, Flugaufnahmen für Kantonale Vermessungsdirektionen, projektbezogene Flugaufnahmen, Infrarotaufnahmen usw.). Diese Flugaufnahmen weisen in der Regel einen grösseren Massstab als die Aufnahmen des Bundesamtes für Landestopographie auf, sind also detaillierter. Sie sind aber nicht flächendeckend vorhanden. Auf Infrarot-Luftaufnahmen (Abb. 30), die mit einer speziellen Technik aufgenommen werden, erscheint die Vegetation (Wälder, alpiner Rasen) rötlich. Auf diesen Bildern können aktive vegetationslose Blockgletscher von fossilen Blockgletschern mit Vegetation unterschieden werden. Diese Aufnahmen können ebenfalls bei der Koordinationsstelle für Luftaufnahmen, Dübendorf bezogen werden. 33 Abb. 29 Luftaufnahme vom Gebiet rund um das Brunnethorn (2952 m ü.M., OberemsNS). Erkennbar sind die Kriechformen von Blockgletschern. , ., . . ·~ aktiver j21ockgletscher '·." fossiler - Blockgletscher Abb. 30 Infrarot-Luftaufnahme vom Brunnethorn (2952 m ü.M., OberemsNS). Aufgrund der Vegetation (rötlich) lassen sich aktive von fossilen Blockgletschern unterscheiden. 34 Die Verhältnisse im Hochgebirge sind aber vielfach nicht so eindeutig wie bei Blockgletschern, die sofort als Permafrosterscheinung erkennbar sind. Zukünftige Verbauperimeter befinden sich häufig in Hängen mit Hangschutt (Abb. 31) und es sind keine Kriechformen erkennbar. Die Verbauperimeter können sich zudem im Übergangsbereich von Permafrost zu Nicht-Permafrost befinden, wo Permafrost nicht kontinuierlich, sondern nur fleckenhaftvorhanden ist. ln diesen Verhältnissen kann nur mit Bohrungen und Temperaturmessungen Permafrost eindeutig erkundet werden (Kap. 4.1.1.} Abb. 31 Test-Schneenetze am Mt. Dolin!Arolla. Die Grenze (gestrichelte Linie) zwischen Permafrost und Nicht-Permafrost verläuft knapp unterhalb der Verbauungen. Dies wurde mit Temperaturmessungen in Erkundungsbohrlöchern festgestellt. 4.2.3 BTS-Methode BTS bedeutet Basis-Temperatur der Schneedecke. Diese Temperatur ist ein Indikator für Permafrostvorkommen (Haeberli 1973) im Untergrund sein. Die Methode geht davon aus, dass bei einer winterlichen Schneedecke von Minimum 80 cm die täglichen Temperaturschwankungen an der Basis so stark gedämpft sind, so dass die Basistemperatur der Schneedecke in erster Linie von der Untergrundtemperatur bestimmt wird. Die Messung sollte am Ende der abkühlenden Kaltperiode, d.h. in den Monaten Februar- März erfolgen. Zur Messung wird ein Temperaturfühler, der an einer Stange befestigt ist, durch die Schneedecke bis auf den festen Boden gestessen (Abb. 32}. Mit dieser einfachen Messmethode kann in einem Hang innert kurzer Zeit an mehreren Stellen die Basistemperatur bestimmt werden. Abb. 32 Messung der BTS-Temperatur 35 Wie in Kap. 3.3 gezeigt, kann Parmafrost im Untergrund nur dann vorhanden sein, wenn die mittlere langjährige Bodenoberflächen-Temperatur < oo C ist. Diese Tatsache macht sich die BTS-Methode zu Nutze. Eine mittlere jährliche Oberflächen-Temperatur< oo C ist nur dann möglich, wenn am Ende der Kaltperiode (Monate März/April) die Temperatur an der Basis der Schneedecke deutlich unter oo C ist (Abb. 33), denn im Sommer ist die Oberflächen-T-emperatur sicher deutlich wärmer als oo C. Nicht-Permafrost: Permafrost: -~ .. ~ ~ " -e ~ e .. 0 Oberfläche ... .., ...: J,·-e c: Q) ~ :. .. !~ 'Qj .r: u <·· Cl .... ............ ., ......................> :S:; g~ ' ' : negative "'" O'C Temperaturen c: :::1 <.. .................. '> negative Temperaturen positive Temperaturen positive Temperaturen Abb. 33 BTS-Methode als Indikator für Permafrost im Untergrund (Links: Basistemperatur bei Permafrost, Rechts: Basistemperatur bei Nicht-Permafrost) Mit den gemessenen Basistemperaturen wird entsprechend den folgenden Temperaturbereichen das Parmafrostvorkommen beurteilt: Cii ::: «; § <I> Cl. ~ - c:: <I> c:: ·a; - Cl "' <I> ~ u ·- ~..c~ ~.c (.) E~-: "' 111 §.C Gemessene Basistemperatur .!:! c: .!:! - .c <I> "0 .c > Q; tO c..E~ <I> "' Cl. 3: Cl) -" ' (.c .) 0 ~ ... 111 «;.c § ; <I> c: Cl.:::> -------f-----+--------1-I..".B-as....,.ls-t-emperatur (BTS) ·3'C • 2'C O'C ' Abb. 34 Abschätzung des Permafrostvorkommens aufgrund der gemessenen Basistemperatur nach Haeberli (1973) Diese zwar einfache und kostengünstige Methode hat Nachteile. Aus den Messungen können falsche Schlüsse gezogen werden, da wesentliche Faktoren, die alle die Basistemperatur der Schneedecke beeinflussen, nicht berücksichtigt werden: - Die Strenge bzw. Milde des Winters: Für den Wärmeaustausch an der Schneeoberfläche und die Wärmebilanz in der Schneedecke sind im Winter die Lufttemperaturen, 36 die Windverhältnisse, die direkte und indirekte Sonnenstrahlung, die nächtliche Abstrahlung massgebend. - Die Mächtigkeit und Beschaffenheit der Schneedecke: Während des Winters soll sie im Minimum 80 cm betragen. Wieviel aber genau die Schneehöhe, die wegen seiner Isolationswirkung einen wesentlichen Einfluss auf die Basistemperatur hat, während des Winters betrug, wird nicht berücksichtigt. Die eigentlichen Wärmeflüsse und Wärmebilanzen in der Schneedecke werden durch die Wärmeleitfähigkeit und -kapazität des Schnees beeinflusst. Im Verlauf des Winters nimmt die Wärmeleitfähigkeit wegen der Setzung des Schnees und der zunehmenden Schneedichte zu. - Der Zeitpunkt des Einschneiens: Je später es einschneit, um so stärker wird der Boden vorgängig abgekühlt. - Die Materialzusammensetzung des Bodens: Trockener Schutt kühlt sich wegen der kleinen Wärmekapazität schneller ab als feuchter feinkörniger Boden. Im feuchten Boden wird beim Gefrieren von Wasser Erstarrungswärme freigesetzt und die Abkühlung wird verzögert. Dies ist der Grund, dass in Nicht-Permafrostgebieten die Basistemperatur unter der Schneedecke häufig während des Winters bei oo C liegt. Weiter befinden sich die Verbauperimeter oft im Übergangsbereich von Nicht-Permafrost zu Permafrost. ln diesen Gebieten können die natürlicherweise schwankenden Basistemperaturen nicht eindeutig den klar getrennten Temperaturbereichen gernäss Abb. 34 zugeordnet werden können. ln den Höhenlagen von 2500-3000 m ü.M. sind deswegen falsche Interpretationen der gemessenen Basistemperaturen zu erwarten. Seit 1994 werden Mini-Temperatur-Datenlogger (Bezeichnung UTL, entwickelt von Krummenacher 1998) zur kontinuierlichen Temperaturmessung eingesetzt. Diese werden im Herbst im Gelände versetzt und registrieren autonom während des ganzen Winters die Basistemperatur. Die Schwierigkeit der Interpretation der Basistemperatur bleibt aber bestehen 4.3 halbdirekte Methoden: Geophysik Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden an den beiden Standorten mit den Testverbauungen im Permafrost , am Muot da Barba Peider ob Pontresina und am Mt. Dolin ob Arolla (Abb. 4 und Abb. 5) die geophysikalischen Methoden, die zur Permafrostprospektion eingesetzt werden, getestet. 4.3.1 Geoelektrik ln der Geoelektrik wird der spezifische elektrische Widerstand einzelner Schichten im Untergrund gemessen. Dafür werden an der Oberfläche zwei einspeisende Stromelektroden und zwei abtastende Potenzialsonden angebracht. Der Stromkreis wird über den Untergrund geschlossen und es wird die Potenzialdifferenz gemessen, was Aussagen über den elektrischen Widerstand bzw. über die Gesteinsformationen zulässt. Die Aussagen aus den geoelektrischen Messungen sind um so besser, je unterschiedlicher die elektrischen Widerstände der einzelnen Gesteinsformationen sind. ln der folgenden Tab. 5 sind Erfahrungswerte für verschiedene Materialien im Hochgebirge angegeben. Der elektrische Widerstand ist stark abhängig vom Eisgehalt, grosser Eisgehalt bedeutet einen hohen elektrischen Widerstand. Permafrost weist je nach Eisgehalt einen elektrischen Widerstand von 10-2'000 knm auf. In einem aktiven Blockgletscher lässt sich so der obenflächennahe trockene Blockschutt deutlich von dem darunterliegenden eisreichen Schutt unterscheiden. ln vielen Anwendungen aber überschneiden sich die Wertbereiche der einzelnen Materialien, was die Interpretation der Messresultate erschwert. 37 Tab. 5 Spezifischer elektrischer Widerstand für typische Materialien im Hochgebirge nach VA W (1991) Material elektrischer Widerstand inknm Gletschereis, Toteis 10'000-1 00'000 Lawinenresten, Firnflecken 1'000-1 0'000 Permafrost, Eisgehalt variabel 10-2'000 Blockschutt trocken 5-30 Sturzschutt und Moräne, trocken 3-100 Sturzschutt und Moräne, feucht 1-3 Grundwasser 0.5-2 Fels, stark zerklüftet 5-20 Fels 5-20 Hochgelegene Verbauperimeter befinden sich vielfach im Hangschutt mit eher trockenem bis eisarmem Permafrost. Am Muot da Barba Peider konnte im Hangschutt mit geoelektrischen Messungen Permafrost nicht lokalisiert werden, da der Eisgehalt zu gering war. Die elektrischen Widerstände unterschieden sich hier wegen des zu geringen Eisanteiles nicht signifikant von ungefrorenen Böden. Geoelektrik ist deswegen im trockenen bis eisarmen Hangschutt nicht geeignet zur Permafrost-Erkundung. Im grobblockigen Hangschutt besteht zudem oft die Schwierigkeit eines einwandfreien elektrischen Kontaktes zwischen den Sonden und dem Untergrund. 4.3.2 Seismik ln der Refraktionsseismik wird an der Oberfläche eine künstliche Erschütterung des Bodens mittels eines Hammers oder einer Sprengung ausgelöst. Geophone, die in einem bestimmten Abstand angeordnet sind, registrieren die refraktierten seismischen Wellen. Die unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Wellen in den verschiedenen Schichten lassen Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Untergrundes zu. Die Aussagen sind um so eindeutiger und zutreffender, je unterschiedlicher die Ausbreitungsgeschwindigkeiten in den einzelnen Schichten sind. Auf einem Blockgletscher kann mit der Refraktionsseismik der trockene Blockschutt (meistens entspricht er der Auftauschicht) vom darunterliegenden eisreichen Parmafrost unterschieden werden. Tab. 6 Ausbreitungsgeschwindigkeit Vp der Kompressionswellen für typische Materialien im Hochgebirge nach VAW (1991) Material Ausbreitungsgeschwindigkeit v. [m/s] Gletschereis, Toteis 3'300- 3'800 Lawinenresten, Firnflecken ?-3'000 Permafrost, Eisgehalt variabel 2'000-4'500 Blockschutt trocken 300-600 Sturzschutt und Moräne, trocken 300-1'200 Sturzschutt und Moräne, feucht 1'000- 2'000 Grundwasser 1'500- 2'500 Fels, stark zerklüftet 2'500-4'000 Fels 4'000-6'000 Die Wertbereiche für die einzelnen Materialien überschneiden sich (z. B. Eisreicher Parmafrost und zerklüfteter Fels), was die Interpretation der Messresultate erschwert. 38 Am Muot da Barba Peider konnte mit den seismischen Messungen im trockenen Hangschutt, der den Fels überlagert, Parmafrost nicht erkannt werden, da der Eisgehalt zu gering war. Bei hochgelegenen Verbauperimetern, die sich häufig in solchen Hangsituationen mit trockenem Parmafrost befinden, liefert die Seismik allein keine eindeutigen Aussagen über allfälligen Parmafrost im Untergrund. 4.3.3 Radarmethode Elektromagnetische Wellen werden von einem Sender in den Boden ausgesandt. Die reflektierten Signale werden mit Radarantennen empfangen und aufgezeichnet. Die Wellengeschwindigkeit hängt von der Beschaffenheit der einzelnen Schichten ab, wobei die Eindringtiefe der Wellen eine Funktion der verwendeten Frequenz ist. An Grenzschichten zwischen Materialien mit unterschiedlichen Permittivitäten werden die Radarwellen reflektiert. Die Permittivität ist eine materialabhängige Grösse. Sie beschreibt, wie stark die elektrische Feldstärke abnimmt, nachdem das Material in das elektrische Feld eingebracht wurde. Mit gutem Erfolg wird das Radar auf Eismeeren zur Eisdickenbestimmung und auf Gletschern zur Messung der Gletschermächtigkeit eingesetzt. Bei diesen Anwendungen werden gute Resultate erzielt, weil vom Eis die Permittivität und die damit verbundene Wellengeschwindigkeit bekannt ist. Ebenfalls sind deutliche Grenzschichten ("Eis-Wasser" bzw. "Gletscher-Fels") vorhanden. Anfangs Jan. 1997 wurde zusammen mit der Universität Rovaniemi/Finnland der Hang am Mt. Dolin mit der Radarmethode abgetastet. Das Gerät war auf einem Schlitten montiert und es wurde in Fallrichtung des Hanges ein Profil abgefahren. Da der Schutt und der darunterliegende Fels nur wenig Eis enthielt, waren die empfangenen Signale schwierig zu interpretieren. Aufgrund der Messresultate bzw. deren Interpretation, waren Aussagen, dass Parmafrost im Untergrund vorhanden ist und ab welcher Tiefe die gefrorenen Schichten auftreten, nicht möglich. 4.4 Zusammenfassung Für die Projektierung eines Verbauprojektes muss der Projektverfasser exakte Kenntnisse haben, ob im Untergrund Parmafrost vorhanden ist oder nicht. Die indirekten Prospektionsmethoden (Schätzformeln, BTS-Methode, Beurteilung der Geomorphologie) geben Hinweise, aber für ein geplantes konkretes Bauvorhaben ist die Aussagekraft zu unsicher. Die halbdirekten Methoden, die geophysikalischen Untersuchungen, können im trockenen und eisarmen Hangschutt Parmafrost nicht eindeutig datektieren. Sie können kombiniert (beispielsweise Seismik und Geoelektrik) eingesetzt werden, zur Interpretation der Messresultate sind vielfach zusätzliche Rotationskernbohrungen mit Kernentnahme unumgänglich. Diese punktuelle Informationen aus den Bohrungen können mit den geophysikalischen Messresultaten in die Fläche extrapoliert werden. Diese Untersuchungsmethode ist vor allem für grassflächige Untersuchungsperimeter beispielsweise für Tunnels oder Staudämme geeignet und liefert gute Resultate. Für ein Lawinenverbauprojekt ist diese Methode allerdings sehr aufwändig und kostspielig. Bei der Projektierung von hochgelegenen Verbauperimetern ist ein phasenweises Vorgehen zur Erkundung des Baugrundes am wirtschaftlichsten und aussagekräftigsten. ln einer ersten Phase beurteilt der Projakverfasser mit dem Diagramm zur Abschätzung des Parmafrostvorkommens (Abb. 26) und mit Hilfe geomorphologischer Untersuchungen (Tab. 4) allfälliges Parmafrostvorkommen im Baugrund. Bei Verdacht auf Parmafrost sind in einer zweiten Phase im Verbauperimeter mehrere Erkundungsbohrungen mit einem Bohrgerät aus dem Lawinenverbau (lmlochhammer) abzuteufen und Temperaturmes- 39 sungen in den Bohrlöchern durchzuführen. Mit dieser einfachen Methode kann Permatrost im Untergrund mit grosser Sicherheit detektiert oder ausgeschlossen werden. Zusätzlich liefern diese Bohrungen Informationen zur Bohrbarkeit des Untergrundes und zu dessen geotechnischen Beschaffenheit. 40 5 Beurteilung der Kriechanfälligkeit des Baugrundes Eisübersättigte Lockergesteine neigen wegen ihres viskosen Materialverhaltens zu Kriechbewegungen (Kap. 3.6.1 ). Im kriechenden Permafrost erstellte Lawinenverbauungen werden mitgezogen und die Konstruktionen erleiden grosse Deformationen. Starre Schneebrücken können bei grossen Kriechbewegungen (Abb. 14) innert kurzer Zeit zerstört werden. Bei der Projektierung der Verbaumassnahmen ist deswegen die Beurteilung der Kriechanfälligkeit des Hanges die entscheidende und zentrale Frage (Kap. 6). 5.1 Stabilisierung von Kriechhängen Befindet sich ein projektierter Verbauperimeter in einem Kriechhang, stellt sich die Frage, ob der Hang nicht mit bautechnischen Massnahmen stabilisiert werden kann. Mit überschlägigen Berechnungen wurde am Beispiel Wisse Schijen (Abb. 6) abgeschätzt, welche Ankerkräfte zur Stabilisierung dieses Kriechhanges notwendig wären. Die Berechnungen erfolgten mit zwei Modellen, einem bodenmechanischen und einem viskosen Ansatz. Die Randbedingungen des Bodenmechanischen Modells (Abb. 35) waren: - Lage des Gleithorizontes in 5 m Tiefe Länge des Hanges: 50 m Hangneigung: 30° Angenommene Dichte des eisübersättigten Schuttes: 2.1 t/m 3 Die unbekannten Bodenkennwerte in der Gleitschicht (Reibungswinkel <p und Kohäsion c) wurden mit Stabilitätsüberlegungen rückgerechnet, so dass die Gleitsicherheit des Hanges gerade Fstab = 1.0 beträgt (d.h. der Hang befindet sich in einem labilen _Giei~hgewicht) Gernäss Vollenweider [1999] ist aus Laber-Scherversuchen bekannt, dass die Scherfestigkeit in der Gleitschicht von der Schergeschwindigkeit abhängt. Bei einer Erhöhung der Gleitsicherheit um 20% und bei einem angenommenen Zähigkeitsindex von 0.1 bedeutet diese rheologische Gesetzmässigkeit, dass die Schergeschwindigkeit um das 100-fache reduziert wird. Im Beispiel Wisse Schijen, wo sich der eisübersättigte Hang 30 cm/Jahr talwärts bewegte, würde bei einer Erhöhung der Gleitsicherheit um 20% noch eine Bewegung von 0.3 cm/Jahr verbleiben. Diese Kriechrate ist für Lawinenverbauungen sicher tolerierbar. Abb. 35 Bodenmechanischer Ansatz: Berechnung der notwendigen Ankerkräfte zur Stabilisierung des Permafrosthanges Wisse Schijen (Schematische Skizze). 41 Die Berechnungen mit dem bodenmechanischen Modell ergaben notwendige Ankerkräfte von 700 kN/m\ um die Gleitsicherheit F5 ,ab von 1.0 auf 1.2 zu erhöhen, so dass sich die Kriechbewegungen auf ein tolerierbares Mass reduzieren. Die Randbedingungen des viskosen Modells (Abb. 36) waren: - Lage des Gleithorizontes in 5 m Tiefe - Länge des Hanges: 50 m - Hangneigung: 30° - Angenommene Dichte des eisübersättigten Schuttes: 2.1 t/m3 , Querdehnungszahl v = 0.35, Elastizitätsmodul E = 10'000 N/m2 - Der unbekannte Viskositätsmoduls /.. (Kap 3.6) des eisübersättigten Schuttes wurde rückgerechnet, so dass die Kriechdeformationen des Hanges ohne Verankerungsmassnahmen rund 30 cm/Jahr betragen. Abb. 36 Viskoser Ansatz: Berechnung der notwendigen Ankerkräfte zur Stabilisierung des Permafrosthanges Wisse Schijen (Schematische Skizze). Die Berechnungen am viskosen Modell erfolgten mit einem Finite-Element-Programm, das am SLF zu Schneedruckberechnungen auf Stützwerke eingesetzt wird (Bartelt et al. 1999). Nach 100 Jahren viskosem Kriechen des eisübersättigten Schuttes entwickelte sich ein Druck von 400 kN/m' auf die unverschieblich angenommene Verankerungsplatte. Mit einer Sicherheit von Fsich = 1.6 für das Berechnungsmodell sind die Anker auf Verankerungskräftevon 640 kN/m' zu dimensionieren. Die Berechnungen mit einem bodenmechanischen oder einem viskosen Modell zeigen, dass es bautechnisch unmöglich ist, kriechende Permafrosthänge wirtschaftlich mit Ankern zu stabilisieren, da die notwendigen Ankerkräfte zu gross sind. Es würden sich auch Fragen betreffend der praktischen Ausführbarkeit und des Erfolgs solcher Massnahmen stellen. Allfällige Hangbewegungen müssen als gegeben akzeptiert werden. Stützwerke im kriechenden Permafrosthang müssen so ausgebildet werden, dass sie auf Kriechbewegungen des Hanges wenig empfindlich sind. Verankerungen, die unter den Gleithorizont reichen, werden im Bereich der Kriechdeformationen seitlich belastet. Sie sind aber nicht für die Stabilisierung des Kriechhanges dimensioniert und reduzieren die Kriechbewegungen nicht. Bei zahlreichen in den Alpen bekannten grassflächigen Kriechhängen (z.B. Grindelwald/BE), die geologisch bedingt kriechen und nicht wegen Permafrost, ist die Problematik ähnlich. Bei Neubauten in diesen Hängen müssen die Kriechbewegungen akzeptiert werden, da die bautechnische Stabilisierung in den meisten Fällen viel zu aufwändig wäre. Bei der Erstellung von Gebäuden in solchen Kriechhängen wird das Untergeschoss 42 vielfach in Beton als steife Kiste ausgebildet, die quasi im Kriechhang gleichmässig mitschwimmt und differenzielle Setzungen des Gebäudes werden vermieden. 5.2 Kriechbewegungen in Permafrosthängen mit Lockergestein ln Permafrosthängen mit grobblockigem Lockergestein sind zwei unterschiedliche Arten von Kriechen möglich (Abb. 37): - Das viskose Kriechen von eisreichem Lockergestein und das Gleiten im Gleithorizont Das viskose Kriechverhalten des Eis-Schutt-Gemisches (wie es in Kap. 3.6.1 beschrieben wurde und wie es in aktiven Blockgletschern auftritt) kann sich bis in grosse Tiefen von mehreren 10 m abspielen. Beim Blockgletscher Val Giandians ob Pontresina wurde in lnklinometermessungen (Hoelzle 1998) zusätzliches Gleiten an der Basis des Blockgletschers, d.h. in einer Gleitschicht im Übergangsbereich zum Fels registriert worden. lnfolge Kriechen und Gleiten können bei Blockgletschern Bewegungen von mehreren cm-dm/Jahr an der Oberfläche resultieren. - Das Schuttkriechen von labilem Hangschutt: Diese Form des Kriechens ist geotechnisch bedingt und tritt vor allem in locker gelagertem Schutt auf. Blockiger Hangschutt, der in höhergelegenen Regionen häufig anzutreffen ist, entsteht aus der Verwitterung des Felsens. Dieser lagert sich in einer natürlichen Böschungsneigung von 30-38° an, was der inneren Reibung des Schuttes entspricht. Diese Hänge weisen geotechnisch eine innere Sicherheit von F ~ 1.0 auf, d.h. sie befinden sich in einem labilen Gleichgewicht. Falls dieses labile Gleichgewicht gestört wird, beispielsweise wenn der Hang begangen wird, werden oberflächlich Steine und Blöcke losgelöst, die anschliessend den Hang hinunterstürzen. Die in solchen Verhältnissen auftretenden Kriechbewegungen spielen sich vor allem oberflächennah, in den oberen paar Metern ab. Mit lnklinometermessungen wurden in solchem labilem Hangschutt Bewegungen bis zu mehreren mm- cm/Jahr gemessen (Abb. 41 und Abb. 42). Dieses Schuttkriechen tritt aber nicht nur im Permafrost auf, sondern ist natürlich auch in Nicht-Permafrosthängen mit lockerem Hangschutt möglich. Viskoses Kriechen in eisreichem Lockergestein und Gleiten: Oberflächennahes Schuttkriechen: Abb. 37 Unterschiedliche Kriechbewegungen in Hängen mit Permafrost (Schematische Darstellung). Schuttkriechen tritt auch in Nicht-Permafrosthängen auf. Eine weitere Form von Kriechbewegungen in alpinen Hängen sind die sogenannte Soliund Gelifluktion. An den drei Standorten Mt. Dolin (Arolla!VS), Wisse Schijen (Randa!VS) und Muot da Barba Peider (Pontresina/GR) konnten keine Kriechformen erkannt werden, die auf solche Prozesse im Untergrund hindeuten. Solifluktion tritt in Hangsituationen in lehmigen Böden auf, wenn durch Wassersättigung die Kohäsion vermindert wird. Dabei 43 geht der Boden in eine zähflüssige Konsistenz über und fängt an zu fliessen. Dies führt zu girlandenförmigen Loben und Wülsten. Die Gelifluktion ist ein Spezialfall der Solifluktion. Sie tritt vorwiegend im Frühling beim Auftauen des Bodens auf, wenn es infolge der Schneeschmelze zu einer Wasseranreicherung im Untergrund kommt. Der tiefer liegende, noch gefrorene Bodenhorizont (saisonaler Winterfrost oder Permafrost) bildet dabei einen Wasserstauer. ln hochgelegenen Verbauperimetern besteht der Baugrund eher aus grobblockigem Hangschutt (Abb. 38), der in der Regel einen geringen Anteil an feinkörnigem Material {Ton-Silt-Fraktion) aufweist und deswegen nicht zu Solifluktion infolge Wasseranreicherung neigt. Abb. 38 Hangschutt als Folge der Verwitterung des obenliegenden Felsens (Le Catogne, MartignyNS, Foto C. Crittin) Abb. 39 Durch Schuttkriechen freigelegtes Betonfundament bei einem bergseifigen Seilanker von Schneenetzen (Wisse Schijen/Randa/VS) 44 ln Blockgletschern sind Kriechbewegungen von mehreren cm-dm/Jahr gemessen worden (Kääb 1998). Blockgletscher weisen aber häufig wegen des viskosen Materialverhaltens eher flache Oberflächenneigungen (Abb. 11) von unter 30° auf und bilden somit nicht typische Anrissgebiete von Lawinen. Einzig die Stirn eines Blockgletschers kann steilere Neigungen aufweisen, aus denen Lawinen anbrechen können. ln Hängen mit Neigungen von über 30°, die Anrissgebiete von Lawinen bilden, sind eher trockene Permafrostverhältnisse mit einem geringen Eisgehalt im Untergrund zu erwarten. Hangwasser wird im meist grobblockigen, gut durchlässigen Hangschutt wegdrainiert und es kommt nicht zu einer Eisanreicherung im Untergrund. ln solchen Hängen ist kein viskoses Kriechen möglich, da die Eisübersättigung fehlt. Schuttkriechen ist aber in diesem lockeren Hangschutt möglich (Abb. 37). Zur Illustration sind die hydrogeologischen Verhältnisse am Muot da Barba Peider in Abb. 40 aufgezeichnet. Im gut durchlässigen Schutt fliesst Hangwasser (Schmelzwasser, Niederschlagswasser) ab und erst am Hangfuss, im flacheren Teil, verlangsamt sich die Fliessgeschwindigkeit und es kommt zu einer Eisanreicherung im Bereich des Blockgletschers. Blockgletscher Abb. 40 Hydrogeologische Hangwasserverhältnisse am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR, 2860 m ü.M.) 5.2.1 Messkampagne in Hängen mit Permafrost lnklinometermessungen ln lnklinometermessungen am Muot da Barba Peider und am Mt. Dolin wurden im lockeren, eisarmen Hangschutt oberflächennahes Schuttkriechen von mehreren mm-cm/Jahr registriert. Werte in der gleichen Grössenordnung wurden bei den Wissen Schijen (Randa!VS, ca. 3000 m ü.M.) beobachtet. Bei allen 3 Standorten liegen ähnliche Baugrundverhältnisse vor. Mehrere Meter mächtiger Hangschutt überlagert den anstehenden Felsen. Mit Hangneigungen von 35-38° befindet sich der Hangschutt bei diesen Standorten geotechnisch in einem labilen Gleichgewicht. 45 lnklinometermessungen 84 Hangbewegungen seit dem 27.9.96 Geotechnisches Profil Verschiebungen in mm 50 30 40 20 10 0 ~----+-----~-----+-----4------7 0 --+--Verschiebung am 29.9.97 -Verschiebung am 4.8.98 ..,.._Verschiebung am 8.9.99 Abb. 4,1 lnklinometermessungen im Parmafrosthang am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR). Das oberflächennahe Schuttkriechen beträgt mehrere mm-cm/Jahr. lnklinometermessungen DOL 11A Hangbewegungen seit dem 28.8.97 Verschiebungen in 60 50 40 30 20 Geotechnisches Profil mm 10 0 ---Verschiebung am 23.7.98 -+-Verschiebung am 11.10.99 L--------------------------+7 Abb. 42 lnklinometermessungen im Permafrosthang am Mt. Dolin (Arol/a!VS, 2865 m ü.M.). Das oberflächennahen Schuttkriechen beträgt mehrere cm!Jahr. 46 Ingenieurvermessung der Test-Verbauungen Mit der Ingenieurvermessung wurde überwacht, wie stark die Test-Verbauungen, die im Rahmen dieses Forschungsprojektes erstellt wurden, sich im Hang infolge des Kriechens mitbewegen. Am Muot da Barba Peider (vgl. Umschlagsbild) wurden einzelne Messpunkte an den Fundationen, an den Verbauungen selber und bei den Schächten der Bohrlöcher B1-B4 vermessen. Die ersten zwei Messungen wurden herkömmlich mit Theodolit und Laserdistanzmessgerät durchgeführt, die letzte Messung erfolgte mit GPS (engl. GlobaiPositioning-System). Grundriss: 6 \~/ Oberes Schneenetz 10 r 81 0 1 16 ~2 ~:.:,.. 15 ~ 11 ~ ~ Schneebrücke j N Schneenetz 27 Kriechbewegungen in der Fallinie des Hanges 1 Angehängter Schlitten Abb. 43 Situation der Test-Verbauungen und Bohrlöcher (81-84) am Muot da Barba Peider (Pontresina), Auswahl einiger Vermessungspunkte mit Numerierung ln der Tab. 7 sind die gemessenen Kriechbewegungen von einzelnen ausgewählten Messpunkten aufgelistet. Die Bewegungen sind in Richtung der Fallinie dargestellt. Die Resultate sind vorsichtig zu interpretieren, vor allem die Verschiebungen der Fundationen und der bergseitigen Seilanker, da bei diesen sicher noch ein Anteil der Bewegungen infolge Schneebelastung zustande gekommen ist. Die Schächte der Bohrlöcher (Messpunkte 1-4), die keinem Schneedruck ausgesetzt sind, verdeutlichen aber das jährlichen Schuttkriechen bis zu 15 mm/Jahr. 47 Tab. 7 Kriechbewegungen in der Faflinie, aus den durchgeführten Messungen wurden durchschnittliche jährliche Kriechraten berechnet. Punkte Nr. 1 2 3 4 6 10 15 16 19 20 27 29 32 Totalverschiebung {mm] Messperiode 11.10.96--8.9.99 Totalverschiebung [mm] Messperiode 3. 11.97--8.9.99 durchschnittliche jährliche Kriechrate {mm/Jahr] 30 75 18 52 17 16 14 64 24 46 8 1 15 15 38 9 26 9 8 7 32 12 23 25 3 46 Seit Erstellung der Test-Schneenetze im Sommer 1997 am Mt. Dolin (Abb. 31) wurden ebenfalls die Verschiebungen einzelner Messpunkte mittels der Ingenieurvermessung überwacht. Es wurden die Fundationen der Pendelstützen, die Schächte der 2 Bohrlöcher (B1, B2) und die Schächte der 2 lnklinometerrohre (11, 12) vermessen. Grundriss: ~·o""" Schneenetz 6 5 1 4 3 2 1 ~N Kriechbewegungen in der Fallinie des Hanges M K L H Unteres Schneenetz 0 82 0 12 Abb. 44 Situation der Test-Verbauungen am Mt. Dolin!Arolla, der Bohrlöcher (81,82) und lnklinometerrohre (11,12), Situation der Vermessungspunkte ln der Tab. 8 sind die Resultate der Ingenieurvermessung dargestellt. Aus der zweijährigen Messperiode wurden wiederum durchschnittliche jährliche Kriechraten in Richtung der Fallinie an einer Auswahl von Messpunkten berechnet. Die Messresultate bei den Fundationen sind wiederum mit Vorsicht zu interpretieren, da ein Anteil der Verschiebungen der Schneenetze aus dem Schneedruck kommt. Bei den Schächten 11, 12, B1 und B2, die keinem Schneedruck ausgesetzt sind, beträgt das Schuttkriechen bis zu 21 mm/Jahr. 48 Tab. 8 Kriechbewegungen in der Fa/linie, aus den durchgeführten Messungen wurden durchschnittliche jährliche Kriechraten berechnet. Punkte Nr. Totalverschiebung [mm] Messperiode 18.9.97-11.10.1999 durchschnittliche jährliche Kriechrate [mm/Jahr] 2 1 4 2 23 12 3 3 2 7 0 0 8 4 2 9 54 27 10 11 6 21 11 42 12 3 2 81 18 9 82 2 1 5.3 Beurteilung der Kriechbewegungen 5.3.1 Beurteilung aufgrund der Geomorphologie Mit der geomorphologischen Beurteilung und der Feldbegehung kann in einer ersten Phase die Stabilität eines Hanges eingeschätzt werden. Oberflächliche Fliessstrukturen, wie sie auf Blockgletschern oder kleineren Blockgletscherzungen erkennbar sind, deuten auf Kriechbewegungen hin (Abb. 45). Bewegungen in der Grössenordnung von mehreren cm-dm/Jahr sind möglich. ln solchen Verhältnissen dürfen keine Lawinenverbauungen realisiert werden. Bei fossilen Blockgletschern sind noch Fliessstrukturen erkennbar, sie kriechen aber heute nicht mehr und sie sind stabil, da das Eis im Untergrund weggeschmolzen ist. Abb. 45 Abgerutschte Schneebrücken (Typ DICKRU, D = 4.0 m) bei den Wissen Schijen ob Randa/VS, im Mittelteil ist eine kleine stark kriechende Blockgletscherzunge (eisübersättigtes Lockergestein) zu erkennen (Foto St. Margreth). Häufig sind aber in Hängen nicht geomorphologische Strukturen erkennbar, die auf Kriechbewegungen im Untergrund hindeuten. Allenfalls in Absprache mit einem Geologen/Geotechniker muss gutachterlieh entschieden werden, ob ein Verbau gewagt wer- 49 den kann oder ob zuerst eine Messkampagne notwendig ist. Zur Messung der Kriechbewegungen eines zu verbauenden Hanges gibt es zwei Möglichkeiten, die Geländevermessung und lnklinometervermessungen. I 5.3.2 Geländevermessung Im Gelände zu überwachende Punkte (z.B. grosse Steine) werden mit Bolzen versehen, auf die bei der Messung ein Reflektor gesteckt wird. Diese werden geodätisch mit einem Theodoliten und einem Laserdistanzmessgerät einvermessen. Genauigkeiten von ± 1 bis 2 mm können auf eine Distanz von 50 m erzielt werden. Der Instrumentenstandort ist nach Möglichkeit auf stabilem Fels zu installieren und mit Fixpunkten genügend zu versichern. Als weitere Möglichkeit kommen heutzutage GPS-Messgeräte (engl. Globai-PositioningSystem), die mit Satelliten arbeiten, zur Anwendung. Falls mit einer Referenzmessstation (setzt einen in Lage und Höhe bekannten Fixpunkt im Gelände voraus) gearbeitet werden kann, sind Genauigkeiten von± 1-2 cm realistisch. Die Messkampagne hat im Minimum 2-3 Jahre zu dauern, um Aussagen über die Stabilität des Hanges bzw. deren Kriechbewegungen machen zu können. Die geodätischen Vermessungen erfassen allerdings nur die Bewegungen an der Oberfläche. Wie das Bewegungsprofil über die Tiefe im Untergrund (Abb. 37) aussieht, kann nicht beurteilt werden. 5.3.3 lnklinometermessungen Mit lnklinometermessungen (engl. lncline = Neigung) wird das Bewegungsprofil des Hanges gemessen (Abb. 41, Abb. 42). ln Bohrlöcher, die mit einem herkömmlichen lmlochhammer abgeteuft wurden, wird durch eine für geologische Messungen spezialisierte Unternehmung ein Messrohr (Abb. 46) versetzt. Diese 71 mm breiten Kunststoffrohre weisen innen Führungsrillen auf. Im Rohr wird ein Messsonde (Abb. 2), deren Rollen in diesen Rillen geführt wird, hinuntergelassen. ln einem konstanten Tiefenabstand wird die Neigung gegenüber der Lotrechten gemessen. Der so gemessene Polygonzug ergibt die genaue Lage des Messrohres. Die Differenzen zwischen den sogenannten Null- und den Folgemessungen ergibt die effektiven Hangbewegungen. kleiner Betonschacht mit Deckel Markierung des lnkllnometerrohres (z.B. mit Armierungs· eisen d=l2mm) lnkllnometerrohr (Ourchmesse r=71 mm, Rohr, Boden und Deckel wasserdichl) ___.... Bohrloch d=120-13Dmm Abb. 46 Versetzen eines lnklinometerrohres in einem Kriechhang 50 Ideal ist, wenn das lnklinometerrohr unten im Fels im Minimum 1.0 m eingebunden werden kann, um einen sich nicht bewegenden Referenzpunkt zu haben. Falls dies nicht möglich ist, ist der Kopf der lnklinometerrohre geodätisch durch einen Vermesser zu überwachen, um die Absolut-Verschiebungen des gesamten Messrohres zu bestimmen. Die lnklinometerrohre sind wasserdicht auszuführen. Beispielsweise können die Rohrstösse mit einem Schrumpfschlauch abgedichtet werden. Ins Rohr hineinströmendes Wasser, vor allem bei der Schneeschmelze, würde im Rohr wegen des Permafrostes gefrieren und die Messung verunmöglichen. 5.4 Zusammenfassung Die Beurteilung der Stabilität eines Hanges bzw. der möglichen Kriechbewegungen ist die entscheidende Frage, ob ein Hang mit Stützwerken langfristig verbaut werden kann oder ob es bautechnisch nicht verantwortbar ist. Eine Geländebegehung und die Beurteilung der Geomorphologie gibt erste Anhaltspunkte. Mit der Geländevermessung und/oder lnklinometermessungen können die Kriechbewegungen im Gelände während einer Messperiode von minimal 2-3 Jahren direkt bestimmt werden. Vor allem eisreiche Lockergesteinsböden, dazu gehören Blockgletscher und kleinere Blockgletscherzungen, neigen zu viskosem Kriechen bis zu mehreren dm/Jahr. Solche stark kriechenden Hangsituationen dürfen nicht verbaut werden, da die Lebensdauer der Stützwerke nicht gewährleistet ist. Hänge von über 30° weisen im Untergrund aber eher trockenen bis eisarmen Permafrost auf, der nicht zu viskosem Kriechen neigt. Dafür neigt der in Hängen mit Permafrost häufig vorkommende, locker gelagerte Hangschutt, der sich in einem labilen Gleichgewicht befindet, zu Schuttkriechen von mehreren mm-cm/Jahr. Die bautechnische Stabilisierung von Kriechhängen z. B. mit Ankern ist im hochalpinen Gelände bautechnisch sehr schwierig und kommt nicht in Frage, da solche Massnahmen sicher nicht wirtschaftlich auszuführen sind. 51 6 Verbaumassnahmen im Permsfrost 6.1 Baugrundverhältnisse und Kriechraten Verbaumassnahmen in Kriechhängen sind auf die möglichen Kriechraten abzustimmen. ln der Tab. 9 sind Bereiche von Kriechraten in Permafrosthängen und die entsprechenden empfohlenen Massnahmen angegeben. Tab. 9 Kriechraten in einem Permafrosthang und empfohleneMassnahmen Baugrundverhältnisse geschätzte Kriechrate Massnahmen Stabil (vorwiegend im Fels} 0 cm/Jahr Verbau im Anbruchgebiet mit sämtlichen gernäss "Typenliste Lawinenverbau" (Bezugsquelle BUWAL, Dokumentation, 3003 Bern) zugelassenen und für den Standort geeigneten Verbausystemen wenig kriechend (eisarmes Lockergestein, eher stabiler Hangschutt) 0.5-2 cm/Jahr Verbau mit flexiblen Schneenetzen: • erhöhter Aufwand für den Unterhalt wahrscheinlich mässig kriechend (eisreiches Lockergestein, labiler Hangschutt) 2-5 cm/Jahr Verbau mit flexiblen Schneenetzen: • Verbau mit Stützwerken nur bei hoher Kostenwirksamkeit zugelassen • erhöhter Aufwand für den Unterhalt notwendig, da mittelfristig Schäden zu erwarten sind • verminderte Lebensdauer der Stützwerke sind zu erwarten • Alternativen zum Stützverbau im Anbruchgebiet sind zu überprüfen stark kriechend (eisreiches Lockergestein, aktive Blockgletscher, sehr labiler Hangschutt) > 5 cm/Jahr Verbau mit Stützwerken ist nur dann zugelassen, wenn keine Alternativen möglich sind: mittel- und langfristige Lebensdauer ist nicht gewährleistet • Alternativen zum Stützverbau im Anbruchgebiet sind zu ergreifen • Bei den Kriechraten handelt sich um Schätzwerte, da keine langfristigen Erfahrungen mit Verbauungen in kriechenden Baugrundverhältnissen existieren. Deren Festlegung beruhte auf folgenden Gesichtspunkten und Erfahrungen: - ln der Verbauung Wisse Schijen ob RandaNS (Abb. 6) bewegten sich die Schneebrücken (Typ DICKRU, Dk = 4.0 m) in 5 Jahren an der extremsten Stelle total ca. 150 cm (Abb. 45) talwärts, bis sie abgebrochen werden mussten. Schneebrücken, deren Systemaufbau starr ist, sind empfindlich auf Kriechbewegungen des Baugrundes. Es wird angenommen, dass Schneenetze in diesen extremen Verhältnissen weniger stark beansprucht worden wären. - Bei den weiter obenliegenden Schneenetzen (Abb. 47) in der Verbauung Wisse Schijen wurden mittels lnklinometermessungen oberflächennahe Verschiebungen von 1555 mm /Jahr gemessen. Es handelt sich um Schuttkriechen im lockeren Hangschutt. Diese im 1998 begonnene Messkampagne erfolgt zur Überwachung der bereits 1990 realisierten Schneenetze. Die Pendelstützen sind auf Stahlrohren im Hangschutt fundiert. Tal- und bergseitig sind die Netze konventionell mit Seilankern verankert. Diese fast 10-jährigen Schneenetze haben trotz dieses starken Schuttkriechens im LawinenWinter 98/99 ihre Wirksamkeit bewiesen. Als Unterhaltsarbeiten war in den vergangenen Jahren das sporadische Richten der Geometrie notwendig. Bezüglich notwendigen Unterhaltsarbeiten und der Kostenwirksamkeit bedeuten diese Kriechraten folgendes: - Kriechrate bis 2 cm/Jahr: Nach 100 Jahren haben sich die Verbauungen total 2.0 m talwärts bewegt. Es wird davon ausgegangen, dass flexible Schneenetze bei sporadi- 52 sehen Neurichten der Geometrie und entsprechenden Unterhaltsarbeiten, diese Kriechbewegungen in dieser Zeitdauer verkraften. - Kriechrate = 2-5 cm/Jahr: Dies bedeutet nach 100 Jahren eine Deformation von total 2.0-5.0 m. Bei diesen Deformationen kommt man sicher in den Grenzbereich, auch bei flexiblen Schneenetzen. Die Lebensdauer wird vermindert sein und es ist ein stark erhöhter Unterhaltsaufwand zu erwarten. - Kriechraten > 5 cm/Jahr. Bei solchen Kriechraten ist ein Verbau mit Stützwerken im Anbruchgebiet nur in Ausnahmefällen, wenn keine Alternativen möglich sind, zugelassen. Die Kostenwirksamkeit ist infolge der zu erwartenden stark verminderten Lebensdauer kaum gegeben. Abb. 47 Schneenetze Wisse Schijen in sehr labilen Hangschutt im Permafrost (Randa!VS, ca. 3100 m ü.M.) 6.2 Verbaumassnahmen im Permafrostfels ln Hängen, wo der Fels ansteht, sind die Baugrundverhältnisse stabil und nicht kriechend. ln diesen Verhältnissen können für den Standort geeignete Verbautypen gernäss "Typenliste Lawinenverbau" (Bezugsquelle: BUWAL, Dokumentation, 3003 Bern) eingesetzt werden. Klüfte im Fels können mit Eis gefüllt sein, was bei den Bohrarbeiten Schwierigkeiten bereiten kann. Für die Vermörtelung der Anker sind Spezial-Mörtel (Kap. 8) einzusetzen, um die geforderten Qualitätsanforderung, vor allem die notwendige Druckfestigkeit zu erzielen. 6.3 Verbaumassnahmen im Lockergestein 6.3.1 Test-Verbauungen im Rahmen des Forschungsprojektes Am Muot da Barba Peider oberhalb Pontresina/GR (Abb. 4) und am Mt. Dolin oberhalb Arolla/VS (Abb. 5) wurden verschiedene Systeme für kriechende Parmafrostverhältnisse getestet. Am Muot da Barba Peider (vgl. Umschlagsbild) wurden drei Systeme realisiert: Schneenetze, gelenkige Schneebrücken und ein angehängter Schlitten (Abb. 48). Diese Konstruktionen erschienen wegen ihrer Bauart geeignet für kriechende Permafrostverhältnisse. Am Mt. Dolin kamen wegen der Steinschlagsgefährdung nur Schneenetze in Frage (Abb. 31 ). 53 Schneenetz mit Plattenfundation (Geobruggl Gelenkige Schneebrücke Angehängter Schlitten ( Voest-Aipine I (SLF -Typ) Abb. 48 3 verschiedene Test-Verbauungen für kriechende Permafrostverhältnisse (Schneenetze mit Plattenfundation, gelenkige Schneebrücke, angehängter Schlitten) Der neuartige angehängte Schlitten (Abb. 49) wurde im Rahmen dieses Forschungsprojektes für kriechende Parmafrostverhältnisse speziell entwickelt. ln dieser Art ist eine solche Konstruktion noch nie zum Einsatz gekommen. Der Oberbau ist auf einem schlittenartigen Riegel abgestellt, der flach im Hang auf einer Betonausgleichsschicht aufliegt. Die ganze Schlittenkonstruktion ist nur bergseitig an Seilankern angehängt und sollte im Hang mitkriechen. Mit Betonfundamenten werden die hangparallelen Kräfte aus der Schneebelastung in die Axe der Seilanker umgelenkt. Bei den anderen zwei Typen handelt es sich um konventionelle Systeme. Die Fundation bei den Schneenetzen besteht unter der Pendelstütze aus einer Stahlplatte. Die gelenkige Schneebrücke der Voest-Aipine ist ein konventionelles Werk des Typs MG. Dieses 3Gelenk-Stabtragwerk toleriert bis zu einem gewissen Mass die Kriechbewegungen im Untergrund. Starre Riegelwerke (z.B. Züllig, SIFA-Y) sind weniger geeignet, da kleine Kriechbewegungen sofort zu internen Zwängungen führen. Abb. 49 Angehängter Schlitten (Typ SLF), Links: Schlittenkonstruktion, Rechts: Bergseifige Verankerung des Schlittens (Fotos M. Phil/ips) Die drei Systeme (Abb. 48) Test-Verbauungen wurden an beiden Standorten während 3 Jahren beobachtet. Um die Eignung für kriechende Parmafrostverhältnisse zu beurteilen, wurden folgende Kriterien miteinander verglichen: 54 - Flexibilität: Die Schneenetze zeigen bei allfälligen Kriechbewegungen des Untergrundes die beste Flexibilität, da das System lediglich mit Stahlseilen verspannt ist. Die gelenkigen Schneebrücken, deren Knotenverbindungen drehbar ausgebildet sind, verfügen über eine bedingte Flexibilität. Der angehängte Schlitten ist als starres System konstruiert, das sich im Hang mitbewegt Bei unterschiedlichen Kriechbewegungen des Hanges in Niveaulinie kommt es zu internen Zwängungen. - Möglichkeit zum späteren Richten: Die Schneenetze können problemlos an den bergseitigen Verankerungsseilen und den talseitigen Abspannseilen in ihrer Geometrie neu gerichtet werden. Die Geometrie der gelenkigen Schneebrücke kann in einem eingeschränktem Mass an den teleskopierbaren Stützen korrigiert werden. Der angehängte Schlitten kann mit den bergseitigen Verankerungsseilen im Hang neu positioniert werden, so dass die Verbauungen entlang der Niveaulinie wieder eine Linie bilden. Dieses Richten ist allerdings aufwändiger. - Gefahr von internen Zwängungen: Bei den Schneenetzen besteht sozusagen keine Gefahr von internen Zwängungen. Bei den gelenkigen Schneebrücken und beim angehängten Schlitten besteht die Gefahr von internen Zwängungen bei in Niveaulinie differenziellen Kriechbewegungen des Hanges. Falls es dabei zu grossen plastischen Deformationen an den einzelnen Stahlteilen und Verbindungsknoten kommt, wird das Richten der Geometrie sehr schwierig oder sogar unmöglich. - Steinschlagseignung: ln Permafrostgebieten, wo erwartungsgernäss die Vegetation fehlt und Felsverwitterungsprozesse stattfinden, ist die Steinschlagsgefährdung ein zu berücksichtigender Punkt. Schneenetze sind bei Steinschlag geeignet, die gelenkige Schneebrücke und der angehängte Schlitten nicht. - Bereits bewährte Systeme: Bei den Schneenetzen und der gelenkigen Schneebrükken handelt es sich um erprobte Systeme. Der angehängte Schlitten wurde im Rahmen des Parmafrostprojektes erstmals eingesetzt. Der Schlitten ist für unebene Topographien (Runsen, Rippen usw.) nicht geeignet. - Kosten: ln den Parmafrostgebieten mit den eher schwierigen Baugrundverhältnissen (häufig locker Hangschutt) werden sich die Kosten für alle 3 Systeme je nach Situation auf 2000-2500 Fr. pro Laufmeter belaufen. Tab. 10 Zusammenfassender Vergleich und Bewertung der einzelnen Verbausysteme, die im Rahmen des Permafrostprojektes getestet wurden. Schneenetze Gelenkige Schneebrücke angehängter Schiitten Flexibilität (bei Kriechbewegungen des Untergrundes) sehr gross mittelmässig klein Möglichkeit zum Richten sehr gut eingeschränkt eingeschränkt Gefahr von internen Zwängungen klein mittel mittel Steinschlag sehr geeignet ungeeignet ungeeignet Bewährung bereits langjährig erprobt bereits langjährig erprobt neuartiges System Kosten (fertig montiert) 2000- 2300 Fr /m' 2000- 2300 Fr /m' 2200- 2500 Fr /m' Gesamtbeurteilung gut geeignet bedingt geeignet bedingt geeignet Das Kriterium der Flexibilität und der Richtmöglichkeiten sind die wichtigsten Punkte bei der Realisierung von Stützverbauungen in kriechenden Bodenverhältnissen. Diese Bedingungen sind bei den Schneenetzen sehr gut eingehalten. 6.3.2 Verbaumassnahmen mit Schneenetzen in kriechenden Lockergesteins-verhältnissen ln kriechenden Lockergesteinsverhältnissen mit tolerierbaren Kriechraten (entsprechend Tab. 9) sind Schneenetze das geeignetste Verbausystem. Die flexible, nur mit Seilen 55 verspannte Konstruktion passt sich den Kriechbewegungen an. Bei zu grossen Geometrieänderungen lassen sich die Schneenetze an den Abspannseilen und den bergseitigen Verankerungen neu richten, damit die Kräfte wieder plangernäss in die Fundationen eingeleitet werden. Bei der Absteckung der Netze kann allenfalls mit vergrösserten Abständen zwischen der Netzkausche und dem bergseitigern Seilanker gearbeitet werden, um die Teleranzen bei Kriechbewegungen zu verbessern. Die Fundationen wurden für kriechende Permafrostverhältnisse weiterentwickelt und verbessert. Fundation unter den Pendelstützen: Die Fundation unter der Pendelstütze hat mit einem biegesteifen Stahlrohr oder einer Stahlplatte (Abb. 50) zu erfolgen. Diese Konstruktionen sind weniger empfindlich auf eine Schrägstellung der Pendelstütze als die herkömmlichen Swiss-Gewi-Mikropfähle. Im Lawinenwinter 98/99 waren bei zahlreichen Schneenetzen die Krafteinleitungsstellen von den Pendelstützen in die Mikropfähle ein Schwachpunkt Viele schlanken Swiss-GewiPfähle knickten im Kopfbereich seitlich aus trotz der teilweise vorhandenen, zusätzlichen Zugverankerung. Stahlrohr unter Pendelstütze Grundplatte aus Stahl unter Pendelstütze Stahlrohr (dusun = 76 mm t = 10 mm mit Quetschungen) Abb. 50 Fundationstypen unter den Pendelstützen bei den Schneenetzen Abb. 51 Plattenfundation unter der Pendelstütze bei den Schneenetzen. Die Stahlplatte ist berg-und talseilig an den Seilankern befestigt (Foto M. Phi/fips) Das Stahlrohr weist mechanische Quetschungen auf zur Gewährleistung des Verbundes mit dem AnkermörteL Der Pfahlkopf wird mit einem Zuganker zur Verbesserung der Querstabilität gehalten. 56 Die Stahlplatte wird flach auf den Boden aufgesetzt. Zur gleichmässigen Kraftverteilung in den Boden ist sie je nach Situation in eine Betonausgleichsschicht zu versetzen. Im Gelände wird die Stahlplatte durch Stahlseile, die an den berg~ und dem talseitigen Ankern befestigt sind (Abb. 52), gehalten. Die 2 bergseitigen Befestigungsseile müssen 20% der Pendelstützen~Normalkraft aufnehmen. Diese Kräfte werden an die bergseitigen Seilanker abgegeben. Der statische Grundbruch, d.h. das Abgleiten des Erdkeiles unter der Stahlplatte wird durch diese Fixierung verhindert. Betonfundamente sind nicht geeignet, da der Aushub in Schutthängen mühsam und das spätere Nachrichten der Betonfundamente nicht möglich ist. Statt der Fixierung der Stahlplatte mit Befestigungsseilen kann die Platte auch mit einem bergseitigen Seilanker im Gelände gehalten werden. Dieser Anker muss ebenfalls 20% der Normalkraft der Pendelstütze aufnehmen. Abb. 52 Abgleiten des Erdkeiles unter Stahlplatte (statischer Grundbruch) Bergseilige Verankerung: Die Verankerung kann herkömmlich mit einem Seilanker ausgeführt werden. Die berg~ seitige Kraft aus dem Netz wirkt hangparallel und muss in die Axe des Seilankers umge~ lenkt werden (Abb. 53). Damit das Bohrloch von unten nach oben ausinjiziert werden kann und die Umlenkung nicht zu gross ist, wird der Seilanker in der Regel mit einer Nei~ gung von ca. 15° gegenüber der Horizontalen ausgeführt. Oft müssen die Bohrlöcher jedoch wegen der ungenügenden Standfestigkeit des Bo~ denmaterials steiler ausgeführt werden. Dies vergrössert den Umlenkwinkel und die Umlenkkräfte. Sie können bei lockeren Hangschutt ein Einschneiden des Seilankers in den Boden bewirken. Über das armierte Betonfundament werden diese Umlenkkräfte aufgenommen und über eine grössere Fläche verteilt. Je nach Lagerungsdichte des Bo~ dens können diese Betonfundamente Kräfte von 250-400 kN/m2 abgeben. Diese Angabe beruht auf Erfahrungswerten in alpinen Böden. 57 mlnlma115• gegenüber der Horizontalen Abb. 53 Umlenkung der bergseifigen Verankerungskraft 6.3.3 Schutzmassnahmen bei Hängen mit grossen Kriechbewegungen Lockergesteinshänge mit nicht tolerierbaren Kriechraten (entsprechend Tab. 9) können nicht mit Stützwerken verbaut werden, da kein Verbausystem eine kostenwirksame Lebensdauer garantieren kann. Ebenfalls die Stabilisierung von Kriechhängen ist nicht möglich oder bautechnisch zu aufwändig (Kap. 5.1 ). Das Schutzziel gegen die Lawinengefährdung muss durch alternative Massnahmen wie mit Zonenplänen, Ablenkdämmen, Auffangdämmen, Evakuierung usw. erreicht werden Damm in einem Permafrost-Lockergesteinsboden ln eisreichen Lockergesteinsböden (Abb. 54) ist die Erstellung von Dämmen nicht zugelassen. Eisgesättigte bis eisübersättigte Permafrostböden verhalten sich bei erhöhten Spannungen viskoser, d.h. sie kriechen verstärkt. Durch die grosse Erdauflast kann im Boden die Grenzspannung überschritten werden und der Boden kriechtungedämpft oder sogar progressiv (Abb. 55, Kurven 1 und 2). Auffangdamm Permafrostboden (eisreiches Lockergestein) Abb. 54 Verstärktes Permafrostkriechen infolge der Dammauflast in eisreichem Lockergestein 58 z 0 0:: ct ::IE lt: ...... 0 0 TIME lt Abb. 55 Zeitabhängiges Deformationsverhalten von gefrorenen Böden unter gleichbleibender Belastung (Kurve 1 und 2: Ungedämpftes Kriechen, Kurve 3: Gedämpftes Kriechen), nach F. Sanger (1969) Im Parmafrostfels besteht diese Gefahr des verstärkten Permafrostkriechens nicht. ln eisarmen Permafrostböden, in denen kein verstärktes viskoses Kriechen zu erwarten ist, ist mit herkömmlichen geotechnischen Stabilitätsanalysen nachzuweisen, dass die Gesamtstabilität durch die Dammauflast nicht unzulässig vermindert wird. Die Nachweise können mit gradlinigen oder kreisförmigen Gleitflächen erfolgen (Abb. 56). Die Badenkennwerte sind in der Regel nicht bekannt und müssen angenommen werden. Für die Stabilitätsüberlegungen können Sensitivitätsanalysen durchgeführt werden und es kann die Abnahme der Sicherheit infolge der Dammauflast bei unterschiedlichen Bodenkennwerten (Reibungswinkel <p, Kohäsion c) berechnet werden. ~- ~- -·- ·-·-·Abb. 56 Stabilitätsnachweise: Damm in Lockergesteins-Permafrostboden 6.4 Zusammenfassung Bei der Projektausarbeitung ist zu prüfen, welche Kriechbewegungen in einem Hang für Lawinenverbauungen noch toleriert werden können. Wenig bzw. mässig kriechende Hänge sind mit flexiblen Systemen, d.h. mit Schneenetzen zu verbauen. Schneenetze können relativ einfach in ihrer Geometrie gerichtet werden, falls es zu Systemverformungen kommt. Die Pendelstützen sind auf Stahlplatten oder Stahlrohren zu fundieren. Bei stärker kriechenden Hängen sind Alternativen zum Stützverbau im Anbruchgebiet zu prüfen, da die Lebensdauer und Kostenwirksamkeit von Verbauungen nicht gewährleistet ist. ln Variantenstudien und Kostenvergleichen ist unter Umständen für Stützwerke von einer verminderten Lebensdauer (Wilhelm 1999) und von erhöhten Unterhaltsarbeiten auszugehen. Stützverbauungen im Fels bieten keine besonderen Schwierigkeiten, da keine Kriechbewegungen auftreten. Dämme in eisreichen Lockergesteinsböden sind nicht zugelassen, da es durch die grosse Auflast zu verstärktem Parmafrostkriechen im Untergrund kommen kann. 59 7 Verankerung im Parmafrost Nach heutigen Stand der Technik werden die Lawinenverbauungen mit Ankern und Pfählen fundiert. Anker sind Bauelemente, die Zugkräfte in den Baugrund einleiten. Pfähle hingegen können auf Druck, Zug oder Schub beansprucht werden. Im Lawinenverbau sind die Anker nicht vorgespannt, sondern schlaff ausgebildet. Die Zuglieder, i. Allg. Armierungsstäbe, Gewindestangen oder Stahlseile, werden in die Bohrlöcher versetzt, die anschliessend mit Ankermörtel ausinjiziert werden. Die Pfähle sind aus baupraktischen Gründen in der Regel Kleinbohrpfähle oder sogenannte Mikropfähle, da im alpinen Gelände der Einsatz nur kleinerer Bohrgeräte möglich ist. Sie werden als sogenannte Injektionspfähle hergestellt. 7.1 Im Lockergestein 7 .1.1 Problematik von Verankerungen im Permafrostboden Gefrorene Böden (Lockergesteine) weisen ein zeitabhängiges viskoses Deformationsverhalten unter gleichbleibender Belastung auf (Sanger 1969). Bis zu einer Spannung cr 5. cr3 (Abb. 57, Kurve 3) verlaufen die Deformationen gedämpft und klingen mit der Zeit ab. Im Spannungsbereich darüber verlaufen die Deformationen ungedämpft (Kurve 1 und 2). Dieses Materialverhalten tritt vor allem in feinkörnigen eisreichen Permafrostböden auf, wie sie in den Permafrostgebieten in Kanada und Sibirien vorkommen. Diese Böden zeigen unter Belastung (z. B. bei einem Pfahl) nach der Standzeit t, eine progressive Zunahme des Kriechens. Die Standzeit t, ist Spannungs- und Temperatur-abhängig. Unter zunehmender Belastung cr und bei wärmeren Temperaturen (T2 > T,) wird sie verkürzt, d.h. das progressive Knechen des Bodens tritt schneller ein. TIME ,, TIME , 11 Abb. 57 Links: unterschiedliches Kriechverhalten bei verschiedenen Normalspannungen, Rechts: Abhängigkeit der Standzeit t, von der Normalspannung CY und der Temperatur (Sanger 1969) Bei Lawinenverbauungen werden die Fundationskräfte über die Verankerungen in den Baugrund eingeleitet. Diese Kräfte bewirken eine Spannungszunahme im Boden. Das Kriechverhalten des Permafrostbodens bzw. sein viskoses Materialverhalten wurde deshalb mit zahlreichen im Feld durchgeführten Ankerversuchen untersucht. 60 7 .1.2 Versuchsanordnung der Ankerversuche Bei den Versuchen handelte es sich um Zug- bzw. Ausziehversuche (Abb. 58). Für die Langzeit-Versuche wurden zwischen der Presse und dem Ankerkopf 6 Stück Tellerfedern eingebaut, um den Kraftabbau infolge Ankerkriechen und Widerlagersetzung gering zu halten. Teilweise lag die Verankerungsstrecke vollumfänglich im Permafrost. Die freie Ankerlänge, entlang welcher keine Kraft an den Boden abgegeben wird, wurde mit einem Polyaethylenrohr bewerkstelligt. f lerfedern (nur bei Kriechversuch) Cl> I I I I o::n c ;;; "" o::n c :::0 ....ca; "'a; > Swiss Gewi d=32 mm Abb. 58 Links: Versuchsanordnung für Zugversuche, bei den mehrtägigen Kriechversuchen wurden Tellerfedern verwendet, bei den Kurzzeitversuchen wurden die Tellerfedern weggelassen. Rechts: Ausbildung der Versuchsanker Am Muot da Barba Peider und am Mt. Dolin wurden total 19 Kurzzeit-Versuche und total 3 mehrstündige bzw. mehrtägige Langzeit-Versuche durchgeführt. Die Resultate aller Ankerversuche sind im SLF-internen Bericht 700/3 (Thalparpan 1999) ausführlich dargestellt. ln diesem Bericht wird nur eine Auswahl aufgelistet. Bei den Ankerversuchen wurde die Kraft in Laststufen gesteigert und das Kriechverhalten der Anker gemessen. Im halblogarithmischen Kriechdiagramm (Abb. 68) wurde die zulässige Ankerkraft bestimmt. Die Zugversuche erfolgten gernäss der SIA-Norm V191 (1995) und SIA Merkblatt 2010 (1995) nach folgendem Ablaufdiagramm: 61 IVerschiebungazuriahme zwischen 2 und 5 Minuten! Ab. I (2' ... 5') ~0.20mm b.b.l (5' ... 15') !Ver schiebungnunahme zwischen 5 und 15 Minuten! s0.20mm abklingende Kurve abklingende Kurve steiler werdende Kurve Gerade k~1mm Beobachtungszeit um mindestens weitere 4x5 Minuten verlängern bis steiler werdende Kurve k->2mm abklingende Kurve Gerade 1mm<k<2mm (8 Intervalle) Tragwiderstand Ra erreicht oder Oberschritten auf Pa entlasten ( Altoll und Versuch beenden Abb. 59 Ablaufschema für Ankerversuche: Kraftstufen P; auf Pa (Alb&) nächste P1 + AP entlasten und auf Kraftstufe spannen =P, + i t1P gernäss SIA-Norm V191 (1995) 7.1.3 Langzeitverhalten eines Ankers im Permafrostboden Resultate aus den Kriechversuchen Bei beiden Standorten am Muot da Barba Peider und am Mt. Dolin bestand der Untergrund aus grobblockigen eisarmen Verwitterungsschutt (Eisgehalt < 15%) mit teilweise eingeschlossenen feinkörnigeren kiesigen Schichten. Der Schutt war locker gelagert. Einige Anker waren im unteren Verankerungsbereich im stark zerklüftetem Fels eingebunden. ln mehrtägigen bzw. mehrstündigen Langzeit-Versuchen wurde ein abklingendes Kriechverhalten, entsprechend Kurve 3 von Abb. 57 festgestellt. 62 Am Mt. Dolin wurde beispielsweise ein Anker während 15 Std. mit einer gleichbleibenden Kraft von 120 kN belastet (Abb. 60). Der Anker wies eine Totallänge von 3.5 m auf, davon waren 2 m Verankerungslänge und 1.5 m freie Ankerlänge. Die Verankerungsstrekke befand sich im locker gelagerten eisarmen Verwitterungsschutt Kriechversuch A26 Halblogarithmisches Kriechdiagramm Zeit in Min. 1 10 100 1000 0~~~-r------r-----• .. Q)~ E ~ 0.2 +-~------"1"-=-----+-----1 ~ 0.4 +------'~:----J---=...::::>.-....::---+------1 ~ Kraftstufe 80 kN r::::: c ::J ..... ~ ~ 0.6 +-----'~-+----+--.=.....,..---! .5 0.8 +-------'1~~---+------1 ~ <l ~ ~~ -+- Kraftstufe 120 kN ~:.=.. m<l > - - Kriechkurve k=1 .0mm zulässiges Kriechen nach SIA V191 (1995) Abb. 60 Mehrstündiger Kriechversuch am Mt. Dolin/Arolla. Während 15 Stunden (900 Min.) wurde der Anker mit einer Last von 120 kN belastet. Bei einer Belastung von 160 kN ist das zulässige Kriechmass von 1.0 mm gerade noch eingehalten. Laststufe 80 kN wurde nach 5 Min. gestoppt, da das Kriechen deutlich unter dem zulässigen Mass lag. Im halblogarithmischen Diagramm ist das abklingende Deformationsverhalten erkennbar. Im Diagramm wird nach Zeitschritten von 2, 5, 10, 15, 20 Min. usw. die Verschiebungszunahme, d.h. das Ausziehen des Ankers aufgezeichnet. Die Verschiebungszunahme il (i Min.) - il (1 Min.) wird gegenüber dem 1. Zeitschritt nach 1 Min berechnet. Die berechneten Verschiebungszunahmen überschreiten die zulässige Kriechkurve von k = 1.0 mm nicht. Ein zulässiges Kriechen von k = 1.0 mm bedeutet konkret, dass der Anker nach 10 Min. nicht mehr als 1 mm, nach 100 Min. nicht mehr als 2 mm und nach 1000 Min nicht mehr als 3 mm zum Boden hinausgezogen wird. ln allen Ankerversuchen klangen die Deformationen ab, da die Zusatzspannungen, die im Boden durch den Anker induziert wurden, unter den minimalen notwendigen Spannungen für ein ungedämpftes Kriechen lagen. ln den trockenen und eisuntersättigten Lockergesteinsböden werden die Ankerkräfte vorwiegend vom Korngerüst aufgenommen. Die zulässigen Ankerkräfte werden von den geotechnischen Bodeneigenschaften (Korngrössenverteilung, Lagerungsdichte bzw. Konsistenz) bestimmt, so wie es auch in ungefrorenen Böden der Fall ist. Somit können die Anker und Pfähle in eisarmen Permafrostböden, wie sie in den Hängen mit Permafrost zu erwarten sind (Abb. 40), mit herkömmlichen Systemen ausgeführt werden, da die Gebrauchstauglichkeit der Anker wegen des abklingenden Kriechverhaltens gewährleistet ist. ln den Ankerversuchen war erst bei hohen Laststufen, in der Nähe der Ankerbruchlast, das Kriechen ungedämpft, wie es auch in ungefrorenen Böden der Fall ist. Vergleich mit im Labor durchgeführten Kriechversuchen Im Labor am Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ (Huder et al. 1979) wurden für die Erstellung des Milchbucktunnels in Zürich Kriechversuche bei einer Temperatur von -5° C an Moränematerial, bei dem die Kornfraktion Kies entfernt wurde, durchgeführt. Der Eisgehalt der Bodenprobe betrug 13%. Die bis zu 500 h dauernden 63 Kriechversuche zeigten, dass bis zu einaxial aufgebrachten Spannungen von 2000 kN/m2 (2000 kPa) das Kriechen gedämpft ist d.h. mit der Zeit abklingt und asymptotisch einem Endwert zustrebt. Erst bei grösseren Spannungen verläuft das Kriechen ungedämpft. Im Labor am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Karlsruhe (Orth 1986) wurden im Rahmen einer Grundlagenforschung zum Gefrierverfahren Kriechversuche an einem gutabgestuften Sand (Eisgehalt 18%) durchgeführt. ln einem 7-stündigen Versuch zeigte sich, dass bei einer Temperatur von -2° C und bei einer einaxial aufgebrachten Spannung von 1000 kN/m2 das Kriechen gedämpft ist und mit der Zeit abklingt. Erst bei grösseren Spannungen verläuft das Kriechen ungedämpft. Um die Resultate aus den Laborversuchen mit den Verhältnissen bei einem Anker im Permafrostboden vergleichen zu können, wurde die Spannungszunahme unmittelbar um den Anker gernäss nachstehendem Modell abgeschätzt. Dabei wurde angenommen, dass sich die Ankerkraft mit einem Winkel von 18° (Hälfte des Reibungswinkels) seitlich in den Boden ausbreitet. Für die Mantelreibung entlang des Ankers wurde von mittleren Bodenverhältnissen mit einer zulässigen Haftreibung von 60 kN/m' ausgegangen. Ankerlast t \ "' \ 3 \ I \ I t ~l \ \ \ \ I Nortnott-s l:unithtn _Potnnun e. 1Ss ,_ 9s. I ~ Anstehender I "IV!tn• Boden I Ankermörtel w 0.1 m Abb. 61 Spannungsausbreitung im Boden infolge der Ankerlast Gernäss diesem Modell beträgt die Normalspannungszunahme seitlich des Ankers lediglich rund 155 kN/m2 und erreicht somit nur einen Bruchteil der minimalen Spannungen von 1000 bzw. 2000 kN/m2 , die für das ungedämpfte Kriechen eines gefrorenen Sandes (Eisgehalt 18%) oder einer Moräne (Eisgehalt 13%) notwendig wären . Das Kriechen eines Ankers in einem alpinen Permafrostboden wird deswegen bei dieser geringen Spannungszunahme gedämpft sein und mit der Zeit abklingen. 7 .1.4 Resultate aus den Kurzzeit-Zugversuche Total wurden 19 Zugversuche im Permafrostboden am Mt. Dolin und am Muot da Barba Peider durchgeführt. Ein repräsentatives Resultat dieser Ankerversuche ist in Abb. 62 dargestellt. Die Ankerlänge betrug bei diesem Versuch total 5.0 m, davon waren 3 m Verankerungslänge und 2.0 m waren freie Ankerlänge. Der Baugrund bestand aus lockerem grobblockigen Verwitterungsschutt, eingelagert waren feinkörnige kiesige Zwischenschichten. Es wird vermutet, dass der untere Meter des Ankers im stark zerklüfteten Fels eingebunden war. Die Anker erreichte eine Bruchlast von 300 kN. 64 Kurzzeit-Ankerwrsuch A4 Kriechdiagramm 1 10 100 +-----'~"'-':------'::.........----+---------4 -+- Kraftstufe 140 kN 1+----~,....,.t------"'od:---------4 - - - Kraftstufe 240 kN 0.5 Qj Zeit in 1\/in. E-:- ..c c:: ~~ ~J! ---- Kraftstufe 300 kN Cll~ g> ~ 1.5 -t--------~--1---------t :::J-:' .0 c:: ~~ 0 :.=... 2 - t - - - - - ---\---\--'k-- - - - - - --t ~<l Ql > 2.5 +-----------\--"""<--~------4 ---tr- Kraftstufe 340 kN ------ Kraftstufe 360 kN - - Kriechkurve k=2.0nm Bruchlast nach SIA V191 (1995) Abb. 62 Resultate aus dem Kurzzeit-Ankerversuch am Muot da Barba Peider/Pontresina. Bei der Laststufe von 300 kN ist die Bruchlast des Ankers erreicht, da die Kriechgerade k =2.0 mm überschritten wird. Die Resultate aller im Parmafrost durchgeführten Ankerversuche (Thalparpan 1999) lassen sich folgendarrnassen zusammenfassen: - ln den Bodenverhältnissen, wie sie an den Versuchsstandorten angetroffen wurden, d.h. in trockenen bis eisuntersättigten Lockergesteins-Permafrostböden (Eisgehalt < 15%) klangen die Kriechdeformationen in allen Ankerversuchen mit der Zeit ab. Es konnte kein viskoses ungedämpftes Kriechen festgestellt werden. Erst ab Laststufen in der Nähe des äusseren Tragwiderstandes klangen die Deformationen, wie es ebenfalls in ungefrorenen Böden der Fall ist, nicht mehr ab, da der Tragwiderstand im Boden erreicht war. Die zulässige Ankerlast kann mittels Ankerversuchen bestimmt werden. - Im gefrorenen Fels konnten erwartungsgernäss keine ungünstigeren Trageigenschaften als im ungefrorenen festgestellt werden. - Die Streuungen der zulässigen Ankerkräfte bei gleichen Ankerlängen sind auf die inhomogenen Bodenverhältnisse zurückzuführen (unterschiedliche Einbindung im Fels, unterschiedliche Lagerungsdichte des Lockergesteines) und nicht auf das Vorhandensein von Parmafrost im Untergrund. - Die Resultate aus den Ankerversuchen zeigten aber, dass vor allem in sehr lockeren Bodenverhältnissen die Werte teilweise beachtlich von der RL 90, Art. 67 (BUWAL, SLF 1990) abweichen. Die Richtlinie ergibt in diesen Verhältnissen zu hohe zulässige Ankerkräfte wie bereits in anderem Zusammenhang, bei Ankerversuchen im NichtPermafrostboden in der Vallascia/TI (Margreth 1995) festgestellt wurde. Ankerkräfte in sehr lockeren Bodenverhältnissen Alle Ankerversuche, die im Rahmen dieses Forschungsprojektes in sehr lockeren Bodenverhältnissen durchgeführt wurden, wurden zusammengestellt. Mit den Ankerversuchen in der Vallascia/TI (Margreth 1995) wurden sie in einer Regression (Abb. 63) ausgewertet. Bei den Ankerversuchen in der Vallascia handelte es sich um Druckversuche, die Resultate aus den Versuchen wurden deswegen um 50% gernäss der RL 90 Art. 69 (BUWAL, SLF 1990) reduziert und in Zugkräfte umgerechnet. Diese berechnete Regressionsgerade liegt deutlich unter der Kurve für schlechte Bodenverhältnisse gernäss der RL 90 (Abb. 64). 65 Regression sehr lockere Boden~..erhältnisse Zugbeanspruchung z ~ 140 ~ ~ c: <l:: <ll Cl "Ci:i Ul ,ccJ :; N y = 20.522x- 11.13 120 - gj 100 R2 =0.2924 - --............... .....-. ~ 80 ·~ 60 • ~· 40 • 20 0 • Versuche Vallascia • Versuche Perrrafrost -Linear (Versuche Vallascia) 2 3 4 5 6 Bohrtiefe [m] Abb. 63 Auswertung der Resultate aus den AnketVersuchen (Va/lascia/TI und im Permafrost) für sehr lockere Bodenverhältnisse 7.1.5 Dimensionierung der Anker und Pfähle in Permafrostböden Vordimensionierung Die Anker können gernäss folgendem Diagramm (Abb. 64) vordimensioniert werden. Für die Vordimensionierung im Rahmen eines konkreten Projektes müssen im Gelände die Lagerungsdichten visuell abgeschätzt werden oder es bestehen bereits Erfahrungswerte in ähnlichen Baugrundverhältnissen. Die Kurven für mittlere und schlechte Bodenverhältnisse entsprechen der RL 90, Art. 67. Die Unterscheidung der Bodenverhältnisse in mittleren, schlechten oder sehr lockeren Boden bezieht sich auf die Lagerungsdichte des Untergrundes. Mittel bedeutet eine dichte Lagerung, schlecht eine eher lockere Lagerung. Für sehr lockere Bodenverhältnisse wurden die Resultate der Regression der Ankerversuche im Permafrost und in der Vallasciafrl von Abb. 63 eingefügt. zulässige Ankerkräfte (Zug) für nicht gesprengte Anker 250 Tr 1 1mttel 11 I / I ' y / I v/l V I V :/ / V V V V I ) V: J ~/ / V) ~ y "'....... ~ ~ / 200 schlecht z ~ .E 150 ... 111 111 sehr locker ;: GI .lo:: c <( V 100 ~ :; ·~ ~ N 50 ~ ~ ~ -+-schlechter Boden - I "".,.. ~ ........ "".,.. "".,.. "..., 0 2 3 4 5 6 Bohrtiefe in [m] Abb. 64 Diagramm zur Vordimensionierung der Anker 7 rrittlerer Boden --+-sehr lockerer Boden 8 66 Dimensionierung der Anker- und Pfahllängen (Ankerversuche) Für die definitive Dimensionierung der Anker- und Pfahllängen sind Ankerversuche im Gelände notwendig. Im alpinen Gelände sind Ausziehversuche am praktikabelsten. Druckversuche sind sehr aufwändig in der Durchführung und wesentlich teurer, da sie zusätzliche Zuganker als Auflager erfordern. Die Dimensionierung der Pfahllängen für Druckkräfte kann entsprechend der RL 90, Art. 69.4 (BUWAL, SLF 1990) erfolgen, indem für Druck von 50% höheren zulässigen Lasten im Vergleich zur Zugbeanspruchung ausgegangen werden kann. Die Ankerversuche erfolgen mit Vorteil zusammen mit den Bohrungen zur Erkundung des Permafrostes, da die im Gebirge teure Geräte-Installation kombiniert werden kann (Kap. 4.1.1 ). Die Anzahl Ankerversuche soll pro Hektare Verbauperimeter im Minimum 3-5 Stück betragen. Falls die Bodenverhältnisse innerhalb des Verbauperimeters sehr inhomogen sind, ist die Anzahl entsprechend zu erhöhen. Die Auflager zur Aufnahme der Prüfkräfte können am einfachsten mit Eichenschwellen (Abb. 66) ausgebildet werden. Der seitliche Abstand vom Anker zum Auflager soll im Minimum 40-50 cm betragen, um die Ankerlast nicht mit dem Auflager kurzzuschliessen. Abb. 65 Versuchseinrichtung für einen Ankerversuch am Muot da Barba Peider/Pontresina (Foto M. Phillips) Bei grossen Prüflasten kann es allerdings in lockeren Bodenverhältnissen und in Hangsituationen zu Setzungen dieser Eichenschwellen kommen. Deswegen ist die Verankerungslänge zu beschränken, damit die Laststufen beim Ausziehversuch nicht zu hoch werden. Als aufwändigere Alternative können statt der Eichenschwellen zusätzliche Mikropfähle als Auflager erstellt werden. 67 Versuchsanker: ~--,-----y------,--~ Auflagerbalken Eichenschwellen "' ." c E "i)i:C! "' ... -......c"'.., ~ c( Plastikrohr {mit Schrumpfschlauch abgedichtet) Gleitluge Abb. 66 Versuchsaufbau zur Durchführung von Ankerversuchen Die Ankerversuche haben entsprechend folgendem Formular (Bezugsquelle: Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Flüelastr. 11, 7260 Davos-Dorf), das an die SIA V 191 {1995, Abb. 59) und an das SIA Merkblatt 2010 {1995) anlehnt, zu erfolgen: Zug-Ankerversuche Verbauperlmeter: .............................. Ankertyp: .......................................... freie Ankarlänge: ..................................... Verankerungslänge: ................................. Datum:...................................... Sachbearbeiter: ....................... ertOIIt, wenn Hebung des Ankerkopfes [mm) Belastungsablaut P.~P~Abi. bei 0,1 ,2,5..Min.) ~P.~P,-+P1• 1 {Abl. bei 0, 1,2,5.. Min.)~P .~ ....... . Abb. 67 Formular zur Durchführung und Auswertung von Ankerversuchen nach SiA V191/1995 68 Die Laststufen werden sukzessive mit einer hydraulischßn Presse gesteigert und Kraftmessdosen (Messgenauigkeit 1 kN) messen die aufgebrachten Kräfte. Hochpräzise Messuhren (Ablesegenauigkeit: 1/100 mm) registrieren die Kriechdeformationen, d.h. das Ausziehen des Ankers und, falls erwünscht, die Widerlagersetzung. ln einem halblogarithmischen Kriechdiagramm (Abb. 68) wird bei jeder Laststufe das Kriechen, d.h. die zeitliche Verschiebungszunahme des Ankers aufgezeichnet. Ein Kriechmass von kadm= 1.0 mm ist zulässig. Die Einhaltung dieses Kriechmasses bedeutet, dass der Auszug des Ankers gedämpft verläuft und mit der Zeit abklingt. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn die Verschiebungszunahme zwischen 2 und 5 Min. bzw. zwischen 5 und 15 Min. ~ 0.2 mm beträgt. Ansonsten ist die Beobachtungszeit zu verlängern und es ist im halblogarithmischen Kriechdiagramm nachzuweisen, dass das langfristige Kriechen < kadm = 1.0 mm ist (Abb. 59). Anschliessend kann die Kraft bis zu nächsten Belastungsstufe gesteigert werden. Bei einem Kriechen von ksruch = 2.0 mm ist der äussere Tragwiderstand Ra des Ankers , d.h. der Bruch des Ankers erreicht. Kriechdiagramm Zelt t ln Mln. 3 2 0 0.2 0.4 e a; .s _g i .. c 0.6 I~ """' ......... r--..... """'1"""- 0.8 1 ::1 c .,i:l :!. g>:::. _s<s 1.2 1.4 - 5 6 7 8 9 10 20 30 40 50 60 70 80 901 00 ............. "" """' .!! -;. 1.6 .......... r--.... ....... !--- ......._ kadm = 1 .0 mm ......... """ ' ......... r--..... ~ ~ 1.8 2 ' ksruch= 2 .0 mm """""' 2.2 2.4 2.6 2.8 3 - !'..... ...... '5'5 .;. <I 4 """'f"-. ............. ........... ............ " Abb. 68 Halblogarithmisches Kriechdiagramm zur Auswertung der Ankerversuche Aus den Ankerversuchen ergibt sich die zulässige Ankerkraft für 1 Laufmeter Verankerungslänge (Abb. 66) zu: R zul = R. (1) Yrot wobei: Rzut Ra Ytot = zulässige Ankerkraft pro Laufmeter Verankerungslänge in Tiefe a = äusserer Tragwiderstand für ksruch = 2.0 mm für 1 m Verankerungslänge (aus Ankerversuch) = 2.0 (totaler Sicherheitsfaktor) Nach SIA 160 (1989) wird nach heutigem Bemessungskonzept auf der Lastseite (Schneedruck als Leiteinwirkung) ein Sicherheitsfaktor Ya = 1.5 eingesetzt. Nach SIA V 191 (1995) ist der Sicherheitsbeiwert auf Widerstandsseite yR = 1.35. Der totale Sicherheitsfaktor beträgt somit Ytotal = Ya x yR = 1.5 x 1.35 = 2.02. Dieser Faktor entspricht dem totalen Sicherheitsfaktor von 2.0, der in Formel (1) und in der RL 90 (BUWAL, SLF 1990) verwendet wird. 69 Für die Abschätzung der Mantelreibung zwischen dem Anker und dem Boden gehen Lang/Huder (1982) davon aus, dass im Lockergestein die Reibung mit dem Überlagerungsdruck proportional zunimmt (Abb. 69). Die mobilisierbare Mantelreibung Qm nimmt somit ebenfalls proportional mit der Überlagerungstiefe zu. Mantelreibung entlang eines Ankers: Boden mit Dichte y 1.0 ...2.0 Überlagerungsdruck: a, ill 3.0 4.0 E Verlauf der Mantelreibung Q m über die Tiefe horizontaler Erddruck: K x a, Mantel· reibung: Qm ·= N GI 'äi i= Abb. 69 Mantelreibung Qm entlang des Ankers. Der obere Meter wird als nichttragend angenommen. ln einer bestimmten Tiefe schrieben werden: Mantelreibung: a1 kann die mobilisierbare Mantelreibung folgendermassen ge- Qm=UxhxKxcr,xtanp (2) = = = U h Umfang des Ankers Verankerungslänge (z. B. im Zugversuch h = 1.0m) K Erddruckbeiwert az = Überlagerungsdruck in der Tiefe a; tan p = Wandreibungswinkel zwischen Boden und Pfahl Überlagerungsdruck : CJ, = ai a; r X (3) y = Tiefe der Schicht = Dichte des Bodens Im Ankerversuch (Abb. 66) wird die zulässige Mantelreibung Rzut für 1.0 m Verankerungslänge in der Tiefe a bestimmt. Für einen Anker mit einer totalen Ankerlänge L lässt sich in einem homogenen Boden mit folgendem Modell (Abb. 70) die totale zulässige Verankerungskraft berechnen: 70 ,definitiver Anker: Ankerversuch: Rzul Q) Cl Q) c: '"' Q);:: ·.... Q) 1.0 U._..: c: <( 2.0 eh Cl E 3.0 .5 c: :::l Q) '-Cl ~c: ~ c:'"' e!- i= 4.0 Q) > Rzul (aus Zugversuch) 5.0 z Abb. 70 Berechnung der zulässigen Verankerungskraft (Links: Ankerversuch, Rechts: definitiver vollinjizierter Anker mit Länge L) Für den Anker mit Länge L ergibt sich die zulässige Verankerungskraft, indem die Mantelreibung, die im Ankerversuch mit Rzul bestimmt wurde, entlang der gesamten Verankerungsstrecke aufsummiert wird. Für die Mantelreibung wird angenommen, dass sie entsprechend Abb. 70 dreiecksförmig verteilt ist. Im obersten Meter wird sie nicht berücksichtigt, da sie sehr fraglich ist, vor allem in locker gelagerten Böden: LR = J____E!l_zdz Fverankerungskraft a lm = ~: Abkürzungen siehe Abb. 70 (4) (L2-1) Durch Umformung erhält man die Formel für die total erforderliche Ankerlänge in Funktion der effektiv vorhandenen Zug-Verankerungskraft L[m]= Fverankerungskraft X 2 X a +1 (5) R zul wobei: L FVerankerungskraft a = = = totale erforderliche Ankerlänge in [m] effektive Verankerungskraft (ohne Sicherheit) mittlere Tiefe der Verankerungslänge aus dem Ankerversuch in [m] (gemäss Abb. 66) zulässige Ankerkraft aus dem Ankerversuch für 1 m Verankerungslänge Zur Dimensionierung der Pfahllängen für Druck-Verankerungskräftekann die Formel (5) analog angewandt werden, indem Rzul gernäss der RL 90 Art. 69.4 (BUWAL,SLF 1990} um 50% erhöht wird. Auf Druck tragen Pfähle bei gleichen Längen deutlich mehr als auf Zug beanspruchte Anker, da der Spitzenwiderstand einen grossen Anteil der Pfahlkraft aufnimmt. 71 7.1.6 Vergleich mit der Richtlinie für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet Mit zahlreichen durchgeführten Ankerversuchen an gebohrten, nicht geprengten Ankern wurde für die Erarbeitung der RL 90 die Korrelation zwischen den Ankerlängen und den zulässigen Zugkräfte bestimmt. Diese Korrelation wurde für mittleren Boden (dichte Lagerung) und schlechten Boden (eher lockere Lagerung) durchgeführt (BUWAL, SLF 1990, Art. 68). Folgende Korrelationen wurden berechnet: Mittlerer Boden: Fzul =11.8xtl.79 (6) Schlechter Boden: F zul = 16.4 X !1.37 (7) Fzul : t: zulässige Zugkraft [kN] für gebohrte, nicht gesprengte Anker Verankerungslänge des Ankers in [m] -----Mittlerer Boden RL 90 300 -Schlechter Boden RL 90 z...... ~ -;; ca ~ 200+-----_,-------r----~+------+~----~-----1 c <C :::::s N 0+------+------r-----~-----+------+-----~ 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 Bohrtiefe in [m] Abb. 71 Zulässige Zugkräfte in Funktion der Bodenverhältnisse und der Ankerlängen nach RL 90, Art. 67 (BUWAL, SLF 1990) Diese nach RL 90 bestimmten zulässigen Ankerlasten werden in Abb. 72 mit den nach Formel (5) berechneten Ankerlasten verglichen. Die zulässigen Mantelreibungen Rzuz für die Berechnung mit dieser Formel wurden folgendermassen angenommen: Tab. 11 Zulässige Mantelreibung R,", für 1.0 m Verankerungslänge in 3.0-4.0 m Tiefe Bodenverhältnisse Rml mittlerer Boden 60 kN/m' schlechter Boden 45 kN/m' 72 Mittlerer Boden z~ 300 +-- - + - - - - - - - 1 - - - - + - --D"--- - + - -----t -;; ftl j _______ 200t---t---t-~~~r===~===d=====d -e- Berechnung gern. Formel (5) .S .... Rzul=60 kN/m' ~ 100 +-- - - -+-o......_""'----+-----+----1 2.0 3.0 4.0 -Mittlerer Boden RL 90 5.0 6.0 7.0 8.0 Bohrtiefe in [m] Schlechter Boden z~ 300 +-- -t--i j 200 .li - ~ ----1- ---+- --+------.A-- ----1 +-----+-----+-----+----~~~--~r---_, -e- Berechnung gern. Formel (5) Rzul=45 kN/m' 100 +-----+---=.,......;...-=::-----t-------1 - S c hlechter Boden RL 90 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 Bohrtiefe in [m] Abb. 72 Vergleich der zulässigen Ankerlasten (Zug) in verschiedenen Bodenverhältnissen, gernäss der RL 90, Art. 67 (BUWAL,SLF 1990) und berechnet mit Formel (5) Der Vergleich zeigt, dass die nach Formel (5) berechneten zulässigen Ankerlasten bei kurzen Ankerlängen tiefer liegen als die zulässigen Ankerlasten gernäss RL 90. Bei längeren Ankerlängen liegen sie darüber. Die Korrelationen der RL 90, Formeln (6) und (7), basieren auf Erfahrungswerten aus zahlreichen Ankerversuchen, wobei die Unterscheidung in mittleren oder schlechten Boden im Gelände intuitiv geschah. Beim Ansatz gernäss Formel (5) handelt es sich um einen bodenmechanischen Ansatz, indem von der dreiecksförmigen Zunahme der mobilisierbaren Mantelreibung ausgegangen wird. Im Bereich der üblicherweise im Lawinenverbau ausgeführten Verankerungslängen von 3.0 bis 6.0 m sind die beiden Ansätze aber absolut vergleichbar. Verglichen mit den möglichen lnhomogenitäten im Baugrund sind diese Differenzen vernachlässigbar. 73 7.2 Im Fels Im Fels können die Anker nach der RL 90, Art. 65 (BUWAL, SLF 1990} dimensioniert werden. Im Fels stellen sich keine Schwierigkeiten betreffend viskosem Materialverhalten unter Belastung wie in Lockergesteinsböden (Kap. 7 .1.1 ). Für die Injektion der Felsanker sind Spezialmörtel (Kap. 8) einzusetzen. 7.3 Bohrtechnik Im Parmafrost können Schwierigkeiten bei der Förderung des Bohrgutes mit Luftspülung auftreten. Durch den lmlochhammer wird das gefrorene, eishaltige Lockergestein zu einer zähklebrigen Masse zermalmt. Beim Bohren ist unter diesen Umständen ein häufiges Zurückziehen der Lafette und Ausblasen des Bohrloches notwendig. Bei sehr ungünstigen Verhältnissen (sehr eisreicher Untergrund) kann unter Umständen sogar der Bohrfortschritt mit einem lmlochhammer unmöglich sein. Im Fels sind diese Schwierigkeiten geringer. Im oberflächennahen, meist lockeren Hangschutt kann es vorteilhaft sein, die oberen Bohrmeter zu verrohren. Bei ungenügender Standfestigkeit des Lockergesteines ist allenfalls die Verwendung von selbstbohrenden Ankern (kombinierte Bohr- und lnjektionsanker) zu prüfen. Die Bohrbarkeit des Untergrundes kann bei den Erkundungsbohrungen (Kap. 4.1.1) beurteilt und allfällige Massnahmen können geplant werden. 7.4 Zusammenfassung Eisreiche Lockergesteinsböden neigen unter Belastung zu ungedämpftem viskosem Kriechen. Hochalpine Verbauperimeter zeichnen sich aber häufig durch eher eisarmen Hangschutt aus, da es in den steilen Hängen nicht zu einer Eisanreicherung im Untergrund kommt. ln zahlreichen Ankerversuchen im Parmafrost wurde nachgewiesen, dass die Anker unter Belastung nicht ungedämpft kriechen, sondern dass die Deformationen der Anker mit der Zeit abklingen, wie es auch in ungefrorenen Böden der Fall ist. Im Parmafrostfels stellt sich die Schwierigkeit des viskosen Kriechans nicht. Die visuelle Unterscheidung im Gelände in mittlere, schlechte oder sehr lockere Bodenverhältnisse zur Dimensionierung der notwendigen Anker- und Pfahllängen ist äussert schwierig oder unmöglich. Für die definitive Dimensionierung der Ankerlängen sind deshalb Ankerversuche durchzuführen. ln sehr lockerem Hangschutt ergibt die RL 90, Art. 67 (BUWAL, SLF 1990} zu günstige zulässige Ankerlasten. Im hochalpinen Gelände ist die Durchführung von Ausziehversuchen am zweckmässigsten. Druckversuche sind zu aufwändig. Zur Dimensionierung der Pfahllängen für Druckkräfte können die Resultate der Ausziehversuche umgerechnet werden. Die Verankerungen können mit herkömmlichen Bohrgeräten und mit üblichen Verankerungssystemen realisiert werden. Beim Bohren erschwert der Eisgehalt im Untergrund den Bohrfortschritt. Die Bohrbarkeit des Baugrundes kann bei den Erkundungsbohrungen beurteilt werden. Zur Injektion der Anker und Pfähle sind Spezialmörtel für Parmafrost-Bedingungen einzusetzen. 74 8 Ankermörtel im Permafrost 8.1 Allgemeines Zur Injektion der Pfähle und Anker werden im Lawinenverbau pumpbare Ankermörtel eingesetzt. Die Trockenmörtel werden auf der Baustelle in einem Zwangsmiseher mit Wasser angemischt und anschliessend mittels einer Förderpumpe unter Druck in die Bohrlöcher injiziert. Die Mörtel bestehen aus Zement (Bindemittel) und Feinsand (Zuschlagstoff). Zur Erreichung bestimmter Qualitätsanforderungen und zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit werden chemische Zusatzmittel (z. B. Luftporenbildner für die Frostbeständigkeit, Verflüssiger für die Pumpbarkeit) beigemischt. Nach dem Anmischen hydratisiert das Bindemittel Zement mit dem Wasser und bildet beim Erhärtungsprozess Zementstein. Diese nadelförmigen, untereinander verfilzten Kristalle verbinden sich mit dem Feinsand zu einem festen Gefüge, was dem ausgehärteten Mörtel seine Festigkeit verleiht. Die Geschwindigkeit dieser chemischen Reaktion, der Hydratation, hängt von der Temperatur ab. Bei kälteren Temperaturen läuft sie langsamer ab. Falls die Temperatur im Mörtel deutlich unter oo C fällt (0° C genügt noch nicht, da die im Mörtel enthaltenen Salze den Gefrierpunkt hinuntersetzen), gefriert das im Mörtel vorhandene freie Wasser. Bei diesem Gefrierprozess von Wasser zu Eis nimmt das Volumen um 9% zu, was im Mörtel hohe innere Spannungen erzeugt. Diese übersteigen die Zugfestigkeit des jungen Mörtels und führen zu schädigenden Rissen (Abb. 73). Mörtel, in dem bereits in einem frühen Stadium der Hydratation das freie Wasser gefriert, erreicht deshalb die geforderten Druckfestigkeiten nicht. Im Lawinenverbau wird gernäss der RL 90 (BUWAL, WSL 1990) für Ankermörtel eine Druckfestigkeit von 35 N/mm2 gefordert. Abb. 73 Dünnschliffaufnahme einer gefrorenen Mörtelprobe (Mörtel hydratisierte bei einer Permafrosttemperatur von -2.5° C). !Erkennbar sind die schädigenden Mikrorisse (Foto EMPA). Ankermörtel, der im Parmafrost in die Bohrlöcher injiziert wird, kühlt sich ab und nimmt allmählich die negative Temperatur des Untergrundes an. Gernäss den Erfahrungen in diesem Forschungsprojekt liegt die Temperatur im alpinen Parmafrost in den oberen 4-5 m (bis in diese Tiefe werden Stützverbauungen i. Allg. fundiert) bei ca. oo C bis -3° C, max. -4° C. ln diesen Temperaturbereichen erzielen herkömmliche Ankermörtel die geforderten Festigkeiten nicht und es müssen Spezialmörtel entwickelt werden. Diese sollten eine hohe Frühfestigkeit erreichen, bevor der Mörtel im Bohrloch durchgefriert. 75 ln der Praxis geht man von minimalen Druckfestigkeiten von 5-10 N/mm2 ( Hermann 1998) als Richtwert aus, damit es beim Durchfrieren des Mörtels nicht mehr zu schädigenden Rissen kommt. Die Hydratation muss zudem vor dem Gefrieren möglichst abgeschlossen sein, denn gefrorenes Wasser steht für die Hydratation nicht mehr zur Verfügung und sie kann nicht vollständig ablaufen, was die Festigkeit reduziert. An der EMPA, Dübendorf, wurde das Abbindeverhalten von Ankermörtel im Parmafrost geprüft. Diese umfangreichen Untersuchungen erfolgten zweiphasig. ln einer ersten Phase wurde ein herkömmlicher Ankermörtel, der bereits heute unter normalen Bedingungen in nicht gefrorenen Böden eingesetzt wird, geprüft. ln einer zweiten Phase wurden anschliessend drei Spezialmörtel, die von drei Mörtellieferanten speziell für Parmafrostbedingungen entwickelt wurden, getestet. 8.2 Herkömmlicher Mörtel für Permafrostbedingungen 8.2.1 Beschreibung des Mörtels ln den ersten Versuchsserien wurde der Ankermörtel Aliva-LVM der Fa. Aliva AG, Widen getestet. Hergestellt wird dieser Mörtel durch die Fa. Sakret AG, Solothurn. Er erzielt unter normalen Lagerungsbedingungen sehr hohe Festigkeiten. Der feingemahlene Zement bewirkt hohe Frühfestigkeiten und setzt dabei eine relativ grosse Hydratationswärme frei, was für den Einsatz im Parmafrost von Vorteil ist. Materialtechnisch weist der Aliva-LVM Mörtel nach Angabe des Lieferanten die folgenden Eigenschaften auf: - Zementgehalt 44%, Zuschlagstoff (Feinsand): 66% Der Zement ist ein CEM 52,5 R 52.5 bedeutet Druckfestigkeit nach 28 Tagen =52.5 N/mm2 R bedeutet Druckfestigkeit nach 2 Tagen> 30 N/mm2 (frühfester Zement) Die spezifische Oberfläche der Zementkörner beträgt nach Blaine rund 4000 cm2/g (= feingemahlener Zement) W/T-Faktor: 0.18 (Wasser-Trockenmörtei-Faktor) Kornabstufung des Feinsandes: 0-0.8 mm Luftporenbildner: 0.5% des Zementgehaltes (Produkt Marbos) Anlässlich der letzten Eignungsprüfung vom 22. Okt. 1997 an der EMPA erzielte der Mörtel bei einem Prüfklima von 20° C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70% folgende Resultate: - Druckfestigkeit nach 1 Tag: 24.3 N/mm2 nach 28 Tagen: 52.6 N/mm2 - Luftporengehalt im Frischmörtel: 8 Vol.-% - Hohe Frostbeständigkeit FS = 1.7 8.2.2 Versuchsprozedere Das Versuchsprozedere für die Untersuchung des Abbindeverhaltens unter Parmafrostbedingungen wurde möglichst realistisch den Gegebenheiten im Feld angepasst. Ein Solebad, in das die Prüfkörper gestellt wurden, simulierte den Parmafrost (Abb. 74). Der angemischte Mörtel wurde in zylindrische Plastikformen gegossen, deren Durchmesser dem Bohrloch entsprach. Zentrisch war ein Swiss-Gewi-Stahl mit d = 32 mm versetzt. Oben und unten wurde mit einer Wärmedämmung von 30 mm Polystyrol der Wärmeabfluss praktisch verhindert. Der Wärmeabfluss war wie im Bohrloch nur in radialer Richtung möglich. 76 Ansicht der Kühltruhe: Luftzirkulation Ventilator 1 isolierte Kühltruhe Solebad Prüfkörper Kühlaggregat Prüfkörper : Isolation: Polystyrol 3 cm Thermistoren mitte und aussen Kunststoffbehälter 120mm Armierungsstahl Mörtel 0100mm Abb. 74 Laborversuche an der EMPA , Abbindeverhalten von Ankermörtel unter Permafrostbedingungen (EMPA 1999) ln den Versuchsserien zur Prüfung des konventionellen Ankermörtel Aliva-LVM war die Soletemperatur in der luftgekühlten Kühltruhe auf -2.5° C eingestellt. Die Einbringtemperatur des Mörtels wurde zu 5° C gewählt, was ohne weiteres einer Lufttemperatur, die auch im Sommer während den Bauarbeiten auf 3000 m ü.M. herrschen kann, entspricht. ln die Prüfkörper waren innen und aussen Temperaturfühler eingemörtelt, welche die Abkühlung des Mörtels (Abb. 75) massen. Ein Datenlogger zeichnete die Daten kontinuierlich auf. 77 6.0 4.0 ...... 2.0 00 l.{_Mörtel, innen ci.. 0.0 E ~ -2.0 ~\..... ~~ ~ ~ - ..."' / ~ Mörtel, aussen 0 2 4 6 I / ~ ~ ~ ~ Solebad -4.0 J I ,......... 8 10 12 14 16 18 20 Zeit h Abb. 75 Abkühlungsverhalten des Mörtels (Einbringtemperatur 5°C, Solebad -2.5°C, Quelle EMPA) Deutlich zu erkennen ist, wie sich der Mörtel aussen im Prüfkörper schneller abkühlte als innen. Nach etwa 0.5 Stunden sank die Mörteltemperatur bereits unter oo C. Eine plötzliche Erwärmung von -2.5° C auf -0.8° C erfolgte nach etwa 5 Stunden. Bei dieser schlagartigen Erwärmung handelt es sich nicht um Hydratationswärme, denn diese Wärme würde kontinuierlich und nicht schlagartig freigesetzt. Dieser plötzliche Temperaturanstieg ist auf die Freisatzung von Erstarrungswärme beim Gefrieren von Wasser im Mörtel zurückzuführen. Beim Phasenübergang von Wasser zu Eis wird sogenannte Erstarrungswärme von 334 kJ/kg freigesetzt. Der schnelle Abkühlungsprozess und die im Mörtel enthaltenen Salze machten die vorgängig starke Unterkühlung des Mörtels bis auf -2.5° C möglich, ohne dass Wasser gefror. Beim Gefrierprozess sind ca. 20-30% des gesamten, dem Mörtel beigemischten Wassers gefroren. Durch die Volumenausdehnung des Eises entstanden schädigende Risse im Mörtel. Dünnschliffe zeigten unter dem Mikroskop feine Risse und einen Hydratationsgrad von lediglich 50-60% (Abb. 73). 8.2.3 Druckfestigkeiten Die Bestimmung der Druckfestigkeiten erfolgte an zylinderförmigen Probekörpern, die aus dem Prüfkörper gebohrt wurden. Der Durchmesser und die Länge betrug 25 mm. Die Festigkeiten (Tab. 12) wurden sowohl im gefrorenen Zustand und als auch nach 1 Tag Auftauen bei 20° C bestimmt. Tab. 12 Druckfestigkeiten an zylinderförmigen Probekörpern (Durchmesser 25 mm, Länge 25 mm). Mittel aus 6 Probekörpem. Ursprungstemperatur des Mörtels war so C, Solebad war auf -2.5° C eing!3ste/lt. 7. Tag: Nlmm2 14. Tag: Nlmm2 (Standard-Abweichung) 28. Tag: Nl mm2 (Standard-Abweichung) · Druckfestigkeit im gefrorenen Zustand 4.4 7.9 (2.0) 11 .4 (4.1) Druckfestigkeit nach 1 Tag auftauen 4.5 10.3 (2.7) 8.8 (3.9) Die Werte streuen relativ stark, was auf die schädigenden Risse zurückzuführen ist. Die max. mittlere Druckfestigkeit von 11.4 N/mm2 im gefrorenen Zustand nach 28 Tagen liegt 78 deutlich unter den geforderten Wert von 35 N/mm2 gernäss der RL 90 (BUWAL, SLF 1990). Für Permafrostbedingungen ist deshalb der Einsatz von Spezialmörtel zur Injektion der Anker und Pfähle erforderlich (Thalparpan 1998). 8.3 Spezialmörtel für Permafrostbedingungen 8.3.1 Beschreibung der Spezial-Mörtel Insgesamt drei Mörtelproduzenten, die MBT (Master Builders Technologies), die SIKA AG und die SAKRET AG entwickelten Spezialmörtel für die Anwendung im Permafrost. Die ihnen gestellte Bedingung war, dass der Mörtel bis -4° C Permafrosttemperatur die nach der RL 90 (BUWAL, SLF 1990) notwendigen Anforderungen erfüllt. Vor allem die minimale Druckfestigkeit von 35 N/mm2 und die Frostbeständigkeit von FS = 1.5 waren zu erfüllen. Kritisch wird beim Abbinden des Ankermörtels unter Permafrostbedingungen in erster Linie die Druckfestigkeit. Die 3 verschiedene Spezialmörtel wiesen folgende Frischmörteleigenschaften auf. Die Produkte der einzelen Firmen werden mit M-1, M-2 und M-3 abgekürzt: Tab. 13 3 verschiedene Spezialmörtel für Permafrostböden: Frischmörteleigenschaften (EMPA 1999) Namedes Produkts Mischungsverhältnis: Wassernrockenmörtel Rohdichte Luftgehalt Abbindebeginn nach: M-1 Wfr= 0.223 265 Min. M-2 Wfr=0.244 M-3 Wfr=0.22 1970 kg/m3 10.1% 1970 kgtma 9.5% 1970 kgtma 8.5% 75 Min. 300 Min. Beim Mörtel M-1 handelt es sich um einen herkömmlichen Ankermörtel, der mit schnellabbindendem Zement modifiziert wurde. Der Mörtel M-2 enthält einen Zement mit einen hohem Aluminiumgehalt, was den schnellen Abbindebeginn und eine starke Freisetzung der Hydratationswärme bewirkt. Dieser Mörtel wird seit Jahren in Kanada erfolgreich zur Erstellung von Pfählen in Permafrostböden bis -10° C eingesetzt (Biggar 1993). ln der praktischen Anwendung wird er allerdings nicht gepumpt, sondern mit Kleindumpern zum Injektionsort transportiert und mit Trichtern ins Bohrloch gegossen. Beim Mörtel M-3 handelt es sich um einen sogenannten thixotropen Mörtel. Sobald der Mörtel zur Ruhe kommt, d.h. nicht mehr gemischt wird, steift er an. Wird er aber wieder gestört, z. B. durch das Rührwerk des Mischers, wird die Konsistenz wieder flüssig. Das Grundmaterial ist das gleiche wie beim herkömmlichen AnkermörteL Das Compound, welches zugemischt wird, ist den Bedingungen im Permafrost angepasst worden. Die sogenannte Topfzeit, die Zeit, in welcher der Mörtel verarbeitet werden kann, beträgt ca. 20-30 Min. 79 Abb. 76 Thixotroper Mörtel (M-3) mit stichfester Konsistenz im ruhigen Zustand (Foto EMPA) 8.3.2 Vorwärmung des Wassers Bei der Prüfung wurden die Spezialmörtel beim Anmischen auf 20° C vorgewärmt. Mit dieser Massnahme der Vorwärmung des Mörtels wird erreicht, dass unter Permafrostbedingungen die Hydratation und die Freisetzung von Hydratationswärme überhaupt in Gang kommt. Auf der Baustelle geschieht die Vorwärmung am zweckmässigsten, indem allein das Wasser beispielsweise mit Gas vorgewärmt wird. ln Abhängigkeit der Eigentemperaturen des Trockenmörtels, die auf einer Hochgebirgs-Baustelle zwischen 0-20° C schwanken können, muss entsprechend Tab. 14 das Wasser auf folgende Temperaturen vorgewärmt werden. Tab. 14 Vorwärmung des Wassers in Funktion der Eigentemperaturdes Trockenmörtels Eigentemperatur des Trockenmörtels vor dem Mischen: Vorwärmung des Wassers auf: 0° c 4° c 8° c 12° c 16° c 20° c 44°C 39° c 34° C 29° c 24°C 2ooc Diese Temperaturangaben beruhen auf einem Mischungsverhältnis von 7 I Wasser auf 40 kg TrockenmörteL Mit der spezifischen Wärmekapazität von Wasser zu 4180 J/kg K und vom Mörtel zu angenommenen 860 J/kg K resultiert im angemischten Frischmörtel eine Temperatur von 20° C. 8.3.3 Druckfestigkeiten Es wurde dasselbe Versuchsprozedere für die Prüfung der Spezialmörtel angewandt wie in der ersten Phase (Kap. 8.2.2, Abb. 74). ln diesen Versuchsserien wurde allerdings der zentrische Swiss-Gewi-Stahl weggelassen. Die Bestimmung der Druckfestigkeit an den ganzen Prüfkörpern wurde möglich, was zu geringeren Streuungen führte. ln den Vorversuchen wurde festgestellt, dass dadurch die Temperatur im Mörtel nicht wesentlich beeinflusst wird. ln die Prüfkörper waren wiederum Thermistoren zur Messung des Abkühlungsverhaltens eingelegt. 80 Zur Prüfung der Spezialmörtel war die Temperatur im Solebad neu auf -4° C eingestellt. Tiefere Temperaturen im Untergrund werden bei zukünftigen Verbauperimetern in alpinen Permafrostgebieten nicht erwartet. Die Festigkeiten wurden nach 14 und 28 Tagen, sowohl im gefrorenen Zustand als auch nach einem Tag Auftauen bei 20° C bestimmt. Tab. 15 Druckfestigkeiten (Mittel aus 3 Prüfungen) an zylinderförmigen Prüfkörpern nach Frostlagerung bei -4° C, Durchmesser 105 mm, Länge 140 mm (EMPA 1999) M-1 14. Tag: 28. Tag: Nlmm2 Nlmm2 Druckfestigkeit 17.6 24.7 .!.'!!..fl!!(~t?!~!J.~I].?.'!.~.~?.I]g_ ____ ....................................... Druckfestigkeit 28.0 nach 1 Taa Auftauen Druckfestigkeit 41.3 43.2 .!.'!!..fl.f!.(~t?!~!J.~I].?.'!.~.~?.I]g_ ____ ....................................... Druckfestigkeit 48.3 nach 1 Tag Auftauen Druckfestigkeit 44.3 53.9 M-2 M-3 .!.'!!..fl!!(~t?!~!!.~l].?.'!.~.~?.l]g_ ____ .................... .................... Druckfestigkeit 58.2 nach 1 Taa Auftauen Der Mörtel M-1 erreicht die geforderte minimale Druckfestigkeit von 35 N/mm2 nach 28 Tagen nicht. Die beiden anderen Mörtel M-2 und M-3 erfüllen die geforderte Druckfestigkeit, wobei M-3 eine deutliche Reserve besitzt. 8.3.4 Abkühlungsverhalten Innen und aussen in den Prüfkörpern eingelegte Thermistoren (Abb. 80) massendie Abkühlung der Mörtel, die auf 20° C vorgewärmt wurden. Ein Thermistor überwachte die auf -4° C eingestellte Temperatur im Solebad. Mit den gemessenen Abkühlungsverhalten der Mörtel können die unterschiedlichen Festigkeitsentwicklungen der einzelnen Mörtelsorten erklärt werden: Mörtel M-1: 30.-----------------------------~---------------------------------------------------------------, 25 ~ 20 _Jj_ - - - - - - - - - - - - - -:- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -:- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - r------ --------------·1 -~ :; 15 (tj Q; 10 0. E ~ 5 Sole ---Thermistor mitte ---Thermistor aussen - .. - .. --- .... --- .. - .... - .... -.............. - .. - ............ - .......- ............ - .... ---.... -- .... .. ----- \\- --- ..... -.. -~ ... -......... -...... ~- .................. . ~ I I I I ' 0 !t: ~~~ ~~~~~~;;;;;;~ 24 36 AB -5 Zeit in Std. Abb. 77 Sehr deutlich ist nach 7.5 h der Gefrierpeak infolge der freiwerdenden Erstarrungswärme erkennbar (EMPA 1999). 81 Nach 7.5 Std. bei einer Mörteltemperatur von -3.0° C gefror Wasser im Mörtel M-1 und führte zu einem Gefrierpeak. Die dabei entstandenen Frostrisse schädigten das Korngefüge des jungen Mörtels und reduzierten die Druckfestigkeit stark (Tab. 15). Mörtel M-2: 30.-------------------------------~---------------, 25 ~ 20 ' ' ··---------------------------------------------------------' ' ...................................... ' .!; :; 15 ~ 10 5 ---Thermistor mitte ---Thermistor aussen "§ E ~ Sole ' ' -------------------------------------------------------' ' - ................ - .. .................. -- ...... - ............. - ...... - .... - .............. - . . .) ' ' Zeit in Std. Abb. 78 Sehr deutlich ist nach 1 h die markante Erwärmung infolge der Hydratation erkennbar (EMPA 1999). Die beim Abbinden des Zementes freiwerdende Hydratationswärme führte im Mörtel M-2 nach ca. 1 Std. zu einer markanten Erwärmung der Mörtelproben um 5-8° C. Durch diese Hydratationswärme wurde sogar die Sole um fast 4° C erwärmt. Erst nach 14-16 Std. sank die Mörteltemperatur unter die oo C. Die freiwerdende Hydratationswärme verhinderte während dem Abbinden des Zementes das Gefrieren des Mörtels und die Bildung von schädigenden Frostrissen. Mörtel M-3: 30~----------------~--------------~-----------------, 25 p 20 c :; 15 Cij ...................................... -.-' ...... - ................ -............ ,' .. -- ...... - .......... -- .... -- .. . ---\- --------- . -- .. -.-' .. - .. - ............ - .. - .. -- .... -·' Sole ---Thermistor aussen --Thermistor mitte Ci> 10 a. E ~ 5 :::.( :::::::::::::: :::::::::::::::::::1:::::::::::::::::::: 0+-~~~~~~~~-~~.~~-~-r-r--r-r.-+--+-+--+-+--; -53~6~~ ~~==::~~==~4~8~==~========~6~0!=~====~====~72 Zeit in Std. Abb. 79 Dieser Mörtel bleibt lange Zeit nach der Abkühlung ca. 1o C wärmer als die -4 o C des Solbades. Ein eigentlicher Gefrier- oder Hydratationspeak ist nicht zu erkennen (EMPA 1999). Die freiwerdende Hydratationswärme des Mörtels M-3 erwärmte die Sole um ca. 2° C. Im Mörtel selber war nicht wie in Abb. 78 ein deutlicher Erwärmungspeak festzustellen. Der Abkühlungsverlauf wurde aber ca. nach 1 Std. infolge freiwerdender Hydratationswärme 82 stark verlangsamt und die Abkühlungskurve flachte in der Folge ab. Nach etwa 1.75 Std. fiel die Temperatur unter die oo C, blieb aber anschliessend während einigen Stunden ca. 1o C wärmer als die Soletemperatur. Ein Gefrierpeak, der zu schädigenden Frostrissen geführt hätte, trat nicht auf. 8.3.5 Frostbeständigkeit Die Frostbeständigkeiten wurden sowohl an den frostgelagerten Prüfkörpern (Soletemperatur -4° C) als auch an den Normprismen (Luftlagerung 20° C, 70% r.F.) mit der Porositätsprüfung gernäss der SIA 162/1 (1989, Prüfung Nr. 7) bestimmt: Tab. 16 Frostbeständigkeifen, die Normprismen wurden bei 20° C und bei 70% r.F. gelagert, die Prüfkörper aus dem Frostversuch waren in -4° C Sole gelagert (EMPA 1999) M-1 Ermittelt an: Frostbeständigkeit FS Normprismen Wurde nicht überprüft, da Druckfestigkeit unge- ...................................................................!!.9.!/~l!.t:!.."!~~-...................................................................... M-2 Prüfkörper aus den Frostversuch dito Normprismen nicht bestimmbar, Prüfung lieferte keinen plausi- blen Resultate ·································································· ............................................................................................. . M-3 Prüfkörper aus den Frostversuch dito Normprismen 1.6 Prüfköf1Jer aus den Frostversuch 1.5 Gernäss SIA 162/1 ist die Frostbeständigkeit des Mörtels M-3 mit 1.6 bzw. 1.5 wie erforderlich hoch. Die Frostbeständigkeit konnte beim M-2 nicht bestimmt werden, da die Prüfung keine plausiblen Resultate ergab. 8.4 Feldversuch: Überprüfung der Pumpbarkeit 8.4.1 Versuchsdurchführung Am 8. Juli 1999 wurden auf der Baustelle Lawinenverbau Hintisberg oberhalb Burglauern im Lütschental (ca. 1900 m ü.M., Berner Oberland) praktische Pumpversuche mit den Spezialmörteln durchgeführt. Es wurden nur die Mörtel M-2 und M-3, die nach der Frostlagerung im Solebad bei -4° C genügende Druckfestigkeiten erreichten, geprüft. Die Baustelle befand sich zwar nicht in einem Permafrostgebiet, was keine Rolle spielte, da bei diesen praktischen Tests lediglich Fragen zur Verarbeitbarkeit im Vordergrund standen: - Pumpbarkeil der Spezia/mörtel? Beim M-3 wurde im Labor das thixotrope Verhalten, d.h. das Andicken des Mörtels im Ruhezustand, festgestellt (Abb. 76). Dies könnte einen Einfluss auf die Pumpbarkeit haben. Der M-2 wies im Labor eine sehr flüssige Konsistenz auf. - Zeitdauer der Verarbeitbarkeit? Der M-2 zeigte im Labor einen sehr schnellen Abbindebeginn nach 75 Min. (Tab. 13). Bei dieser kurzen Zeitdauer besteht bereits in den Injektionsschläuchen die Gefahr des zu frühen Abbindans besonders bei Sonneneinstrahlung. Die Versuchseinrichtung bestand aus: - Misch- und Injektionsgerät des Typs Meyco (Zwangsmischer mit Rührwerk, Schnekkenpumpe zur Förderung und Injektion). - Länge der aus Teilstücken gekoppelten Schlauchleitung 40 m, Transportleitung 0 1 = 32 mm, Injektionsschlauch im Bohrloch 0 1=22 mm, Farbe schwarz. 83 Das Wetter war während den Pumpversuchen bewölkt, teilweise sonnig. Die Lufttemperatur betrug 12-13° C. Das Anmachwasser musste vom Unternehmer auf der Baustelle entsprechend Tab. 14 vorgewärmt werden, so dass die Temperatur des Frischmörtels min. 20° C betrug. Bei den Pumpversuchen war das Mischungsverhältnis beim Mörtel M-3 7 I Wasser auf 40 kg Trockenmörtel, beim M-2 war es 6.1 I auf 25 kg TrockenmörteL Beim M-2 wurden noch 2 dl Verzögererauf 25 kg Trockenmörtel auf der Baustelle zugemischt, um die Verarbeitbarkeitszeit zu verlängern. 8.4.2 Resultate Auf der Baustelle wurde durch die EMPA, das SLF und dem Baustellenverantwortlichen die praktische Verarbeitbarkeit visuell geprüft und beurteilt: Tab. 17 Visuelle Beurteilung der Verarbeitbarkeit auf der Baustelle (EMPA 1999) M-2 Verarbeitbarkeit - M-3 sehr flüssige Konsistenz (wässeriger Mörtel) - sämige bindige Konsistenz - gut fliessend - teilweise Segregation, Feinsand setzte sich im Rührwerk ab - wurde durch das Rühren flüssig gehalten - Mörtel spritzte beim Mischen aus dem Mischgerät Pumpendruck ca. 1 bar (klein, da Mörtel sehr flüssig war) 6- 10 bar (üblicher Bereich) Verarbeitbarkeitszeit knapp genügend, vor allem bei Stopfern in der Schlauchleitung besteht die Gefahr des Abbindans im Schlauch genügend Reinigung der Maschinen und Schläuche Aufwändiger, da Mörtel teilweise bereits abgebunden hatte problemlos mit Wasser möglich Gesamteindruck Modifikationen betreffend besserer Verarbeitbarkeit notwendig gute Verarbeltbarkeit Im Feld wurden durch die EMPA die Frischmörteleigenschaften bestimmt: Tab. 18 Bestimmung der Frischmörteleigenschaften im Feld (EMPA 1999) M-2 M-3 Rohdichte 2160 kg/rn3 2140 kg/rn3 Luftgehalt 0.5 Vol.-% 4.4 Vol.-% (erwünscht sind 6-10%) Setzmass nicht möglich 46mm Ausbreitmass nicht möglich 198 mm (Bestimmung bei thixotropen Mörtel nicht zuverlässig) Fliesszeit (Marsh-Trichter) 13 sec nicht möglich Wasser I Trockenmörtel 0.149 (Mörtel schon teilweise abgebunden) 0.205 Von den zwei Mörteln wurden Proben entnommen für die Durchführung der Konformitätsprüfung im Labor. Diese wurden allerdings nicht bei Frost, sondern entsprechend der RL 90 Kap. IV (BUWAL, SLF 1990) bei 20° C und bei 70% r.F. gelagert: 84 Tab. 19 Resultate der Konformitätsprüfung, Prüfung nach 28 Tagen an Bohrkernen mit d =50 mm (EMPA 1999) J M-2 M-3 Druckfestigkeit (Mittelwert aus 5 Proben) 32.0 N/mm' 87.5 N/mm' Frostbeständigkeit nicht bestimmbar, Prüfung ergab keine plausiblen Resultate 1.2 (mittel) Die Druckfestigkeit des M-21iegt mit 32 N/mm2 knapp unter dem geforderten Wert von 35 N/mm2 • Die Prüfung bezüglich Frostbeständigkeit ergab wiederum keine plausiblen Resultate. Die Frostbeständigkeit des M-3 ist mittel und kann mit einem erhöhten Gehalt an Luftporen verbessert werden, was ohne weiteres möglich istangesichtsder grossen Reserve in der Druckfestigkeit mit 87.5 N/mm2 • 8.4.3 Schlussfolgerung Die Pumpversuche zeigten, dass der Mörtel M-3 auf der Baustelle gut zu verarbeiten ist. Dieser erreicht sowohl bei der Frostlagerung im Solebad (-4° C) und bei der Konformitätsprüfung die geforderten Druckfestigkeiten. Der Mörtel wird bei der nächsten Produktion leicht modifiziert werden zur Verbesserung der Frostbeständigkeit Dieser modifizierte Mörtel wird aller Voraussicht nach die Eignungsprüfung entsprechend Kap. 8.5 erfüllen. Beim Mörtel M-2 bedarf es zur Verbesserung der praktischen Verarbeitbarkeit noch unbedingt Modifikationen an der Rezeptur. Abklärungen beim Hersteller zeigten allerdings, dass allfällige Modifikationen aufwändig sind. Wirtschaftlich ist zudem seinerseits das Interesse an einer Vermarktung nicht vorhanden, da nicht von einem zukünftigen grossen Absatz-Markt in der Schweiz ausgegangen wird. Es wird geschätzt, dass vielleicht alle 3 Jahre ein Verbauperimeter im Permaf-rost ausgeführt wird. Mit dabei angenommen 400 Laufmeter Verbauungen pro Perimeter resultiert ein Mörtelverbrauch von ca. 50-60 to alle 3 Jahre, was für den Hersteller zu wenig ist. Der Hersteller des Mörtels M-3 hingegen zeigte sehr Interesse an der Vermarktung seines neu entwickelten Spezialmörtels für den Einsatz im Parmafrost bis -4° C. 8.5 Eignungsprüfung für den Spezialmörtel Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde zusammen mit der EMPA ein spezifisches Prüfverfahren für den Einsatz von Spezialmörtel im Parmafrost entwickelt. Diese Eignungsprüfung, die in der RL 90 Kap. IV (BUWAL, SLF 1990) beschrieben ist, erfolgt zweiphasig. Als erstes wird die Eignungsprüfung wie für normalen Ankermörtel durchgeführt. Als zweites ist die spezifische Anwendung des Mörtels unter Parmafrostbedingungen bis zu einer Temperatur von -4° C zu prüfen. Die Untersuchungen sind aus Gründen der Vergleichbarkeit der Prüfresultate an der EMPA durchzuführen. Dies ist notwendig, da sich bei der Lagerung im Solebad nicht um eine standardisierte Prüfung handelt. Der Durchmesser der Prüfkörper entspricht dem Bohrlochdurchmesser. Der angemischte, auf 20° C vorgewärmte Mörtel wird in die Kunststoffbecher gegossen und die Prüfkörper werden in das -4° C kalte Solebad, das den Parmafrost simuliert, gestellt. Zur Überwachung der Temperaturen sind zentrisch und aussen in einen Prüfkörper Thermistoren einzulegen, ebenfalls in der Sole. Der Salzgehalt in der Sole beträgt 10%. 85 Durchmesser 100-105 mm ~ r -J r Wärmedämmung 30 (Polystyrol) Kunststoffbecher Solebad (-4•q (Wandstärke max. 1.0mm) Thermistoren (zentrisch und aussen, in halber HOhe) 120 D Thermistor (im Solebad) Wärmedämmung (Polystyrol) Abb. 80 Prüfkörper im Solebad zur Simulation der Permafrostbedingungen (EMPA 1999) Im Solebad kommt auf einen Prüfkörper rund 5 Liter vorgekühlte Sole. Mit diesem Verhältnis wird ein inerter Prüfkörper (bereits abgebundener Prüfkörper, der keine Hydratationswärme mehr freisetzt) innerhalb 1-1 1.4 Std. von 20° C auf oo C abgekühlt (Abb. 81 ). Die Kunststoffbecher mit einer Wandstärke von ca. 1.0 mm isolieren zwar leicht, aber der Abkühlungseffekt im Solebad ist ähnlich der Situation im Bohrloch wie Abkühlungsversuche am inerten Mörtel im Labor zeigten. 30 25 20 ü0 -~ -------------------------------------···---------------Sole ........ . .·- .... ."" -.. I I I I I I I I I I I I I I I I I 1 I I I I I I I I I I I I I I I I ---Thermistor zentrisch 15 ---Thermistor aussen 0. •I...... I~ .... !I ......I• ... -·.. -·.... ·--I I I E 10 (]) 1.. - ' " - - l I .... J .... ~ .. - ..... - ..... - - ....... I I I I I I .................. - " .............,......... --.... . 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 Zeit in Std. Abb. 81 Abkühlungsverlauf an einem inerten Prüfkörper (Ursprungstemperatur des Prüfkörpers ca. 22° C, Soletemperatur -4° C, Spezialmörtel Sakret-Lawi-Permafrost), zum Vergleich ist noch die anschliessende Erwärmung an 22° C warmer Luft dargestellt (EMPA 1999). Das Solebad mit den Prüfkörpern wird sofort in eine luijgekühlte Kühltruhe oder Kühlschrank gestellt, dessen Kühltemperatur mit einem Thermostat auf -4° C reguliert wird. Während 7 bzw. 28 Tagen werden die Prüfkörper bei -4° C frostgelagert. 86 Abb. 82 Prüfkörper im Solebad (-4° C) zur Prüfung des Mörtels für die Anwendung im Parmafrost (Photo M. Phil/ips) Nach der Frostlagerung werden nur diejenigen Mörteleigenschaften untersucht, die infolge Frost beeinträchtigt werden können. Die Druckfestigkeit wird an den gesamten Zylindern (0 = 100-105 mm) bestimmt. Vor der Prüfung werden die Prüfkörper während 24 Std. aufgetaut (Luftlagerung bei 20° C). Die Festigkeitszunahme während eines Tages Auftauen beträgt höchstens 2-3%. Nach der Frostlagerung hat der Mörtel die folgenden Grenzwerte zu erfüllen: 7 Tage: - Druckfestigkeit: fc ~ 22 N/mm2 fc ~ 35 N/mm2 28 Tage: - Frostbeständigkeit: FS ~ 1.5 (Die Frostbeständigkeit wird an Prüflingen, die aus einem Zylinder geschnitten werden, untersucht.) Zur Verifikation dieser Versuchsanordnung wurde am Muot da Barba Peider im Feld das Abkühlungsverhalten im Parmafrost gemessen. Der Mörtel wurde auf der Baustelle auf ca. 25° C aufgewärmt und anschliessend ins Bohrloch eingebracht. ln 2.8 m Tiefe war an einem Swiss-Gewi-Anker ein Thermistor angebracht. Beim Mörtel, der injiziert wurde, handelte es sich um den normalen Ankermörtel Aliva-LVM, einem nicht schnell abbindenden Mörtel. Er setzt nicht so rasch Hydratationswärme frei. Das Abkühlungsverhalten dieses herkömmlichen Aliva-LVM im Feld wurde mit der Abkühlung des inerten Prüfkörpers (Mörtel Sakret-Lawi-Permafrost, Abb. 81) im Solebad verglichen. Die Temperatur im Parmafrosthang war in 2.8 m Tiefe knapp unter oo C. Um mit Parmafrosttemperaturen von -4° C, wie die Randbedingung im Versuchsprozedere festgelegt ist, vergleichen zu können, wurde der im Feld gemessenen Abkühlungskurve 4° C abgezogen (Abb. 83). 87 Abkühlungsverlauf im Feld 30 25 ü0 .!:; 20 15 ~ ~\A ~\. ~ 10 Q) 1- - i n 2.80 m liefe (im Feld gemessen) ~ i'... 5 ~-....._ 0 -....... -5 0 1 --umgerechnet auf Permafrosttemp. \On -4°C --- 2 3 Zeit in Std. 4 5 Abb. 83 ln 2.80 m Tiefe gemessener Abkühlungsverlauf des Mörtels im Bohrloch am Muot da Barba Peider!Pontresina. Dieser Abkühlungsverlauf wurde auf eine Permafrosttemperatur von -4 o C umgerechnet. Im Labor wurde der inerte Prüfkörper in der Sole mit -4° C nach 1-1 ~ Std. von 22° C auf Im Feld dauerte es, wenn die Abkühlungskurve auf eine Permafrosttemperatur von -4° C umgerechnet wird, ca. 1"M2 Std., bis der Mörtel auf oo C abgekühlt war (Abb. 83). Der Vergleich zeigt, dass die Versuchseinrichtung im Labor eine etwas schnellere Abkühlung generiert als im Feld auftritt. Die Laborversuche liegen somit leicht auf der sicheren Seite im Bezug auf die tatsächlichen Bedingungen im Feld. oo C abgekühlt wird (Abb. 81 ). 8.6 Konformitätsprüfung beim Spezi~lmörtel Die Konformitätsprüfung hat an Prüfkörpern, die auf der Baustelle entnommen werden, wie bei normalen Ankermörtel zu erfolgen. Die dabei erhaltenen Werte werden mit den Werten von der Eignungsprüfung verglichen. Eine eigentliche Prüfung mit Frostlagerung kann natürlich auf der Baustelle nicht durchgeführt werden. Wenn der Mörtel bei "normaler Lagerung" gleiche Werte erzielt wie in der Eignungsprüfung, wird davon ausgegangen, dass er auch bei Frostlagerung den gestellten Anforderungen genügt. 8.7 Zusammenfassung ln Permafrostboden oder -fels erreicht herkömmlicher Ankermörtel nicht die geforderten Eigenschaften. Durch gefrierendes Wasser im Mörtel entstehen Frostrisse, welche die Druckfestigkeiten unzulässig vermindern. Im Permafrost sind deswegen Spezialmörtel einzusetzen. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde durch die Fa. Sakret AG der Mörtel Sakret-Lawi-Permafrost entwickelt, der unter Permafrostbedingungen bis -4° C genügend hohe Festigkeiten erzielt und frostbeständig ist. Auf der Baustelle muss der Unternehmer das Wasser vor dem Anmischen vorwärmen, so dass der Frischmörtel eine minimale Eigentemperatur von 20° C aufweist. Diese Vorwärmung ermöglicht, dass die Hydratation im Bohrloch überhaupt in Gang kommt. Die Spezialmörtel sind vor ihrer Zulassung einer speziellen Eignungsprüfung für Permatrost zu unterziehen. ln einem Solebad bei -4° C wird im Labor geprüft, ob der Mörtel bei Frostlagerung die geforderte Druckfestigkeit von 35 N/mm2 erreicht und frostbeständig ist. 88 9 Glossar Abbinden: Unter Abbinden eines zementösen Baustoffes wird der Prozess der Hydratation verstanden (s. Hydratation). Bis zum Abbindebeginn ist der Baustoff in der Regel gut verarbeitbar, anschliessend steift er an. Amplitude: Mit diesem Wert wird bei einer Wellenfunktion beschrieben, wie gross die max. Auslenkung gegenüber dem Mittelwert ist. Auftauschicht ln einem Parmafrostgebiet wird die obere Schicht, die im Sommer auftaut und im Winter wieder gefriert, als Auftauschicht bezeichnet. Darunter ist der Untergrund permanent gefroren. Datenlogger: Ein Datenlogger ist ein elektronisches Speichergerät, das gemessene Daten abspeichert. Es wird im Gebirge oft von einer Batterie gespiesen. Mit einem Computer lassen sich die Daten herauslesen und auswerten. Eisarmer Parmafrost Lockergestein mit einem geringen Eisgehalt (trocken oder eisuntersättigt) wird als eisarmer Parmafrost bezeichnet. Eisreicher Parmafrost Lockergestein mit einem grossen Eisgehalt (eisgesättigt oder eisübersättigt) wird als eisreicher Parmafrost bezeichnet. Erstarrungswärme: s. Schmelzwärme Finite-Eiement-Simulationen: Eine physikalische Fragestellung (z. B. Thermodynamische Wärmeflüsse) wird nicht analytisch mit geschlossenen Lösungen, sondern numerisch gelöst. Der zu berechnende Körper wird in eine finite Anzahl Elemente aufgeteilt. ln jedem Element werden die physikalischen Gleichungen mit den zu berechnenden Unbekannten formuliert. Das resultierende Gleichungssystem lässt sich numerisch mit dem Computer lösen. Frosteindringtiefe: ln einem Nicht-Parmafrostgebiet dringt der saisonale Winterfrost bis in diese Tiefe ein. Gefrierverfahren: Sie ist eine spezielle Baumetliede in der Geotechnik. Mit Kühlleitungen, die in Bohrungen versetzt werden, wird der Boden künstlich gefroren. Der Boden wird dadurch verfestigt, was im Tunnelbau und bei Baugruben genützt wird. Geomorphologie: Sie ist die Lehre von der äusseren Gestalt der Erde und deren Veränderungen. Geothermischer Gradient: Er bezeichnet, um wieviel die Temperatur [°C/1 00 m] im Untergrund wegen der geothermischen Wärme gegen den Erdmittelpunkt zunimmt. Im der Schweiz beträgt er ca. 3°/100 m. GPS: engl. Global Positioning System ist ein Vermessungsverfahren, das mit Satelliten arbeitet. Falls eine Referenzmessstation im Gelände an einem bekannten Punkt aufgestellt wird, sind Messgenauigkeiten von ± 1 cm möglich. Hydratation: Die Hydratation ist die Reaktion des Zementes mit Wasser. Bei diesem chemischen Prozess wird der Zementstein gebildet, welcher dem ausgehärteten Mörtel die Festigkeit verleiht. Hydratationsgrad: Er beschreibt, wie weit die Hydratation des Zementes in einem zementösen Baustoff fortgeschritten ist. Hydratationswärme: Die Hydratation ist ein exothermer chemischer Prozess, bei dem Wärme frei wird. Infrarotaufnahme bei Luftbildern: Mit einer speziellen Fotokamera, die auf das sichtbare Licht (Wellenlänge 0.4-0.7 J.Lm) und zusätzlich den Wellenbereich 0.7-0.9 J.lm empfindlich ist, werden diese Bilder aufgenommen. Diese Luftaufnahmen diesen zur Erkennung der Vegetations- und Waldbedeckung, da Chlorophyll, der Stoff für die Fotosynthese, auf diesen Aufnahmen rot erscheint. Infrarotaufnahme im Bauwesen: Mit einer speziellen Fotokamera, die nicht auf das sichtbare Licht, sondern auf die Wärmestrahlung (lnfrarotbereich 8-13 J.Lm) empfindlich ist, werden Infra- 89 rotbilder aufgenommen. Mit den entsprechenden Emissivitäten (Fähigkeit Wärme abzustrahlen) kann die Oberflächen-Temperatur berechnet werden. Solche Aufnahmen werden im Bauwesen beispielsweise zur Sichtbarmachung von Wärmebrücken in der Fassade verwendet. Kohäsion c: ln einem Lockergesteinsboden wird mit der Kohäsion die innere Scherfestigkeit bezeichnet (kN/m2 ); die nicht von der Normalspannung abhängt. Vor allem bindige Böden weisen Kohäsion auf. Konvektiver Wärmeaustausch: Durch einen strömenden Wärmeträger (in der Regel Luft) wird der Oberfläche Wärme entzogen. Permafrostbasis: Ist die untere Begrenzung des Permafrostkörpers. Permafrostspiegel: Ist die obere Begrenzung des Permafrostkörpers. Reibungswinkel <p: ln der Bodenmechanik wird mit diesem Wert [0 ] die innere Reibung eines Lokkergesteines bezeichnet. Ein Lockergesteinsmaterial kann höchstens eine Böschungsneigung mit diesem Winkel aufweisen, falls die Kohäsion Null ist (z.B. Kies). Die resultierende innere Reibungskraft (Scherkraft) hängt von der Normalspannung ab. RL 90: Abkürzung für die Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet, Eidg. Forstdirektion/ Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, 1990. Rotationskernbohrung: Diese Sondierbohrungen dienen der Erkundung des Untergrundes. Sie werden durch Spezialfirmen ausgeführt, wobei trocken und verrohrt gebohrt wird. Dieses Bohrverfahren erlaubt die Entnahme eines vollständigen Bohrkernes und die Entnahme von Bodenproben für Laboruntersuchungen. Schmelzwärme (spezifische) : Sie drückt aus, welche Energie [J/kg) notwendig ist, um 1 kg festes Material ohne Temperaturänderung zu verflüssigen. Diese physikalische Grösse ist gleichbedeutend mit der Erstarrungswärme. Bei der Verfestigung eines Stoffes wird umgekehrt die Erstarrungswärme frei. Beim Gefrieren von Wasser zu Eis wird ohne Temperaturänderung beispielsweise 334 kJ/kg frei. Sole: Mit Sole wird stark salzhaltiges Wasser bezeichnet. Standardabweichung cr: Ist der statistische Wert, der angibt, wie stark die Werte um den Mittelwert M streuen. Bei einer Normalverteilung liegt der grösste Teil der Werte (ca. 2/3) im Bereich zwischen M- cr und M + cr. Thermische Trägheit: Ein Material, dass eine schlechte Wärmeleitung und/oder eine hohe Wärmekapazität aufweist, reagiert auf Temperaturänderungen träg, d.h. es braucht lange, bis es die Temperaturänderung angenommen hat. Thermistoren: Sie sind Temperaturfühler, welche die Temperatur messen. Triaxversuch: Er ist ein geotechnischer Laborversuch zur Bestimmung der Bodenkennwerte (innerer Reibungswinkel und Kohäsion) einer Lockergesteinsprobe. Überlagerungsdruck: Diese Gösse beschreibt im Untergrund den Druck in [kN/m2 ] oder [Pa], der infolge der Überlagerung der Gesteinsschichten in einer bestimmten Tiefe vorhanden ist. Wärmekapazität (spezifische): Sie ist die physikalische Grösse [J/kg·K], die ausdrückt, wieviel Wärmeenergie J notwendig ist, um 1 kg Material um 1 Kelvin zu erwärmen. Wärmeleitfähigkeit: Sie ist die physikalische Grösse [W/m·K], die ausdrückt, wieviel Wärmeleistung W durch 1 m mächtiges Material pro Kelvin Temperaturunterschied geleitet wird. Isolierende Stoffe weisen eine kleine, gut leitende Stoffe eine grosse Wärmeleitfähigkeit auf. ZAA-Linie (engl. zero annual amplitude): Bis in diese Tiefe wirken sich ein einem Parmafrostkörper die saisonalen Temperaturschwankungen aus. Darunter bleiben die Temperaturen von den saisonalen Schwankungen unbeeinflusst und sind konstant. 90 10 Literaturverzeichnis Bartelt P., Christen M. (1999): A Computational Procedure for lnstationary Tamperature Dependent Snow Creep, Advances in cold regions thermal engineering and sciences, Proceedings of the 61h International Symposium held in Darmstadt, August 1999, Lecture Notes in Physics, Vol. 533, pp 367-386. Biggar K.W., Sego D.C. und Noel M.M. (1993): Labaratory and field performance of high alumina cement-based graut for piling in permafrost, Canadian Journal of Civil Engineering, 20, 100-106. Bundesamt für Energie (1998): Geothermie, Praktische Nutzung, Leitfaden für Planer, Bauherrschatten, Investoren und Entscheidungsträger, 1998, Bezug EDMZ Bern. BUWAL, SLF {1990}: Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet, Eidg. Forstdirektion/ Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (Bezugsquelle BUWAL, Dokumentation, 3003 Bern), abgekürzt RL 90. 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