Fachtagung «Schwimmsport Schweiz
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Fachtagung «Schwimmsport Schweiz
Dem Lernen auf der Spur: Bewegungslernen Fachtagung «Schwimmsport Schweiz» 2. Oktober 2013 Hotel Arte Olten Dr. phil.- nat. Willi Stadelmann 1 Referat Inhalt: 1.Allgemeines 2.Lernen 2.1 Vererbung und Stimulation 2.2 Wahrnehmung 2.3 Neuropsychologische Erkenntnisse 2.4 Begabung 2.5 Intelligenz 2.6 Übung statt Begabung? 3. Frühe und lebenslange Förderung Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 2 Referat 1. Allgemeines Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 3 Referat Die Broschüre «Lernen im Sport» (BASPO Magglingen 2012) hat zum Ziel, Erkenntnisse aus der Lernforschung für das Bewegungslernen aufzuarbeiten und nutzbar zu machen. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 4 Referat Ich stelle das Thema «Lernen» ins Zentrum und stelle Bezüge zum Bewegungslernen her. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 5 Referat Körper und Psyche entwickeln sich nicht unabhängig voneinander. Ungenügend entwickelte Bewegungsfähigkeit bremst auch den Intellekt. So führt Bewegung zur besseren Durchblutung von Muskulatur und Gehirn. Damit wird auch die geistige Leitungsfähigkeit erhöht. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 6 Referat «Bewegung führt zu besserer Durchblutung nicht nur der Muskeln, sondern auch des Nervengewebes. (…) Hirnkapillaren durchziehen den Hippocampus und versorgen die dortigen Neurone mit Nährstoffen. Volumen und Verästelung dieser Kapillaren wachsen mit körperlicher Aktivität, sogar neue Gefässe können entstehen (Angiogenese).» G&G 5 (2009) 33 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 7 Referat Bewegung fördert offenbar die synaptische Plastizität. «Es geht nicht nur darum, mittels körperlicher Aktivität günstige neuronale Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Bewegung und die damit verbundenen Erfahrungen prägen auch Einstellungen und Gewohnheiten, welche den weiteren Lebensweg beeinflussen.» Ebd. 35 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 8 Referat «…fruchtet vor allem die Verbesserung der aeroben Ausdauer durch längere ruhige Muskelaktivität wie gemächliches Traben – nicht aber Koordinations- und Krafttraining.» Bewegungsfreudige Kinder erzielen im Schnitt bessere Schulnoten und Schulabschlüsse, Ihre Leistungen im Rechnen und oder lesen «wachsen proportional zur körperlichen Ausdauer». Vgl. Charles Hillman (2008) zit. Ayan G&G 5 (2009) S. 32/33 Ratey JJ (2008): The revolutionary new science of exercise and the brain. Little, Brown and Company, New York Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 9 Referat «Vacc et al.(1987), for instance, were able to show that among children in kindergarten fine motor skills were the best predictors of performance on standardized achievement tests… Luo et al. (2007) found that fine motor skills were able to predict later mathematic abilities. Further studies confirmed correlations between fine motor skills and scholastic achievement up through, and to the end of, primary school…» Heidrun Stoeger und Albert Ziegler: Deficits in fine motor skills and their influence on persistence among gifted elementary school pupils. Gifted Education International 29(1) S. 30 (2013) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 10 Referat «Also, correlations have been confirmed to exist between fine motor skills and specific kognitive abilities such as optical differentiation, reaction speed (Voelcker-Rehage, 2005) and intelligence (Wassenberg et al., 2005).» Stoeger und Ziegler ebd. S. 30 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 11 Referat 2. Lernen Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 12 Referat Man kann einen Menschen nicht lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu tun. Galileo Galilei 1564 - 1642 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 13 Referat Ziel aller didaktischer Massnahmen ist die Stimulation der Lernenden zum „Selbst- Tun“. Lernen heisst Selbst- Tun Lehren heisst Anregung zum SelbstTun Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 14 Referat • «Äusserliches» Tun: Motorik, aktives Wahrnehmen (Sinnesorgane) • «Verinnerlichtes» Tun: Reflexion, meditativ Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 15 Referat 2.1 Vererbung und Stimulation Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 16 Referat Vererbung Förderung: Stimulation lebenslanges Lernen Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 17 Referat Neue Erfahrungen verändern die Genexpression. Neue Erfahrungen wirken bis auf die Ebene der Gene. Sie führen dazu, dass zum Beispiel Nervenzellen damit beginnen, neue Gensequenzen abzuschreiben, ihre «Befehle» zu befolgen und andere still zu legen. G. Hüther (2008) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 18 Referat «Unsere Biologie legt fest, was aus uns werden könnte. Was aber tatsächlich aus uns wird, hängt von den Erfahrungen ab, die wir im Lauf unseres Lebens innerhalb des jeweiligen kulturellen Rahmens machen, in den wir hineinwachsen. Wir Menschen sind biologische Wesen, die sich in einem kulturellen Raum entwickeln.» Hüther 2011 S. 120 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 19 Referat Abkehr von: • «Ich bin, was ich bin» hin zu: • • «Ich bin, was das Umfeld und meine Disposition mir ermöglichen» «Ich bin, was ich aus meinen Möglichkeiten mache» J. Renzulli, 1978 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 20 Referat 2.2 Wahrnehmung Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 21 Referat Vester 1972 Axon Synapse Dendrit Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 22 Referat Es gibt keine Information ohne Interpretation Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 23 Referat „Zug um Zug werden auf diese Weise die komplizierten Nervenzellverschaltungen in den verschiedenen Regionen aufgebaut. Die von den Sinnesorganen ankommenden Erregungsmuster werden dabei benutzt, um immer stabilere und und zunehmend komplexer werdende „innere Bilder“ in Form bestimmter Verschaltungsmuster in den verschiedenen Hirnregionen zu verankern.“ • • • • • „Sehbilder“ „Tast- und Körperbilder“ „Hörbilder“ „Geruchsbilder“ „Bewegungs- und Handlungsbilder“ Gerald Hüther: Was wir sind und was wir sein könnten. (2011) S. Fischer S. 41/42 24 Referat Die Entwicklung der Sinne (sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen/ertasten) hat für die individuelle Lernfähigkeit eine grosse Bedeutung; sie ist auch Voraussetzung für das Lernen von Bewegungsabläufen und das Verbessern der Bewegungskoordination. Wahrnehmung schafft Zugänge zur Welt, auch zur Welt der Bewegung. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 25 Referat 2.3 Lernen: Neuropsychologische Erkenntnisse: Lernen heisst, das Gehirn entwickeln Das Gehirn verändert sich beim Lernen physisch (Plastizität des Gehirns) • Synapsenwachstum • Synaptogenese • Erhöhung Vernetzungsgrad • Schnellere Axone Jeder Mensch hat seine eigene Lernbiografie. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 26 Referat Use it or lose it Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 27 Referat 28 Referat Plastizität heisst Aufbau und Abbau im Gehirn Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 29 Referat Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 30 Referat 2.3.1 Myelinisierung Graue Materie: Neuronen, Dendriten, Synapsen Schnürring Weisse Materie: Myelinisierte Axone Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 31 Referat Ranvier Schnürringe Stephan Frings, Universität Heidelberg 32 Referat Die Übertragungsgeschwindigkeit kann durch Training etwa um den Faktor 10 gesteigert werden. (von ca. 3m/s auf max. 115 m/s) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 33 Referat Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 34 Referat Das Gehirn ist das Resultat seiner Benutzung (Biografie) Wichtigkeit des Vorwissens und Vorverhaltens für die Didaktik aller Stufen. Neues muss „andocken“ können. „Redundanz“. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 35 Referat Andocken: Gedächtnis ist von zentraler Bedeutung. • Das deklarative Gedächtnis speichert Tatsachen, Ereignisse und Theorien, persönliche Erfahrungen, Schulwissen (aktiver Wortschatz, Regeln, Formeln, Gesetzmässigkeiten, Spezialwissen…) • Das prozedurale Gedächtnis hat für das Bewegungslernen eine entscheidende Bedeutung. Es speichert, wie etwas getan wird (Lernstrategien, Informationsstrategien, Bewegungsabläufe (aufrechtes Gehen, Laufen, Radfahren, Stabhochspringen…) Während deklaratives Wissen oft sehr schnell erworben werden kann, sind motorische Fähigkeiten in der Regel nur mit erheblichen Übungs- und Zeitaufwand zu erlangen. (Mietzel 2007 S.225; Seitz 2001) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 36 Referat Eltern, Lehrpersonen, Trainerinnen und Trainer, Coaches haben keinen direkten Zugriff auf das Lernen der Kinder und Jugendlichen. Lehrende können «nur» Umgebungen schaffen, Unterlagen bereitstellen, emotionale Zugänge ermöglichen, als Vorbild wirken, stimulieren – immer mit dem Ziel, dass Kinder und Jugendliche selbst aktiv werden. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 37 Referat 2.4 Begabung: Potenzial eines Individuums zu ungewöhnlicher oder auffälliger Leistung Stimulation Interaktionsprodukt: Individuelles Potenzial steht in Wechselwirkung mit der sozialen Umgebung. nach Margrit Stamm (1999): Begabungsförderung in der Volksschule – Umgang mit Heterogenität. Trendbericht SKBF Nr. 2, S.10ff (zurückgehend auf Heinrich Roth/Hans Aebli,1968) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 38 Referat Begabung ist ein lebenslanger Prozess der Wechselwirkung zwischen Anlage (Potenzial) und Umwelt. Begabte Menschen sind ein Leben lang in der Lage, ihr Potenzial durch Wechselwirkung mit der sozialen Umwelt und durch innere Stimulation zu optimieren. Begabung ist also eine Bezeichnung für das gesamte Leistungsvermögen eines Menschen. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 39 Referat Begabung ist keine Konstante! Begabungsförderung ist ein Leben lang möglich und nötig Begabung ist kulturabhängig. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 40 Referat Talent bezeichnet eine hohe Begabung in einem speziellen Leistungsbereich, zum Beispiel in der Leichtathletik, im Schwimmen, im Fussball… Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 41 Referat 2.5 Intelligenz Intelligenz ist eine Folge des Begabungsprozesses (im kognitiven Bereich), die messbar gemacht werden kann. (IQ) «Das Kernstück der Intelligenz ist das schlussfolgernde Denken: Aus gegebenen Informationen werden neue Informationen abgeleitet, entweder durch deduktives oder durch induktives Denken.» Elsbeth Stern / Aljoscha Neubauer: Intelligenz. Grosse Unterschiede und ihre Folgen. DVA München 2013 S. 50 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 42 Referat 2.6 «Übung statt Begabung?» «Die Strasse zum Erfolg besteht aus einem jahrelangen, zielstrebigen Üben…» Heiner Gembris (Hg) Begabungsförderung und Begabungsforschung in der Musik. IBFM Lit Berlin (2010) S.54 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 43 Referat «Tatsächlich wurde in vielen Expertisestudien festgestellt, dass die wichtigsten Bedingungen für Leistungsexzellenz Umfang und Qualität individueller Lernprozesse sind. Im Gegensatz zu Variablen wie Motivation, Selbstvertrauen und günstigem sozialen Lernumfeld hatte ein möglichst hoher IQ keinen Einfluss auf die erbrachten Leistungen…» (Ziegler/Grassinger/Harder news&science 20/3 özbf 2008, 34-39) Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 44 Referat Ericsson et al. 2007 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 45 Referat Referat 45 Ausserhalb der Normalverteilung der IQ-Messung: • • • • • • Optimismus Mut Energie Visionen Empathie In ein Thema «verliebt sein». Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 46 Referat 3. Frühe und lebenslange Förderung Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 47 Referat Blakemore/Frith: (2006) 164 Schwimmsport LernenS. Fachtagung Schweiz Olten 2.10.13 48 Referat Plastizität des Gehirns bleibt ein Leben lang bestehen. Sie nimmt aber mit zunehmendem Alter ab. Lernspezifische Gehirnalterung beginnt etwa mit dem 18. Altersjahr. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 49 Referat «Die Geschwindigkeit der neuronalen Musterbildung aufgrund neuer Erfahrungen ist vielmehr im ersten Lebensjahrzehnt maximal und nimmt danach deutlich ab.» M. Spitzer: Medizin für die Bildung. Spektrum Heidelberg 2010, 115 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 50 Referat Modellvorstellung für den Unterschied zwischen kindlichem Lernen und Erwachsenenlernen: Kindliches Lernen: Strukturen aufbauen, schneller machen Erwachsenenlernen: Strukturen ergänzen erweitern, verbinden Zusammenhänge erfassen Lernroutinen einsetzen Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 51 Referat Paradoxon: Je mehr «drin» ist, desto mehr kann weiter «gefüllt» werden, desto mehr «passt» noch hinein. Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 52 Referat Schluss: Motivation „Ein aktuelles leistungsmotiviertes Handeln findet besonders dann statt, wenn die Tendenz ‚Hoffnung auf Erfolg‘ die Tendenz ‚Furcht vor Misserfolg“ überwiegt.“ Walter Edelmann: Lernpsychologie Beltz 2000 S. 254 Lernen Fachtagung Schwimmsport Schweiz Olten 2.10.13 53 Referat