Forschungsprojekt „Hybrid Parks“ Endbericht

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Forschungsprojekt „Hybrid Parks“ Endbericht
Im Auftrag des:
Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und
Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
40190 Düsseldorf
Forschungsprojekt „Hybrid Parks“
Vergabe 102/2011, Aktenzeichen II B6-24-30
Endbericht
Dezember 2014
Schloss Dyck
Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur
D – 41363 Jüchen
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Forschungsauftrag des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des
Landes Nordrhein-Westfalen
Thema:
Forschungsprojekt „Hybrid Park“
Vergabe 102/2011, Aktenzeichen II B6-24-30
Auftragnehmer:
Stiftung Schloss Dyck
Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur
41363 Jüchen
Bearbeitung:
Christian Grüßen, Plan+, Gelsenkirchen (Kapitel 2 bis 6.1)
Stephanie Knoblich, Stiftung Schloss Dyck (Berichte, Anhang)
Jens Spanjer, Stiftung Schloss Dyck (Einleitung u. 6.2)
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Hybrid Parks - Forschungsauftrag NRW
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Ökonomie und Städtebau
2.1 Grünzonen in der Regionalentwicklung
2.2 Parks und Gärten in der Stadtentwicklung
2.3 Wirtschaftsfaktor Gartentourismus
2.4 Parks und Gärten als Wirtschaftsunternehmen
2.5 Wirtschaftliche Effekte von Investitionen in die „grüne Infrastruktur“
3. Ökologie und Klimawandel
3.1 Ökologischer Nutzen von Parks und Gärten
3.2 Grüne Infrastruktur und Klimawandel
4. Soziale Aspekte im Umgang mit Parks und Gärten und grünen Freiräumen
4.1 Soziale und kulturelle Potentiale
4.2 Neue sozial orientierte Freiraumkonzepte
5. Positive und negative Entwicklungstrends von Parks, Gärten und Öffentlichem Grün
5.1 Negative Entwicklungstrends
5.2 Positive Entwicklungstrends
6. Model und Handlungsempfehlung
6.1 Gibt es Hybrid Parks Modell?
6.2 Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen von Parks, Gärten und anderen Projekten
der grünen Infrastruktur
Anhang
A
Forschungshintergrund
B
Situation Reports der Partner
C
Workshops, Studienreisen und Konferenzen
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1. Einleitung
Aufbauend auf die Trägerschaft des Europäischen Gartennetzwerkes EGHN hat die Stiftung Schloss
Dyck in den Jahren 2010 bis 2012 ein Folgeprojekt zum Thema Zukunft von Parks in Gärten in Europa
vorbereitet. Grundlage war die seit 2003 erfolgreiche Durchführung des EGHN Projektes als INTERREG
IIIB NWE Förderprojekt und dessen Etablierung als dauerhaftes Netzwerk, welches bis heute rund 170
Gärten in 12 Europäischen Ländern umfasst und seinen Sitz in Schloss Dyck, dem Zentrum für
Gartenkunst und Landschaftskultur in Nordrhein-Westfalen hat.
Ein von der Stiftung Schloss Dyck gestellter Förderantrag wurde im Dezember 2011 im Rahmen des
INTERREG IVC Förderprogrammes der EU bewilligt. Von über 380 eingereichten INTERREG IVC
Projektanträgen hatte die EU 82 Projekte für eine Förderung ausgewählt, davon nur fünf aus
Deutschland. HYBRID PARKS war eines davon. Das Projektvolumen betrug rund 2,4 Millionen Euro.
Das europaweite Projekt HYBRID PARKS beschäftigte sich mit den ökologischen, sozialen und
ökonomischen Beiträgen von Gärten, Parks und öffentlichem Grün zur nachhaltigen Stadt- und
Regionalentwicklung - auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und den sich verändernden
Nutzeranforderungen.
In zahlreichen Workshops, Exkursionen und Tagungen in den 10 Partnerländern eröffnete das Projekt
HYBRID PARKS von 2012 bis Ende 2014 den Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Maßnahmen und
erarbeitete ein Modell zur Entwicklung zukünftiger „hybrider“ Parks und Gärten in Europa.
Das Partnerkonsortium mit 16 Partnern aus Europa besteht aus dem Lead Partner Stiftung Schloss
Dyck, Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur, dem Landschaftsverband Rheinland (LVR), dem
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, den
Regionen Umbrien und Emilia-Romagna (Italien), der Region südliche Ägäis (Rhodos), dem Paola Local
Council (Malta), den Städten Lund und Linköping in Schweden, dem Council für Cheshire West and
Chester in Großbritannien, der Gartenplattform Niederösterreich und dem Verein Natur im Garten
ebenfalls aus Niederösterreich, der Universität Turku aus Finnland, dem Schlesischen Botanischen
Garten in der Region Mikolów (Polen) und der Vereinigung der Parks und Gärten in der Bretagne
(Frankreich).
Das Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
hat das Projekt mit dem vorliegenden Forschungsauftrag begleitet, um so die Ergebnisse des Projektes
für das Land NRW aufzuarbeiten und um auf NRW übertragbare Modelle zur zukünftigen Entwicklung
der Grünen Infrastruktur in NRW herauszustellen.
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2. Ökonomie und Städtebau
Bei der Suche nach der ökonomischen Bedeutung und den ökonomischen Effekten von Parks, Gärten
und öffentlichem Grün verfolgte das Projekt einen breiten Ansatz: im Schwerpunkt ging es um den
Beitrag von Parks zu den vielfältigen Zielen und Programmen nachhaltiger Stadt- und
Regionalentwicklung, zu funktionierenden Stadtstrukturen mit hoher Lebensqualität und um die
Schaffung und Inwertsetzung von öffentlichem Grün bei der Wiedernutzung von Brachflächen oder bei
der Revitalisierung von Problemräumen – damit ganz im Sinne der regionalpolitischen Zielsetzungen
des INTERREG Programms. Dabei befasste sich das Projekt auch intensiver mit der Frage nach der
quantitativen Erfassung der Effekte von Investitionen in die grüne Infrastruktur.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Bedeutung von Parks und Gärten für die regionale Freizeit- und
Tourismusentwicklung mit ihren verschiedenen Ansätzen in einigen Partnerregionen, um diese
nachhaltig zu fördern. Schließlich standen auch noch die Möglichkeiten und Grenzen von Parks und
Gärten als wirtschaftlich zu führenden Unternehmen anhand konkreter Beispiele im Zentrum einiger
Vorträge, Besuche und Studien des Projektes.
2.1 Grünzonen in der Regionalentwicklung
Als Meilenstein bei der Inwertsetzung öffentlichen Grüns für Revitalisierungsprozesse und nachhaltige
Stadt- und Regionalentwicklung - von großräumigen Grünzonen bis hin zur Landschaftskunst und
neuartigen Parks – gilt die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA) in Nordrhein-Westfalen
von 1988-1998. Obwohl schon bei der Industrialisierung des Ruhrgebiets regionale Grünzüge die
Siedlungsentwicklung (weitgehend erfolgreich) steuerten, hat die IBA als größtes Projekt zum Abbau
der Folgen des Strukturwandels mit der ökologischen Aufwertung einzelner, ehemaliger
Industriestandorte und der ganzen Emscherzone es geschafft, der Region – gerade auch durch
innovative Parks – zu neuer Lebensqualität, einigen Leuchtturmprojekten und zu wirtschaftlichen
Entwicklungsperspektiven zu verhelfen. Aufgrund der Größe von 450 km² und gut 400 Einzelprojekten
findet die IBA mit den noch andauernden Projekten des Emscher Landschaftsparks und der EmscherRenaturierung ihre Fortsetzung bzw. laufend aktualisierte Fortschreibung. Auch im kommenden
Landesentwicklungsplan für NRW finden diese Projekte, aber auch Kulturlandschaftsentwicklung
allgemein sowie Parks und Gärten ihren Niederschlag.
Vergleichbare Konzepte, wenn auch in kleinerem Maßstab, im Rahmen des Hybrid Parks Projektes
waren u.a. die Rekultivierung der Vuosaari Deponie bei Helsinki, mit einem stark ökologischen
Schwerpunkt, aber auch mit einem Freizeit- und Erholungscharakter oder auch die Northwich
Community Woodlands, eine Fläche von rund 323 Hektar, auf der die Folgen des langjährigen
Salzabbaus beseitigt wurden bzw. in eine naturnahe Nutzung überführt wurden. Heute ist diese
Industriefolgelandschaft mit ihrer besonderen Vegetation und ihren Vogelbrutstätten, aber auch den
Relikten der industriellen Entwicklung, wie etwa dem nun wieder funktionstüchtigen Anderton
Schiffshebewerk aus dem Jahre 1875, eine vielfältige und viel besuchte Erholungslandschaft. Einen
neuen Weg geht auch der Nordpark am Stadtrand von Pulheim (bei Köln), der bewusst als
Übergangszone zwischen Stadtraum und landwirtschaftlich genutztem Außenraum gestaltet und
inszeniert wird.
Auch im vergleichsweise dünn besiedelten Finnland sind Grünflächen und Kulturlandschaften wegen
der in vielen finnischen Städten verfolgten Politik der kompakten Stadt bzw. Stadtinnenentwicklung
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mit der Nutzungsänderung von Freiflächen und dem damit verbundenen Verlust der durchgehenden
Freiraumvernetzung zwischen Stadt und Umland bedroht. Seit dem Jahr 2000 steuern (bisher 6)
Kommunen mit dem Modell der National Urban Parks (NUP) dem entgegen. Die Anerkennung
entsprechender Konzepte, die Kulturlandschaftsentwicklung fördern und die grüne Stadt-UmlandVernetzung beinhalten müssen, erfolgt durch das zuständige finnische Ministerium. Dabei stehen nicht
zusätzliche Fördermittel im Vordergrund, sondern die Wahrung und innovative Inwertsetzung der
charakteristischen, regionalen Kulturlandschaft im Kontext einer nachhaltigen Stadt- und
Regionalentwicklung mit dem „NUP-Siegel“ als Anerkennung und Qualitätsmarke.
Damit sind die NUP mit dem Programm der REGIONALEN in NRW vergleichbar, für das Regionen ein
Leitbild erarbeiten, das Maßnahmen im Bereich Städtebau, Umwelt, Wirtschaft, Kultur, Bildung und
Wissen enthält. In allen der bisher acht von der Landesregierung anerkannten REGIONALEN haben
Investitionen in Parks und Gärten und in die Kulturlandschaft breiten Raum eingenommen.
2.2 Parks und Gärten in der Stadtentwicklung
Die Stadtparks in den beiden schwedischen Städten Linköping und Lund haben eine mehr als
150jährige bzw. 100jährige Geschichte aufzuweisen. Die Bürger haben sie über all die Jahre intensiv
genutzt und sich für deren Erhalt (bzw. in Linköping auch Gründung) eingesetzt. Dabei haben
Veränderungen im Nutzerverhalten und vor allem auch das Wachstum der Städte - die einstige Lage
am Rand der Innenstadt hat sich zu einer mehr zentralen Lage gewandelt - in den letzten Jahren
strukturelle Anpassungen und Neuerungen notwendig werden lassen. Während dieser Prozess in
Linköping seit etwa 15 Jahren schrittweise umgesetzt wird (u.a. neue Eingangsbereiche, neue
Pflanzungen und Gartenteile, neues Restaurant, Sportanlagen), verfolgt die Stadt Lund seit 2010
basierend auf einem ambitionierten Masterplan eine radikalere Verjüngungskur, die erste Ergebnisse
(neues Restaurant, Öffnung des Parks zu neuen Stadtteilen, Sportbereiche) zeigt, aber wegen
Finanzierungsproblemen nur langsamer als geplant realisiert werden kann. Zudem führt auch der
Status einiger Parkteile als NATURA 2000-Flächen zu Umsetzungsproblemen.
Auch der 1867 eröffnete, frei zugängliche Grosvenor Park in der Stadtmitte von Chester erfährt seit
den letzten Jahren einige durchgreifende Modernisierungen. Damit werden nicht nur die notwendigen
größeren Pflegemaßnahmen umgesetzt und neue Parkteile angelegt, sondern der Park erhält mit
einem Café und Versammlungsräumen auch die notwendige Infrastruktur, um den Park auch für die
begleitende schulische Ausbildung nutzen zu können und die Aufenthaltsqualität und touristische
Inwertsetzung zu steigern, die aufgrund der attraktiven Lage zwischen Innenstadt und Uferpromenade
sowie römischen Amphitheater vielversprechend ist.
Die in Nordrhein-Westfalen erstmals im Jahre 1984 durchgeführten Landesgartenschauen, waren von
Beginn an nicht nur Leistungsschau des Gartenbaugewebes, sondern als nachhaltige Freizeit- und
Parkanlagen konzipiert, bei deren Umsetzung in bisher 16 Städten und Gemeinden zugleich Standorte
(z.B. alte Zechengelände) saniert oder städtebauliche Strukturen (z.B. Erschließungen und
Verknüpfungen) verbessert werden sollten. Auch die an Standorten im Bundesland NRW
durchgeführten Bundesgartenschauen haben versucht, diese Prinzipien stärker zu berücksichtigen.
Auch die Neugestaltung der Parkanlagen des Projektpartners Stiftung Schloss Dyck erfolgte zunächst
im Rahmen der Landesgartenschau 2002.
Hybrid Parks hat das weite Spektrum aufgezeigt, wie sich mit neuen Parks und Gärten in der Stadt
Standorte erschließen und Nutzungen anregen lassen: es reicht von Parks, die ehemalige Stahlwerke
erschließen und deren Relikte einschließen (wie im Landschaftspark Duisburg-Nord oder dem
Westpark Bochum), über die Umwandlung von teilweise kontaminierten Industrieflächen in
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hochwertige Freizeit-, Büro- und Wohnstandorte (wie am Phoenixsee in Dortmund) und die
Umwandlung von Hafen- und Bahnflächen in Wohnstandorte (wie in Malmö und künftig in Linköping)
bis hin zu Therapiegärten (wie etwa in Alnarp oder künftig am Monte Subasio in Umbrien) und Urban
Gardening im Stadtraum und zur Aufwertung von Wohngebieten wie in Linköping-Skäggetorp (siehe
dazu das Kapitel „Soziales“) sowie ökologischen Stadtfarmen mit pädagogischen Konzepten (wie z.B.
in Ferrara). Auch innovative Gärten in alten Parks, die Beteiligungskonzepte und hohe ästhetische
Ansprüche erfolgreich verbinden, sind möglich, wie der Slottsträdgården in Malmö zeigt (mehr dazu
unter „Soziales“).
Nicht selten sind Parks und Gärten dabei in weitergefasste kommunale Programme integriert, wie z.B.
in die Strategie „Urbanes Grün in der integrierten Stadtentwicklung“ des Städtebauministeriums in
NRW, das REPAIR-Programm in der Kommune Paola (Malta) zur Stadterneuerung und Aufwertung
öffentlicher Flächen oder das Green Programme GNP 2014-2016 in Lund zur Entwicklung und
Neuanlage von Parks und Naturschutzflächen.
Relativ neu ist die Inwertsetzung öffentlichen Grüns für Klimaschutzziele oder zur Minderung von
Schäden bei Schlechtwetterereignissen (z.B. Starkregen) – vgl. dazu den Abschnitt „Ökologie“.
2.3 Wirtschaftsfaktor Gartentourismus
Cheshire (bzw. die seit der Neuordnung bestehenden Teilregionen Cheshire East sowie Cheshire West
and Chester) gilt als eine der gartenkulturell attraktivsten Regionen Großbritanniens. Dennoch waren
die touristischen Effekte dieses Reichtums nicht mit anderen (insbesondere südlichen) Regionen des
Landes zu vergleichen. Ein touristisches Konzept, das parallel zur Durchführung des
Kulturhauptstadtjahres 2008 im angrenzenden Liverpool seinen Höhepunkt hatte, setzt auf die
gemeinsame Vermarktung als „Cheshire’s Gardens of Distinction“ und fördert den Austausch zwischen
den Verantwortlichen der (oft privaten) Parks und Gärten sowie die Entwicklung und Umsetzung
gemeinsamer Aktivitäten und Vermarktungskonzepte.
Während man in Cheshire also Vielfalt und Unterschiede der Gärten betont, haben sich die
Verantwortlichen in Niederösterreich für ein verbindendes Motto bzw. einen verbindlichen
Qualitätsanspruch bei ihrer nachhaltigen Gartentourismusoffensive entschieden. Nach den
ökologischen Grundsätzen der Aktion „Natur im Garten“ gepflegt, präsentieren sich Bauern- und
Kräutergärten, prunkvolle Schlossparks und verborgene Stiftsgärten sowie moderne Gartenprojekte
als blühende Ausflugsziele. Von der Landesregierung unterstützt, kümmern sich die Hybrid Parks
Partner „Natur im Garten“ und „Gartenplattform NÖ“ u.a. um die gemeinsame Vermarktung, die
Weiterbildung der Gartenbetreiber und nun auch um die nachhaltige Gestaltung öffentlicher
Grünflächen (z.B. Straßenbegleitgrün) durch die Kommunen in Niederösterreich.
Relativ neu ist die stärkere gemeinsame touristische Vermarktung der Parks und Gärten in NRW als
buchbare Angebote für Gruppen- und Individualreisende. Interessant hier sind vor allem der Aufbau
auf einer etablierten Qualitätsmarke (alle beteiligten Parks und Gärten entsprechen den Kriterien des
Europäischen Gartennetzwerks EGHN) und die starke Verknüpfung mit anderen kulturellen,
geschichtlichen oder landschaftskulturellen Attraktionen in den Regionen. Nur so passte das neue
Angebot auch in den Masterplan Tourismus des Landes NRW mit seinen klar definierten Zielsetzungen
und Zielgruppenkonzepten und war mit EU- und Landesmitteln förderfähig.
In klassischen Urlaubsregionen, wie den beiden Hybrid Parks Partnerregionen Malta und Rhodos,
waren über Jahre neben den dominierenden Tourismusfaktoren Meer und Strand vielleicht noch
historische Städte und kulturelles Erbe von gewissem touristischem Interesse. Gerade in Malta ist
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frühzeitig erkannt worden, dass immer mehr Besucher auch Wert auf gepflegte öffentliche
Grünanlagen und Parks legen. Entsprechend aufwendig werden viele der zentralen Anlagen – und dies
trotz der extremen Klimaverhältnisse – angelegt und unterhalten. Auch die Neuanlage von
zeitgenössischen Grünanlagen, wie der Park Mdina Ditch (Finalist des Europäischen Gartenpreises
2013) entlang der Stadtmauer der Welterbestätte Mdina gehört zu diesem ambitionierten Programm.
Auch in Rhodos werden nun die Entwicklungspotenziale von öffentlichen Grünflächen identifiziert und
aktuell neue Planungen vorbereitet.
2.4 Parks und Gärten als Wirtschaftsunternehmen
Nicht nur privat unterhaltene, sondern auch öffentliche Parks und Gärten stehen verstärkt vor der
Aufgabe, mit Einnahmen aus eigenem Geschäftsbetrieb laufende Kosten und Investitionen zumindest
anteilig mitzufinanzieren. Dabei ist es nicht immer problemlos, die Erhöhung der Besucherzahlen mit
gesteigerten Eintrittspreisen in Einklang zu bringen. Unverzichtbar sind ein sehr guter Pflegezustand,
gute Infrastrukturangebote (z.B. Restaurant und Shops) und gelegentliche neue Gestaltungselemente
zur Sicherung der Kundezufriedenheit, der Rückkehrquote und der unbezahlbaren Mund-zu-MundPropaganda. Veranstaltungen und Vermietungen (insbesondere wenn ansprechende Räumlichkeiten
z.B. für Hochzeiten oder Firmenevents vorhanden sind) sind – bei allen Investitionsrisiken und
Unwägbarkeiten – meist zusätzliche Einnahmequellen.
Cholmondeley Castle Gardens mit seinen Veranstaltungen und Wirtschaftsbetrieben, La Bourbansais
in der Bretagne mit seinem Zoo und den Jagdvorführungen oder Schloss Dyck mit seinem
Veranstaltungsprogramm, Vermietungs- und Gastronomieangeboten sind einige der Beispiele, die
Hybrid Parks als Good Practice identifizieren konnte. Zudem war der Tagungsort der 2. Konferenz im
Mai 2013, Quarry Bank Mill, repräsentativ für den Erfolg des National Trust in England, die Sicherung,
Pflege und Weiterentwicklung kulturellen Erbes und von Kulturlandschaften mit einer Kombination
aus Eintrittsgeldern, Wirtschaftsbetrieben, Mitgliedsbeiträgen, freiwilliger Arbeit und dem britischen
Erbschaftsrecht seit fast 120 Jahren ohne staatliche Zuschüsse zu gewährleisten.
Dass die Zusammenarbeit in Netzwerken (auch der National Trust kann als solches bezeichnet werden)
neben fachlichen auch ökonomische Vorteile für alle Beteiligten bieten kann, zeigen u.a. auf regionaler
Ebene „Cheshire’s Gardens of Distinction“ oder die „Association des Parcs et Jardins en Bretagne“, auf
zudem stark fachlicher Ebene das Netzwerk „Natur im Garten“ in Niederösterreich und auf
europäischer Ebene das „Europäische Gartennetzwerk – EGHN“ (unter der Leitung der Stiftung Schloss
Dyck). Auch das von Kommunen und der Region Umbrien initiierte Netzwerk RUGiad'A hat mit seiner
Verbindung von Parks und Gärten mit der Kulturlandschaft eine deutliche ökologische, kulturelle und
touristische Zielsetzung.
Gartenshows und Gartenmessen gelten als weiteres Mittel, um mit neuen Angeboten Einnahmen zu
erzielen. Im Rahmen von Hybrid Parks (von Prof. Ed Bennis) durchgeführte Fallstudien in mehreren
Ländern zeigen, dass diese Veranstaltungen – (noch) abgesehen von Highlights wie Chelsea Flower
Show und Chaumont – vergleichbare Konzepte verfolgen, in Teilen immer austauschbarer werden und
gleiche Zielgruppen ansprechen. Dennoch lässt die Studie Ansatzpunkte für innovative Konzepte
erkennen, die aber eine genaue Analyse der örtlichen Potenziale und Ressourcen erfordern.
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2.5 Wirtschaftliche Effekte von Investitionen in die „grüne Infrastruktur“
Schon auf dem Workshop im November 2012 konnte Prof. Grühn von der TU Dortmund sein
Berechnungsmodell vorstellen, mit dem es ihm gelungen ist, für deutsche und schwedische Städte
einen signifikanten Zusammenhang zwischen Grundstückswerten und dem Wert von Immobilien auf
der einen Seite und dem Vorhandensein und dem Pflegezustand von öffentlichen Grünflächen
andererseits nachzuweisen. Demnach sind Investitionen in hochwertige Grünflächen in jedem Fall ein
wichtiger weicher Standortfaktor, auch im Wettbewerb der Städte untereinander und in Programmen
zur Bekämpfung schrumpfender Städte.
Eine von der FH Krems für Hybrid Parks erarbeitete Studie zeigt die Möglichkeiten und Grenzen
verschiedener Methoden und Indikatorensysteme zur Messung der ökonomischen, aber auch der
ökologischen/umweltrelevanten und soziokulturellen Effekte von Parks und Gärten auf und bietet mit
14 Schlüsselfragen den Managern von Parks „erste Hilfe“ bei der Planung solcher Analysen bzw. eines
kontinuierlichen Monitorings.
Der Hybrid Parks Partner Cheshire West & Chester wiederum hat eine Methode zur Ermittlung des
ökonomischen Werts von Parks (weiter)entwickelt, die zur Nutzung durch Partner und Externe zur
Verfügung steht. Die Eingabe zahlreicher Variablen ist möglich, aber für einzelne Projekte können
schon mit einer geringeren Zahl an Werten aussagekräftige und belastbare Ergebnisse erzielt werden.
Eine Modellrechnung für Northwich Woodlands (s.o.) hat beispielhaft ergeben, dass einer einmaligen
Investition in Höhe von 12,5 Mio. Euro und laufenden Kosten in Höhe von 250.000 Euro jährlich,
positive Effekte auf die regionale Bruttowertschöpfung in Höhe von 14 Mio. Euro, auf die Grundstücksund Immobilienwerte in Höhe von 11 Mio. Euro und sonstige ökonomische Effekte (z.B.
Gesundheitsvorsorge, Steigerung der Artenvielfalt) in Höhe von 36 Mio. Euro gegenüberstehen.
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3. Ökologie und Klimawandel
3.1 Ökologischer Nutzen von Parks und Gärten
Die positiven Umwelteffekte von Parks und Gärten sind unbestritten. Sie werden von Fachleuten und
der Öffentlichkeit anerkannt und geschätzt.
Schon ein sehr kleiner städtischer grüner Platz oder sogar nur ein einziger Baum auf der Straße haben
positive Auswirkungen auf die Ökologie und die Attraktivität der lokalen Umwelt und auf das
Wohlbefinden der Bewohner. Die Verbesserung der Luftqualität, die Rückhaltung von Regenwasser,
die Kühleffekte und die Reduktion versiegelter Flächen beginnen hier.
Diese positiven Auswirkungen auf die Umwelt steigen in allen der im Folgenden behandelten größeren
Anlagen, Parks, Gärten und gestalteten Landschaften.
In Stadtparks sowie in anderen öffentlichen - historischen und modernen - Parks gibt es eine reiche
Artenvielfalt, die heute oftmals die Artenvielfalt auf dem Land überschreitet. Als intensiv
bewirtschaftete, hochwertige Räume beinhalten sie eine zunehmende Vielfalt von Pflanzen, die oft
weitere einheimische und lokale Pflanzen umfasst, die vielen Insekten und Tieren einen Lebensraum
bieten. Einige Parks (wie der Stadtpark in Lund, Schweden oder das Bagno in Steinfurt, Deutschland)
integrieren Natura 2000-Gebiete.
Zusätzlich beherbergen und konservieren einige Parks und Gärten nationale Pflanzensammlungen
und/oder einen oder mehrere Baumdenkmale (champion trees). Beides sind zugleich erhebliche
Besucherattraktionen.
In der Tradition der Küchengärten oder Obstgärten wurde in einigen Parks und Gärten in die
Restaurierung von alten Küchengärten (z. B. La Bourbansais in der Bretagne und der PräsidentenGarten in Malta) oder in die Entwicklung neuer Küchengärten oder Spalier-Obstgärten (z. B. Schloss
Dyck und einige Schaugärten, die vom Landschaftsverband Rheinland in Deutschland verwaltet
werden) investiert.
Das österreichische Netzwerk „Natur im Garten" ist ein gutes Beispiel, dass die Kombination von
Schaugärten, Beratung und Bildungsaktivitäten die vielen Facetten ökologischen Gärtnerns und die
nachhaltige Bewirtschaftung des öffentlichen Raumes fördern kann. Zusätzlich und in Zusammenarbeit
mit der „Gartenplattform Niederösterreich" unterstützt dies auch lokalen Tourismus mit einem
starken Fokus auf die Umwelt, gesunde Ernährung und Wohlbefinden.
Für andere Gärten, wie Arche Noah in Schiltern (Österreich) oder Gaasbeek in Belgien (Sieger bzw.
Finalist des Europäischen Gartenpreis 2014 bzw. 2012) sind der Anbau von Gemüse und Obst und die
Erhaltung alter Sorten und Anbauformen (wie Spaliere) die Hauptursachen für ihre Existenz und
Aktivitäten. Beides geht Hand in Hand und trägt zum öffentlichen Interesse am lokalen und gesunden
Essen und zu neuen Nutzungsformen für Privatgärten bei.
Botanische Gärten haben eine lange wissenschaftliche und pädagogische Tradition und haben dazu
beigetragen, die Zahl der Pflanzenarten zu erhöhen, die alle Parks und Gärten heute verwenden
können. Die Sammlung, Erhaltung und Vermehrung der gefährdeten Pflanzen und Samen, sowie die
Forschung über den Klimawandel sind Missionen von zunehmender Bedeutung. Diese und andere
neue Entwicklungstrends, wie Biotopmanagement oder Erholungsfunktionen, werden die
traditionellen Funktionen der botanischen Gärten ergänzen und ihre ökologische Bedeutung erhöhen.
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Natürliche Sukzession hat an Orten ehemaliger industrieller oder gewerblicher Nutzung einige
Landschaften geschaffen, die reich an Lebensräumen und Arten sind. Diese Vielfalt wird oft auf
exotische Pflanzen zurückgeführt, die in solche Orte während ihrer früheren Nutzung eingedrungen
sind (z. B. mit importierten Rohstoffen). Dank einiger behutsamer Eingriffe wurden diese Orte weiter
bereichert, beispielsweise durch die Entwicklung von einigen schattigen, trockenen oder feuchten
Räumen, wie Teichen und Gebüschen, und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Good-PracticeBeispiele von Hybrid Parks sind u. a. die Vuosaari Deponie in der Nähe von Helsinki und das Dorf
Reposaari in Finnland, Northwich Woodlands in der Nähe von Chester, der geologische Park GEOsfera
in Jaworzno (Polen) und der Landschaftspark Duisburg-Nord im Ruhrgebiet.
In Umbrien wurden Pläne erstellt, um die Landschaft entlang der Hauptstraßen in den Flusstälern zu
verbessern und neu zu gestalten. Straßenparameter werden geändert; Bäume und Stauden werden
(neue) Kreisverkehre und Verkehrsinseln verschönern; neue Passagen werden den lokalen Verkehr
erleichtern. Diese Eingriffe unterstützen auch wirtschaftliche Ziele, da sie die Fahrer verlangsamen und
einen kurzen Stopp oder längeren Aufenthalt in einer der schönen Städte und Dörfer fördern sollen,
die nur wenige Minuten von den Verkehrsstraßen entfernt sind.
Das Hauptziel des Nordparks in Pulheim (Deutschland), der während des Projekts als Good-PracticeBeispiel identifiziert wurde, ist die Erhaltung und Verbesserung der Qualitäten dieser Übergangsstelle
am Rande von Pulheim, dem Großraum Köln und der offenen Agrarlandschaft. Die lokale Bevölkerung
und Besucher sind eingeladen, die neuen Infrastrukturen (Wege, Bänke etc.) zu nutzen und die
Neuanpflanzungen zu besichtigen. Zugleich werden diese verbesserten Qualitäten dieses Grenzgebiet
davor schützen, für zukünftige Baumaßnahmen genutzt zu werden.
Alle diese und viele andere neuen Landschaften und Parks sind wichtige städtische oder stadtnahe
Erneuerungsprojekte, die oft auch zu der Qualität eines breiteren Grüngürtels oder eines urbanen
grünen Netzwerks beitragen, wie der Emscher Landschaftspark im Kern des altindustriellen
Ruhrgebiets, wie die National Urban Parks in einigen Städten und deren Umland in Finnland oder
Aktivitäten in einigen Städten in der Region Emilia-Romagna, um ein grünes Netzwerk oder einen
grünen Gürtel basierend auf Landschaft, traditionellen Parks und neuen Gärten oder Urban Gardening
zu schaffen.
Mit Informationen über Ökologie, Pflanzen, Tierwelt usw. in Besucherzentren, in Broschüren oder bei
Führungen und Seminaren spielen die meisten dieser Parks oder gestalteten Landschaften zusätzlich
zu ihrem ökologischen Wert und ihrer eigenwilligen Schönheit eine wichtige Rolle bei der
Umweltbildung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diejenigen, die in und für Parks, Gärten und Landschaften
arbeiten, sehr erfinderisch und erfolgreich sind bei der Schaffung von Kulturlandschaften, Parks und
Gärten, die Natur und natürliche Komponenten, tradierte Fähigkeiten und neues Wissen sowie
traditionelle Strukturen mit neuen Interventionen und Designs verbinden. All dies trägt zum
Wohlbefinden der Pflanzen, Tiere, Besucher und der Umwelt bei.
Zusätzlich zu diesem Engagement und zu diesen Erfolgen muss man sich jedoch fragen: Was ist mit
dem Klimawandel?
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3.2 Grüne Infrastruktur und Klimawandel
Das Projekt Hybrid Parks und die Studie „Berücksichtigung des Klimawandels in der Gestaltung von
Parks und Freiräumen" - von der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben haben gezeigt, dass das Bewusstsein für den Klimawandel und sowohl die Bedürfnisse als auch die
Möglichkeiten zur Minderung des Klimawandels gleichermaßen in der fachlichen Diskussion und in den
Aktivitäten der „grünen Fachleute“, Stadtplaner, Politiker und Bürger vorhanden sind. Wenn diese
Thematik jedoch explizit erwähnt wird, geschieht dies meist bei Großprojekten, wie z. B. Grüngürteln
oder Regenretentionsflächen oder bei kleinen Eingriffen im urbanen (Wohn)Umfeld (wie
Straßenbegrünungen oder grünen Innenhöfen), aber kaum im Zusammenhang mit den Parks und
Gärten, die der Schwerpunkt des Projektes Hybrid Parks waren.
Für öffentliche Parks und Gärten werden die Probleme des Klimawandels vor allem als
Herausforderung für bestehende und künftige Anpflanzungen erachtet. An einigen Orten wird der
mögliche Anbau von Anlagen für erneuerbare Energien als Gestaltungselement für entlegene Gebiete
mit geringerer Nutzung und geringerem Wert und als Instrument zur Verringerung lokaler
Energiekosten (z. B. Heizung) oder als Quelle zur Erzeugung zusätzlichen Einkommens erwogen.
Regenwasserretention und -speicherung für Trockenperioden sind ebenfalls in der Diskussion.
Die möglichen Anforderungen und Bedürfnisse zukünftiger Besucher werden weniger beachtet. Wird
ein weiterer Anstieg der Sommertemperaturen zum Beispiel die Modernisierung eines Parks mit neuen
Infrastrukturen und Design-Elementen erfordern? Werden neue Parks, z. B. die Landesgartenschauen
in Deutschland, die oft Orte ohne gewachsene, größere Grünstrukturen umfassen, es immer
schwieriger finden, die Besucher in den ersten Jahren zu gewinnen, da es kaum Bäume gibt, die
Schatten spenden können? Wird es notwendig sein, über die Kühlwirkung von Wasser (wie in
arabischen Gärten) oder über die Schaffung von Schatten (und Regenschutz) durch flexible textile
Architekturelemente nachzudenken, die sich an bewölkten Tagen hochklappen lassen?
Es gibt gute Beispiele für die Einbeziehung von Wassernebeln sowohl als Klima- als auch
Gestaltungselement, beispielsweise die beiden Stadtplätze City Dune in Kopenhagen oder Floor Works
in Genf (beide Finalisten des Europäischen Gartenpreis - EGA), für die Schaffung von Schatten durch
Stahlkonstruktionen wie beim EGA-Gewinner MFO-Park in Zürich, und für die Einbeziehung von
Sonnenenergie und Windkraftanlagen als Gestaltungselemente in einen zeitgenössischen Park, wie
beim Father Collins Park in Dublin (EGA-Finalist).
Aber diese und ähnliche Ansätze werden andernorts immer noch als sehr avantgardistische oder gar
abzulehnende Nutzungs- und Designkonzepte angesehen. Es kann also noch eine Weile dauern, bis
sich diese oder ähnlich Innovationen ihren Weg in andere öffentliche Parks bahnen.
Gemäß dem allgemeinen Ansatz und den Zielen von Hybrid Parks sollte die Umsetzung kombinierter
und innovativer ökologischer sowie sozialer / kultureller und wirtschaftlicher Aktivitäten und
Investitionen intensiver in Betracht gezogen werden, solange dadurch Potenziale kombiniert,
Synergien geschaffen und die Leistung zum Wohle der Besucher verbessert wird, ohne die
einzigartigen Qualitäten eines Parks oder Garten zu stören oder gar zu gefährden.
Es ist deutlich geworden, dass dieses Ziel von Hybrid Parks im Hinblick auf ökologische Zielsetzungen
durchaus möglich ist und zum Teil schon erfolgreich umgesetzt wird, aber zugleich Potenziale
erschlossen und Vorbehalte abgebaut werden müssen.
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4. Soziale Aspekte im Umgang mit Parks und Gärten
Parks, Gärten und andere öffentliche, urbane Freiräume bildeten und bilden in den unterschiedlichen
Epochen ihr individuelles Erscheinungsbild heraus - den jeweiligen gesellschaftlichen Bedürfnissen und
Möglichkeiten entsprechend. Die soziale Dimension manifestiert sich in der Vielfalt der Angebote und
in der Möglichkeit für Alle, einen Park oder jede andere öffentliche Grünfläche in der individuell
gewünschten Intensität und Weise zu nutzen. Die soziale Dimension umfasst über diese individuellen
Bedürfnisse hinausgehend auch gesellschaftliche Belange wie z.B. die Gewährleistung einer hohen
Wohn- und Aufenthaltsqualität und gleicher Lern- und Entwicklungschancen. In diesem Kontext sind
auch die Parkanlagen zu erwähnen (wie z.B. der Stadtpark in Linköping (Schweden) oder die Barmer
Anlagen in Wuppertal (Deutschland)), die ihre Entstehung und oft auch bis heute einen Teil ihrer
laufenden Pflege und Unterhaltung der Spendenbereitschaft wohlhabender Schichten und
bürgerschaftlichem Engagement verdanken. Soziales Engagement ist auch Motivation für Viele, die
sich als Freiwillige - als Einzelpersonen oder in Freundeskreisen und Vereinigungen - z.B. für die Pflege
öffentlichen Grüns oder den Erhalt historischer Parkanlagen einsetzen.
Auch die kulturellen Ansprüche an Parks und Gärten sind umfangreich. Mit der Geschichte und der
Fortentwicklung der Gartenkunst, mit dem Schutz des Kulturerbes und rechtlichen und steuerlichen
Aspekten zu dessen Förderung, mit der nachhaltigen, also auch wirtschaftlichen Nutzung kulturellen
Erbes, mit Bildungsangeboten, die Wissen, Respekt und Spaß an der (Garten)Kultur vermitteln, mit der
Archäologie und mit Prinzipien der Restaurierung, die sich mit verschiedenen Ebenen oder Wahrheiten
eines Gartens auseinandersetzen muss, sind selbst die unmittelbareren Anforderungen und Potenziale
noch nicht umfassend genannt. Hinzu kommt – traditionell, aber in den letzten Jahren stark an
Bedeutung gewinnend - die Nutzung von Parks und Gärten als besonderen Orten der Vermittlung und
Erfahrung von Kunst und Kultur.
4.1 Soziale und kulturelle Potentiale
Für die Projektpartner standen diese vielfältigen sozialen und kulturellen Potenziale und
Anforderungen niemals in Frage. Denn die gewünschte nachhaltige Entwicklung von hybriden Parks
verbindet wirtschaftlichen Fortschritt mit sozialer Gerechtigkeit und kultureller Freiheit sowie dem
Schutz der natürlichen Umwelt. Je besser diese Kriterien erfüllt werden, umso größer ist allgemein die
öffentliche Akzeptanz eines gestalteten Freiraums.
Daher war es ein Ziel des Projektes, der Frage nachzugehen, welche neuen Ideen und Konzepte es gibt,
aktuelle Anforderungen effizient und nachhaltig zu erfüllen. Dies umso mehr als sich bei den
Nutzungsansprüchen in den letzten Jahren zunehmende und immer schneller werdende
Veränderungen feststellen lassen. Diese sind als solche nicht immer konfliktfrei (z.B. der Wunsch nach
Ruhe und Entschleunigung mit dem Wunsch nach Musikgenuss und sportlicher Betätigung) und
können zugleich, insbesondere wenn die Anpassung bzw. Modernisierung eines Parks notwendig wird,
kulturelle Werte negativ beeinträchtigen und zu Konflikten mit dem Denkmalschutz führen.
Die Aufgabe der Modernisierung stellt sich insbesondere in den zentrums- und wohnungsnahen
Grünflächen, also speziell in den klassischen Stadtparks, die von fast allen Bevölkerungsgruppen gerne,
spontan und gleichermaßen für kurze wie auch lange Aufenthalte besucht werden, aber eben mit
einem breiten Aktivitätsspektrum von Ausruhen und Abkühlen bis hin zu Fußballspielen oder Grillen.
Hybrid Parks hat Beispiele dafür aufgezeigt, wie solche Aufgaben angegangen werden können und
dabei die Bedürfnisse traditioneller Besucher berücksichtigt und neue Nutzer und deren Ansprüche
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einbezogen werden können. In Stadtparks mit langer Tradition, wie z.B. in Lund und Linköping in
Schweden und Chester in Nordengland, wurden z.B. ruhigere Bereiche gärtnerisch aufgewertet,
verbesserte Kommunikations-, Spiel- und Sportangebote geschaffen, konfliktfreiere Erschließungen
umgesetzt und neue Angebote integriert, z.B. Restaurants und Räumlichkeiten für Bildungsangebote
und Veranstaltungen. Der historische Ursprung und Charakter blieb erhalten und sichtbar. Neue
Angebote, insbesondere im Sport-, Bildungs- und Kulturbereich, setzten von Beginn an auf die
langfristige Beteiligung der Bevölkerung bzw. von Vereinen und Verbänden an deren Planung,
Umsetzung und Betrieb. Im Alltagsbetrieb konnten damit Besucherzahlen erhöht und Konflikte
verringert werden. Akzeptanz und Zufriedenheit sind deutlich gestiegen. Probleme ergeben sich meist
nur noch im Rahmen von größeren Veranstaltungen, die weiterhin zu Lärm- und Müllproblemen sowie
der Verdrängung ruhesuchender Nutzer führen können.
Andernorts wurden bei kompletten Neuanlagen (wie z.B. Mdina in Malta) oder bei der Erweiterung
und Vernetzung von urbanen Freiräumen (wie z.B. Pori in Finnland) der Schutz und die Präsentation
kulturellen Erbes oder neue Spiel- und Freizeitmöglichkeiten erfolgreich realisiert.
In Umbrien und Emilia-Romagna gibt es Pläne für die Umgestaltung von historischen Anlagen und für
die Vernetzung von Stadt und Landschaft, bei denen soziale und kulturelle Ziele eine zentrale
Bedeutung haben. In Rhodos wurden die sozialen Potenziale, insbesondere auch die
identitätsstiftende Funktion von historischen Parks und Gärten in einem weitgehend vom Tourismus
dominierten Umfeld. erkannt. Entsprechende Planungen zur Restaurierung und Inwertsetzung
historischer Anlagen sind in der Vorbereitung.
Neue Aufgaben und Möglichkeiten ergeben sich auch für die eher am Stadtrand oder im ländlichen
Raum gelegenen (kultur)historischen Parkanlagen, etwa um Schlösser oder Herrensitze. Besucher
verlangen hier, besonders bei eintrittspflichtigen Anlagen, nicht nur einen ausgezeichneten
Pflegezustand, sondern zunehmend auch hochwertige Serviceangebote, z.B. in der Gastronomie, in
den Shops oder bei Veranstaltungen. Besondere Gestaltungspielräume, aber auch Herausforderungen,
die es behutsam auszubalancieren gilt, ergeben sich u.a. aus dem, auch für kulturelle Angebote und
Veranstaltungen, attraktiven Ambiente, der homogeneren Besucherstruktur, der dezentralen Lage
und den besonderen Schutzanforderungen und Unterhaltungskosten.
Hybrid Parks hat u.a. in Nordrhein-Westfalen (z.B. Schloss Dyck und Landschaftspark Duisburg-Nord),
der Bretagne (z.B. La Roche Jagu und La Bourbansais) und Cheshire West and Chester (z.B.
Cholmondeley und Quarry Bank Mill) Beispiele dafür gezeigt, wie über Veranstaltungen,
kulturpädagogische Konzepte, die die Geschichte und aktuellen Qualitäten des Parks oder Gartens
nutzen, und über die Zusammenarbeit mit örtlichen Bildungseinrichtungen, Vereinen und
Organisationen soziale Funktionen gestärkt sowie über neue Angebote zusätzliche
Bevölkerungsgruppen – auch aus dem näheren Umfeld – als wiederkehrende Besucher gewonnen
werden können.
4.2 Neue, sozial orientierte Freiraumkonzepte
Relativ neu auf der gemeinsamen Agenda urbaner Freiflächen- und Sozialpolitik bzw. Ausdruck einer
sich verändernden Gesellschaft, die mit ihrer Umwelt in eine besondere Art der Interaktion treten will,
sind Projekte, die sich, trotz im Detail oft unterschiedlicher Zielsetzungen, als „partizipatorisch“,
„integrativ“, „kooperativ“ und meist auch „ökologisch“ bezeichnen oder charakterisieren lassen. Als
Mietergärten, Gemeinschaftsgärten oder Community Gardening haben sie meist Raum im
unmittelbareren Wohnumfeld gefunden, z.B. im kaum genutzten Abstandgrün zwischen Wohnblocks.
Größere Projekte des „Urban Gardening“ oder „Urban Farming“ lehnen sich z.T. an vorhandene Parks
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und Gärten an oder werden in diese integriert. Sie nehmen aber auch „neue Flächen“ in Anspruch, also
meist solche Flächen, die bisher gar nicht oder kaum genutzt wurden oder deren bisherige Nutzung
brachgefallen ist. Die Liste umfasst u.a. Abstandsgrün, Baulücken, ehemalige Industrieflächen oder aus
der landwirtschaftlichen Nutzung ausgeschiedene Flächen.
Gemeinsam ist den daran Beteiligten, sich nicht nur in den Planungs- und Gestaltungsprozess
einzubringen (und zwar intensiver als bei standardisierten Beteiligungsverfahren), sondern meist auch
der Wunsch, die Gestaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der neuen Gärten allein oder in einer
Gruppe Gleichgesinnter zu übernehmen und so z.B. auch Obst und Gemüse anzubauen oder autonome
Veranstaltungsangebote zu schaffen.
Schon während der Vorbereitungsphase des Projektes zeigten alle Projektbeteiligten ein starkes
Interesse an Projekten, die die stärkere Nutzung bzw. soziale Inwertsetzung von Abstandsgrün in
reinen Wohngebieten bzw. dessen Inbesitznahme durch die Bewohner des Quartiers zum Ziel haben.
Zu dieser Zeit war in der Stadt Linköping ein Projekt angelaufen, das in Skäggetorp, einem
Wohnquartier der 1960/70 Jahre - noch dazu in einem „Problemvorort“ mit hohem Migrantenanteil –
eine Aufwertung des Wohnumfeldes zum Ziel hat und dabei sowohl den Masterplan eines führenden
schwedischen Landschaftsarchitekten als auch partizipatorische Prozesse als Konzept verfolgt. Daher
wurde frühzeitig beschlossen, dieses Projekt nicht nur vor Ort und in einer Best-Pratice-Studie zu
analysieren, sondern es über einen langen Zeitraum auch in einer teilnehmenden Begleitforschung zu
evaluieren und die Erkenntnisse für die Projektpartner und weitere Interessierte verfügbar zu machen.
Es zeigt sich, dass durchaus Interesse an der Anlage und Pflege von Gemeinschaftsgärten im
Wohnumfeld besteht, quer durch alle Generationen, Bildungs- und Migrationshintergründe. Dabei
sind es eher einfache Aktionen vor Ort (z.B. erste Pflanzaktionen oder ein kleines Konzert) als
thematische Diskussionsrunden und Workshops, die Ideen fördern, zur Partizipation anregen und
dauerhaft motivierend wirken. Die Gärten regen Gespräche auch zwischen den Gruppen an, die sonst
wenig Kontakt zueinander haben. Die zum Teil befürchteten Kompetenzstreitigkeiten bleiben, ebenso
wie Vandalismusschäden, bisher aus.
Hybrid Parks macht aber auch deutlich, dass die aktive Beteiligung Einiger, wie sie z.B. bei Projekten
im Wohnumfeld oder auch bei Urban Gardening Projekten gegeben ist, nicht dazu führen darf, dass
sich eine Mehrheit, die sich nicht beteiligen kann oder will, von der Nutzung ausgeschlossen fühlt. Auch
- oder vielmehr insbesondere - bei sozialen Projekten im öffentlichen Bereich mit ihren
partizipatorischen, integrativen, ökologischen oder pädagogischen Zielen dürfen keine realen oder
mentalen Barrieren des Zugangs geschaffen werden. Sonst könnten einige der Ruhe- und Rückzugsorte
verloren gehen, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen und deren Bedeutung als „kühle Oasen“,
besonders für die älteren Mitbürger, im Rahmen des Klimawandels noch zunimmt.
Um diese Offenheit zu erreichen, sind Information über die Ziele solcher Projekte sowie
Veranstaltungen, zu denen breit eingeladen wird, eine Sache.
Zu dieser Offenheit gehört aber in erster Linie auch ein Bewusstsein für den Raum, in dem sich die
verschiedenen Nutzungen abspielen. Sie alle finden ja in Freiräumen statt. Das bedeutet, es müssen
klar erkennbare Zugänge als wesentlicher Teil eines unverzichtbaren qualitätsvollen
Gestaltungskonzeptes wahrnehmbar sein, das zum Gebrauch/zur Nutzung einlädt und anregt. Die auf
solcher Basis erstellten neuen Nutzungskonzepte dürfen dabei die Tradition von Parks und Gärten als
gestaltete Stadt-, Kultur- und Naturräume nicht negieren. Sie sollten sie vielmehr bei
(entsprechendem) Vorhandensein als besondere Akzente mit zum Klingen bringen.
Wenn schon die Standortwahl für solche Projekte durch deren Akteure oft spontan erfolgt und aktuelle
Gelegenheiten auch ohne (abschließende) Absprachen mit den Kommunen genutzt werden, sollte ein
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attraktives und nachhaltiges Nutzungs- und Gestaltungkonzept – auch unter Beteiligung/Vermittlung
der Kommunen – möglichst kurzfristig erarbeitet und umgesetzt werden.
Die Diskussionen der Projektpartner sowie einige der im Rahmen von Hybrid Parks besuchten Projekte
und Best Practice Beispiele zeigen, dass diese neuen Konzepte durchaus mit gestalterischer
Attraktivität und Offenheit gut vereinbar sind. Als beispielhaft können Projekte des Projektpartners
„Natur im Garten“ in Niederösterreich oder auch Urban Gardening Projekte genannt werden, die –
wenn auch nur temporär – z.B. an prominenten Plätzen in Helsingborg realisiert wurden. In Malmö
gibt es zudem ein herausragendes Beispiel für einen öffentlichen und frei zugänglichen Park(teil), der
den Bedürfnissen der aktiven Nutzer und der gelegentlicher Besucher gleichermaßen gerecht wird. Für
den Slottsträdgarden „besetzte“ eine Initiative im Jahr 1997 eine kaum genutzte Teilfläche des
Stadtparks in Malmö. Inzwischen wird der Park von der Stadt gemanagt und bietet mit der Mischung
aus Urban Gardening mit Schaugärten und einer temporären Gartenschau sowie mit Gärtnerei und
Restaurant nicht nur eine der Besucherattraktionen der Stadt, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze
für Jugendliche, die am „normalen Arbeitsmarkt“ Probleme haben.
Ausnahmen von der Forderung nach Offenheit und einem „breiten Zugang“ können möglicherweise
Heil- und Therapiegärten darstellen, die bei bestimmten therapeutischen Konzepten auf die Schaffung
und Bewahrung eines „isolierten Schutzraumes“ (also z.B. ohne Einsichtnahme von außen oder weitere
Besucher) angewiesen sind. Das Interesse an solchen Einrichtungen wächst. Wohl auch durch das
hervorragende Beispiel an der Alnarp Universität bei Lund inspiriert oder bestätigt, haben z.B. die
Projektpartner Region Umbrien und Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit der Ausarbeitung bzw.
Umsetzung vergleichbarer Projekte begonnen.
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5. Positive und negative Entwicklungstrends für Parks, Gärten und
öffentliches Grün
Die verstärkte Nutzung von Parks für eine nachhaltige lokale und regionale Entwicklung und damit die
Förderung und zukünftige Umsetzung von hybriden Parks in ganz Europa erfordert eine ausreichende
Anzahl von guten (traditionellen) Parks mit all ihren Facetten sowie deren kontinuierliche Pflege nach
etablierten Standards und aktuellem Bedarf.
Die Partnerschaft hat sich die Frage gestellt, ob es auch in der Zukunft eine genügende Zahl
hochwertiger Parks, Gärten und anderer öffentlicher Grünflächen geben wird, um sie / einige von
ihnen als hybride Parks zu entwickeln. Das Projekt identifiziert sechs (negative) Trends und Aufgaben,
die die Partner beunruhigen (N 1 – N 6) und weitere Überlegungen und Problemlösungsstrategien
erfordern. Aber zugleich gibt es acht eher positive Trends und Erfordernisse, die in dieser Hinsicht
einen optimistischen Ausblick (P 1 – P 8) ermöglichen.
5.1 Negative Entwicklungstrends
N 1: Der Klimawandel stellt ein zunehmendes Risiko für die bestehende Qualität dar.
Die Schaffung von Parks und Gärten war immer auf das lokale Klima der jeweiligen Zeit abgestimmt
und die verwendeten Pflanzen (auch exotische Pflanzen) konnten in dem aktuellen Klima leben. Trotz
einiger Rückschläge gedeihen sie seitdem ohne Probleme. Diese Qualität wird nun durch den
Klimawandel und eine erhöhte Durchschnittstemperatur, sehr heiße und trockene Perioden,
Überschwemmungen, Stürme, kalte Winter etc. stärker als jemals zuvor gefährdet.
N 2: Ein wachsender Anteil der Bevölkerung interessiert sich nicht für die Umwelt.
Gartenbesucher, Kinder im Garten, Urban Gardeners, Vogelbeobachter, Vegetarier, Radfahrer und
viele andere werden oft als Indikatoren für das Interesse und die Sorge der Menschen um die Umwelt,
die Natur, die Gesundheit usw. angesehen. Zugleich gibt es aber viele Menschen, die ihren Müll in der
Natur wegwerfen, Menschen, die mit künstlichen oder virtuellen Welten vertrauter sind, Menschen,
die keine Ahnung haben, wie Tomaten oder Zwiebeln angebaut werden. Es stellt sich die Frage, ob sie
jemals einen Park oder Garten besuchen, verstehen oder sich zumindest daran erfreuen werden. Es ist
eine wichtige Aufgabe, sie zu begeistern und ihr Interesse für die Natur, Parks und Gärten zu gewinnen
und aufrechtzuerhalten. Dabei ist zu hoffen, dass sie nicht Veränderungen in der Gesellschaft
bezüglich politischer Prioritäten und öffentlicher Ausgaben verursachen, die problematisch für die
grüne Infrastruktur sind.
N 3: Es gab Budgetkürzungen in der Vergangenheit und es wird diese auch in Zukunft geben.
Wie die meisten anderen öffentlichen Sektoren wurde das öffentliche Grün durch Budgetkürzungen
für Pflege und Verbesserungen beeinträchtigt. Eine wichtige finanzielle Verbesserung für den
öffentlichen Sektor ist in naher Zukunft unwahrscheinlich. Auch Privatbesitzer werden es immer
schwieriger finden, in ihre Gärten zu investieren, da weniger öffentliche Zuschüsse zur Verfügung
stehen und es im Zweifel oder in der Not immer eine Priorität für Investitionen in die Instandhaltung
oder Verbesserung der Gebäude gibt.
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N 4: Studien zeigen bei Parkbesuchern eine enge Altersgruppe sowie sozialen und ökonomischen
Hintergrund.
Ohne es zu sehr zu vereinfachen, können wir sagen, dass die Besucher traditioneller Parks und Gärten
hauptsächlich Eltern mit Kindern und Personen über 50 - die meisten von ihnen aus der Mittelklasse sind. Jüngere Erwachsene bevorzugen städtische Parks und Plätze für Outdoor-Aktivitäten, wie
Freizeit, Sport, Partys etc. Sie fühlen sich durch die Freiheit eines offenen Raumes und nicht durch die
Schönheit und den Reichtum eines Parks angezogen. Auch die neuen Medien haben sich bisher kaum
als hilfreich erwiesen, um deren Interesse zu erhöhen oder auch andere Nutzergruppen zu gewinnen.
Fast scheint es leichter zu sein, so zeigen Initiativen aus Großbritannien, solchen Gruppen Zugang zu
den Parks und Gärten zu verschaffen, die sie, z.B. wegen eingeschränkter Mobilität, kaum erreichen
können und/oder sich einen Besuch nicht leisten können.
N 5: Viele Parks, insbesondere die Kulturdenkmale, sind nicht leicht zugänglich.
Fragen der Zugänglichkeit stellen für viele Parks und Gärten mit ihren Hängen, Terrassen, weichen
Wegedecken etc. oft ein großes Problem dar. Hier konnten viele Parks für entsprechende Hilfen und
eine bessere Zugänglichkeit sorgen, ohne Konflikte mit der Qualität der Anlage oder des Denkmals zu
schaffen. Das andere Problem ist die Lage, die oft sehr ländlich und abgelegen ist. Viele Parks sind nur
mit dem Auto leicht erreichbar. Wenn öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, müssen die
Besucher oft lange Wege zurücklegen, um zur nächsten Bushaltestelle oder zum nächsten Bahnhof zu
gelangen. Auch Autobesitzer haben aufgrund der steigenden Benzinkosten etc. weniger Lust oder
Ressourcen, lange Strecken zu fahren. Außerdem steigt die Zahl der Haushalte ohne Auto. All dies
dürfte sich auf die Besucherzahlen auswirken. Übertragbare Best-Practice-Beispiele, um diese Mängel
auszugleichen, gibt es noch nicht.
N 6: Einige der neuen Plätze und Parks setzen eher auf „Ästhetik" als auf Pflanzen, Menschen und
Nutzbarkeit.
Viele der neu gestalteten städtischen Plätze, aber auch Bereiche einiger moderner öffentlicher Gärten
zeigen Tendenzen , unbequem, feindlich und künstlich anstatt einladend, erfrischend oder natürlich
zu sein. Das Gesamtdesign und die verwendeten Elemente stehen eher in einem Dialog mit der
benachbarten Architektur statt mit den Besuchern oder Nutzern. Allerdings gibt es gute Beispiele für
zeitgenössische Gärten und Parks, die eine Harmonie zwischen modernem Design, Material und
Bepflanzung und den Erwartungen, Bedürfnissen und dem Komfort der Öffentlichkeit schaffen.
Während Ästhetik und Gestaltung immer wesentliche Elemente bei Parks und Gärten gewesen sind
und sein werden, sollten sie nicht die dominierende oder alleinige Antriebskraft sein. Auf der anderen
Seite sollten „Urban Gardening", „Gemeinschaftsgärten" oder „Naturgärten" nicht diese wichtigsten
Grundsätze der Gartengestaltung ignorieren, die immer für die Mehrheit der Bevölkerung sehr
attraktiv sind. Hybride Parks, wie in Niederösterreich oder in Schweden, haben sich als Good-PracticeBeispiele für ein harmonisches, ansprechendes und nachhaltiges Zusammenspiel von Natur, aktivem
Engagement und Design erwiesen.
18
4.3 Positive Entwicklungstrends
Die Partnerschaft hat auch acht gemeinsame Trends, Themen und Erfordernisse ermittelt, die eine
positive, einfache oder reibungslose zukünftige Entwicklung von Parks und Gärten unterstützen,
einschließlich der Einführung von nachhaltigeren Hybrid Parks:
P 1: Die Öffentlichkeit investiert in Grün.
Die Menschen sind bereit, viel mehr Geld in ein Haus oder eine Wohnung zu investieren, wenn es/sie
einen Garten oder einen Balkon hat. Dieser zusätzliche Raum erfordert dann weitere Investitionen für
das Design, den Bau, die Instandhaltung und Anpassungen gemäß neuen Ideen und Moden.
In Deutschland ist der Umsatz an Gartenprodukten während den letzten 13 Jahren um 60 Prozent von
10 Mrd. zu 16 Mrd. stark gewachsen. Bei Amazon Deutschland ist „Garten" eine der Top-LevelKategorien mit mehr als 670.000 Objekten zum Verkauf. Fast 270.000 davon sind „Gartendekoration",
während „elektrische Gartenwerkzeuge" und „Pflanzen" weniger als jeweils 60.000 Artikel umfassen.
Auch die Verantwortlichen einiger Parks und Gärten bedienen diese Bedürfnisse, indem sie Geräte in
ihren Shops oder Pflanzen in ihren Gärtnereien anbieten oder auch - als größere Projekte Gartenfestivals und Shows organisieren.
Gartenbesitzer und vielleicht mehr noch Menschen ohne eigenen Garten, geben Geld für einen
Tagesausflug aus, um auf dem Land zu sein, um Wälder und Seen zu genießen oder um Parks und
Gärten zu besuchen. Einige investieren auch in ihre Aktivitäten im Bereich Urban Gardening oder
Urban Farming.
P 2: Die Öffentlichkeit unterstützt Grünflächen und setzt sich für sie ein.
Die typische individuelle Unterstützung für öffentliche Grünflächen umfasst z.B. die Betreuung von
Bäumen in den Straßen, die Arbeit in Freundeskreisen in einem Park, Sponsoring oder
Geldsammlungen, um z.B. nach einem großen Sturm Bäume zu ersetzen und vieles mehr.
In einigen Ländern, wie z.B. in Großbritannien, gibt es auch umfangreiche und vielfältige
Freiwilligenarbeit in öffentlichen Parks und Gärten. Der National Trust wird immer als ein BestPractice-Beispiel genannt. Aber wir wissen von unseren Partnern in Schweden, dass es auch dort eine
lange Geschichte von schwedischen öffentlichen Parks gibt, die von Bürgern oder Organisationen
finanziert wurden. Auch heute noch investieren sie Zeit und Geld für deren Pflege und Verbesserungen
sowie Angebote und Veranstaltungen. Es gibt ähnliche Beispiele in Deutschland, wie die Barmer
Anlagen in Wuppertal oder den Bürgerpark in Bremen.
In den letzten Jahren waren Pläne für den Abriss von Parks einer der Auslöser für Demonstrationen,
auch wenn die Gründe für die Proteste meist komplexer gewesen sind. In Stuttgart war es der sehr
teure Plan für einen neuen, unterirdischen Bahnhof „Stuttgart 21" und in Istanbul war es die Idee für
den Bau eines Einkaufszentrums auf dem Gelände des Gezi-Parks.
Während diese Formen von Engagement und Unterstützung positiv für Parks, Gärten und städtisches
Grün sind, ist nicht zu übersehen, dass das Verständnis von einem Park und seinen Standard unter
Fachleuten und Nutzern zunehmend unterschiedlich sein kann. Das Tempelhofer Feld in Berlin ist ein
gutes Beispiel.
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Die Fachleute gaben diesen Kommentar zur riesigen Grünfläche des ehemaligen Flughafens in BerlinMitte ab: „Die Freiräume der Tempelhofer Freiheit werden nicht so bleiben, wie sie heute sind. Ihr
aktueller Zustand stellt nur einen Ausgangspunkt für die künftige Entwicklung dar. Der Mangel an
Wegverbindungen, die begrenzten Angebote für Kinder und ältere Menschen und eine minimale
Infrastruktur zählen zu den derzeitigen Mängeln des Orts."
Die „zukünftige Entwicklung" bedeutete allerdings auch, dass ein erheblicher Prozentsatz des Areals
für die Schaffung von bis zu 4.700 hochwertigen Wohneinheiten verwendet werden sollte.
Die Pläne wurden schließlich durch ein Referendum gestoppt. Mehr als 700.000 Wähler wollten den
Ort als offenen Platz für unterschiedliche Zwecke, wie Natur, Sport und soziale Projekte, frei halten.
Wahrscheinlich ist dies kein allgemeiner Trend. Gerade in Berlin gibt es eine große Gruppe von
„alternativen Nutzern", die die Chancen des Referendums als ein Beispiel für direkte Demokratie in
Aktion verwendeten. Aber weitere 40% stimmten für den Masterplan der Stadt und viele andere gaben
überhaupt keine Stimme ab. Also hätte ein „normaler Park" auch viele Menschen angesprochen, die
sich möglicherweise vom „neuen Tempelhof“ und seiner möglichen Entwicklung fern halten werden.
Hoffentlich wird es einen Kompromiss geben - es könnte ein großartiger Hybrid Park werden.
P 3: Öffentliche Parks und Gärten werden nicht „verkauft" oder sind nicht „geschlossen".
Zwar gibt es einige Beispiele von Parks und Gärten, die bedroht sind oder in jüngster Zeit überbaut
wurden. Die Gesamtsituation und der Gesamttrend für Parks und Gärten sind aber noch positiv.
Der öffentliche Sektor muss Ausgaben senken. Kultur, kulturelle Einrichtungen und kulturelles Erbe
stehen meist ganz oben auf der Liste von Budgetkürzungen oder sogar von Schließungen. Auch die
Budgets für die Pflege der öffentlichen Parks - vor allem, wenn der Eintritt frei ist - sind in vielen Fällen
reduziert worden, aber es sind nicht viele öffentliche Parks bekannt, die geschlossen wurden. Wenn
ein Park oder eine Grünfläche verkauft wurde, war sie im Vorfeld meist über längere Zeit
vernachlässigt worden oder dauerndem Vandalismus ausgesetzt.
Während Städte und Gemeinden dazu neigen, öffentliches Gelände an Bauträger und andere
Investoren zu verkaufen, um Einnahmen für den Haushalt zu erzielen, werden Parks und Gärten nicht
„zum Verkauf" angeboten. Man stelle sich vor, wieviel Geld der öffentliche Sektor durch den Verkauf
von 10 Prozent des Hyde Parks in London, des Central Parks in New York oder des Englischen Gartens
in München verdienen könnte. Die „Restflächen“ würden immer noch sehr gute und repräsentative
Parks darstellen. Wahrscheinlich könnte ein Masterplan von einem guten Architekten oder
Landschaftsarchitekten sogar zeigen, dass der Park dank Lärmminderung, Restaurants im Umfeld,
öffentlicher Kontrolle usw. an Qualität gewinnt.
Obwohl es keine Statistiken dazu gibt, sind die Partner der Überzeugung, dass die Gesamtfläche der
gestalteten Freiräume, Parks, Plätze, Boulevards usw. eher zu- als abnimmt.
P 4: Für Parks und Gärten ausgegebene Gelder sind lohnende Investitionen.
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen über die positiven Auswirkungen attraktiver Lagen und
dabei auch des städtischen Grüns auf Immobilienwerte und die Wohnungsmieten in Städten in ganz
Europa. Aber während der Slogan „Wohnen und Arbeiten am Fluss" häufig verwendet wird, um
Flächen zu hohen Preisen zu verkaufen, hinkt „Wohnen und Arbeiten am Park" immer noch hinterher,
obwohl sehr ähnliche Effekte festzustellen sind.
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Dank der von den britischen Partnern geleiteten Forschung im Projekt Hybrid Parks gibt es jetzt ein
Werkzeug bzw. eine Bewertungsmethode, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der „Investitionen in
grüne Infrastruktur" auf den Wert der Waren und Dienstleistungen, die innerhalb des Gebiets erzeugt
werden, auf Immobilienwerte und auf andere wirtschaftliche Vorteile, wie Gesundheit und
Wohlbefinden, zu untersuchen. In der Fallstudie „Northwich Woodlands" verzeichnete die Region
einen Nutzen in Höhe von 61 Millionen Euro, der durch Anfangsinvestitionen von 13 Millionen Euro
erzielt wurde. Eine ergänzende Studie, die von der Gartenplattform Niederösterreich für Hybrid Parks
in Auftrag gegeben wurde, identifizierte Wirtschaftsindikatoren, ökologische und umweltbezogene
Auswirkungen sowie soziokulturelle und gemeinschaftliche Effekte und gibt Anregungen für deren
Messung.
Die Hybrid Parks Partnerschaft hat sich verpflichtet, diese gesamte, und eben auch ökonomische,
Erfolgsgeschichte energischer zu kommunizieren und Investitionen in Parks und Gärten konsequenter
einzufordern. Insbesondere da diese wirtschaftliche Sichtweise oder die wirtschaftlichen Beweise nur
ein zusätzliches Argument für Parks und Gärten sind. Auch wenn ihre ökologischen und sozialen
Auswirkungen nicht immer in Euro oder Pfund messbar sind, so sind die öffentlichen Anforderungen
und Vorteile offenkundig und auch als kulturelles Erbe oder auch als zeitgenössische Kunstwerke
verdienen Parks und Gärten es, gepflegt und verbessert zu werden.
P 5: Stadterneuerung und der Wettbewerb der Städte setzen auf neue öffentliche Räume.
Neue Parks und Gärten an vernachlässigten Orten, aufgewertete Landschaften am Stadtrand oder in
peri-urbanen Regionen, neue Boulevards entlang von Flüssen oder entlang von rückgebauten
Hauptstraßen, Stadtplätze als Elemente von neuen Geschäftsvierteln oder Wohngebieten sind
gemeinsame Trends, die in vielen Ländern gefunden werden. Dies bestätigt sich z.B.:
- für Regionen mit erfolgreicher Stadterneuerung nach einem wirtschaftlichen Niedergang (wie beim
Ruhrgebiet),
- für Städte, die ihre grüne Infrastruktur an geänderte Siedlungsstrukturen oder Nutzeranforderungen
anpassen müssen (wie der Stadtpark in Lund oder das Rhone-Flussufer - Gewinner des Europäischen
Gartenpreises 2012),
- für Städte, die verfallende Infrastrukturen haben (wie die High Line in New York oder der
Landschaftspark Duisburg-Nord),
- für Städte mit sehr attraktiven Standorten, die für neue Entwicklungen verfügbar werden (wie die
ehemaligen Hafengebiete in Malmö, Hamburg und Duisburg oder der Phoenix-See in Dortmund)
- für jene globalen Metropolen, die „etwas Grünes“ zu ihrem primär wirtschaftlich angetriebenen
Wachstum bzw. Entwicklung hinzufügen müssen, aber natürlich in einer spektakulären Art und Weise
(wie Singapur).
Wichtig ist, dass Parks, Gärten und öffentliche Plätze in diesen Zusammenhängen keine „Add-ons",
sondern von Anfang an integrale Bestandteile des Planungsprozesses sind, einschließlich einer
breiteren Beteiligung und der Bereitstellung von ausreichenden Budgets für die Schaffung und - sehr
wichtig - die Pflege.
Mutige Initiativen, Planer und Entscheider sollten nicht warten, bis Sie aufgefordert werden, „etwas
Grünes" oder „etwas Schönes" beizutragen, sondern in einem sehr frühen Stadium zeigen, welches
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herausragende öffentliche Grün sie entwickeln könnten und dabei auch die besten Plätze einfordern,
um etwas Neues - wie einen Hybrid Park - zu entwickeln.
Neue Formen der Nutzung von städtischen Räumen, wie „Urban Gardening" oder „Urban Farming",
werden an Bedeutung gewinnen. Nutzen sie öffentliche Räume oder erhalten sie öffentliche
Unterstützung, dann müssen sie die Wünsche und Vorlieben so vieler potenzieller Nutzer wie möglich
respektieren. So sollten Bereiche für „Urban Gardening“ auch einladend und zugänglich für diejenigen
sein, die dort nicht im Garten arbeiten. Wenn Menschen Angst haben, diese Bereiche zu betreten, sich
in der „Wildnis“ zu verlaufen oder nicht willkommen zu sein, dann stimmt auch bei Urban Gardening
etwas nicht. Wege und Bänke, offene Strukturen und ästhetische Grundsätze sind auch für diese
öffentlichen Räume oder zumindest für einige Teilbereiche ausschlaggebend.
P 6: Besucher akzeptieren Eintrittspreise für historische Parks, wenn das Preis-Leistungsverhältnis
stimmt.
„Wenn etwas nichts kostet, ist es nichts wert" ... während dies meistens so akzeptiert wird, scheint die
öffentliche Meinung bei Parks und Gärten abzuweichen. Es gibt so viele öffentliche Parks und Gärten
ohne Eintrittsgelder, die gut besucht und genutzt werden. Anscheinend werden Parks und Gärten als
„Allgemeingut" oder „öffentliche Bereiche" angesehen, d. h. als kulturelle und natürliche Ressourcen,
die für alle Mitglieder der Gesellschaft frei zugänglich sein müssen und so das Funktionieren unserer
Gesellschaft ermöglichen. Wie bei anderen öffentlichen Gütern auch, werden die Einhaltung
bestimmter Qualitätsstandards und Freiheiten bei der Nutzung von Parks und Gärten erwartet.
Aber Gartenbesucher nehmen auch die Zahlung von Eintrittsgebühren in Kauf, wenn es sich für einen
Tagesausflug, eine Veranstaltung oder pädagogische Aktivitäten lohnt. Sie fordern ein gutes Umfeld
und einen gepflegten Park mit Dingen, die sie zuvor noch nicht gesehen haben oder mit Inspirationen
für ihren eigenen Garten. Entsprechend des alten englischen Spruch von „Tea and Toilets“ sind
gastronomische Angebote und Toiletten immer noch wichtig, aber auch attraktive Shops, Restaurants,
Informationsbereiche und Ausstellungsräume werden heute benötigt, um einen guten Empfang und
Service zu bieten und eine positive „Mundpropaganda" und wiederkehrende Besucher zu erzielen.
Eine wachsende Zahl von Gartenschauen und Festivals wird organisiert, um ein breiteres Publikum
anzuziehen und zusätzliches Einkommen zu erzeugen. Dank Hybrid Parks gibt es nun eine umfassende
Fallstudie über die Konzepte und ökonomischen Auswirkungen solcher Schauen und Festivals (von der
Stiftung Schloss Dyck in Auftrag gegeben). Diese vergleichende Bewertung einer Reihe von
Veranstaltungen in Europa (und den USA) zeigt einige wenige Alleinstellungsmerkmale auf, aber auch
viele Gemeinsamkeiten und Grenzen. Weitere Schauen werden innovative Ideen und damit auch neue
Angebote und Werte brauchen, um mehr (gut zahlende) Besucher anzuziehen.
P 7: Durch den Klimawandel steigen die Bedeutung von Grünflächen und damit auch die Chancen zu
deren Weiterentwicklung.
Die Position von Hybrid Parks zum Klimawandel war von Beginn an klar, aber beinhaltete immer zwei
Aspekte: Die Partner sehen den Klimawandel als Risiko (siehe N1), aber auch als Chance. Auf globaler
Ebene könnte es zukünftig die Möglichkeit für eine nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft geben.
In kleinerem Umfang, also auf der Ebene der öffentlichen Grünflächen, Parks und Gärten werden deren
Werte, Beiträge und Ressourcen mit denen sie - als eigenständige Anlagen oder als Elemente innerhalb
grüner Gürtel oder Vernetzungen – zur Milderung der Folgen des Klimawandels und zum Erhalt der
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Lebensqualität für die Bürger beitragen, sicherlich immer mehr und immer schneller unübersehbar
werden.
Es war in allen Regionen festzustellen, dass der Klimawandel weit davon entfernt ist, Panik unter
Gärtnern, Managern und Planern auszulösen. Aber das Projekt hat die Notwendigkeit und die
Ressourcen gezeigt, um die Chancen für eine positive Veränderung weiterzuentwickeln. Es besteht
keine Notwendigkeit für Notfallpläne, aber eine Antwort auf Klimaveränderungen erfordert innovative
Ansätze und Maßnahmen für bestehende Parks und Gärten, um ihre Qualitäten und Werte zu
bewahren, um sie weiter zu entwickeln und um innovative Konzepte für neue Parks und Gärten zu
schaffen.
Nur wenn die Verantwortlichen gut vorbereitet sind, wenn sie sicher sind, wie sie reagieren müssen
oder - noch wichtiger - wie sie vorausschauend handeln müssen, gibt es eine Chance, die für die
Umsetzung neuer Konzepte erforderliche Unterstützung zu bekommen, bevor es zu spät sein könnte.
P 8: Die professionelle Standards, Fähigkeiten und Engagement sind sehr hoch.
Das gesamte Projekt hat erkennen lassen, wie viele hochwertige Parks und Gärten, sowohl moderne
als auch historische, es in ganz Europa gibt.
In diesem Zusammenhang muss auch das Engagement der privaten Gartenbesitzer erwähnt werden.
Viele herrliche Gärten wurden von Einzelpersonen geschaffen, besessen, restauriert, verwaltet,
gepflegt und / oder finanziert. Die Öffentlichkeit kann viele von ihnen für nur wenige Euro besuchen
und ohne sich viel Gedanken um die den Eigentümern abverlangte Zeit, Mühen und Investitionen zu
machen.
Wenn doch einmal ein Park oder Garten nicht in einem einwandfreien Zustand war oder nicht alle
Standardanforderungen oder Erwartungen erfüllte, wurde dies durch ausstehende politische
Entscheidungen oder unzureichende Budgets und nicht durch fehlende Fähigkeiten, Wissen oder
Leidenschaft derjenigen, die für die Pflege und die Verwaltung verantwortlich sind, verursacht.
Hybrid Parks machte auch das faszinierende Engagement der Gärtner, sowohl bei Vorträgen als auch
während der Workshops und Studienfahrten sehr deutlich. Während der Konferenz in Rhodos wurde
die Frage nach „der Seele eines Gartens" gestellt. Die Teilnehmer konnten keine endgültige Antwort
finden, aber es schien, dass es immer eine Kombination aus dem Ort und von jemandem, der dort
arbeitet und den Ort am Leben hält und verbessert, ist. Dies sind die engagierten Gärtner, die großen
Respekt und Dankbarkeit verdienen.
Es gibt so viele Fähigkeiten, die für einen modernen Park oder einen hybriden Park erforderlich sind:
Botanik, Ökologie, Gärtnerei, Landschaftsgestaltung, Aus- und Weiterbildung, Event-Management,
Tourismusentwicklung, Einzelhandel, Gastronomie und Psychologie, um nur einige zu nennen. Es gab
einige gute Beispiele dafür, wie alle diese Professionen und Personen in einem Park
zusammenarbeiten. Es gab auch gute Beispiele für Maßnahmen und Programme - wieder mit einem
breiten Spektrum von Zielen und Prioritäten - die die Pflege und Weiterentwicklung bestehender Parks
und die Schaffung neuer Parks unterstützen. Zusammen sind dies die wichtigsten Ressourcen für die
Schaffung von hybriden Parks und für deren erfolgreiche Inwertsetzung in nachhaltigen
Entwicklungsstrategien.
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6. Model und Handlungsempfehlung
6.1 Gibt es ein Hybrid Parks Modell?
Der ausgezeichnete und sehr lohnenswerte Wissensaustausch innerhalb der Hybrid-ParksPartnerschaft sowie mit externen Experten und Organisationen begann bereits beim ersten
Vorbereitungstreffen im Oktober 2008 in Schloss Dyck.
Seitdem haben die Partner sowie die von ihnen eingeladenen Fachleute und Politiker oder die
beauftragten externen Experten viele Good-Practice-Beispiele und neue Projektideen erforscht und
erlebt. Zusätzlich haben Vorträge von externen Experten, insbesondere auch während der
Abschlusskonferenz, die Aspekte hinzugefügt, die die Partner während der Projektlaufzeit nicht sehen
konnten und haben hervorgehoben, was als nächstes getan werden könnte. Sie haben auch betont,
wenn anderen Regionen den Partnerregionen im Hinblick auf Know-how und innovative Projekte im
Management, Aufwertung und Entwicklung von nachhaltigen Parks, Gärten und Landschaften einen
Schritt voraus sind.
All dies zeigte die große Vielfalt an Parks und Gärten hat aber auch dazu beigetragen, die gemeinsamen
Herausforderungen und Chancen zu identifizieren, die wahrscheinlich die zukünftige Arbeit für und mit
Parks und Gärten beeinflussen werden.
Bereits in der Vorbereitungsphase (2008 - 2011) gab es eine zunehmende Debatte in der
Automobilindustrie über die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs von Autos und deren
Umweltauswirkungen. Dies beeinflusste den gesamten Markt, aber es gab auch eine Diskussion über
die Vorteile von vollelektrischen Autos (Revolution) und Hybridautos (Evolution). Hybridautos
behalten den Komfort eines Autos bei (zum Beispiel die Reichweite), während sie den Verbrauch und
die Abgase dank eines zusätzlichen Elektromotors reduzieren, der anfängt zu laufen, wenn es hilfreich
ist und ohne dass der Fahrer es richtig bemerkt.
Das ähnelte den Zielen der Partnerschaft sehr: Steigerung der sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen
und kulturellen Werte und Effekte von Parks und Gärten durch gezielte Maßnahmen und ohne
wesentliche Veränderungen. So entstand auch der Name für das Projekt: Hybrid Parks.
Das Projekt wurde weder entwickelt, um sehr spezifische oder sehr kleine Probleme zu lösen, noch
wollte die Partnerschaft eine Revolution in Parkmanagement und Design auslösen. Aber immer wieder
konnten neue Ideen identifiziert werden, die einen Park oder Garten besonders und einzigartig
gemacht haben. Es gab Mehrwerte für die Besucher, für den Park selbst oder für die Natur, ohne den
Charakter oder die Schönheit der Anlage zu gefährden, und dabei oft nur auf kleinen Investitionen
basierten.
Diese Entwicklung bzw. Evolution war der Kern der Geschichte: die Nutzbarkeit, die Werte und damit
die Nachhaltigkeit einer Anlage zu verbessern, ohne Auswirkungen auf das, was die Besucher kennen,
erwarten oder mögen. Sehr oft erfreuen sich die Besucher an Verbesserungen, ohne zu wissen, wie sie
zustande gekommen sind.
Die Partner nutzten die vielfältigen Möglichkeiten, um Erfahrungen und neue Ideen auszutauschen:
also in 10 Ländern mit 16 Partnern, mit sechs thematischen Workshops und einigen Hybrid Workshops,
drei Studienreisen und vier Konferenzen. Alle Partner konnten Hybrid Parks für die Gewinnung neuer
Erkenntnisse nutzen, um Fähigkeiten zu verbessern, um neue Ideen zu entwickeln oder auch ihre
Politiker zu überzeugen, sie wann immer möglich zu unterstützen. Die „Hybrid Parks Idee" mit ihrer
Vielfalt von Partnern, Themen und Orten ermöglichte es, zahlreiche Parks und Gärten zu untersuchen
24
und eine Vielzahl von ergänzenden Nutzungskonzepten sowie die aktuellsten Entwicklungstrends für
Parks und Gärten in ganz Europa zu analysieren.
Das Ergebnis ist, soweit wir wissen, eine einzigartige Sammlung und Beschreibung grüner
Infrastrukturprojekte und ein Wissenstransfer, der ohne die Finanzierung von INTERREG IVC nicht
möglich gewesen wäre.
Gemäß dem Ziel aller INTERREG-Programme, nämlich den Transfer von bewährten Methoden zu
fördern, gab es eine interne und externe Nachfrage nach einem Hybrid Parks Modell, um diesen
Transfer zu erleichtern.
Nach einer so langen und umfassenden Zusammenarbeit in ganz Europa sind wir nun davon überzeugt,
dass die Entwicklung eines solchen Modells nicht möglich und / oder nicht sinnvoll ist. Es gibt eine
solche Vielfalt von Parks und Gärten mit spezifischer Geschichte, Angeboten, Werten, Ressourcen und
Einschränkungen. Es gibt eine enorme Variabilität dank so vieler Dinge, die hinzugefügt werden
können: dies reicht z.B. von Blumenbeeten bis zu einem neuen Besucherzentrum.
Alle Partner und externen Experten sind sich einig, dass eine überzeugende Grundstruktur und Idee(ein
Genius loci) notwendig sind. Es ist dann die behutsame und sorgfältige, standort- und
ressourcenspezifische Auswahl und Umsetzung einer oder einiger dieser vielfältigen „Add-ons“ oder
Verbesserungen, die helfen können, eine Anlage noch attraktiver und lebendiger, nachhaltiger und
„hybrid" zu machen.
Es war jedoch möglich, einige grundlegende Ideen und gemeinsame Merkmale oder
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen auf dem Weg zu hybriden Parks zu identifizieren. Diese
werden im folgenden Kapitel textlich und in einer tabellarischen Übersicht vorgestellt.
Aber selbst dann müssen fünf verschiedene Arten „grüner Infrastruktur" mit unterschiedlicher
Geschichte und Status Quo und mit markanten sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen
Entwicklungsmöglichkeiten unterschieden werden:
a) historische Parks und Gärten
b) traditionelle Stadtparks
c) neues städtisches Grün und neue Stadtplätze
d) Botanische Gärten und
e) neue Konzepte, Designs und Standorte.
Zuvor müssen drei allgemeine Beobachtungen über die Grenzen von nachhaltigen oder - in anderen
Worten - sinnvollen Hybrid-Parks hervorgehoben werden:



Auch hybride Parks sind vor allem Parks und keine Schulen, Veranstaltungshallen, Restaurants,
Krankenhäuser, Naturschutzgebiete oder Beschäftigungsprojekte.
Als solche brauchen sie ein klares Motto, Designkonzepte und gute Pflege. Hybridisierung ist
kein Argument für eine verwirrende Vielfalt von Elementen oder einen Mangel an Qualität.
Parks müssen offen und konsensfähig sein. Weder modernistische Gestaltung noch
Umweltziele oder „Urban Gardening“ - um nur einige zu nennen – dürfen ein breiteres
Publikum davon abhalten, sie zu nutzen.
25
Einnahmen
aus
Veranstaltungen
Verbesserung
Marketing
Tourismus
und
Sicherung urbaner
Lebensund
Standortqualität
Verbesserung
Images
Netzwerkaktivität
Umwelt
Schutz biologischer
Vielfalt
Verbesserung
Beitrags
Klimawandel
des
zum
Netzwerkaktivität
Soziales
Sensibilisierung
interkultureller
Relevanz
Ansprache
Zielgruppen
Kultur
für
neuer
Aktiver Beitrag zur
Mitigation
des
Klimawandels
Ökologische Vielfalt
und Umweltbildung
Entwicklung
biologischer Vielfalt
Interaktionsorte
Netzwerkaktivität
Neue
Funktionen
und Nutzergruppen
Sensibilisierung für
das kulturelle Erbe
Raum für kulturelle
Angebote
Netzwerkaktivität
Zunehmende
Tourismusrelevanz
Steigerung
der
Attraktivität prekärer
Standorte
Wichtig für Ökologie
und Biodiversität
Erhöhung
Artenvielfalt
Forschung
Klimawandel
zum
Verwendung
heimischer Pflanzen
Innovationen
Mitigation
zur
Aktives,
nachhaltiges
Handeln
Identifikation mit der
Umwelt
des
Touristische
Relevanz
Spiegel
aktueller
Situationen
und
Trends
Kälteinseln
und
grüne Korridore
Stärkung
der
Freizeitund
Erholungsfunktion
Urban
Spiegel
aktueller
Situationen
und
Trends
(z.B.
Gardening)
Förderung
als
weiche
Standortfaktoren
Botanische
Gärten
Neues städtisches
Grün
und
urbane Plätze
Wirtschaft
Traditionelle
Stadtparks
Entwicklungsmöglichkeiten
Historische
Anlagen
„Grüne
Infrastruktur“
Neue
Konzepte
und
neue
Standorte
6.2 Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen von Parks, Gärten und anderen Projekten der
grünen Infrastruktur
Spiegel
aktueller
Situationen
und
Trends
Stärkung
der
Lebensqualität und
Identifikation
Spiegel
aktueller
Situationen
und
Trends
Umweltbildung
der
Bewusstsein
für
regionale Produkte
stärken
(Im
Prinzip)
integrativer Ansatz
Breitere Ansprache
von Zielgruppen
Übergreifende
Zusammenarbeit
Kulturelle Relevanz
als frühe (bürgerlichakademische)
Gärten
Temporäre / Neue
Räume für kulturelle
Aktivitäten
a) Historische Gärten und Parks
Historische Gärten und Parks werden als kulturelle Denkmäler, die geschützt werden müssen, in ganz
Europa anerkannt. Aber es gibt in Europa deutliche Unterschiede im Bewusstsein um historische
Gärten als lebende Denkmäler. Gärten haben nicht in allen europäischen Ländern den gleichen hohen
Stellenwert wie in Großbritannien - wahrscheinlich dank ihrer frühen wirtschaftlichen Nutzung,
insbesondere für den Tourismus. Sehr oft werden Parks eher im Kontext von Denkmälern, die
geschützt werden müssen, betrachtet. Denkmalschützer wären zu oft sehr dafür, keine
„modernistischen“ Veränderungen und möglichst wenige Besucher zu haben. Es gibt einen Mangel an
Bewusstsein oder auch Akzeptanz für die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Werte von
historischen Parks und Gärten.
26
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen:
- Sensibilisierung für die kulturelle Bedeutung, einschließlich der interkulturellen Relevanz
historischer Gärten in Europa (KULTUR / SOZIAL)
- Schutz und Verbesserung dieser Anlagen in Bezug auf die biologische Vielfalt und den
Klimawandel (UMWELT)
- Ansprache neuer Nutzer- und Interessengruppen durch sorgfältig ausgewählte Veranstaltungen,
die sich für historische Stätten eignen (WIRTSCHAFT / SOZIAL)
- Verbesserung der Marketing- und Tourismusaktivitäten, die lokale und nationale oder
internationale Zielgruppen ansprechen (WIRTSCHAFT)
- Verbesserung der Netzwerkaktivitäten auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene
(WIRTSCHAFT/ UMWELT/ SOZIAL / KULTUR)
Beispiele aus Hybrid Parks sind unter vielen anderen die Veranstaltungen im geschützten Park von
Schloss Dyck (Deutschland), gemeinsame touristische Förderung der historischen Parks in Cheshire
(Großbritannien), pädagogische Aktivitäten und Ausstellungen in den Gärten von La Roche Jagu
(Frankreich) oder der Küchengarten im Präsidenten-Garten in Malta (Malta).
Illumina Schloss Dyck (Deutschland)
Veranstaltung in Cheshire (Großbritannien)
Ausstellung La Roche Jagu (Frankreich)
Küchengarten im Präsidenten-Garten (Malta)
27
In Nordrhein-Westfalen ist es gelungen, viele der historischen Parks und Gärten in den Regionen des
Landes wiederherzustellen, zu erneuern und mit neuen Funktionen zu versehen. Hierzu haben neben
dem Engagement der Eigentümer, auch individuelle Fördermittel des Landes und die Einbeziehung in
die Landesgartenschauen beigetragen. Die Zusammenarbeit in regionalen, landesweiten und
europäischen Netzwerken, in denen auch die beiden Landschaftsverbände eine aktive Rolle
übernehmen, erfolgreiche Veranstaltungen und eine verstärkte touristische Inwertsetzung tragen
langfristig zu einer Sicherung der Qualität und Festigung bzw. Steigerung der Besucherzahlen bei.
Zugleich verzögern stringente Denkmalschutzauflagen nicht selten die Umsetzung von Erhaltungs- und
Entwicklungsmaßnahmen oder verhindern durch die zu erwartenden Mehrausgaben deren
Umsetzung. Hier wäre, auch im gegenseitigen Vertrauen auf die schon erzielten Erfolge, eine größere
Kompromissbereitschaft und Abwägung zwischen engen fachlichen Interessen einerseits und der
dringlichen Unterhaltung kulturellen Erbes, die zudem der Steigerung der Lebensqualität der
Bevölkerung dient wünschenswert.
b) Traditionelle Stadtparks
Es gibt eine hohe Dichte von Stadtparks in den meisten europäischen Ländern, die als Erholungsgebiete
für die Bewohner angelegt wurden und unterhalten werden. Allerdings befinden sich viele Stadtparks
in einer Art Dornröschenschlaf: sie sind Elemente der Stadtstruktur, die manchmal vergessen, selten
optimal genutzt und nicht immer gut gepflegt sind. Aber es gibt Anzeichen, dass die Relevanz und die
einzigartigen Qualitäten von Stadtparks eine höhere Akzeptanz finden, insbesondere in den Städten,
die wachsen oder sich zunehmend verdichten. Dies führt zu einer verbesserten Unterstützung und zu
neuen Initiativen für die Erhaltung und Entwicklung von Stadtparks.
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen:
- Schutz und Verbesserung der Stadtparks als wichtige, qualitativ hochwertige Freiräume für die
lokale Bevölkerung für Freizeit, Erholung und als Naturerlebnis (SOZIAL)
- Weiterentwicklung der Stadtparks als Orte, um andere Leute zu treffen, zu interagieren und zu
kommunizieren (SOZIAL)
- Förderung, Inwertsetzung und Vermarktung der innerstädtischen Parks als „weiche"
Standortfaktoren und zur Sicherung der urbanen Lebensqualität (WIRTSCHAFT)
- Stärkung des Status innerstädtischer Parks in Strategien zur Mitigation des Klimawandels und bei
der Entwicklung entsprechender Maßnahmen (UMWELT)
- Aktive Unterstützung für die ökologische Vielfalt und Umweltbildung in Städten (UMWELT)
- Sicherstellung der künftige Attraktivität und Nutzung von öffentlichen Parks durch neue
Infrastrukturen und Angebote und die Ansprache zusätzlicher Nutzergruppen (SOZIAL /
WIRTSCHAFT)
- Stärkung vorhandener Ressourcen und Umsetzung neuer Maßnahmen zur Verbesserung des
Stadtklimas, zur Sicherstellung von Kälteinseln, zur Schaffung grüner Korridore, die das
Stadtzentrum mit dem Stadtrand und umliegenden Landschaften verbinden (UMWELT)
28
Beispiele von Hybrid Parks sind unter vielen
anderen der Stadtpark in Lund (Schweden), der
Stadtpark in Linköping (Schweden), Grosvenor
Park in Chester (Großbritannien), der Schlesische
Park in Kattowitz (Polen) und das städtische
Gartencenter im Kirjurinluoto Park in Pori
(Finnland).
Stadtpark in Lund (Schweden)
Grosvenor Park in Chester (Großbritannien)
Stadtpark Linköping (Schweden)
Schlesische Park Kattowitz (Polen)
Kirjurinluoto Park Pori (Finnland)
29
Bei vielen Stadtparks in Nordrhein-Westfalen mussten wegen begrenzter kommunaler Haushalte die
Ausgaben für Saisonbepflanzungen, baulichen Unterhalt und allgemeine Pflege deutlich reduziert
werden. Immer öfter bedingt die Beseitigung von Orkanschäden zudem neue Prioritätensetzungen.
Die Anpassung der Stadtparks an neue Benutzeranforderungen, z.B. neue Sport- und Spielanlagen, und
an neue Stadtstrukturen, also z.B. neue Wegeverbindungen und Eingangsbereiche, wäre vielerorts
dringend erforderlich oder wünschenswert, aber ohne zusätzliche Landesmittel kaum realisierbar. Die
Bedeutung der Stadtparke im Kontext der Klimaanpassungsstrategien und der urbanen Lebensqualität
verdient eine deutlich stärke Berücksichtigung und Förderung.
c) Neues städtisches Grün und neue Stadtplätze
Viele der europäischen Städte, die Brachflächen revitalisieren oder städtische Strukturen aufwerten
müssen oder diejenigen Städte, die sich in einer Wachstumsphase befinden, investieren in modernes
Design für städtische Plätze und Grünflächen. In einigen Ländern können diese Maßnahmen durch
regionale oder nationale Programme, etwa nachhaltige Gartenschauen oder Bauausstellungen,
unterstützt werden. Als Zeugnisse ihrer Zeit kombinieren sie Geschichte mit neuen Entwicklungszielen
und aktuellen Designtrends. Um den komplexen Zielen und Anforderungen der Nutzer zu entsprechen,
werden sie oft als „Mehrzweckangebote und Erholungsflächen" angelegt oder haben einen „positiven
Beitrag zum Klimawandel" zu liefern.
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen:
Die Ressourcen ähneln denen der traditionellen Stadtparks, aber Hybrid Parks hat auch folgende
Aspekte identifiziert:
- Diese Arten von Räumen zeigen die aktuelle kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Situation
unserer Gesellschaft sowie interkulturelle Trends (WIRTSCHAFT / UMWELT / SOZIAL / KULTUR)
- Neue städtische Grünflächen mit ihren modernen Designelementen tragen zum Image bzw. zur
Identität einer Stadt und zur Identifizierung ihrer Bürger bei. Sie verbessern öffentliche Räume und
die Lebensqualität sowie die touristische Bedeutung der Städte (SOZIAL / WIRSCHAFT)
Beispiele von Hybrid Parks sind unter vielen anderen Mdina Ditch, Mdina (Malta), Phönix See,
Dortmund (Deutschland), Daniaparken, Malmö (Schweden), BO 2016 in Linköping (Schweden),
Landschaftspark Duisburg-Nord (Deutschland), Die Garten Tulln, Tulln (Österreich)
Mdina Ditch, Mdina (Malta)
Phönix See, Dortmund (Deutschland)
30
Daniaparken, Malmö (Schweden)
Die Garten Tulln, Tulln (Österreich)
Im internationalen Kontext konnte sich
Nordrhein-Westfalen,
u.a.
durch
die
Maßnahmen der IBA EmscherPark, durch den
Emscherlandschaftspark, die Renaturierung der
Emscher,
aber
auch
durch
die
Landesgartenschauen, die nachhaltig positiv in
die Stadtstruktur eingreifen, einen guten Ruf
erarbeiten. Auch andere, neue urbane Räume –
hier sei der Kö-Bogen in Düsseldorf beispielhaft
genannt – überzeugen internationale Besucher
durch ihre landschaftsarchitektonische und
urbane Qualität.
Landschaftspark Duisburg-Nord (Deutschland)
d) Botanische Gärten
Botanische Gärten haben eine lange wissenschaftliche Tradition und haben dazu beigetragen, die Zahl
der Pflanzenarten, die alle Parks und Gärten von heute verwenden können, zu erhöhen. Sie haben sich
als wichtiger, aber auch als weitgehend unabhängiger Bestandteil unserer Gartenkultur und unseres
Gartenerbes etabliert. Die Sammlung, Erhaltung und Vermehrung gefährdeter Pflanzen und Samen
sowie Forschung zum Klimawandel sind Missionen von zunehmender Bedeutung. Diese und andere
neue Entwicklungstrends, wie z.B. Biotopmanagement und Erholungsfunktionen, werden die
traditionellen Funktionen der botanischen Gärten erfüllen und ihren Wert als „Hybrid Parks" erhöhen.
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen:
- Botanische Gärten befinden sich in einer guten Ausgangslage, um ihre wichtige Rolle in Bezug auf
Biodiversität, Ökologie und Umwelt zu stärken und zu erweitern. (UMWELT)
- Botanische Gärten sind nicht nur wichtige Einrichtungen für die Forschung über den Klimawandel,
sondern sollten als Laboratorien oder Pilotstandorte für die Umsetzung und Erprobung innovativer
Maßnahmen in Mitigationsstrategien dienen. (UMWELT)
- Umweltbildung, darunter auch „neue" Aspekte, wie die Erhaltung und Förderung lokaler Obst- und
Gemüsesorten ist von zunehmender Bedeutung. Es gibt gute Beispiele in (botanischen) Gärten, die
fortgeführt und übertragen werden müssen. (SOZIAL / UMWELT)
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- Es gibt auch eine zunehmende Tourismusrelevanz, da sich botanische Gärten von akademischen
Anlagen mit ihren quadratischen Beeten und unzähligen Schildchen hin zu attraktiven Parks mit
multifunktionalen Gewächshäusern und Ausstellungsflächen verwandeln. (WIRTSCHAFT)
Beispiele von Hybrid Parks sind unter vielen anderen der Schlesische Botanische Garten in Mikolów
(Polen), der Botanische Garten Rhodos (Griechenland), Parc Botanique de Haute Bretagne
(Frankreich), Ness Botanic Garden (Großbritannien), der Botanische Garten in Malta und die Arche
Noah in Schiltern (Österreich).
Schlesische Botanische Garten Mikolów (Polen)
Botanische Garten Rhodos (Griechenland)
Parc Botanique de Haute Bretagne (Frankreich)
Ness Botanic Garden (Großbritannien),
Botanische Garten (Malta)
Arche Noah Schiltern (Österreich)
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Die botanischen Gärten in Nordrhein-Westfalen haben sich schon früh begonnen, sich einem
breiterem Publikum zu öffnen und entsprechende Angebote, z.B. attraktive Schaupflanzungen oder
Kursangebote, umgesetzt. Dennoch gibt es, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer oft recht
zentralen oder attraktiven Lage, bei den Besucherzahlen noch Wachstumsmöglichkeiten. Daher sollte
überlegt werden, ihre Zusammenarbeit zu stärken und gemeinsam über künftige Aufgaben und
Angebote, die u.a. im Themenfeld der Mitigation des Klimawandels im urbanen Raum liegen können,
nachzudenken. Ein Beispiel in dieser Richtung ist ein vom Botanischen Garten in Leiden (NL) (EGHNPartner) im Jahr 2015 organisiertes und hochkarätig besetztes Symposium zu diesem Themenbereich
unter dem Titel „botanic gardens in a changing world“.
e) Neue Konzepte, Designs und Standorte
Neben den neuen städtischen Grünflächen, die vom öffentlichen Sektor entwickelt werden, entstehen
in immer mehr Städten ganz neue Typen von Nutzungen öffentlichen Grüns. Solche Konzepte, wie
„Urban Gardening“ oder andere partizipatorisch bzw. „von unten“ entwickelte grüne Räume oder auch
die an Bedeutung gewinnenden Therapiegärten, waren zunächst keine Hauptthemen von Hybrid
Parks, wurden dann aber während vieler Workshops und Studienreisen besucht und diskutiert. Es gibt
einige Anzeichen, dass „Urban Gardening“ vielleicht ein neues Element der europäischen Gartenkultur
wird. Solche neuen Gemeinschaftsgärten werden oft spontan an verlassenen Orten, an grünen
Restflächen entlang der Straßen oder auf Plätzen zwischen Wohnblöcken errichtet. Sie sind
Manifestationen einer sich wandelnden Gesellschaft mit dem Ziel, neue Formen der Interaktion mit
der lokalen Umgebung zu schaffen. Weitere neue Parks und Gärten bereicherten die Landschaften und
machten sie zugänglicher und attraktiver. An den Stadträndern verwenden Parks ein spezielles Design,
um den Übergang in die Landschaft zu zeigen und weiteres städtisches Wachstum in diese
Landschaftsräume zu stoppen.
Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen:
- Chancen für eine bessere soziale Integration, Identifikation der Bewohner mit ihrem lokalen Umfeld
und ein aktiver Beitrag zu dessen Verbesserung (SOZIAL)
- Erhöhung der ökologischen Vielfalt in unseren Städten und Ersatz von Zierpflanzen durch
Nutzpflanzen mit langer regionaler Tradition (UMWELT)
- Die aktive Einbeziehung von Minderheiten und Menschen mit verschiedenen ethnischen
Hintergründen in die Gestaltung und Nutzung ihres Wohnumfeldes durch die Nutzung ihrer
individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ist möglich (SOZIAL)
- Inwertsetzung der Offenheit dieser Räume und Strukturen für Aktivitäten, die das aktuelle
Verständnis von Umweltschutz und Nachhaltigkeit reflektieren und Möglichkeiten bieten,
entsprechend zu handeln (SOZIAL / UMWELT)
- Attraktivitätssteigerung von Standorten, eventuell bis hin zu touristischer Relevanz (SOZIAL /
WIRTSCHAFT)
- Es ist möglich, Flächen in Besitz zu nehmen, die noch nie als Standorte für Parks und Gärten gedient
haben und dadurch an Wertschätzung, Zuspruch und Nutzung gewinnen (SOZIAL / WIRTSCHAFT)
Beispiele von Hybrid Parks sind unter vielen anderen Skäggetorp in Linköping (Schweden), der
Therapiegarten in Alnarp (Schweden), Slottsträdgården, Malmö (Schweden), Nordpark, Pulheim
(Deutschland), Terraviva, Ferrara (Italien) und Bosco di San Francesco, Assisi (Italien).
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Skäggetorp Linköping (Schweden)
Nordpark Pulheim (Deutschland)
Therapiegarten Alnarp (Schweden)
Terraviva Ferrara (Italien)
Bosco di San Francesco Assisi (Italien)
Die Aufwertung von städtischen Brachflächen und die partizipatorische Gestaltung und Nutzung
urbaner Flächen können wichtige Beiträge zu den Zielen und Programmen der Städtebaupolitik in
Nordrhein-Westfalen leiste, insbesondere zur „Sozialen Stadt“ und „Grünen Stadt“. Solche Konzepte,
die heute gerne als „Urban Gardening“ subsumiert und kommuniziert werden, stehen in der Tradition
von Grabeland, Kleingartenanlagen oder auch der naturnahen Gestaltung städtischen Grüns aus den
1980er Jahren, entwickeln diese weiter und schaffen Ausgleich zu beengten Wohnverhältnissen,
bieten Kontakt zur Natur, schaffen Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Generationen und
ethnischen Gruppen sowie und übernehmen weitere soziale Funktionen. Allerdings müssen. um
besten Ressourceneinsatz und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, eine große Akzeptanz und
Nutzungsangeboten für alle Bevölkerungsgruppen gewährleistet werden. Hierbei profitieren auch
diese „neuartigen“ Anlagen von einem durchdachten und ansprechenden, gestalterischem und
gärtnerischem Konzept, dessen Entwicklung und Umsetzung durch den öffentlichen Sektor begleitet
bzw. gefördert werden sollte.
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