Wie aus Tito ein kommunistischer Schwerverbrecher

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Wie aus Tito ein kommunistischer Schwerverbrecher
Pero Simić
Tito – Geheimnis des Jahrhunderts
Ljubljana Orbis 2011
395 Seiten
Einzelverkaufspreis: ca. 35 Euro
Themen- und Buchbesprechung
Wie aus Tito ein kommunistischer Schwerverbrecher wurde
Der hagiographischen Tito-Biographik – und sie war bisher international vorherrschend – war es während
Jahrzehnten mit grossem Erfolg gelungen, ein überaus positives, romantisches und heroisches Bild vom
einstigen charismatischen Steuermann und Landesvater Jugoslawiens, Josip Broz Tito (1892-1980), zu
vermitteln.1 Dieser helle Eindruck von Tito prägte und beeinflusste Generationen von Jugoslawen und
Ausländern nachhaltig und hat sich ohne wesentlichen Meinungsumschwung bis heute hartnäckig
gehalten. Kritik an seiner Person, seinem System und seiner Politik wurde nicht nur von Tito selbst
unterdrückt, bekämpft und hart bestraft; vor allem seine zahlreichen Anhänger und Bewunderer wiesen
Vorwürfe an die Adresse ihres Halbgotts ungehalten zurück, während die „Goldenen Jahre“, die Tito nach
ihrer Meinung in Jugoslawien eingeleitet hatte, nostalgisch verklärt wurden. Bei dieser leichtgläubigen
Betrachtung der Person, des Werks und der Politik Titos wurden die problematischen Teile der Geschichte
Jugoslawiens und der Biographie Titos von den Tito-Apologeten meist schlicht übersehen, ausgeblendet
und systematisch verschwiegen.
Trotz andauernder Befangenheit Tito gegenüber begann sein alter Kampfgefährte Milovan Đilas
(1911-95) in den 50er Jahren kritische Betrachtungen über Tito zu formulieren, die insbesondere in seinem
Hauptwerk Die neue Klasse (1957) ihren Niederschlag fanden und in seiner Tito-Biographie (1980) wohl
den Höhepunkt erreichten. Seine unverblümt zum Ausdruck gebrachte kritische Haltung verübelte ihm
Tito dermassen, dass er sich von Đilas radikal trennte, sich an ihm mit mehrjähriger Haftstrafe rächte, ihn
praktisch für immer verstiess.
Nachdem Tito 1980 gestorben war, publizierte sein ehemaliger Hofbiograph Vladimir Dedijer
(1914-90) seine Neuen Beiträge zur Biographie Josip Broz Titos, in denen die Aussagen Đilas´ im Grunde
bestätigt wurden. Aber in diesen Beiträgen wurden sonst noch so manche brisante Details zu Titos Leben
preisgegeben, die den Jugoslawen unbekannt waren, weil sie ihnen von der Geschichtsschreibung
vorenthalten wurden, denn sie liessen den jugoslawischen Führer in weit weniger hellem Licht erscheinen.
Als neuer Beitrag zur Biographie Titos ist auch Pero Simićs Buch Tito – Geheimnis des
Jahrhunderts zu betrachten. Simić (geb. 1946), ein engagierter serbisch-bosnischer Historiker,2 hat es sich
zur nicht ganz einfachen Lebensaufgabe gemacht, den Mythos Tito nicht nur kritisch zu ergründen,
sondern auch einige seiner Rätsel aufzulösen, indem die weissen Flecken in Titos Leben, die in der
offiziösen Tito-Biographik bisher eine weite Landschaft unantastbarer Tabus bildeten, radikal enthüllt
werden. Die neuen Erkenntnisse, die Simić aufgrund einschlägiger Studien in schwer zugänglichen
Archiven Moskaus und Belgrads über das politische und private Leben Titos zutage fördern konnte, fasste
er in seinem Buch Tito – tajna veka zusammen, das im Jahr 2009 in Belgrad erschien und jetzt auch in
1
2
S. z.B. Dedijer, Vladimir: Tito. 1952.
S. http://sr.wikipedia.org/wiki/Перо_Симић.
1
deutscher Übersetzung vorliegt. 3 Neben Jože Pirjevec gilt Simić derzeit als der bekannteste und
kompetenteste `Titologe´ und Kenner der Geschichte des kommunistischen Jugoslawien. Das Interesse an
seinem Buch sei, wie Simić im Vorwort unterstreicht, so gross gewesen, dass der Autor sich entschieden
habe, seine Studien fortzusetzen und den Lesern noch mehr Fakten vorzulegen. So konnte die deutsche
Ausgabe nach eigenen Angaben zusätzlich mit mehr als 600 neuen Daten bereichert werden, die bisher
noch nicht veröffentlicht wurden. Aus Simićs Buch ist zwar keine klassische Biographie Titos entstanden,
aber es ist eine Dokumentation der schweren Verbrechen geworden, die im Namen Titos und seiner
Partisanenbewegung vor und nach der kommunistischen Machtübernahme in und ausserhalb Jugoslawiens
begangen wurden. Es handelt sich um erschütternde Fakten, die gerüchteweise zwar schon irgendwie
bekannt waren, aber von der Propaganda zugedeckt wurden und sowohl historiographisch wie publizistisch
niemals aufgearbeitet werden konnten, schon gar nicht zu Lebzeiten Titos. In seinem ´Tito-Schwarzbuch´
liefert Simić somit die erdrückenden Beweise nach, die Tito endgültig als stalinistischen Schwer- und
Kriegsverbrecher erscheinen lassen.
Der Stalinist Tito in der Sowjetunion der 30er Jahre
Dabei konzentriert sich Simićs Aufmerksamkeit im ersten Teil des Buches ganz auf die Rolle Titos
als Mitarbeiter Stalins, der Komintern und des NKVD in den 30er Jahren in Moskau. Aus den
Untersuchungen Simićs geht klar hervor, dass Tito, der damals unvermeidbar in die stalinistischen
Säuberungsaktionen gegen eigene Leute hineingeriet, somit auch in kriminelle Machenschaften verwickelt
wurde, bevor er als Generalsekretär der KPJ aus der Moskauer Schule ´entlassen´ werden konnte; bei
diesen Aktionen tatkräftig mitzumachen war für einen macht- und karrierebewussten „Internationalisten“
quasi die Voraussetzung, um in der Horrorwelt Stalins überleben, reüssieren und wichtige Ämter
übernehmen zu können. Bei seinem perfiden ´Spiel´ mit den Genossen setzte der verschlagene Georgier
auch die jugoslawischen Kommunisten unter Druck. Dabei wurde auf niemanden Rücksicht genommen,
und Tito war damals sozusagen noch ein Greenhorn, zu dem es mehrere Alternativen gegeben hätte. Nicht
zuletzt aber weil es Stalin und Dimitrov, die auf die Ausnahmeerscheinung aus Jugoslawien aufmerksam
wurden, gelang, Tito für ihre Zwecke einzuspannen, sollte er es schaffen, die Hürden der Logik des
kommunistischen Frevels zu überwinden, um selbst an die Spitze der eigenen Organisation zu avancieren.
Die Quellen des RGASPI,4 die Simić einsehen konnte, sprechen eine deutliche Sprache. Kaum in
Moskau angekommen, begann Tito (alias „Valter“5) ausser mit der Komintern auch mit den Agenten des
NKVD zusammenzuarbeiten. Seine ´Ansprechpartner´ waren die NKVD-Agenten Andreev,
Jakubowitsch, Ivan Karaivanov Spiner und Josip Kopinič (-Vokšin).6 Skrupellos verraten werden mussten
die Parteigenossen, die vom Sowjetherrscher verdächtigt wurden, von der stalinistischen Linie
abzuweichen. Dieser Vorwurf betraf insbesondere Titos Förderer Milan Gorkić, Führer der KPJ,7 der nach
einer Anklage als „britischer Spion“ am 1. November 1937 in der Lubjanka hingerichtet wurde. Auch mit
anderen jugoslawischen Parteiführern, die Tito als Rivalen wahrnahm, wurde gleichermassen verfahren:
indem „Valter“ sie beim NKVD als Leute mit schlechtem Charakter denunzierte, wurden sie zum
Abschuss freigegeben. So wurden im Schatten der stalinistischen Säuberungsprozesse der Jahre 1937-39
durch Titos heimliche Berichterstattung auch andere führende Kommunisten ´geopfert´: Unter den
prominentesten Funktionären befanden sich Ivan Grzetić (-Flajšer), KPJ-Vertreter in der Komintern, Đuka
Cvijić, Ex-Sekretär des ZK der KPJ, und Sima Marković (-Milić), Mitgründer und Ex-Generalsekretär der
KPJ.8 Auch über den kroatischen Kommunisten Kamilo Horvatin, den bosnischen Kommunisten Ivan
Kralj und den slowenischen Kommunisten Karel Hudomalj schrieb Tito ungünstige „Charakteristiken“,
die für Horvatin und Kralj tödliche Folgen hatten, ebenfalls für Simo Miljuš, Redakteur einer KominternZeitung. Sie alle wurden aufgrund falscher Beschuldigungen und Beweise zum Tode verurteilt und
3
Erschienen 2011 im Orbis-Verlag in Ljubljana. Übersetzung: Leemeta Agentur, Lektorat: Apstein-Müller Ann Catrin,
Redaktion Aleksander Pišlar.
4 S. http://de.wikipedia.org/wiki/Russisches_Staatsarchiv_für_sozio-politische_Geschichte.
5 Sein vollständiges konspiratives Pseudonym lautete Friedrih Francević Valter.
6 S. http://en.wikipedia.org/wiki/Josip_Kopinič.
7 S. http://en.wikipedia.org/wiki/Milan_Gorkić.
8 Es gibt noch andere Namen, z.B. diejenigen Filip Filipovićs, Jovan Mališićs und Antun Mavraks.
2
erschossen.9 Entsprechende Korrespondenzen Titos sollen dessen Zufriedenheit mit der Liquidierung der
sowjetischen „Trotzkisten“, die er für „monströse Verbrecher“ hielt, bezeugen. Während er über andere
Genossen spottete, um sie als „ein paar Intellektuelle“ zu verachten, die „über die Schädlichkeit solcher
Prozesse philosophierten“, beschwerte er sich über das geringe Interesse bei den „Arbeitern“ in
Jugoslawien an den stalinistischen Schauprozessen. Als nach der Ermordung Gorkićs der Geldfluss von
der Komintern zugunsten der KPJ zu versiegen drohte, kam bei den jugoslawischen Genossen Panik auf.
Aber es kam sogar noch schlimmer: Tito erhielt die äusserst beunruhigende Nachricht, dass das ZK der
KPJ von der Komintern aufgelöst worden war. Um ´seine´ KPJ vor dem Untergang zu retten und den
Nebenbuhlern Marić und Kusovec, die in Paris aus eigener Initiative eine neue KPJ-Führung gebildet
hatten, zuvorzukommen, musste Tito, der plötzlich allein in der Gegend herumstand, rasch handeln, wollte
er nicht selbst als überflüssiger Akteur den Säuberungen zum Opfer fallen. Das bedeutete, dass er sich bei
den Stalinisten in Moskau und Stalin gegenüber persönlich mit absoluter Loyalität erkenntlich zeigen
musste, sollte er auch nur den Hauch einer Chance bekommen, die Nachfolge des beseitigten KPJ-Chefs
Gorkić antreten zu können. Georgi Dimitrov, der die Komintern10 von Stalins Gnaden untertänig aber
selbstbewusst führte, machte seinen jugoslawischen „Freund“ auf das gefährliche Problem des
Fraktionismus aufmerksam und teilte ihm auch mit, welche Personen man in Moskau gerne als Bestandteil
der KPJ-Führungsequipe sehen möchte.11 Aber ´gratis´ war dies alles nicht zu haben. Man, d.h. Tito,
musste eine Gegenleistung erbringen.
Als Stalins verlängerter Arm in Spanien
Diese Gegenleistung bestand konkret darin, dass Tito, inzwischen selbst ein Rädchen des
mörderischen Systems Stalins geworden, in Spanien für die Tscheka Drecksarbeit erledigen musste, was
er auch tat. Der Spanienaufenthalt Titos bildet einen weissen Fleck in der Tito-Biographik. Obwohl diverse
Genossen wie Dolores Ibarruri, Miroslav Krleža u.a. dies bestätigten und verschiedene westliche
Geheimdienste davon wussten, dass Tito Ende 1936 sich in Spanien (v.a. in Barcelona und Albacete)
aufhielt, verstand es Tito sein Leben lang, diese Tatsache zu verbergen. Tito verbot Dedijer in seiner von
ihm autorisierten Biographie zu wiederholen, was er in einem Interview mit der amerikanischen Zeitschrift
Life gesagte hatte, nämlich dass er nur einmal einen Tag in Madrid verbracht und in Spanien nicht gekämpft
habe. Diese Aussage mag durchaus stimmen, aber der Rest der Essenz seines Spanien-´Engagements´ blieb
der Öffentlichkeit vorenthalten. In Moskau entdeckte Simić eine bisher unbekannte und geheim gebliebene
Biographie Titos, in der geschrieben steht, dass Tito „sich am national-revolutionären Krieg des spanischen
Volkes (1936-1939) beteiligte“, was immer das bedeutet. Zur Beweisführung für Titos Spanien-Aufenthalt
erwähnt Simić zwei Quellen, die es wissen mussten. So gibt es eine entsprechende Aussage, die von einem
gewissen Georgi Damjanov stammt, der in Moskau leitender EKKI-Funktionär gewesen war und in den
50er Jahren bulgarischer Verteidigungsminister und formelles Staatsoberhaupt der kommunistischen
Volksrepublik
wurde.
Dieser
inspizierte
im Spanischen
Bürgerkrieg als „General
Belov“ die Internationalen Brigaden.12 Als Damjanov alias Belov einmal Titos neuen Botschafter in Sofija
empfing, erinnerte er sich, angesprochen auf Tito, dass der Genosse Valter damals von der Komintern nach
Spanien geschickt worden sei, um seine Agentenaufträge „gut zu erledigen“.13 Der zweite Zeitzeuge war
der erwähnte slowenische Kommunist Josip Kopinič, der damals ein hoher sowjetischer Agent in Spanien
gewesen war; er wusste, für welche Aufgaben Stalins Spezialdienste Tito nach Spanien geschickt hatten.
Laut Kopinič, der dies Dedijer erzählte, hatte Tito als Inspektor einer Abteilung des NKVD einen Teil der
Aufgaben Gorkićs zu übernehmen, die unter anderem die Liquidation von Feinden im Ausland vorsahen.
Diese „Feinde“, von Moskau als „Trotzkisten“ klassifiziert, sollten als „entlarvte Verräter im Dienste
9
Während Horvatin und Kralj 1938 in der Sowjetunion ums Leben kamen, wurde Hudomalj nicht Opfer des NKVD, sondern im
September 1944 im KZ Mauthausen von den Nazis ermordet.
10 Die Komintern selbst wurde im Mai /Juni 1943 aufgelöst und stellte ihre Tätigkeit ein. Stalin wollte sie nicht mehr. Dimitrov
wurde sozusagen überflüssig und arbeitslos, war aber ein Jahr später von Stalin noch dafür vorgesehen, die kommunistische
Macht in Bulgarien einführen zu lassen.
11 Nämlich Đilas, Ranković, Kardelj, Marinko, Leskošek, Kraš und Valter/Tito. Dieses peinliche Diktat wurde in keinem Band
der Gesammelten Werke Titos festgehalten. (Simić, S. 79).
12 S. http://de.wikipedia.org/wiki/Georgi_Damjanow.
13 Der damalige jugoslavische Botschafter Mito Miljković, dem diese Episode widerfuhr, erzählte sie dem serbischen
Schriftsteller Dragoslav Mihailović, der sie 2011 an Pero Simić weitergab.
3
Francos“ physisch vernichtet werden. Kopiničs Aussage wurde sogar von Maurice Thorez, dem
Generalsekretär der KPF, bestätigt. Ein Dokument (das auch in die Hände Dedijers fiel, aber nie
veröffentlicht wurde) hält fest, dass Tito Chef dieses „Liquidationsstabes“ gewesen war; Mitglieder dieses
Stabes waren auch der italienische Kommunist Vittorio Vidali, die Kroaten Ivan Krajačić und Ivan
Srebrenjak und der bosnische Serbe Vlajko Begović gewesen. Den Hintergrund dieser Geschichte deckte
schliesslich Leo Mates auf, der damals als Chef von Titos präsidialer Administration in Zagreb tätig war.14
Auf Dedijers Frage, wie Tito schliesslich Generalsekretär des ZK der KPJ wurde, gab Mates 1983 zur
Antwort, dass Tito „die schmutzigen Geschäfte in Spanien erledigte“ und dass er dort „die Leute
gesäubert“ habe. Simić beansprucht, diese bisher unbekannte Aussage in seinem Buch zum ersten Mal
veröffentlicht zu haben. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Am 24. September 1983 habe Tito Dedijer
im Haus desselben Leo Mates bei Zagreb erklärt, dass er Blagoje Parović „in den Tod geschickt“ habe.
Dieser wurde am 6. Juli 1937 in der Nähe von Madrid umgebracht. Wer war Blagoje Parović? Bei diesem
hervorragenden jugoslawischen Kommunisten handelte es sich um einen der aussichtsreichsten
Kandidaten, der im Falle einer Verhaftung Gorkićs oder Ćopićs hätte „an die Spitze des ZK der KPJ“ treten
sollen.15 Unmittelbar nach der Ermordung Parovićs, an der laut Peko Dapčević Tito beteiligt gewesen war,
wurde der Leichnam fotografiert (Abb. s. S. 95), um zu beweisen, dass der Auftrag auch ausgeführt wurde.
Um das Verbrechen zu verschleiern, sagte Tito ein paar Monate nach dessen Ermordung, Parović sei „eines
der besten Mitglieder des ZK der KPJ“ gewesen und dass sein Tod „heldenhaft“ war. Als Dank für ihre
brillante ruchlose Tätigkeit in Spanien erhielten die beiden anderen Mitglieder des „Liquidierungsstabes“,
Krajačić und Begović, später hohe Posten im kommunistischen Jugoslawien: Krajačić wurde
Geheimdienstchef
in Kroatien
und
Begović
Direktor
führender
Wirtschafts- und
Wissenschaftsinstitutionen! 16 Je krimineller die Vergangenheit eines Kommunisten war, desto höhere
Posten erhielt er im „sozialistischen“ Staat zugeschanzt - dies war ja nicht nur für Jugoslawien typisch.
Aus Vidali, einem offenbar besonders üblen Subjekt,17 wurde eine der Ikonen der italienischen KP. Ein
weiteres Opfer titoistischer Rachsucht, das von Simić gewürdigt wird, hiess Živojin Pavlović. Dieser
angesehene Journalist und Verleger des Parteiorgans Proleter veröffentlichte 1940 ein Stalin-kritisches
Buch, in dem er auch die missglückte Expedition Titos von Anfang 1937 erwähnte, als etwa 500
jugoslawische Freiwillige mit dem Schiff nach Spanien hätten entsendet werden sollen (diese Episode ist
sogar in der Tito-Biographie von Dedijer nachzulesen). Tito fühlte sich von der Kritik persönlich betroffen.
Ein Jahr später wurde Pavlović festgenommen und nach grausamer Folter erschossen.
So kamen in der Sowjetunion gemäss Dedijer rund 800 jugoslawische Politemigranten zu Tode.
Als Tito Anfang 1939 nach Jugoslawien zurückkehrte, rief er die oben erwähnte KPJ-Führungsclique plus
Ivo Lola Ribar zu einer Sitzung nach Bohinj in Slowenien zusammen, wo laut Protokoll sozusagen als
Krönung der Parteisäuberungen verkündet wurde, dass „alle ehemaligen Führungs-, Fraktions- und Parteifeindlichen Elemente aus der KPJ ausgeschlossen“ worden seien. Dieser Ausschluss umfasste sämtliche
ehemaligen Führer der KPJ von der Gründung der Partei im Jahr 1919 an. Sie alle wurden zu Abtrünnigen,
Fraktionisten und Feinden erklärt, vor allem weil sie gegen Tito persönlich gearbeitet haben sollen. Zu
beseitigen war jetzt noch der letzte ernst zu nehmende Parteirivale Titos – Petko Miletić.18 Zu dieser Zeit
befand sich Tito in Istanbul, von wo aus er die Ausschaltung Miletićs abwartete. Wohl sozusagen auf
Bestellung Titos wurde dieser in Moskau dann auch wegen „Fraktionismus“ und „Trotzkismus“ vor
Gericht gestellt und nach einem Schnellverfahren als „Verräter der Partei“ erschossen. Später gab Tito zu,
dass er eigentlich nur Miletićs Popularität gefürchtet hatte. Nachdem die KPJ also von allerlei potentiellen
Konkurrenten und vermuteten Stalin-Gegnern gesäubert worden war, war der Weg für die Machtergreifung
durch Tito frei geworden. Im Oktober 1940 fand in Zagreb die Wahl des neuen KPJ-Zentralkomitees statt.
Wer bei dieser geheimen „Wahl“ alles „gewählt“ wurde, ist nie bekannt geworden. So konnte der
Generalsekretär Josip Broz Tito Jugoslawien über drei Jahre lang als Alleinherrscher regieren, ohne dass
jemals auch nur eine einzige Sitzung des ZK stattgefunden hätte. Von der Wahl des Generalsekretärs der
KPJ existieren siebzehn Versionen. Das Zitat Titos, das Dedijer in seinen Schriften anführte, Tito habe
„keine Ambitionen gehabt, die Parteiführung zu übernehmen und habe nie daran gedacht“, spottet der
zynischen Untertreibung und falschen Bescheidenheit Hohn. Es ist klar, dass ohne genaue Kenntnisse der
14
S. http://hr.wikipedia.org/wiki/Leo_Mates.
http://sr.wikipedia.org/wiki/Благоје_Паровић.
16 S. http://hr.wikipedia.org/wiki/Ivan_Krajačić und http://sr.wikipedia.org/wiki/Влајко_Беговић.
17 S. http://de.wikipedia.org/wiki/Vittorio_Vidali.
18 S. http://hr.wikipedia.org/wiki/Petko_Miletić.
15 S.
4
Ereignisse der 30er Jahre es unmöglich wäre, eine vollständige politische Biographie Titos zu verfassen.
Jede Tito-Biographie, in der ausser Đilas´ Kritik und Halders Betrachtungen des Titokults19 auch Simićs
wichtige Ergänzungen fehlen, kann den wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen und muss für
uninteressant und wertlos gehalten werden.
1956 wurde Gorkić von der KPJ rehabilitiert. 1960 befürwortete Tito auch die selektive
Rehabilitierung der anderen jugoslawischen Kommunisten, die während der stalinistischen Säuberung in
der Sowjetunion ums Leben kamen. Er tat so, als würde er ihren Tod bedauern. Einen nächsten Anlauf zur
Rehabilitierung dieser Opfer unternahm Tito 1964, ohne konkrete Namen zu nennen. In einem Beschluss
vom September 1968 entschied das ZK des BdKJ, dass „die Rehabilitation dieser Personen nicht
notwendig“ sei, da sie von der „Partei“, gemeint war der BdKJ, „weder verurteilt noch bestraft“ wurden.
1969 fügte Tito dem hinzu, dass „der BdKJ für immer die Erinnerung an diese Genossen bewahren“ werde.
1977 schrieb er sogar, dass man alle diese Genossen rehabilitieren sollte. So blieb das Thema umstritten
um verlief schliesslich auf skandalöse Weise im Sande.
Tötungen von Kriegsgegnern und Massenmorde unter Tito in Jugoslawien
Noch während des Zweiten Weltkriegs liess Tito sich zu verschiedenen umstrittenen
Entscheidungen hinreissen, die so in keiner offiziösen Biographie abgehandelt wurden. Nach dem
nationalsozialistischen Angriff auf Belgrad gab Tito die Losung heraus, mit allen Mitteln den Feind zu
bekämpfen und die Revolution zu beschleunigen. Lieber sterbe man als vor dem Feind Schwäche zu
zeigen. Die Opferbereitschaft der eigenen Truppen müsse total sein. Die „rücksichtslose gnadenlose
Entfernung ziviler und militärischer Oberhäupter und aller anderer Volksfeinde“ sei „die Pflicht der
Revolutionäre“. Mit „allen möglichen“ Mitteln müsse gekämpft werden: „mit Gewehren und Pistolen,
Maschinengewehren, Bomben, Granaten, Dynamit und anderen Sprengstoffen, mit Messern,
Schlagringen, Eisenstangen, ölgetränkten Lumpen, Strickleitern, Stacheldraht, Nägeln, Spaten, Hämmern,
Feilen, usw.“ Offenbar zählten diese ´Utensilien´ zu Titos Lieblingswerkzeugen, wie man aus den 20er
Jahren weiss, als ähnliches Material in einer konspirativen Zagreber Wohnung gefunden wurde, die Tito
Unterschlupf bot. Die vermutete kriminelle Verantwortung Titos in Kroatien in den 20er Jahren wäre
übrigens noch genauer aufzuarbeiten.
Die Tschetniks des Draža Mihailović
Von Moskau wurde Tito ermahnt, sich zuerst von der „faschistischen Sklaverei“ zu befreien und
erst danach an die „sozialistische Revolution“ zu denken. Die Russen forderten sogar von Titos Partisanen,
dass sie sich mit den Tschetniks von Dragoljub (Draža) Mihailović zusammenschliessen sollten. Wie
Dedijer in seinem Buch „Stalins verlorene Schlacht“ (1970, S. 49) festhielt, anerkannte die Sowjetunion
noch 1941 zur Entrüstung der Tito-Partisanen die königliche Exilregierung in London und deren
Kriegsminister Draža Mihailović, bevor sie seinen Verrat zugab. Diese Option kam für Tito, der Mihailović
als politischen Konkurrenten fürchtete, aber nicht in Frage. Zumal Tito wusste, dass die Bewegung
Mihailovićs von den Westalliierten unterstützt werden könnte und, noch viel schlimmer, dass die
Kommunisten im Volk Jugoslawiens nicht wirklich beliebt waren, sondern dass es mehrheitlich und vor
allem in Serbien, noch immer der Königsdynastie der Karađorđe nachhing; die bürgerliche Vergangenheit
Serbiens war den Kommunisten natürlich ein Dorn im Auge. Um die Tschetniks auszuschalten, schreckte
Tito nicht davor zurück, auch mit den Nazis zu kollaborieren. So trafen sich Đilas, Popović und Velebit
Anfang September 1942 mit Vertretern der deutschen Nazis und des Ustascha-Regimes, um über einen
Gefangenaustausch und über die Vernichtung des gemeinsamen Feindes, der Tschetniks des Draža
Mihailović, zu verhandeln. Bei diesen Verhandlungen, die im März 1943 in Gornji Vakuf stattfanden,
wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass die Deutschen die „Volksbefreiungsarmee“ der TitoPartisanen in Ruhe lassen werden und dass diese dafür darauf verzichteten, gegen die Deutschen und den
kroatischen Ustascha-Staat zu kämpfen. Bei nachfolgenden Gesprächen mit den Deutschen, die in Zagreb
19
Marc Halder: Der Titokult. Charismatische Herrschaft im sozialistischen Jugoslawien. Oldenbourg München 2013.
5
stattfanden, bestätigten die Tito-Vertreter (Đilas und Velebit), dass den Deutschen keinen Schaden
zugefügt werde und dass man für den gemeinsamen Vernichtungskampf gegen die Tschetniks und beim
Gefangenenausaustausch von den Deutschen „keine Gegenleistung“ erwarte. Ihren Kampf gegen die
Tschetniks begründeten die Tito-Partisanen mit dem Hinweis, dass die Tschetniks ein Grossserbien
errichten wollten und dass eine „Vorherrschaft der Serben in diesem Staat nicht gut“ wäre. In Erinnerung
zu rufen wäre an dieser Stelle, dass auch die serbischen Tschetniks, die für die Kontinuität des Königreichs
Jugoslawien standen, mit den deutschen Besatzern teilweise zusammenarbeiteten.20 Also kollaborierten
sowohl die Tschetniks von Draža Mihailović wie auch die Tito-Partisanen mit den Nazis, um den
jeweiligen Gegner zu vernichten. Nicht nur Stalin drückte Tito in einer geheimen Depesche seine
Verwunderung über die Verhandlungen seiner Leute mit den Deutschen aus; auch der Führer der
serbischen Kommunisten, Blagoje Nešković, zeigte sich zutiefst verärgert, nachdem er von dem
Gefangenaustausch mit den Deutschen erfahren hatte; er beklagte sich darüber, dass die serbischen
Kommunisten davon überhaupt nicht profitieren konnten, sondern dass im Gegenteil bei den
„Schiessereien und Massakern in den Gefängnissen“ die „besten Genossen“ ihr Leben lassen müssten. Es
scheint, dass die Operationen gegen die Tschetniks, die gnadenlos und gemeinsam mit den Nazis
durchgeführt werden sollten, sich im Endeffekt auch gegen Serbien, die Serben und die befürchtete
serbische Vorherrschaft richteten. Zehntausende Serben fielen dem Ustascha-Terror zum Opfer.21 Draža
Mihailović selbst wurde 1946 vom Tito-Regime, das sich in dieser Phase von seiner blutrünstigsten Seite
zeigte, gefangen genommen und nach grausamer Folter und bei einem stalinistischen Schauprozess
hingerichtet. Ausserdem kamen wegen der Eitelkeit von Titos Generälen auf dem syrmischen Schlachtfeld
etwa 37´000 junge, meist aus Serbien stammende Männer ums Leben. Die Frage, ob es zwischen dieser
Tragödie und dem Umstand, dass „der Kroate“ Tito im 1. Weltkrieg an der Serbienfront gekämpft hatte,
einen Zusammenhang gibt, und die Frage, ob Tito sich allenfalls an einem Genozid gegen das serbische
Volk zumindest theoretisch mitschuldig gemacht hatte, steht nach wie vor im Raum und ist in Serbien bis
heute nicht vom Tisch.
Tito als Lügner, Verschweiger und Feind der Demokratie
Wie Simić im zweiten Teil seines Buches ausführt, war Tito ein grosser Lügner und Aufschneider,
der es geschickt verstand, seine Partei mit falschen Informationen über den wahren Zustand der
Partisanenverbände, die überall erhebliche Verluste erlitten, zu versorgen. Die Errichtung der
jugoslawischen Macht führte er in Jajce mit Pseudoabstimmungen herbei, die durch willfährig
applaudierende Parteisoldaten durchgeführt wurden; er liess sich als selbsternannter Marschall kultmässig
verherrlichen und täuschte Churchill mit Märchen über die wahren politischen Absichten Titos in Bezug
auf die Nachkriegsordnung in Jugoslawien. Das selbstherrliche Vorgehen Titos sollte nach dem Krieg bei
der Regierungsbildung noch ein Nachspiel haben. Tito gab zu verstehen, dass er an demokratisch geführten
Diskussionen kein Interesse hatte und keine Kritik duldete. Verschwiegen wurden der jugoslawischen
Öffentlichkeit bis 1989 auch die Zahlen zu der 1944 von Bulgarien aus erfolgten sowjetischen Invasion
auf serbisches Gebiet: 414´000 sowjetische Soldaten marschierten damals aufgrund einer Bitte Titos an
Stalin angeblich zur Vertreibung der Deutschen in Jugoslawien ein.22 Dass 1945 auch das slowenische
Maribor noch vor den Tito-Partisanen von sowjetischen Truppen vorübergehend besetzt wurde, bis es auf
Drängen von Titos Leuten an die Jugoslawen abgetreten wurde, geriet ebenfalls in Vergessenheit. Es
scheint, dass die Rote Armee zur Einsicht kam, dass der Einführung der kommunistischen Diktatur in
Jugoslawien mit militärischer Gewalt nachgeholfen werden müsse, da die Unterstützung der Kommunisten
durch die Völker dieses Balkanlands dürftig war und die Gefahr bestand, dass es für den Kommunismus
verloren gehen könnte.
Peinlich ist ausser der Tatsache, dass Titos Kommunisten nicht nur in Serbien nicht willkommen
waren, diesbezüglich auch der Fall Kosovos und Metochijas: Dort wurde der Rückzug der
20
Überblicksmässig s. http://de.wikipedia.org/wiki/Tschetnik#Tschetniks_im_Zweiten_Weltkrieg.
Zu den Opferzahlen s. http://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Jasenovac#Zahl_der_Opfer.
22 Im Zusammenhang mit Tolbuchin ist die folgende Episode von Interesse: Als nach Kriegsende Titos Partisanen-General
Svetozar Vukmanović („Tempo“) von Sowjetmarschall Tolbuchin den sofortigen Rückzug der bulgarischen Truppen vom
jugoslawischen Territorium verlangte, fuhr ihn Tolbuchin mit folgenden Worten an: "Solche Dummheiten will ich meiner
Regierung gar nicht erst vorschlagen." (s. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45741261.html).
21
6
Nationalsozialisten von den Albanern bedauert, denn immerhin hatten die Deutschen ihnen doch die
Gründung eines Grossalbanien und die Herrschaft über Serbien versprochen. Am bewaffneten Aufstand
gegen die serbischen und jugoslawischen Antifaschisten nahmen in dieser Provinz mehr als 30´000 Albaner
teil, während die Nazibesatzer lediglich von etwa einem Hundert Albanern bekämpft wurde.
Die grausame Rache der Partisanen an ihren inländischen Gegnern …
Nun sollten sich die Partisanen dafür, dass die Serben keine Begeisterung für den Kommunismus
zeigten und Titos Partisanen in Belgrad kaum willkommen hiessen, grausam rächen. In Absprache mit
dem bereits erwähnten serbischen Kommunistenführer Blagoje Nešković wurde eine Liste von
Intellektuellen erstellt, die wegen ihrer Opposition gegen die Kommunisten zu liquideren waren. Auf dieser
Liste standen Funktionäre der Demokratischen Partei, aber auch Minister der serbischen
Zwischenkriegsregierung, ferner Journalisten und Akademiker. Tausende von angeblichen
„Volksverrätern“ und „Volksfeinden“ wurden enteignet, in Zwangslager gesperrt, das beschlagnahmte
Vermögen wurde von den führenden Persönlichkeiten des Tito-Regimes eingezogen. Für den Terror, der
gegen diese oppositionellen Intellektuellen angewandt wurden, zeichnete der Geheimdienst OZNA und
das „Korps zur Volksverteidigung“ (KNOJ) verantwortlich. Diese Organisationen hatten im „befreiten“
Serbien die Säuberungen durchzuführen und die „Banden“ zu „liquidieren“. Gesetze, die diese
Strafaktionen geregelt hätten, gab es (bis 1951/3) nicht. Dabei gab Tito die Genehmigungen für die
Erschiessung der Gegner und Andersdenkenden, die konspirativ vorzunehmen waren, persönlich (ein
entsprechendes Dokument legt Simić auf S. 159 vor). In Bezug auf die Ausschaltung von Gegnern,
politischen Oppositionellen und Andersdenkenden hatte man in Jugoslawien analoge Zustände zu
gegenwärtigen, wie sie etwa im Nachbarland Bulgarien in Gebrauch kamen, wo die Kommunisten auf
direkten Befehl Stalins und Dimitrovs die bürgerliche („monarcho-faschistische“) Elite und die
Deutschland-Kollaborateure grausam verfolgten. In Jugoslawien gab es allein in Belgrad etwa zwanzig
Lager und Hinrichtungsstätten, und die willkürlichen Todesstrafen hörten erst Ende 1945 auf. Auch in
Kroatien, wo die operativen Partisaneneinheiten einmarschierten, rollten die Köpfe wie am Fliessband,
schreibt Simić. Titos slowenischer Chefideologe Edvard Kardelj sprach von der Notwendigkeit der
„rücksichtslosen Verfolgung“ und „physischen Ausrottung“ der Gegner (dieses unselige Wort war unter
Hitler und Stalin sehr geläufig). Dann befahl Tito seinem ersten Agenten Jefto Šašić, diejenigen „töten“
zu lassen, die sich weigerten, begnadigt zu werden. Šašić überbrachte den Befehl Titos nach Slowenien,
wo der Auftrag Mitte Mai 1945 an Tausenden von inländischen Tito-Gegnern, d.h. Kämpfern der Ustascha
und der Tschetniks sowie an kroatischen und slowenischen Landwehrleuten (Domobranzen23), Anhängern
des serbischen Generals Nedić und des konservativen politischen Politikers Ljotić unverzüglich ausgeführt
wurde. Tausende von potentiellen Opfern, die nach Österreich geflüchtet waren, wurden von den Briten
nach Jugoslawien zurückgeschickt und Titos Exekutoren ausgeliefert. Gezählt wurden 191´790
Gefangene, darunter 30´000 Volksdeutsche, die ihrem Todesschicksal entgegensahen. Nachdem Kardelj
1944 die Idee geäussert hatte, den südlichen Teil Österreichs mit der Hilfe von österreichischen
Kommunisten zu okkupieren, befahl Tito seiner Dritten Armee am 15. Mai 1945, den „Teil des
österreichischen Grenzgebietes zu besetzen“, das von Sowjetmarschall Tolbuchin, Oberbefehlshaber
der 3. Ukrainischen Front, bestimmt wurde. Ivan Maček, damals Innenminister Sloweniens, bestätigte
Dedijer die Wahrhaftigkeit all dieser Verbrechen, die in Kroatien und Slowenien von Tito persönlich
angeordnet wurden. Nach dem Zusammenbruch des Tito-Regimes wurden in Slowenien über 600
Massengräber entdeckt, die das Ergebnis von Titos „rächender Hand“ waren, der die Massenmorde in
Kumrovec feierte. Tausende von Opfern werden in zubetonierten Bergwerken vermutet, wo sie von den
Titoisten mit Gas ermordet wurden. Die Massengräber sollen nun von Jože Dežman erforscht werden.24
23
S. http://de.wikipedia.org/wiki/Slovensko_domobranstvo.
S. http://de.wikipedia.org/wiki/Jože_Dežman; http://www.berliner-zeitung.de/archiv/slowenien-streitet-ueber-die-bewertungder-verbrechen-kommunistischer-partisanen-nach-dem-zweiten-weltkrieg-die-toten-in-der-boesengrube,10810590,10645276.html und http://www.bpb.de/publikationen/1CK0OU,0,0,Sloweniens_historische_B%FCrde.html.
24
7
… und der Genozid an den Jugoslawien-Deutschen
Das grösste (und nicht letzte) Verbrechen Titos richtete sich jedoch gegen die Volksdeutschen
Jugoslawiens, die man übrigens gemeinsam mit den Sowjets zu vertreiben und zu vernichten versuchte.
Das erste Pogrom gegen die Donauschwaben ereignete sich im Oktober 1944 in Vršac in der Vojvodina,
wo 1083 Angehörige dieser ethnischen Minderheit getötet wurden. Anschliessend dehnte sich die
Säuberung der Jugoslawiendeutschen auf das ganze Banat und andere benachbarte Gebiete aus, wo die
deutsche Bevölkerung unter dem Regime des Kriegsrechts die Kollektivstrafe erhielt und in Arbeitslager
Jugoslawiens und der UdSSR verschickt wurde. Die geraubten Wertgegenstände der Deutschen wurden
eingezogen und in die Kasse von Titos Zentralkomitee überführt. Von den einst etwa 600´000
jugoslawischen Volksdeutschen blieben gemäss Volkszählung von 1948 nur noch 55´537 deutsche Seelen
übrig.25 Die Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Deutschen Jugoslawiens gehört zu denjenigen
Genoziden, die in Nachkriegseuropa kaum ein öffentlich gepflegtes Thema war, denn es wurde von der
sudetendeutschen ´Konkurrenz´, die in Deutschland über eine starke Lobby verfügte, praktisch verdrängt;
Tito sollte mit solchen lästigen Themen nicht unnötig provoziert werden. Diese unglaublichen Verbrechen
an der Menschheit hinderte Tito nicht davor, schon 1950 die Deutschen zynisch als „talentiert und fleissig“
zu bezeichnen und die Vereinigung Deutschlands zu fordern.26
Zwischenbilanz
Die jugoslawische Bilanz war nach dem Zweiten Weltkrieg also in jeder Beziehungen verheerend:
Die „Faschisten“ konnten nur mit Mühe, unter unermesslichen jugoslawischen Verlusten und nur mit der
Unterstützung durch die Alliierten und der Sowjetarmee aus dem Land vertrieben werden.
Hunderttausende Menschen kamen zu Schaden, wurden verletzt oder getötet 27 Die serbische
Königsdynastie musste abdanken; die kommunistische Tito-Herrschaft drohte vorerst zu scheitern und
konnte nur mit stalinistischen Methoden, der unmittelbaren Einmischung Moskaus in die inneren
Angelegenheiten Jugoslawiens (von der sowjetischen Invasion bis zur Entsendung von sog.
Militärberatern) und innenpolitisch mit der Ausschaltung der ideologischen Gegner und Andersdenkenden
gesichert werden. Dies alles endete in einer neuen Diktatur, die vom Kommunisten Tito selbstherrlich
geführt wurde. 28 Jugoslawien erhielt eine Verfassung nach sowjetischem Vorbild und begann, die
Wirtschaft zu verstaatlichen. Nach der Vorstellung Kardeljs sollte Jugoslawien 16. Sowjetrepublik werden.
Draža Mihailović wurde hingerichtet, Kardinal Stepinac in Kroatien zu einer langjährigen Gefängnishaft
verurteilt, parlamentarische Kritiker wie der Belgrader Jus-Professor und Präsident der Serbischen
Bauernpartei Dragoljub Jovanović29 wurden unter falschen Vorwürfen von den Titoisten mundtot gemacht
(und von Tito persönlich verhöhnt). Diverse Tito-Gegnerschaften und der Kollaboration mit dem Feind
verdächtigte nationale Minderheiten wurden durch Massenmord schwer dezimiert oder in die Arbeitslager
verschleppt.30 Wer sich im „neuen“ Jugoslawien weigerte, die Kommunisten zu unterstützen, dem wurde
25
Die Vernichtung der Jugoslawien-Deutschen, die in der SFRJ als Geschichtstabu behandelt wurde, wurde im Buch
„Völkermord der Tito-Partisanen 1944-1948“, Graz 1993, im Detail dokumentiert.
26 Ein lesenswertes Zusatzkapitel über die Beziehungen zwischen Jugoslawien und Deutschland bietet Simić als Beilage zu
seinem Buch.
27 Zu den Kriegsverlusten und Opferzahlen Jugoslawiens nach ethnischen Minderheiten s. Simić, S. 186-88 und
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Jugoslawiens#Kriegsverluste.
28 Wie Simić auf S. 182 aufzeigt, war bei den ersten Nachkriegswahlen der Widerstand gegen den Kommunismus in der
Bevölkerung weit verbreitet. Allein in Serbien waren 1´852´000 Wähler gegen die kommunistische Liste, und im Norden
Kroatiens nahmen nur 52% der Wahlberechtigten an der Wahl teil, wovon 30% gegen die Kommunisten stimmten. Unstrittig
sei, dass v.a. die Serben Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und Montenegros Tito an die Macht brachten (Simić, S. 190).
29 S. http://sr.wikipedia.org/wiki/Драгољуб_Јовановић_(политичар).
30 Die jugoslawischen Juden wurden von den Nazis vor allem in den KZ von Jasenovac (Kroatien), Sajmište und Banjica, beide
in der Nähe von Belgrad gelegen, ermordet, in Sajmište kamen etwa 8000 vorwiegend durch Vergasung zu Tode. Vor dem
Zweiten Weltkrieg lebten 10´400 Juden in Belgrad und etwa 16´000 in ganz Serbien. Gesamthaft wurden in Jugoslawien je nach
Quelle und Berechnung zwischen 56´000 und 65´000 Juden umgebracht. Die NS-Kollaborationsregime von Pavelić (Kroatien)
und Nedić (Serbien) erliessen Rassengesetze und waren bei der Inhaftierung und Ermordung von Juden verwickelt. Nach dem
Krieg wurde der Besitz der ermordeten Juden in Staatseigentum überführt. Über Jasenovac s. die vorliegende Fachliteratur
(Leseempfehlung im Internet: http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/holocaust/konzentrations-undvernichtungslager/231.html).
8
das Stimmrecht entzogen oder es wurden ihm sonstige Nachteile zuteil. Die Stadt Belgrad wurde durch
Wehrmacht und alliierte Bombenflotten stark zerstört, die Wirtschaft Jugoslawiens lag zerrüttet am Boden,
die Einführung der sozialistischen Wirtschaftsform und der ideologische Dogmatismus verzögerte den
ökonomischen Aufschwung des Landes. Die nationalen Probleme wurden nur oberflächlich gelöst. Die
von Tito, Dimitrov und Stalin angestrebte Balkanföderation mit Jugoslawien, Bulgarien, Albanien und
anderen Ländern kam nicht zustande. Die Aussenbeziehungen Jugoslawiens mit sämtlichen Nachbarn
waren zerstört und steckten in einer Dauerkrise. Den phantastischen Plan, Teile Österreichs zu okkupieren,
um die Industrie dieses Landes zu vereinnahmen, musste Tito unter dem Druck der Westalliierten, die
Jugoslawien mit der Bombardierung seiner Städte drohte, aufgeben. Am schlimmsten aber wog aus
jugoslawischer Sicht trotz einiger Vorteile der Bruch Titos mit Stalin im Jahr 1948, als die KPJ aus dem
Kominform-Büro ausgeschlossen und Tito und sein Jugoslawien von der Sowjetunion zum Hauptfeind
stigmatisiert wurden. Hier muss sich Tito gleichzeitig sowohl als Sieger als auch Verlierer gefühlt haben.
Wie der Bruch Titos mit Stalin zur Heldentat hochstilisiert wurde
Die Genese und die Gründe des Zwists zwischen Stalin und Tito, der zur logischen
Beziehungskrise zwischen Moskau und Belgrad, zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien führte, sind
im Prinzip bekannt und wurden vor allem von jugoslawischer Seite propagandistisch sattsam dargestellt.
Im dritten Teil seines Buches macht Simić auf einige Aspekte der Biographie Titos aufmerksam, die von
der offiziösen jugoslawischen Geschichtsschreibung schlicht übergangen wurden. Zu denken ist dabei vor
allem an das heuchlerische Verhalten Titos gegenüber Stalin, das brutale Vorgehen gegen die Bauern bei
der Zwangskollektivierung und die Einrichtung von Konzentrationslagern zur Internierung und Bestrafung
von Tito-Gegnern (v.a. Kominformisten).
Mit dem Bruch zwischen Stalin und Tito schienen die jugoslawischen Kommunisten nicht
gerechnet zu haben, zumal sie sich dem sowjetischen Führer gegenüber stets grenzenlos loyal erwiesen
hatten. Zum Streit zwischen beiden Parteien kam es vordergründig aus folgenden Vorwänden: die
zahlreichen sowjetischen Militärberater, die Stalin nach Jugoslawien geschickt hatte, waren Tito ein Dorn
im Auge, weil sie sich in jugoslawische Angelegenheiten grob einmischten und die Ressourcen
Jugoslawiens auszubeuten versuchten.31 Andererseits warf Stalin Tito vor, dass er Verhandlungen mit
Albanien eigenmächtig geführt hatte, ohne Moskau zu konsultieren. Ferner wurden zwei sowjetische Ärzte
verdächtigt, dass sie Tito und seinen Kabinettschef vergiften wollten. Obwohl von jugoslawischer Seite
verneint wurde, dass es Missverständnisse zwischen Tito und Stalin gibt, bestand Stalin auf seiner Version,
nach der es sich nicht um gegenseitige Missverständnisse handle, sondern um eine dezidiert
antisowjetische Haltung seitens der Jugoslawen (denselben Vorwurf machte Stalin auch den Bulgaren, als
Dimitrov in Bezug auf das Balkan-Föderationsprojekt begann, eigenmächtig zu handeln). Die Ursache für
den Bruch mit den Jugoslawen dürfte also hauptsächlich in dem chronischen und krankhaften Misstrauen
Stalins und der Russen ausländischen Kommunisten gegenüber zu suchen gewesen sein, die sich von Stalin
und der Sowjetunion emanzipierten und einen ´eigenen Weg zum Sozialismus´ einzuschlagen gedachten,
was Stalin, der im von ihm beeinflussten Ausland reine Macht- und Ausbeutungspolitik betrieb, überhaupt
nicht gefiel. Stalin liess die Jugoslawen, die er als „übertrieben hochnäsig“ bezeichnete, daran erinnern,
dass es nur dank der sowjetischen Militärinvasion von 1944 den jugoslawischen Genossen gelungen war,
die „notwendigen Bedingungen für die Machtübernahme der KPJ“ geschaffen zu haben. Als
Rechtfertigung für die Abrechnung mit anderen diente gewöhnlich der klassische Vorwurf der Sowjets,
die KP eines bestimmten Landes habe „sich in grundlegenden Fragen der Aussen- und Innenpolitik vom
Marxismus-Leninismus entfernt“. Diese Taktik wandte Stalin auch im Falle er KPJ an, um sie unter Druck
setzen zu können.32 Da halfen am Ende auch keine formellen Treueschwüre mehr, die von den Jugoslawen
Ein Liedchen von diesem arroganten Verhalten der Sowjets wusste auch Dedijer in seinem Buch „Stalins verlorene Schlacht“
zu singen.
32 Dedjer beschrieb die Phasen der Druckausübung durch Stalin in seinem Buch „Stalins verlorene Schlacht“ (S. 37f.) wie folgt:
1. Phase: Druckausübung durch Kritik an Vertretern ausländischer KPs anlässlich einer Sitzung mit Stalin persönlich in Moskau;
2. Phase: Versuch, innerhalb einer ausländischen KP einen Konflikt anzuzetteln, um die einen Genossen gegen die anderen
auszuspielen, und Verhängung einer Wirtschaftsblockade gegen das entsprechende Land; 3. Phase: Exkommunikation einer
nicht willfährigen KP aus der von Moskau kontrollierten ´Weltbewegung´, um an ihr im Namen des Sozialismus, der angeblich
von einer Konterrevolution bedroht wird, und mit der Hilfe der gesamten kommunistischen Weltbewegung ein Exempel zu
31
9
an Parteikongressen und in der Presse zelebriert wurden. Trotz der äusserst bitteren Erfahrung der
jugoslawischen Kommmunisten, von Stalin, den Sowjets und der übrigen „sozialistischen Familie“
verstossen zu werden, wurde dieses historische Ereignis von den jugoslawischen Hofhistorikern (v.a. von
Dedijer) später als Emanzipation Jugoslawiens von der Sowjetunion uminterpretiert und zum
jugoslawischen Heldenmythos hochstilisiert. Wie Simić betont, änderte sich Titos ideologische Welt aber
auch nach Stalins Ächtung nicht, und auf die bizarren Lobeshymnen auf Stalin wurde in Jugoslawien erst
nach dem Tod des sowjetischen Führers (1953) verzichtet, während das stalinistische System das Land
und seine Gesellschaft im Grunde bis zum Ende Jugoslawiens voll beherrschte.
Die zweite Zwangsnationalisierung als Treuebekenntnis …
Um den entstandenen Schaden zu begrenzen und um zu beweisen, dass Tito keineswegs von Stalin
und vom Marxismus-Leninismus abgewichen war oder abweichen wollte, mussten konkrete Taten erbracht
werden. Nachdem Tito auch noch nach der Verbannung der KPJ aus dem Kominform-Büro im November
1948 „das System in der Sowjetunion als die beste und gerechteste Gesellschaftsordnung“ in den Himmel
gelobt hatte, wurde der Weg zum „grossen Ausbau des Sozialismus“ und „zum Bau des Kommunismus“
in Jugoslawien frei. Dies bedeutete nichts anderes als die Verwirklichung der zweiten
Zwangsnationalisierung von Produktions- und Dienstleistungsobjekten im Staat. So schaffte Jugoslawien
das Privateigentum praktisch vollständig ab. Anfang 1949 folgte eine neue Welle der Konfiszierung von
Vermögen, der Bestrafung ungehorsamer Bürger und der Säuberung „kapitalistischer Elemente“.
Menschen wurden willkürlich verfolgt, bestraft und ruiniert, weil sie sich dem neuen Kurs widersetzten
oder auch nur dafür verdächtigt wurden, dies zu tun. Es scheint, dass vor allem Kroatien unter dieser
extremen Deprivatisierung stark zu leiden hatte. Aber auch die Bauern wurden skrupellos gepeinigt. Laut
Gesetz mussten sie dem Staat alles überlassen, was sie auf ihrer Liegenschaft produziert hatten. Tausenden
von Bauernhaushalten wurde der Besitztum entzogen. Tito forderte von den Bauern, sich in
Arbeitsgemeinschaften, die sowjetischen Kolchosen glichen, zusammenzuschliessen. Während 1947 in
Jugoslawien nur gerade erst einige Hundert solcher Kolchosen existierten, gab es zwei Jahre später bereits
Tausende davon. Wer ein wenig mehr besass als die Armen, wurde zum Kulaken erklärt und entsprechend
behandelt. Diese flächendeckende Abrechnung erfasste immer mehr Bevölkerungsschichten, vor allem in
Serbien hatten die einfachen Staatsbürger unter dieser Gesetzeslosigkeit und Freiheitsberaubung besonders
stark zu leiden. Wer etwas versteckte, hatte mit harten Strafen und Zwangsarbeit zu rechnen. 1951 dürften
in Serbien mindestens 100´000 Bauern bestraft worden sein, allein in der Umgebung von Belgrad gingen
bis Mitte dieses Jahres 86´000 Bauern durch ein Gefängnis. Auch im kulturellen Bereich wurde die
Sowjetisierung streng vorangetrieben. Erst 1957 gab die jugoslawische Führung zu, dass die
Zwangskollektivierung ein Fehler gewesen war. Die jugoslawische Staatsführung unternahm damals also
alles, um Stalins Vertrauen zurück zu gewinnen. Aber der rachsüchtige Kreml-Herrscher belohnte die
schmeichelhaften Anstrengungen der Genossen in Belgrad, die er zu Abtrünnigen erklärt hatte, nicht mehr.
Vom irrationalen Verhalten des unberechenbaren Sowjetzaren beeindruckt, soll Tito noch vor seinem Tod
zugegeben haben, dass er sich mit Stalin niemals wirklich verstanden hatte.
statuieren; 4. Phase: Öffentliche Verdammung (durch das Kominform-Büro); 5. Phase: Verschärfung der Wirtschaftsblockade
und andere Massnahmen zur Unterstützung der Ziele Stalins; 6. Phase: Nachdem dies alles nichts genützt hat Verhängung einer
totalen Wirtschaftsblockade und weitere Aggressionen und Strafmassnahmen (wie die Durchführung von inszenierten
Schauprozessen, Provozierung von Grenzkonflikten u.ä.), um die KPs der anderen Länder endgültig unter sowjetische Kontrolle
zu zwingen. Als den Sowjets alle Argumente ausgegangen waren beschuldigten sie Jugoslawien, ein „aggressiver faschistischer“
Staat zu sein. Als Fortsetzung dieses ´Spiels´ bzw. als nächste Phase konnte man sich einen örtlich begrenzten Krieg oder eine
weltweite Auseinandersetzung vorstellen. Eine ähnliche von Moskau partiell angewendete Taktik ist heutzutage übrigens auch
im Fall der Ukraine, die man als eigene Einflusszone betrachtet, zu beobachten. Insofern hat sich im latent aggressiven
Verhalten Russlands anderen gegenüber nicht viel verändert.
10
… und die Verfolgung der Kominformisten und Dissidenten
Als die Titoisten aber begriffen hatten, dass sie „auch alleine regieren können“, liessen sie
sämtliche jugoslawischen Genossen verfolgen, die politisch und ideologisch zwischen Tito und Stalin
schwankten und als Befürworter des Kominform-Büros galten. So wurden in der ersten Hälfte der 50er
Jahre auf Titos Geheiss etwa 273´000 Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen, 123´000 Genossen
erhielten eine Parteistrafe. Für die Kominformisten liess das Regime eigens eine Reihe von
Konzentrationslagern, etwa 20 an der Zahl, errichten, von denen die Inselfestung von Goli otok in der
nördlichen Adria die berühmteste und berüchtigtste war. In der Anlage herrschten unerträgliche
Lebensbedingungen, Folter und Hunger waren nicht unüblich, und die Behandlung der Häftlinge, die dort
nur eine Nummer trugen, sei in diesen Lagern, als „Zentren für gesellschaftsdienliche Arbeit“ getarnt,
teilweise schlimmer als im sowjetischen Gulag gewesen, wie Zeugen berichteten. Auf Goli otok wurden
nicht nur Kominformisten und Titos Vorkriegsgegner isoliert, sondern es befanden sich dort auch
zahlreiche ´verdiente´ jugoslawische Kommunisten, Mitglieder des ZK und politische Führer der Serben
und Kroaten. Tausende Sträflinge kehrten aus dem jugoslawischen Gulag gar nie mehr zurück, weil sie
dort elend zu Grunde gingen. In den 70er Jahren wurde Goli otok beim Internationalen Gerichtshof für
Kriegsverbrechen endlich zum Thema gemacht, aber eine Verurteilung Titos konnte erfolgreich vereitelt
werden.
Diese Probleme blieben in Titos Jugoslawien ein Tabu. Selbst westliche Sozialisten wie Jean-Paul
Sartre liessen sich von der YU-Propaganda blenden und verschlossen ihre Augen vor den eklatanten
Menschenrechtsverletzungen in einem Land, das wegen seines angeblich besseren Sozialismus
international masslos gerühmt wurde, nur weil es ein wenig freiheitlicher organisiert war als der übrige
Ostblock.
Während in Jugoslawien Tausende von angeblichen Oppositionellen in Lagern und Gefängnissen
verschwanden, nahm Tito umfangreiche Wirtschafts- und Militärhilfe der USA in Anspruch – die
entsprechenden Zahlen wurden erst nach dem Ende Jugoslawiens veröffentlicht – , pflegte mit Churchill
freundschaftlichen Umgang und schien auch eine hoffnungsvolle innenpolitische Demokratisierung
einzuleiten. Dieses Tauwetter fand aber ein rasches Ende, als Tito merkte, dass einige Genossen begannen,
gewisse Missstände in der Partei offen anzusprechen. Milovan Đilas, der wohl berühmteste jugoslawische
Dissident, wurde dafür von Tito rücksichtslos verdrängt, als dieser die demokratische Atmosphäre nutzte
und die „Karrieristen und Arschkriecher“ in der Partei angriff. Tito, der Đilas für schizophren hielt,
interpretierte dessen Kritik dahingehend wohl selbst nicht ohne Anflug von Paranoia, dass Đilas den Bund
der Kommunisten habe „liquidieren“ und die „Parteidisziplin zerschlagen“ wollen. Für diese angebliche
Missetat wurde sein engster ehemaliger Parteifreund, dem er viel zu verdanken hatte, unter anderem die
´geniale´ Idee der Arbeiterselbstverwaltung, die die Wirtschaft Jugoslawiens verbesserte und den
Wohlstand der Jugoslawen anfänglich rasch anhob, mit neun Jahren Freiheitsentzug bestraft, um nie wieder
in die Politik zurückkehren zu können. Auch dieser Konflikt zeigt, dass Tito sich selbst, dem „kleinen
Stalin“, wie er genannt wurde, treu blieb: er vermochte keinem zu verzeihen, von dem er annahm, dass er
ihn hintergangen und seine Partei verraten hatte. Die Demokratie als politisches System für Jugoslawien,
das den Sozialismus gewählt hatte, schien Tito von vornherein auszuschliessen, weil dieses System
mehrere Parteien zugelassen hätte, die verschiedene politische Programme verfolgen. Dies kam für Tito
nicht in Frage, denn dies wäre nach seinem politischen Verständnis für das sozialistische System, das nur
ein einziges Programm kennt, ein Widerspruch in sich gewesen. Und Demokratie für Gegner des
Sozialismus konnte es in Titos Logik sowieso nicht geben. Die Gerichte und Staatsanwälte wurden von
Tito dazu aufgefordert, „sich nicht an die Gesetze zu klammern“.
Es gibt noch andere Beispiele von mehr oder weniger prominenten Genossen, die Tito im
Zusammenhang mit dem Bruch mit Stalin und bei anderen Gelegenheiten gnadenlos abstrafen liess. So
verschwand im Juni 1948 plötzlich Andrija Hebrang, ein führender Funktionär der KP Kroatiens und
jüdischer Herkunft. Bei diesem ehemaligen Minister in der Regierung Titos, der durch eine pro-kroatische
Haltung auffiel, waren nicht nur Zweifel an seiner Loyalität gegenüber der jugoslawischen Volksbefreiungsbewegung aufgekommen, sondern es waren auch Vermutungen angestellt worden, dass er mit
den Nazis kollaborierte und für den NKVD spionierte.33 Zu einem anderen Opfer von Titos krankhaftem
33
Hebrang und seine Familie erwischte die Rache Titos in besonders grausamem Mass, s.
http://de.wikipedia.org/wiki/Andrija_Hebrang_(1899%E2%80%931949).
11
Misstrauen wurde 1952 auch Dr. Blagoje Nešković, 34 der Titos Militärbündnis mit den Amerikanern
ablehnte und eine Resolution des Kominform-Büros unterstützte. Unter dem Druck Titos musste 1970
auch Svetozar Vukmanović („Tempo“) aus der Politik ausscheiden, nachdem er die Möglichkeit von
Arbeiterstreiks erwähnt hatte.35
Selbst von seinen Ehefrauen, die er quasi als minderwertige Dienerinnen der Partei angesehen
haben soll, die man dem Staat wieder ´zurückgeben´ konnte, pflegte Tito sich jeweils auf äusserst unfeine
Art zu trennen, wenn er ihrer überdrüssig wurde. Wohl nicht ohne Einmischung Stalins in private
Angelegenheiten, eine Spezialität des sowjetischen Tyrannen, rechnete Tito mit Lucija Valter ab, die als
„deutsche Spionin“ erschossen wurde. Pelagija Belousova (1904-60) verbrachte ein Jahrzehnt ihres Lebens
in stalinistischen Gefängnissen.36 Keine Ausnahme bildete Jovanka Budisavljević,37 mit der er immerhin
23 Jahre verheiratet war (1952-75), die im Ausland als First Lady Jugoslawiens bewundert wurde und als
Chruschtschows Schwarm galt. Für die Beziehungskrise soll nicht nur Jovankas Unzufriedenheit mit ihrem
alternden Mann eine Rolle gespielt haben; Titos Frau schien auch ein Opfer von Intrigen geworden sein,
bei denen sich Kardelj und General Ljubičić persönlich beteiligt haben sollen. Titos wohl einzige grosse
Liebe, Davorjanka Zdenka Paunović,38 starb 1946 bereits 25-jährig an Tuberkulose.
Kriminalität, Korruption, Armut, Geldverschwendung und Titokult ohne Ende
Obwohl man glaubte, dass der Wirtschaftssozialismus in Jugoslawien Fortschritte macht, stieg die
Kriminalität, wie Simić berichtet, vor allem im Süden Serbiens zwischen 1956 und 1962 drastisch an. Von
insgesamt 470´000 Einwohnern landeten dort 258´000 Personen vor Gericht, sei es als Kläger, als
Angeklagter oder als Sachverständiger. Dieses Problem schien mit der zunehmenden Korruption, der
Selbstherrlichkeit der Direktoren und vor allem mit der Armut zusammenzuhängen, in dieser Zeit betrug
ein durchschnittliches Monatsgehalt in einem führenden jugoslawischen Wirtschaftsunternehmen
umgerechnet nur etwa 35 Dollar. Mit den Massen unzufriedener Arbeitskräfte, die aus Armut ins Ausland
zu fliehen beabsichtigten, war ein neuer Konflikt vorprogrammiert, der sich darin manifestierte, dass
Zehntausende von Jugoslawen, die keine Bewilligung für das Verlassen des Landes als Arbeitsmigranten
hatten und illegal ausreisen wollten, an den Staatsgrenzen abgefangen und ins Gefängnis verbracht wurden.
Während die Arbeiter und das Volk von Jugoslawien zunehmend verarmten und die Währung durch eine
galoppierende Inflation ständig an Wert verlor, verschlangen die Lebens- und Repräsentationskosten des
Protz-Marschalls, der diesbezüglich irgendwie an bizarre Uniformträger wie Hermann Göring oder
Kliment Vorošilov erinnerte, und die zahlreichen Auslandsreisen des Staatschefs vor allem nach Asien und
Afrika Millionen von Dollar. Die legendären Weltreisen auf Titos Luxusyacht Galeb, auf der er 500 Tage
und Nächste verbracht hatte, und die unbescheidenen Ausgaben für Staatsempfänge und Staatsgeschenke
sowie der Erwerb wertvoller Tiere belasteten die Staatskasse zusätzlich unverhältnismässig schwer. Zum
wachsenden Staatsdefizit trugen nicht zuletzt auch die Schmiergelder und Provisionen in Millionenhöhe
bei, die von jugoslawischen Unternehmern an allerlei Staats- und Militärführer der blockfreien Staaten
gezahlt wurden, um sich lukrative Aufträge zu sichern. Einer öffentlichen Kontrolle oder gar Kritik
unterzogen werden durfte diese grenzenlose Verschwendungsmentalität im Staatshaushalt natürlich nicht,
denn Tito war ein unfehlbarer Parteipapst geworden, dem diese ganzen Machenschaften rechtens schienen.
Allein im Jahr 1977 wurden in Serbien und Kroatien für Repräsentation 974 Millionen neuer Dinar
verbraucht. Von diesem Geld hätte man zweitausend Wohnungen bauen können, hielt am 2. Oktober 1978
eine Tanjug-Depesche fest, über die auch Tito zugestellt wurde. Bereits 1955 zahlte Jugoslawien für die
Yachtausrüstung für den äthiopischen Kaiser 520´869 DMark. Ob die Jugoslawen an die italienischen
Kommunisten zur Deckung der Verluste tatsächlich den Betrag von 200´000 Dollar überwiesen, geht aus
den Akten nicht hervor.
S. http://sr.wikipedia.org/wiki/Благоје_Нешковић.
Svetozar Vukmanović („Tempo“), der in Simićs Buch offenbar nicht als separater Fall abgehandelt wird, hatte Tito erzürnt,
als er in einem Radiointerview sagte, die Arbeitern sollten streiken, wenn sie sich schlecht fühlten. Tito verzieh ihm diese
Aussage nie. 1970 zog Vukmanović sich aus der Politik zurück. (gemäss http://sr.wikipedia.org/wiki/ Светозар_Вукмановић).
In seinem lesenswerten Buch „Mein Weg mit Tito“, München/Zürich 1972, erinnerte sich der Revolutionär selbst aus eigener
Sicht.
36 S. http://www.novosti.rs/dodatni_sadrzaj/clanci.119.html:279675-Razvod-zbog-partije.
37 S. http://de.wikipedia.org/wiki/Jovanka_Broz.
38 S. http://sr.wikipedia.org/wiki/Даворјанка_Пауновић_Зденка.
34
35
12
Weitere Verfolgungen und Unterdrückung als Staatsräson
Als die jugoslawische Wirtschaft Anfang der 60er Jahre in eine tiefe Krise hineinrutschte – Simić
erklärt die Ursachen und Wirkungen mit klaren Worten – fürchtete Tito um seinen Machterhalt. In der
jugoslawischen Presse wurde offen über eine mögliche Desintegration Jugoslawiens diskutiert, sodass sich
Tito selbst sorgenvolle Gedanken über die Zukunft seines Staates machte. Die Frage, was zu tun sei,
beantwortete er auf altbewährte stalinistische Manier. Er zog die Zügel an und erklärte das Monopol der
Partei für verbindlich. Die Kommunisten sollten für alles und jedes die Verantwortung übernehmen, und
die „Diktatur des Proletariats“ sollte nicht abgeschafft werden. Unverblümt behauptete er, dass die
Mehrheit der Bevölkerung in Jugoslawien so denke wie er selbst. So wurde auf den weiteren Ausbau der
marktwirtschaftlichen Reform verzichtet, obwohl die jugoslawische Wirtschaft international nicht
konkurrenzfähig war. Von der Dezentralisation wandte man sich offiziell ab, schob aber die Lösung aller
Probleme den Republiken zu. Tito aber schien die Kontrolle über das Staatswesen immer mehr zu
entgleiten. Um mit ihnen abzurechnen, wurden Intellektuelle (wie Crnjanski), die die bolschewistische
Macht nicht anerkennen wollten, weiterhin verunglimpft, Parteigenossen (wie Ranković), die in Ungnade
fielen, wurden verjagt, die Geschichtsschreibung wurde gefälscht, der Personenkult um Tito verstärkt. Ein
gewisser Mihajlo Mihajlov, seines Zeichens Assistent an der Philosophischen Fakultät in Zadar, wurde
neun Monate inhaftiert, weil er einen Bericht mit negativen Eindrücken von einer Reise durch die
Sowjetunion veröffentlicht hatte. Als 1968 auch noch die Studenten in Belgrad gegen die Missstände
protestierten und sogar den Rücktritt Titos verlangten, reagierte der Staatschef zuerst mit der starken Hand,
nahm aber dann doch Vernunft an, um die Studenten zu besänftigen und diese Krise zu überstehen. Auch
mit den Albanern in Kosovo und Metohija, vertreten durch den Langzeitanführer Fadil Hoxha,39 die in der
ärmsten und rückständigsten Provinz Jugoslawiens lebten, musste Tito freundliche Gespräche führen, um
sie nicht gegen ihn und das System aufzubringen und um den Anschein zu erwecken, dass alles in bester
Ordnung sei. Verhandlungen wurden geheim geführt, denn die Bevölkerung sollte nichts über den
aktuellen Stand der Dinge erfahren. Der Titoismus, von der Pressezensur geschützt, schien sich in einer
gefährlichen Legitimationskrise zu befinden, zumal sich im Land Zynismus, ideologische Gleichgültigkeit,
Verantwortungslosigkeit, Anarchie und Missbrauch der Macht ausbreiteten. Dennoch duldete Tito höchst
fragwürdige Praktiken wie den Bau von Luxusvillen für zahlreiche Parteifunktionäre, die von Häftlingen
in Fronarbeit errichtet wurden. Hinter den Kulissen wurden in den Parteigremien lebhafte Diskussion
geführt. So brach an der jugoslawischen Militär- und Staatsspitze eine Affäre wegen einer falschen
Strategie von Titos Generälen aus, denen vorgeworfen wurde, dass sie das System der Staatsverteidigung
auf falschen Prämissen aufgebaut hätten; ferner wurde behauptet, dass dem Staat allein aus dem Westen
Gefahr drohe, nicht aber aus dem Osten. Usw. So fiel man konstant in altes Denken zurück, um
Jugoslawien vor dem Zerfall zu bewahren. Obwohl Tito beabsichtigte, nur ein Jahr lang Präsident
Jugoslawiens zu sein, blieb er es bis zu seinem Lebensende, ebenfalls Staatsratsvorsitzender der SFRJ.
Verblüfft stellte Tito nach Konsultationen mit allen Republiken zu Beginn der 70er Jahre fest, dass
niemand Bundespräsident werden möchte. Vielleicht bildete er sich dies einfach nur ein, denn Tito
betrachtete Jugoslawien quasi als sein Eigentum, und andere Politiker behandelte er wie kleine Kinder, die
ihm zu huldigen und ihn als Halbgott zu verehren hatten, ähnlich wie bei ´Gottvater´ Stalin. Westliche
Beobachter bezeichneten die jugoslawischen Staatsgremien hingegen verächtlich als „Debattierklubs“. In
der Tat wurden im jugoslawischen Staat auf allen Ebenen und in allen Instanzen endlose heftige Diskussion
geführt, die im Endeffekt allesamt ins Leere zielten. Denn niemand in diesem Staat fühlte sich für
irgendetwas zuständig oder verantwortlich.
Niederschlagung des „Kroatischen Frühlings“ …
Während die graue Eminenz Kardelj, der in einem eigenen Buch die „nationale Frage der
Slowenen“ erörterte, 40 die bundesstaatliche Führungsstruktur Jugoslawiens neu gestalten wollte,
gebärdeten sich die Parteikader Kroatiens mit der Forderung nach einer Reduktion des bundesstaatlichen
39
40
S. http://en.wikipedia.org/wiki/Fadil_Hoxha.
Zu diesem Thema erschien bereits 1939 ein Buch von ihm.
13
Einflusses und dass Kroatien seine Geschicke selbst leiten sollte. Diese Politik erhielt breite Unterstützung
von der kroatischen Bevölkerung und der national orientierten Elite Kroatiens. Man sprach vom
„Kroatischen Frühling“, der zwei-drei Jahre nach dem „Prager Frühling“ ausbrach, den auch Tito
unterstützt hatte. Obwohl Tito 1970 den kroatischen Nationalismus noch zu befürworten schien, drehte er
den Spiess um, als die Kroaten 1971 die Aufnahme Kroatiens in die UNO verlangten. Nun schlug Tito mit
alten kommunistischen Methoden zurück, verfuhr mit den kroatischen Parteiführern wie seinerzeit mit
Đilas und Ranković und liess 350 kroatische Funktionäre austauschen, während etwa 3000 Personen aus
dem BdKJ ausgeschlossen oder anderweitig bestraft wurden. 41 Neuer starker Mann Kroatiens wurde
Vladimir Bakarić (gest. 1982), einer der engsten und loyalsten Mitarbeiter Titos. Obwohl überzeugter
Jugo-Föderalist mit viel Verständnis für die Anliegen Kroatiens, aber beileibe kein Demokrat, schien auch
Bakarić nicht viel von ´überflüssigen´ Diskussionen zu halten, vor allem wenn sie von (jungen) Leuten
ausgingen, die nicht mit Maschinengewehren für die ´Freiheit´ gekämpft hatten, wie sich Bakarić abfällig
auszudrücken pflegte.
Weniger bekannt ist die folgende Episode, auf die Simić im Zusammenhang mit der
Niederschlagung des „Kroatischen Frühlings“ (er selbst verwendet diesen Begriff nicht) hinweist. Ein
halbes Jahr nach dem Wechsel in der kroatischen Parteiführung erschienen in Westbosnien neunzehn
bewaffnete kroatische Emigranten, die Titos Verteidigungssystem testen wollten. Ein grosses Aufgebot
von jugoslawischer Militärpolizei versuchte zunächst vergeblich, diese illegalen Aufständischen zu töten.
Etwa drei oder fünfzehn Angehörige der Sicherheitskräfte kamen bei dieser Operation ums Leben.
Offenbar konnten die aufständischen „Terroristen“ dann doch noch festgenommen werden. Vier von ihnen
wurden zum Tode verurteilt. Erst im April 1973 wurde die jugoslawische Öffentlichkeit über diesen
Vorfall aufgeklärt. An drei „Diversanten“ wurde die Todesstrafe vollzogen, während der vierte mit 20
Jahren Haft davonkam.
Zu behandeln wären noch die unaufgeklärten Morde an Exil-Kroaten in Deutschland in den 80er
Jahren, die offenbar von der UDBA ausgingen.42
… und Verdrängung der serbischen Liberalen
Im gleichen Jahr der kroatischen Emanzipationsbewegung beklagte sich Tito, dass in Belgrad eine
Kampagne gegen ihn geführt werde. Marko Nikezić, damals Parteichef in Serbien, verlangte eine
Unterredung mit Tito, an der achtzehn führende politische Persönlichkeiten Serbiens zugegen waren. Bei
diesem Gespräch, das Simić als „das schwerste Gespräch in Titos Karriere“ bezeichnet, beschwerten sich
die serbischen Vertreter über die ständigen Attacken Titos gegen sie. Zwar fühlte sich Tito bei dieser
Unterhaltung in die Enge getrieben und schlug den Genossen vor, „das alles ad acta zu legen“. Natürlich
dachte Tito, misstrauisch und rachsüchtig wie er war, nicht daran, die Sache dabei bewenden zu lassen.
Fünfzehn Monate nach dieser legendären Sitzung beschloss er, mit den „Liberalen“ Serbiens abzurechnen
und die serbische Führung auszutauschen. Nikezić,43 aber auch Ilija Rajačić und Latinka Perović verloren
ihre Ämter. Bei der darauffolgenden Parteisäuberung, die sich gegen die Liberalisierung und
Modernisierung Serbiens richtete, wurden um die 6000 Personen aus den politischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Institutionen Serbiens entfernt. In der Vojvodina wurden zahlreiche wichtige Funktionäre
ausgewechselt, 700 Mtglieder wurden aus der Partei ausgeschlossen oder mit Parteistrafen belegt. Wie
Simić weiter schreibt, verspottete die neue serbische Führung die Ideen der Einführung moderner
Technologien, während sie das moderne Management als „Technokratismus“ und „Technomanagertum“
(dis)qualifizierten und seine Anfänge im Keim erstickten. In der Folge wurde des Schwören auf Tito und
seine Politik als das Mass für die Reife und den Erfolg aller damaligen serbischen Politiker angesehen, die
willfährig gemacht und gleichgeschaltet wurden. Diese Politiker seien nur noch zu Tito gekommen, um
seine Meinung, die die Meinung aller wurde, anzuhören und abzunicken und sonst zu schweigen. Auch
Kardelj und Ljubičić hätten sich wie „Speichellecker“ verhalten, wenn sie zu Tito vorgelassen wurden.
Von diesen Vorgängen erfuhren die Jugoslawen erst vierzig Jahre später, als damit begonnen wurde, die
Geschichte Jugoslawiens aufzuarbeiten.
41
S. http://de.wikipedia.org/wiki/Kroatischer_Frühling.
Mehr dazu s. http://derstandard.at/1389858144435/Interview-mit-dem-deutschen-Historiker-und-Udba-Morde-ExpertenBernd-Robionek und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14018060.html.
43 http://de.wikipedia.org/wiki/Marko_Nikezić.
42
14
Am 8. Oktober 1972 folgte im Zagreber Vjesnik eine ausführliche Rechtfertigung durch Tito, der
sich mit dem Problem des „Klassenfeinds“ beschäftigte.
Mit der Niederschlagung des „Kroatischen Frühlings“ und der Verdrängung der serbischen
„Liberalen“ in den Jahren 1971/72 fanden die Repressionen im Tito-Staat aber noch kein Ende. So erhob
etwa das Kreisgericht in Belgrad auf Titos Beharren hin Anklage gegen einen Professor der Juristischen
Fakultät. Mihajlo Đurić, wie das Opfer hiess, wurde vorgeworfen, mit einer gewagten Stellungnahme an
einer öffentlichen Diskussion über die Föderalisierung Jugoslawiens teilgenommen zu haben. Der
Professor verlor seine Stelle und bekam zwei Jahre Gefängnis. Ausserdem wurden mehrere westliche
Zeitungen wie die Financial Times, der Daily Telegraph, die Kleine Zeitung, Die Weltwoche und der
Corriere della Sera in Jugoslawien verboten. 1971 wurden 648 Personen wegen verbaler Delikte „gegen
Volk und Staat“ angeklagt. Ein Jahr später waren es 1881 Personen. Im Mai 1974 erklärte Tito, der zum
Präsident auf Lebenszeiten ernannt wurde, triumphierend, dass „alle Gegner besiegt“ worden seien.
Verlorener Realitätssinn
Aber Tito erlitt auch herbe Niederlagen. Eine komplette Schlappe musste er hinnehmen, als der
Vorschlag, ihn für den Friedensnobelpreis zu nominieren, in Leere lief. Weder Willy Brandt, Indira
Gandhi, Haile Selassie, U Thant, Urho Kekkonen, Habib Bourguiba und Naum Goldmann, der Präsident
des Jüdischen Weltkongresses, noch die orthodoxe und die römische-katholische Kirche in Jugoslawien
unterstützten den Vorschlag. In der Tat fehlte eine einzige Stimme, aber diese genügte, um den Preis nicht
zugesprochen zu bekommen. Statt den begehrten Friedensnobelpreis zu erhalten, wurde Tito dann auf
einen Vorschlag Nehrus hin mit einem anderen Preis geehrt. Nun, Tito war dreifacher Nationalheld
Jugoslawiens, Träger von Tausenden von Abzeichen, die ihm von 59 Staaten verliehen wurden, und
Ehrendoktor der Universitäten von Rangun, Bandung, Santiago, Algier, Halifax, Warschau, Addis Abeba
und Ulan Bator.
Wie weit sich Tito vom Realitätssinn entfernt hatte, zeigte auch sein begeisterter Kommentar, als
er von einer Reise nach Nordkorea zurückkam. Die eiserne Disziplin in Kim Il Sungs Horrorreich
bezeichnete er nicht etwa als Diktatur, sondern fasste die pauschale Verehrung dieses schrecklichen
Diktators als eine Frage der spezifischen Mentalität des koreanischen Volkes auf. Auffallend oft besuchte
Tito auch Rumänien, obwohl er dessen grotesken kommunistischen Diktator Ceaușescu einmal einen
Speichellecker nannte. Auch sonst kannte Tito im Umgang mit Potentaten aller Art keine
Berührungsängste. Und Kurt Waldheim, der später der Mitverantwortung an Kriegsverbrechen auf dem
Balkan bezichtigt wurde, wurde mit einer hohen jugoslawischen Auszeichnung bedacht; allerdings fiel
Tito auf den scheinheiligen Österreicher herein, da er seine Rolle im Zweiten Weltkrieg in Jugoslawien,
wo er als Angehöriger einer deutschen Einheit gegen die Tito-Partisanen gekämpft hatte, offenbar nicht
kannte, weil Waldheim sie in seinem Lebenslauf freilich verschwiegen hatte.44
Im Zweifelsfall für den Sozialismus und gegen den Westen, trotz Wirtschaftsmisere
In den letzten Jahren seines Lebens machte sich Tito zunehmend Sorgen um die Zukunft
Jugoslawiens. Um seinen Fortbestand zu sichern, erwiesen sich die Existenz des BdKJ und einer starken
Armee von Bedeutung. Wenn es zu einem Konflikt zwischen Ost und West kommen sollte, wusste sich
Tito auf der Seite des Sozialismus. Um sich von seinen Zukunftsängsten abzulenken, bildete Tito sich ein,
dass Jugoslawien der stabilste und gefestigtste Staat Europas sei. Dies hätten ihm die Chinesen gesagt.
„Unser Staat geht in die Richtung einer grossen Zukunft“, sagte er im Mai 1978 auf Brioni. Dass es allen
Grund zum Optimismus gab, bestätigte er auf dem Elften Kongress des BdKJ. Die nationale Frage sei in
Jugoslawien gelöst; „diese nationalistischen Ausfälle“, die es in Jugoslawien gäbe, wie er meinte, seien
„Kleinigkeiten“. Tito hielt sein Werk für einen einmaligen, von der ganzen Welt bestaunten Modellfall.
Überall in Jugoslawien, wo Tito auftauchte, wurde er grossartig empfangen und gefeiert. Dies verschaffte
ihm die Illusion, dass das Volk Jugoslawiens mit seiner Führung zufrieden sei. Aber das wirtschaftliche
44
Die jugoslawisch-österreichischen Beziehungen behandelt Simić als separates Kapitel in der Beilage zu seinem Buch.
15
Bild Jugoslawiens war um 1977 weit entfernt davon, stabil, gefestigt und zufriedenstellend zu sein. Die
Wirtschaftskrise verschärfte sich von Jahr zu Jahr: In den 70ern wurden vom Sozialprodukt jährlich 8
Prozent mehr verbraucht als geschaffen wurde. Die durchschnittliche Inflationsrate betrug 17,7% und war
damals die höchste in Europa. Die Verschuldung wuchs stufenweise um 25% und die Produktivität sank
um 2% jährlich. Der jugoslawische Export deckte nicht einmal die Hälfte des Imports ab. Die
Produktionsweise zeichnete sich in Jugoslawien im Vergleich mit dem effizienteren westlichen Ausland
durch immer irrationalere Dimensionen aus. Die Auslandsschulden und die Wirtschaftskriminalität
nahmen bedrohliche Ausmasse an, allein für Zinsen mussten 10 Milliarden aufgewendet werden. 1979 war
die Zahl der Arbeitslosen in Jugoslawien auf 800´000 angestiegen. Genau soviele Arbeitskräfte waren im
Ausland tätig, und etwa 1,8 Millionen Leute waren in Jugoslawien nur zum Schein tätig (Zahlen gemäss
Simić). Der Lebensstandard der Jugoslawen fiel um mehr als ein Drittel. Die Fünfjahrespläne wurden kaum
noch umgesetzt. In wirtschaftlicher Hinsicht blieb Jugoslawien sogar hinter den Ostblockstaaten zurück,
und die Wettbewerbsfähigkeit Jugoslawiens sank auf den Tiefstpunkt. Ungeachtet aller negativer
Indikatoren glaubte Tito fest daran, auf „dem richtigen Weg“ zu sein. Das Niveau der jugoslawischen
Wirtschaft sackte auf dasjenige Niveau ab, das es vor dem Streit Titos mit Stalin verzeichnet hatte.
Dennoch behauptete die einheimische Propaganda, dass man in Jugoslawien besser lebe als in Amerika.
In seiner letzten öffentlichen Rede sah Tito die Ursachen „all dieser ernsten Probleme“ nicht im System
selbst, sondern in seiner unzureichenden Nutzung.
Nach Titos Tod, der am 4. Mai 1980 nach schwerer Krankheit eintrat, lebte Tito imaginär weiter.
Unter der Parole „Auch nach Tito – Tito!“ wurde sein Name, Mass aller Dinge, gerichtlich geschützt. Für
den kleinsten Versuch des Revisionismus wurden drakonische Strafen verhängt. So wurde ein Bürger
wegen dessen Aussage, dass auch ein Tito nicht unfehlbar gewesen sei, in eine Psychiatrie eingewiesen
und dort acht Jahre festgehalten. Ein serbischer Oberst wurde in einem ähnlichen Fall zu 15 Jahren
Gefängnis verurteilt.
1991 hörte das wirtschaftlich schwer geschwächte titoistische Jugoslawien auf zu existieren und
versank in den blutigen Bürgerkriegen der 90er Jahre, aus denen die ehemaligen jugoslawischen
Republiken als selbständige Staaten hervorgehen sollten. Selbst Kosovo und Montenegro verweigerten
sich dieser Entwicklung nicht mehr und verliessen den Bund mit Serbien nach schweren kriegerischen
Auseinandersetzungen, bei denen eine unbekannte Zahl von Zivilisten und Soldaten ihr Leben verlor oder
verletzt wurde.
Ambivalente Bilanz
Die Bilanz Simićs von Tito ist erwartungsgemäss ambivalent, weil sie nur ambivalent sein kann.
Zwar hatte Tito alles verwirklicht, was er gewollt hatte, und er hatte persönlich alles bekommen, was
möglich war, schreibt der Autor in seiner Schlussbetrachtung. Aber seinem Volk konnte er weder Freiheit
noch Demokratie noch Wohlstand bringen. Dennoch wurde er von den Völkern Jugoslawiens geliebt und
vergöttert. Das Geheimnis dieser Zauberei sieht Simić weniger im eigentlichen Regierungsgeschick Titos,
als eher in der lenkbaren Mentalität der Balkanbevölkerung und darin, dass die Völker Jugoslawiens nach
dem Zweiten Weltkrieg ihrer schlimmen Vergangenheit unter allen Umständen entkommen wollten. Tito,
dem es gelang, rechtzeitig alle seine Gegner zu verdrängen, habe sich mehr um die Ideologie als um die
Ökonomie, mehr um seine persönliche Unantastbarkeit als um die nachhaltige Entwicklung Jugoslawiens
gekümmert. Die Reformen, die Tito durchführte, seien im Ansatz steckengeblieben und hätten mehr einer
Simulation von Reformen geglichen; die Selbstverwaltung, der Föderalismus und die Blockneutralität
hätten bei Millionen Menschen die Illusion bewirkt, dass sie über ihr eigenes Schicksal selbst entscheiden
könnten. Jugoslawien sei so zu einem Übungsgelände für unaufhörliche Experimente geworden.
Jugoslawien sei aber kein Alternativprojekt zwischen Sozialismus und Kapitalismus gewesen, sondern
habe lediglich einer Person, Tito, zur persönlichen Machterhaltung gedient. Tito, der wie ein klassischer
Diktator geherrscht habe, habe über kein sinnvolles Staatsprojekt verfügt, denn wenn es ein solches Projekt
gegeben hätte, hätte Tito Menschen um sich geschart, die ihn mit ihren Fähigkeiten bei der Verwirklichung
dieses Projekts unterstützt hätten und nicht Leute, die nur zu gehorchen, heucheln und schmeicheln
verstanden. Jugoslawien sei eben mehr ein geographischer Begriff als eine Staatsidee gewesen. Auch habe
Tito in seiner 35 Jahre dauernden Herrschaft kaum etwas Wirksames zur Überwindung des historischen
Gegensatzes zwischen Serben und Kroaten beigetragen, sondern habe im Gegenteil sogar ihre
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Unstimmigkeiten belebt, nur um dem einen oder anderen zu zeigen, wer der Herr im Hause ist und dass
sie ohne ihn nicht existieren können. So habe Tito selbst am Zerfall seines Staates, der für ihn als
ideologischer Raum diente, mitgewirkt. Bis zu seinem Tod sei es Tito gelungen, alles, vor allem seine
Verbrechen an Parteigenossen, aber auch an Serben, Kroaten, Slowenen, Deutschen, Jugoslawen,
Andersdenkenden und politischen Gegnern vor den Augen der heimischen und internationalen
Öffentlichkeit zu verbergen; was nicht zum Mythos passte, den er um sich herum geschaffen hatte, wurde
radikal ausgeblendet, verdrängt und unterdrückt. Das viele Geld, das Tito von den Amerikanern und ihren
Verbündeten erhielt, sei der Wirtschaft Jugoslawiens nicht zugute gekommen, weil Tito nicht nur ein
Grössenwahnsinniger, sondern einer der ökonomisch am wenigstens begabten und erfolgreichen
Staatsmänner des 20. Jahrhunderts gewesen war. Stalin habe ihn an die Macht gehievt, und nach Stalins
Tod isei er und sein Land von den westlichen Alliierten, von den Deutschen und Japanern finanziell
unterhalten worden, um ihn mit allen Mitteln gegen den Ostblock an der Macht zu halten, trotz
Menschenrechtsverletzungen und Gesetzeslosigkeit im eigenen Haus. Simić schliesst seine Studie über
Tito mit folgender Charakterisierung, die diese Ambivalenz Titos deutlich zum Ausdruck bringt: „Die
Geschichte wird sich an Tito als grossen Politiker erinnern, aber auch als erfolglosen Staatsmann, dessen
Staat nur wenige Jahre nach seinem fünfunddreissigjährigen Experimentieren mit dessen
verfassungsrechtlicher Ordnung zerfiel. Sie wird sich an ihn auch als einen der eingebildetsten Herrscher
erinnern, der nicht wusste, wann es Zeit ist, ´genug´ zu sagen und von der Macht abzutreten.“
Leider leidet das Buch stellenweise an einer ungehobelten deutschen Übersetzung, die anscheinend
maschinell von einer internationalen Internet-Agentur vorgenommen wurde, und weist zahlreiche Fehler
auf. Auch hinterlässt das ganze Buchformat mit seinen ungewöhnlich grossen Lettern typographisch einen
etwas seltsamen Eindruck. Entsprechend der immensen Bedeutung, die die Veröffentlichung Pero Simićs
aufweist, wäre es angebracht, das Buch in einer sprachlich überarbeiteten Neuversion und als seriöse
wissenschaftliche Edition45 herauszugeben. Damit dieses Buch auch für das breite Publikum zugänglich
wird, wäre es mit einer ISBN-Nummer zu versehen und bei den gängigen (Online-) Bestelldiensten des
deutschsprachigen Raums anzumelden. In den Schweizer Bibliotheken ist das Werk in deutscher Sprache
zum aktuellen Zeitpunkt nicht einmal unter swissbib.ch erfasst.46
© www.osteuropa.ch, Juni 2014.
45
Vgl. etwa das oben erwähnte Buch Marc Halders über den Titokult, das 2013 im Oldenbourg Wissenschaftsverlag erschienen
ist.
46 Gemäss swissbib.ch ist die serbokroatische Ausgabe ausschliesslich in der Präsenzbibliothek an der OEG Zürich vorhanden.
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