FINANZGERICHT HAMBURG
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FINANZGERICHT HAMBURG Az.: 4 K 48/12 Urteil des Einzelrichters vom 30.09.2013 Rechtskraft: rechtskräftig Normen: KN Pos. 0711, KN Pos. 0712, KN Pos. 2002 Leitsatz: 1. Solange getrocknete und gesalzene Tomaten ohne Gefährdung der Gesundheit jedenfalls in kleineren Mengen verzehrt werden könne, sind sie nicht in Pos. 0711 KN einzureihen. 2. Das Salzen von zu trocknenden Tomaten ist eine über die in Pos. 0712 KN zulässige Trocknung hinausgehende Zubereitung. 3. Daher sind derart getrocknete und gesalzene Tomaten in Pos. 2002 KN einzureihen, auch wenn sie noch nicht für den Endverbrauch zubereitet sind. Überschrift: Tarifrecht: Tarifierung von getrockneten und gesalzenen Tomaten Tatbestand: Die Beteiligten streiten über die zolltarifliche Einreihung von getrockneten, gesalzenen und geschwefelten Tomaten. 1. Die Klägerin stellte am 01.04.2011 den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für "sonnengetrocknete Tomaten, produziert aus frischen, einwandfreien Tomaten, gewaschen und gesäubert und schonend getrocknet. Tomaten sind von jeglichen Fremdkörpern befreit". Bei der Ware handelt es sich um Tomaten aus der Türkei, die dort halbiert, in der Sonne getrocknet und während des Trocknungsprozesses mit Salz und mit Schwefel behandelt werden. Das streitgegenständliche Produkt hat eine biegsame, ledrige und zähe Konsistenz. Der Wassergehalt beträgt unstreitig um die 22 %. In der dem Antrag beigefügten "Rohwarenspezifikation" sind u. a. die Zutaten vermerkt, nämlich Tomaten, Salz, Säuerungsmittel: Zitronensäure, Antioxidanten: Natriumdisulfit, Ascorbinsäure. Der Salzgehalt ist mit 16 +/- 1,5 % angegeben, der Gehalt an Schwefeldioxid mit weniger als 200 Ppm. Weiter heißt es dort, dass die Tomaten für 20 Minuten in warmes Wasser zu geben seien. Die Klägerin schlug zur Einreihung die Codenummer 0712 9030 00 0 vor. 2. Der Beklagte erteilte am 13.05.2011 eine vZTA, mit der die Ware in die Codenummer 2002 1090 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht wurde. Zur Beschaffenheit wurde angegeben (Bl. 20 GA): "rote, getrocknete, unmittelbar genießbare Tomatenhälften mit Schale und anhaftenden Salzkristallen. Geschmack: salzig, nach getrockneten Tomaten." 3. Die Klägerin legte am 18.05.2011 Einspruch ein. In der Einspruchsbegründung führte die Klägerin zum Herstellungsprozess u. a. aus, dass die Tomaten vor dem Trocknungsprozess halbiert und mit Salz bzw. Schwefel bestreut werden, damit die Tomaten schneller trocknen und um sie vorläufig haltbar zu machen. Nach Erreichen des gewünschten Trocknungsgrades würden die Tomaten von groben Verunreinigungen befreit und in die Union versendet. Dort müssten sie noch zur Reinigung gewaschen werden, denn bei dem Trocknungsvorgang unter freiem Himmel komme es zu Verschmutzungen wie etwa Vogelkot, die unter Einsatz von Wasser entfernt werden müssten. Würden sie vor dem Transport gewaschen, würden sie verderben. Nach der Reinigung würden die Tomaten in Wasser eingelegt, um sie einzuweichen und den Salzgehalt von 16 % auf 4,5 % zu reduzieren. Im unbehandelten Zustand seien die Tomaten ledrig und zäh und sehr salzig. Sie seien zwar durchaus kau- und unter Überwindung in kleineren Mengen von weniger als drei bis vier Hälften essbar, zum unmittelbaren Genuss aber nicht geeignet. Nach Vermischung mit Kräutern und Gewürzen würden die gewaschenen und gewässerten Tomaten in Gläser abgepackt und pasteurisiert, um sie als Konserve haltbar zu machen. In dem Zustand, in dem die Tomaten eingeführt werden, seien sie rund 540 Tage ohne weitere Verarbeitung haltbar. 4. Der Einspruch der Klägerin vom 18.05.2011 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20.02.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Ware sei nicht in Pos. 0711 KN einzureihen, weil sie die beiden Bedingungen - vorläufige Haltbarmachung und in diesem Zustand zum unmittelbaren Genuss ungeeignet - nicht erfüllten. Die Haltbarkeit von 540 Tagen sei nicht mehr nur eine vorläufige. Die Tomaten seien durch diese Behandlung nicht ungenießbar geworden. Mehrere Gutachter hätten übereinstimmend festgestellt, dass die Tomaten zwar deutlich wahrnehmbar nach Salz schmeckten, aber dennoch unmittelbar - wenn auch nicht in sehr großen Mengen - verzehrt werden könnten. Für die unmittelbare Genusstauglichkeit spreche auch der Umstand, dass sich getrocknete Tomaten mit vergleichbaren Salzgehalten im Handel befänden. Unabsichtliche Verunreinigungen seien, auch wenn sie die lebensmittelrechtliche Verkehrsfähigkeit in Frage stellten, zolltariflich unerheblich. 5. Die Klägerin hat am 21.03.2012 Klage erhoben. Die Tomaten unterfielen als Gemüse dem Kapitel 7 KN. Die Tomaten seien in Pos. 0711 KN einzureihen - und schon deswegen aus der Pos. 2002 KN ausgewiesen -, weil sie nur vorläufig haltbar gemacht und zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet seien; der Salzgehalt mit rund 16 % sei für den menschlichen Genuss deutlich zu hoch und die Schmutzanhaftungen seien ekelerregend. Aus der ErlKN zu Pos. 0711 Rz. 06.1 ff. ergebe sich zum Salzgehalt, das in dieser Tarifstelle eine Grenze bei 10 % liege; jedenfalls bei 15 % Salzgehalt sei eine absolute Grenze der Genießbarkeit erreicht. Jedenfalls der den Tomaten beigefügte Schwefel führe zu ihrer Ungenießbarkeit. Die streitgegenständlichen Tomaten müssten vor ihrer endgültigen Verwendung gewaschen, entsalzt und weiter behandelt werden; erst dadurch würden sie zu Waren des Kapitels 20 KN. Unter Zubereitung im Sinne der Pos. 2002 KN sei die Zubereitung für den unmittelbaren menschlichen Verzehr, also die Aufbereitung für den Endkonsumenten zu verstehen. Pos. 0711 KN ziele hingegen auf Gemüse, die- wie die streitgegenständlichen Tomaten - noch der industriellen Weiterverarbeitung zugeführt werden und nicht durch eine zusätzliche Behandlung unmittelbar genießbar gemacht worden seien. "Vorläufig haltbar" im Sinne von Pos. 0711 KN bedeute, haltbar gemacht bis zur industriellen Weiterverarbeitung. Die streitgegenständlichen Tomaten seien in diesem Sinne nur vorläufig haltbar gemacht worden. Die Einreihung der Tomaten in Kapitel 7 KN entspreche auch dem Aufbau der Kombinierten Nomenklatur nach dem Grad der - hier noch sehr niedrigen Verarbeitungsstufe. Die Klägerin verweist auf drei näher bezeichnete vZTA aus Frankreich und Großbritannien für Gemüse, bei denen auch eine Salz- bzw. ZitronensäureWasserlösung eingesetzt worden sei, die eine weitere Verarbeitung erfordere, um das Gemüse genießbar zu machen. Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 13.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2012 zu verpflichten, eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erlassen, in der die streitgegenständlichen "Tomaten, getrocknet" in die Codenummer 0711 9080 80der Kombinierten Nomenklatur, hilfsweise in die Codenummer 0712 9030 00 eingereiht werden. Der Beklagten beantragt, die Klage zurückzuweisen. Der Beklagte nimmt auf die Einspruchsentscheidung Bezug und wiederholt und vertieft deren Inhalt. Der Salzgehalt führe nicht zur Ungenießbarkeit. Die von der Klägerin zitierten Erläuterungen zu Gurken und Cornichons leiteten sich aus einem im anderen rechtlichen Zusammenhang stehenden Zubereitungsstandard ab, sei aber nicht mit der Feststellung der fehlenden Genießbarkeit verbunden. Ergänzend führt der Beklagte aus, dass das in den Ware enthaltene Schwefeldioxid nicht zur Ungenießbarkeit der Tomaten führe, sondern die von der Klägerin selbst angegebene Menge sogar die strengeren lebensmittelrechtlichen Grenzwerte nicht überschreite. Die für die Erteilung untersuchte Warenprobe sei sauber gewesen. Auch in der von der Klägerin stammenden Warenbeschreibung - Ware aus gewaschenen und gereinigten Tomaten - lasse sich kein Hinweis auf eine der Genießbarkeit entgegenstehende (ekelerregende) Verschmutzung der Ware ablesen. Eine Einreihung in Pos. 0712 KN scheide aus, weil die Tomaten mit Salz und mit Schwefel behandelt seien und damit entgegen dem Wortlaut der Position eine weitergehende Zubereitung erfahren hätten. 6. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22.08.2013 gemäß § 6 FGO auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Dem Gericht lag außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen ein Hefter mit der Verfahrensakte des Beklagten vor. Auf das Protokoll des Erörterungstermins am 20.09.2013 wird ergänzend Bezug genommen. Im Erörterungstermin ist ein Warenmuster der streitgegenständlichen Tomaten in Augenschein genommen worden. Auch insoweit wird auf das Protokoll Bezug genommen. Im Erörterungstermin haben die Beteiligten den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung erklärt. Entscheidungsgründe: Der aufgrund des Senatsbeschlusses vom 22.08.2013 gemäß § 6 FGO als Einzelrichter zuständige Berichterstatter entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene vZTA ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK) des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl EG Nr. L 302/1) keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständliche Ware "getrocknete und gesalzene Tomaten" unter der Pos. 0711 KN oder 0712 KN eingereiht wird; die Ware ist vielmehr zutreffend der Warennummer 2002 1090 KN zugewiesen worden. I. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (- BFH -; vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C121/95; BFH, Urteile vom 18.11.2001, VII R 78/00; vom 09.10.2001, VII R 69/00; vom 14.11.2000, VII R 83/99; vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, C-143/96; vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/9; und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02). II. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware führen zu der vom Beklagten vorgenommenen Einreihung in die Pos. 2002 KN. Zwischen den Beteiligten ist die Frage im Streit, ob die streitgegenständlichen, getrockneten und gesalzen Tomaten in die Position 2002 KN (so der Beklagte) oder in die Position 0711 KN oder 0712 KN (so die Klägerin) einzureihen sind. 1. Die Tomaten sind zutreffend in die Pos. 2002 KN eingereiht worden. Die Pos. 2002 KN bezeichnet "Tomaten, anders als mit Essig oder Essigsäure zubereitet oder haltbar gemacht". Unstreitig sind die einzureihenden Tomaten haltbar gemacht worden und zwar nicht unter Verwendung von Essig oder Essigsäure, sondern durch Trocknung unter Zugabe von Salz. Der Wortlaut der Pos. 2002 KN verlangt keine weitergehende Zubereitung und ist somit erfüllt. Nicht zutreffend ist die von der Klägerin geäußerte Ansicht, unter Zubereitung im Sinne der Pos. 2002 KN sei die Zubereitung für den unmittelbaren menschlichen Verzehr, also im Hinblick auf die Aufbereitung für den Endkonsumenten zu verstehen. Vielmehr genügt jede Beund Verarbeitung (vgl. insoweit EuGH, Urteil vom 23.03.1972, Rs. 36/71, Rz. 4; BFH, Urteil vom 12.05.2009, VII B 136/08). Der Einreihung steht Anm. 1 Buchst. a) zu Kapitel 20 KN nicht entgegen, nach der Gemüse, Früchte oder Nüsse ausgewiesen werden, die nach in den Kapiteln 7, 8 oder 11 aufgeführten Verfahren zubereitet oder haltbar gemacht sind. Die Voraussetzung der Ausweisung ist nicht erfüllt, denn die Ware entspricht nicht den insoweit allein in Betracht kommenden Pos. 0711 KN oder Pos. 0712 KN. 2. Pos. 0711 KN erfasst "Gemüse, vorläufig haltbar gemacht (z. B. durch Schwefeldioxid oder in Wasser, dem Salz, Schwefeldioxid oder andere vorläufig konservierend wirkende Stoffe zugesetzt sind), zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet". Es kann dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Tomaten vorläufig haltbar gemacht sind. Denn jedenfalls sind sie zum unmittelbaren Genuss im Sinne der Positionsbeschreibung geeignet, so dass das zweite, kumulativ für eine Einreihung vorausgesetzte Merkmal "zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet" nicht erfüllt ist. Der Begriff "zum unmittelbaren Genuss geeignet" ist zwar weder in den Anmerkungen noch in den Erläuterungen näher definiert, doch ist für seine Auslegung die maßgebliche Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 08.07.1981 (Rechtssache 170/80, Rz. 6) zu der Tarifstelle "Früchte, vorläufig haltbar gemacht ... zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet" - damals Tarifnummer 08.11D, heute Pos. 0812 KN - entschieden, dass der fragliche Begriff nur solche Erzeugnisse meint, bei denen das Verfahren zur Haltbarmachung bewirkt hat, dass sie unverändert nicht ohne Gefährdung der Gesundheit verzehrt werden können. In seinem Urteil vom 20.03.1980 (C-87/79 Rz. 12) führt der EuGH entsprechend aus, dass vorläufig haltbar gemachte Früchte nicht unter die Tarifnummer 08.11 fallen können, wenn sie nicht durch das angewandte Konservierungsverfahren zum unmittelbaren Genuss ungeeignet geworden sind. Weiter heißt es dort, dass es für die Abgrenzung zwischen Tarifnummer 08.11 und den jeweiligen Tarifnummern des Kapitels 20 ohne Bedeutung ist, ob die einzureihenden Waren zur späteren Weiterverarbeitung bestimmt sind oder nicht. Wegen der Identität der damaligen Tarifnummer 08.11 mit der gegenwärtigen Codenummer 0812 KN und der genau gleich formulierten Codenummer 0711 KN ist diese Rechtsprechung auch zur Beantwortung der Frage, ob eine Ware unter Pos. 0711 KN einzureihen ist, anzuwenden (vgl. zu dem synonym verwendeten Begriff der Genießbarkeit auch die entsprechende Rechtsprechung des BFH, Urteil vom 10.02.2009, VII R 22/08). Unter Zugrundelegung dieser Auslegung des Wortlauts der Pos. 0711 KN sind die streitgegenständlichen Tomaten zum unmittelbaren Genuss geeignet, denn sie können unstreitig ohne Gefahr verzehrt werden. Eine Gefährdung der Gesundheit wegen des Salzgehalts von bis zu 17 % kann nicht erkannt werden und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Sofern die Klägerin darauf hinweist, dass ein Verzehr allenfalls in geringen Mengen möglich sei, ist anzumerken, dass es für die Frage der Genusseignung grundsätzlich weder auf die verzehrte Menge ankommt ob etwas anderes gilt, wenn ein Mensch eine Ware nur in homöopathischer Dosis ohne Gesundheitsgefährdung zu sich nehmen kann, braucht hier nicht geklärt zu werden, weil das für die Tomaten nicht zutrifft - noch darauf, ob der Verzehr ein (ohnehin sehr subjektives) Gefühl des Genusses beim Verzehrenden auslöst. Dass in ErlKN zu Pos. 0711 Rz. 06.1 ff. als zum unmittelbaren Genuss nicht geeignete Gurken und Cornichons erwähnt werden, die üblicherweise einen Salzgehalt von mindestens 10 % aufweisen, kann nicht dahin interpretiert werden, dass es sich um eine zwingend bei allen Gemüsen und allen Haltbarmachungsverfahren geltende Obergrenze für die Genussfähigkeit handelt. Zudem hat auch die Verprobung eines Warenmusters im Erörterungstermin ergeben, dass die streitgegenständlichen Tomaten durchaus verzehrt werden können, auch wenn sie sehr hart sind und sehr salzig und sich daher, obwohl sie im Sinne des Positionswortlauts nicht ungenießbar sind, eher kein Gefühl des Genießens einstellen mochte, das indes für die Einreihung in Pos. 0711 auch, wie dargelegt, nicht erforderlich ist. Auch die Schwefelbeigabe macht die Tomaten nicht ungenießbar. Die Klägerin ist dem Vortrag des Beklagten nicht entgegen getreten, dass die Menge an zugegebenem Schwefel die Tomaten - sogar nach den strengeren lebensmittelrechtlichen Vorschriften - nicht ungenießbar mache. Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Einreihung unter Pos. 0711 KN nicht Betracht kommt. Die systematischen Überlegungen der Klägerin sind nach den oben dargelegten Anwendungs- und Auslegungsgrundsätzen nicht von Bedeutung. 3. Pos. 0712 KN erfasst "Gemüse, getrocknet, auch in Stücke oder Scheiben geschnitten, als Pulver oder sonst zerkleinert, jedoch nicht weiter zubereitet". Die streitgegenständlichen Tomaten sind nicht unter diese Position einzureihen. a) Ob die streitgegenständlichen Tomaten überhaupt ein im Sinne der Pos. 0712 KN getrocknetes Gemüse sind, kann dahinstehen. Anlass zu Zweifeln gibt der Umstand, dass die Tomaten auch nach Beendigung des Trocknungsverfahrens durch Sonnenbestrahlung noch einen Wassergehalt von rund 20 % aufweisen. Nach den Erläuterungen zu Kapitel 7 (HS), Rz. 01.0, umfasst die Position 0712 KN "Gemüse der Positionen 0701 bis 0709, die durch verschiedene Verfahren getrocknet (einschließlich entwässert, evaporiert oder gefriergetrocknet) worden sind". Nach der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Erläuterung, dass die Einreihung in die Position 0712 KN voraussetzt, dass das Gemüse einem intensiven Trocknungsverfahren mit spezieller Behandlung unterzogen wurde, an dessen Ende dem Erzeugnis die gesamte oder nahezu die gesamte Flüssigkeit entzogen ist. Infolge dieses Verfahrens muss der Restflüssigkeitsgehalt in dem Gemüse unbedeutend sein (EuGH, Urteil vom 28.10.2010, C-423/09, Rz. 21, in jenem Fall unter 10 %). Die Frage, ob die Tomaten im Sinne der Pos. 0712 KN getrocknet sind, kann indes dahin stehen. Denn die streitgegenständlichen Tomaten sind jedenfalls deswegen nicht unter dieser Position einzureihen, weil sie nicht allein in Stücke geschnitten und gegebenenfalls getrocknet worden sind, sondern durch die Gabe von Salz und von Schwefel eine weitere Zubereitung erfahren haben, was nach dem Wortlaut der Position eine Einreihung dort ausdrücklich ausschließt. b) Im Hinblick auf die Erläuterungen zum HS Kap. 7 Ziff. 05.2 fällt Gemüse dann nicht unter Kap. 7, sondern unter Kap. 20 der KN, wenn es "durch andere als in diesem Kapitel vorgesehene Verfahren zubereitet oder haltbar gemacht" ist. Wenngleich diese Erläuterungen rechtlich unverbindlich sind, tragen sie doch die Auslegung, dass eine über die Trocknung und Zerkleinerung im Sinne von Pos. 0712 KN hinausgehende Zubereitung die Einreihung in das Kap. 7 ausschließt. Der Begriff der Zubereitung ist dabei als die Verarbeitung eines Erzeugnisses oder seine Vermischung mit anderen Erzeugnissen zu verstehen (EuGH, Urteil vom 23.03.1972, Rs. 36/71, Rz. 4), worunter grundsätzlich auch die Zugabe von Salz fällt. Es ist auch nicht so, dass die Gabe von Salz lediglich eine Maßnahme zur Trocknung ist. Zwar kann Salz einerseits aufgrund seiner hygroskopischen Wirkung dazu genutzt werden, einem anderen Stoff Wasser zu entziehen. Doch andererseits hat Salz, das - wie bei den streitgegenständlichen Tomaten - im Wege des Einsalzens in die Lebensmittel eindringt, per se auch eine - seit alters her auch genutzte - lebensmittelkonservierende Wirkung (vgl. insoweit auch wikipedia "Lebensmittelkonservierung" und "Salzlake"). Insoweit ist festzustellen, dass die streitgegenständlichen Tomaten wegen des relativ hohen Restwassergehalts von rund 20 % ohne die Salzgabe einem wesentlichen höheren Verderb ausgesetzt wären, so dass die Salzgabe unter diesem Gesichtspunkt als andere Art der Haltbarmachung anzusehen ist. Daneben entfaltet das Salz eine weitere, würzende Wirkung (vgl. wikipedia "Speisesalz"). Auch deswegen ist hier eine weitere Zubereitung festzustellen. Dagegen spricht nicht, dass die Klägerin empfiehlt, einen Teil des verwendeten Salzes vor Verzehr wieder auszuwaschen, um einen allgemein als gut empfundenen Geschmack zu erreichen. Wenn auch ein Teil des verwendeten Salzes im Hinblick auf einen allgemein als gut empfundenen Geschmack ein Zuviel sein mag, so gilt dies doch nicht für das gesamte Salz. Der nach Wässerung verbleibende Teil des Salzes ist vielmehr als Geschmacksmittel und damit Mittel der Zubereitung zu betrachten. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei den streitgegenständlichen Tomaten sowohl die würzende also auch die konservierende Wirkung des Salzes gegeben ist. c) Ein anderes Einreihungsergebnis ergibt sich auch nicht aus Anm. Nr. 3 zu Kap. 7 KN, nach der zu Pos. 0712 KN grundsätzlich alle getrockneten Gemüse der in den Positionen 0701 bis 0711 erfassten Arten gehören. Denn diese Anmerkung bezieht sich nur auf die jeweiligen Gemüsearten als solche, nicht aber auf einen bestimmten Zustand des Gemüses. Keinesfalls kann oder soll durch diese Anmerkung die Beschränkung des maßgeblichen Wortlauts der Pos. 0712 KN auf solche Gemüse, die nur getrocknet und zerkleinert, nicht aber weitergehend zubereitet sind, aufgehoben werden. Damit scheidet auch eine Einreihung der streitgegenständlichen Tomaten unter Pos. 0712 KN aus und es bleibt bei der Einreihung in Kapitel 20 unter Pos. 2002 KN. III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind. Die von der Klägerin angesprochenen vZTA aus anderen Mitgliedsstaaten können für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht herangezogen werden. Da schon nicht festgestellt werden kann, ob sie tatsächlich vergleichbare Waren betreffen, sieht das Gericht auch keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.