(un)Gerecht?

Transcrição

(un)Gerecht?
Das Magazin der bayerischen Grünen
5
(un)gerecht?
Wieviel Ungleichheit vertragen wir?
1
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
EINLADUNG
ZUKUNFTSKONGRESS
Samstag, 5. Mai 2012
vhs Ingolstadt –
Kurfürstliche Reitschule
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k
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Gere
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ANMERKUNG
Alle fehlendenTexte
sind rot markiert
Foto: speednik/photocase.com
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> Was
Alle Infos, Programm, ReferentInnen, Anmeldung unter:
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> Wie können wir die Teilhabe aller
an der Gesellschaft erreichen?
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> Wie können wir ökonomische,
ökologische und soziale
Ungerechtigkeit verhindern?
Per Fax:
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Sendlinger Str. 47, 80331 München
> Grundeinkommen oder Grundsicherung – was ist gerecht?
Anmeldeschluss: 27. April 2012
Veranstalter
Schriftliche Anmeldung erforderlich,
da TeilnehmerInnenzahl beschränkt
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Bayern
fincks-werbesache.de
Veranstaltungsort
vhs Ingolstadt –
Kurfürstliche Reitschule
Hallstr. 5, 85049 Ingolstadt
www.ingolstadt.de/vhs
2
Freier Eintritt!
EDITORIAL
Was ist gerecht? Darüber hat sich die Menschheit den Kopf zer­
brochen, seit es so etwas wie Bewusstsein gibt. Und bei den ein­
zelnen Menschen spielt die Gerechtigkeit das ganze Leben lang
eine wichtige Rolle. Das fängt im Kindergarten an und hört im
Rentenalter nicht auf. Zwangsläufig ist Gerechtigkeit also ein zen­
traler politischer Begriff, schillernd und facettenreich. Für den
einen ist es gerecht, wenn jeder das bekommt, wofür er eine Ge­
genleistung erbracht hat, denn viele empfinden es als ungerecht,
wenn der Fleißige dasselbe bekommt wie der Bequeme. Die an­
dere legt Wert darauf, dass Chancen gerecht verteilt sein müssen, denn für bessere oder
schlechtere Startchancen durch das Elternhaus kann niemand etwas. Ein Dritter will, dass
es bei der Verteilung des Erwirtschafteten möglichst viel Gleichheit gibt, denn es ist durch
nichts zu rechtfertigen, dass manche für 4,50 in der Stunde arbeiten und andere zweistel­
lige Millionenbeträge bekommen. Dass es mit der Gerechtigkeit zwischen den Geschlech­
tern in der Arbeitswelt gerade in Deutschland nicht so weit her ist, dämmert mittlerweile
fast allen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist ein großes Thema. Zwischen den Genera­
tionen soll es ebenso gerecht zugehen wie zwischen den Industrieländern und den sich
entwickelnden Ländern. Kohlenstoff-Gerechtigkeit meint, dass einer Einwohnerin Indi­
ens kein anderes Kohlenstoff-Budget zugebilligt wird als einer US-Amerikanerin.
Diese sehr kurze Zusammenfassung, die bestimmt nicht vollständig ist, illustriert, wel­
chen Herausforderungen sich eine gerechte Politik zu stellen hat. Dabei gilt: Je mehr Di­
mensionen der Gerechtigkeit man ausblendet, umso leichter wird es scheinbar. Nur
bleibt dann in der Praxis die Gerechtigkeit auf der Strecke. Reine Leistungsgerechtigkeit
blendet eben aus, dass manche mit einem Vorsprung in den Lebenslauf geschickt werden,
andere mit einem Rückstand. Sich nur auf die Verteilungsgerechtigkeit zu konzentrieren
kann leicht dazu führen, dass man gar nicht mehr daran denkt, dass nur verteilt werden
kann, was vorher erwirtschaftet wurde. Möglichst viel Wachstum und damit einen gro­
ßen Spielraum für Verteilung zu schaffen, kann auf Kosten der nachfolgenden Genera­
tionen und zu Lasten der ärmeren Länder gehen.
Wir Grüne pflegen deshalb zurecht einen Begriff von Gerechtigkeit, der mehrere Dimen­
sionen zusammenführt. Aber auch dieser muss weiter entwickelt werden. Ich freue mich
darauf, das gemeinsam mit euch am 5. Mai in Ingolstadt anzugehen.
Theresa Schopper, Landesvorsitzende
inhalt
bayern (un)gerecht? 4
wir fangen dann schon mal an ... 14
Vom langsamen Verschwinden des Eigentums
was ist gerecht? 6
Auch wenn alle gleich sind, braucht nicht jede/r dasselbe
gerechtigkeit braucht vielfalt 10
eine frage der perspektive 18
Bayern ist reich. Trotzdem ist Armut ein Problem
Warum Deutschland Wohlfahrtspluralismus braucht
auf den deckel 22
eines für alle? 12
impressum 23
Grundeinkommen? Pro und Contra
3
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
BAYERN (un)gerecht?
Ca. 3 4 aller
Niedriglohnbezieher
in Vollzeit
sind Frauen
2010 kamen rund 65
Jüngere (unter 20 Jahre)
und Ältere (ab 65 Jahre)
auf 100 Personen
zwischen 20 und 64
Jahren, 2029 werden es
rund 75 sein.
Armutsgefährdungsquoten
für junge Menschen bis 25
mit Migrationshintergrund in
(Reale) Veränderung
Oberfranken: 28,4 %
des Einkommens
aus Vermögen und
Unternehmertätigkeit
je Einwohner von 2000
bis 2010: +35%
(Reale) Veränderung
der Bruttolöhne und
-gehälter
je Arbeitnehmer von
2000 bis 2010: -4%
Menschen mit Migrationshintergrund haben einen
rund 20 % geringeren
mittleren Wohlstand und
eine etwa doppelt so hohe
Armutsgefährdung
4
Mittlerer Wohlstand von Alleinerziehenden
mit ihren Kindern: 66 %
Mittlerer Wohlstand von Mehrpersonenhaushalten ohne Kinder: 113 %
(im Vergleich zum Durchschnitt)
Durchschnittliches verfügbares
Einkommen je Einwohner 2008 Lk
Freyung-Grafenau: 16.819 euro
Die Lebenserwartung
der unteren sozialen
Schichten liegt um
Durchschnittliches verfügbares
Einkommen je Einwohner 2008 Lk
Starnberg: 29.938 euro
vier bis zehn Jahre
Quelle: Bericht zur Sozialen Lage in Bayern 2011, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
unter dem Durchschnitt (Frauen 82,4
Jahre und Männer
77,2 Jahre).
Durch Armut halbiert
sich die Chance auf
einen guten Gesundheitszustand.
Kinder mit
Migrationshintergrund
auf der Hauptschule: 67 %
Schuldenlast
mit der jedes
Neugeborene
auf die Welt
kommt:
3.300 Euro
5
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
was ist gerecht?
Auch wenn alle gleich sind, braucht nicht
jede/r dasselbe von Alex Burger
Alle sind für Gerechtigkeit. Aber jeder ver­
steht etwas anderes darunter. Denn Ge­
rechtigkeit ist ein Begriff mit sehr vielen
Facetten. Wann wird man jemandem ge­
recht? Bedeutet Gerechtigkeit ein Höchst­
maß an Gleichheit? Ist die Chancenge­
rechtigkeit zentral?
Oder kommt es darauf an, dass jede nach
ihrer Facon glücklich werden kann? Ge­
rechtigkeit ist eine hochpolitische Katego­
rie. Jede Partei setzt sich dafür ein. Konser­
vative und liberale Parteien betonen
stärker die Leistungsgerechtigkeit, sozial­
demokratische und linke Parteien eher die
Verteilungsgerechtigkeit. Wir Grüne ha­
ben – wie so oft – einen eher differenzier­
ten Begriff von Gerechtigkeit, der beide
Dimensionen einschließt und darüber hi­
naus reicht.
nivellierte
mittelstandsgesellschaft
In Deutschland war die Idealvorstellung
einer „nivellierten Mittelstandsgesell­
schaft“ lange Zeit stilprägend für die Idee
einer gerechten Gesellschaft, also einer
sehr breiten Mittelschicht mit vergleichba­
ren materiellen Möglichkeiten. Diese wur­
den erworben durch Fleiß und Arbeit, die
im nötigen Umfang und mit der entspre­
chenden Entlohnung zur Verfügung steht.
Darüber gab es in dieser Vorstellung eine
sehr kleine Oberschicht, darunter eine
sehr kleine Unterschicht, die beide zahlen­
mäßig nicht sehr ins Gewicht fielen.
Steigende Arbeitslosigkeit, vielfältigere Le­
bensläufe und die Veränderungen in der
Arbeitswelt führten die bundesdeutsche
Gesellschaft immer weiter weg von der
Mittelstandsgesellschaft. Aber das Gerech­
tigkeitsideal wurde davon immer noch be­
stimmt. Weil der Markt alleine für dieses
Ziel nicht mehr sorgen konnte, sprang der
Staat ein, was den Beginn des Wohlfahrts­
staates in der heutigen Form markiert. Er
sollte denen den Anschluss an den Mittel­
stand ermöglichen, die auf dem Arbeits­
markt – aus welchen Gründen auch im­
mer – nicht mehr unterkamen.
6
7
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
„Gegenüber neuen Formen der
Ungerechtigkeit bleibt der traditionelle
Wohlfahrtsstaat wirkungslos. “
Doch im Laufe der Zeit driftete die Gesell­
schaft immer weiter auseinander, so dass
der Wohlfahrtsstaat an die Grenzen seiner
Leistungsfähigkeit stieß. Die materielle
Ungleichheit ist in den letzten zwei Jahr­
zehnten stark angestiegen, einerseits durch
explodierende Gehälter für Spitzenverdie­
nerInnen und steuerliche Schonung von
großen Vermögen, andrerseits durch die
Zunahme von schlecht bezahlten Arbeits­
verhältnissen.
ausgrenzungserfahrung
Dazu hat sich eine neue Form von Un­
gleichheit und Ausschluss gesellt, die sich
nicht alleine durch ungenügende materi­
elle Voraussetzungen auszeichnet, son­
dern eher durch fehlenden Zugang oder
Ausgrenzungserfahrungen. Der Soziologe
Heinz Bude spricht von den „Ausgeschlos­
senen“ (siehe Interview). Für ihn markiert
diese Entwicklung das Ende vom Traum
der gerechten Gesellschaft. Zu den Ausge­
schlossenen kann eine gut ausgebildete,
8
alleinerziehende Mutter ebenso gehören
wie ein männlicher Jugendlicher mit Mig­
rationshintergrund. Die Mutter, vielleicht
eine Betriebswirtin am Beginn ihrer be­
ruflichen Laufbahn, findet für ihr Kind
keinen Ganztags-Platz in der Krippe. Sie
arbeitet deswegen halbtags und bezahlt
mit deutlich geringeren Karrierechancen.
Der männliche Jugendliche ist geprägt von
Ausgrenzungserfahrungen aufgrund sei­
ner Herkunft und sucht seine Identität in
bewußter Abgrenzung zur Mehrheitsge­
sellschaft. Beide werden das Gefühl haben,
ungerecht behandelt worden zu sein, bei­
den kann der klassische Wohlfahrtsstaat
mit seinem Instrumentenkasten kaum
helfen.
vielfältige lösungen
Und so muss eine Politik, die mehr Ge­
rechtigkeit will, an zwei großen Fronten
kämpfen (und dazu noch an vielen klei­
nen, die hier unerwähnt bleiben): Die eine
betrifft die Ungleichheit von Einkommen
und Vermögen. Hier lässt sich mit dem
vorhandenen politischen Instrumentari­
um einiges bewirken, wenn der Wille vor­
handen ist:
Normen für das Arbeitsleben, z. B. in
Form eines Mindestlohns, Vorsorge gegen
Armut, z. B. mit einer Garantierente oder
Umverteilung durch Steuern und Abga­
ben. Neuere Formen der Ungleichheit und
Ungerechtigkeit lassen sich mit dem klas­
sischen Wohlfahrtsstaat nicht bekämpfen.
Hier sind neue Lösungen gefragt. Mit al­
ten Slogans wie „Leistung soll sich wieder
lohnen“ oder einfachen Parolen zur Um­
verteilung wird die Politik der neuen Situ­
ation nicht gerecht. Eine vielfältige Gesell­
schaft braucht vielfältige Lösungen statt
einfältiger Ideale. Die Idee von der nivel­
lierten Mittelstandsgesellschaft ist tot.
Wirklich schade ist das nicht.
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9
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT I INTERVIEW
gerechtigkeit
braucht vielfalt
Warum Deutschland Wohlfahrtspluralismus braucht
Höchststand bei den Beschäftigten,
sinkende Arbeitslosigkeit, auch die
Zahl der Hartz IV-Empfänger ist um
eine dreiviertel Million gesunken. Ist
der Traum von der gerechten Gesellschaft vielleicht doch noch nicht ausgeträumt?
Ich sage gar nicht, dass wir diesen Traum fallen
lassen sollten. Aber die Art und Weise, wie wir uns
über lange Jahre eine gerechte Gesellschaft vorge­
stellt haben, funktioniert nicht mehr. Wir haben
geglaubt, dass eine Gesellschaft in dem Maß ge­
rechter wird, in dem sich die Mitte verbreitert und
vertieft. Wir sehen aber jetzt, dass sich quer durch
die Gesellschaft Verwerfungen ziehen, die durch
wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen nicht so einfach
zu glätten sind. Die wirtschaftlichen Daten sind
sehr gut. Aber wir haben in den Dateien der Job­
center einen „nicht verwendbaren“ Teil der Bevöl­
kerung. Mit denen kann man machen, was man
will, sie kommen nicht im ersten und oft nicht
einmal im zweiten Arbeitsmarkt unter. Nach An­
sicht des leitenden Personals der Jobcenter dürf­
10
von Alex Burger
te es sich in Deutschland um etwa 1,5 Millionen
Menschen handeln. Das sind keine Arbeitsscheu­
en, denen man mit Repression begegnen sollte.
Aber wir müssen akzeptieren, dass der klassische
Wohlfahrtsstaat keine andere Idee hat, als sie mit
kleinem Geld und billiger Unterhaltung in der Ge­
sellschaft zu halten.
Diese Entwicklung ist auch den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt geschuldet. Ihr Befund klingt ein bisschen danach, als müssten wir diese
anderthalb Millionen Menschen quasi
abschreiben. Das können wir natürlich
nicht tun. Wäre denn ein bedingungsloses Grundeinkommen ein Weg, um
ein Mindestmaß an Teilhabe sicherzustellen?
Das halte ich für eine Illusion. Das wäre nicht
die angemessene Antwort auf die Probleme. Das
Hauptproblem dieser Gruppe sind nicht fehlende
finanzielle Mittel, auch wenn sie auf Sparflamme
leben müssen. Das Hauptproblem besteht in dem
tief sitzenden Gefühl, nichts zu melden und nichts
beizutragen zu haben. Die wichtigste politische
Botschaft lautet, dass der Wohlfahrtsstaat als Wohl­
fahrtsmonopolist in eine Krise geraten ist. Ich sage
nicht, dass der Wohlfahrtsstaat abgebaut werden
soll. Wir müssen aber im Sinne eines Wohlfahrts­
pluralismus andere Wohlfahrtsarenen berücksich­
tigen. Wir brauchen zivilgesellschaftliche Akteure,
die sich andere Formen des Kümmerns, andere
Ideen von sozialer Gerechtigkeit leisten können.
Das würde bedeuten, dass sich die
Rolle des Staates, die Rolle der Politik
ändern muss. Der Staat müsste viel
stärker als bislang andere Akteure ins
Boot holen, Standards setzen und Unterstützung leisten, etwa finanziell
und logistisch.
Absolut. Es ist ja nicht so, dass die alten Muster
sozialer Ungleichheit nicht mehr existieren. Aber
darüber legen sich neue Linien sozialer Spaltung,
die quer durch die Gesellschaft gehen. Um dage­
gen vorzugehen, fehlen dem klassischen Wohl­
fahrtsstaat die Handlungsmöglichkeiten. Teilweise
hat er durch seine eigene Politik das Problem erst
geschaffen. Wenn man davon ausgeht, dass der
Einzelne sich auf die Arbeit hin bewegen soll an­
statt wie früher darauf zu warten, bis sie zu einem
kommt, entsteht eine Bevölkerungsgruppe, wel­
che aus Leuten besteht, die aus den verschiedens­
ten Gründen dazu nicht in der Lage ist. An diesen
läuft die Gerechtigkeitsidee, dass sich jeder bemü­
hen und für sich selbst sorgen muss, vorbei. Sie
stehen als Drückeberger und Schmarotzer da, ein­
fach weil das Aktivierungstheorem des neuen
Wohlfahrtsstaates keine andere Folgerung zulässt.
Der eine Punkt ist die Frage, was aus
denen wird, die bereits die Erfahrung
der Ausgrenzung gemacht haben. Der
andere betrifft die Zukunft. Da ruhen
sehr große Erwartungen auf der Idee
besserer Bildung. Sie soll das Problem
in der Zukunft zumindest minimieren.
Wie sehen Sie die Chancen?
Lange Zeit war unser Credo „Arbeit, Arbeit, Ar­
beit“. Jetzt lautet es „Bildung, Bildung, Bildung“.
Indem wir die Frage der Bildungsabschlüsse ins
Zentrum rücken und angestachelt von der PISADebatte glauben, einen mittleren Schulabschluss
als Minimum definieren zu müssen, machen wir
die Lage für diejenigen schlimmer, die Bildung in
erster Linie als Degradierung erleben. Wir leisten
uns in Deutschland derzeit 500.000 Jugendliche in
mannigfaltigen Formen eines Übergangssystems,
die weiter beschult werden, um ihnen einen Ab­
schluss zu ermöglichen, durch den sie auf dem
Arbeitsmarkt mithalten können. Das ist eine sinn­
lose Veranstaltung, mit der den Jugendlichen nicht
geholfen ist.
Womit wäre ihnen denn geholfen?
Wir brauchen eine neue Definition des Bildungs­
minimums. Nicht der mittlere Schulabschluss,
sondern eine berufliche Erstausbildung setzt He­
ranwachsende, die nicht aus der Mehrheitsklasse
kommen, in die Lage, mitzuhalten und einen Platz
zu finden. Dann kann man sich ganz ruhig fragen,
welche Eingangsvoraussetzungen für eine berufli­
che Bildung nötig sind.
Prof. Dr. Heinz Bude
(Soziologe; Leiter des
Arbeitsbereichs
„Die Gesellschaft
der Bundesrepublik“
am Hamburger Institut
für Sozialforschung und
Inhaber des Lehrstuhls
für Makrosoziologie an
der Universität Kassel)
11
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
eines für alle?
Der geistige Vater des neoliberalen Monetarismus Milton Friedman wollte es
ebenso wie Teile der Linkspartei, manche Konservative bekämpfen es verbittert,
andere finden es gut. Bei uns Grünen gibt es seit Jahren eine durchaus leidenschaftliche Debatte um die Idee. Die Rede ist vom bedingungslosen Grundeinkommen, also dem Vorschlag, dass jede und jeder einen gewissen Geldbetrag
vom Staat bekommt, ohne Nachweis einer Bedürftigkeit und ohne Verpflichtung
auf eine Gegenleistung. Wäre es eine zeitgemäße Erneuerung des Sozialstaats
oder führt es in die Sackgasse?
Sascha Müller, Landesschatzmeister der bayerischen Grünen und die Landesvorsitzende Theresa Schopper stellen die Pro- und die Contra-Position dar.
weniger bürokratie, mehr dynamik
„Mit diesem Beschluss ist auch die Dis­
kussion über das Grundeinkommen nicht
beendet – zumal sie ja in der Gesellschaft
weitergeht.“ So hieß es 2007 in unserem
Nürnberger BDK-Beschluss.
Als die Grünen im Vorfeld über die Frage
Grundsicherung oder Grundeinkommen
stritten, war diese Debatte durch die erst
einige Jahre zuvor verabschiedeten HartzGesetze belastet.
In diesem Jahr haben wir die Chance,
noch einmal neu und unvoreingenommen
über ein zukunftsfähiges Sozialsystem zu
diskutieren.
Die Debatte über ein Grundeinkommen
ist in der Tat in der Gesellschaft weiterge­
gangen. Zahlreiche durchgerechnete Mo­
delle werden diskutiert.
Einige hätten die Wirkung einer „Stillle­
gungsprämie“ und sind aus grüner Sicht
abzulehnen. Allerdings muss auch die Fra­
ge erlaubt sein, ob der (oftmals zudem als
unwürdig empfundene) betriebene büro­
12
kratische Aufwand für eine einfache finan­
zielle Unterstützung sinnvoll ist.
Ein Grundeinkommen für alle würde zum
einen entbürokratisieren und gleichzeitig
eine ganz neue Dynamik in die Gesell­
schaft bringen. Es würde den Menschen
ermöglichen, selbstbestimmter zwischen
Arbeit und Freizeit und zwischen Beruf
und Familie auszutarieren. „Beruf“ wird
so wieder mehr zur „Berufung“ und weni­
ger zum „Job“. Väter erhalten die Chance,
mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbrin­
gen. Mehr Teilzeitarbeitsplätze würden
selbstbestimmt entstehen und somit die
außerhalb des (Erwerbs-)Arbeitsprozesses
Stehenden die Möglichkeit zum Einstieg
oder zur Rückkehr ins Erwerbsleben er­
halten.
Mit einem Grundeinkommen wäre auch
die leidige Diskussion über das „Lohnab­
standsgebot“ erledigt. Denn mit einem
Grundeinkommen für alle hätte tatsäch­
lich jede/r Erwerbsarbeitende mehr als der
Von Sascha Müller
oder die Nicht-Erwerbsarbeitende. Ärger­
liche Debatten über angeblichen „anstren­
gungslosen Wohlstand“ hätten ihre Be­
rechtigung verloren. Gleichzeitig würde
sich – anders als heute – jeder dazuver­
diente Euro wirklich lohnen.
Innerhalb der Grünen werden Modelle ei­
nes partiellen Grundeinkommens zwi­
schen 420 und 500 Euro favorisiert. Hinzu
kämen dann weitere bedarfsorientierte
Leistungen, wie z.B. Zuschüsse für Unter­
kunft oder Hilfen für Menschen in beson­
deren Lebenslagen. Ausbezahlt werden
könnte das Grundeinkommen durch eine
negative Einkommenssteuer, finanziert
würde es durch eingesparte Transferleis­
tungen und durch eine verstärkte Steuerfi­
nanzierung bei gleichzeitiger Abschmel­
zung der Sozialbeiträge. Ein guter Einstieg
zur Umsetzung wären ein Kindergrund­
einkommen bei Streichung des Kinder­
freibetrages und die Schaffung einer steu­
erfinanzierten Grundrente.
mehr gerechtigkeit hier und jetzt
Das bedingungslose Grundeinkommen
(BGE) ist eine einheitliche monetäre Leis­
tung für alle Bürgerinnen und Bürger
ohne Ansehen der Person oder des Konto­
standes. Bürokratieabbau, keine Schikane
mehr für ALG II-BezieherInnen, alle sind
auf Augenhöhe, so lautet das Versprechen.
Doch ist das BGE tatsächlich gerechter?
Wir sind gut beraten, genau hinzusehen,
denn diverse Modelle des BGE liegen
deutlich unter den Regelsätzen und Mög­
lichkeiten, die mit individuellen Ansprü­
chen geltend gemacht werden können.
Die Formel des „Förderns und Forderns“
aus der ALG II-Debatte können viele nicht
mehr hören, denn vom Fordern wurde
viel, vom Fördern leider viel zu wenig ge­
redet. Aber das BGE blendet den Aspekt
des „Förderns“ nahezu komplett aus. Ge­
rade aus den Arbeitsagenturen, Jobcentern
und von den Verantwortlichen in Sozial­
einrichtungen kommt die Klage, dass Ju­
gendliche bzw. junge Erwachsene sich in
der „Stütze“ einrichten. Auch wenn wir
Grüne ein Modell der Stilllegungsprämie
– nimm das Geld und gib Ruhe – als neo­
liberale Politik ablehnen, im Kern werden
wir bei der Frage der Höhe des BGE an ei­
ner Orientierung an niedrigen Erwerbs­
einkommen, dem berühmten Lohnab­
standsgebot, nicht vorbeikommen. Denn
ein steuerfinanziertes Grundeinkommen
wird keine gesellschaftliche Mehrheit fin­
den, wenn es in den Augen vieler zu hoch
ausfällt.
Auch aus frauenpolitischer Sicht habe ich
große Bedenken. Immer wieder kommt
das Argument, es gibt genügend Arbeit,
nur bezahlt wird sie nicht, wie Kinderer­
ziehung, Pflege, Ehrenamt...
Allein aus dieser Aufzählung keimt in mir
der Verdacht, dass das BGE zu einer
„Hausfrauenprämie“ umfunktioniert wer­
den kann. Es gibt auch noch andere unge­
klärte Fragen: Welche Auswirkungen hat
ein BGE auf Löhne und Preise? Wie orga­
Von Theresa Schopper
nisiert man die anderen Sozialversiche­
rungen? Welchen Stellenwert haben Arbeit
und Erfolg als Innovationsmotoren? Ich
finde die Diskussion um das BGE für uns
Grüne wichtig, auch die damit verbunde­
nen Fragen um Menschenbild und Gesell­
schaftsmodell. Für mich hat sie visionären
Charakter, denn wie hart das Brot in der
Sozialpolitik ist, mag euch allein die De­
batte um die Erhöhung der Regelsätze um
10 Euro in Erinnerung rufen.
Ich will nicht das politische Totschlagar­
gument der Finanzierung ins Feld führen,
aber als Sozialpolitikerin fürchte ich, dass
es Mehrheiten geben könnte, die mit der
Einführung eines Grundeinkommens den
Sozialstaat schleifen wollen. Von daher ar­
beite ich lieber an einer verbesserten be­
darfsorientierten Grundsicherung mit
entschärften Bedarfsprüfungen, besseren
Zuverdienstmöglichkeiten und einer bes­
seren Altersvorsorge. Denn für mich gilt
„Keiner und keine darf verloren gehen“.
13
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
wir fangen dann
schon mal an ...
Vom langsamen Verschwinden des Eigentums
Besitz bindet und beschwert. Wir müssen
mobil und flexibel sein, das Einkommen
ist unsicher. Das lässt neue Lebensstile
entstehen jenseits der bekannten Kon­
summuster. Wenn ich nicht weiß, wie oft
ich in den nächsten Jahren umziehen
muss, wiegt jedes eigene Buch schwer. Die
Lagerung der voluminösen Wintersport­
ausrüstung kostet teuren Wohnraum, der
Kredit für das neue Auto ist bei befristeten
Arbeitsverhältnissen riskant. Warum, fra­
gen sich immer mehr Menschen, soll ich
Besitztümer anhäufen, wenn ich viele
Dinge auch leihen oder teilen kann?
Gleichzeitig entsteht in einer immer unsi­
cheren, kurzlebigeren Welt die Sehnsucht
nach Verlässlichkeit, überschaubaren Le­
benszusammenhängen, nach bleibenden
Werten, nach dem guten Leben. Ein Skan­
dal der Lebensmittelindustrie jagt den
nächsten, warum also nicht wieder Bezie­
hung zum „eigenen“ Bauern, Metzger, Bä­
cker aufbauen oder gleich das Gemüse
selbst anpflanzen? Geldanlagen sind unsi­
cher, warum also nicht in die Region in­
vestieren und bei sicherer Rendite auch
noch ein gutes Gewissen haben?
renaissance der
genossenschaften
In den letzten Jahren gründeten sich in
Bayern zahlreiche neue Energiegenossen­
schaften. Für die Energiewende müssen
viele neue Anlagen, Stromnetze und Spei­
14
von Birgit Zipfel
cher gebaut werden. Die Akzeptanz erhöht
sich, wenn die Menschen vor Ort beteiligt
sind, wenn sie mitentscheiden können
und wenn sie davon finanziell profitieren.
Aber auch in anderen Bereichen wird der
Genossenschaftsgedanke wieder entdeckt.
Ein Beispiel ist die noch junge ReWiG­
München. Diese regionale Wirtschaftsge­
meinschaft ist ein Zusammenschluss
Münchener UnternehmerInnen. „Genos­
sInnen“, die sich einkaufen, erhalten statt
der herkömmlichen Rendite Genussrech­
te, die in einer eigenen Währung, dem Re­
alo, ausgezahlt werden. Dafür dürfen die
AnteilseignerInnen bei den beteiligten
Unternehmen einkaufen. Diese erschlie­
ßen sich so neue Kundenkreise und erhal­
ten günstig Kapital für Investitionen. Es
gibt keine Spekulation und keinen Wert­
verlust, aber auch keine Schnäppchen. Das
Konzept setzt auf Kooperation statt Kon­
kurrenz.
genuss garantiert
Doch es muss nicht immer gleich eine Ge­
nossenschaft sein. Der Demeter-Betrieb
Löfflerhof in Farchach am Starnberger See
beispielsweise finanziert den Neubau sei­
nes Hühnerstalls statt über teure Bankkre­
dite mit Geldern privater InvestorInnen.
Als Rendite erhalten diese wahlweise vier
Prozent Zins in Naturalien (Genussschei­
ne) oder drei Prozent Geld aufs Konto.
Mindestens sieben Prozent Rendite in
Form von Genussscheinen erhalten Einle­
gerInnen in Seukendorf bei Fürth von „ih­
rer“ Metzgerei Weckerlein. Ausbezahlt
wird die Rendite nach einem Jahr in Wa­
rengutscheinen für alle Produkte.
gemeinschaftsgärten
Immer mehr Stadtmenschen möchten
auch ohne eigenen Garten selbst Gemüse
und Obst anbauen. Was als „Guerilla Gar­
dening“ in Großbritannien begann, ist
längst in Bayern angekommen. Ein sehr
guter Überblick findet sich hier www.stif­
tung-interkultur.de.
In den urbanen Gemeinschaftsgärten sind
oft ältere Menschen, die Rübstiel und Pe­
tersilienwurzeln noch kennen, aber auch
Menschen mit Migrationshintergund, die
aus ihrer alten Heimat viel Wissen über
den Anbau von Nutzpflanzen und deren
Verarbeitung mitbringen, die Lehrmeiste­
rInnen. Pflanzen können getauscht, die
Ernte geteilt werden. Über das gemeinsa­
me Gärtnern entsteht ein neuer Zusam­
menhalt über die Generationen, Kulturen
und auch Schichten hinweg.
container diving,
swapping und stricken
Gerade die „junge Generation“ lehnt sich
zunehmend gegen den Konsumzwang un­
serer Gesellschaft auf. Nachhaltig konsu­
mieren, reparieren, selber machen und
tauschen sind wieder in. Was lange als Be­
schäftigung alter Menschen, als Zeichen
15
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
„Gerade die junge Generation
lehnt sich zunehmend gegen den
Konsumzwang unserer Gesellschaft auf “
von Armut oder störrischer Weltverbesse­
rei galt, ist gefragt wie nie. Tauschpartys
(Swaps), insbesondere Kleidertauschpar­
tys, sind angesagte Events, die Spaß ma­
chen, wenig kosten, keine Abfallberge pro­
duzieren und trotzdem das Bedürfnis
nach neuen Klamotten und einem echten
Schnäppchen befriedigen. Aktuelle Termi­
ne für den nächsten Swap bietet: klamot­
tentausch.net.
Container Diving ist längst nicht mehr
nur Ausdruck von Not, es ist zur Protest­
form gegen eine Gesellschaft geworden, in
der selbst Nahrungsmittel keinen Wert
mehr zu haben scheinen. Diese scheinbare
Wertlosigkeit der Dinge ist es wohl auch,
die eine neue Lust am Handarbeiten und
Reparieren entstehen lässt. Es fühlt sich
eben gut an, mit den eigenen Händen et­
was reales, einzigartiges, unverwechselba­
res und wertvolles zu schaffen.
Neue Dynamik durchs
Web 2.0
Treibende Kraft sind zunehmend „Digital
Natives“, denn sie sind mit dem Teilen und
gemeinschaftlichen Entwickeln von Din­
16
gen aufgewachsen. Sie erleben wie stark
ein Schwarm sein kann im Protest gegen
die „Mächtigen“. Im Verschenknetzwerk
Freecycle.de sind lokale Gruppen in ganz
Deutschland aktiv, stellen ein, was sie
selbst nicht mehr brauchen oder was sie
kostenlos suchen. Netcycler.de ist eine
Tauschplattform für Dinge, die ich loswer­
den möchte und Dinge, die ich im Gegen­
zug dazu suche. Beim Ringtausch der
Community fließt kein Geld.
Frents.com versteht sich als soziales Netz­
werk, das die Beziehungen zwischen Men­
schen um die Kategorie “Besitz” erweitert.
Geteilt wird alles vom Auto bis zum Vi­
deospiel. Ein weiteres Leihportal ist leih­
grube.de. Hier besteht die schöne Mög­
lichkeit die Leihgebühr an gelistete
Hilfsprojekte zu spenden.Tamyca.de und
Nachbarschaftsauto.de sind zwei Plattfor­
men, die sich auf privates Carsharing spe­
zialisiert haben.
Aus der Backpackerszene entstanden ist
couchsurfing.org. Die heute weltweit
größte Plattform für Übernachtungsmög­
lichkeiten begann mit meist kostenlosen
Schlafplätzen, etwa auf einem WG-Sofa.
Längst ist die Idee zum Geschäftsmodell
herangewachsen. Bei wohnungstausch.de,
9flats.com oder Wimdu.de finden Urlau­
ber oder Geschäftsleute Übernachtungs­
möglichkeiten in privaten Wohnungen al­
ler Preiskategorien.
Das Leben entrümpeln
Erleben wir den Anfang eines grundlegen­
den Wandels unserer Konsumgesellschaft,
in der jede/r alles selbst und alleine besit­
zen, aber nichts lange behalten will? Bewe­
gen wir uns hin zu einer nachhaltigen Ge­
sellschaft, die als Leitbild die gemeinsame
und lange Entwicklung und Nutzung von
Dingen hat? Entrümpeln wir unser Leben,
sparen dadurch Lebenszeit? Ermöglichen
wir mit den veränderten Wertvorstellun­
gen mehr Menschen teilzuhaben am öf­
fentlichen Leben, auch ohne oder mit we­
nig Geld? Wird unsere Gesellschaft also
gerechter, bunter und kreativer? Möglich
scheint es. Fangen wir doch einfach an.
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Ökologisches Engagement
„sehr stark“
Tarifbedingungen „gut“ (2,5)
Im Test: 19 Ökostromtarife
Ausgabe 2/2012
17
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
eine frage
der perspektive
Bayern ist reich. Trotzdem ist Armut ein Problem
18
von Fabian Hamák
Bayern ist ein ausgesprochen reiches Land.
Das lässt sich messen: Der Freistaat ist
reich an Fläche – so groß wie NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg zu­
sammen; reich an Menschen – mit über
12,5 Millionen Einwohnern eineinhalb
mal so bevölkert wie der österreichische
Nachbar; und mit 25 Millionen Touristen
ebenfalls reich an Gästen. Auch an attrak­
tiven Städten und Regionen mangelt es
nicht. Der Zukunftsatlas des Forschungs­
instituts Prognos sieht allein fünf der sie­
ben attraktivsten Landkreise Deutschlands
in Bayern.
offener reichtum
Spricht man von Reichtum kommt man
am lieben Geld natürlich nicht vorbei.
Bayern ist so reich, dass es 2011 mehr als
3,6 Milliarden Euro in den Topf des Län­
derfinanzausgleichs gezahlt hat, soviel wie
alle anderen Geberländer zusammen. Nir­
gendwo in Deutschland haben die Men­
schen im Durchschnitt mehr Geld zur
Verfügung (61.600 Euro je Haushalt) und
nirgendwo eine höhere Kaufkraft (21.326
Euro je Einwohner). Bayern ist aber auch
reich an allerlei abstrakten Dingen wie Ge­
schichte, Traditionen, Landschaften oder
Natur. In Summe ist der Freistaat so at­
traktiv, dass seit 1990 mehr als 670.000
Menschen aus ganz Deutschland hierher
gezogen sind.
Doch Bayern ist auch ein überraschend
armes Land. Das lässt sich ebenfalls mes­
sen. 13,5% der Bevölkerung sind laut dem
Sozialbericht der bayerischen Staatsregie­
rung von Armut gefährdet, d.h. ihnen
steht weniger als 60% des Durchschnitts­
einkommens zur Verfügung. Wenig über­
19
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
Armut trifft Kinder, Alte,
Alleinerziehende, Frauen –
und den Nordosten des Landes
rascht dabei, dass junge (unter 18 Jahre)
und ältere Menschen (über 65 Jahre) stär­
ker gefährdet sind als Menschen im sog.
erwerbsfähigen Alter. Auch dass Frauen vor allem im Alter - stärker von Armut be­
droht sind als Männer, erstaunt (leider)
nicht. Erschreckend sind dagegen die Zah­
len für alleinerziehende Eltern: Fast jeder
zweite Haushalt (41,4%) ist hier von Ar­
mut bedroht.
Mit all diesen Zahlen steht Bayern im Ver­
gleich zu anderen Bundesländern noch
gut da. Und dennoch: Nimmt man Armut
als relative Größe ernst, so zeigt sie ihre
Spuren auch im reichen Bayern. Beson­
ders augenscheinlich sind dabei die regio­
nalen Unterschiede. Im Verhältnis des
ländlichen Raums zu Verdichtungsräu­
men scheint dies wiederum nicht sehr
überraschend, aber auch darüber hinaus
zeigt sich ein geteiltes Land. Der Sozialbe­
20
richt der Staatsregierung zeigt dabei ein
deutliches Nordost-Südwest-Gefälle, das
auch die Arbeiterwohlfahrt regelmäßig
feststellt. Während sich südlich der Achse
Würzburg-Passau die niedrigsten Werte
für Armutsgefährdung in ganz Deutsch­
land finden lassen, zeigt sich der Norden
und (Nord-)Osten des Freistaates mit bis
zu doppelt so hohen Armutsquoten.
versteckte armut
Armut lässt sich aber nicht nur monetär
messen, sondern spiegelt sich auch im
Mangel an Aufstiegschancen und gesell­
schaftlicher Teilhabe wider. Denn oft ge­
hen geringe finanzielle Mittel Hand in
Hand mit kultureller und sozialer Ausge­
schlossenheit. In Bayern lässt sich das be­
sonders am Bildungssystem ablesen. Auch
wenn es in der Spitze erfolgreich sein mag,
leistet es sich mit der Hauptschule einen
eigenen Schulzweig, der Jugendliche in ein
mehr als achtmal so hohes Armutsrisiko
entlässt wie gleichaltrige Gymnasiasten.
Bayern mag an vielem reich sein, an glei­
chen Bildungschancen nicht.
In einem reichen Land wie Bayern ist es
nicht offensichtlich, wo Armut zu finden
ist. Doch sie liegt in vielen einzelnen, oft
kleinen Gruppen verborgen und zeigt sich
vor allem in regionalen Unterschieden. Als
Symbol kann hier beispielsweise auch der
Mangel an Breitbandanschlüssen in der
Fläche gelten. Wieder so eine Armut, die
den Zugang und die Teilhabe von Men­
schen beschränkt.
Vielleicht ist Bayern aber auch einfach nur
zu arm an Regierungswechseln? Da ließe
sich etwas gegen tun.
21
GRUEN 5 I GERECHTIGKEIT
kohlesubvention
von Sascha Knöchel
Wir müssen reden.
Sie und ich. Jetzt. Es
geht um was ganz,
ganz Wichtiges. Es geht
ums Geld. Um unser
Geld. Doch keine Angst –
ich werde Sie nicht mit dem
Ehrensöldner langweilen, nicht mit
bedürftigen, stützenswerten Banken,
Griechenland wird keine Rolle spielen, und die
D-Mark schon gleich gar nicht.
Wir, also Sie und ich, haben ja zu vielen Dingen ein
seltsames Verhältnis. Zur Natur beispielsweise (Blu­
menwiese ja, Mückenstiche nein). Oder zur Musik
(Wagner ja, Böhse Onkelz nein). Oder zu unserem
Körper (hier Haare ja, dort Haare nein). Doch unser
Verhältnis zu Geld ist richtiggehend gestört. Zwar re­
den wir unbeschwert und detailverliebt über unsere
Mieten, die Kindergartenkosten, Studiengebühren,
Anschaffungspreise von Autos, Häusern, Zweitpart­
nern. Wir referieren über unsere letzten Schnäppchen,
schildern haarklein die Summen, die wir dem Klemp­
ner in den Rachen schmeißen mussten, und echauffie­
ren uns über eine Vielzahl weiterer Kosten und Posten.
Wir lieben es geradezu, über Geld zu reden. Aber über
unser Gehalt reden wir nicht. Niemals. Wo kämen wir
denn dahin, wenn jeder wüsste, was wir verdienen?
Ja, wohin kämen wir da eigentlich? Wir kämen viel­
leicht dahin, nicht mehr dauernd das Gefühl zu haben,
dass wir selbst zu wenig und die anderen viel mehr ha­
ben. Wir kämen vielleicht dahin, dem ganzen Geld­
dingens etwas weniger Bedeutung und Schwere beizu­
messen. Wir kämen vielleicht dahin, unsere wichtigste
Geldquelle selbstbewusster zu betrachten. Denn für
Arbeitgeber ist es natürlich prima, dass es ihnen dank
unserer konsequenten Verschwiegenheit nicht nur
möglich ist, Frauen schlechter zu bezahlen als Männer,
sondern auch identische Arbeit grundsätzlich unter­
schiedlich zu entlohnen. Immerhin sind bereits heute
über 40 Prozent aller Jobs an keinen Tarifvertrag mehr
22
gebunden – und damit geheime Kommandosache
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Und wir
müssen uns jetzt nicht groß darüber streiten, welche
der beiden Seiten davon eher profitiert, oder?
Unsere Paranoia spielt auch Banken und sogenannten
Finanzdienstleistern in die Hände. Denn sobald wir
denen dann doch einmal unser Einkommensgeheim­
nis verraten haben, passiert etwas gänzlich Sonderba­
res: Wir verfallen in eine abenteuerliche Passivität. So
als ob durch das Lüften des Geheimnisses das Geld
nicht mehr das unsere ist. Und dann lassen wir diese
frisch Eingeweihten anstandslos zu ihrem eigenen und
nicht zu unserem Wohle mit unserem Geld zocken
und wollen damit schlicht nichts mehr zu tun haben.
Auch das Finanzamt profitiert von unserer Schock­
starre gegenüber Einkommensmitwissern. Denn na­
türlich weiß auch unser Finanzbeamter Bescheid.
Steuerbescheid sozusagen, und den akzeptieren wir
schweigend und ohnmächtig. Jeder andere Beamte, ob
bei Polizei, Einwohnermeldeamt oder KfZ-Zulas­
sungsstelle, bringt uns in nullkommanix auf die Barri­
kaden und löst Gefühlseruptionen in uns aus. Der
Absender unseres Steuerbescheids dagegen wird nie­
mals als echte, lebende Person wahrgenommen und
der ganze Vorgang wird umgehend verdrängt.
Vielleicht ist diese Verklemmtheit auch ein Grund, wa­
rum uns ein bedingungsloses Grundeinkommen
(BGE) zutiefst verunsichert. Einkommen ist Privat­
sache, basta. Gerne darf der Staat das Eigenheim sub­
ventionieren, unsere Lebensmittel, die Autos, die wir
kaufen, das Pendlerbenzin, Zeitungen und Hundefut­
ter und natürlich auch Hotelübernachtungen. Aber
doch nicht unser Einkommen. Deshalb ein Tipp, liebe
Verfechter des BGE: Nennt das Ding einfach anders.
Ehrensold zum Beispiel.
Der ist schließlich immer bedingungslos.
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Shutterstock: S.4,5,12,13,18
(Landesvorsitzende), Sendlinger Str.47,
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photocase: S.7,15,19
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Satz:
Anregungen, Kritik und Hinweise
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Druck:
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ulenspiegel druck gmbh
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Birgit Zipfel, Fabian Hamak, Daniela Wüst
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