Der Templerorden und das Geheimnis des Salomonischen Tempels

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Der Templerorden und das Geheimnis des Salomonischen Tempels
Der Templerorden und das Geheimnis des
Salomonischen Tempels
von Steffen Siegert
Lassen sich in der 200-jährige Geschichte des Templerordens und insbesondere in dem
durch sie inspirierten gotischen Kathedralenbau Indizien finden, die den Schluß nahelegen,
daß sie das Geheimnis um den Salomonischen Tempel, den Inhalt der Bundeslade
entschlüsselt und nach besten Kräften verwirklicht haben? Ist uns z. B. in Form der
gotischen Kathedrale das Vermächtnis der legendären Tempelritter übereignet worden?
Mitte März 1314 werden die Anführer des Templerordens Jacques de Molay, Huigo de
Pairaud, Geoffroy de Gonneville und Geoffroy de Charnay von französischen Kardinälen,
sowie vieler Prälaten und Doktoren der Theologie des kanonischen Rechts zu lebenslanger
Haft verurteilt. Jaques de Molay - Großmeister des Ordens und Geoffroy de Charnay –
Präzeptor der Normandie protestieren gegen den Richterspruch, leugnen Geständnisse, die
sie zuvor im mehrjährigen Prozeß unter Folterqualen abgelegt hatten und werden in Eile auf
die kleine Seine-Insel Ile des Javiaux dem Feuer übergeben. Der französische König Philipp,
so heißt es, sieht der Verbrennung vom Fenster seines Palastes aus zu und zieht sich
zurück, als der Geruch des verbrannten Fleisches sich über die Seine hinaus zu seinem Sitz
ausbreitet. Kurze Zeit später wird ihm zugetragen, was Jacques de Molay in seiner
Todesstunde prophezeite: Der König und der Papst werden binnen Jahresfrist vor den
göttlichen Richterstuhl treten.
So geschieht es auch. Noch innerhalb des Jahres stirbt sowohl Philipp, wie auch der Papst.
Der Orden jedoch, dessen 200- jährige Geschichte damit in der bisherigen Dimension
beendet ist, wird weiter wirken und die Spuren reichen bis in die heutige Zeit.
Doch kehren wir zunächst zurück zu den in einzelnen Punkten historisch recht genau
erschlossenen Beginn der Geschichte des Templerordens.
Wir befinden uns im Jahre 1118. Baudoin II., König von Jerusalem empfängt neun fromme
und gottesfürchtige französische Ritter. Sie unterbreiten ihm ihre Absicht, eine Gemeinschaft
mit der Zielsetzung zu gründen, die Pilger zum Heiligen Grab vor Dieben, Wegelagerern und
Mördern zu schützen und die öffentlichen Landwege zu überwachen. Baudoin hat es im Fall
von Jerusalem mit dem Ort zu tun, an dem die Anhänger dreier Religionen
aufeinandertreffen. Für die Juden ist Jerusalem der Ort, wo Salomons Tempel gestanden
hat. Die Mohammedaner verehren hier den Felsblock auf dem Berg Morija als Heiligtum.,
denn von hier aus wurde Mohammed in den Himmel Allahs erhoben, als er sich einst müde
zur Ruhe legte. Und für die Christen ist es die Stätte, wo Christus gewandelt und gelitten.
Zudem, ein frommer Christ hat das Grab von Christus einmal im Leben aufzusuchen, ferner
sind die Kreuzzüge eine geeignete Methode, von der miserablen europäischen Situation
widerstreitender Königshäuser und Adelsgeschlechter abzulenken und womöglich aus der
Not eine gewinnbringende Tugend zu machen. Baudoin kommt den Rittern mehr als
entgegen. Er weist ihnen ein Haus in einem Flügel seines Palastes als Wohnung zu. Mit
diesem Haus hat es eine besondere Bewandtnis, stand doch einst an derselben Stelle der
Tempel Salomos auf dem Masjid-el-Aksa. Die neun Ritter suchen nun den Patriarchen von
Jerusalem auf mit der Bitte, ihre Aufgaben anzuerkennen und ihrem Wunsch, künftig ein
mönchisches Leben zu führen und als Streiter Christi betrachtet zu werden. Der Entschluß
wird gebilligt. So legen sie vor ihm die drei Gelübde der Keuschheit, des Gehorsams und des
Verzichtes auf persönlichen Besitz ab. Und etwas Erstaunliches geschieht: den neun
Mönchsrittern treten die Stiftsherren vom Heiligen Grabe das Grundstück ab, welches das
vom König zur Verfügung gestellte Gebäude umgab. Das gesamte Templum Salomonis
steht ihnen nunmehr allein zur Verfügung. Ab jetzt nennen sie sich “Arme Ritterschaft Christi
vom Salomonischen Tempel”. Durch den Historiker Guillaume de Tyr ist überliefert, daß sie
neun Jahre lang allein bleiben, niemand in ihren Kreis aufgenommen wird, mit einer
Ausnahme. Hugo, Graf von Champagne, einer der größten Lehnsherren Frankreichs stößt
1125 zu den neun Rittern hinzu. Er wird, als sich der Orden konstituiert ihr Anführer, sein
erster Großmeister.
Aber vorerst bleiben sie Laien, bis zum Jahre 1128. Mindestens sechs der Ritter kehren in
diesem Jahr nach Frankreich zurück, ersuchen nun, zehn Jahre nach Gründung ihrer
Ritterschaft, um die Anerkennung ihrer Gemeinschaft als Orden mönchischer Konstitution.
Sie werden vom Papst Honorius auf dem Konzil von Troyes anerkannt und mit Privilegien
ausgestattet, die den Boden für ihren zukünftigen Einfluß bereiten. Sie unterstehen einzig
und allein dem Papst. Sie werden somit als unabhängig von der Weltgeistlichkeit, den
Bischöfen und Erzbischöfen erklärt. Es ist ihnen möglich, durch eigene Geistliche die
Sakramente auszuüben. Vom Zehnten sind sie befreit und dürfen darüber hinaus in ihrem
Einflußbereich selbst den Zehnten eintreiben, wie auch die gesamte Kriegsbeute behalten.
Die Regeln des Ordens entwarf der heilige Abt Bernhard von Clairvaux, die damals gewiß
markanteste Persönlichkeit geistigen Standes im Abendland.
Wem oder welcher Sache galt ihr Gehorsam?
Die heute vorliegenden Dokumente beweisen den Einfluß des heiligen Bernhard – geistiges
Haupt des Zisterzienserordens - und legen nahe, daß sich damals nicht zufällig diese neun,
später zehn Ritter trafen und vor Baudoin II. traten, sondern gesandt waren, von Bernhard de
Clairvaux.
Louis Charpentier führt in seinem Buch “die Geheimnisse der Kathedrale von Chartres” eine
Schwurformel der Tempelritter an, die den Eid der ersten Ritter wiederzugeben scheint: Ich
schwöre, meine Rede, meine Kräfte und mein Leben in die Verteidigung des Bekenntnisses
des in den Mysterien des Glaubens gegenwärtigen Gottes zu heiligen. Ich gelobe dem
Großmeister des Ordens Unterwerfung und Gehorsam. wenn die Sarazenen in christliches
Land einfallen, werde ich übers Meer fahren, um meine Brüder zu befreien. die Hilfe meines
Arms soll der Kirche und den Königen gehören im Kampf gegen die Heidenfürsten. Sind
meiner Feinde nicht mehr als drei, so werde ich sie bekämpfen und niemals feige die Flucht
ergreifen. ohne Beistand werde ich sie bekämpfen, wenn sie Ungläubige sind.”
In einer Handschrift des Meister oder Prior einer portugiesischen Provinz heißt es: “Ich...,
Ritter des Ordens vom Tempel...gelobe...Unterwerfung unter den Großmeister des Ordens,
den Statuten gemäß, die uns vorgeschrieben sind von unserem Vater, dem heiligen
Bernhard, ...und daß ich den Ordensbrüdern, vor allen Dingen den Ordensbrüdern von
Ciiteaux und ihren Äbten...,keine Hilfe versagen werde.” Folgende Aussage findet sich in
einer in Form eines Gebets vorliegenden Verteidigungsschrift eines gefangen gehaltenen
Templers: “Heilige Maria, Mutter Gottes, verteidige Deinen Orden, der von deinem heiligen
und teuren Bekenner, dem seeligen Bernhard gegründet worden ist...” Ihm also galt das
Gelübde des Gehorsams, noch bevor es zur offiziellen Stiftung kam, von ihm ging der
Auftrag aus, der wohl mehr besagte als: bewacht die Straßen der pilgernden Christen.
Die Zusammensetzung der neun, später zehn Ritter, die Inhalte ihres Eides, die Regeln ihres
Ordens, die Umstände der Erlangung ihres Wohnsitzes auf dem Gebiet des früheren Tempel
Salomons - all das läßt den Schluß zu, daß sie von Beginn an einen besonderen, einen
heiligen und geheimnisvollen Auftrag nachgingen. Und dieser Auftrag lautet: Findet die
Bundeslade mit den Tafeln des Gesetzes.
Das bedeutet, die in der Bundeslade verborgenen altüberlieferten Weisheiten des Orients
sollten aufgefunden, geborgen und fruchtbar im Sinne der Wiedererrichtung des
Salomonischen Tempels gemacht werden. Der Tempelritter Jacques de Montfaucon läßt uns
in seinen Aufzeichnungen wissen, daß die Bilder der alten Sprache nicht im äußerlichem
Sinne zu verstehen sind. Der Tempel in seinem edlen Maß und seiner vollkommenen
Harmonie wurde seit je als das irdische Abbild der göttlich-geistigen Weltordnung betrachtet.
Seit er zerstört worden ist (587 v. Chr. – der babylonische König Nebukadnezar läßt den
Tempel in Brand setzen), streben Menschen danach, ihn wieder aufzubauen. “An diesem
göttlichen Tempel auf Erden baut man, wenn man danach strebt, das Zusammenleben der
Menschen in Familie, Orden und Gesellschaften, in den einzelnen Völkern und im
Zusammenwirken der Völker über die Erde hin nach Maß, Zahl und Gewicht, das heißt nach
Gesetz, Folge und Ordnung zu gestalten; man stellt den Tempel wieder her, wenn die
Menschen ihre Arbeit an der Erde in Übereinstimmung verrichten mit den göttlichschaffenden Kräften, die in der Natur walten und sie lebendig erhalten.” Augenfälligstes Indiz
dafür, daß die Ritter fündig geworden sind, ist der mit dem Beginn und dem Ende des
Templerordens zeitlich genau korrespondierende gotische Kathedralenbau. Was die Ritter
über die heiligen Maßverhältnisse des Salomonischen Tempels ergründet und
wahrscheinlich in Form des Aaronstabes, dem gemeinsamen Nenner zwischen Mensch und
Welt und der Gewichtseinheit des Manna in der Bundeslade gefunden haben , vermittelten
sie den lange zuvor speziell darauf eingerichteten Steinmetzen jener Bauhütte, der wir zum
Beispiel den grandiosen Bau der Kathedrale Notre Dame von Chartres zu verdanken haben.
Was diese Meister über die Wirkungen von Maß, Zahl und Gewicht in den Steinen
ergründeten, die sie zu Wänden und Säulen auftürmten, was sie für ein Erleben aus den
Spannungsverhältnissen im Zusammenklang der Bögen, Wände und Gewölbe zu
produzieren vermochten, war ihnen nach heutiger Ansicht nur durch eine genaueste
Kenntnis des Sonnen-und Sternenlaufes möglich. Sie schufen in dieser Kathedrale einen
Tempel, der durch seine einzigartigen Wirkungen den Schluß zuläßt, daß er in seinen
irdischen Maßverhältnissen kosmische Sternengesetze widerspiegelt. In seinen
harmonischen Proportionen, in den Spannungen der Schwünge von Bogen zu Bogen und im
Zusammenklang der Gewölbestreben sind die Intervalle der Sphärenmusik in Stein
nachgebildet. Der Leser beachte, daß die gotische Kathedrale von Chartres von 1190-1260
gebaut wurde. Noch hunderte von Jahren mußten vergehen, bis die kopernikanische Wende
Einzug hielt. Louis Charpentier hat sich in seinem Buch “Die Geheimnisse der Kathedrale
von Chartres” außerordentliche Verdienste bei der Entschlüsselung der heiligen
Maßverhältnisse für den gotischen Kathedralenbau erworben. Nachgewiesen wird der
exklusive Standort Chartres oberhalb tellurgischer Kraftlinien. Zudem ergibt sich, wenn man
die Standorte von der Kathedrale in Chartres mit den Standorten der anderen in Frankreich
bedeutendsten Kathedralen gedanklich durch Linien verbindet ein Bild, welches adäquat
dem Sternzeichen “Jungfrau” am Firnament ist. Im obigen Schwur des Tempelritters hieß es:
“Heilige Maria, Mutter Gottes, verteidige Deinen Orden, der von deinem heiligen und teuren
Bekenner, dem seeligen Bernhard gegründet worden ist.” Historisch und etymologisch
rekonstruiert Charpentier, daß sehr viel dafür spricht, daß sich einst auf dem Hügel, auf dem
Chartres erbaut wurde, das höchste Heiligtum der Druiden, ihre oberste Gerichtsstätte, der
große Eichenhain – Tempel stand. Mit anderen Worten, haben wir es hier seiner Meinung
nach mit dem Mittelpunkt des gesamten Druidentums zu tun. Genaugenommen taucht die
Gotik als Bausystem, das in der Prägung von Citeaux auf dem spitzbogigen
Kreuzrippengewölbe beruht nach dem ersten Kreuzzug und zwar 1128 auf. Anders als in der
romanischen Bauweise, in der das in einem ruhigen Gleichgewicht lastende Gewölbe keine
Spannung besitzt und daher nicht in Schwingung geraten kann, beruht die spezifische
physiopsychologische Wirkung der Gotik auf dem feinstem Arrangement von Spannungen,
die in der Lage waren, die Schwingungen tellurgischer Quellen gleichsam einen
Resonanzkasten aufzunehmen und zu verstärken. Das gotische Kreuzgewölbe basiert auf
dem Prinzip der Umwandlung seitlichen Drucks in senkrechten Druck. Die Symphonie der
Spannungen, unter denen die Steine stehen, hebt das lastende Gewicht des Gewölbes auf,
so daß es unter dem seitlich andringenden Druck der Streben eher nach oben als nach
unten ausbräche. Das gotische Bauwerk erfordert, daß Schub und Gewicht genau
aufeinander abgestimmt sind. Das Gewicht des Gewölbes, das den Seitendruck erzeugt,
wird durch die Form des Gewölbes, am feinsten durch das Kreuzrippengewölbe aufgehoben.
Die steinerne Sprungfeder befindet sich also in fortwährender Spannung, die durch die Kunst
des Baumeisters “gestimmt” werden kann. Die Kathedrale ist somit ein Musikinstrument. Der
Spitzbogen bewirkt beim Menschen, daß er sich aufrichtet, gleichsam sich seiner selbst
bewußt wird als federnde Kraft eines der Höhe zustrebenden, fliegenden, springenden
Wesens. Er fühlt sich unter dem Spitzbogen in die Höhe getrieben. Ins Innere der Kirche
eintretend soll der Mensch durch die Einwirkung der Bauformen eine Umbildung erfahren,
die in ihm eine gewisse kosmische Empfindung als erste Stufe der Erweckung erzeugt. Wie
nun aber sieht das Wissen dieser gotischen Baumeister genauer aus? Im Exodus 31, 18
heißt es: Und da der Herr ausgeredet hatte mit Moses auf dem Berge Sinai, gab er ihm zwei
Tafeln des Zeugnisses; die waren steinern und beschrieben mit den Fingern Gottes”. Diese
Tafeln gelten heute bei vielen Forschern als Inhalt der Bundeslade. Die Tafeln des Gesetzes
sind die Tafeln des Logos, des Wortes, der Vernunft, des Verhältnisses, der Zahl. Salomo
sagt von Gott, daß er alles mit Maß, Zahl und Gewicht geordnet hat. Moses überlieferte
diese Einweisung in semitischer Sprache vermittels einer Schrift, die mit der Kabbala
enträtselt werden kann. Es scheint, daß das Hohe Lied Salomos einen Kommentar zu den
Gesetzestafeln darstellt. Der heilige Bernhard von Clairvaux hat dieser Schrift
einhundertundzwanzig seiner Predigten gewidmet. Ein Zufall? Im Buch der Könige (1.
Könige 8) findet sich innerhalb der kanonischen Schriften die letzte Erwähnung der Lade:
“Da sprach Salomon: Der Herr hat geredet, er wolle im Dunkeln wohnen. So habe ich nun
ein Haus gebaut, dir zur Wohnung, einen Sitz, daß du ewiglich da wohnest”. In den
Qumranrollen gibt es einen Hinweis, daß in dem 2000 Pferde umfassenden unter dem
Salomonischen Tempel gelegenen Räumen an diversen Stellen ein Schatz vergraben
worden ist. Haben die Tempelritter dort Jahr für Jahr gegraben und den Sitz der Bundeslade
an einer dieser Stellen ausfündig gemacht?
In neuerster Zeit hat ein englischer Forscher die Hypothese untermauert, daß sich die Lade
heute in Äthiopien befindet. Sie kann aber nur von einer einzigen Person einmal im Jahr in
Augenschein genommen werden. Und diese Person ist an das Schweigen darüber
gebunden. Ob die Bundeslade mit den Tafeln, dem Aaronstab und dem Mannamaß durch
die Tempelritter gefunden wurden ist, kann nicht bewiesen werden. Zweifelsfrei jedoch ist,
daß genau mit der Rückkehr der ersten Tempelritter im Jahre 1128 der Beginn des gotischen
Kathedralenbaus korrespondiert. Auf zwei Säulen des Nordportals von Chartres, dem
sogenannten Eingeweihtenportal wird das Thema der Bundeslade bildhauerisch bearbeitet.
Auf ihnen befindet sich die Inschrift: Archa cederis was soviel heißt wie: Durch die
Bundeslade wirst du wirken. Charpentier stellt bei seinen Forschungen fest, daß die
Kathedrale um ein Zentrum herum konstruiert worden ist. Der erste Akt beim Bau eines
Tempels ist die Errichtung der Säule im Zentrum des heiligen Bezirkes. Die Höhe der
Grundsäule war ausschlaggebend, ergaben sich doch aus der Länge der sie umwandernden
Sonnenschatten die Maße, deren Abbild der wechselnden Konstellation von Erde und
Sonne, der Bewegungen der Planeten und des Tierkreises rational faßbar wurden. Am
Nordportal von Chartres findet sich eine Darstellung von Moses. Er trägt eine Säule mit
Kapitell, die Tempelsäule. Der Schatten der Tempelsäule, bestimmte die Umgrenzung des
späteren Kult-Platzes.. Nach Charpentier ergab sich aus dieser inneren Umgrenzung die
erste Tafel, deren Dimension vom Schatten der Säule bestimmt wurde und deren
Proportionen eine geheime Tradition angab. Ist die Aussage im Hebräer 10,1 – “ denn das
Gesetz hat den Schatten von zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst” in
diesem Kontext sinnvoll interpretierbar oder gar damit gemeint? Barg der grünende
Aaronstab ein ganz bestimmtes heiliges Maß? Soweit sich die zur Tradition der Templergotik
und der dafür maßgeblichen geometrischen Erkenntnisse der Äbte von Citeaux
bekennenden Bruderschaften aus Baumeistern, Steinmetzen zu ihrem Geheimwissen
äußern, wird der Zusammenhang zwischen den Tafeln des Gesetzes und dem Ringen der
Templer um den Heiligen Gral hergestellt. Sie formulieren einen wichtigen Teil ihres
Geheimnisses wie folgt: “Drei Tafeln haben den Gral getragen: eine runde Tafel, eine
quadratische Tafel und eine rechteckige Tafel. Alle drei haben denselben Flächeninhalt; ihre
Zahl ist 21...” Wenn man die Zahl 21 als 2:1 liest und sie auf die geometrische Figur des
Rechteckes mit den Seitenverhältnissen 2 : 1 bezieht, kommt man zur Diagonale Wurzel aus
5. Wird diese Diagonale um die Breite 1 des Rechtecks verlängert und teilt man diese neue
Strecke durch 2, so erhält man eine Strecke, deren Zahlenwert auf 1 bezogen den Goldenen
Schnitt ergibt. Die Zahl des Goldenen Schritte bezeichnet genau ein Verhältnis, dessen Teile
immer auf das Ganze bezogen bleiben.
Wozu ist das nun so wichtig? Drei Tafeln haben den Gral gezogen. Der Tisch des
Abendmahles, die mystische Tafel der Christen, ist rechteckig. Daher hat der Chor einer
christlichen Kirche einen rechteckigen Grundriß. Auch die Grundrisse ägyptischer und
griechischer Tempel basieren auf dem Prinzip der rechteckigen Tafel. Der Hagia Sophia von
Konstantinopel dem heutigen Istanbul liegt die quadratische Tafel zugrunde, ebenso dem
Allerheiligsten des Salomonischen Tempels. Die Rundkirchen der Tempelritter jedoch
wurden über der runden Tafel errichtet. Mathematisch und baugeometrisch interessant ist
nun, daß man durch Anwendung mathematischer Operationen ausgehend vom Zahlenwert
des Goldenen Schnittes ( 1,618...) auf die Konstante p = 3,1416... stößt, mit deren Hilfe
Umfang und Oberfläche eines Kreises ermittelt werden können, sofern dessen Durchmesser
bekannt ist. Das heißt, daß die rechteckige Tafel mit dem Seitenverhältnis 2 : 1 den
Schlüssel zur Verwandlung einer rechteckigen Oberfläche in eine Kreisfläche enthält. Die
runde Tafel kann also von der rechteckigen Tafel abgeleitet werden. Charpentier, dessen
Buch ich an dieser Stelle empfehlen möchte, macht sich nun nach dieser Erkenntnis daran,
die Kathedrale auszumessen. Würden die drei Tafeln in der Kathedrale von Chartres
eingeschrieben sein, so wäre das ein deutliches Indiz dafür, daß die Templer das Geheimnis
um den Heiligen Gral im obigen Verständnis gelüftet haben und für jedermann sinnlich
wahrnehmbar werden ließen. Ein Detail, das neben den vielen anderen hier nicht
aufzählbaren interessant sein mag: Die Untersuchung ergab, daß die Grundfläche der
Cheopspyramide hundertmal so groß ist, wie die Grundfläche der Tafeln von Chartres.
Offenbar war den Templern im Zusammenwirken mit den Baumeistern um die Mönche von
Citeaux daran gelegen, jedermann die Chance zu geben, den Bauplan des Schöpfers intuitiv
zu erfassen, instinktiv zu spüren oder wissenschaftlich zu ergründen. Die Kathedralen
vereinigen in sich ein faszinierendes Arrangement von kosmologischem Gespür, ethischer
Vision und handwerlicher Kunst. Oder anders formuliert von Intuition, Intelligenz und Mystik.
Jedes Detail beherbergt seine ganz individuelle Aussage in symbolischer Form und ist
dennoch als Teil des Ganzen nicht nur nicht verzichtbar, sondern dieses selbst prägend.
Handanlegen, Verwirklichen, Umsetzen, Erschaffen der Formen, die den Menschen die
Einsicht und Kenntnis kosmischer Prinzipen erleben ließen – dieses Herangehen gelang den
Templern nicht nur in Bezug auf den Kathedralenbau. Nach dem Fall von Jerusalem und der
Templer-Hochburg Akkon im Jahre 1291 ziehen sie sich nach Zypern zurück. Sie errichten
hier ihren Hauptsitz und kontrollieren von hier alle Angelegenheiten, die sich aus der
Verwaltung ihrer durch zahlreiche Siege über die Gegner des Christentums und durch
beträchtliche Schenkungen erworbenen Komtureien in Europa ergaben. Die besten der
durch die jahrelange Schule von Ordensregeln, Ordenshierarchie und Geheimkonventen
gegangenen Brüder übernahmen verantwortungsvolle Aufgaben in den jeweiligen Provinzen.
Als erstes sorgten sie dafür, daß die Bauern aus der bedrückenden Leibeigenschaft erlöst
wurden. Ungünstig weit vom Hof der Bauern abliegende Felder oder Äcker wurden
abgetauscht und zusammengelegt, steinige Gebiete beräumt. Die Fruchtbarkeit des Bodens
erhöhte sich durch die Wiederaufnahme der wechselweisen Bebauung der Felder. Ebenso
wurde durch die Templer der Anbau von Flachs und Leinen, die Bearbeitung der Fasern wie
auch die Haltung reichhaltiger Viehbestände angeregt. Ihre Abgaben an Korn und anderen
Beträgen richtete sich anders als zuvor konsequent nach dem Ausfall der Ernte in den
verschiedenen Gegenden. Eigene Verwalter betreuten und bewachten die angelegten
Vorratshäuser. Auch die Städte blühten durch das Wirken der Templer auf. Insbesondere die
allerorts angelegten Straßen, die mit solidem Steinbett versehen ein schnelles Versickern
des Wassers ermöglichten, ermutigte die Kaufleute zur Mobilität. Zudem wurden hinderliche
Zollschranken und Brückengelder entweder ganz abgeschafft oder sehr erträglich für die
Kaufleute gestaltet. Die Tempelritter beschützten die Straßen, so daß die Händler sogar
Umwege dafür in Kauf nahmen, um im sicherem Schutz und unter Nutzung der zahlreich
entlang der Straßen errichteten Scheunen und preiswerten Raststätten zu reisen. Es gibt
mehrere Hinweise darauf, daß den Templern über den Schiffsverkehr der Kontakt mit einem
jenseits des großen Meeres (Mexico?) gelegenen Volkes gelungen ist, von woher sie Gold,
vor allem aber Silber bezogen. Wie dem auch sei, die Einfuhr von Silber und Gold gab dem
Handel der Templer eine sichere Grundlage und erlaubte ihnen die Regelung des
Geldverkehrs mit Wechseln und schriftlichen Zahlungsanweisungen im Landesinnern und
vor allem in fremden Ländern. Das war von immenser Bedeutung, weil durch die in allen
Großstädten Europas errichteten Wechselstuben der immer noch riskante Transport und
Tausch von Ware gegen Ware wegfallen konnte. Jacques de Montfaucon teilt in seinen
Aufzeichnungen mit, daß diese neue Art des Handelsverkehrs ein solches Vertrauen in das
Bankgeschäft der Templer bewirkte, daß ihnen sogar der Staatsschatz des französischen
Königshauses zur Aufbewahrung übergeben wurde. Als Jacques de Molay 1298
Großmeister der Templer wird, ist das Ansehen dieses Ordens durch das ebenso umsichtige
wie gewissenhafte Engagament der Templer ob im Bereich des Handels, der Kunst und
Architektur, der modernen Wissenschaften, der diplomatischen Vermittlungstätigkeiten,
insbesondere jedoch in Bezug auf das gewaltige Vermögen und ihrer gesicherten
Finanzgrundlage schon längst ein sehr realer Machtfaktor geworden. Lediglich der Papst
hatte gegenüber diesem überall in Europa fest etablierten und ungemein erfolgreichen und
innovativen Orden Weisungsbefugnis. Wer gegen die Templer vorzugehen ersann, würde
auch den derzeitigen Papst herausfordern. Nun, die Geschichte hat dieses Blatt
geschrieben, eine solche Person tauchte auf. Sein Name: Philipp der IV., der Schöne, König
von Frankreich seit 1285. Philipp war zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seiner
Machtentfaltung. Ihm war es gelungen Papst Bonifatius VIII. zu Fall zu bringen. Jenem also,
der in einer Bulle feierlich erklärt hatte, daß er auch in der irdischen Weltordnung über Kaiser
und Königen stünde. Für Bonifatius VIII. den Philipp “Seine zu große Überheblichkeit”
nannte, hatten die Tempelritter jedoch Partei ergriffen. Sie hielten die Trennung der
weltlichen von der geistlichen Gewalt für richtig. Ihr politisches Credo hieß: keine erbliche,
sondern eine gewählte Monarchie, in der Ausübung ihrer Amtspflichten durch templerische
Prinzipien kontrolliert und ausbalanciert, solle die Geschicke des Staates bestimmen. Sie,
die Ritter sahen sich als Wiedererrichter des Salomonischen Tempels, als schöpferische
Wirkkraft Gottes auf Erden durch die Einsicht in dessen Weisheit auserwählt, das Zünglein
an der Waage, die vermittelnde Macht zwischen den beiden Gewalten des Glaubens und
des Wissens, den Papst und dem Kaiser zu stehen. Angesichts der Misere sich in Europa
eifersüchtig beobachtender beneidender und bekämpfender Herrschaftsbereiche mag ihr
Traum der eines Völkerbundes gewesen sein, universell ausgelegt, die Synthese zwischen
dem Morgenland und dem Abendland herbeizuführen, deren Verteidiger sie sein wollten.
Jeder Fürst Europas hingegen trachtete danach, sich mit Philipp gut zu stellen, denn nichts
war gewisser, als das dessen Einfluß bei der Wahl des künftigen Papstes entscheidend sein
würde. Der Erzbischoff von Bordeaux gehörte zu jenen und wurde 1305 nicht nur in Billigung
sondern unter Einfluß des französischen Königs als Clemens V. zum Papst erhoben. Er
wußte, daß er nach Ermessen Philips dessen Werkzeug sein würde.
Philipp, dem historisch gesehen an der Verwirklichung eines starken, autonomen
französischen Staates – koste es, was es wolle – gelegen sein mochte, hätte die innere
Zielsetzung des Templerordens verfälschen, den Orden in sein dynastisches Interesse
zwingen müssen. Seine wiederholten Versuche, sich selbst oder mindestens seinen Sohn
zum Großmeister der Templer ernennen zu lassen, schlugen fehl. Womöglich waren sie der
Versuch, das universell ausgerichtete politische Ziel des Ordens, das er nicht kennen
konnte, wohl aber ahnte, zu unterlaufen. Jaques de Molay war die Aufgabe zugewiesen, die
Vision der Tempelritter in der Zeit eines sich immer mächtiger gebärdenden französischen
Königs nicht zu verraten. Die besondere Schwierigkeit lag darin, daß dieser den Papst , den
die Templer als Orden zu Treu und Gehorsam verpflichtet waren, als gefügigiges Werkzeug
in seinen Händen hielt. Im Jahre 1306 wird Molay von Papst Clemens nach Frankreich
eingeladen, um mit ihn und Großmeistern anderer Orden einen neuen Kreuzzug zur
Befreiung des heiligen Grabes zu besprechen. Aber die Verhandlungen ziehen sich hin. Im
Oktober 1307 wird er von königlichen Offizieren gefangengenommen und ketzerischer
Gesinnung wegen angeklagt. In der gleichen Nacht ergeht an alle Tempelritter Frankreichs
der Haftbefehl. Die jahrhundertealte unantastbare Integrität des Ordens, seine
Unabhängigkeit von jeglicher weltlicher Macht war gebrochen. Für Jacques de Molay hieß
das sieben Jahre lang Einkerkerung, Verhör, Erniedrigung, Folterung bis zu seinem
Opfertod. Philip hatte in Bezug auf die Anklagepunkte ganze Arbeit geleistet. Dem Orden
wurde angelastet Kinder zu ermorden, Frauen zur Abtreibung zu veranlassen, homosexuelle
Beziehungen zu tolerieren, einen mit dem christlichen Glauben nicht vereinbaren
unüberschaubaren Reichtum angehäuft zu haben. Vor allem aber versuchte der König die
Angst und den Hass der Pariser Bevölkerung gegenüber den Templern dadurch zu schüren,
daß ihnen vorgewurfen wurde, geheime Rituale durchzuführen wobei eine scheußliche
Kreatur namens Baphomet angebetet und das Christenkreuz bespuckt worden sei. Zwischen
1311 und 1312 findet das Konzil zu Vienne statt. Der Templerorden wird durch päpstliche
Verfügung aufgelöst ohne für schuldig befunden zu sein.
Literatur: Louis Charpentier, Die Geheimnisse der Kathedrale von Chartres
John Charpentier, Die Templer
H.R.Niederhäuser, Das Geheimnis des alten Turmes,
Aufzeichnungen des Tempelritters Jacques de Montfaucon
Baigent, Leigh, Der Tempel und die Loge
Albert Ollivier, Les Templiers
Zeittabelle
1095.
Urban II. ruft auf der Synode zu Clermont die Ritter zum Kreuzzug auf, zur
Befreiung des heiligen Grabes
1096
Erster Krezzug, vorwiegend französischer Ritter
1099.
Eroberung Jerusalems. Balduin, der Bruder Gottfried von Bouillon, wird König
von Jerusalem
1118.
Gründung des Templerordens
1127.
Synode von Troyes. Bestätigung des Ordens. Bernhard von Clairvaux (1090 –
1153)
1187.
Saladin erobert Jerusalem zurück
1260
Fertigstellung der gotischen Kathedrale in Chartres
1268.
Philipp IV., der Schöne wird geboren
1291.
Fall von Jerusalem und Akkon, die Templer ziehen sich auf Cypern zurück
1298.
Jacques de Molay wird Großmeister
1298
Wiedereroberung von Jerusalem
1303.
Tod Bonifatius VIII.
1306.
Clemens V. lädt Molay nach Frankreich ein, um einen Kreuzzug zu
besprechen
1306.
13. Oktober, Verhaftung der Templer in Frankreich
1312.
Beendigung des Konzils zu Vienne, Aufhebung des Templerordens
1314.
18. März Flammentod von Jacques de Molay und Godefroy de Charnais
1314.
20. April, Clemens V. stirbt
1314
29. November, Tod König Philips IV.

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