Editorial Qualität an erster Stelle Erfahrungen mit

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Editorial Qualität an erster Stelle Erfahrungen mit
CeraNews
Das Magazin für Orthopäden
Ausgabe 1/2011
Ceramics in Orthopaedics
Editorial2
Qualität an erster Stelle
Interview mit Prof. Dr. Richard H. Rothman
2
Erfahrungen mit Keramik in den USA
Ergebnisse der Keramik/Keramik-HTEP bei jungen und aktiven Patienten
7
Bericht von der CCJR-Wintertagung 2010
Höhepunkte des Kongresses 9
Komplikationen
Prof. Dr. Richard H. Rothman
Geringes Frakturrisiko bei BIOLOX®-Kugelköpfen11
Orthogeriatrie statt Orthopädie?
Interview mit Prof. Dr. Fritz-Uwe Niethard
14
Wissenschaft
Klinische Ergebnisse mit Keramik 17
Fallberichte
Keramik/Keramik-Gleitpaarungen bei Dysplasiecoxarthrose
22
Heinz-Mittelmeier-Forschungspreis
Studie zu „Mix and Match“
24
Editorial
Interview
Qualität an erster Stelle
Interview mit Prof. Dr. Richard H. Rothman
Heinrich Wecker,
Director
Marketing and Sales
Central and East
Europe, Geschäftsbereich Medizintechnik
Liebe Leserin,
lieber Leser,
„Quality first“ – mit diesem Grundsatz hat
Prof. Richard Rothman das Rothman Institute
in Philadelphia weltweit zu einem der bedeutendsten Zentren für Endoprothetik gemacht.
Über diese und weitere Voraussetzungen seines Erfolgs gibt er in unserem Interview umfassend Auskunft.
Qualität aus Verantwortung für den Patienten – das ist auch der oberste Grundsatz bei
CeramTec. Unser Qualitätsanspruch und mehr
als 35 Jahre Erfahrung mit über 6 Millionen
verkauften BIOLOX®-Komponenten haben die
Erfolgsgeschichte der Keramik in der Endoprothetik möglich gemacht.
Stillstand kommt für uns nicht in Frage. Unsere
Erfahrung und Kompetenz konzentrieren wir
auf die kontinuierliche Weiterentwicklung
unserer Produkte. Dabei sind wir niemals Marketingtrends hinterhergelaufen. Maßgeblich
sind für uns klare medizinische Anforderungen
und Möglichkeiten für neue Applikationen.
Wir haben mehr als 10 Jahre an der Entwicklung von BIOLOX®delta gearbeitet, das für
viele noch als ein „neues“ Material gilt. Erst
als wir uns ganz sicher waren, kam es 2003
auf den Markt. Ende 2010 haben wir bereits
mehr als 1 Million Kugelköpfe aus dieser Hochleistungskeramik verkauft, was den überzeugenden Nachweis ihrer klinischen Performance
erbringt.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.
Prof. Dr. Richard H. Rothman ist Gründer des Rothman Institute und hat die James-Edwards-Professur der Abteilung für
Orthopädische Chirurgie am Jefferson Medical College der
Thomas Jefferson University in Philadelphia, USA, inne. Er gilt
als Pionier auf dem Gebiet der Orthopädie mit internationaler
Reputation in der Endoprothetik. Das Rothman Institute ist
weltweit eine der erfolgreichsten Einrichtungen für orthopädische Chirurgie und verfügt über ein sehr hohes Operationsaufkommen. CeraNews hat Professor Rothman zur Geschichte
und Philosophie seines Instituts, seinem Erfolgsgeheimnis
und seinen Ansichten über die wichtigsten Aspekte der Endoprothetik befragt.
Wann haben Sie mit der Endoprothetik begonnen?
Gleich nach Beendigung meiner ärztlichen Ausbildung habe ich von der Arbeit von John Charnley
gehört und ihn 1970 zusammen mit anderen jungen US-Chirurgen in Wrightington besucht. Wir
haben seine Prinzipien und Techniken in die USA
geholt. Kurz nach meiner Rückkehr habe ich die
erste Hüfttotalendoprothese in Philadelphia eingesetzt. Ungefähr die nächsten zehn Jahre habe ich
Hüfttotalendoprothesen von Charnley implantiert.
Ich habe genau darauf geachtet, schlanke, ältere
Frauen zu operieren, für die das Implantat gut
geeignet war. Die Operationen hatten praktisch
eine Erfolgsgarantie.
Wie viele Endoprothesen haben Sie seitdem eingesetzt?
Ich schätze um die 25.000. Das ist kein so großes
Wunder, weil ich seit dem ersten Tag dabei bin und
mich seitdem auf die Endoprothetik konzentriert
habe. Ich bin alt genug geworden und arbeite länger als viele meiner Kollegen, die bereits in Rente
gegangen sind. Ich implantiere noch immer etwa
800 Hüften und Knie pro Jahr.
Wie hat es mit dem Rothman Institute begonnen?
Die Initialzündung kam, wie so oft, von einem großartigen Menschen – Botschafter Walter Annenberg,
der ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann und Phil­
anthrop war. Er hatte eine bilaterale Coxarthrose.
Ich habe ihm Anfang der 1970er Jahre Endoprothesen implantiert. In einem vertraulichen Moment
fragte er mich nach meinen Zielen und was ich
am liebsten täte. Ich sagte ihm, ich würde gern
ein Krankenhaus für orthopädische Chirurgie aufbauen, woraufhin er durch eine Millionenspende
das Startkapital für das Institut bereitstellte.
Heinrich Wecker
2
Ab diesem Zeitpunkt schreibt das Rothman Institute
eine ununterbrochene Erfolgsgeschichte. Würden Sie
uns das Geheimnis verraten?
Prof. Dr. Richard H. Rothman
Wie bei den meisten guten Dingen ist es ganz
einfach. Ich bin ein einfacher Mann mit einfachen
Grundsätzen, an die ich mich halte. Zunächst
muss die Qualität an erster Stelle stehen. Wenn
es zu einem Konflikt zwischen Qualität und Profit
kommt, entscheiden wir uns immer für die Qualität.
Dies mag banal und unrealistisch klingen, ist jedoch
essentiell. Die Ironie ist, dass es sich langfristig auszahlt, wenn man vorrangig auf die Qualität achtet.
Das zweite Prinzip ist Mitgefühl. Kurzfristig können
die Patienten nicht sagen, ob ihre Hüftendoprothese gut ist oder nicht. Sie merken jedoch sofort,
wenn Sie sich um den Menschen kümmern. Wir
stellen keinen Chirurgen, keine Pflegekraft, Sekretärin und keinen Telefonisten ein, der keine Herzlichkeit besitzt. Bis heute sind die Menschen überwältigt, wenn sie in dieses große Institut kommen,
hunderte von Menschen im Wartebereich sehen
und dennoch liebevoll und mit Zuwendung behandelt werden. Meiner Meinung nach beruhen unser
Wachstum und unser Erfolg vor allem hierauf. Der
dritte Punkt ist Erschwinglichkeit. Als wir begannen,
benötigte man für die Verwendung von Polymethylmethacrylat eine FDA-Zulassung. Ich hatte damals
die einzige Zulassung in Philadelphia. Wir haben das
nie ausgenutzt und haben allen unseren Patienten
die gleichen niedrigen Kosten berechnet. Langfristig hat uns auch das genutzt, weil viele Menschen
unsere unentgeltlichen Lehr- und Forschungsaktivitäten sehr großzügig unterstützt haben. Wir haben
über die Jahre enorme Unterstützung von unserem
Umfeld erhalten.
Kurzfristig können die Patienten
nicht sagen, ob ihre Hüftendoprothese
gut ist oder nicht. Sie merken jedoch
sofort, wenn Sie sich um den Menschen
kümmern.
Wo liegen die Schwerpunkte des Rothman Institutes
heute?
Letztes Jahr hatten wir 300.000 Praxistermine und
über 20.000 Operationen, von denen 8.000 Arthroplastiken waren. Obwohl wir klinisch sehr viel
zu tun haben, wollte ich unsere akademischen
Interessen nicht vernachlässigen. Wir sind zuallererst gute Chirurgen und gute Ärzte, haben jedoch
immer großen Wert auf die klinische und Grundlagenforschung sowie die Ausbildung gelegt. Wir
haben mehr klinische Beiträge veröffentlicht als jede
andere orthopädische Abteilung im Land.
Welche Verbindung besteht zwischen dem Rothman
Institute und der Universität?
Es ist einzigartig, dass ein privates Unternehmen
innerhalb eines akademischen medizinischen Zentrums die orthopädische Versorgung übernimmt.
Ich glaube, wir haben bewiesen, dass alle drei
Bereiche – medizinische Versorgung, Forschung
und Lehre – in privater Hand oder in einem Unternehmensmodell besser aufgehoben sind, weil wir
auch in Forschung und Lehre unserem Personal die
richtigen Anreize bieten können.
Wieviel Personal steht hinter Ihren Forschungs­
aktivitäten?
Unsere klinische Forschungsabteilung wird von Dr.
Javad Parvizi geleitet und besteht aus 14 Kollegen.
Die Sparte Grundlagenforschung wird von dem
Molekularbiologen Dr. Irving Shapiro geleitet und
arbeitet mit über 60 Forschern. Wir engagieren
uns stark in der Erforschung sowohl der Grundlagen als auch der praktischen Möglichkeiten der
Orthopädie.
Sind Sie persönlich an der Forschung beteiligt?
Ich bin an allem interessiert, aber kein Experte in
einem bestimmte Fachgebiet. Heute bin ich an der
Erstellung von Studienprotokollen beteiligt und
beschäftige mich mehr mit klinischen Studien als
3
Interview (Fortsetzung)
mit Grundlagenforschung. Ich bin jedoch habilitiert
und habe früher recht viel Grundlagenforschung
betrieben.
Das Rothman Institute ist auch für seine Effizienz
und als gutes Geschäftsmodell bekannt. Welche
Aspekte sind hier am wichtigsten?
Der wichtigste Grundsatz lautet „no margin, no
mission“, um einen bekannten Gesundheitsmanager zu zitieren. Wenn eine Einrichtung sich nicht
selbst finanziert, kann sie keine gute Arbeit leisten.
In der medizinischen Versorgung muss man darauf achten, wie man mit seiner Zeit umgeht. Wir
haben ein sehr effektives, qualitativ hochwertiges
Geschäftsmodell mit geringen Fixkosten. So weit
ich zurückdenken kann, haben wir Aktivitäten und
Ertrag um etwa 20 Prozent pro Jahr gesteigert. Die
wichtigste Funktion des Vorstands ist die Personaleinstellung. Chirurgen verdienen ihr Geld durch
das Operieren, nicht durch Lehre oder Forschung.
Wenn man das Einstellen beherrscht, findet man
Kollegen, die aus sich heraus lehren wollen und wissensdurstig sind und dies auch umsetzen, wenn das
Modell sie dafür finanziell nicht belohnt. Nochmals,
mein Prinzip ist ganz einfach: Derjenige, den man
einstellt, sollte klüger sein als man selbst und härter
arbeiten. Wenn Sie jemanden einstellen, der weniger klug ist und weniger arbeitet als Sie, machen Sie
die Arbeit am Ende selbst. Die Leistungskurve der
Kollegenschaft ist immer glockenförmig. Mit jeder
Einstellung müssen Sie die Kurve in Richtung Leistungsträger verschieben.
4
Wie kann man ein derartiges Hochleistungsteam
leiten?
Ich sage immer, die Tätigkeit am Rothman Institute bedeutet lebenslänglich. Wenn man von den
pensionierten Kollegen absieht, haben in 40 Jahren
nur vier oder fünf Ärzte das Institut verlassen. Alle
anderen sind geblieben. Das Geheimnis ist: Wenn
Sie eine gute Führungskraft sein wollen, sollten Sie
immer als Nummer zwei agieren. Sie sollten weniger Geld und Ruhm erhalten als Ihre Kollegen und
mit Ihren Partnern wirklich teilen. Ich habe in unserer Gruppe nie am meisten verdient und immer versucht, den Ruhm zu verteilen, um junge Führungskräfte zu motivieren. Ich glaube, es ist nicht gut,
wenn der Chef 70 Mal soviel oder noch mehr verdient als der durchschnittliche Angestellte. Dies ist
keine gute Entwicklung. Um auf das Management
und die Führung zurückzukommen: Ein guter Chi­
rurg zu sein bedeutet nicht, dass man auch ein großes Medizinunternehmen leiten kann. Man ist nicht
ausgebildet, wie ein Geschäftsmann zu denken,
man hat nicht die Instrumente und nicht einmal
den Wortschatz dazu. Daher sollte man die fähigsten Geschäftsleute anstellen, die man sich leisten
kann. Eine starke Geschäftsleitung sollte ein unparteiischer Vermittler für das medizinische Personal
sein, der eine große Organisation stabilisiert und die
Ärzte entlastet, damit sie ihre Arbeit tun können.
Dennoch hat das Geschäft einen medizinischen Teil.
Was ist hier am wichtigsten?
Effizienz im Allgemeinen und Effizienz im Operationssaal haben für uns einen sehr hohen Stellenwert. In den meisten Krankenhäusern ist der OP
der limitierende Faktor. Unsere Chirurgen führen
normalerweise acht bis zehn größere Eingriffe am
Tag in zwei Sälen gleichzeitig durch. Meistens sind
wir um 14 Uhr 30 fertig. Die Schlüsselfaktoren sind
wiederum sehr einfach. Wir beginnen um 6 Uhr
und haben ein engagiertes Team, in dem jeder wie
bei einem Orchester in seiner Tätigkeit ein Experte
ist. Wir haben einen separaten Anästhesiebereich
in Blockräumen, so dass die Narkose nicht im OP
eingeleitet werden muss. Wir legen Wert auf Einfachheit und haben weniger Geräte als die meisten
orthopädischen OPs. Ich sage immer, ein guter Chirurg kommt mit wenig aus. Wer viel hat, will etwas
kompensieren. Wir arbeiten parallel statt sequentiell.
Die OP-Schwester kann die Vorbereitung erledigen,
während der Patient im Saal ist. Der Patient kann,
während der vorherige Eingriff noch läuft, bereits
die Narkose bekommen. Außerdem warten wir
nicht darauf, dass jemand etwas erledigt. Wenn der
Boden gewischt werden muss, wische ich auch mal
selbst den Boden, wenn ich gerade nicht operiere.
Wir haben immer Ressourcen
für die Forschung vorgehalten und
Kenntnisse über die beste Vorgehensweise und die Vermeidung von
Komplikationen erworben.
Sie haben im Mai 2010 die erste Jahrestagung des
Rothman Institutes über „Evidenzbasierte Orthopädie” veranstaltet. Warum engagieren Sie sich in
diesem Bereich?
Schon vor der Gründung des Rothman Institutes,
als ich in einer Privatpraxis mit einem kleinen Kern
von zwei oder drei Chirurgen gearbeitet habe, verhielten wir uns wie ein akademisches Institut, nahmen jeden einzelnen Implantatpatienten in unsere
Datenbank auf und machten unbegrenzte Nachkontrolle. Philadelphia hat eine sehr stabile Bevölkerung. Die Menschen bleiben im Allgemeinen bis zu
ihrem Tod hier. Daher eignet es sich hervorragend
für die Forschung. Wir haben immer Ressourcen
für die Forschung vorgehalten und Kenntnisse über
die beste Vorgehensweise und die Vermeidung von
Komplikationen gesammelt. Heutzutage sind Endoprothetik und Material beeindruckend gut, erfolgreich und langlebig. Die Erfolgsrate einer HTEP liegt
nach 10 Jahren an jedem halbwegs guten Kompetenzzentrum über 99 %. Dies entspricht statistisch
fast 100 %. Aus meinen Daten ergibt sich nach 10
Jahren bei Verwendung eines Kugelkopfs aus Keramik und eines hochvernetzten Polyethylen-Inserts
eine Rate von 99,5 % – bei mechanischem Versagen
als Endpunkt. Der Beleg einer besseren Rate dürfte
Aus meinen Daten ergibt sich nach 10
Jahren bei Verwendung eines Kugelkopfs
aus Keramik und eines XPE-Inserts eine
Überlebensrate von 99,5 % – bei mechanischem Versagen als Endpunkt.
kaum gelingen, da statistisch für den Nachweis von
besser als 99,5 % 30.000 Fällen erforderlich wären.
Das bedeutet: Wenn wir von dem klassischen evidenzbasierten Ansatz der Endoprothetik abweichen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, sich zu verschlechtern als sich zu verbessern. Wenn daher ein
neues Material oder Design aufkommt, muss man
genau wissen, welches Problem man lösen will und
ob gute Langzeitergebnisse vorliegen, die belegen,
dass diese besser sind als das, was wir heute haben.
Gleichzeitig besteht keine Eile. Der Operateur kann
sich heute den Luxus leisten, die 5- und 10-Jahresdaten abzuwarten. Das ist ein Segen und ein Fluch.
Werden bei jungen Patienten auch die von Ihnen
erwähnten guten Ergebnisse erzielt?
Vor 20 Jahren bestand die Zielgruppe der Endoprothetik aus älteren, schlanken, so genannten „Lowdemand“-Patienten. Mit Verbesserung der Implantate und Gleitpaarungen begannen wir, jüngere
Menschen mit Gelenkerkrankungen zu operieren,
und die Ergebnisse wurden auch besser. Wenn man
sich alte Daten anschaut, hatten junge Patienten –
insbesondere schwergewichtige junge Männer – die
höchsten Versagerquoten. Heute gibt es Reihen von
jungen Patienten mit Knie- und Hüftendoprothesen, die nach 10 Jahren hervorragende Ergebnisse
aufweisen, weil die Implantate stabiler und frakturresistent sind, die Gleitpaarungen länger halten und
der Abrieb geringer ist.
Ich lasse Patienten mit einer KeramikHüfte Ski laufen, Einzeltennis spielen und
joggen. Mir ist nicht bekannt, dass jemals
eine Keramik/Keramik-Gleitpaarung aus
BIOLOX®delta gebrochen wäre.
Was folgt daraus?
Im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts ist die
Lebenserwartung um 30 Jahre gestiegen. Nach
der Datenlage verlangsamt sich diese Entwicklung
nicht. Die Leute wollen ihre aktive Lebensweise
trotz Gelenkverschleißes beibehalten und werden
immer anspruchsvoller. Ich laufe 5 Meilen am Tag,
operiere, stemme Gewichte und praktiziere Yoga.
Mit 73 Jahren würde ich als anspruchsvoller Patient gelten. Die Patienten erwarten außerdem eine
sehr schnelle Genesung. Manche hoch motivierte
Berufstätige gehen 2 Wochen nach der Operation
wieder arbeiten. Auch ältere Menschen möchten
Ski fahren, laufen oder Tennis spielen. Ich erlaube es
ihnen. Ich lasse Patienten mit einer Keramik-Hüfte Ski
laufen, Einzeltennis spielen und joggen. Mir ist nicht
bekannt, dass jemals eine Keramik/Keramik-Gleitpaarung aus BIOLOX®delta gebrochen wäre. Die Ansprüche können altersunabhängig sein, doch die Grenzen
der Operierbarkeit rücken jedes Jahr weiter nach hinten. Es ist nicht mehr ratsam, mit dem Gelenkersatz
zu warten, bis die Patienten älter werden.
Gibt es bei Ihnen einen Algorithmus für die Wahl der
Gleitpaarung bei der Hüftendoprothetik?
Ich verwende Kugelköpfe aus Metall nur bei Patien­
ten, die offensichtlich nicht mehr lange zu leben
haben, weil Metall den Polyethylenabrieb erhöht.
Kugelköpfe aus Keramik weisen ein wesentlich besseres Abriebverhalten auf und produzieren weniger
Polyethylenabrieb. Der Aufpreis ist gerechtfertigt,
damit der Patient die länger haltbare Endoprothese
erhält. Dies ist angesichts der Tatsache, dass wir
heute über Keramiken verfügen, die praktisch nicht
brechen, vor allem für anspruchsvolle Patienten
überzeugend. Wenn man Metall und Keramik in der
Artikulation mit PE oder XPE vergleicht, wird deutlich, dass Keramik/XPE in dieser Gruppe die beste
Gleitpaarung ist.
Kugelköpfe aus Keramik weisen ein wesentlich
besseres Abriebverhalten auf und produzieren weniger
Polyethylenabrieb.
Auf dem EFORT-Kongress in Madrid hat Professor
Binazzi vergangenes Jahr gesagt: „Wir sehen immer
noch Patienten mit extremem Polyethylenabrieb,
und Operateure in Europa setzen immer noch Metall
mit Polyethylen ein. Dies ist inakzeptabel.“ Würden
Sie dem zustimmen?
Ohne Kenntnis des Einzelfalls ist es schwer zu
sagen, was inakzeptabel ist. Meiner Ansicht nach ist
bei einem 85-jährigen Patienten eine Exeter-Hüfte
mit einem Kugelkopf aus Metall in Verbindung mit
einem dickem Polyethylen-Insert eine absolut vernünftige Lösung. Bei einem 70-jährigen, aktiven
Patienten, der läuft und Ski fährt, würde man besser
Keramik oder XPE verwenden. Jede Generalisierung
ist falsch. Ich würde für ältere Patienten Metall/XPE
und BIOLOX®delta Keramik/XPE für aktive Patienten
im mittleren oder höheren Lebensalter verwenden.
Bei jungen Patienten würde ich Keramik/Keramik
erwägen.
Was ist ein junger Patient?
Was ist ein alter Patient? Heutzutage fällt eine Antwort sehr schwer, weil wir alle möglicherweise hundert Jahre alt werden. Ein erfahrener Arzt kann die
äußere Erscheinung eines Menschen gut beurteilen
– wenn er allgemein nicht gesund aussieht, langsam geht und gebrechlich aussieht, ist er offenkundig alt. Auch die Lebensführung spielt eine Rolle.
Raucht er, haben seine Vorfahren lange gelebt oder
sind sie früh verstorben?
5
Interview (Fortsetzung)
Was denken Sie heute über Geräusche bei Hart/HartGleitpaarungen?
Es gibt Studien, die besagen, dass alle Hart/HartGleitpaarungen Geräusche machen, von denen
einige hörbar sind und andere nicht. Es gibt viele
Variationen, die ich verwirrend finde. Es ist bislang
nicht geklärt, ob die Geräusche durch das Pfannendesign bedingt sind, wo durch Impingement mit
dem Schafthals Titanabrieb in die Kontaktfläche
gerät. Oder liegt es an der Legierung, am Konus
oder an der Implantatposition? Ich glaube nicht,
dass letztere verantwortlich ist. Wir haben eine
umfangreiche Studie durchgeführt, die gezeigt
hat, dass es hieran nicht liegt. Geräusche sind ein
komplexes, multifaktorielles Phänomen, an dem
das Design von Pfanne und Schaft, Legierungen,
Konus und Implantatposition beteiligt sind.
Haben Sie Bedenken gegenüber Metallionen, die von
Metall/Metall-Gleitpaarungen abgegeben werden?
Wir haben genau vor einem Jahr, zusammen mit Ross
Crawford1 und Chitranjan Ranawat2, ein Editorial im
Journal of Arthroplasty* veröffentlicht, in dem wir
bei Metall/Metall-Gleitpaarungen zu großer Vorsicht
raten, weil bereits viele Alarmglocken läuten. In der
australischen Datenbank weist diese Gleitpaarung
die höchste Versagerquote auf. In Kombination mit
einem Oberflächenersatz ist das Risiko noch höher.
Bei jungen, aktiven Patienten ist die Versagerquote in
der Hälfte der Zeit doppelt so hoch wie bei der HTEP.
Es gibt heute eindeutige Belege dafür, dass Revisionen beim Versagen von Metall/Metall-Gleitpaarungen nicht so erfolgreich sind wie Revisionen im Allgemeinen. Dies sind drei sehr überzeugende Gründe
für mich, eine bewährte, sichere und konservative
Alternative zu wählen. Ich kann mir nicht erklären,
warum jemand beim heutigen Kenntnisstand Metall/
Metall wählen sollte.
6
Welche Rolle spielt das Gewicht des Patienten bei
der Endoprothetik?
Wir wissen, dass das Risiko bei schwergewichtigen
Patienten unter vielen Gesichtspunkten erhöht ist. Wir
müssen den Patienten darüber aufklären, dass er bei
hohem Gewicht ein größeres Risiko akzeptiert. Adipositas ist ein faszinierendes Thema, das kaum erforscht
ist. Sie ist zugleich eine der am schwierigsten zu
behandelnden Erkrankungen der heutigen Zeit. Wir
bieten am Rothman Institute Ernährungsberatung für
Patienten an, die ihre Ernährungsgewohnheiten und
das Gleichgewicht zwischen Bewegung und Ernährung verbessern wollen. Um abzunehmen, ist es allerdings effektiver, die Zufuhr zu reduzieren. Für einen
Donut müsste man 8 Kilometer laufen. Die Risikofaktoren sind jedoch nicht nur durch das Gewicht, sondern auch durch die Stärke der Fettschicht am Situs
bedingt. Dr. Ranawat hat in vielen Vorträgen darauf
hingewiesen, dass die Anzahl der Zentimeter Fettschicht in diesem Bereich für die Wundheilung und für
Infektionen entscheidender ist als das Gesamt­gewicht.
Patienten mit krankhafter Adipositas – 180 kg und
mehr – kommen für eine Operation einfach nicht in
Frage, da das Risiko einer Infektion, Phlebitis und
Lungen­embolie bei ihnen enorm hoch ist.
Nutzt sich die Gleitpaarung bei höherem Körper­
gewicht schneller ab?
Die Belege sind nicht eindeutig. Wahrscheinlich
sind schwergewichtige Menschen weniger aktiv
und nutzen ihre Gelenke deshalb nicht schneller
ab. Ich rate den Patienten, mit der Operation zu
warten, bis sie abnehmen können. Einige Patienten werden dann ungehalten und sagen: „Wenn
ich mein neues Gelenk habe, kann ich aktiv werden und abnehmen.“ Tatsache ist, dass nach einem
Gelenkersatz ein Drittel der Patienten abnimmt, ein
Drittel zunimmt und ein Drittel unverändert bleibt.
Infektionen sind zunehmend im Gespräch. Das Rothman Institute hat diesbezüglich umfangreiche Forschungen durchgeführt. Haben Sie aussichtsreiche
Ergebnisse?
Die Infektionsrate bei der Hüftendoprothetik liegt
unter 1 Prozent, beim Kniegelenkersatz aufgrund
des empfindlicheren Gewebes zwischen 1 und 2
Prozent. Außerdem besteht die Möglichkeit einer
Spätinfektion, die dental oder anderweitig ausgelöst wird. Dies ist ein kleines, aber für die Betroffenen katastrophales Restrisiko. Ein von Dr. Parvizi
entwickelter Ansatz ist das so genannte intelligente
Implantat, das zu einem definierten Zeitpunkt auf
eine Exposition reagieren kann. Ein Patient bekommt
beispielsweise zwei Jahre nach einem Hüftgelenk­
ersatz eine Zahninfektion, die Bakterien breiten
sich über die Blutbahn aus und infizieren die Kontaktfläche zwischen Implantat und Knochen. Beim
intelligenten Implantat sind nicht nur Antibiotika an
die Oberfläche gebunden, sondern es besitzt auch
einen Auslöser, um diese freizusetzen. Eine Infektion, die den pH-Wert der betroffenen Umgebung
senkt, löst die Verbindung zwischen Antibiotikum
und Implantat, so dass der Wirkstoff freigesetzt und
die Infektion bekämpft wird. Dieser Mechanismus ist
experimentell bereits erprobt. Wir suchen außerdem
nach molekularen Markern in Flüssigkeiten, die eine
günstige und schnelle Diagnose einer Gelenkinfektion ermöglichen, so dass wir sie umgehend und
aggressiv behandeln können. Glücklicherweise ist bei
einer atraumatischen, schnellen und sauberen Operation die Infektion kein großes Problem. Bakterien
wachsen am besten auf totem Gewebe und Blutansammlungen. Und diese sind das Ergebnis einer
schlecht durchgeführten Operation.
1
Orthopaedic Research Unit at the Prince Charles Hospital,
School of Engineering Systems at the Institute of Health and
Biomedical Innovation (Brisbane, Australia)
2
Weill Medical College of Cornell University, Lenox Hill Hospital
(New York, USA)
* Crawford R, Ranawat CS, Rothman RH (2010). Editorial: Metal
on Metal: Is It Worth the Risk? J Arthroplasty 25(1), 2010: 1–2
Abstract
Ergebnisse der Keramik/Keramik-HTEP
bei Patienten unter 50 Jahren*
Andrew C. Murphy1, Simon D. Steppacher2, Moritz Tannast2, Stephen B. Murphy1
Einführung
In der Vergangenheit wiesen Patienten, die zum
Zeitpunkt der HTEP jünger als 50 Jahre alt waren,
höhere Versagensraten auf als ältere Patienten. Bei
der vorliegenden Studie handelt es sich um eine
prospektive Untersuchung der Überlebensrate und
klinischen Ergebnisse von Keramik/Keramik-HTEP
(Aluminiumoxidkeramik) bei Patienten unter 50
Jahren.
Abb. 1: 49-jähriger Patient mit Osteoarthritis der linken Hüfte. Die Röntgenaufnahme
erfolgte nach 11 Jahren postoperativ und
zeigt tadellose Kontaktflächen sowie keine
Anzeichen für Osteolyse.
Abb. 2: Keramik/Keramik-Gleitpaarung
(Wright MT)
Abb. 3: 29-jährige Patientin mit Hüftdysplasie, mehrfachen Voroperationen und einer
Hüftarthrodese, die zu einer Ke/Ke-HTEP revidiert wurde. Nach 4 Jahren postoperativ
ist das klinische Ergebnis recht gut (Merle d’Aubigné-Score 14 Punkte).
Abb. 4: 40-jähriger Patient, der bei einem Motorradunfall Oberschenkel- und Beckenfrakturen erlitt. Das 5-Jahres-Follow-up zeigt ein hervorragendes klinisches Ergebnis (Merle
d’Aubigné-Score 18 Punkte).
* Der Abstract wurde präsentiert während des AAHKS 2010 in Dallas.
1
Center for Computer Assisted and Reconstructive Surgery, New England Baptist Hospital, Boston (USA)
2
Universität Bern (Schweiz)
Quelle von Abb. 3 und 4:
Steppacher SD et. Al. In: Cobb (Hrsg.). Modern Trends in THA Bearings. Material and Clinical Performance.
Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, 2010:29f [Mit freundlicher Genehmigung des Springer-Verlags]
Methoden
Bei 233 Patienten mit einem Altersdurchschnitt
von 41 ± 7,4 Jahren (range, 18–49) wurden konsekutiv 273 Keramik/Keramik HTEP eingesetzt und
mindestens 3 bis 13 Jahre nachkontrolliert. Der
präoperative Merle d‘Aubigné-Score betrug 11,1
± 1,6 (6–15) Punkte. Die präoperativen Diagnosen
umfassten primäre Osteoarthritis oder Impingement
(44 %), Hüftdysplasie (38 %), Hüftkopfnekrose
(7 %), posttraumatische Arthrose (6 %), RA (3 %),
M. Perthes (1 %) und ECF (1 %). Der mittlere Pfannendurchmesser betrug 51,8 ± 3,7 mm (range,
46–60). 31 % der Gleitpaarungen waren 28 mm,
69 % 32 mm und 1 % 36 mm groß. 20 % der
Pa­
tienten wiesen Voroperationen auf, darunter
Beckenosteotomie (8 %), Becken- und Femur­
osteotomie (3 %), Osteosynthese (3 %), Femur­
osteotomie (2 %), chirurgische Hüftluxation (2 %),
Arthroskopie (2 %), Core Decompression (1 %) und
Hüftgelenksarthrodese (< 1 %).
Ergebnisse
Bei einem mittleren Follow-up von 5,3 ± 2,3 Jahren
(range, 3–12) betrug der mittlere Merle d’AubignéScore 17,4 ± 0,9 Punkte (14–18). Radiologisch
wurden keine Anzeichen für eine Osteolyse festgestellt. Es wurden 5 Revisionen wegen implantatbedingter Komplikationen durchgeführt – 1 Fraktur
des Inserts, 1 Femurkopffraktur (Polytrauma), 2
fehlgeschlagene Osseointegrationen (1 Schaft und
1 Pfanne) und 1 Pfannenfehlstellung. Die 10-Jahresüberlebensrate nach Kaplan-Meier beträgt bei
Revision einer beliebigen Komponente aus einem
beliebigen Grund 97,4 % (95 % Konfidenzintervall
95,4–99,5 %). Luxationen oder Infektionen traten
nicht auf.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Ergebnisse der HTEP bei Patienten unter 50 Jahren mit Keramik/Keramik-Gleitpaarung (Aluminiumoxidkeramik) sind nach 2 bis 12 Jahren Follow up
vielversprechend. Es kam zu keiner Osteolyse oder
Luxation.
7
Abstract
Keramik/Keramik-Gleitpaarung (Aluminiumoxidkeramik)
für die HTEP: 10-Jahresergebnisse*
James A. D’Antonio1
Hintergrund
Trotz des großen Erfolgs von herkömmlichem ultrahochmolekularen Polyethylen (PE) als Gleitpaarungsmaterial für die HTEP sind Abrieb und daraus resultierende Osteolyse eine der Hauptursachen für Versagen und Reoperation. Im
vergangenen Jahrzehnt haben sich drei Gleitpaarungsalternativen zum herkömmlichen Polyethylen etabliert: Metall/Metall, Metall oder Keramik/XPE und
Keramik/Keramik (Aluminiumoxidkeramik). Im Vergleich zu allen anderen verfügbaren Gleitpaarungen sind Keramik/Keramik-Gleitpaarungen (Aluminiumoxidkeramik) aufgrund ihrer extremen Härte und Kratzfestigkeit, ihrer hydro­
philen Eigenschaften, die einen besseren Schmierfilm ermöglichen, sowie der
nicht vorhandenen Metallionenabgabe, des geringeren volumetrischen Abriebs
und der überlegenen Abriebfestigkeit attraktiv.
Methoden und Material
Im Oktober 1996 wurde mit einer prospektiven, kontrollierten, randomisierten Multicenter-Studie begonnen, in der Keramik/Keramik (ABC-Systeme2
I und II) mit Metall/PE (System III) verglichen wurde. In System I wurde eine
porös beschichtete Titanpfanne (99 Hüften), in System II eine HA-beschichtete
Titanpfanne (95 Hüften) und bei der Kontrollgruppe eine porös beschichtete
Titanpfanne (95 Hüften) verwendet. 1998 folgte eine prospektive, kontrollierte
Multicenter-Studie, in der eine dritte Keramik-Studiengruppe (Trident) hinzukam. Im Gegensatz zu den Keramik-Inserts der Systeme I und II war das TridentInsert von einem schützenden Metallring (Titan) und einer HA-beschichteten
Titanpfanne (186 Hüften) umschlossen. Alle Patienten erhielten denselben konischen, zementfreien TiAlV-Schaft. Die Nachuntersuchung von 452 Patienten
(480 Hüften) erfolgte durch 5 Operateure an 5 unabhängigen Einrichtungen.
Die Patienten waren in 3 Kohorten unterteilt, von denen 2 Kohorten Keramik/
Keramik erhielten, und eine Kohorte als Kontrollgruppe mit Metall/PE versorgt
wurde.
Das Follow-up beträgt für die Systeme I, II und III 13 Jahre und für die TridentPopulation bis zu 10 Jahre. Die präoperativen demografischen Daten, die klinischen Daten und/oder die klinische Leistungsfähigkeit der vier Studiengruppen unterschieden sich bei der letzten Nachuntersuchung nicht signifikant. Das
mittlere Alter in den vier Gruppen betrug 52–55 Jahre. Die Studiengruppen
waren zu 60 bis 66 % männlich. Osteoarthritis (83–89 %) und avaskuläre Hüftkopfnekrose (11–17 %) waren die beiden Hauptdiagnosen zum Zeitpunkt der
Implantation.
8
Klinische Ergebnisse
Die Überlebensrate bei Revision aus jedem Grund ergab: Die Überlebensrate war
bei den Patienten mit Keramik/Keramik der Systeme I und II (96,6 %) signifikant
höher (p = 0,0092) als bei der Metall/PE-Kontrollgruppe (91,3 %). Die Überlebensrate der Patienten mit Keramik/Keramik des Trident-Systems (97,7 %) war
ebenfalls signifikant höher (p = 0,0079) als bei der Metall/PE-Kontrollgruppe.
Revisionen, die nicht auf die Gleitpaarung zurückzuführen waren, traten auf:
bei 8 von 380 Keramik/Keramik-Patienten (2 %) wegen Instabilität, Oberschenkelfraktur, tiefer Infektion und Impingement; bei 7 von 95 Metall/PE-Patienten
(7 %) wegen Instabilität, tiefer Infektion und Oberschenkelfraktur. Revisionen,
die direkt auf die Gleitpaarung zurückzuführen waren, erfolgten: bei 2 von 380
Keramik/Keramik-Patienten (0,5 %) wegen Fraktur des Inserts nach 6 Jahren
und einer Randabsprengung nach 9 Jahren; bei 3 Patienten der Me/PE-Gruppe
(3,2 %) wegen Osteolyse. Über ein Quietschen berichteten 1,6 % der Keramik/
Keramik-Patienten mit den Systemen I und II und 0,9 % der Keramik/KeramikPatienten mit dem Trident-System. Das Quietschen trat in allen Fällen nur zeitweise auf, hatte keine klinische Relevanz und führte nicht zur Revision.
Die Röntgenkontrolle zeigte, dass alle zementfreien
Implantate knöchern stabil waren sowie bei 19,6 %
der Metall/PE-Patienten (Kontrollgruppe) und bei
1,5 % der Keramik/Keramik-Patienten eine Osteolyse vorlag (p < 0,0001).
Schlussfolgerungen und klinische Relevanz
Abriebpartikel, die aus der Gleitpaarung freigesetzt
werden, können zu Prothesenversagen führen, das
eine Revision erforderlich macht. Metall/MetallGleitpaarungen erzeugen Metallionen, die mit
Hypersensitivitätsreaktionen und Pseudotumoren
in Verbindung gebracht werden. Während hochvernetzte Polyethylene (XPE) nach 10 Jahren einen
geringeren Abrieb aufweisen, gibt es bei den XPEMaterialien der 1. Generation Probleme aufgrund
der schlechteren mechanischen Eigenschaften
oder freier Radikale. Die Nachkontrollzeit für XPEProdukte der 2. Generation liegt unter 5 Jahren.
Keramik/Keramik-Gleitpaarungen weisen bekanntermaßen langfristig eine bessere Abriebresistenz
auf, ohne das Risiko von Metallionenemission. Sie
sind eine hervorragende Alternative für junge und
sehr aktive Patienten. Wir haben bei unserer Keramik/Keramik-Patientenpopulation nach 13 Jahren
eine hohe Überlebensrate (Revision aus beliebigem
Grund), ein geringes Komplikationsrisiko und eine
hohe Zufriedenheit der Patienten festgestellt. Erst
mit der Zeit wird sich zeigen, ob andere Gleitpaarungen ebenso gut oder besser sind als Keramik/
Keramik-Gleitpaarungen.
An der Multicenter-Studie teilnehmende Chirurgen:
Dres. B. Bierbaum, W. Capello, J. D’Antonio, J. Roberson und R. Zann
Quellen:
*Der Abstract wurde während des AAHKS 2010 in Dallas präsentiert.
1
Greater Pittsburgh Orthopaedic Associates, Moon Township, PA (USA)
Anmerkung der Redaktion: Die ABC-Systeme I & II sowie das TridentSystem sind Warenzeichen von Stryker Orthopaedics, Mahwah, NJ (USA).
2
Referenzen:
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5. Clarke IC. Role of ceramic implants. Clin Orthop Relat Res; 282,
1992:19–30
CCJR-Wintertagung 2010
Höhepunkte der CCJR-Wintertagung
27. Jahrestagung der Current Concepts in Joint Replacement,
8.–11. Dezember 2010, Orlando (USA)
Zur CCJR-Wintertagung kamen über 2000 Orthopäden aus allen Staaten der USA und
insgesamt 56 Ländern, um sich über die neuesten Entwicklungen beim künstlichen
Gelenkersatz zu informieren. Das umfangreiche Programm behandelte nahezu alle
Interessensgebiete der endoprothetisch tätigen Orthopäden. Schwerpunkte der Industrieausstellung waren die Versorgung von jungen, aktiven Patienten, Techniken
für Revisionseingriffe, Oberflächenersatz, alternative Gleitpaarungen und Produkte,
die einen gößeren Bewegungsumfang ermöglichen. Ein Satellitensymposium war der
Keramik in der HTEP gewidmet.
Beim CeramTec Satellitensymposium „Ceramic Articulations in THA: The Contemporary Landscape“
Themen im Brennpunkt
In seiner Keynote Presentation umriss Dr. Joshua J.
Jacobs1 (Chicago, USA) die aktuelle Situation und
riet zur Vorsicht hinsichtlich der Verwendung von
Metall/Metall-Gleitpaarungen in Verbindung mit
großen Kugelköpfen oder beim Oberflächenersatz.
In Folge der negativen Berichte rieten die Referenten zu einem sehr begrenzten Einsatz. Metall/
Metall-Gleitpaarungen wurden, wenn überhaupt,
nur für junge, aktive Männer mit guter Knochenqualität und möglichst wenigen, noch besser keinen
Komorbiditäten, empfohlen.
Neue Technologie ist etwas Gutes, muss aber
mit Bedacht eingesetzt werden.” Er fuhr fort:
„Einer meiner Lehrer sagte, man solle immer über
Innovationen nachdenken, und ich habe an vielen
mitgewirkt. Jetzt lautet mein Motto: Setze eine
neue Technologie weder als erster noch als letzter
ein.
Thomas S. Thornhill, Harvard Medical School (CCJR-Wintertagung 2010, Orlando)
Dr. David W. Murray (Oxford, UK) war der Hauptredner zu diesem Thema, und er konnte nur wenig
positive Informationen geben. Der Oberflächen­ersatz
wurde ebenfalls negativ beurteilt. Der Zuwachs in
diesem Marktsegment hat deutlich abgenommen,
und es gibt keine Anzeichen für eine Erholung.
Tenor vieler Vorträge war der Wunsch nach höherer Zuverlässigkeit und längerer Lebensdauer der
Implantate. Dies ist angesichts der Ansprüche von
zunehmend aktiven und jüngeren Patienten weiter­
hin das Hauptanliegen der orthopädischen Chirurgen. Aufgrund der klinischen Ergebnisse, die
für einen immer früheren Gelenkersatz sprechen,
sowie der Schwierigkeiten bei Revisionseingriffen
richtet sich das Augenmerk vor allem auf alternative
Gleitpaarungen. Keramik/Keramik gilt zunehmend
als klinisch bewährte und sichere Gleitpaarung, die
bei jungen und aktiven Patienten wirkungsvoll den
Abrieb reduziert. Bedenken bestehen noch hinsichtlich der Zuverlässigkeit und dem Quietschen.
Viele Referenten befürworteten die Keramik/Polyethylen-Gleitpaarung. Es wurde deutlich, dass die
meisten anwesenden Orthopäden den Einsatz von
Keramik zur Reduktion des Abriebs unterstützen.
9
CCJR-Wintertagung 2010 (Fortsetzung)
Dr. James D‘Antonio, Dr. Javad Parvizi, Dr. Stephen B. Murphy, Ricardo Heros (CeramTec GmbH),
Dr. Chitranjan S. Ranawat, Prof. Jonathan P. Garino (von links nach rechts)
Die Keramik/Keramik-Gleitpaarung wird von den
meisten Referenten weiterhin für sehr junge und
aktive Patienten empfohlen. Es gab einige Diskussion über die kürzlich geäußerten Bedenken bezüglich einiger hochvernetzter Polyethylene, die nach
5 Jahren in vivo einen erhöhten Abrieb aufwiesen.
Der Wechsel hin zu einer neuen Generation mit
mehr Antioxidantien ist in Gang und bestätigt die
Bedenken.
Das Problem der Hüftgeräusche wurde in der Pround-Kontra-Debatte behandelt, wobei Dr. Marc
Pagnano2 (Rochester, USA) im Wesentlichen der
Ansicht ist, dass die Mechanismen besser bekannt
sind und auf Metallpartikel in der Gleitpaarung
zurückzuführen zu sein scheinen. Dr. Javad Parvizi3 (Philadelphia, USA) legte Daten vor, aus denen
eindeutig hervorgeht, dass Pfannenkomponenten mit einem schützenden Metallring und dünne
Femurkomponenten aus einer TMZF-Titanlegierung
für die meisten Fälle von Quietschen verantwortlich
zu sein scheinen. Beide Referenten empfahlen eine
sorgfältige Auswahl der Implantate als wesentliche
Maßnahme zur Vermeidung des Quietschens.
Eine der vielleicht wichtigsten Sessions der Tagung
war jene, in der kurz vor dem Ende ihres Berufs­
lebens stehende Orthopäden um ihren Rat gebeten
und nach den Lehren gefragt wurden, die sie aus
ihrer Laufbahn gezogen haben. Die meisten Empfehlungen betrafen den Patienten, der immer in den
Mittelpunkt gestellt werden sollte.
Während der gesamten Tagung dominierte der
Eindruck, dass sich der Markt für Endoprothetik in
den USA erholt hat und nach dem wirtschaftlichen
Rückgang des vergangenen Jahres wieder wächst.
Wieder einmal hat sich die Tatsache, dass an einem
Ort in einer komprimierten Zeitspanne ein komplettes Update zur Endoprothetik geboten wurde,
als größte Stärke der CCJR-Tagung erwiesen. Das
Ergebnis ist eine umfassende und überschaubare
Lernerfahrung in Verbindung mit äußerst intensiven
Diskussionen.
Satellitensymposium
Das Satellitensymposium stand unter dem Titel
„Ceramic Articulations in THA: The Contemporary
Landscape“ (CeramTec). Ein Schwerpunkt des Programms waren die 10- bis 12-Jahresergebnisse von
3 ersten Studien, die in den USA im Rahmen des
FDA-Zulassungsverfahrens durchgeführt wurden.
Das Symposium informierte über den neuesten
Stand bei Gelenkgeräuschen, gab eine Übersicht
über Daten zur Zuverlässigkeit und über die korrekte
Anwendung von Keramikkomponenten. Weltweit
anerkannte Referenten wie Dr. William Capello,
Dr. James D’Antonio, Prof. Jonathan Garino, Dr.
Stephen B. Murphy, Dr. Javad Parvizi und andere
vermittelten den Teilnehmern eine intensive Lern­
erfahrung.
Referenzen:
1
Jacobs JJ. Metal-Metal Hypersensitivity: Houston, Do We Have a Problem? Paper 53, 27th Annual CCJR, 2010:121
10
2
Pagnano MW. The Squeaking Hip. Paper 4, 27th Annual CCJR, 2010:23
3
Parvizi J. The Squeaking Hip. Paper 5, 27th Annual CCJR, 2010:25
Daten und Fakten
Geringes Frakturrisiko bei BIOLOX®-Kugelköpfen
In der Hüftendoprothetik finden Keramik-Kugelköpfe aufgrund ihrer hervorragenden
tribologischen Eigenschaften und der exzellenten klinischen Ergebnisse zunehmend
Verwendung. Eine seltene Komplikation ist die Fraktur des Keramik-Kugelkopfes. In der
Literatur wird darauf hingewiesen, dass Ermüdungsbrüche von Metallkomponenten in
der Endoprothetik häufiger auftreten als Frakturen von Keramikkomponenten1 (Abb.
1–3b). Die Frakturrate von Kugelköpfen aus BIOLOX®delta beträgt lediglich 0,002%.
1
2
BIOLOX®delta-Kugelköpfe haben
eine 10-fach geringere Frakturrate
als BIOLOX®forte-Kugelköpfe.
Die Untersuchungen und Auswertungen der Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die Ursachen für Frakturen von Keramik-Kugelköpfen im Wesentlichen
auf inkorrekte Handhabung, Fehlkombinationen
und Trauma zurückführen lassen.
Ermüdungsbruch eines Schaftes und einer Metallpfanne (Abb. 1, 2)
3a
3b
Komplikationen (je 100.000 OPs)
25
BIOLOX®forte
BIOLOX®delta
20
15
10
5
0
Ermüdungsbruch einer Metallkondyle mit korrespondierendem
PE-Inlayverschleiß (Abb. 3a, b)
Die Häufigkeit der Frakturgefahr eines KeramikKugelkopfes wird geringer bewertet als das Risiko
eines Schaftbruches, das bei ca. 0,27 % (270 auf
100.000 implantierte Schäfte) liegt.2,3 Frakturen
von BIOLOX®-Komponenten gehören zu den seltenen Komplikationen in der Hüftendoprothetik.
Das bestätigt auch die aktuelle Auswertung der
CeramTec-Komplikationsstatistik. Zur Dokumentation der Ergebnisqualität macht CeramTec seit gut
15 Jahren die firmeninterne Komplikationsstatistik
öffentlich zugänglich. Alle Angaben der folgenden
Auswertung beziehen sich auf Komplikationen, die
CeramTec im Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember 2010 gemeldet wurden. Von Januar 2000 bis
Dezember 2010 wurden ca. 3.600.000 Kugelköpfe
ausgeliefert (ca. 2.600.000 BIOLOX®forte und
1.000.000 BIOLOX®delta Kugelköpfe).
• Die Komplikationsrate der in vivo gebrochenen
BIOLOX®forte-Kugelköpfe beträgt 21 von
100.000 (0,021%).
• Die Komplikationsrate der in vivo gebrochenen
BIOLOX®delta-Kugelköpfe beträgt 2 von
100.000 (0,002%).
28 mm
32 mm
36 mm
Gesamtauswertung von 1/2000 bis 12/2010 auf der Basis
von ca. 3.600.000 ausgelieferten BIOLOX®-Kugelköpfen
Die Analyse der in vivo gebrochenen BIOLOX®deltaKugelköpfe ergab, dass in 2 Kliniken 17 Kopfbrüche
bei einem kundenspezifischen Design aufgetreten
waren. In 3 weiteren Kliniken war es zu 3 Komplikationen in Verbindung mit demselben kundenspezifischen Design gekommen. Dieses kundenspezifische
Design befindet sich seit 2009 nicht mehr auf dem
Markt.
Für die Ergebnisqualität in der Hüftendoprothetik
ist unter Berücksichtigung patientenspezifischer
Faktoren nicht nur die optimale Implantatwahl
wichtig, sondern auch die korrekte Operationstechnik. Hierbei gilt es, die Produktinformationen und
Gebrauchsanweisungen der Implantathersteller zu
beachten. Die richtige Handhabung der BIOLOX®Komponenten wird unter anderem auf der Live
Surgery DVD dargestellt, die kostenlos angefordert
werden kann*.
Im Folgenden werden einige wichtige Aspekte im
Umgang mit Keramik-Kugelköpfen dargestellt.
11
Daten und Fakten (Fortsetzung)
1. Konusschutzkappe verwenden und erst unmittelbar vor Aufsetzen des Probekugelkopfes entfernen
Der Schaftkonus könnte
intraoperativ durch Instrumente beschädigt werden.
2. Probereposition nur mit Probekugelkopf
Beim Aufsetzen und
Entfernen des OriginalKugelkopfes könnte die
definierte Struktur des
Schaftkonus beschädigt
werden.
3. Sorgfältiges Reinigen und Trocknen des Schaftkonus
Fremdkörper (z.B. Weichteile, Knochen-, Zementreste) in der Konus­verbindung führen zu
punktueller, nichtflächiger Kraftübertragung und Asymmetrien in der Belastungszone.
Keramik/Keramik-Gleitpaarung (BIOLOX®forte), Fraktur
des Kugelkopfes 3,5 Jahre postoperativ, Verunreinigungen
(Zement) im Innenkonus des Kugelkopfes
4. Korrekte Handhabung des BIOLOX®-Kugelkopfes
Kugelkopf mit sauberem,
trockenem Innenkonus und
leichter Drehbewegung
aufsetzen
12
5. Fixieren des BIOLOX®-Kugelkopfes
Fixierung mit leichtem Hammerschlag (auch mehrere
sind zulässig) in axialer Richtung auf den KunststoffKopfeinschläger
Keine direkten Metall-Hammerschläge
auf den Kugelkopf geben.
6. Beschädigungen auch intraoperativ vermeiden.
Keine heruntergefallenen oder gebrauchten BIOLOX®-Kugelköpfe verwenden.
Wir empfehlen:
• Verwenden Sie möglichst BIOLOX®delta-Komponenten in der größtmöglichen Größe.
• Benutzen Sie für Hart/Hart-Gleitpaarungen möglichst BIOLOX®delta.
• Stellen Sie sicher, dass die Konusse zusammenpassen.
• Stellen Sie sicher, dass die Konusoberflächen sauber und unbeschädigt sind.
• Fügen Sie die Komponenten sorgfältig zusammen.
• Überprüfen Sie den korrekten Aufbau vor dem Impaktieren.
• Kombinieren Sie keine Produkte verschiedener Hersteller.
Referenzen:
Was tun im Fall einer Fraktur
des Keramik-Kugelkopfes?
Revisionsendoprothetik bedeutet nicht nur die
Behandlung aseptischer Lockerungssituationen, sondern auch seltener Komplikationen, wie beispielsweise die Fraktur eines Keramik-Kugelkopfes. Dies
macht neben der Kenntnis möglicher Ursachen, die
zur Revision führten, eine exakte präoperative Planung notwendig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass
der keramische Revisionskugelkopf BIOLOX®OPTION
auch für den seltenen Fall der Fraktur einer KeramikKomponente eine sichere Lösung bietet**.
1
Ellenrieder M, Bader R, Mittelmeier W. Komplikationen nach
endoprothetischen Eingriffen. In: Krukemeyer MG, Möllenhoff G (Hrsg.). Endoprothetik. Leitfäden für Praktiker. De Gruyter, Berlin, New York, 2009:189
2
Schmalzried TP. How I Choose a Bearing Surface for My Patients. J
Arthroplasty 19(8), Suppl.3, 2004:514
3
Böttner F. Orthopädie und Unfallchirurgie. Facharztkompendium 2010.
OrthoForum Verlag, Berlin, 2010:41
* Die Surgical Live Training DVD kann kostenlos per Fax oder online
(www.biolox.com) angefordert werden. Ein Bestellformular liegt dieser
CeraNews-Ausgabe bei.
** Weitere Informationen zur Revision nach Fraktur einer Keramik-Komponente finden Sie auf der Surgical Live Training DVD. In der CeraNews
2/2010 wurde über den keramischen Revisionskugelkopf BIOLOX®OPTION
für Hüftrevisionen sowie für erweiterte Anwendungen bei Primäroperationen berichtet (einschließlich Fallberichte). Sie finden die CeraNews im PDFFormat auf unserer Webseite (www.biolox.com) oder können die Zeitschrift
mit dem beigefügten Bestellformular anfordern.
13
Gesundheitsversorgung
Orthogeriatrie statt Orthopädie?
Alte Patienten als Herausforderung
In den letzten Jahrzehnten hat der Anteil betagter und hochbetagter
Menschen, teilweise mit komplexen Störungen in somatischen, psychischen, sozialen und funktionellen Dimensionen, an der Gesamtbevölkerung stark zugenommen. Der demografische Wandel macht sich auch
in der Zunahme von Hüft- und Kniegelenkersatzoperationen bei älteren
Patienten bemerkbar. Statistiken der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS) zeigen zwischen 2002 und 2007 bei den 65- bis
84-Jährigen einen Zuwachs von 16 % beim Hüftgelenkersatz und von
44 % beim Kniegelenkersatz. Bei den über 85-Jährigen fiel der Zuwachs
noch größer aus: 21 % beim Hüftgelenkersatz, 54 % beim Kniegelenkersatz1. Weltweit ist die Orthopädie zunehmend mit den Bedürfnissen alter
Patienten und somit geriatrischen Kernfragen konfrontiert. Die WHO hat
bereits 1989 die „Geriatrisierung der medizinischen Disziplinen“ gefordert2. Was das für die Orthopädie bedeutet, fragten wir Prof. Fritz-Uwe
Niethard, den Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
Seit Einführung des Begriffs „Orthopädie“ durch den
französischen Arzt Dr. Nicolas Andry im Jahre 1742
hat das Fach enorme Entwicklungen durchlebt. Die
moderne Orthopädie steht angesichts der demografischen Entwicklung vor neuen Herausforderungen.
Sie haben im vergangenen Jahr den Begriff Orthogeriatrie stärker ins Spiel gebracht. Brauchen wir eine
Geriatrisierung der Orthopädie?
Aus Anlass meiner Verabschiedung von der Universitätsklinik wurde am 30. Juli ein Pauwels-Symposium abgehalten. Ich habe die Gelegenheit genutzt,
um Rückschau zu halten und eine Bilanz aus 40
Jahren orthopädischer Tätigkeit zu ziehen. In diesem Zeitraum hat sich das Spektrum unseres Fachs
grundlegend gewandelt. Als ich Anfang der 1970er
Jahre als Orthopäde anfing, gab es nicht nur viel
mehr Kinder als heute, sondern auch einen großen
therapeutischen Bedarf für pädiatrische Orthopädie.
Inzwischen gibt es nicht nur insgesamt weniger Kinder, es können auch viele der damals schwerwiegenden Erkrankungen wirksam bekämpft werden.
Nicht wenige der früher häufigen Krankheitsbilder
sehen wir heute kaum noch. Zugleich ist die Lebenserwartung gestiegen, und die älteren Menschen
stellen einen immer größeren Teil der Patienten der
Orthopädie. Unser Fach wandelt sich also in gewisser Weise automatisch zur Orthogeriatrie. Das ist
jetzt besonders augenfällig, da die geburtenstarken
Jahrgänge ins Rentenalter kommen.
14
Professor Dr. Fritz-Uwe Niethard ist Generalsekretär der
Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
(DGOU). Bis zu seiner Emeritierung im Juli 2010 hatte er
den Lehrstuhl für Orthopädie der Medizinischen Fakultät
der Technischen Hochschule Aachen inne und war Direktor
der Orthopädischen Klinik am Universitätsklinikum. Zur
Zeit leitet er die ambulante Rehabilitation der Schwertbad-Klinik in Aachen.
In den 1950er Jahren wurden von Evans und Devane
konzeptionelle Vorstellungen zur Verbindung von
Orthopädie und Geriatrie entwickelt. Gibt es inzwischen spezifisch orthogeriatrische Behandlungsmodelle?
Es gibt Modelle im allgemein-geriatrischen Bereich,
unter dem Stichwort „Altersmedizin“, die spezifisch
auf ältere Menschen abgestimmt sind. Hier steht
im Vordergrund, die medizinischen mit den sozialen Angeboten zu verknüpfen, also die Patienten
nach der Behandlung wieder gut in ihr Umfeld zu
integrieren, oder, wenn das nicht mehr geht, sie in
Pflegeeinrichtungen unterzubringen. Dieses Thema
bekommt in Zukunft noch zusätzliche Brisanz, weil
es immer mehr Singles im Alter gibt, die nicht mehr
familiär eingebettet sind. Die Gesellschaft steht damit
vor immensen Herausforderungen. In Skandinavien
gibt es dafür schon seit einigen Jahrzehnten funktionierende Modelle. Auch in Deutschland gibt es
sinnvolle Ansätze, aber noch keine durchgreifenden
Lösungen. Der Schwachpunkt sind die Übergänge
zwischen den Versorgungsbereichen, die sehr abrupt
stattfinden.
In einem 2005 erschienen Review warnten die Autoren, dass die Befolgung klinischer Leitlinien bei
älteren Patienten mit Komorbiditäten unerwünschte
Nebenwirkungen haben kann.3 Zudem wurde bereits
Ende der 1980er Jahre in den USA darauf hingewiesen, dass die diagnosebezogene Fallkostenpauschale
Druck auf die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus
erzeugt, was zu Qualitätsverlusten und gesamtwirtschaftlich steigenden Kosten führen kann.4 Können
die oft komplexen Bedürfnisse alter Patienten überhaupt in formalisierte Abläufe integriert werden?
Leitlinien lassen dem behandelnden Arzt genügend
Spielraum, sie in Abhängigkeit von vorliegenden
Faktoren auszulegen. Einen Standard gibt es jedoch
bisher noch nicht. Es gibt Forderungen, zum Beispiel von manchen Fachgesellschaften für Altersmedizin, die gern eigene Fachabteilungen einrichten
würden, in denen alle älteren Menschen in den
Kliniken zusammengezogen werden – analog zur
Pädiatrie. Für eine differenzierte Versorgung der
Älteren müsste man solche Abteilungen mit sehr
vielen Spezialisten ausstatten, die aber an anderer
Stelle längst vorhanden sind. Ich meine, hier sind
nur interdisziplinäre Ansätze sinnvoll.
Was kommt auf die Endoprothetik als tragende Säule
der Orthopädie zu, und sind wir darauf vorbereitet?
Die Probleme des älteren Menschen sind nicht dieselben wie die eines 40- oder 50-Jährigen. Eine ganze
Reihe von Faktoren muss beachtet werden, wenn
ein alter Patient operiert wird. Das wird heute auch
schon im Studium vermittelt, die spezifischen Probleme der älteren Menschen werden herausgearbeitet und unterrichtet. In den Kliniken ist dieses Wissen aber noch nicht so ganz angekommen. Große
Kliniken der Maximalversorgung haben es leichter,
denn sie verfügen in der Regel über die benötigte
fächerübergreifende Spezialkompetenz, mit Internisten, Neurologen, Orthopäden und Traumatologen
und den anderen Spezialisten, die bei der Behandlung der älteren Menschen gebraucht werden. Kliniken der Regelversorgung geraten da schon eher
an ihre Grenzen. Hier muss weiter Spezialwissen
vermittelt werden. Damit beschäftigen sich auch die
Fachgesellschaften in zunehmendem Ausmaß. Deshalb bekommt dieses Thema auch auf unseren Kongressen einen immer größeren Platz, es gibt zudem
immer mehr Sonderveranstaltungen, die sich ganz
speziell mit den muskuloskelettalen Erkrankungen
oder Verletzungen im Alter beschäftigen.
Für eine differenzierte Versorgung der
Älteren sind nur interdisziplinäre Ansätze
sinnvoll.
Das Gesundheitsempfinden älterer Patienten ist
bei Krankheit oder nach Unfall stark abhängig vom
Schweregrad der Auswirkungen auf das Alltagsleben.
Um es mit einem Beispiel zu illustrieren: Ein betagter
Patient wird nach einem Sturz mit Hüftschmerzen eingeliefert. Die Untersuchungen ergeben, dass keine
hospitalisationspflichtige Erkrankung oder Verletzung
vorliegt. Zu Hause leidet der Patient aber noch Tage
später unter Schmerzen und ist gehunfähig. Wie lässt
sich dieses Dilemma auflösen?
Das ist ein gutes Beispiel für das bereits angesprochene Problem der Schnittstellen. Erstens brauchen
wir dringlich Betten für die konservative Behandlung in der Orthopädie und Unfallchirurgie, weil
eben nicht alles operiert werden muss. Zweitens
brauchen wir eine Anpassung der Schnittstellen,
so dass der Übergang von einer in die andere Versorgungsstufe leichter möglich wird. Dafür muss es
Behandlungspfade geben, die sicherstellen, dass
in der jeweils nächsten Behandlungsstufe mit dem
gleichen Wissen und Verständnis des Problems
agiert und das Behandlungsziel erreicht wird. Ein
Vorbild können die Behandlungspfade der Berufsgenossenschaften sein.
Es muss Behandlungspfade geben, die sicherstellen,
dass in der jeweils nächsten Behandlungsstufe mit dem
gleichen Wissen und Verständnis des Problems agiert
und das Behandlungsziel erreicht wird.
Es gibt weltweit sehr große Unterschiede zwischen
den Gesundheitssystemen. Eine durchgängige
Struktur von Einrichtungen für die Rehabilitation,
wie wir sie beispielsweise in Deutschland haben,
gibt es in vielen Ländern gar nicht. Dort werden alte
Patienten, die nach der klinischen Behandlung allein
nicht zurechtkommen und nicht von der Familie aufgefangen werden, in irgendeine Form von Altersheim „gesteckt“. Eine medizinische Betreuung findet dann nur noch am Rande statt. In Deutschland
sind wir da im Grunde schon optimal ausgestattet,
wir müssen nur das Schnittstellenproblem lösen. Ich
meine, dass sich eine alternde Industriegesellschaft
eine solche Ausstattung leisten sollte, denn daran
wird der soziale Zusammenhalt einer Gesellschaft
auch gemessen.
Gibt es einen internationalen Austausch zu den Fragen der Orthogeriatrie?
Der findet auf den einschlägigen Kongressen durchaus statt. Aber da werden eher die wissenschaftlichen Fragen behandelt. Dabei spielt auch eine Rolle,
dass die Physiotherapie in den meisten Ländern akademisiert ist, anders als bei uns in Deutschland. Auf
diesem Gebiet erhalten wir von anderen Ländern
wichtige wissenschaftliche Impulse. In der eigentlichen Altersmedizin befinden sich vor allem Ärzte
und Soziologen im Austausch. Die Strukturen sind
je nach Land sehr unterschiedlich organisiert – in
Deutschland sind etwa die Sozialmediziner immer
dabei, weil Gesundheits- und Sozialversicherungen
auf diesem Gebiet eine wichtige Rolle spielen.
15
Gesundheitsversorgung (Fortsetzung)
Referenzen:
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16
Wissenschaft
Klinische Ergebnisse mit Keramik
5- bis 9-Jahresergebnisse von HTEP
mit Ke/Ke-Gleitpaarung bei jungen
und aktiven Patienten
Le Meur et al. (Frankreich) haben in einer prospektiven Studie 108 Patienten (53 weiblich, 55
männlich) mit einem Durchschnittsalter von 55,4
Jahren zum Zeitpunkt der Operation untersucht.
Bei 111 Hüften wurden eine Ke/Ke-Gleitpaarung
(BIOLOX®forte) eingesetzt. In 75 % der Fälle wurden 32-mm-Kugelköpfe verwendet. In 10 Fällen
wurde der Schaft zementiert. Das mittlere Followup betrug 6,9 Jahre. Die Hauptindikationen waren
Coxarthrose (61,2 %), Osteonekrose (18,9 %) und
Dysplasie (7,2 %). Die Patienten wurden nach 3, 6,
12 und 24 Monaten nachuntersucht. 5 Patienten
wurden aufgrund Femurfrakturen (2), Luxation (1),
Lockerung (1) und Fraktur des Kugelkopfes (1) revidiert. Infektionen traten nicht auf. Die Ke/Ke-Überlebensrate betrug nach 5 Jahren 99,1 %.
Le Meur M, Lecoz L, Tayeb A, Louis ML, Curvale G, Rochwerger A. Analyse
de survie d’un couple de frottement céramique – céramique à plus de 5 ans,
à propos d’une cohorte de 108 patients. Abstract 329, SOFCOT 2010, Paris
Langzeitergebnisse von Ke/PE
(Zirkonoxidkeramik)
Hamache et al. (Frankreich) untersuchten 77 Patienten (84 Hüften) mit einem mittleren Follow-up
von 10 Jahren. Das Durchschnittsalter betrug beim
letzten Follow-up 76,5 Jahre. 24 HTEP wurden
zementiert, 60 wurden hybrid eingesetzt. In allen
Fällen wurde ein 22,2-mm-Kugelkopf aus Zirkon­
oxidkeramik* verwendet. Nach 10 Jahren Follow-up
wurde bei 23,52 % der Patienten eine Osteolyse am
Kalkar (0,5–1 mm) festgestellt. Die Osteolyse trat
früh auf und wurde bereits bei 9,12 % der Patienten nach 5 Jahren Follow-up beobachtet.
Hamache S, Caton J. Résultats à plus de 10 ans d’une PTH avec couple
zircone/PE. Abstract 282, SOFCOT 2010, Paris
* Das angegebene Keramikprodukt stammte nicht von CeramTec.
10-Jahresergebnisse von Ke/Ke vs. Me/
Me-HTEP (Sandwich) – eine prospektive
randomisierte Vergleichsstudie
Chatelet et al. (Frankreich) haben 114 HTEP von
einem Operateur in 2 vergleichbaren Kohorten ausgewertet. Die Serie umfasste 63 Me/Me-HTEP bei
62 Patienten (19 weiblich, 43 männlich) und 51 Ke/
Ke-HTEP (Aluminiumoxidkeramik) bei 51 Patienten
(20 weiblich, 31 männlich). Das Durchschnittsalter
betrug in der Me/Me-Gruppe 62 (35–85) Jahre und
in der Ke/Ke-Gruppe 59 (36–80) Jahre. Nach 10
Jahren wurden 101 Patienten (102 Hüften) nachuntersucht. Die beiden Gruppen unterschieden sich
hinsichtlich der allgemeinen Komplikationsrate nach
HTEP nicht signifikant. In der Ke/Ke-Gruppe kam es
in 1 Fall zu einer Fraktur des Inserts nach 2 Jahren
postoperativ. In der Me/Me-Gruppe zeigten während der Nachkontrollzeit 4 Patienten eine asymptomatische femorale Osteolyse. Die Autoren gaben
an, dass in 2 Fällen künftig eine Revision erforderlich
werden könnte.
In einer anderen Studie wurden von Huber et al.
(Österreich)* neue Ergebnisse über derartige asymp­
tomatische Osteolysen in Verbindung mit Me/MeGleitpaarungen vorgestellt. Komponenten und
umgebendes Gewebe wurden bei 7 Patienten mit
9 Implantaten der 2. Me/Me-Generation postmortal entnommen. Bis zum Todeszeitpunkt hatten 6
Patienten 3 bis 10 Jahre postoperativ keine Symp­
tome. Ein Patient hatte über zunehmende Hüftschmerzen berichtet. Bei den Patienten lagen keine
Hinweise auf implantatbezogene Infektionen vor.
Es gab auch keine Hinweise auf ein gravierendes
Impingement oder eine Korrosion an der Kopf-HalsVerbindung. Die Röntgenaufnahmen der Hüften
mit Me/Me-Gleitpaarung wurden auf Anzeichen
von Osteolyse untersucht. Die histologische Untersuchung bestätigte in 2 Fällen den radiologischen
Befund einer asymptomatischen Osteolyse. In 3 Fällen
ergab die histologische Analyse eine Osteolyse, die
auf den Röntgenbildern nicht erkannt worden war.
Die Autoren gaben an, dass die Entdeckung kleiner
osteolytischer Läsionen möglicherweise eine effektivere Diagnostik, wie die MRT, erfordern könnte. Im
Gewebe der Gelenkkapsel wurde bei allen Hüften
eine Metallose festgestellt. Bei 8 Hüften wurde eine
lokale Lymphozyteninfiltration gefunden.
Mittels energiedispersiver Röntgenmikroanalyse
wurden bei allen Hüften Chrom-Spitzen und bei 3
Hüften Spuren von Korrosionsprodukten (Phosphor,
Sauerstoff) festgestellt. Alle 8 Hüften mit guter
Funktion wiesen diffuse und perivaskuläre Lymphozyteninfiltrate auf.
Die Autoren schlussfolgerten, dass diese postmortalen Befunde auf einen Zusammenhang zwischen
dem Ausmaß der Gewebeentzündung und der Entstehung einer Osteolyse nach Implantation einer
Me/Me-HTEP hinweisen.
Sie wiesen darauf hin, dass die Ergebnisse eine ähnlich stark ausgeprägte Osteolyse aufzeigen wie bei
Me/PE-Gleitpaarungen, die in früheren Autopsie­
studien untersucht worden waren.
Chatelet JC, Setley L. Étude comparative prospective des couples de frottement métal-métal versus alumine-alumine de 114 PTH à 10 ans de recul.
Abstract 330, SOFCOT 2010, Paris
* Huber M, Reinisch G, Zenz P, Zweymüller K, Lintner F. Postmortem
study of femoral osteolysis associated with metal-on-metal articulation
in total hip replacement: an analysis of nine cases. J Bone Joint Surg Am
92(8),2010:1720–1731.
17
Wissenschaft (Fortsetzung)
Risiko kurzfristiger Komplikationen
nach primärer Ke/Ke-HTEP im Vergleich
zu Me/Me- und Me/PE-HTEP
Bozic et al. (USA) untersuchten die kurzfristigen
Komplikationsraten (tiefe Venenthrombose,
Luxation, Infektion, mechanische Lockerung)
und Revisionen von HTEP mit verschiedenen
Gleitpaarungen bei älteren Medicare-Patienten in
den ersten 2 Jahren nach der primären HTEP. Sie
führten eine Analyse von 3 vergleichbaren Kohorten
von HTEP-Patienten (Ke/Ke, Me/Me, Me/PE) durch.
Die Patienten waren hinsichtlich Alter, Geschlecht
und Erhebungsregion (USA) vergleichbar. Me/
Me-Gleitpaarungen waren mit einem signifikant
höheren Risiko periprothetischer Infektionen
behaftet (0,59 %) als Ke/Ke-Gleitpaarungen
(0,32 %). Die klinische Bedeutung und Ursachen
dieser Ergebnisse sind unklar. Die Autoren
vermuten, dass möglicherweise bei einigen
dieser Me/Me-Patienten fälschlicherweise eine
Infektion diagnostiziert wurde, obwohl bei ihnen
eine lokale Entzündungsreaktion der Weichteile
vorlag. Sie wiesen darauf hin, dass über derartige
Fälle von Mikhael et al. berichtet wurde*. Andere
Unterschiede der kurzfristigen Komplikationsraten
zwischen Me/Me-, Ke/Ke- und Me/PE-Gleitpaa­
rungen wurden nicht festgestellt.
Bozic KJ, Ong K, Lau E, Kurtz SM, Vail TP, Rubash HE, Berry DJ. Risk of
Complication and Revision Total Hip Arthroplasty Among Medicare Patients
with Different Bearing Surfaces. Clin Orthop Relat Res 20,468,2010:2357–
2362. * Mikhael MM, Hanssen AD, Sierra RJ. Failure of metal-on-metal total hip
arthroplasty mimicking hip infection. A report of two cases. J Bone Joint Surg
Am. 91,2009:443–446.
Überlebensraten von Hart/HartGleitpaarungen (Ke/Ke, Ke/Me, Me/Me)
Zywiel et al. (USA) berichteten über die Ergebnisse
einer systematischen Auswertung der Fachliteratur
(Studien Level I und II) über Me/Me-HTEP der 2.
Generation, Me/Me-Oberflächenersatz der Hüfte,
Ke/Ke-HTEP und Ke/Me-HTEP. In den 4 Studien
(Level I oder II) über Me/Me-HTEP wurden bei einem
mittleren Follow-up von 38 Monaten bis 5 Jahren
Überlebensraten von 96 bis 100 % angegeben.
In den 2 Level-I-Studien über Me/Me-Oberflächenersatz wurde bei einem mittleren Follow-up von 56
Monaten eine Überlebensrate von 94 % und bei
einem mittleren Follow-up von 33 Monaten eine
Überlebensrate von 98 % angegeben. In der LevelII-Studie wurde bei einem mittleren Follow-up von
36 Monaten eine Überlebensrate von 95 % angegeben.
In den 4 Studien (Level I) über Ke/Ke-HTEP wurde
nach durchschnittlich 51 Monaten eine Überlebensrate von 100 % und nach 8 Jahren eine Überlebensrate von 96 % ausgewiesen.
Die Autoren haben keine veröffentlichte Studie
gefunden, die über Überlebensraten von Ke/MeHTEP berichtet.
Sie konstatierten, dass gewisse Schwankungen der
Überlebensraten auf Unterschiede bei der Opera­
tionstechnik, der Implantatpositionierung und beim
Implantatdesign zurückzuführen sein könnten. Sie
folgerten, dass bei jungen und aktiven Patienten
zunehmend Hart/Hart-Gleitpaarungen eingesetzt
werden. Die Autoren wiesen darauf hin, dass die
orthopädische Fachwelt über die mögliche lokale
und systemische Verteilung von Metallabrieb und
mögliche negative Reaktionen nach der Implan­
tation von Me/Me-Gleitpaarungen zunehmend
beunruhigt ist.
Zywiel MG, Sayeed SA, Johnson AJ, Schmalzried TP, Mont MA. Survival of
Hard-on-Hard Bearings in Total Hip Arthroplasty: A Systematic Review. Clin
Orthop Relat Res, published online, 05 November 2010.
Akronyme:
Ke/Me= Keramik/Metall
ECF 18
= Epiphysiolysis capitis femoris Ke/PE= Keramik/Polyethylen
HA= Hydroxylapatit
Me/Me= Metall/Metall
HHS
Me/PE= Metall/Polyethylen
= Harris Hip Score
HTEP= Hüfttotalendoprothese
MRT= Magnetresonanztomographie
Ke/Ke= Keramik/Keramik
XPE
= hochvernetztes Polyethylen
5- bis 10-Jahresergebnisse zementfreier Ke/Ke-HTEP bei
jungen und aktiven Patienten mit Dysplasiecoxarthrose*
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen über klinische Ergebnisse mit Ke/KeGleitpaarungen bei HTEP, aber nur sehr wenige über Ke/Ke-Gleitpaarungen, die bei Patienten
mit Dysplasiecoxarthrose implantiert wurden. Neue Studien aus Japan, beispielsweise von Atsushi
Kusaba et al., berichten über klinische Ergebnisse mit Ke/Ke-HTEP bei Dysplasiecoxarthrose.
Atsushi Kusaba, Kiyohiro Nagese, Saiji Kondo, Yoshikatsu Kuroki1, Akihiko Maeda2, Jörg Scholz3
Hüftendoprothetik in Japan
Material und Methoden
• Dysplasiecoxarthrose
• Hoher prozentualer Anteil junger Patienten
• Hoher Aktivitätsgrad
• Flaches und kleines Acetabulum
• Abnormale Anatomie
• Schlechte Knochenqualität
• Schwere Kontraktur
Bei 251 Patienten mit Dysplasiecoxarthrose erfolgten 290 Implantationen mit einer Spongiosa Metal
II® (SM) Pfanne (ESKA Implants) und Ke/Ke-Gleitpaarung (BIOLOX®forte, Kugelkopf 28 mm, CeramTec
GmbH). Bei 181 Hüften wurde der SM-Schaft verwendet, bei 109 Hüften mit einem engen femoralen
Kanal wurde ein SL Plus Schaft (S&N Orthopedics
AG) eingesetzt. Das Durchschnittsalter betrug 53
Jahre. In allen Fällen war die präoperative Diagnose
eine Dysplasiecoxarthrose, darin eingeschlossen 15
fehlgeschlagene Osteotomien und 5 Dislokationen.
Es wurde ein anterolateraler Zugang verwendet. Bei
einem Patienten kamen Fixationsschrauben zum
Einsatz. Bei 23 Hüften erfolgte zusätzlich eine Pfannendachplastik mit Schrauben. Bei 87 Hüften wurde
eine Adduktorentenotomie durchgeführt. Ein ausgedehntes Weichteilrelease erforderten 10 Hüften.
Der mittlere Nachuntersuchungszeitraum lag bei
6,5 (5–10) Jahren.
Fragestellung
Die Versorgung von Patienten mit Dysplasiecoxarthrose, eine der häufigsten Diagnosen bei Hüftproblemen in Japan, stellt eine Herausforderung
dar. Da der Abrieb die Standzeit einer Hüftendoprothese wesentlich beeinflusst, verwenden wir
in Erwartung einer geringeren Osteolyse- und
Revisionsrate die Ke/Ke-Gleitpaarung. In einer retrospektiven Untersuchung wurden mittelfristige
Ergebnisse analysiert.
* Quelle: Poster, Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie, Berlin 26.–29. 10. 2010.
Das Poster wurde mit freundlicher
Genehmigung von Dr. Atsushi
Kusaba für die CeraNews grafisch
überarbeitet.
Crowe I, 188 Hüften
Crowe II, 79 Hüften
Crowe III, 18 Hüften
Crowe IV, 4 Hüften
1
Allgemeines Krankenhaus Ebina,
Institut für Endoprothetik und Rheumatologie, Ebina, Kanagawa, Japan
2
Krankenhaus Fujigaoka, Showa
Universität, Orthopädie, Yokohama,
Kanagawa, Japan
3
HELIOS Klinikum, Emil von Behring
Klinik für Orthopädie, Berlin
19
Wissenschaft (Fortsetzung)
Operationsverfahren
Alle Patienten
• Resektion von sklerotischem Gewebe
vor dem Ausfräsen
• Ausfräsung bis zur lamina interna
—> Größte Pfanne (d.h. ein Keramikinsert mit
maximaler Wandstärke) und Medialisierung
des Hüftzentrums
• Entfernung von Osteophyten
—> Vermeidung von Impingement
• Semi-Seitenlage
• Gebogener Hautschnitt
• Anterolateraler Zugang
Weichteilrelease
• Adduktorentenotomie 68 Hüften
• Flexortenotomie
6 Hüften
• Ausgedehntes Weichteilrelease
8 Hüften
—> Reduzierung von exzessivem Gelenkstress
bei konzentrischen Gelenkbewegungen
Die korrekte Implantationstechnik und operative
Sorgfalt sind unerlässlich, um die tribologischen
Vorteile der Ke/Ke-Gleitpaarung nutzen zu können
und Komplikationen zu vermeiden.
Auch bei stark dysplastischen Acetabula muss
der Operateur eine gute
Primärstabilität und Pfannenpositionierung gewährleisten.
a
Pfannendachplastik mit
Schrauben (23 Hüften):
57-jährige Patientin vor der
Operation (a) und 8 Jahre
später (b). Der HHS verbesserte sich von 51 auf 85
Punkte. Pfanne und Schaft
waren stabil.
20
b
Ergebnis
Im Beobachtungszeitraum waren alle Prothesen
stabil. Radiologisch wurden Lysesäume bei 4 Hüften
(1,4 %) (t = 1,09, p = 0,30) mit SM-Schaft im Pfannenbereich gefunden, bei 8 SM-Schäften (4,4 %)
und 22 SL-Schäften (20 %) (t = 17,70, p = 0,00)
in den proximalen Schaftzonen. Es traten keine
Osteolysen auf. Im Gegensatz dazu wurden bei Verwendung der Ke/PE-Gleitpaarung Osteolysen beobachtet (13/56 = 23,2 %) (t = 63,68 %, p = 0,00).
Der Inklinationswinkel betrug im Mittel 40 (23–58)
Grad, der Anteversionswinkel 29 (5–56) Grad. Es
traten keine Dislokationen auf. 2 Patienten mit
einem SM-Schaft (1,1 %) und 4 mit einem SL-Schaft
(3,7 %) berichteten über Geräusche (t = 1,12, p =
0,29), die jedoch nicht reproduzierbar waren. Eine
signifikante Korrelation zur Pfannenpositionierung
und Range of Motion konnte nicht festgestellt
werden. Bei 2 Patienten mit SL-Schaft erfolgte
eine Revision aufgrund einer Fraktur des Keramik­
inserts. Bei beiden Patienten war die Metallpfanne
aufgrund der Verwendung eines nicht geeigneten
Instrumentariums beschädigt worden. Die Revisions­
rate aufgrund implantatbezogenen Versagens war
bei der Ke/Ke-Gleitpaarung geringer (2/1498,
p = 0,1 %) als bei der Me/Me-Gleitpaarung (10/585,
1,7 %) (t = 15,94, p = 0,00).
Harris Hip Score
Trendelenburg-Zeichen
Punkte
Negativ –> Positiv: N = 3 (1,0 %)
100
91 (61–100) Punkte
Positiv: N = 182
80
56 (28–83) Punkte
Positiv: N = 47
Schmerz
60
Schmerz
Beweglichkeit
40
Beweglichkeit
Gang
20
Gang
Negativ: N = 243
(83,8 %)
ADL
ADL
0
Negativ: N = 108
(37,2 %)
Pre-Op
letztes FU
Pre-Op
letztes FU
Pfannenausrichtung (keine Dislokation)
Pre-Op
Sharp Winkel
Post-Op
Inklination
Post-Op
Antetorsion
Ø 50 Grad
(39–71)
Ø 40 Grad
(23–58)
Ø 29 Grad
(8–54)
Bewegungsumfang beim letzten FU (keine Dislokation)
Beugung
Streckung
Abduktion
Adduktion
Aussenrotation
Innenrotation
Ø 89 Grad
(35–120)
Ø 6 Grad
(-10–20)
Ø 22 Grad
(0–50)
Ø 10 Grad
(0–25)
Ø 25 Grad
(5–45)
Ø 26 Grad
(0–20)
Schlussfolgerung
Die Spongiosa Metal II®-Endoprothese ermöglicht
bei Dysplasiecoxarthrosen eine exzellente Primärstabilität. Nach Versorgung mit der Ke/Ke-Gleitpaarung waren weniger periprosthetische Reaktionen
zu beobachten als bei der Ke/PE-Gleitpaarung.
Die Versagensrate bei der Ke/Ke-Gleitpaarung war
geringer als bei der Me/Me-Gleitpaarung.
Auch für junge und aktive Patienten mit dysplastischen Hüften bilden Ke/Ke-Gleitpaarungen aus tribologischer Sicht die Grundlage für
lange Implantatstandzeiten.
21
Fallberichte
Behandlungsmöglichkeiten bei Dysplasiecoxarthrose
Fallberichte über klinische Erfahrungen mit Keramik/Keramik-Gleitpaarungen
von Dr. Atsushi Kusaba
Fall 1: Zementfreie Ke/Ke-HTEP bei einer Hüfte vom Typ II
nach Kalamchi und MacEwen1
Diagnose
55-jährige Patientin mit Dysplasiecoxarthrose (Abb. 1). In der Kindheit erfolgte
eine Gipsretention, um die Luxation der rechten Hüfte zu reduzieren. Die
Nebenwirkungen der Gipsbehandlung, eine hämatogene Störung und Entwicklungsstörungen führten zu einer Abflachung des Hüftkopfes. Die Patientin
konnte aufgrund der massiven Beinlängendifferenz und Kontrakturen kaum
gehen. Sie klagte außerdem über starke beidseitige Gelenkschmerzen.
Dr. Atsushi Kusaba ist leitender
Orthopäde am Institute of Joint
Replace­
ment and Rheumatology am
Ebina General Hospital in Kanagawa,
Japan. Zudem hat er eine Assistenzprofessur an der Showa Universität
(Fujigaoka Krankenhaus) inne. Er ist
Board Member, Supervisory Doctor
und Boardman der Japanese Associa­
tion of Rheumatology, Vorsitzender
der Kanagawa Rheumatism Medicine
Association und ist als Facharzt bei
der Japanese Orthopaedic Association
eingetragen. Dr. Kusaba ist Mitglied
der Société Internationale de Chirurgie Orthopédique et de Traumatologie
(SICOT), der Deutschen Gesellschaft
für Orthopädie und Orthopädische
Chirurgie (DGOOC) und der International Society for Technology in Arthroplasty (ISTA). Er hat 5 Lehrbücher,
33 Originalveröffentlichungen sowie
105 Präsentationen in Englisch oder
Deutsch verfasst, zahlreiche Veröffentlichungen in Japan nicht mitgezählt.
Dr. Kusaba ist in Japan und Deutschland als Arzt zugelassen.
Kontaktadresse:
Dr. Atsushi Kusaba
Institute of Joint Replacement
and Rheumatology
Ebina General Hospital
1320 Kawaraguchi, Ebina
Kanagawa 243-0433, Japan
Telefon: +81-462-33-1311 (Büro)
Telefax: +81-462-32-8934 (Büro)
E-Mail: [email protected]
22
Abb. 1: 55-jährige Patientin
mit Dysplasiecoxarthrose
Abb. 2: Lösen des Sehnenansatzes des M. glutaeus
maximus
Abb. 3: Ein Jahr nach der
Operation: normale Funktion
und deutlich gebesserte
Kontraktur
Behandlung
a
b
Beide
Hüftgelenke
wurden über einen
antero­lateralen Zugang
gleichzeitig
durch
zementfreie Endoprothesen ersetzt. Angesichts des Alters und
des Aktivitätsanspruchs
der Patientin wurde
beidseitig eine Ke/KeGleitpaarung (BIOLOX®
forte) verwendet. An
beiden Hüften war ein
ausgedehntes Weichteil-Release erforderlich:
Es wurden die Adduktoren (vom Femur), die
Sehne des Adduktors
(am Schambein), der
Glutaeus maximus (von
der Tuberositas glutea),
die Sehne des Glutaeus
maximus (am Ansatz), Abb. 4: Ganzbein-Röntgenaufnahmen vor (a)
der M. quadrizeps und und nach (b) den Operationen
sartorius (Ursprung am
Darmbein), die Sehne des M. iliopsoas (am Trochanter minor) gelöst und eine V-YPlastik der Fascia lata durchgeführt (Abb. 2)2. Ein Jahr später ging die Patientin
normal, und die Kontraktur war erheblich gebessert (Abb. 3). Die Beinlängendifferenz wurde gut korrigiert (Abb. 4).
Fall 2: Zementfreie Ke/Ke-HTEP bei
Hüftdysplasie Grad IV nach Crowe3
Diagnose
57-jährige Patientin mit Dysplasiecoxarthrose
(Abb. 5). Die Luxation wurde nicht korrigiert. Die
Patientin hinkte stark und benötigte beim Gehen
eine Gehhilfe.
Abb. 5: 57-jährige Patientin mit Dysplasiecoxarthrose
Abb. 6: Acetabuloplastik zur Korrektur
des flachen und kleinen Acetabulums
Abb. 7: Ke/Ke-Gleitpaarung
Behandlung
Die linke Hüfte wurde über einen anterolateralen Zugang durch eine zementfreie Endoprothese
ersetzt. Zur Korrektur des flachen und kleinen Acetabulums wurde eine Acetabuloplastik durchgeführt (Abb. 6). Es wurde eine Ke/Ke-Gleitpaarung
(BIOLOX®forte) verwendet (Abb. 7). Es war, ähnlich
wie bei Fall 1, zusätzlich ein ausgedehntes Weichteil-Release erforderlich, um das Bein zu verlängern
und die Muskelspannung auszugleichen. Ein Jahr
später klagte die Patientin über Schmerzen auf der
Gegenseite. Hier wurde anschließend ein ähnlicher
Eingriff durchgeführt. Fünf Jahre nach der zweiten
Operation konnte die Patientin normal und ohne
Unterstützung gehen. Sie war mit dem Ergebnis
sehr zufrieden (Abb. 8, 9).
a
Abb. 8: Ein Jahr nach der Operation
wurde ein ähnlicher Eingriff an der
Gegenseite durchgeführt.
b
Quellen:
1
Kalamchi A, MacEwen GD. Avascular necrosis following treatment of
congenital dislocation of the hip. J Bone Joint Surg [Am] 62;1980:876–88.
2
Kusaba A, Munakata Y, Nagase K, Maeda A, Kan N, Kondo
S, Kuroki Y. Uncemented Ceramic-on-Ceramic Bearing for Dysplastic Hips
– To Advantage the Bearing Property: from a Viewpoint of Surgeon. In: Cobb
JP (ed.). Modern Trends in THA Bearings – Material and Clinical Performance.
Springer-Verlag Darmstadt, 2009:195–201.
Abb. 9: Ganzbein-Röntgenaufnahmen vor der ersten
Operation (a) und 10 Jahre nach der zweiten Operation (b)
3
Crowe JF, Mani VJ, Ranawat CS. Total hip replacement in
congenital dislocation and dysplasia of the hip. J Bone Joint Surg [Am]
61,1979:15–23.
23
Preisverleihung
Heinz-Mittelmeier-Forschungspreis
für Studie zu „Mix and Match“
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
(DGOOC) hat beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie
(DKOU) im Oktober 2010 in Berlin den Heinz-Mittelmeier-Forschungspreis an
Dr. Saverio Affatato (Bologna, Italien) verliehen. Er erhielt die Auszeichnung für
seine Arbeit zum Thema „Mixing and matching in ceramic-on-metal hip arthroplasty: An in-vitro hip simulator study“. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde
von CeramTec gestiftet.
In ihrer Studie untersuchten Dr. Affatato und Kollegen das Abriebverhalten
von hybriden Keramik/Metall-Gleitpaarungen (28, 32 und 36 mm Durchmesser) im Vergleich zu dem von Keramik/Keramik-Paarungen. Die Metallund Keramikkomponenten stammen von verschiedenen Herstellern. Keine
der getesteten Komponenten ist von den Herstellern für die Verwendung als
Gleitpaarung freigegeben worden. In der Studie wurde der Gewichtsverlust
in einer standardisierten Abriebsimulation gemessen: Die Ergebnisse zeigen
einen erheblich größeren Abrieb bei Keramik/Metall verglichen mit Keramik/
Keramik. Bei den Keramik/Metall-Paarungen wurde außerdem mit 32-mmKugelköpfen erheblich mehr Abrieb festgestellt als mit 36-mm-Kugelköpfen.
Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass das klinische Versagen von Gleitpaarungskomponenten aus Keramik und Metall, deren Design nicht durch umfangreiche Tests validiert worden ist, vorausgesagt werden kann.
Literatur (Auszug)
Affatato S, Spinelli M, Squarzoni S, Traina F, Toni A. Mixing and matching in ceramic-on-metal hip
arthroplasty: An in-vitro hip simulator study. Journal of Biomechanics, vol. 42, no. 15, 13 November 2009.
Hinrichs F, Griss P. Retrieved Wear Couple Ceramic-on-Metal: A Case Study. In: Toni A, Willmann G (eds.).
Bioceramics in Joint Arthroplasty. Thieme-Verlag 2001:99–102.
Steens W, Katzer A. Cobalt-poisoning after failed wear couple in hip arthroplasty. P378, EFORT 2008.
Steens W, von Foerster G, Katzer A. Severe cobalt poisoning with loss of sight after ceramic metal pairing
in a hip. A case report. Acta Orthop 77(5), 2006:830–832.
Prof. Fritz-Uwe Niethard (Deutsche Gesellschaft für
Orthopädie und Unfallchirurgie), Dr. Saverio Affatato
sowie Heinrich Wecker (CeramTec) nach der Preisver­
leihung (von links nach rechts)
Dr. Saverio Affatato forscht seit 1995 im Laboratorio di Tecnologia Medica (LTM) des Istituto
Ortopedico Rizzoli in Bologna. Sein Fokus liegt
auf der Entwicklung von Protokollen zur Beurteilung des Abriebs in Hüft- und Kniegelenksimulatoren. Neben seiner Forschungsarbeit unterrichtet Dr. Affatato unter anderem computerisierte
Methoden für die postoperative Evaluation von
Hüfttotalendoprothesen an der Universität von
Bologna. Er hat mehr als 40 wissenschaftliche
Artikel veröffentlicht und ist als Rezensent für
Fachzeitschriften wie „Artificial Organs“, „Clinical Biomechanics“ und das „Journal of Biomechanics“ tätig. Dr. Affatato war Mitglied des
europäischen Komitees COST 533 für Biomaterialien in der Medizintechnik, und er gehört der
Italienischen Gesellschaft für Tribologie (AIT) an.
Call for papers
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V.
(DGOOC) verleiht auch im Jahr 2011 den mit 5.000 Euro dotierten Heinz-Mittelmeier-Forschungspreis. Der Forschungspreis, gestiftet von der CeramTec
GmbH, wird an Mediziner, Ingenieure oder Wissenschaftler bis 40 Jahre für
hervorragende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der
Biokeramik und Verschleißproblematik bei Endoprothesen sowie in Verbindung mit klinischen Ergebnissen keramischer Implantate vergeben.
Die Arbeit ist bis 31. August 2011 (Poststempel) bei der DGOOC einzureichen.
Der Preis wird anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) vom 25.–28. Oktober 2011 in Berlin vergeben.
Impressum
24
Herausgeber:
CeramTec GmbH
Geschäftsbereich Medizintechnik
CeramTec Platz 1–9
D-73207 Plochingen, Deutschland
Telefon: +49 / 7153 / 6 11-828
Telefax: +49 / 7153 / 6 11-950
[email protected]
www.biolox.de
Ihr Ansprechpartner:
Heinrich Wecker
Telefon: +49 / 7153 / 6 11-845
[email protected]
Konzept und Redaktion:
Sylvia Usbeck
Heinrich Wecker
Florence Petkow
Gestaltung und Produktion:
LoopKomm Infomarketing GmbH
Terlaner Straße 8
D-79111 Freiburg i. Brsg.
Telefon: +49 / 7634 / 55 19 46
Telefax: +49 / 7634 / 55 19 47
[email protected]
www.loopkomm.de
Nähere Informationen zu den
Bewerbungsmodalitäten:
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und
Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC)
Langenbeck-Virchow-Haus
Luisenstr. 58/59
10117 Berlin
Telefon: +49 30 84 71 21-31
Telefax: +49 30 84 71 21-32
[email protected]
www.dgooc.de
CeraNews Das Magazin für Orthopäden
Ausgabe 1/2011
Bitte schicken Sie dieses Fax an
+49 (0)71 53 / 61 19 50
Bitte schicken Sie mir Information über:
BIOLOX®forte
BIOLOX®delta
BIOLOX®OPTION – Kugelkopfsystem für Revision und Primärimplantation
BIOLOX®DUO – Bipolarsystem
Bitte schicken Sie mir die DVD „Live Surgery Training DVD –
BIOLOX® Ceramics in Total Hip Replacement“.
Senden Sie mir die CeramTec-Broschüre über Gleitpaarungen –
wissenschaftliche Informationen über Gleitpaarungen – in der Hüftendoprothetik.
Ich interessiere mich für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Keramik
in der Endoprothetik. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf.
Bitte schicken Sie mir die CeraNews regelmäßig zu.
Bitte deutlich und in Druckbuchstaben ausfüllen!
Name
Vorname
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