Fall 12: Pensionsverpflichtungen

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Fall 12: Pensionsverpflichtungen
Fall 12: Pensionsverpflichtungen
Sachverhalt:
Aus dem Geschftsbericht der Skycar Group entnehmen Sie, dass im Fremdkapital
Pensionsrckstellungen i. H. v. 375,21 Mio. Euro ausgewiesen sind. Ferner enthlt
der Anhang der Skycar Group u. a. folgende Angaben zur Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen:
„Fr die Mitarbeiter der Skycar Group bestehen betriebliche Altersversorgungszusagen. Nach
IAS 19 sind diese Zusagen als leistungsorientierte Pensionsverpflichtungen einzustufen und
unter Anwendung des Verfahrens der laufenden Einmalprmie jhrlich zu bewerten. Die knftigen Rentenzahlungen werden extern ber den Skycar Pension Trust e. V. finanziert. Da die
treuhnderisch verwalteten Fondsanteile die Voraussetzungen von IAS 19 als Vermgenswerte
(Plan Assets) erfllen, erfolgt eine Saldierung mit den Pensionsrckstellungen. Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste werden gemß der Korridormethode ber die Restdienstzeit der Mitarbeiter verteilt.
Die Berechnung der Pensionsverpflichtungen basiert auf versicherungsmathematischen Methoden. Diese beinhalten Annahmen ber zuknftige Lohn- und Gehaltstrends sowie Rententrends. Die Skycar Group schtzt die jeweiligen Berechnungsparameter jhrlich neu. Dem Berichtsjahr und dem Vergleichsjahr lagen folgende Annahmen zu Grunde:
Tabelle 102: Versicherungsmathematische Annahmen
Die Pensionsverpflichtungen der auslndischen Gesellschaften sind insgesamt von untergeordneter Bedeutung.
Aufgrund dieser Schtzungen ergeben sich nachfolgende Nettoverpflichtungen:
Tabelle 103: berleitung zur Nettoverpflichtung
Der Anwartschaftsbarwert der Pensionsrckstellungen und der Marktwert des Fondsvermgens entwickelten sich wie in Tabelle 104 (auf S. 266) dargestellt.
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Tabelle 104: Entwicklung des Anwartschaftsbarwerts und des Fondsvermgens
Die in der GuVausgewiesenen Pensionsaufwendungen setzen sich wie folgt zusammen:
Tabelle 105: Zusammensetzung der Pensionsaufwendungen
Der Pensionsaufwand wird unter den Personalaufwendungen ausgewiesen.“
Aufgabenstellung:
– Welche bilanzanalytische Relevanz hat die Bilanzierung von Pensionsrckstellungen in der Praxis?
– Verdeutlichen Sie die bilanzpolitischen Mglichkeiten und Grenzen bei der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19!
– Verdeutlichen Sie die bilanzanalytischen Mglichkeiten und Grenzen, die sich bei
der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen ergeben!
– Gehen Sie hierbei insb. auf die Darstellung der versicherungsmathematischen
Gewinne und Verluste und des Planvermgens sowie auf den Ausweis der Pensionsaufwendungen ein! Welche Auswirkungen ergeben sich hieraus im Einzelnen fr die wesentlichen Bilanzkennzahlen (vor Korrektur der Steuer) der Skycar Group?
– Welche Aussagegrenzen ergeben sich im Rahmen der Bilanzanalyse in Bezug
auf die Bilanzierung von Pensionsrckstellungen nach IAS 19?
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I. Bilanzanalytische Relevanz der
Pensionsverpflichtungen
In der Unternehmenspraxis ist die Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge
von großer Relevanz. Dies spiegelt sich auch in den Jahresabschlssen der Unternehmen wider. In vielen Bilanzen bilden die Pensionsrckstellungen die betragsmßig grßte Fremdkapitalposition – Tendenz steigend. Zugleich erffnen die
IFRS den Unternehmen ein umfangreiches bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial
bei der Erfassung und der Bewertung von Pensionsrckstellungen. Sie werden dadurch zu einem wichtigen Element der Bilanzpolitik und Bilanzanalyse.400
Durch die Pensionszusage entsteht dem Unternehmen eine Verpflichtung mit regelmßig unsicherer Hhe, unsicherem Eintritt und unsicherem Flligkeitszeitpunkt,401 so dass versicherungsmathematische Annahmen (z. B. zur Gehalts- und
Rentenentwicklung) zu treffen sind. Die damit verbundenen notwendigen Schtzungen und Prognosen sind erheblich. Obwohl IAS 19.73 den Bilanzierenden dazu
verpflichtet, bei der Bewertung der Pensionen den Grundsatz der bestmglichen
Schtzung (best estimate) zu befolgen, verbleibt ihm eine große Palette zulssiger
Bewertungsverfahren und eine erhebliche Bandbreite bei der Konkretisierung der
Rechnungsgrundlagen. Umso bedeutender ist eine sachgerechte Wrdigung allein
der hiermit betriebenen Bilanzpolitik, um Fehleinschtzungen ber die wirtschaftliche Lage des analysierten Unternehmens zu verhindern.
II. Bilanzpolitische Mglichkeiten und Grenzen bei
der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen
1. Erluterung
a) Arten von Versorgungsverpflichtungen
IAS 19.25 differenziert bei der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen zwischen beitragsorientierten und leistungsorientierten Pensionsplnen. Bei den beitragsorientierten Pensionsplnen (defined contribution plans) verpflichtet sich das
Unternehmen dazu, Beitrge in der vereinbarten Hhe an einen externen Versorgungstrger (z. B. Pensionsfonds) zu entrichten. Nach ihrer Entrichtung enden die
Leistungsverpflichtungen fr das Unternehmen. Die Beitragszahlungen an die
Versorgungstrger werden nach IAS 19.44 unabhngig von ihrer Flligkeit in der
Periode, in der die entsprechende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbracht
400 Vgl. Kting/Strickmann, Die betriebliche Altersvorsorge im Spannungsfeld von Bilanzpolitik
und Bilanzanalyse, BB 1997, S. 1 (S. 3).
401 Vgl. Pellens/Flbier/Sellhorn, Bilanzierung leistungsorientierter Pensionsplne bei deutschen
und US-amerikanischen Unternehmen, DBW 2004, S. 133 (S. 134).
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wird, als laufender Aufwand erfasst. Bilanzielle Bewertungsfragen treten dabei
grundstzlich nicht auf. Die Abbildung beitragsorientierter Pensionszusagen ist
daher sowohl aus bilanzpolitischer als auch bilanzanalytischer Sicht von untergeordneter Bedeutung.
Von bilanzpolitischer Relevanz sind dagegen die leistungsorientierten Pensionszusagen (defined benefit plans). Mit ihnen verpflichtet sich das Unternehmen gegenber den Pensionsberechtigten zur Zahlung einer Pension in einer bestimmten
Hhe.402 Das Unternehmen kann die Pensionszahlungen im eigenen Unternehmen
intern durch Bildung von Pensionsrckstellungen oder ber einen externen Versorgungstrger ansparen. Reichen spter die angesparten Mittel nicht aus, den Pensionsverpflichtungen nachzukommen, so ist das Unternehmen unabhngig von der
gewhlten Finanzierungsform verpflichtet, fr den Fehlbetrag einzustehen.
b) Bewertung der leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen
aa) Berechnung des Endlohns und der Rentenzahlungen
Kalkuliert der Arbeitgeber die Hhe der zuknftigen (meist erst Jahrzehnte spter
fllig werdenden) Pensionszahlungen im Zusagezeitpunkt, so muss er mehrere Annahmen treffen. Dies lsst sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen:
Ein 30-jhriger Arbeitnehmer hat einen aktuellen Jahresverdienst von 40 000 Euro und
erhlt am 1. 1. 2012 eine Pensionszusage. Der Pensionsanspruch wird unverfallbar,
wenn der Arbeitnehmer dem Unternehmen noch zehn Jahre angehrt. Das Unternehmen zahlt ihm dann bei Erreichen des Pensionsalters mit 67 Jahren, also im Jahre 2049,
eine lebenslngliche, jhrliche Rente von 10 % des letzten Jahresgehalts. Die Rente erhht sich jedes Jahr um die aktuelle Inflationsrate.
Bei der Ermittlung der Hhe der Pensionsrckstellung zum jeweiligen Bilanzstichtag hat der Arbeitgeber drei Berechnungen vorzunehmen: In einem ersten Schritt
muss er die Summe der zuknftigen Pensionszahlungen (ab Rentenbeginn bis zum
Ende der Rente, d. h. regelmßig bis zum Todestag des Arbeitnehmers) schtzen.
Die einzelnen Rentenzahlungen werden dann in einem zweiten Schritt auf den Tag
des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen diskontiert. Der auf
diese Weise ermittelte Verpflichtungsbarwert (sog. Anwartschaftsbarwert) ist dann
in einem dritten Schritt auf die aktive Ttigkeitszeit des Arbeitnehmers im Unternehmen aufwandswirksam zu verteilen. Die Verteilung erfolgt nach Maßgabe
eines individuell festgelegten Verteilungsplans (benefit formula).
Will der Arbeitgeber – bei der Umsetzung des ersten Berechnungsschritts – die
mutmaßlich zu zahlenden, jhrlichen Pensionen kalkulieren, so muss er zunchst
den Endlohn ermitteln, den der Arbeitnehmer voraussichtlich im Jahr seines Ausscheidens (im Beispiel zum 31. 12. 2049) erhlt. In die Berechnung fließen sowohl
tarifvertragliche Lohnerhhungen als auch individuelle, gehaltssteigernde Befr402 Vgl. IAS 19.27 (a) i.V. m. IAS 19.49.
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derungen ein. Insb. die individuellen Gehaltserhhungen entziehen sich einer objektivierten Schtzgrundlage. Im Jahresabschluss werden hierzu keine Aussagen
getroffen. Aber auch hinsichtlich der Erwartung der allgemeinen Lohnerhhungen
variieren naturgemß die Schtzungen. Je hher die Lohnsteigerungen veranschlagt werden, desto hher ist c. p. die Pensionsrckstellung bei gleichem Sachverhalt. Es sei angenommen, dass der Arbeitgeber ganz allgemein von zuknftigen
Lohnsteigerungen von 3,50 % ausgeht und er den Endlohn des Arbeitnehmers im
konkreten Fall auf 80 000 Euro taxiert.
Hngt die sptere Auszahlung der Rente auch von einer zuknftigen Mindestzugehrigkeit zum Unternehmen ab, sind auch Kalkulationen erforderlich, mit welcher
Wahrscheinlichkeit der Arbeitnehmer tatschlich in den Genuss des Rentenanspruchs kommt.
Zustzlich mssen berlegungen hinsichtlich der biometrischen Annahmen (z. B.
Sterblichkeitswahrscheinlichkeit, Fluktuationsraten, Invaliditt, Frhpensionierung und Hinterbliebenensituation) des Arbeitnehmers getroffen werden. Fr
Deutschland knnen die Heubeck’schen Richttafeln Anhaltspunkte gewhren.
Sind Arbeitnehmer in statistisch weniger gut erforschten Regionen beschftigt, ist
das Unternehmen ggf. auf eigene Schtzungen angewiesen. Es sei unterstellt, dass
der Arbeitgeber fr das Ausgangsbeispiel damit rechnet, dass die Rentenbezugsdauer 20 Jahre betrgt und von 2050–2070 luft.
Besteht (vermeintliche) Klarheit ber die Hhe der Rente und ihre Laufzeit, so ist
zu kalkulieren, auf welche Weise sich die Inflation, die whrend der Rentenbezugszeit (1. 1. 2050 – 31. 12. 2070) eintritt, auf die Hhe der Pension auswirkt. Auch
hier sind Schtzungen erforderlich. Die in der Vergangenheit beobachteten Inflationsraten knnen wichtige Anhaltspunkte bieten, sie sind aber keineswegs verbindlich. Selbst wenn sich der Unternehmer bei seiner Schtzung sehr stark an der
Vergangenheitsinflation orientiert, so ist offen, wie lange der vergangene Referenzzeitraum zu whlen ist und auf welche Weise die in ihm beobachteten, jhrlich
variierenden Inflationsraten auf einen Durchschnittswert zu verdichten sind. Nach
Abschluss der berlegungen kann der Arbeitgeber einen voraussichtlichen Auszahlungsplan fr die Rente erstellen.
bb) Berechnung des Rentenbarwerts
Im zweiten Berechnungsschritt sind die Rentenzahlungen auf den Stichtag des altersbedingten Ausscheidens des Arbeitnehmers zu diskontieren. Der Diskontierungszins ist so zu whlen, dass der aus seiner Anwendung resultierende Rentenbarwert dazu ausreicht, die zuknftigen Rentenzahlungen zu bestreiten, wenn er in
Hhe des Diskontierungszinses angelegt wird.
In dem Ausgangsbeispiel msste der Arbeitgeber das Zinsniveau fr die Jahre
2050–2070 schtzen. Je niedriger ein Unternehmen den Diskontierungszins whlt,
umso hher ist c. p. der Barwert der Rentenverpflichtung und umgekehrt. Als Kal-
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kulationszinssatz ist gemß IAS 19.78 die Rendite hochwertiger Unternehmensanleihen mit quivalenter Laufzeit heranzuziehen. Diese Restriktion ist trgerisch.
Sie begrenzt die bilanzpolitischen Spielrume des Arbeitgebers keineswegs. Im
Sachverhalt msste der Arbeitgeber den Zinssatz einer Unternehmensanleihe whlen, bei der sich der Schuldner schon heute dazu verpflichtet, am 1. 1. 2050 eine
Anleihe zu platzieren, die 20 Jahre luft, entsprechend dem Tilgungsverlauf der
Pensionsrckstellung zurckzuzahlen ist und am 31. 12. 2070 ausluft.
cc) Verteilung des Rentenbarwerts auf die Dienstzeit
In einem dritten Schritt ist der Rentenbarwert planmßig auf die aktive Dienstzeit
des Arbeitnehmers zu verteilen. Der Barwert, den der Pensionsanspruch bei seinem
Ausscheiden erreicht hat, setzt sich aus zwei Leistungskomponenten zusammen:
Zum einen fließt in die Pensionsrckstellung die Zusatzvergtung (Dienstzeitaufwand) ein, die der Arbeitnehmer als Lohnbestandteil jedes Jahr erdient, die er aber
erst nach seinem Ausscheiden in Form der Rente ausgezahlt erhlt. Zum anderen
enthlt der Rentenbarwert einen Zinsanteil, da der Arbeitnehmer auf eine zeitnahe
Auszahlung dieses Lohnanspruchs verzichtet und dieser zwischenzeitlich zu verzinsen ist. Die Pensionsrckstellung betrgt daher im Zusagezeitpunkt Null und erhht sich bei planmßigem Verlauf jedes Jahr um die Verzinsung des Anfangsbestands sowie um den whrend des Geschftsjahrs verdienten Dienstzeitaufwand.
Liegt die Hhe der Pensionsverpflichtung zum Ausscheidezeitpunkt des Arbeitnehmers fest, so konkretisieren sich Zinsanteil und Dienstzeitaufwand ihrer Hhe
nach wechselseitig. Zwar berechnet sich der Zinsanteil „automatisch“ durch eine
jhrliche (Effektiv-)Verzinsung des zu Beginn des Geschftsjahrs bereits verdienten Rentenbarwerts. Der Zinssatz beeinflusst aber indirekt den Dienstzeitaufwand;
denn je hher der Zinssatz gewhlt wird, umso hher ist der Zinsaufwand und
umso kleiner der als Dienstzeitaufwand verteilbare Betrag.
IAS 19 ermittelt die leistungsorientierten Pensionszusagen nach der Methode der
laufenden Einmalprmien. Die Zuordnung des Pensionsaufwands zu den Perioden
erfolgt nach Maßgabe einer individuell festgelegten Rentenformel (IAS 19.67). Mit
ihr legt der Arbeitgeber fest, in welchem Umfang die zuknftige (Gesamt-)Pension
den einzelnen Perioden zuzuordnen ist. Sie erffnet dem Bilanzierenden großen bilanzpolitischen Spielraum. Erbringt der Arbeitnehmer ber seine aktive Ttigkeitszeit hinweg eine gleichbleibende Arbeitsleistung, so bietet es sich an, auch die von
ihm verdiente Zusatzvergtung gleichmßig anzusammeln. Leistet der Arbeitnehmer aber – z. B. aufgrund seiner physischen Konstitution – in jngeren Jahren mehr
als in lteren Dienstjahren, so liegt es nahe, auch den Dienstzeitaufwand degressiv
ber die Gesamtarbeitszeit zu verteilen (frontloading). Im umgekehrten Fall, in
dem der Arbeitnehmer fr das Unternehmen aufgrund seiner Erfahrungen immer
wertvoller wird, entsprchen progressive Dienstzeitaufwendungen den wirtschaftlichen Gegebenheiten am besten (backloading). Trotz dieser konomischen berlegung ist das Backloading nach IAS 19.70 unzulssig. Falls in spteren Jahren er-
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brachte Arbeitsleistungen eines Arbeitnehmers wesentlich hhere Anwartschaften
begrnden als in frheren Jahren, so sind die Dienstzeitaufwendungen linear zu verteilen. Die Methode der laufenden Einmalprmien ermglicht es dem Unternehmen
geradezu idealtypisch, fr jeden Arbeitnehmer den im Geschftsjahr zu verdienenden Dienstzeitaufwand zu Beginn der Pensionszusage individuell festzulegen.403
Aus den Anhangangaben ist i. d. R. nicht ersichtlich, wie die Planformel des jeweiligen Arbeitnehmers gestaltet ist. Somit bleibt dem Bilanzleser eine wichtige Information verborgen.
c) Bewertung des Planvermgens
Wenn das Unternehmen die Pensionsverpflichtungen in einem externen Pensionsfonds ansammelt, ist das ausgegliederte Fondsvermgen (Planvermgen) separat
zu bewerten. Der Arbeitgeber kalkuliert den Wert des Pensionsfonds, der dazu dienen soll, die zuknftigen Verpflichtungen aus den Rentenzusagen zu erfllen. Bei
planmßigem Verlauf erhht sich der Wert des Pensionsfonds um die Einzahlungen, die der Arbeitgeber erbringt, und vermindert sich um die Pensionszahlungen,
die der Fonds im Auftrag des Arbeitgebers unmittelbar an die begnstigten Arbeitnehmer vornimmt. Zustzlich erhht sich der Wert des Fonds um die Rendite, die
er aus dem Fondsvermgen jhrlich erzielt. Sind die Voraussetzungen gemß
IAS 19 fr die Qualifizierung als Planvermgen (plan asset) gegeben,404 so erfolgt
eine Saldierung mit der Pensionsverpflichtung (IAS 19.102).
Ist danach der Fondswert hher als der Wert der Pensionsrckstellungen, weist das
Unternehmen in seiner Bilanz keine Pensionsrckstellungen mehr aus und aktiviert stattdessen den Betrag, um den das Planvermgen die Pensionsverpflichtung
zum Bilanzstichtag bersteigt, als Fondsguthaben.405 Ist aber der Zeitwert des
Fonds geringer als die korrespondierenden Pensionsverpflichtungen, so passiviert
der Bilanzierende den fehlenden Finanzierungsbetrag netto unter den Pensionsrckstellungen. Der vollstndige Zeitwert von Planvermgen und Pensionsverpflichtung wird fr den Bilanzanalysten nur aus den Anhangangaben ersichtlich.
403 Vgl. Wollmert u. a., in: Baetge u. a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS (2012), IAS 19, Rn.
100.
404 Fr eine Saldierung ist die Qualifizierung der Vermgenswerte als Planvermgen zwingend.
Gemß IAS 19.7 ist es erforderlich, dass der ausgegliederte Fonds (Planvermgen) vom zusagenden Unternehmen rechtlich unabhngig ist und ausschließlich besteht, um Leistungen gegenber Arbeitnehmern zu zahlen und zu finanzieren. Deshalb darf das Planvermgen auch
im Insolvenzfall des Unternehmens nicht dem Zugriff der Glubiger unterliegen. Zur weiteren
definitorischen Abgrenzung vgl. IAS 19.7.
405 Die Hhe des zu aktivierenden Fondsvermgens kann jedoch durch das sog. Asset Ceiling beschrnkt werden (IAS 19.58 (a), (b)). Vgl. ausfhrlich Schruff/Zeimes, in: Ballwieser u. a.
(Hrsg.), Handbuch International Financial Reporting Standards 2011 (2011), Abschn. 18,
Rn. 80–106.
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d) Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste
aa) Entstehung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste
Die Kalkulation der Pensionsverpflichtungen beruht – wie gesehen – auf zahlreichen versicherungsmathematischen Annahmen. Dazu zhlen sowohl biometrische
Annahmen als auch konomische Annahmen (Diskontierungszins, knftiges Gehalts- und Versorgungsniveau sowie erwartete Rendite des Planvermgens). Diese
Annahmen mssen nach objektiven Grundstzen bestimmt werden und untereinander konsistent sein (IAS 19.72 f.). Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich einige
dieser Parameter im Zeitablauf verndern und zu einer revidierten Berechnung der
Pensionsverpflichtungen und des Planvermgens fhren.
Beim Fair Value Approach, der den IFRS (in jngerer Zeit) zu Grunde liegt, erwartet der Bilanzanalyst, dass die Pensionsverpflichtungen und die Pensionsfonds zu
jedem Bilanzstichtag in Hhe ihres Zeitwerts bilanziert und die Wertnderungen
im Entstehungszeitpunkt vollstndig in der GuV antizipiert werden.
Tatschlich folgt IAS 19 derzeit einem vom Fair Value Approach abweichenden
Lsungsansatz: Die versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen sind als
bestmgliche Schtzung zu Beginn der Rechnungsperiode zu bestimmen
(IAS 19.73). Der Pensionsaufwand bemisst sich ebenso wie die Fondsrendite nach
den am Jahresanfang erwarteten Werten (z. B. Gehalts- und Rentenentwicklung,
Lebenserwartung usw.), so dass grundstzlich nur die Schtzungen zum Jahresanfang ergebniswirksam gebucht werden. Weichen die bisherigen Schtzwerte am
Bewertungsstichtag von den aktuellen Werten ab (z. B. weil sich der Marktzinssatz
oder die Sterblichkeitsrate im Zeitablauf verndert), so entstehen hieraus versicherungsmathematische Gewinne und Verluste (IAS 19.7). Zumeist resultieren – so
die Logik des IAS 19 – diese Abweichungen aus zuflligen Wertvernderungen,
die nicht prognosefhig sind. Ihre gewinnwirksame Erfassung wrde daher ein extrem volatiles Periodenergebnis bewirken und die Analyse des Geschftsjahresergebnisses erheblich erschweren. Um dies zu vermeiden, darf der Bilanzierende die
aufgetretenen Wertnderungen durch Verteilungswahlrechte ber einen großzgig
bemessenen zuknftigen Zeitraum verteilen. Diese erffnen dem Bilanzierenden
die drei nachfolgend dargestellten Mglichkeiten:
bb) Verrechnungsmethoden
Gemß der Korridormethode bleiben versicherungsmathematische Gewinne und
Verluste innerhalb eines bestimmten Korridors unbercksichtigt.406 berschreitet
der Saldo der kumulierten versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste
den hheren Betrag von 10 % des Zeitwerts der Pensionsverpflichtung (vor Abzug
des Planvermgens) bzw. 10 % des beizulegenden Zeitwerts eines etwaigen Planvermgens, ist der Differenzbetrag, der den Korridor bersteigt, in dem darauf fol406 Vgl. dazu auch Wolf/Hommel, Pensionsrckstellungen, in: Hommel/J. Wstemann (Hrsg.),
Synopse der Rechnungslegung nach HGB und IFRS (2006), S. 175 f.
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genden Wirtschaftsjahr planmßig auf die verbleibende Restdienstzeit der aktiven
Mitarbeiter zu verteilen (sog. Dienstzeitverteilung gemß IAS 19.92 f.).
IAS 19.93 (a) ermglicht aber auch eine sofortige ergebnisneutrale Verrechnung
des gesamten Differenzbetrags mit den Gewinnrcklagen.
Alternativ kann das Unternehmen eine schnellere ergebniswirksame Erfassung der
versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste whlen. So drfen z. B. auch
Betrge, die innerhalb des Korridors liegen, in der GuV erfasst oder die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste ber einen krzeren Zeitraum GuVwirksam amortisiert werden.
cc) Auswirkungen auf die Vermgens- und Ertragslage
Die Korridormethode erscheint auf den ersten Blick geeignet zu sein, einen aussagefhigen Prognosegewinn abzubilden. In der Hoffnung, dass sich die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste in den Folgeperioden wieder ausgleichen, wird das Ergebnis der Entstehungsperiode nicht mit ihnen belastet und ein
stark schwankender Gewinnausweis vermieden. Ihre aufwandswirksame Verbuchung erfolgt vielmehr gleichmßig ber einen sehr langen Zeitraum. Der Gewinn
im Zeitablauf wird (vermeintlich) prognosefhiger. Der Korridoransatz entspricht
damit einer dynamischen Gewinnkonzeption, die darauf zielt, den auf die jeweiligen Perioden entfallenden Aufwand aus den bernommenen Pensionsverpflichtungen mglichst zutreffend und vergleichbar darzustellen. Das Ziel der richtigen Ergebnisermittlung geht jedoch zu Lasten einer richtigen Darstellung der Vermgenslage, da die Anwendung der Korridormethode grundstzlich zu einem unvollstndigen Ausweis der Pensionsverpflichtung fhrt. Weiterhin ist fraglich, welchen
Informationsgehalt ein Ergebnisausweis hat, der auf einer Mindestgrenze von
10 % beruht, deren Festlegung sich einer wirtschaftlichen Begrndung entzieht.
Auch fhrt die zeitverzgerte Erfassung von Gewinnen und Verlusten zu periodenfremden Belastungen in den Folgeperioden und verdeckt damit das Ausmaß der
tatschlichen Gewinnvernderung. Die Problematik der periodenverschobenen Ergebniserfassung zeigte sich insb. in jngerer Vergangenheit anhand der hohen Renditeeinbußen der Fondsvermgen aufgrund des Brsenkursverfalls. Diese aufgelaufenen Fehlbetrge stellen knftige Belastungen dar, die zuknftig entweder
durch Einzahlungen in das Fondsvermgen oder ber die rechnerisch bisher erwarteten Kurssteigerungen und Ertrge des Planvermgens hinausgehende Zuwchse
kompensiert werden mssen, um die Pensionsverpflichtungen abdecken zu knnen.407 Fr die Bilanzanalyse ist es daher zweckmßig, die stillen Lasten vollstndig aufzudecken. Der Wert der noch nicht verrechneten versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste kann ebenfalls dem Anhang entnommen werden.
407 Vgl. Lachnit/Mller, Bilanzanalytische Behandlung von Pensionsverpflichtungen, DB 2004,
S. 497 (S. 500).
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Die sofortige ergebnisneutrale Verrechnung der versicherungsmathematischen
Gewinne und Verluste scheint zweifach vorteilhaft: Zum einen wird zu jedem Bilanzstichtag das Nettovermgen „richtig“ ausgewiesen, zum anderen fließen keine
nicht prognosefhigen Elemente in das Periodenergebnis. Dadurch werden aber
Teile des Gewinns oder Verlusts fr immer aus der GuV ferngehalten. Es besteht
zudem die Gefahr, dass das Unternehmen dieses Wahlrecht fr bilanzpolitische
Zwecke missbraucht. So knnen bilanzpolitische Anreize fr einen Wechsel von
der Korridormethode zur ergebnisneutralen Verrechnung darin bestehen, das operative Ergebnis zu „schnen“, indem die Ertrge aus dem Planvermgen zu Jahresbeginn mglichst hoch und die biometrischen Variablen bei der Berechnung der
Pensionsverpflichtung einschließlich des Zinssatzes mglichst gnstig (d. h. i. d. R.
niedrig) geschtzt und am Jahresende auf ein „realistisches“ Maß korrigiert werden. In der GuV schlagen sich dann ausschließlich die Schtzwerte nieder. Die
Korrektur dieser zu optimistischen Schtzung erfolgt dagegen nur ergebnisneutral,
d. h. indem der aus der (Fehl-)Kalkulation resultierende Differenzbetrag unmittelbar (unter Umgehung der GuV) mit dem Eigenkapital verrechnet wird. Die IFRS
versuchen den bilanzpolitischen Spielraum einzuschrnken oder zumindest transparent zu machen, indem sie das Unternehmen dazu zwingen, im Anhang ber die
Abweichung von Ist- und Sollwerten zu informieren (IAS 19.120A (f) bzw. (g)).
Der aufmerksame Bilanzanalyst kann dann bilanzpolitische Manipulationen des
Unternehmens aufspren und ggf. korrigieren.
Den mit der Methode der sofortigen ergebnisneutralen Verrechnung verbundenen
Nachteil vermeidet die Methode der sofortigen vollstndigen gewinnwirksamen
Verrechnung der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste. Das daraus
resultierende Periodenergebnis ist dann zwar nicht mehr prognosefhig, es kann
dann aber insofern als Vermgenszuwachs (d. h. als Zeitwertvernderung des Eigenkapitals) interpretiert werden.
Die Wahlrechte zur Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste bewirken jeweils verschiedene Darstellungen der Ertrags- und Vermgenslage
und schrnken damit die Vergleichbarkeit der Jahresabschlsse deutlich ein. Das
Gebot der Stetigkeit begrenzt den bilanzpolitischen Spielraum insoweit, als nicht
nach Belieben zwischen den einzelnen Methoden gewechselt werden darf.408 Ebenso schließt IAS 19.93 eine imparittische Behandlung aus, d. h. es ist z. B. unzulssig, versicherungsmathematische Gewinne sofort ergebniswirksam zu vereinnahmen, whrend die Erfassung von Verlusten zeitlich gestreckt wird.
408 Vgl. IAS 19.93 und IAS 19.95.
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2. Anwendung auf den Fall: Bilanzierung von
Pensionsverpflichtungen bei der Skycar Group
Die betriebliche Altersvorsorge erfolgt bei der Skycar Group berwiegend auf Basis von Leistungszusagen. Die Pensionsrckstellungen werden gemß IAS 19 nach
der Methode der laufenden Einmalprmien ermittelt. Am 31. 12. 2011 bestehen
Pensionsrckstellungen bei der Skycar Group i. H. v. 3 239,21 Mio. Euro, die durch
Fondsvermgen i. H. v. 2 456 Mio. Euro gedeckt sind. Da die treuhnderisch verwalteten Fondsanteile die Voraussetzungen von IAS 19 als Planvermgen erfllen,
erfolgt eine Verrechnung mit dem Anwartschaftsbarwert.
Vernderungen der Schtzannahmen sowie Abweichungen zu den tatschlichen
Jahreseffekten sind in den versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten
abgebildet, die bei der Skycar Group nach der Korridormethode ber die Restdienstzeit der Anspruchsberechtigten ratierlich ber die GuV amortisiert werden.
Die nicht erfassten versicherungsmathematischen Verluste betragen 408 Mio. Euro. Dies fhrt zu einer Nettoverpflichtung i. H. v. 375,21 Mio. Euro.
Der Rckgang der Nettoverpflichtung im Vergleich zum Vorjahr (475,68 Mio.
Euro) korrespondiert u. a. mit einem Anstieg der noch nicht amortisierten versicherungsmathematischen Verluste.
III. Bilanzanalytische Mglichkeiten und Grenzen
bei der Beurteilung von Pensionsverpflichtungen
1. Bilanzanalytische Mglichkeiten: konzeptionelle
Vorgehensweise
a) Erluterung
aa) Korrektur der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste
Ausgangspunkt fr die Untersuchung der Pensionsverpflichtungen im Rahmen der
Jahresabschlussanalyse ist der in der Bilanz dargestellte Wert der Pensionsrckstellung. Die bilanzierte Pensionsrckstellung stellt eine Saldogrße dar, die in
ihrer Aussagekraft fr den Bilanzleser eingeschrnkt ist. Denn in der Bilanz ist lediglich der Nettobetrag abgebildet, der sich aus der Saldierung des Barwerts der
Pensionsverpflichtung mit dem Marktwert des Planvermgens ergibt. Beide Grßen entsprechen aber nicht zwingend dem aktuellen Zeitwert. Die Diskrepanzen
zwischen dem bilanziellen und dem tatschlichen Verpflichtungsumfang werden
aber aus dem Anhang ersichtlich. Der Bilanzanalyst kann sie daher im Rahmen der
Bilanzanalyse aufdecken und korrigieren.
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bb) Korrektur des Nettoausweises
Die vollstndige Ausfinanzierung der Pensionsverpflichtungen ber einen externen Pensionsfonds ermglicht eine Saldierung des Fondsvermgens und des Barwerts der Pensionsverpflichtung im Abschluss der Skycar Group. Whrend die Bilanz nur den Saldo aus dem Fondsvermgen und der Pensionsverpflichtung ausweist, fhrt der Anhang die unsaldierten Betrge fr diese beiden Bilanzpositionen
auf. Mit diesen Zusatzinformationen kann der Bilanzanalyst die Saldierung rckgngig machen, indem er auf der Aktivseite den Fonds in Hhe des Anhangswerts
einbucht und den Wert der Pensionsrckstellung um den Fair Value des Planvermgens erhht.409 Die dadurch unterstellte Innenfinanzierung der Pensionsverpflichtungen bewirkt einen hheren Fremdkapitalausweis. Infolgedessen stellt sich insb.
die Eigenkapitalquote niedriger dar.410
cc) Korrektur des Ausweises der Pensionsaufwendungen
Der Barwert der Pensionsverpflichtung vermindert sich im Zeitablauf regelmßig
um die vom Unternehmen oder dem Fonds erbrachten Auszahlungen sowie die
Wertsteigerungen des Fonds und erhht sich planmßig um den Zinsanteil (Aufzinsung des Vorjahresbetrags) und den Wert des in der jeweiligen Periode erdienten
Pensionsanspruchs (laufender Dienstzeitaufwand). IAS 19 lsst offen, wie die Bestandteile der Pensionsaufwendungen in der GuV zu erfassen sind: Pensionsaufwendungen knnen einerseits undifferenziert unter den Personalaufwendungen erfasst werden; andererseits ist es zulssig, den Teil des Pensionsaufwands, der auf
die Verzinsung des zu Beginn der Periode bestehenden Barwerts der leistungsorientierten Verpflichtung entfllt, im Zinsergebnis auszuweisen. Da die Bilanzanalysten in den letzten Jahren vermehrt auf die Kennzahl des Earnings before Interest and Taxes (EBIT) schauen, wird der Unternehmer darum bemht sein, diese
Kennzahl, in die zwar die Personalaufwendungen einfließen, nicht aber das Zinsergebnis, mglichst attraktiv erscheinen zu lassen. Es liegt daher nahe, die Verzinsung der Pensionsrckstellung dem Finanzergebnis anzulasten, sofern die Verzinsung der Pensionsrckstellung (Zinsaufwand) die Verzinsung des Fonds (Zinsertrag) bersteigt.
409 Welche Vermgenspositionen auf der Aktivseite erhht werden, ergibt sich aus dem Anhang,
der eine Zusammenstellung des Fondsvermgens enthlt. Entsprechend der Aufteilung kann
eine Aufstockung der Vermgenspositionen erfolgen. Die Zuordnung erfordert jedoch eine
Entscheidung des Analysten darber, ob bspw. die Wertpapiere dem Umlauf- oder Anlagevermgen zuzurechnen sind. In der Analyse-Praxis zeigt sich die Problematik von einer anderen
Seite. Da eine externe Finanzierung international eher blich ist, wird bei Unternehmen mit
„ungedeckten“ Pensionsverpflichtungen eine Ausfinanzierung unterstellt, um eine Vergleichbarkeit mit den internationalen Unternehmensabschlssen herzustellen. Zur Vorgehensweise
verschiedener Kredit-Rating-Agenturen vgl. Heubeck/Seeger, „Ungedeckte“ Pensionsverpflichtungen im Rating von Unternehmen, DB 2004, S. 993 (S. 993–998).
410 Vgl. Gohdes/Meier, Pensionsverpflichtungen im Unternehmensrating: Fremdkapital besonderer Art, BB 2003, S. 1375 (S. 1375).
276
Pensionsverpflichtungen
Fall 12
Andererseits fließt in die Kennzahl der Gesamtkapitalrentabilitt nur der NettoZinsaufwand verbessernd ein, whrend die Personalaufwendungen keine direkten
Einflsse auf die Hhe der Gesamtkapitalrentabilitt haben. Legt das Unternehmen daher Wert auf eine gute Gesamtkapitalrentabilitt, so wird es den Netto-Zinsaufwand zu Gunsten des EBIT unter dem Zinsergebnis verbuchen. Die vorstehenden berlegungen ndern sich, wenn der Unternehmer erwartet, dass die Fondsrendite den Zinsaufwand bersteigt; denn in diesem Fall wird das Zinsergebnis,
das auf die Pensionsrckstellungen per Saldo entfllt, positiv. Dann wird der Unternehmer das Zuordnungswahlrecht unter Beachtung der oben genannten Argumente gegenlufig ausben.
Jenseits der Bilanzpolitik erscheint die Zuordnung des Zinsanteils im Zinsergebnis
sachgerechter; denn der im Zufhrungsbetrag enthaltene Zinsanteil stellt kein zustzliches Arbeitsentgelt, sondern eine berlassungsvergtung fr Fremdkapital
dar.
b) Anwendung auf den Fall: bilanzanalytische Beurteilung der
Pensionsverpflichtungen bei der Skycar Group
Aus den Anhangangaben der Skycar Group erfhrt der Bilanzanalyst, dass noch
nicht realisierte Gewinne oder Verluste nach dem Korridoransatz bestehen. Die
Nicht-Verrechnung der versicherungsmathematischen Verluste i. H. v. 408 Mio.
Euro bewirkt, zusammen mit der Saldierung des Planvermgens (2 456 Mio.
Euro), dass in der Bilanz zum 31 .12. 2011 eine Pensionsrckstellung (375,21
Mio. Euro) ausgewiesen wird, deren Wert deutlich unter dem tatschlichen Anwartschaftsbarwert (3 239,21 Mio. Euro) liegt. Der hieraus resultierende Differenzbetrag ist fr einen Kennzahlenvergleich dem Buchwert-Fremdkapital zuzuschlagen (vgl. Tabelle 103 auf S. 265).
Des Weiteren erfhrt der Bilanzanalyst aus dem Anhang, welche versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste zu Beginn des Geschftsjahrs und an dessen
Ende vorhanden sind. Bei einer Zeitwertbilanzierung wre dieser Differenzbetrag
sofort im Entstehungszeitpunkt als Ertrag oder Aufwand erfasst worden. Seine
willkrliche Verteilung auf nachfolgende Perioden informiert den Bilanzanalysten
dagegen fehlerhaft, denn die nachfolgenden Perioden werden dadurch mit Erfolgsbeitrgen belastet, die ihre Ursache nicht in der aktuellen Entwicklung haben. Deshalb ist das aktuelle Periodenergebnis zweifach zu korrigieren:
In einem ersten Schritt sind die im Geschftsjahr amortisierten versicherungsmathematischen Gewinne oder Verluste i. H. v. 14 Mio. Euro vollstndig aus der GuV
zu eliminieren, um diese dadurch von periodenfremden Einflssen zu befreien. Interpretiert der Bilanzanalyst den Geschftsjahreserfolg als Vernderung des Eigenkapitals, so ermittelt er in einem zweiten Schritt den Differenzbetrag zwischen den
versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten zu Beginn des Geschftsjahrs (250 Mio. Euro) und den (korrigierten) Werten zum Geschftsjahresende
277
Fall 12
Pensionsverpflichtungen
(422 Mio Euro = 408 Mio. Euro + 14 Mio. Euro) und weist den Betrag (172 Mio.
Euro) in voller Hhe der GuV zu. Die noch verbleibenden versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste (250 Mio. Euro), die den Vorjahren zuzurechnen
sind, mindern nachtrglich die Gewinnrcklagen.
Htte der Bilanzierende dagegen von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, die im
Geschftsjahr entstandenen versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste
sofort mit dem Eigenkapital zu verrechnen, so wrde der erste Korrekturschritt
entfallen; denn das Nettovermgen ist insoweit richtig ausgewiesen. Der Bilanzanalyst msste dann nur noch die Zeitwertvernderungen in der GuV erfassen.
Aufgrund der zuvor beschriebenen Anpassungen ergeben sich zusammenfassend
folgende Auswirkungen auf die einschlgigen Bilanzkennzahlen einschl. der Korrektur des Buchwerts der Pensionsrckstellung um die noch nicht erfassten versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste und den Anpassungen der GuV
(vgl. Tabelle 106):
Tabelle 106: Zusammenfassung der Korrekturen und Berechnung der Bilanzkennzahlen
Die Pensionsaufwendungen der Skycar Group werden vollstndig im Personalaufwand verbucht. Fr Analysezwecke sollten die Aufzinsungen sowie die erwarteten
Vermgensertrge des Planvermgens als Zinsaufwand klassifiziert werden. Hierdurch vermindert sich der Personalaufwand mit der Folge eines verbesserten operativen Ergebnisses und einer verbesserten Gesamtkapitalrentabilitt.
278
Pensionsverpflichtungen
Fall 12
2. Bilanzanalytische Grenzen: Auswirkungen von
Schtzparametern
a) Erluterung
Die der Berechnung der Pensionsrckstellungen zu Grunde liegenden versicherungsmathematischen Annahmen sind im Anhang offengelegt. Der Einfluss der
gewhlten Rechnungsgrundlagen auf die Hhe der Pensionsrckstellung ist im
Rahmen der Bilanzanalyse jedoch nicht exakt quantifizierbar. Zwar kann qualitativ festgestellt werden, dass eine Rckstellungsbewertung, die einen hohen Diskontierungsfaktor, eine niedrige Inflationsrate und niedrige Gehaltssteigerungen
sowie hohe Fondsrenditen zu Grunde legt, zu einem niedrigeren Barwert der zuknftigen Zahlungsverpflichtung fhrt und umgekehrt. ber die Bewertung der
Pensionsrckstellungen gibt der Jahresabschluss in aller Regel keinen Aufschluss.411 Hlt der Bilanzanalyst die gewhlten Parameter fr zu hoch (oder zu
niedrig), so ist er aber – trotz ihrer Offenlegung – nicht dazu in der Lage, die Pensionsrckstellungen auf die von ihm fr fair und richtig erwartete Hhe umzubewerten. So bleiben dem externen Bilanzleser Informationen ber wichtige Rechengrßen verborgen, die eine retrospektive Berechnung der Pensionsrckstellungen
ermglichen wrden. Aus dem Jahresabschluss erschließt sich bspw. nicht, wie
hoch der Anteil der Aktiven und der Pensionre ist. Somit bleibt unklar, wann der
Leistungsfall eintritt und ber welchen Zeitraum mgliche Rentenzahlungen anfallen, um das Ausmaß von Parameternderungen zu quantifizieren. Auch besagt die
Angabe einer Prozentzahl noch wenig ber die konomischen Gegebenheiten.
Teilt das Unternehmen z. B. im Anhang mit, dass es mit einem zuknftigen Rententrend von 5 % rechnet, so scheint das im Hinblick auf die deutschen Preisverhltnisse bervorsichtig geschtzt und insofern unrealistisch. Sind die durch die
Rentenzusage begnstigten Arbeitnehmer aber in einem Hochinflationsland beschftigt, in dem Preissteigerungen von ber 10 % jhrlich auf der Tagesordnung
stehen, so stellt sich die Schtzung von 5 % als wagemutig dar. Gleiches gilt fr
die Schtzung der Fondsrenditen. Eine Fondsrendite von 4 % erscheint (langfristig) konservativ gerechnet. Investiert der Fonds aber in niedrig verzinsliche, aber
risikoarme Wertpapiere, so kann auch dieser Renditesatz viel zu optimistisch geschtzt sein. In den Anhangangaben internationaler Konzerne findet sich teilweise
eine differenzierte Darstellung der Rechnungsparameter entsprechend der auslndischen Gesellschaften. Hierdurch ist eine bessere Einschtzung der gewhlten
Schtzgrßen mglich.
411 Vgl. Kting/Strickmann, Die betriebliche Altersvorsorge im Spannungsfeld von Bilanzpolitik
und Bilanzanalyse, BB 1997, S. 1 (S. 14).
279
Fall 12
Pensionsverpflichtungen
b) Anwendung auf den Fall: Beurteilung der Auswirkungen von
Schtzparametern bei der Skycar Group
In Tabelle 107 werden die von der Skycar Group offen gelegten Parameter mit denen von Branchenunternehmen verglichen:412
Tabelle 107: Schtzparameter bei verschiedenen Unternehmen der Automobilbranche
Die Gegenberstellung gibt gewisse Anhaltspunkte, die jedoch aufgrund der zuvor
genannten Einwnde kritisch zu sehen sind. Sie zeigt, dass die von der Skycar
Group gewhlten Berechnungsparameter in der Bandbreite der von den Konkurrenzunternehmen gewhlten Parameter liegen. Aufgrund der bestehenden Informationsdefizite im Jahresabschluss entziehen sich die damit verbundenen Auswirkungen aber weitestgehend einer przisen quantitativen Aufbereitung. Deshalb
kommen lediglich Bereinigungsmaßnahmen unter Zugrundelegung bestimmter
Prmissen und aus empirischen Ergebnissen abgeleiteter Schtzgrßen in Betracht, die zumindest tendenzielle Rckschlsse auf die tatschliche Hhe der Pensionsverpflichtung ermglichen. So geht die Literatur als Faustregel davon aus,
dass eine Verringerung des Diskontierungssatzes um einen Prozentpunkt eine Erhhung der Pensionsverpflichtung um etwa 20 % zur Folge hat.413
Wrde man die Pensionsverpflichtungen der Skycar Group mit einem Abzinsungssatz von 4 % statt 5 % diskontieren, ergbe sich ein Anpassungsbedarf der Pensionsrckstellung von 614,14 Mio. Euro (0,263 070,68 Mio. Euro). Die Aufdeckung dieser stillen Lasten schlgen sich in einer verschlechterten Eigenkapitalquote und Eigenkapitalrentabilitt nieder.
412 Vgl. BMW, Geschftsbericht 2011, S. 120 und 122; Daimler, Geschftsbericht 2011, S. 220;
Fiat, Geschftsbericht 2011, S. 204; Volvo, Geschftsbericht 2011, S. 110; VW, Geschftsbericht 2011, S. 313.
413 Vgl. Lachnit/Mller, Bilanzanalytische Behandlung von Pensionsverpflichtungen, DB 2004,
S. 497 (S. 497).
280
Pensionsverpflichtungen
Fall 12
IV. Aktuelle Entwicklung: IAS 19 rev.
1. Theoretischer Ausblick
Das IASB verffentlichte am 16. 6. 2011 den final berarbeiteten Standard IAS 19
„Employee Benefits“. Die wesentlichen nderungen des IAS 19 resultieren aus
den Vorschlgen des IASB, die Gegenstand des Post-Employment-BenefitsProjekts aus dem Jahr 2006 waren.414 Der Verffentlichung des neuen Standards
gingen ein Diskussionspapier415 im Mrz 2008 sowie ein im April 2010 verffentlichter Standardentwurf 416 voraus.
Die Neuregelungen treten fr Berichtsperioden in Kraft, die am oder nach dem
1. 1. 2013 beginnen, wobei eine frhere Anwendung zulssig ist. Die nderungen
sind grundstzlich retrospektiv gemß IAS 8 „Accounting for Policies, Changes in
Accounting Estimates and Errors“ anzuwenden. Mit der Verordnung (EU)
Nr. 475/2012 der Kommission vom 5. 6. 2012 hat die EU die nderungen an
IAS 19 in europisches Recht bernommen.417
Eine zentrale konzeptionelle nderung gegenber der bisherigen Bilanzierung
von leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen stellt die Abschaffung der zeitverzgerten Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten
dar. Die bislang zulssige Anwendung der Korridormethode oder eine schnellere
bzw. sofortige Verrechnung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste
in der GuV sind knftig nicht mehr zulssig. Stattdessen sind diese Effekte sofort,
d. h. in derjenigen Periode, in der sie entstehen, in voller Hhe im sonstigen Ergebnis (sog. Other Comprehensive Income) außerhalb der GuV zu erfassen.418 Eine
weitere nderung ergibt sich aus der Bercksichtigung der (Mehr-)Aufwendungen, die aus der nderung eines Versorgungsplans resultieren (sog. nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand). Sie drfen zuknftig nicht mehr zeitversetzt ber
den Zeitraum der Zusage bis zur Unverfallbarkeit verteilt werden, sondern sind
nun ebenfalls in voller Hhe unmittelbar im Zeitpunkt der Plannderung in der
GuV und der Bilanz zu erfassen.419 Die Soforterfassung von versicherungsmathe414 Einen berblick ber die Neuregelungen des IAS 19 rev. geben Scharr/Feige/Baier, Die Auswirkungen des genderten IAS 19 auf die Bilanzierung von defined benefit plans und termination benefits in der Praxis, KoR 2012, S. 9–16.
415 Vgl. IASB, Discussion Paper „Preliminary Views on Amendments to IAS 19 Employee Benefits“.
416 Vgl. IASB, Exposure Draft ED/2010/3 „Defined Benefit Plans – Proposed Amendments to
IAS 19“.
417 Vgl. EU, Verordnung (EU) Nr. 475/2012, Amtsblatt der Europischen Union L 146/1 vom
6. 6. 2012.
418 Vgl. IAS 19.120 rev. Im sonstigen Ergebnis erfasste versicherungsmathematische Gewinne
und Verluste werden in der Folgezeit auch nicht in die GuV umgegliedert (recycled); IAS
19.122 rev.
419 Vgl. IAS 19.96.
281
Fall 12
Pensionsverpflichtungen
matischen Gewinnen und Verlusten und des Mehraufwands infolge einer Plannderung ist Ausdruck des vom IASB verfolgten Fair Value Approach, da zu jedem
Bilanzstichtag die Pensionsverpflichtung abzglich eines ggf. vorhandenen Planvermgens in voller Hhe (zum Fair Value) in der Bilanz ausgewiesen wird. Durch
den vollstndigen Ausweis der Pensionsrckstellungen wird der Abschlussleser
auch in der Bilanz unmittelbar ber den tatschlichen Finanzierungsstatus der Pensionsplne informiert. Mit der Abschaffung der gegenwrtigen Wahlrechte und der
Festlegung auf eine einzig zulssige Methode zur Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste verfolgt das IASB außerdem das Ziel, durch eine
einheitliche Bilanzierung von leistungsorientierten Versorgungsplnen die Vergleichbarkeit von Abschlssen zu erhhen.420
Fr Unternehmen, die derzeit ihre versicherungsmathematischen Gewinne und
Verluste nach der Korridormethode oder sofort ergebniswirksam erfassen, knnen
sich durch den Wechsel zur Soforterfassung im sonstigen Ergebnis erhebliche Auswirkungen auf die Bilanz- und GuV-Kennzahlen ergeben: Whrend Schtzungsnderungen knftig nicht mehr zu einem volatilen Gewinn oder Verlust fhren,
schlagen sich versicherungsmathematische Gewinne und Verluste unmittelbar im
sonstigen Ergebnis und damit im Gesamtergebnis nieder. Außerdem ergeben sich
Auswirkungen auf die Bilanz. Erfasste das Unternehmen in der Vergangenheit versicherungsmathematische Gewinne und Verluste nach der Korridormethode, so
sind die Pensionsrckstellungen und das Eigenkapital knftig grßeren Schwankungen ausgesetzt. Darber hinaus hat das Unternehmen keine Mglichkeiten
mehr, versicherungsmathematische Verluste zeitverzgert in die Bilanz zu bernehmen. Das Fremdkapital wird dann zuknftig unverzglich mit diesen Verlusten
belastet und die Eigenkapitalquote fllt.
Die zweite wesentliche nderung des IAS 19 betrifft die Einfhrung eines sog. Net
Interest Approach. Sie fhrt zu einer abweichenden Berechnung des Zinsaufwands
und entspricht dem erklrten Ziel des Board, die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen zu erhhen. Gegenwrtig erfolgt mit der Abzinsung der Pensionsverpflichtung und der Ermittlung eines erwarteten Ertrags auf das Planvermgen eine
getrennte Bewertung von Verpflichtungsseite und Planvermgen. Der genderte
Standard verpflichtet das Unternehmen nun dazu, den Zinsaufwand auf die Pensionsverpflichtung sowie den erwarteten Ertrag auf das Planvermgen durch einen
Nettozinsaufwand bzw. Nettozinsertrag zu ersetzen. Zur Berechnung dieser Nettogrße ist zu Periodenbeginn die Nettoschuld bzw. das Nettovermgen, d. h. der Saldo aus Pensionsverpflichtung und Planvermgen mit dem Rechnungszins gemß
IAS 19.78 zu diskontieren.421 Der Marktzins ist unverndert auf der Grundlage der
Rendite hochwertiger Unternehmensanleihen, die bezglich Fristigkeit und Whrung der zugrunde liegenden Pensionsverpflichtungen entsprechen, abzuleiten.
420 Vgl. IAS 19.BC70–19.BC72 und 19.BC88–19.BC100 rev.
421 Vgl. IAS 19.123 rev.
282
Pensionsverpflichtungen
Fall 12
Die bisher bestehenden Ermessensspielrume bei der Ermittlung der erwarteten
Ertrge aus Planvermgen werden durch die Einfhrung einer Nettozinsgrße eingegrenzt. Die Einschrnkung des bilanzpolitischen Spielraums fhrt in diesem
Sinne auch tendenziell zu einer verbesserten Vergleichbarkeit der Abschlsse unterschiedlicher Unternehmen. Die Berechnung eines Nettozinsbetrags basiert jedoch auf der fiktiven Annahme, dass der erwartete Ertrag auf das Planvermgen
der Verzinsung der zugrunde liegenden Pensionsverpflichtung entspricht. Soweit
sich das Planvermgen – wie im Regelfall anzunehmen ist – jedoch nicht aus hochwertigen Unternehmensanleihen zusammensetzt, sondern bspw. aus einem Aktienportfolio besteht, drften regelmßig Abweichungen zwischen den am Anfang ermittelten (Zins-)Ertrag auf das Planvermgen und dem am Ende der Periode tatschlichen Ertrag aus Planvermgen entstehen, die ebenfalls im sonstigen Ergebnis zu erfassen sind. Durch den Wegfall des erwarteten Ertrags auf Planvermgen
wird die tatschliche Zusammensetzung des Planvermgens ignoriert und insoweit
knstliche Bewertungskorrekturen im sonstigen Ergebnis ausgewiesen. Die Istverzinsung des Planvermgens ist fr den Bilanzanalyst nur durch eine Analyse des
Anhangs erkennbar.
Der neue IAS 19 sieht zudem umfangreichere Anhangangaben vor, die dem Abschlussadressaten insbesondere die Charakteristika und Risiken der Pensionsplne
sowie deren Auswirkungen auf die Zahlungsstrme des Unternehmens aufzeigen
sollen. Hierzu haben Unternehmen bspw. auch eine Sensitivittsanalyse zu erstellen, die die Auswirkung von nderungen der wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen auf die Pensionsverpflichtung darstellt. Hieraus knnen sich
im Ideal verbesserte Analysemglichkeiten fr den Bilanzleser ergeben.
2. Praktischer Ausblick durch Anwendung des IAS 19 rev.
auf die Skycar Group
Die Neuregelungen des IAS 19 haben wesentliche Auswirkungen auf die Bilanzierung der Pensionsplne bei der Skycar Group.
Die Einfhrung des Net Interest Approach wirkt sich negativ auf die GuV der Skycar Group aus, da der Marktzins in der Vergangenheit unter dem erwarteten Ertrag
auf das Planvermgen lag. So wre bei der Skycar Group im Berichtsjahr 2011 bezogen auf die Nettopensionsverpflichtung (Pensionsverpflichtung abzglich Planvermgen) von 726 Mio. Euro ein Nettozinsaufwand i. H. v. 36 Mio. Euro (726
Mio. Euro65%) in der GuV zu erfassen. Damit wird dem externen Planvermgen
ein impliziter erwarteter Ertrag auf Basis des Rechnungszinses von 5% statt wie
bisher i. H. v. 6% zugewiesen, der mit dem Zinsaufwand bezogen auf die Pensionsverpflichtung zu verrechnen ist. Aus der Neubewertung des Planvermgens am
Jahresende ergibt sich eine Abweichung zwischen dem in der GuV erfassten Ertrag
und dem tatschlichen Ertrag aus Planvermgen, die ber das sonstige Ergebnis
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Fall 12
Pensionsverpflichtungen
als Minderung des Eigenkapitals zu korrigieren ist. Dies entspricht dem Anteil am
Ertrag des Planvermgens, der nicht bereits im Rahmen des Nettozinsaufwands in
der GuV erfasst wurde.
Eine weitere nderung fr die Skycar Group resultiert aus der Abschaffung der
Korridormethode. Whrend versicherungsmathematische Gewinne und Verluste
bei der Skycar Group nur bei berschreiten der Korridorgrenzen in der GuV bercksichtigt wurden und das auch nur anteilig und zeitverzgert, schlagen sich
fortan Schtzungsnderungen sofort ber das sonstige Ergebnis im Eigenkapital
nieder. Folglich verndern sich die Pensionsrckstellungen um die bisher nicht erfassten versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste und fhren damit bei
der Existenz versicherungsmathematischer Verluste zu einem hheren und bei Vorliegen versicherungsmathematischer Gewinne zu einem niedrigeren Fremdkapitalausweis.
Weiterfhrende Literatur
Rhiel, Raimund
§ 22 Leistungen an Arbeitnehmer, Altersversorgung,
in: Norbert Ldenbach/Wolf-Dieter Hoffmann (Hrsg.),
Haufe IFRS-Kommentar, 10. Aufl., Freiburg i. Br.
2012
Schildbach, Thomas
Pensionsverpflichtungen nach US-GAAP/IAS versus
HGB/GoB und die Informationsfunktion des Jahresabschlusses, ZfB, 69. Jg. (1999), S. 957–977
Schruff, Lothar/
Zeimes, Markus
Abschn. 18 Leistungen an Arbeitnehmer, in: Wolfgang
Ballwieser u. a. (Hrsg.), Handbuch International Financial Reporting Standards 2011, Weinheim 2011
Seemann, Torsten
§ 26 Altersversorgungsplne/Leistungen an Arbeitnehmer, in: Werner Bohl/Joachim Riese/Jrg Schlter
(Hrsg.), Beck’sches IFRS-Handbuch, 3. Aufl., Mnchen u. a. 2009
Wollmert, Peter u. a.
Kommentierung zu IAS 19, in: Jrg Baetge u. a.
(Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., Stuttgart, Loseblattsammlung, Stand: Mrz 2012
284