Lebensretter für 593 Kätzchen

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Lebensretter für 593 Kätzchen
Lebensretter für 593 Kätzchen
Tiernothilfe seit zehn Jahren aktiv - Einsatz erfordert Geduld und Mut
Von René Dupont
ROTENBURG. Das Sofa ist
Klasse: gemütlich und mit kuscheligen Decken ausgestattet. Allerdings ist es nicht für
Zweibeiner, sondern für Vierbeiner reserviert. Es steht im
Katzenhaus der Tiernothilfe
in Lispenhausen. Auf dem Boden lümmeln sich Plüschtiere,
überall warten Kletterbäume
und Fressnäpfe. Und das
Schönste: Es gibt jede Menge
Kollegen, mit denen man sich
raufen kann.
Dieses kleine Paradies haben die Mitarbeiter der Tiernothilfe Rotenburg geschaffen. Das Katzenhaus ist nur
ein Beispiel von vielen für ihren Einsatz. Seit genau zehn
Jahren ist die Tiernothilfe Rotenburg aktiv. Grund genug,
auch ein bisschen stolz zu sein
auf das Erreichte.
Die Mitarbeiter kümmern
sich um schlecht behandelte
oder ausgesetzte, kranke Tiere. „Tiere, die Privatpersonen
abgeben wollen, nehmen wir
nicht an. Das würde unsere
Möglichkeiten sprengen", berichet die Vorsitzende Brigitte
Selent. Dafür sei das Tierheim
in Bad Hersfeld zuständig.
593 Kätzchen und 156 Hunde hat die Tiernothilfe in den
Liebevolle Fürsorge: Annita Schmidt, links, und Brigitte Seelent in dem zweite Katzenhaus in Lispenhau-
sen, das die Tierschützer vor gut einem Jahr ausgebaut haben.
vergangenen zehn Jahren vermittelt. Dazu kommen 60
Kleintiere: Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Rennmäuse oder Vögel.
Auch vor großen Tieren haben die Mitarbeiter keine
Angst. Bekommen sie einen
Hinweis, dass
Pferde, Kühe
oder Schafe
unter schlechten Bedingungen gehalten
werden, gehen
sie dem nach.
Immer zu
zweit, denn die
Reaktionen
der Tierhalter
sind nicht nur
friedlich. Ein
oder zwei Wochen später
kommen sie
noch einmal
zur Nachkontrolle. Zeigen
sich die Halter
uneinsichtig,
werden die Polizeistation
Rotenburg und
das Amt für
VeterinärweRocky sucht Zuhause: Christiane Müller mit derr sen in Bad
Dalmatiner-Mischling, der ein Herrchen oder Frau- Hersfeld eingeschaltet.
chen mit Hundeerfahruno braucht.
FOTOS: DUPONT
„Mit beiden klappt die Zusammenarbeit sehr gut", freut
sich Brigitte Selent.
Im Sommer zum Beispiel
war bei Seifertshausen eine
Herde Galloway-Rinder immer wieder von der Weide ausgebrochen, weil sie kein Futter
mehr hatte. Auch Muttertiere
Auflagen vom Amt für Veterinärwesen.
Mit dreizehn Mitgliedern
hat die Tiernothilfe vor zehn
Jahren angefangen. Heute
sind es 160 Mitglieder. Davon
allerdings sind nur fünf aktiv.
Dazu kommen zwei Frauen,
die regelmäßig die beiden Katzenhäuser in Lispenhausen
Eine Rinderherde
sauber machen.
als Geschenk
Zurzeit sind in den beiden
Katzenhäusern insgesamt 19
mit Kälbern waren dabei. Tiere untergebracht. Neun
Zum Teil waren die Rinder so Kätzchen hat Annita Schmidt
abgemagert, dass die Rippen in Rotenburg aufgenommen.
herausstanden, berichten die Sie baut zusammen mit ihrem
Tierschützer. Der Besitzer sei Mann aus eigener Tasche den
bei ihrem Besuch bitterböse Boden ihres Hauses katzengegewesen. „Sie können die Her- recht aus. Ein Zimmer ist bede mitnehmen. Ich schenke sie reits fertig - die KrankenstaIhnen", habe er immer wieder tion der Tiernothilfe.
gesagt.
> BERICHTE RECHTS
„Hätten wir
unsere Pferde
dabeigehabt,
hätten wir sie
gleich mitnehmen können".
sagt Annita
Schmidt und
schmunzelt.
Doch das dürfen die Tierschützer natürlich nicht.
Der Halter der Neugierig: Auch im ersten Katzenhaus, einer umRinder bekam gebauten Garage, ist viel los.
Hintergrund
Hilfswerk
hilft nicht mehr
Die Tiernothilfe Rotenburg
plagen Geldsorgen. Viele
Jahre hat das Deutsche
Tierhilfswerk den Rotenburger Verein unterstützt.
Doch jetzt hat das Werk die
Zuschüsse ganz gestrichen.
„Das trifft uns hart", sagt
Brigitte Selent.
Pro Mitglied nimmt der
Verein jedes Jahr 20 Euro
ein. Städte und Gemeinden
helfen mit kleinen Beträgen.
Die Stadt Rotenburg gab in
diesem Jahr einen Zuschuss
von 230 Euro, aus Bebra kamen 200 Euro, aus Alheim
und Wildeck jeweils 100
Euro.
Für die Tiernothilfe Rotenburg reicht das aber hinten und vorne nicht. Allein
für Tierarztrechnungen
muss der Verein pro Monat
700 bis 800 Euro aufbringen. Deshalb ist der Verein
dringend auf Spenden angewiesen. (DUP)
Verein sucht
Grundstück
ffir Zwinger
ROTENBURG. Einen großen
Wunsch für die Zukunft haben
die Mitarbeiter der Tiernothilfe. Sie wünschen sich von
der Stadt ein kleines Grundstück. „Es muss gerade mal
Platz bieten für zwei Zwinger
mit etwas Auslauf", erklärt
Brigitte Selent.
Zurzeit werden die Hunde
entweder privat untergebracht oder in dem Notzwinger auf dem Gelände des städtischen Bauhofs.
Enttäuscht sind die Tierschützer von der Reaktion
mancher Menschen. „Wir opfern viel von unserer Zeit und
bekommen kein Geld für unserer Arbeit", erläutert Christiane Müller. „Sind wir aber
mal nicht sofort in der Lage,
bei einem Hinweis einzugreifen, werden wir beschimpft."
Das sei ungerecht.
Die Mitarbeiter der Tiernothilfe weisen die Besitzer
von Katzen immer wieder darauf hin, dass sie ihre Tiere
kastrieren und impfen lassen.
Denn das erspart den Tierschützern viel Arbeit. (DUP)