The great Asian Curry Wagon
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The great Asian Curry Wagon
The great Asian Curry Wagon Und da war noch die Geschichte mit dem Huhn, dessen Tag, gemessen nach Huhn-Maßstäben, recht beschissen mit der erfolglosen Flucht vor dem gleichgültigen Besitzer angefangen hatte. Argwöhnisch glotzte das Huhn nun den Inder an, der anfing es mit weiteren Artgenossen wie einen fachgerecht, nach floristischen Gesichtspunkten, gut zusammengestellten Strauß Blumen, an je einem Bein zusammenzubinden und über seine Hero Honda (so eine Art Volksmoped in Indien) mit dem klangvollen und vielsagenden Kennzeichen KA-OS-ED zu hängen. Mieses Karma weiterhin für die Hühner, die nun kopfüber ca. 20 cm über den Schlaglöchern baumelnd mit tiefem Grauen dem riesigen Mahindra Truck entgegen sahen, der den nicht gesetzlichen aber landesüblichen Mindestabstand von geschätzten 2 cm genüsslich auskostete, um dann seine 5000 Watt Pressluftfanfare in die Hühner zu jagen. KA-OS-ED jedenfalls, im tiefen Glauben an die Wiedergeburt, bestand auf seine Schlaglochlinie und wich keinen Millimeter zur Seite. Der Mahindra riss wütend das Steuer herum und scheuchte einen in Panik flüchtenden Tata in Richtung der Allgegenwärtigen Currystände. Es ist die indische Ruhe, die uns immer wieder verblüffte, niemand regte sich auf. Ganeesha sei dank ging alles gut, bis auf einige nun taube Hühner. Wir reisten schon seit Tagen über Bangalore, Kabini, Coorg und Manipal mit dem Auto durch Südindien. Mein indischer Freund Gautham hatte zu einer Tiger Safari eingeladen und zeigte stolz sein Land. Unser indischer Fahrer gab sein Bestes, um nicht im Ranking der wahnsinnigsten Verkehrsteilnehmer nach hinten zu fallen und schlug stolz eine Abkürzung vor, die sich als 6 Std. Monsteroffroadtour durch den Regenwald entpuppte. Misstrauisch erkundigte ich mich nach seiner Ortskenntnis, die er klangvoll und ausladend bestätigte „Yes Boss, I am Expert, don‘t worry Boss.“ Interessanterweise verstärkten sich seine Sorgenfalten von Stunde zu Stunde. Dies schien der gequälte Toyota auch zu spüren und lies uns seinen Unmut durch deutliche Verschleissgeräusche spüren. Inder sind vom Wesen her freundlich, positiv und meistens fröhlich und so hellte sich sein kaffeebraunes Gesicht deutlich auf als wir wieder auf Menschen trafen. Erstaunlicherweise hatten wir die Enklave der Exiltibetaner in Südindien erreicht und nutzten den willkommenen Zwischenstopp zur Besichtigung des zweitgrößten Buddistischen Tempels in Indien. Die Mädels konnten endlich auf die Toilette, die diesen Namen in keinster Weise verdiente und nur unter allergrößter Konzentration ohne größere Eigenkontamination bezwungen werden konnte. Der Grund warum wir nicht einfach den Wald nutzten, liegt klar in der Ursache begraben, dass Indien nicht nur über Tiger, Elefanten und Leoparden verfügt, sondern über allerlei Viechzeug, wie z.B. Die Königskobra, die es unter anderem nicht sehr schätzt, wenn man ihr auf den Kopf kackt. Der ein oder andere mag sich nun fragen, was das alles mit Sportbootfahren zu tun hat. Nun, hierzu muss ich auf die Tigersafari zurückkommen, die wir einige Tage zuvor mit gemischten Gefühlen morgens um 4:45 Uhr antraten. Bei stockfinsterer Nacht stiegen wir in einen nicht sehr vertrauenserweckenden Polyestereigenbau, der tatsächlich mehr Wasser verdrängte als er wog, um einen See zu überqueren. Wohl aus praktischen Erwägungen heraus hatte der stolze Besitzer, Sprit und Batterie gleich direkt unverkleidet nebeneinander am Spiegel angebracht. Der 40 PS Suzuki gab sich alle Mühe die Batterie nass zu halten, die wiederum offensichtlich aufgegeben hatte Funken in Richtung Benzinkanister abzufeuern. Der klägliche Suchscheinwerfer hatte keine Chance das Ufer zu finden, doch wie durch ein Wunder fand unser tapferer Käpt‘n den richtigen Anlegesteg, wo ein offener LKW auf uns wartete. Etwas sauer über die frühe Uhrzeit fragten sich einige Gäste, ob wir wohl unterwegs waren um den Tiger zu wecken, wurden aber letztendlich mit dem auftauchen einer kleinen Elefantenherde entschädigt. Der übermotivierte Fahrer brachte die Fuhre ein wenig zu spät, wie ich fand, zum stehen und trennte eine nervöse Elefantenkuh von ihrem pubertierenden Jungen, der stinksauer wurde. Mit gestellten Nackenhaaren gab der Inder Fersengeld und brachte den LKW zum jaulen. Ok, der Tiger war wach und wohl über alle Berge. Am Nachmittag versuchten wir unser Glück erneut und brausten mit dem Boot den Fluss hinauf. Eine wunderschöne Uferböschung präsentierte stolz eine Herde Hirsche, die plötzlich von hysterischem Affengekreische aufgeschreckt wurde. Wir waren mucksmäuschenstill und trieben langsam, antriebslos aufs Ufer zu. Da war er, der Chef im Ring. Majestätisch schritt er auf die Lichtung hinaus. Aus einem Augenwinkel heraus bemerkte ich wie Käpt‘n Eigenbau hinten am Antrieb herumfummelte und sich offensichtlich nicht sehr wohl, in einem, uns umgebenden Wasserpflanzenfeld fühlte. Es ist erstaunlich und immer wieder zu beobachten, wie sich Touristen überall auf der Welt bedingungslos irgendwelchen Vollidioten ausliefern und es meistens nicht einmal bemerken. Zum Glück hatte der Tiger ein Einsehen und schritt würdevoll von der Bühne. Einige Tage später fanden wir uns im legendären Mumbai-Express in Richtung Goa wieder, einem jener Kontinentalverbindungen, die unendliches Fassungsvermögen an Mensch und Tier haben und dies auch konsequent ausnutzen. Der Inder an sich hat offensichtlich das aktive Anstehen erfunden, und drängelt man nicht mit, dann bleibt man gnadenlos auf der Strecke. Diejenigen von euch, die schon eimal in Indien Zug fuhren, wissen was ich meine. Ausdauer und Nerven waren gefragt. Nachts kamen wir fix und fertig, hungrig und genervt in Goa an. Trotz zweistündiger Verspätung, deren Ursache wohl auf die auf der Strecke stur grasenden Kühen waren, wartete brav unser nächster Fahrer um seine Fahrkünste zu beweisen. Der blank polierte Suzuki Indigo hatte die Größe von ca. 1,5 Smarts und sollte 5 Personen plus 5 Koffern aufnehmen. Der Fahrer war äußerst zuversichtlich, und packte uns kurzerhand die Koffer auf den Schoß. In seiner eigentlichen Tätigkeit als Fahrer nun etwas eingeschränkt und ohne Sicht und Bewegungsraum, machte der junge Inder den entscheidenden Fehler, die Fahrzeit verkürzen zu wollen, um uns aus der misslichen Lage möglichst rasch zu befreien. Offensichtlich nachtblind und in keinster Weise für diese Aufgabe geeignet, krachte der entsetzte Hindu in die nächste Verkehrsinsel, wo wir kläglich liegenblieben. Man muss wissen, dass in den meisten indischen Städten immer Rushour ist und so hupten uns nun hunderte, hämische Inder in Grund und Boden, die keinerlei Notwendigkeit sahen uns zu helfen. In äußerster Lebensgefahr aufgrund des starken Verkehrs, stiegen wir alle aus und schoben das demolierte Auto rücksichtslos auf die Straße zurück. Wer jetzt denkt, der Verkehr ist zum Erliegen gekommen, der hat weitgefehlt. Irgendwie schafften es die Inder, ohne vom Gas zu gehen, um uns herum zu rasen, jeder sein imaginäres Ziel verfolgend. Goa, einst von den Portugiesen entwickelt und zu Wohlstand gebracht, präsentiert sich selbstbewußt und emsig. Wir hatten vor, uns zu erholen und checkten im Taj Holiday Village ein, was zu den besten in Indien gehört. Komplett von der Aussenwelt abgeschirmt und schwer bewacht, wird man als Neuankömmling wie am Flughafen durchsucht. Es herrscht tiefe, berechtigte Sorge vor Bombenanschlägen, da Indien erklärter Feind von Pakistan ist und die Taliban somit gefallen darin finden, Inder zu töten. Der hasserfüllte Islamist ist im allgemeinen nicht sehr tolerant und macht keinen Unterschied zwischen Inder oder Tourist. Wir schoben diese Sorge beiseite und amüsierten uns köstlich mit einem prächtig uniformierten Wachmann, der wohl zum ersten mal im Leben eine Digitalkamera in der Hand hielt um uns alle gemeinsam abzulichten. Verzweifelt starrte er ins Objektiv und wunderte sich maßlos, daß nicht wir, sondern er selbst auf dem Bildschirm erschien. Nach einigen Übungsläufen und Erklärungsversuchen klappte das Foto dann doch und seine Körpersprache signalisierte eindeutig große Erleichterung, hatten doch die ganze Zeit über seine Kollegen mit strengem Blick die Szene verfolgt. Unser Hotel, hatte man versprochen, biete allerlei Unterhaltungen. Nach indischen Maßstäben betrachtet war das absolut zutreffend, wenn auch nicht deckungsgleich mit unseren Erwartungen. So fanden wohl einige asiatische Seeleute unter anderem Gefallen daran, ihren 240 m langen Frachter, namens River Princess, direkt vor dem schönsten Strand von Goa auf Grund zu setzen. Die Inder machen das Beste daraus und bieten verschiedenen Wassersport rund um das Wrack an. Wir beobachteten, wie ein Jetskiverleiher bei voller Fahrt durch die Brandung seinen Kunden verlor, der eigentlich nur zu seinem Hochseefischerei-Charter gebracht werden wollte. Beim Boot angekommen, dämmerte Mr. Jetski dann wohl allmählich warum sein Vehikel heute morgen so gut lief und machte sich dann, ebenfalls in voller Fahrt, zurück auf die Suche nach dem Unglücksraben. Ein Wunder, dass er dabei nicht noch seinen Kunden überfuhr. Bemerkenswert fanden wir auch die Sylvestergala. Um den Gästen möglichst eine gute Sicht aufs Feuerwerk zu ermöglichen, plazierte man die Raketen unmittelbar hinter dem Buffet. Gespannt verfolgten wir, wie Punkt zwölf erst einmal gar nichts passierte. Der völlig überraschte Feuerwerker, nestelte in Panik an irgendwelchen Lunten herum und zündete letztendlich nicht nur das Feuerwerk, sondern gleich auch das Buffet und mehrere Tische an. Verwundert über die Wirkung seines Tuns, musste er mit ansehen wie die Gäste flüchteten, allen voran meine Frau, die aber geistesgegenwärtig noch eine Flasche Wein retten konnte. Um die Situation einigermaßen in den Griff zu bekommen, spielte die indische Rockband volle Kanne „we are the World“. Niemand konnte sich etwas zurufen oder der Dame gegenüber einen Hinweis auf ihre glimmenden Haare geben, da Rückkopplung und sich überschlagende Lautsprecher jegliche Kommunikation vereitelten. Man hatte offensichtlich am Schwarzpulver gespart, so dass den Raketen nach kurzer Zeit der Treibstoff ausging und das bengalische Feuer am Boden verglühte und alles in Brand setzte. Going India to see the Experts. Der morgendliche Kampf mit den natürlichen Folgen eines guten Curries, ist mir zum Schluss doch eine Randnotiz wert. Vernachlässigt man als Mitteleuropäer aufgrund von Alkoholgenuss und guter Stimmung seine Aufmerksamkeit bei der Speisenbestellung am „Live Curry Wagon“, löst man eine durchaus interessante, wenn auch stressige Kettenreaktion für den ungeübten Körper aus. Es ist dringend empfehlenswert seine Tagesplanung für den nächsten Tag mit der bestellten Nahrung abzustimmen, da in diesem Teil der Welt ein grosser Mangel an akzeptablen Toiletten herrscht. Also lasst euch nicht einschüchtern, Indien ist zwar völlig abgefahren und skurril, aber dennoch eine Reise wert. Ahoi, Euer Jörn