20 W 12/08 - beim Deutschen Notarinstitut!

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20 W 12/08 - beim Deutschen Notarinstitut!
DNotI
Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer:
l e t zt e A k t u a l i s i e r un g :
20w12_08
11.1.2013
O L G Fr a n k f ur t / M a i n , 1.11.2012 - 20 W 12/08
WEG §§ 10, 14 Nr. 1, 15, 23
Vorrang der Gemeinschaftsordnung hinsichtlich Nutzungsregelung bei Widerspruch
zur Teilungserklärung
1. Werden in der Wohnungseigentümerversammlung während noch laufender Anfechtung
von Erstbeschlüssen über die Genehmigung von Jahresabrechnungen inhaltsgleiche
Zweitbeschlüsse gefasst, kann aus der Bereitschaft der Versammlung, über die schon
geregelte Angelegenheit erneut zu beschließen, nicht der Wille entnommen werden, die Erstbeschlüsse in jedem Fall aufzuheben, auch wenn die Anfechtung der Zweitbeschlüsse erfolgreich wäre.
2. Bei einem Widerspruch zwischen der nach der Teilungserklärung bzw. dem darin in Bezug
genommenen Aufteilungsplan und der nach der Gemeinschaftsordnung zulässigen Nutzung
kommt den Nutzungsangaben im Aufteilungsplan grundsätzlich kein Vorrang zu, sondern die
Regelung in der Gemeinschaftsordnung geht vor. Der unbefangene Betrachter darf sich nicht
darauf verlassen, dass von den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten nur die am engsten
begrenzte zulässig sei, er muss vielmehr davon ausgehen, dass die kraft Gesetzes umfassende
Nutzungsmöglichkeit eines Teileigentums nur bei einer eindeutig ausgewiesenen Einschränkung entfällt.
3. Wird in einer Teilungserklärung nur für Lage und Ausmaß des Sondereigentums und des
gemeinschaftlichen Eigentums auf den der Urkunde als Anlage beigefügten Aufteilungsplan
und die zeichnerischen Pläne Bezug genommen, nicht dagegen ausdrücklich auf die im Aufteilungsplan genannten Nutzungen, hat eine Aufschrift in den zeichnerischen Plänen (Supermarkt) nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.
4. Bestimmt eine Gemeinschaftsordnung, dass die gewerbliche Nutzung einer Teileigentumseinheit stets ohne Verwalterzustimmung erlaubt ist, was auch für rechtmäßige Nutzungsänderungen gilt, ist die Nutzung als muslimisches Gemeindezentrum als derartige rechtmäßige Nutzungsänderung zu werten, weil bei typisierender Betrachtungsweise keine größeren
Beeinträchtigungen davon ausgehen als bei ohne Einschränkung zulässiger gewerblicher Nutzung des Teileigentums. Mangels eines Verstoßes gegen die nach der Gemeinschaftsordnung
vorgesehene Zweckbestimmung steht den übrigen Wohnungseigentümern deshalb kein Unterlassungsanspruch gegen den Teileigentümer zu.
Tenor
Auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsteller werden der angefochtene
Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 21.05.2007 -61 UR II 305/06
AG Wiesbaden- abgeändert.
Die Nichtigkeit der zu TOP 12 und 13 der Wohnungseigentümer-versammlung vom
04.12.2006 gefassten Beschlüsse wird festgestellt.
Die der Antragstellerin zu 2) in Nr. 3 des Tenors des amtsgerichtlichen Beschlusses
aufgegebene Unterlassung, das Teileigentum Nr. 501 ohne Zustimmung des Verwalters als
religiöses Zentrum, für religiöse Betätigungen zu nutzen oder nutzen zu lassen, wird
aufgehoben und der entsprechende Gegenantrag der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
Die Anträge der Antragsteller im Übrigen und die weiteren sofortigen Beschwerden im
Übrigen werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten sämtlicher Instanzen tragen der Antragsteller zu 1) 34 % und der
Antragsteller zu 2) 2 %, die Antragsgegner tragen als Gesamtschuldner 64 %.
Außergerichtliche Kosten werden in sämtlichen Instanzen nicht erstattet.
Der Geschäftswert für die Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht wird auf
jeweils 311.740,00 € und für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 310.740,00 €
festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller zu 2) und die Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümer-gemeinschaft
A-Str. … und B-Str. …, O1. Der Antragsteller zu 1) ist der ehemalige Eigentümer eines
157/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück A-Str. … verbunden mit dem
Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im Erd- und
Untergeschoss Nr. 501, in dem vormals ein Supermarkt betrieben wurde („Supermarkt"). Der
Verwalter stimmte der Veräußerung an den Antragsteller zu 2) zu. Der Antragsteller zu 2)
wurde am 18.12.2006 als Eigentümer im Teileigentumsgrundbuch von O2 Blatt X, welches in
Bezug genommen wird (Kopie Band I, Bl. 44 ff d. A.), eingetragen.
Nach der Eintragung im Bestandsverzeichnis besteht das Sondereigentum an den nicht zu
Wohnzwecken dienenden Räumen im Erdgeschoss und Untergeschoss Nr. 501 (Supermarkt),
im Plan braun umrandet. Der Antragsteller zu 2) beabsichtigt, das Gebäude in ein Gebetshaus
und Gemeindezentrum muslimischen Glaubens umzuwandeln.
Die Begründung von Sondereigentum erfolgte durch Teilungserklärung vom 21.06.1993 (URNr. D/93 des Notars Dr. N1, O1), für deren Inhalt auf Fol. K der Grundakten von O2 Blatt Y
bzw. Kopien Band V, Bl. 909 ff. d. A. Bezug genommen wird. In dieser Teilungserklärung
wird unter § 1 der Grundbesitz des teilenden Eigentümers beschrieben. Neben der Angabe der
Grundbuchstelle und der Lastenfreiheit in Abt. II und III lautet der letzte Absatz:
Das Grundstück ist mit einem Ladengeschäft, 50 Wohnungen und 44 Tiefgaragenstellplätzen
bebaut. Die Vertretene beabsichtigt, den Grundbesitz nach den Vorschriften des WEG zu
teilen."
In § 2 der Urkunde vom 21.06.1993 erfolgt unter Absatz 1 die Aufteilung des in § 1
bezeichneten Grundbesitzes gemäß § 8 WEG derart, dass verbunden werden je ein
Miteigentumsanteil am Grundstück mit dem Sondereigentum an bestimmten Wohnräumen
und /oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Der Absatz 2 lautet:
"Lage und Ausmaß des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben sich
aus dem Aufteilungsplan und den zeichnerischen Plänen, die als Anlage dieser Urkunde
beigefügt sind."
In der beigefügten Anlage (Kopie Band V, Bl. 930 ff. d. A.) heißt es eingangs:
"Aufteilungsplan
Gewerbliche Einheit:
1. Miteigentumsanteil von 157/1000,
verbunden mit dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im
Erd- und Untergeschoß mit ca. 680 qm - im beigefügten Plan mit Ziff. 501 gekennzeichnet-".
Daran schließt sich die nach Häusern gegliederte Aufzählung der Miteigentumsanteile
verbunden mit Sondereigentum an durch Ziffern gekennzeichnete Wohnungen und unter der
Überschrift "Tiefgaragenstellplätze" von Sondereigentum an ebenfalls durch Ziffern
gekennzeichneten Tiefgaragenstellplätzen an.
Die zeichnerische Darstellung der Einheit 501 (Aufteilungsplan zur Bescheinigung der
Abgeschlossenheit vom 30.03.1992 in den Grundakten von O2, Blatt Y) enthält neben
Einrichtungsdetails wie z. B. Kühlmaschinen und Kassen die Bezeichnung "SUPERMARKT
VERKAUFSRAUM 509.70 m² ".
Zu UR-Nr. E/93 des Notars Dr. N vom 23.11.1993 erfolgte eine Änderung der als Bestandteil
der Teilungserklärung vom 21.06.1993 protokollierten Gemeinschaftsordnung, für deren
Inhalt auf die Grundakten von O2, Blatt X Fol. L ff., Kopien Band I, Bl. 5-35 d. A. Bezug
genommen wird. Darin werden eingangs die neuen Wohn- und
Teileigentumsgrundbuchblätter aufgeführt sowie die Lastenfreiheit in Abt. II und III, ferner
dass es sich um eine Wohnungs- und Teileigentumsanlage auf dem Grundstück Gemarkung
O2, Flur …, Flurstück … handele mit einem Ladengeschäft, 50 Wohnungen und 44
Tiefgaragenplätze (Band I, Bl. 7 d. A.).
In dem die Nutzung betreffenden § 3 der Gemeinschaftsordnung heißt es:
" 1. Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht der alleinigen Nutzung seines
Sondereigentums, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Urkunde
ergeben. Jeder Wohnungseigentümer hat ferner das Recht der Mitbenutzung der zum
gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Räume, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes
und der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen. Im Einzelnen ist für den Gebrauch des
gemeinschaftlichen Eigentums eine etwa aufgestellte Hausordnung maßgebend.
2. Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in einer Wohnung ist ein
Wohnungseigentümer nur mit Zustimmung des Verwalters berechtigt. Die Zustimmung kann
widerruflich oder unter Auflagen erteilt werden.
Dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit (im Aufteilungsplan der
Teilungserklärung vom 21.06.1993, UR-NR. D/1993 des amtierenden Notars unter
Ordnungsnummer 1. aufgeführt und mit Ziff. 501 bezeichnet) ist die gewerbliche Nutzung
stets gestattet, ohne dass es der Verwalterzustimmung bedarf. Dies gilt auch für rechtmäßige
Nutzungsänderungen.
3. Die Zustimmung kann nur aus einem wichtigen Grund verweigert werden. Als wichtiger
Grund gilt insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare
Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner mit sich bringt oder
befürchten lässt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt.
4. Erteilt der Verwalter eine beantragte Zustimmung nicht, nur unter Auflagen oder widerruft
er eine widerruflich erteilte Zustimmung, so kann der betroffene Miteigentümer einen
Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer gem. § 25 WEG herbeiführen.
5. Innerhalb des Sondereigentums vorgesehene bauliche Veränderungen, insbesondere Umund Anbauten, bedürfen der Zustimmung des Verwalters nicht nur, wenn sie das
gemeinschaftliche Eigentum berühren, sondern auch schon dann, wenn sie sich auf dessen
Benutzung ungünstig auswirken, und wenn dadurch ein auf Sondereigentum beruhendes
Recht über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des
Gebäudes verändert wird.
Dies gilt insbesondere für die einheitliche Gestaltung von Markisen und Gartenzäunen.
6. Dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit Ziffer 501 (im Aufteilungsplan der
Teilungserklärung vom 21.06.1993, UR-NR. D/1993 des amtierenden Notars, unter
Ordnungsnummer 1. aufgeführt) werden folgende, ausschließliche Sondernutzungsrechte
eingeräumt:
- Recht zur Benutzung von 20 ebenerdigen PKW-Abstellplätzen, deren Lage sich aus dem als
Anlage beigefügten Plan ergibt und die dort blau markiert sind:
- Recht zum Befahren (auch mit Lastkraftwagen bis zu 22 t Gewicht) und zur Nutzung einer
Anlieferzone, deren Lage sich aus dem als Anlage beigefügten Plan ergibt und die dort rot
markiert ist;
- Recht zur gewerblichen Nutzung eines 2 m breiten Vorplatzes, dessen Lage sich aus dem als
Anlage beigefügten Plan ergibt und der dort grün markiert ist;.. "
In dem die Lasten und Kosten betreffenden § 11 der Gemeinschaftsordnung in der Fassung
vom 23.11.1993 ist unter A die Bildung von 3 Untergemeinschaften vorgesehen, nämlich:
Untergemeinschaft I, bestehend aus einer Teileigentumseinheit, im Aufteilungsplan der
Teilungserklärung unter der Ordnungsnummer 1. aufgeführt, Untergemeinschaft II, bestehend
aus 50 Wohnungseinheiten, im Aufteilungsplan der Teilungserklärung unter den
Ordnungsnummern 2. bis 51. aufgeführt und Untergemeinschaft III, bestehend aus 44
Teileigentumseinheiten, im Aufteilungsplan der Teilungserklärung unter den
Ordnungsnummern 52. bis 95. aufgeführt. Auch dieser Urkunde ist als Anlage dieselbe
zeichnerische Darstellung der Einheit 501 beigefügt wie der Urkunde vom 21.06.1993,
ergänzt um die Einzeichnungen für die Lage der Sondernutzungsrechte (Kopien Band I, Blatt
31, 32 d. A.).
Am 28.11.1994 erfolgte zu UR-Nr. F/1994 des Notars G, O1, (Kopien Band V, Bl. 953-961 d.
A.), eine weitere Änderung der Teilungserklärung, durch die § 11 B der
Gemeinschaftsordnung neugefasst wurde. Die Neufassung lautet:
"Jede Untergemeinschaft trägt sämtliche Kosten und Lasten der entsprechenden Einheiten so,
als wäre sie eine rechtlich selbständige Eigentümergemeinschaft.
Die Kostenverteilung innerhalb einer jeden Untergemeinschaft erfolgt nach den jeweiligen
Miteigentumsanteilen in der betreffenden Untergemeinschaft. Für jede Untergemeinschaft
werden getrennte Instandhaltungsrücklagen gebildet. Dabei trägt jeder Miteigentümer die auf
sein Sondereigentum entfallenden Kosten, für die eigene Messeinrichtungen vorhanden sind
oder die sonst in einwandfreier Weise gesondert festgestellt werden können, allein.
Alle Lasten und Kosten, die nicht nur einer, sondern mehreren (jedoch nicht allen)
Untergemeinschaften zugeordnet werden können, tragen die Miteigentümer der betroffenen
Untergemeinschaften nach dem Verhältnis ihrer jeweiligen Miteigentumsanteile. Alle nicht
einer Untergemeinschaft oder mehreren Untergemeinschaften allein zuordnungsfähigen
Kosten und Lasten tragen sämtliche Miteigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile."
In dem die Eigentümerversammlung betreffenden § 12 der Gemeinschaftsordnung in der
Fassung vom 23.11.1993 ist auch für die Beschlussfassungen die Bildung der
Untergemeinschaften I, II, und III vorgesehen, ferner dass die
Gesamteigentümergemeinschaft (sämtliche Wohnungs- und Teileigentumseinheiten) und die
Untereigentümergemeinschaften jeweils ihre eigenen Versammlungen abhalten, die
ungeachtet ihrer rechtlichen Verselbständigung gemeinsam stattfinden können.
Unter lit. C des § 12 der Gemeinschaftsordnung heißt es:
" Jede Untereigentümerversammlung ist zuständig für alle Angelegenheiten ihrer jeweiligen
Miteigentumsanteile, soweit diese deren Sondereigentum und das damit verbundene
Gemeinschaftseigentum betreffen. Der Beschlussfassung der Untereigentümergemeinschaften
unterliegen insbesondere die in § 25 Abs. 5 WEG aufgeführten Angelegenheiten.
Die Gesamteigentümergemeinschaft ist für alle anderen Angelegenheiten zuständig,
insbesondere für den Außenbereich, soweit nicht in dieser Gemeinschaftsordnung einzelnen
Miteigentümern Sondernutzungsrechte eingeräumt wurden; sie ist auch dann zuständig, wenn
es sich um Angelegenheiten handelt, die sämtliche Miteigentümer betreffen.
D. Für alle Miteigentümerversammlungen (gleich ob es sich um eine
Untereigentümerversammlung oder die Gesamteigentümerversammlung handelt) gelten
folgende allgemeinen Bestimmungen:
… 11. In Ergänzung des § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der
Wohnungseigentümerversammlung auch die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist.
Das Protokoll ist vom Verwalter und einem von der Versammlung bestimmten
Wohnungseigentümer zu unterzeichnen."
Nach § 15 der Gemeinschaftsordnung in der Fassung vom 23.11.1993 können Änderung der
Gemeinschaftsordnung durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung (Mehrheit der
vertretenen Miteigentumsanteile) vorgenommen werden, soweit dies nach den gesetzlichen
Bestimmungen zulässig ist.
Gegenstand dieses Verfahrens sind die Beschlüsse unter TOP 2, TOP 3, TOP 4, TOP 12 und
TOP 13, die in der Wohnungseigentümerversammlung (WEV) vom 04.12.2006 gefasst
wurden sowie die Bestellung eines Notverwalters und die Feststellung der Nichtigkeit der
Verwalterbestellung in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.10.2005.
TOP 2, 3 und 4 betreffen die Genehmigungen der Gesamtabrechnungen, der
Einzelabrechnungen und die Entlastung des Verwalters für die Jahre 2003, 2004 und 2005,
denen der Antragsteller zu 1) in der Wohnungseigentümerversammlung zustimmte. Wegen
der Einzelheiten der Jahres- und Einzelabrechnungen wird auf Bl. 739 ff d. A. verwiesen.
In TOP 12 wurde beschlossen: „Die Eigentümergemeinschaft stimmt einer Umwandlung der
Zweckbestimmung der gewerblichen Einheit (= Seite 5 der Teilungserklärung vom
21.06.1993) in einen Raum religiöser Andacht und Betätigung nicht zu" (Bl. 58 d. A.).
Unter TOP 13 hat die WEV beschlossen, dass die Verwaltung beauftragt und bevollmächtigt
ist, sofort durch einen Rechtsanwalt der vorstehend beschriebenen Zweckänderung gerichtlich
entgegen zu treten, sobald dies deutlich wird oder schon deutlich geworden ist.
Wegen der Einzelheiten der Beschlussinhalte wird auf den Protokollinhalt (Band I, Bl. 54 ff d.
A.) verwiesen.
Am 04.10.2005 fand eine WEV statt, für deren Gegenstand auf das Protokoll Band I, Bl. 9395 d. A. Bezug genommen wird. Unter TOP 10 wurde der weitere Beteiligte bis zum
31.12.2008 zum Verwalter bestellt.
Am 25.8.2006 hat der Antragsteller zu 1) ein Schreiben unterzeichnet, in dem er im Gegenzug
zum Erhalt der Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung seines Teileigentums auf eine
„Weiterung der Streitsituation" mit dem Verwalter verzichtet (Band I, Bl. 186 d. A.). Ferner
hat er mit gleichem Datum dem Verwalter eine Vollmacht für die Abstimmung in der WEV
am 29.08.2006 erteilt (Band I, Bl. 163 f d. A.). Danach sollte der Verwalter hinsichtlich der
Genehmigung der Einzel- und Gesamtjahresabrechnungen sowie der Verwalterentlastung für
2003, 2004 und 2005 und der Fortschreibung des Wirtschaftsplans mit " Ja" stimmen.
In der WEV vom 29.8.2006 wurden unter TOP 3, 4, 5 und 8 bereits die Beschlüsse gefasst,
die Gegenstand der inhaltsgleichen Beschlussfassung unter TOP 2, 3, 4 und 7 der WEV vom
04.12.2006 sind. Die Beschlüsse unter TOP 12 und 13 der WEV vom 04.12.2006 wurden in
einer WEV am 05.10.2006 inhaltsgleich gefasst. Der Antragsteller zu 1) hat diese Beschlüsse
aus den Wohnungseigentümerversammlungen vom 29.08.2006 und 05.10.2006 angefochten,
u.a. wegen Verletzung der nach § 12 Ziff. 13 der Gemeinschaftsordnung zur Wirksamkeit
eines Beschlusses erforderlichen Unterzeichnung durch einen von der Versammlung
bestimmten Wohnungseigentümer. Insoweit war streitig, ob entgegen dem Protokollinhalt die
Bestimmung eines Wohnungseigentümers zur Unterzeichnung erfolgt war. In dem Verfahren
vor dem Amtsgericht Wiesbaden (AZ: 61 UR II 217/06) hat der Antragsteller zu 1) am
19.12.2006 die Anfechtung übereinstimmend mit den Antragsgegnern für erledigt erklärt. Die
Kammer hat die Akte des Verfahrens vor dem Amtsgericht Wiesbaden AZ: 61 UR II 217/06
beigezogen, es wird auf die Protokolle der WEV vom 29.8.2006 und 5.10.2006 verwiesen,
ferner auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2006 (Bl. 37 ff und 115 ff
sowie Bl. 202-204 der Beiakten), wonach die Beteiligtenvertreter übereinstimmend das
Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 2, 3, 4, 12 und 13 der WEV vom 04.12.2006 durch
den Antragsteller zu 1) ist mit Schriftsatz vom 20.12.2006 erfolgt, der am 22.12.2006 bei
Gericht eingegangen ist (Bl. 1 ff d. A.). Die Beschlussanfechtung der Beschlüsse zu TOP 12,
13 und 7 der WEV vom 04.12.2006 durch den Antragsteller zu 2) datiert vom 04.01.2007 und
ist bei Gericht am selben Tag eingegangen (Bl. 77 ff d. A.).
Die Antragsgegner haben mit Schriftsatz vom 18.01.2007 (Band I, Bl. 158, 159 d. A.)
Gegenanträge gestellt. Sie haben beantragt, dem Antragsteller zu 2) aufzugeben,
an die Antragsgegner z.H. der Verwaltung die Baupläne mit den erläuternden Texten, die zum
Bescheid der Aufsichtsbehörde vom 18.04.2006, AZ: …/06 führten, in vollständiger
Ablichtung auszuhändigen, ggfs. Zug um Zug gegen Zahlung der Fotokopiekosten;
es zu unterlassen, die Teileigentumseinheit, eingetragen in den Grundakten des Amtsgerichts
in O1 von O2 Blatt X, 157/1000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung O1,
Flur …, Flurstück …, Gebäude- und Freifläche, A-Str. …, B-Str. …, verbunden mit dem
Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im Erdgeschoss und
Untergeschoss Nr. 501 (Supermarkt) als religiöses Zentrum, für religiöse Betätigungen zu
nutzen oder nutzen zu lassen;
es zu unterlassen, mit den Bauarbeiten an der bezeichneten Teileigentumseinheit fortzufahren;
es zu dulden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch zwei von ihr
beziehungsweise der Verwaltung ausgewählte Personen das ihr gehörende Teileigentum, in
der Teilungserklärung vom 21.6.1993 bezeichnet als „Gewerbliche Einheit
Miteigentumsanteil von 157/1000stel" besichtigt;
für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgelder beziehungsweise Ordnungshaft
anzuordnen.
Am 15.02.2007 hat das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung einen Baustopp
hinsichtlich des Umbaus des Supermarkts beschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die
einstweilige Anordnung Band II, Bl. 213 ff d. A. verwiesen.
Mit Beschluss vom 21.05.2007 hat das Amtsgericht die Anträge der Antragsteller
zurückgewiesen. Den Anträgen der Antragsgegner hat die Amtsrichterin im Wesentlichen,
insbesondere hinsichtlich der Unterlassung der Nutzung als religiöses Zentrum und für
religiöse Betätigungen ohne Zustimmung des Verwalters sowie der Unterlassung der weiteren
Bauarbeiten an der Teileigentumseinheit, stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes sowie der rechtlichen Gründe wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom
21.05.2007 Bezug genommen (Band III, Bl. 489 ff d. A.)
Gegen den ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 29.05.2007 zugestellten amtsgerichtlichen
Beschluss haben die Antragsteller mit am 30.05.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz
vom gleichen Tag sofortige Beschwerden eingelegt. Mit Schriftsatz vom 26.09.2007 für
dessen Inhalt samt Anlagen auf Band IV, Bl. 647-755 d. A. Bezug genommen wird, sind die
Beschwerden begründet worden.
Der Antragsteller zu 1) hat im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren beantragt (Band VI,
Bl. 648-650 d. A.),
unter Aufhebung des Beschlusses des AG Wiesbaden vom 21.05.2007 im Verfahren 61 UR II
305/06 die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 gefasst unter
TOP 2, TOP 3, TOP 4, TOP 12, TOP 13 aufzuheben.
Der Antragsteller zu 2) hat beantragt,
die Beschlüsse unter TOP 12, TOP 13 und TOP 7 der Wohnungseigentümerversammlung
vom 04.12.2006 aufzuheben und die Gegenanträge zurückzuweisen.
Ferner haben die Antragsteller beantragt,
die Nichtigkeit der unter TOP 12 erfolgten Beschlussfassung (Zweckbestimmung
Teileigentum) sowie die Nichtigkeit der Verwalterbestellung vom 04.10.2005 festzustellen,
die Ordnungsgemäßheit der Abrechnungen über die Abrechnungszeiträume 2003, 2004 und
2005 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu überprüfen, den Verwalter zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 260 Abs. 2 BGB zu verpflichten sowie die
Firma M KG im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 44 Abs. 3 WEG als
Notverwalter zu verpflichten.
Die Antragsgegner haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen und an ihren Gegenanträgen
festgehalten. Die Anträge auf Aushändigung der die Baupläne mit den erläuternden Texten
und auf Duldung der Besichtigung des Teileigentum sind in der mündlichen Verhandlung vor
dem Landgericht vom 26. 10.2007 (Band IV, Bl. 818 d. A.) zurückgenommen worden.
Der Antragsteller zu 1) hat zur Begründung der Beschwerde ausgeführt, dass, soweit die
Beschlüsse der WEV vom 29.08.2006, die inhaltsgleich mit TOP 2, 3, und 4 der WEV vom
04.12.2006 sind, in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts in dem Verfahren 61 UR
II 217/06 vom 19.12.2006 für erledigt erklärt worden sind, dies nur geschehen sei, weil die
Antragsgegner erklärt hätten, sie wollten nicht mehr an der Rechtsgeltung der angefochtenen
Beschlüsse, die vor dem 04.12.2006 gefasst worden waren, festhalten.
Hinsichtlich der Anfechtung der Jahresabrechnungen hat der Antragsteller zu 1) ausgeführt,
dass ihm Auskunft über das gesamte Rechnungswesen der Gemeinschaft zustehe. Dazu
gehöre auch die Vorlage einer Gesamtjahresabrechnung. Die von der Verwaltung vorgelegte
Abrechnung sei für ihn nicht prüfbar und rechnerisch nicht schlüssig. Hinsichtlich der
Jahresabrechnungen 2003 bis 2005 würden ihm insbesondere folgende Unterlagen fehlen:
Aufstellung aller Einnahmen der Gesamtgemeinschaft, eine Geldverkehrsrechnung mit
Bekanntgabe der Bankbestände zum Beginn und Ende der jeweiligen Abrechnungsperiode,
individuelle Heizkostenabrechnung, Vermögensstatus, Zusammenstellung der Ergebnisse der
Einzelabrechnungen. Ferner fehle das Journal, so dass die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchhaltung verletzt seien.
Die zusammengefasste Abrechnung für das Sondereigentum für das Jahr 2005 sei willkürlich.
Die Aufstellung „Status der Eigentümergemeinschaft für 2005" sei in mehrfacher Hinsicht
falsch. Nicht ersichtlich sei, wie das Bankguthaben von Euro 137,09 auf Euro 100,93 sinken
konnte. Ferner sei der Posten „Versicherungen" in der Einzelaufstellung und der
Gesamtaufstellung nicht eindeutig und unterschiedlich. Die Instandhaltungsrücklage sei
lediglich in einer Einzelabrechnung aufgeführt und finde kein Pendant in einer anderen
Aufstellung und es fehle die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage. Schließlich sei keine
ordnungsgemäße Einzelabrechnung vorhanden, da diese nicht den Verteilerschlüssel angebe.
Aufgrund der vielfältigen Fehler sei eine schlichte Ergänzung der Jahresabrechnung nicht
mehr möglich.
Die Abrechnungen 2004 und 2003 beschränkten sich auf die Darstellung der Gesamtausgaben
der Gemeinschaft sowie den Einnahmen der Gemeinschaft.
Schließlich hat der Antragsteller zu 1) vorgetragen, dass überhaupt kein Beschluss über die
Gesamtjahresabrechnung zustande gekommen sei, da die Beschlussfassung unter
Bezugnahme auf die Einzelabrechnungen erfolgte, die nach Verständnis der Verwaltung
gleichzeitig die Gesamtabrechnungen gewesen seien, da die Gesamtkosten mit ausgewiesen
wurden.
Aufgrund der Mängel in den Jahresabrechnungen seien auch die Entlastungsbeschlüsse des
Verwalters aufzuheben, da sie nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen. Ferner habe
der Verwalter aufgrund Vollmacht wohl unzulässiger Weise über seine eigene Entlastung
entschieden.
In seinem Schreiben vom 25.08.2006 habe der Antragsteller zu 1) lediglich davon Abstand
genommen, dem Verwalter die "Sünden der Vergangenheit" weiter anzulasten, ein Verzicht
auf die Verfolgung seiner Rechte sei darin nicht zu sehen. Die Zustimmung des Antragstellers
zu 1) zur Genehmigung mittels Bevollmächtigung des Verwalters ändere nichts an seinem
Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung. Das Anfechtungsrecht des Antragstellers zu 1) zu
TOP 12 und 13 ergebe sich daraus, dass er auch weiterhin ein Interesse daran habe, als
ehrlicher Kaufmann zu gelten, auch wenn er im Kaufvertrag keine Eigenschaftszusicherung
abgegeben habe.
Ferner habe der Verwalter in einem Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 61 UR II 74/07
eingestanden, dass er bezogen auf ein anderes Objekt weder eine Geldverkehrsrechnung noch
einen Vermögensstatus ordnungsgemäß aufgestellt habe. Dies bestätige auch das Gutachten
des Sachverständigen H im Parallelverfahren 61 UR II 178/05.
Der Antragsteller zu 1) ist der Auffassung gewesen, dass nunmehr zwingend die Abgabe einer
eidesstattlichen Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB durch den Verwalter geboten sei.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, dass die Frage der Zweckbestimmung des
Teileigentums gem. TOP 12 der WEV vom 04.12.2006 einer Beschlussfassung durch die
Eigentümer entzogen sei. Es liege in der Kompetenz des Teileigentümers, der eine eigene
Untergemeinschaft bilde, die Änderung der Nutzung zu bestimmen, zu dieser sei auch keine
Verwalterzustimmung erforderlich.
In der Teilungserklärung sowie im Aufteilungsplan sei die Teileigentumseinheit nicht als
Gewerbeeinheit bezeichnet, sondern stets als "Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken
dienenden Räumen". Der vermerkte Gebrauchszweck habe lediglich die Qualität eines
Nutzungsvorschlags. Einschränkungen könnten sich lediglich aus der konkreten Art der
Nutzung oder den baulichen Gegebenheiten der Eigentumsanlage ergeben. Auch eine
Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter schließe nach allgemeiner Auffassung nur
eine Nutzung der Räume aus, von der (bei typisierender Betrachtungsweise) stärkere
Beeinträchtigungen ausgehen als sie bei der Nutzung auftreten würden, die sich aus dem in
der Gemeinschaftsordnung festgelegten Zweck ergäben.
Hinsichtlich des ehemaligen Supermarktes sei zu berücksichtigen, dass dieser räumlich
mindestens 30 m vom übrigen Baukörper entfernt sei. Der Eingang sei baulich verdeckt, auf
der der Wohnbebauung abgewandten Seite, circa 120 m von der Wohnbebauung entfernt. Die
Besucherzahl des Gebetshauses und Gemeindezentrums beschränke sich auf circa 20
Personen pro Tag, überwiegend ohne Pkw. Der vorherige Supermarkt sei pro Monat von
durchschnittlich 14.000 (1994), 14.500 (1995) und 16.000 (1996) Käufern besucht worden.
Ferner habe der Supermarkt 10 Ganztagsbeschäftigte und 3 Teilzeitbeschäftigte gehabt, die
nicht im näheren Umfeld wohnten. Die Stammbesetzung im Gemeindezentrum beliefe sich
dagegen lediglich auf 3 Personen. Die Öffnungszeiten des Gebetshauses und
Gemeindezentrums seien täglich von 11:00 bis 21:00 Uhr. Während des Ramadan, einem
Monat im Jahr, fände ein gemeinsames Essen vor und nach Sonnenuntergang statt. Dagegen
seien die Ladenschlusszeiten eines Supermarktes aufgehoben und dieser sei lediglich feiertags
und sonntags geschlossen. Ferner sei von den Gebeten außerhalb des Gebäudes nichts zu
hören, Alkohol werde nicht ausgegeben. Bei einem Supermarkt dagegen käme es zu
Kundengesprächen außerhalb des Ladenlokals sowie zu ständig wechselnden Besuchern und
damit verbundenem konstanten Anfahrt- und Abfahrtslärm sowie Lieferverkehr per Lkw zur
Nachtzeit.
Geplant sei als Nutzung des Teileigentums eine Begegnungsstätte für die Gemeindemitglieder
der muslimischen Gemeinde. Das Betreiben eines Gemeindezentrums sei keine
Berufsausübung. Es solle ein Ladengeschäft mit Lagerräumen geben, ein Vorstandszimmer,
Schulungsräume, eine getrennte Toilettenanlage, ein Mehrzweckraum mit Bibliothek,
Tischtennisplatte, Tischfußball, Café, Internet-Plätze sowie zwei Gebetsräume, für Frauen
(für 39 Personen) und Männer (136 Personen), sowie zur Abrundung des Bildes Vorräume
mit entsprechenden Schuhregalen. Die Gemeinde habe rund 160 Mitglieder, überwiegend
Männer, die sich im Einzugsbereich von circa 40 km befänden. Allein während des
Freitagsgebets seien zwischen 12:30 und 13:30 Uhr jeweils 60-70 Personen anwesend. Die
Räume würden von maximal 80-110 Personen genutzt. Die Größe der Gebetsräume beruhe
auf Planzahlen, die sich aber bei typisierender Betrachtung der Nutzung der Räume auf die
Hälfte reduzierten, da ausreichend Platz für ein stilles und ungestörtes Gebet sein müsse.
Ferner hätten sie mit 20 Stellplätzen ausreichend Parkplätze. Wegen der Einzelheiten des
Vortrags zu dem Nutzungsvergleich wird auf den Inhalt der Beschwerdebegründung Bezug
genommen.
Zu der unter TOP 13 beschlossenen Anwaltsbeauftragung ist vorgetragen worden, diese sei
nichtig, da mit ihr ein rechtswidriges Ziel der Gemeinschaft verfolgt würde.
Zu TOP 7 ist der Antragsteller zu 2) der Auffassung gewesen, dass über den Wirtschaftsplan
der Untergemeinschaft lediglich diese abzustimmen habe und nicht die gesamte
Gemeinschaft. Der Plan sei im November 2005 beschlossen worden und es ergäbe sich daraus
nicht, ob er für das Jahr 2005 oder 2006 beschlossen worden sei. Das Amtsgericht habe in
seinem Beschluss vom 21.05.2007 noch nicht über diesen Antrag zur Ungültigkeitserklärung
von TOP 7 der WEV entschieden.
Ferner haben die Antragsteller die Auffassung vertreten, dass der Baustopp nicht aufrecht zu
erhalten sei, schon weil keine Glaubhaftmachung durch die Antragsgegner erfolgt sei.
Die Antragsteller haben vorgetragen, der bisherige Umbau habe nicht das
Gemeinschaftseigentum, sondern lediglich das Sondereigentum betroffen. Dieser Umbau sei
nicht abhängig von der Verwalterzustimmung gewesen, da keine baulichen Veränderungen im
Sinn des § 22 WEG erfolgt seien. Die Antragsteller haben ferner behauptet, dass seit Erlass
der einstweiligen Anordnung keine weiteren Baumaßnahmen stattgefunden hätten. Der
Einbau von Fenstern sei noch nicht konkret. Die Verkaufsfläche sei nicht durch tragende
Zwischenwände baulich verändert worden. Innerhalb des Teileigentums sollten lediglich
Renovierungsarbeiten und Schönheitsreparaturen durchgeführt werden, was dem
Antragsteller zu 2) nicht verwehrt werden könne.
Ein Umbau in ein Ladengeschäft für Lebensmittel, einen Friseur (Abstellraum 1), eine
Teeküche, das Vereinsbüro, den Abstellraum, den Eingangsbereich, die Trennmauer zum
Gebetsraum und die Toiletten seien eine gewerbliche Nutzung und dürften daher gebaut
werden. Ferner müsse die vorhandene Warmluftheizung gegen Heizkörper ausgetauscht
werden, da eine Warmluftheizung kostspieliger sei und Heizkörper den Wärmebedarf
reduzierten. Da die Teileigentumseinheit über eine unabhängige Heizanlage verfüge und die
Heizkörper im Sondereigentum stünden, sei der Antragsteller zu 2) zu einem Austausch
berechtigt.
Ein Notverwalter sei zu bestellen, da der weitere Beteiligte am 04.10.2005 in der
Wohnungseigentümerversammlung nur von den Untergemeinschaften "Wohnungen" und
"Garage" gewählt worden sei. Die Untergemeinschaft "Supermarkt" sei nicht eingeladen
gewesen, daher sei die Verwalterbestellung nichtig. Da der Verwaltervertrag abgelaufen sei,
sei der weitere Beteiligte nur Scheinverwalter.
Die Antragsgegner haben eingewandt, der Antragsteller zu 1) habe in dem Schreiben vom
25.08.2006 auf seine Anfechtungsrechte verzichtet, weil er mit dem Verkauf an den
Antragsteller zu 2) ein günstiges Angebot erhalten habe, dessen Abwicklung er möglichst
schnell habe durchführen wollen.
Weiter haben die Antragsgegner hinsichtlich der Anfechtung der Zweitbeschlüsse auf die
infolge Erledigungserklärung eingetretene Bestandskraft der Erstbeschlüsse und das daraus
resultierende Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Anfechtungsanträge hingewiesen.
Ferner könnten die gewünschten individuellen Heizkostendaten selbst erstellt werden, da das
Teileigentum (unstreitig) über eine eigene Heizanlage verfügt.
Zu ihren Unterlassungsanträgen haben die Antragsgegner vorgetragen, nach dem Inhalt der
Teilungserklärung sei die Zweckbestimmung der Einheit Nr. 501 als "gewerbliche Einheit"
festgeschrieben. Der Umbau des Marktes in ein Gebetshaus würde aber dem Großkomplex
insgesamt eine religiös kirchliche Ausrichtung geben mit der Folge, dass die
Sondereigentümer nicht mehr über ihr Eigentum verfügen könnten, da kein Bürger interessiert
daran sei, sich eine Wohnung in einer Anlage zu suchen, die von religiöser Zuwendung
beherrscht sei. Die Belastung durch Gespräche vor und nach dem Gebet wäre erheblich höher
als bei Supermarktbesuchern, die sich lediglich zuwinkten. Ferner sei bei einer Besucherzahl
von 20 Personen fraglich, warum die Moschee an dem früheren Standort aufgegeben worden
sei. Die Wohnungseigentümer könnten auch nicht auf den Parkplätzen, die dem Antragsteller
zu 2) zugeordnet sind, parken, sondern würden um Räumung ersucht.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat am 13.08.2007 eine
Wohnungseigentümerversammlung stattgefunden, in der die bisherige Verwaltung erneut
mehrheitlich bestätigt wurde. Der Antragsteller zu 2) habe im Wege der einstweiligen
Verfügung am 19.09.2007 die einstweilige Außerkraftsetzung dieses Beschlusses und die
Bestellung eines Notverwalters beantragt. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung
sei zurückgewiesen (AG Wiesbaden, AZ: 91 C 5028/07 - 78) und die Hauptsache noch nicht
entschieden und ebenfalls beim AG Wiesbaden unter AZ: 92 C 4933/07 - 81 anhängig.
Wegen des weiteren Sachvortrags werden die Schriftsätze der Beteiligtenvertreter sowie die
Niederschrift der öffentlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 26.10.2007 (Bl. 803 ff
d. A.) in Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 20.12.2007, für dessen Inhalt auf Band V, Bl.
1003-1022 d. A. Bezug genommen wird, die sofortigen Beschwerden zurückgewiesen und
hinsichtlich der Beschlussanfechtung zu TOP 7 der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 (Fortschreibung des Wirtschaftsplans vom 04.11.2005) die Sache an das
Amtsgericht zur Entscheidung in eigener Sache zurückverwiesen. Weiter hat es die
Aufrechterhaltung der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 15.02.2007 bis zur
rechtskräftigen Entscheidung angeordnet.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dem Antragsteller zu 1) fehle bereits das
Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung der unter TOP 2, 3 und 4 gefassten Beschlüsse
betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnungen und die Verwalterentlastung auf Grund
der Bestandskraft der bereits inhaltsgleich in der Wohnungseigentümerversammlung vom
29.08.2006 gefassten Erstbeschlüsse. Daran ändere die Anfechtung in den Vorverfahren
nichts, da diese in Folge der übereinstimmenden Erklärung der Erledigung der Hauptsache
nicht zur Ungültigerklärung der angefochtenen Beschlüsse der
Wohnungseigentümerversammlung geführt habe. Eine Erklärung, dass die Beschlüsse vor
dem 04.12.2006 gefassten Beschlüsse keine Rechtsgeltung mehr haben sollten, sei aus der
Niederschrift der öffentlichen Verhandlung ist auch nicht ersichtlich.
Besondere Umstände, die eine Nichtigkeit der Gesamt- oder Einzelabrechnungen für die Jahre
2003 - 2005 zur Folge hätten, seien hier nicht ersichtlich. Die vom Antragsteller zu 1)
vorgetragenen Gründe führten lediglich zu einer Anfechtbarkeit bzw. einem
Ergänzungsanspruch. Ferner handele es sich auch um der Bestandskraft fähige Beschlüsse.
Ein nicht der Bestandskraft fähiger Beschluss über eine Gesamtjahresabrechnung liege zwar
dann vor, wenn die Gesamtjahresabrechnung lediglich aus sämtlichen Einzelabrechnungen
besteht, die neben den Kosten für den einzelnen Wohnungseigentümer schlicht die
Gesamtkosten des Jahres benennt. Vorliegend habe die Verwaltung allerdings
Jahresabrechnungen zur Entscheidung vorgelegt, die nicht schlicht die Gesamtkosten
ausweisen würden. Vielmehr seien die Gesamtkosten nochmals untergliedert in die einzelnen
Kostenpositionen sowie eine Aufstellung der Einnahmen nach Eigentümern. Aus dieser
Abrechnung sei detailliert ersichtlich, welche Kosten pro Position entstanden sind und
welchen Anteil die jeweilige Untergemeinschaft daran trägt.
Da auch die Beschlüsse unter TOP 12 und TOP 13 in der WEV vom 04.12.2006 zum zweiten
Mal gefasst wurden, nachdem sie inhaltsgleich in der WEV vom 5.10.2006 beschlossen
wurden, fehle sowohl dem Antragsteller zu 1) als auch dem Antragsteller zu 2) aus den oben
dargelegten Gründen für die Beschlussanfechtung das Rechtsschutzbedürfnis. Daher könne
dahinstehen, ob der Antragsteller zu 1) nach Übertragung des Eigentums überhaupt noch ein
schützenswertes Interesse habe hinsichtlich der Zweckbestimmung der veräußerten Einheit.
Das Rechtsschutzbedürfnis sei auch nicht deswegen gegeben, weil die Beschlüsse nichtig
seien und damit kein wirksamer Erstbeschluss vorliege. Eine Nichtigkeit wäre in Betracht
gekommen, wenn der Wohnungseigentümerversammlung die Beschlusskompetenz gefehlt
hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da die Wohnungseigentümerversammlung lediglich
festgestellt habe, dass der beabsichtigte Gebrauch gemessen an der für das Teileigentum
„Supermarkt" in § 3 Nr. 2 Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung unzulässig sei.
Da den Antragsgegnern ein Recht zur Durchsetzung des Anspruchs gem. § 15 Abs. 3 WEG
zustehe, sei die Beauftragung eines Rechtsanwalts gem. TOP 13 auch nicht rechtswidrig. Zur
Prüfung, ob die Beschlussfassung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte, komme es
vorliegend allerdings nicht, da den Antragstellern auch für die Anfechtung der Punkte unter
TOP 12 und 13 wegen Vorliegens wirksamer und bestandskräftiger inhaltsgleicher
Beschlüsse das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Auch soweit der Antragsteller zu 2) beantragt hat, einen Notverwalter zu bestellen, fehle ihm
das Rechtsschutzbedürfnis. Mit Beschluss vom 13.08.2007 sei ein Verwalter bestellt worden
und ungeachtet der Anfechtung daher für eine Notverwalterbestellung kein Raum mehr.
Der Antrag auf Feststellung, dass die Verwalterbestellung in der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.10.2005 nichtig gewesen sei, sei erstinstanzlich
nicht gestellt worden. Ein Bedürfnis für die Feststellung der Nichtigkeit der
Verwalterbestellung in zweiter Instanz sei daher nicht ersichtlich.
Die Anträge, die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung über die Abrechnungszeiträume 2003,
2004 und 2005 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu überprüfen und auf
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 260 Abs. 2 BGB, seien erstmals in der
zweiten Instanz gestellt worden. Das Rechtsschutzbedürfnis für diese Anträge fehle, weil
bereits die Anfechtung der Jahresabrechnungen nicht statthaft sei.
Soweit der Antragsteller zu 2) eine Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Wiesbaden
vom 21.05.2007 über die Gegenanträge begehre, sei seine Beschwerde unbegründet.
Abgesehen von der Teilrücknahme hinsichtlich der Anträge auf Aushändigung von
Bauunterlagen und Besichtigung sei nach § 3 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung die Nutzung
als Gebetshaus und Gemeindezentrum nicht zulässig, der Gegenantrag auf Unterlassung
gemäß §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG vielmehr begründet.
Für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs komme es entscheidend darauf an, ob die
Nutzung des Teileigentums „Supermarkt" als Gebetshaus und Gemeindezentrum der in der
Gemeinschaftsordnung festgelegten Zweckbestimmung widerspreche und deshalb von den
Antragsgegnern nicht hingenommen werden müsse.
Für die Frage der Zulässigkeit einer Nutzung komme es maßgeblich darauf an, welche
Nutzung tatsächlich in den Räumen stattfindet und ob diese Nutzung die anderen
Wohnungseigentümer mehr störe oder beeinträchtige als eine Nutzung als gewerbliche
Einheit (Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG), wobei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung
eine typisierende bzw. generalisierende Betrachtung maßgeblich sei. Für diese Betrachtung
sei der Gebrauch nach Art und Durchführung zu konkretisieren und auf die örtlichen (Umfeld,
Lage im Gebäude) und zeitlichen (etwa Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen. Auf die
Erweislichkeit konkreter Beeinträchtigungen komme es nicht an, es genüge, dass mit ihnen
beim gewöhnlichen Gang der Dinge zu rechnen sei.
Da das Sondereigentum (unstreitig) ursprünglich als Supermarkt gebaut und genutzt wurde,
müsse für die typisierende Betrachtung ein Vergleich zwischen der Belastung der
Wohnungseigentümer durch das Betreiben eines Supermarkts im Vergleich zur Belastung
durch das Betreiben eines Gebetshauses und Gemeindezentrums erfolgen. Nur wenn die
Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer durch die Nutzung als Gebetshaus und
Gemeindezentrum größer sei und es daher zu einer Mehrbelastung der Wohnungseigentümer
komme, handele es sich um einen von der Gemeinschaftsordnung nicht mehr gedeckten
Gebrauch. Im vorliegenden Fall komme es bei Abwägung sämtlicher Umstände im Rahmen
der typisierenden Betrachtung durch die Nutzung als Gebetsraum bzw. Gemeindezentrum zu
einer höheren Belastung der umliegenden Wohnungseigentümer als durch die Nutzung als
Supermarkt.
Dies folge daraus, dass bei einem Gemeindezentrum damit zu rechnen sei, dass auch an Sonnund Feiertagen und damit an Tagen, an denen die meisten Wohnungseigentümer zu Hause
seien, weil sie nicht arbeiten müssten, Veranstaltungen stattfänden. Also komme es durch die
ankommenden und den Ort wieder verlassenden Menschen zu einer deutlichen Mehrbelastung
der Wohnungseigentümer, desgleichen auch an normalen Wochentagen, da sich die
Gemeindemitglieder auch neben den Gebetszeiten zu Veranstaltungen treffen würden. Bei
Veranstaltungen mit fixen Anfangs- und Endzeiten, zu denen dann auch gruppenweise große
Menschenmengen an- und abreisten, komme es dann zu einer erheblich höheren
Lärmemission als bei einem Supermarkt, bei dem die Personen einzeln oder zu zweit und nur
in sehr seltenen Fällen in einer größeren Anzahl den Markt verlassen würden, da Menschen in
Gruppen sich unterhalten, lachen und diskutieren würden.
Die Nutzung des Gemeindezentrums als Begegnungsstätte im Freizeitbereich und auch für
Jugendliche und die dort angebotenen Aktivitäten dienten der Kommunikation und dem
Austausch. Diese Eigenschaft eines Gemeindezentrums sei einem Supermarkt fremd, der eher
von einer kühlen, unpersönlichen und unkommunikativen Atmosphäre geprägt sei, die nicht
zum Verweilen und Gespräch animiere. Gespräche zwischen mehreren Menschen stellten bei
einem Ladengeschäft im Vergleich zu einer Begegnungsstätte eher eine Randerscheinung dar.
Auch sei bei einer in absoluten Zahlen höheren Besucherzahl des Supermarkts pro Tag als des
Gemeindezentrums die Verweildauer eines Supermarktbesuchers wesentlich kürzer als in
einem Gebetshaus oder Gemeindezentrum.
Im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise sei auch davon auszugehen, dass die
Gebetsräume in dem Umfang, in dem sie neu errichtet würden und 175 Menschen einen Platz
zum Beten bieten sollten, auch benutzt würden. Zu den Stoßzeiten sei daher auch damit zu
rechnen, dass bei lediglich 20 Stellplätzen nicht hinreichend Parkmöglichkeiten bestünden.
Die Anzahl der Beschäftigten des Supermarkts im Vergleich zu den Beschäftigten des
Gemeindezentrums sei wegen des dauernden Aufenthalts in den Räumlichkeiten kein
Vergleichsmaßstab. Dies gelte auch für die Frage des Alkoholausschanks und der räumlichen
Entfernung, da insoweit kein Unterschied bestehe, ob jetzt die Nutzung als Supermarkt oder
Gebetshaus bzw. Gemeindezentrum bestehe.
Der vorliegende Fall sei auch nicht vergleichbar mit der Entscheidung des OLG Hamm
(Beschl. vom 12.04.2005 -AZ: 15 W 29/05- ZMR 2006, 149), weil anders als dort im
vorliegenden Fall keine weitere gewerbliche Nutzung vorliege.
Wie die Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte zeige, sei die Beeinträchtigung durch die
Nutzung als Gebetshaus und Gemeindezentrum bei normalem Lauf der Dinge für die
umliegenden Anwohner der Wohngemeinschaft erheblich höher als die vorherige Nutzung als
Supermarkt und daher nicht mehr von der Gemeinschaftsordnung gedeckt. Da es zu einem
ordnungsgemäßen, der Teilungserklärung entsprechenden Gebrauch gehöre, kein Gebetshaus
und Gemeindezentrum zu betreiben, stünde den Antragsgegnern ein Anspruch auf
Unterlassen dieses Gebrauchs (§§ 1004 BGB, 15 WEG) zu.
Daraus folge auch die Zulässigkeit eines Baustopps, soweit es Umbauten im Zusammenhang
mit der Einrichtung eines Gebetshauses und Gemeindezentrums betreffe. Dies gelte auch für
die Einbauten betreffend das Ladengeschäft, den Friseur, die Teeküche, das Vereinsbüro, den
Abstellraum, den Eingangsbereich, die Trennmauer zum Gebetsraum und die Toiletten, da
das Gemeindezentrum ist insoweit als eine Einheit zu betrachten sei. Die Möglichkeit, dass
einzelne Teile des Vorhabens nicht rein religiösen Zwecken dienten, führe nicht zur
Zulässigkeit des Ausbaus dieser einzelnen Teile, da es sich um ein Gesamtkonzept handele,
bei dem die religiöse Ausrichtung im Vordergrund stehe.
Nach Überprüfung der einstweiligen Anordnung vom 15.02.2007 ist die Kammer zu dem
Ergebnis gekommen, dass der Baustopp als das mildere Mittel gegenüber einer vollständigen
Nutzungsuntersagung aufrecht zu erhalten sei.
Dies gelte auch hinsichtlich eines Umbaus der Heizungsanlage, da der Rückbau im Fall einer
Unzulässigkeit der Nutzungsänderung nach Einschätzung der Kammer wesentlich teurer sei
als das Betreiben der Heizanlage in ihrem momentanen Zustand.
Sofern der Antragsteller zu 2) auch TOP 7 der WEV vom 04.12.2006 angefochten habe, sei
erstinstanzlich noch nicht über TOP 7 entschieden worden. Daher sei die Sache insoweit noch
beim Amtsgericht anhängig und dem Amtsgericht zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit
zurück zu geben.
Gegen diesen ihrer Verfahrensbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 27.12.2007
zugestellten Beschluss des Landgerichts haben die Antragsteller mit am 04.01.2008 bei
Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit
Schriftsatz vom 28.04.2008 (Band V, Bl. 1089 ff. d. A.) begründet haben.
Darin wird zum Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 1) für die Anfechtung der
Genehmigungsbeschlüsse für die Jahresabrechnungen vorgetragen, dass die Antragsgegner,
bevor es zur Erledigungserklärung der Hauptsache in den Anfechtungsverfahren vor dem
Amtsgericht gekommen sei, erklärt hätten, dass sie an der Rechtsgeltung der vor dem
04.12.2006 gefassten Beschlüsse nicht mehr festhielten wegen des Verstoßes gegen die
Gültigkeitsbestimmung in § 12 D 11 der Gemeinschaftsordnung bei der angefochtenen
Beschlussfassung in den Wohnungseigentümerversammlungen vom 29.08.2006 und
05.10.2006. Insoweit wird gerügt, dass die dazu als Beweis angebotene dienstliche Erklärung
des die Verhandlung führenden Amtsrichters nicht eingeholt wurde. Mit Schriftsatz vom
06.05.2009 (Band VI, Bl. 1364 ff. d. A.) hat der Antragsteller zu 1) die Erledigungserklärung
vom 19.12.2006 betreffend die Verfahren 61 UR II 245/06 und 61 UR II 217/06 widerrufen.
Der Antragsteller zu 1) beanstandet weiter, dass das Landgericht die von ihm als fehlerhaft
und nicht genehmigungsfähig erkannten Jahresabrechnungen lediglich aus
verfahrensrechtlichen Gründen nicht für ungültig erklärt habe. Da bei den
streitgegenständlichen Jahresabrechnungen die Gesamt-Jahresabrechnungen fehlten, weil
entgegen der Auffassung des weiteren Beteiligten dafür die schlichte Aufführung von
angeblichen Gesamtkosten nicht ausreiche, sei über die Gesamtjahresabrechnungen nicht
beschlossen worden. Die Beschlussfassung nur über die Einzelabrechnungen, wie sie am
04.12.2006 erfolgt sei, sei unzulässig. Das Landgericht habe zu Unrecht auch nicht von der
angeregten Möglichkeit einer Berichtigung von Fehlern der Jahresabrechnung gemäß § 319
ZPO Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der Genehmigung der Jahresabrechnung sei der weitere Beteiligte wegen
möglicher Interessenkollision an der Vertretung der Wohnungseigentümer im
Anfechtungsverfahren gehindert gewesen. In der fehlenden ordnungsgemäßen Beteiligung der
Wohnungseigentümer liege ein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung der gerichtlichen
Entscheidungen und zur Zurückverweisung führen müsse.
Im Hinblick auf die Beschlussfassung zur Zweckbestimmung des Teileigentums vertritt die
weitere Beschwerde die Auffassung, die Antrags- bzw. Beschwerdebefugnis des
Antragstellers zu 1) sei auf Grund möglicher Haftungsfolgen aus dem Kaufvertrag gegeben.
Der Antragsteller zu 1) habe auch nicht auf sein Anfechtungsrecht verzichtet, insbesondere
nicht durch sein Schreiben vom 25.08.2006.
Obwohl der Antragsteller zu 2) erst am 18.12.2006 und damit nach der Beschlussfassung vom
04.12.2006 als neuer Eigentümer des Teileigentums im Grundbuch eingetragen wurde, sei er
anfechtungsbefugt, da die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei und die
Beschlussfassung gem. § 10 Abs. 3 WEG a. F. gegen ihn wirke.
Die Antragsteller zu 1) und zu 2) sind der Auffassung, dass die Nutzung des Teileigentums
Nr. 501 als Gebetshaus und Gemeindezentrum zulässig sei und daher der zu TOP 12 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 gefasste Beschluss für ungültig zu
erklären bzw. die Gegenanträge - soweit noch verfahrensgegenständlich - zurückzuweisen
seien. Nach § 3 Ziff. 2 der Gemeinschaftsordnung vom 23.11.1993 sei jede rechtmäßige
Nutzung zulässig. Eine Beschränkung auf eine Nutzung zu gewerblichen Zwecken enthalte
die Gemeinschaftsordnung ebenso wenig wie die Festlegung einer Nutzung als Supermarkt.
Schon deshalb seien die vom Landgericht angewandten Vergleichsmaßstäbe unzutreffend.
Alleiniger Maßstab für die Beurteilung der rechtmäßigen Nutzung seien daher die §§ 14, 15
WEG. Zur Beurteilung, ob durch die von dem Antragsteller zu 2) angestrebte Nutzung des
Teileigentums eine das Maß des § 14 Ziff. 1 WEG übersteigende Beeinträchtigung verursacht
werde, habe des Landgericht auf Grund seiner Amtsermittlungspflicht neben der
Durchführung einer Ortsbesichtigung ein Prognosegutachten einholen müssen. Hinsichtlich
der zu erwartenden Geräuschemissionen und-immissionen eines Gemeindezentrums im
Vergleich mit einem Supermarkt haben die Antragsteller sich auf das von dem Antragsteller
zu 2) eingeholte Gutachten der I GmbH & Co KG vom 10.11.2008 (Band VI, Bl. 1286 ff. d.
A.) berufen. Wegen des Vortrags der Antragsteller zu den vom Landgericht zu seiner
typisierenden Betrachtungsweise im Einzelnen herangezogenen Vergleichskriterien,
insbesondere Öffnungszeiten, Anzahl und Verhalten der Nutzer sowie Grundstücks- und
Gebäudesituation wird insbesondere auf Bl. 8- 13 der Beschwerdebegründung (Band V, Bl.
1117-1122 d. A) sowie die Schriftsätze vom 17.08.2009 (Band VI, Bl. 1392 ff., 1396 d. A.)
und 01.11.2009 (Band VI, Bl. 1412 ff. d. A.) Bezug genommen.
Schließlich haben die Antragsteller der angefochtenen Entscheidung widersprochen, soweit
diese darauf abgestellt hat, die Anträge bzgl. der Notverwalterbestellung sowie der
Feststellung der Nichtigkeit von TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 und der Verwalterbestellung vom 04.10.2005 seien erstmals im
Beschwerdeverfahren gestellt worden.
Die Antragsgegner sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten und verteidigen den
landgerichtlichen Beschluss.
Sie haben die Auffassung vertreten, die weitere Beschwerde sei unzulässig. An der
Anfechtung des zu TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 gefassten
Beschlusses habe der Antragsteller zu 1) kein Interesse mehr. Auch der Antragsteller zu 2) sei
mangels Eigentümerstellung bei der Beschlussfassung nicht beschwerdebefugt.
Außerdem stehe die Bestandskraft der in den Wohnungseigentümerversammlungen vom
29.08. und 05.10.2006 gefassten Beschlüssen einer Anfechtung der inhaltsgleichen
Zweitbeschlüsse entgegen. Die von dem Antragsteller zu 1) behauptete Verzichtserklärung
durch den Antragsgegnervertreter sei nicht abgegeben worden und habe auch nicht wirksam
abgegeben werden können. Durch den Widerruf der Erledigungserklärung des Antragstellers
zu 1) könne die am 19.12.2006 in den Anfechtungsverfahren infolge übereinstimmender
Erledigungserklärung eingetretene Bestandskraft nicht mehr beseitigt werden. Davon
abgesehen sei bereits die Anfechtung durch den Antragsteller zu 1) mangels Konkretisierung
der angefochtenen Beschlüsse innerhalb der Anfechtungsfrist unwirksam gewesen.
Das Schreiben des Antragstellers zu 1) vom 25.08.2006 sei als Rechtsmittelverzichtserklärung
anzusehen, in die der Antragsteller zu 2) durch den Eigentumserwerb eingetreten sei.
Im Zusammenhang mit den durch den Antragsteller zu 1) geltend gemachten Beanstandungen
der Jahresabrechnungen verweisen die Antragsgegner auf die rechtskräftigen Urteile des
Landgerichts Frankfurt am Main in den Verfahren 2-13 S 2/08 (Band VI, Bl. 1347-1354 d.
A.) und 2-13 S 7/08 (Band VI, Bl. 1355-1360 d. A.).
Außerdem verweisen die Antragsgegner im Hinblick auf die beantragte
Notverwalterbestellung auf die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 09.12.2008 zu
TOP 4 erfolgte Neubestellung der weiteren Beteiligten bis zum 31.12.2010 (Band VI, Bl.
1381, 1382 d. A.).
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG a. F., 62 Abs. 1 WEG n. F. statthaften sofortigen weiteren
Beschwerden sind form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie haben in der Sache insoweit
Erfolg, als das Landgericht die Beschwerde gegen die vom Amtsgericht zurückgewiesenen
Anträge auf Ungültigerklärung der Beschlussfassungen zu TOP 12 und 13 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 zurückgewiesen und dem Gegenantrag
auf Unterlassung, das Teileigentum des Antragstellers zu 2) als religiöses Zentrum, für
religiöse Betätigung zu nutzen oder nutzen zu lassen, stattgegeben hat. Insoweit beruht die
angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung zu Lasten der beschwerdeführenden
Antragsteller, worauf sie im Verfahren der weiteren Beschwerde allein zu überprüfen war (§§
43 Abs. 1 WEG a. F., 27 FGG, 546 ZPO).
Das Landgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler die Beschwerde des Antragstellers zu 1)
hinsichtlich der Anfechtung der zu TOP 2-4 der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 genehmigten Jahresabrechnungen/Verwalterentlastungen zurückgewiesen, weil
ihm bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung der in der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 zu TOP 2-4 gefassten Beschlüsse fehlt.
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Antragsteller zu 1) zwar
anfechtungsbefugt war, weil er im Zeitpunkt der Beschlussfassung der
Wohnungseigentümerversammlung am 04.12.2006 noch Eigentümer der Einheit Nr. 501 und
damit Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war und weil die zu TOP 2-4
beschlossenen Genehmigungen der Jahresabrechnungen 2003-2005 samt Verwalterentlastung
gegen ihn wirken (Oberlandesgericht München NZM 2007, 812;
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 9. Aufl., § 46, Rdnr. 6; Palandt/Bassenge: WEG,
71. Aufl., § 46, Rdnr. 2). Ebenso trifft es zu, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine
Beschlussanfechtung nicht allein deswegen entfällt, weil der anfechtende
Wohnungseigentümer dem angefochtenen Beschluss zugestimmt hat
(Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a. O., § 46, Rdnr. 24). Dies beruht darauf, dass das
Anfechtungsrecht nicht allein dem persönlichen Interesse des Anfechtenden oder dem
Minderheitenschutz dient, sondern dem Interesse der Gemeinschaft an einer
ordnungsgemäßen Verwaltung. Eine Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentümers besteht
allerdings nicht, wenn die Gültigkeit des Beschlusses nur wegen eines Verfahrensmangels in
Frage gestellt wird und der Antragsteller dem Beschluss zugestimmt hatte, obwohl ihm der
Verfahrensmangel schon in der Versammlung bekannt war. Ficht der Wohnungseigentümer in
einem solchen Fall den Beschluss an, setzt er sich mit seinem früheren Verhalten in
Widerspruch. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechts ist dann als rechtsmissbräuchlich
und damit als unzulässig anzusehen (Oberlandesgericht Karlsruhe ZMR 2003, 290 m. w. H.;
Riecke-Schmid: Fachanwaltskommentar zum Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 46, Rdnr.
11). Da der Antragsteller zu 1) jedoch die in der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 zu TOP 2-4 beschlossenen Genehmigungen der Jahresabrechnungen/Entlastung
keineswegs nur wegen Verfahrensmängeln angreift, sondern umfangreiche inhaltliche
Beanstandungen erhoben hat, liegt kein Rechtsmissbrauch vor.
Auch dem Schreiben des Antragstellers zu 1) an die weitere Beteiligte vom 25.08.2006 (Band
I, Blatt 186 d. A.) kommt entgegen der Meinung der Antragsgegner nicht die Bedeutung eines
Verzichts auf eine Anfechtung zu. Die darin erklärte Bereitschaft, "an dieser Stelle einen
Schlussstrich zu ziehen und auf jedwede weitere mögliche Weiterung der Streitsituation
zwischen uns zu verzichten, wenn die erbetene Verwalterzustimmung nunmehr zeitnah und
damit entsprechend der Teilungserklärung erteilt wird" bezieht sich lediglich auf das
Verhältnis zum Verwalter, wie sich schon aus dem Zusammenhang mit der begehrten
Verwalterzustimmung zur Veräußerung des Teileigentums ergibt und wie auch bereits das
Landgericht in seinem Beschluss vom 03.08.2007 -4 T 405/07- (Band II Blatt 387 ff. der
Beiakten) ausgeführt und zutreffend begründet hat. Daraus kann deshalb nicht abgeleitet
werden, der Antragsteller zu 1) werde auf sein Anfechtungsrecht bei zukünftigen
Beschlussfassungen verzichten.
Das Landgericht hat aber das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 1) für die
Anfechtung der zu TOP 2, 3 und 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006
gefassten Beschlüsse wegen der eingetretenen Bestandskraft der in der
Wohnungseigentümerversammlung vom 29.08.2006 (Band I Blatt 37 ff. der Beiakten) zu
TOP 3, 4 und 5 inhaltsgleich erfolgten Beschlussfassungen zu Recht verneint, weil der
bestandskräftige Erstbeschluss dieselben Rechtswirkungen entfaltet wie der angefochtene
Zweitbeschluss, so dass mit der Ungültigerklärung des Zweitbeschlusses keine Änderung der
Rechtslage verbunden wäre (Bärmann/Merle: WEG, 11. Aufl, § 23, Rdnr. 71).
Die Rechtsfolgen eines bestätigenden Zweitbeschlusses, insbesondere seine Heilungswirkung
und seine Rückwirkung, hängen davon ab, ob der Zweitbeschluss bestandskräftig wird und ob
der Erstbeschluss bei Fassung des Zweitbeschlusses bereits bestandskräftig war. Vorliegend
war im Zeitpunkt der Fassung der bestätigenden Zweitbeschlüsse am 04.12.2006 noch keine
Bestandskraft der Beschlüsse vom 29.08.2006 eingetreten, denn der Antragsteller hatte diese
in dem Verfahren 61 UR II 217/06 angefochten und die übereinstimmende
Erledigungserklärung ist erst in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2006 erfolgt. Trotz
dieser Anfechtung und der Erledigungserklärung sind die Erstbeschlüsse aber (vorläufig)
wirksam geblieben, da sie nicht rechtskräftig für unwirksam erklärt worden sind, § 23 Abs. 4
Satz 1 WEG, a. F. (Staudinger/Bub: WEG, Stand 2005, § 23, Rdnr. 131). Zwar war das
Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Erstbeschlüsse durch die Fassung der
bestätigenden Zweitbeschlüsse am 04.12.2006 noch nicht entfallen (worauf in der mündlichen
Verhandlung vom 19.12.2006 hingewiesen worden ist), auch hätte eine Erledigung der
Hauptsache in dem die Erstbeschlüsse betreffenden Anfechtungsverfahren die Bestandskraft
der Zweitbeschlüsse vorausgesetzt (Bärmann/Merle: WEG, 11. Aufl., § 23, Rdnr. 67;
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a. O., § 46, Rdnr. 22, 89). Im Fall der
übereinstimmenden Erledigungserklärung, wie sie nach dem Protokoll der mündlichen
Verhandlung vom 19.12.2006 abgegeben worden ist, wird aber die Erledigung der
Hauptsache nicht durch das Gericht festgestellt, sondern das Gericht ist an diese
Parteidisposition gebunden. Da die übereinstimmende Erledigungserklärung das
Prozessrechtsverhältnis umgestaltet, ist sie grundsätzlich unwiderruflich und nicht anfechtbar
( (Zöller/Vollkommer: ZPO, 28. Aufl, § 91 a, Rdnr. 9, 11 und 12). Abgesehen davon, dass der
erst im Rechtsbeschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 06.05.2009 (Band VI, Blatt 1367 ff.
d. A.) erklärte Widerruf der Erledigungserklärung vom 19.12.2006 für das vorliegende
Verfahren keine Wirkung entfalten kann, ist die darin in Bezug genommene Entscheidung des
BGH vom 07.06.2001 -1 ZR 157/98- (NJW 2002, 442= MDR 2002, 413) nicht einschlägig,
da sie eine einseitig gebliebene Erledigungserklärung voraussetzt. Zu der in diesem
Zusammenhang aufgestellten Behauptung der Antragstellerseite, die Antragsgegner hätten vor
der Erledigungserklärung erklärt, dass sie an der Rechtsgeltung der vor dem 04.12.2006
gefassten Erstbeschlüssen nicht mehr festhielten, musste das Landgericht die dazu angebotene
dienstliche Erklärung des zuständigen Richters am Amtsgericht nicht einholen. Eine derartige
Erklärung hätte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner nicht ohne eine
entsprechende bestandskräftige Beschlussfassung durch die
Wohnungseigentümerversammlung mit bindender Wirkung für die Wohnungseigentümer
abgeben können.
Sollten die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 zu TOP 2-4 gefassten
Zweitbeschlüsse die Erstbeschlüsse zu TOP 3-5 der Wohnungseigentümerversammlung vom
28.06.2006 novatorisch ersetzt haben, so wären Letztere zwar zugleich -stillschweigendaufgehoben worden (BGH, Urt. Vom 10.03.1994, IX ZR 98/03 -NJW 1994, 1866, 1867).
Würden jedoch die Zweitbeschlüsse für ungültig erklärt, was der Antragsteller zu 1) mit
seiner Anfechtung erreichen will, dann entfiele auch die Aufhebung der Erstbeschlüsse. Denn
die Verbindung der Regelungen -Aufhebung und ersetzende Entscheidung- in dem neuen
Beschluss hat entsprechend § 139 BGB zur Folge, dass im Zweifel die Ungültigkeit eines
Teils des jeweiligen Beschlusses dessen Gesamtnichtigkeit herbeiführt (Staudinger, a. a. O., §
23, Rdnr. 137). Die Aufhebung der Erstbeschlüsse bliebe mithin nur dann bestehen, wenn sich
feststellen ließe, dass sie auch bei Kenntnis der Ungültigkeit der ersetzenden Regelung
beschlossen worden wäre. Ein solcher Wille kann nach der BGH-Rechtsprechung (Beschluss
vom 16.09.1994 -V ZB 2/93- NJW 1994, 3230, ebenso auch BayObLG ZMR 1997, 478, 480)
nicht aus der Bereitschaft der Versammlung hergeleitet werden, über die schon geregelte
Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Neuvornahme der Genehmigung der
Jahresabrechnungen wie in den Erstbeschlüssen unter Beachtung insbesondere des
Formerfordernisses des § 12 D 11 der Gemeinschaftsordnung spricht vielmehr dafür, dass
diese Beschlüsse nicht gefasst worden wären, wenn Zweifel an ihrer Gültigkeit bestanden
hätten (BGH, a. a. O.). Bei der hier gegebenen Fallgestaltung ist schon auf Grund der bei
Beschlussfassung am 04.12.2006 in Folge der noch laufenden Anfechtung nicht eingetretenen
Bestandskraft der Erstbeschlüsse nicht anzunehmen, dass die
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 die Erstbeschlüsse in jedem Fall hätte
aufheben wollen.
Wie das Landgericht weiter rechtsfehlerfrei angenommen hat, hätte die Bestandskraft der
Erstbeschlüsse vom 28.06.2006 allerdings keine Auswirkung auf das Rechtsschutzbedürfnis
für die Anfechtung der Zweitbeschlüsse zu TOP 2-4 der Wohnungseigentümerversammlung
vom 04.12.2006, wenn diese Beschlüsse nichtig oder nicht der Bestandskraft fähig wären.
Wie das Landgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, führen Mängel der Jahresabrechnung
grundsätzlich lediglich zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit. Auch die Entlastung des
Verwalters trotz einer nicht ordnungsgemäßen Jahresabrechnung ist grundsätzlich nur
anfechtbar und nicht nichtig. Nichtig sind nur solche Beschlüsse, die gegen zwingende
gesetzliche Vorgaben im WEG oder in anderen Gesetzen, wie §§ 134 oder 138 BGB
verstoßen. Weiter kommen in Betracht Beschlüsse, durch die in den Kernbereich des
Wohnungseigentumsrechts eingegriffen werden soll oder für die der
Wohnungseigentümerversammlung die Beschlusskompetenz fehlt und schließlich Beschlüsse,
die inhaltlich unbestimmt sind (Drabek in Riecke/Schmid: Fachanwaltskommentar zum
WEG, 3. Aufl., § 23 Rdnr. 60 b). Diese Voraussetzungen sind bei Beschlüssen über die
Genehmigung von Jahresabrechnung bzw. Verwalterentlastungen nur selten erfüllt so z. B.,
wenn der Beschluss einen Zeitraum betrifft, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft
noch nicht entstanden war oder wenn die Entscheidung über die Billigung der
Jahresabrechnung und Verwalterentlastung dem Verwaltungsbeirat übertragen wird (vgl.
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a. O., § 28 Rdnr. 108, 117) und im vorliegenden Fall
nicht gegeben. Die von dem Antragsteller zu 1) insbesondere in der Begründung der
Erstbeschwerde vorgetragenen Mängel hat das Landgericht zu Recht nicht für ausreichend zur
Begründung der Nichtigkeit erachtet, weil die Genehmigung unvollständiger, rechnerisch
falscher oder einen unzutreffenden Verteilungsschlüssel verwendenden Jahresabrechnungen
und der Verwaltung dazu erteilte Entlastung zwar nicht ordnungsgemäßer Verwaltung
entspricht mit der Rechtsfolge der Anfechtbarkeit, aber keine Nichtigkeit begründet (vgl. z. B.
BGH NJW 1994, 1866 und DWE 2012, 116 ff., 118 zur Frage der Teilunwirksamkeit).
Auch die Rüge der weiteren Beschwerde, weil über die jeweiligen Gesamtabrechnungen nicht
beschlossen worden sei, handele es sich entgegen den Ausführungen des Landgerichts bei den
Erstbeschlüssen nicht um der Bestandskraft fähige Beschlüsse, führt nicht zu Erfolg. In dem
Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 03.08.2007 -3 Wx 84/07- (NZM 2007,
811), auf den sich der Antragsteller zu 1) stützt, war als Gesamtjahresabrechnung eine
Abrechnung genehmigt worden, bei der die -angeblichen- Gesamtkosten ("Kosten/Jahr") in
den einzelnen beschlossenen, jeweils als "Nebenkostenabrechnungen" bezeichneten
Wohngeldabrechnungen nur schlicht ausgewiesen wurden. Hierin hat das Oberlandesgericht
Düsseldorf keine Jahresabrechnung im Rechtssinn gesehen, die die Grundlage eines
Zahlungsanspruchs im Rahmen eines Beitreibungsverfahrens darstellen könnte. In der
angefochtenen Entscheidung geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass die Gestaltung
der vorliegend streitgegenständlichen Jahresabrechnungen 2003-2005 (Band III, Blatt 370 ff.
d. A.) von der durch das Oberlandesgericht Düsseldorf beurteilten Jahresabrechnung
abweicht. Wie in der angefochtenen Entscheidung bereits ausgeführt ist, enthalten diese
Abrechnungen nicht nur den Gesamtbetrag der jährlichen Kosten, sondern auch deren
Untergliederung in einzelne Kostenpositionen und Verteilung auf die einzelnen
Untergemeinschaften. Ferner sind die jährlichen Einnahmen, offenbar die von den
Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaften gezahlten Wohngelder, aufgeführt. Weshalb
in der weiteren Beschwerde trotzdem die Identität der Sachverhaltsgestaltung geltend
gemacht wird, ist nicht begründet worden.
Mangels Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Genehmigungsbeschlüsse für die
Jahresabrechnungen 2003-2005 hat das Landgericht ohne Rechtsfehler auch die im
Erstbeschwerdeverfahren erstmals gestellten Anträge auf Überprüfung dieser Abrechnungen
durch Sachverständigengutachten, sowie auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß
§ 260 BGB für unzulässig erachtet.
Auch dass das Landgericht keinen Notverwalter bestellt hat bzw. die Zurückweisung des
entsprechenden Antrags des Antragstellers zu 2) durch das Amtsgericht bestätigt hat, ist
ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass die
Wohnungseigentümerversammlung den bisherigen Verwalter nach den Feststellungen des
Landgerichts mit Beschluss vom 13.08.2007 erneut im Amt bestätigt hat und dieser Beschluss
im Entscheidungszeitpunkt nicht aufgehoben war, ergibt sich aus dem Protokoll der
Wohnungseigentümerversammlung vom 05.07.2010, dass die weitere Beteiligte zu TOP 15
bis zum 31.12.2012 zur Verwalterin bestellt ist. Dieses Protokoll ist in öffentlich beglaubigter
Form Bestandteil der beigezogenen Grundakten von O2 Blatt X, Band II, Fol. J. Für eine
Notverwalterbestellung besteht demnach kein Bedürfnis.
Entgegen der Auffassung der Antragstellervertreterin ist die Feststellung der Nichtigkeit der
Verwalterbestellung zu TOP 10 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.10.2005
(Band I, Blatt 19 d. A.) weder erstinstanzlich beantragt, noch darüber entschieden worden,
lediglich der Antrag auf Notverwalterbestellung war verfahrensgegenständlich. Die InzidentPrüfung der Verwalterbestellung vom 04.10.2005 als Vorfrage für die Entscheidung über die
beantragte Notverwalterbestellung reicht dafür nicht aus.
Soweit die Antragsteller sich erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren auf eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs der Antragsgegner deshalb berufen haben, weil die Antragsschriften im
amtsgerichtlichen Verfahren dem weiteren Beteiligten zugestellt worden seien, obwohl wegen
Interessenkollision diesem für die Antragsgegner nicht habe zugestellt werden dürfen, liegt
kein Verfahrensfehler vor, der zwingend eine Aufhebung und Zurückverweisung hätte zur
Folge haben müssen. In dem durch den Antragsteller zu 2) eingeleiteten
Anfechtungsverfahren 61 UR II 10/07, das durch Beschluss vom 25.01.2007 mit dem durch
den Antragsteller zu 1) eingeleiteten Anfechtungsverfahren 61 UR II 305/06 verbunden
worden ist, wurde die Antragsschrift auch dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats als
Zustellungsbevollmächtigtem zugestellt worden. Soweit in den Vorverfahren im Übrigen
Antragsschriften an den weiteren Beteiligten zugestellt worden sind, kann dahingestellt
bleiben, ob diesen Zustellungen Bedenken begegnen könnten wegen der Anfechtung auch
seiner Entlastung. Darauf kommt es nicht an, da für die Antragsgegner im weiteren
Verfahrensverlauf jeweils deren Verfahrensbevollmächtigter gehandelt hat. Dieser wiederum
konnte auf Grund der weitgefassten Ermächtigung in § 14 Nr. 2 c) der Gemeinschaftsordnung
in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG a. F. auch durch den weiteren Beteiligten
bevollmächtigt werden unabhängig von der Anfechtung des TOP 13 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006. Die geltend gemachte Nichtigkeit der
Verwalterbestellung vom 04.10.2005 vermag daran nichts zu ändern, da mit Beschluss des
Amtsgerichts vom 03.08.2006 in dem Verfahren 61 UR II 18/06 der Antrag des Antragstellers
zu 1) auf Feststellung, dass der weitere Beteiligte nicht wirksam zum Verwalter bestellt
worden sei, rechtskräftig zurückgewiesen worden ist (Band I, Blatt 68 ff. d. A.). Dies wirkt
gemäß § 10 Abs. 4 WEG auch für den Antragsteller zu 2) als Sonderrechtsnachfolger des
Antragstellers zu 1). Daher bleiben die weiteren Beschwerden der Antragsteller auch insoweit
ohne Erfolg, als das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich der vom
Antragsteller zu 2) beantragten Notverwalterbestellung bestätigt hat und die im
Erstbeschwerdeverfahren gestellten Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit der
Verwalterbestellung vom 04.10.2005 sowie der Einholung eines Sachverständigengutachtens
zur Überprüfung der Jahresabrechnungen bzw. der Anordnung einer eidesstattlichen
Versicherung des weiteren Beteiligten abschlägig beschieden hat.
Die weiteren Beschwerden der Antragsteller sind aber insoweit begründet, als das
Landgericht die Nichtigkeit der zu TOP 12 und 13 der Wohnungseigentümerversammlung
vom 04.12. 2006 gefassten Beschlüsse nicht festgestellt hat. Zwar wird eingangs des
Schriftsatzes vom 26.09.2007 nur die Nichtigkeit der Beschlussfassung zu TOP 12
ausdrücklich beantragt (Band IV Blatt 649 d. A.), auf Seite 59 dieses Schriftsatzes (Band V
Blatt 706 d. A.) wird aber die Nichtigkeit auch der Beschlussfassung zu TOP 13 vertreten, so
dass auf Grund der Auslegungsfähigkeit von Anträgen im WEG-Verfahren nach altem Recht
davon auszugehen ist, dass sich der Feststellungsantrag auch auf TOP 13 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 03.12.2006 bezieht.
Das Landgericht hat den zu TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006
gefassten Zweitbeschluss wie auch den inhaltsgleichen Erstbeschluss vom 05.10.2006 nach
ihrem objektiven Erklärungswert dahin ausgelegt, dass die Wohnungseigentümer hätten
feststellen wollen, dass die Nutzung als religiöses Zentrum nicht mit der
Gemeinschaftsordnung in Einklang stehe. Daher hätten sie ihre Beschlusskompetenz nicht
überschritten. Es kann dahingestellt bleiben, ob dann, wenn man der Auslegung des
Landgerichts folgen würde, deshalb eine nichtige Beschlussfassung vorliegen würde, weil
keine vollziehbare Regelung getroffen wird (vgl. Staudinger/Bub: WEG, Stand 2005, § 23,
Rdnr. 257). Der Senat vermag dieser Auslegung durch das Landgericht, an die er nicht
gebunden ist (BGH ZMR 1999, 41, 42; Bärmann/Merle, a. a.O., § 23, Rdnr. 55, m. w. H.),
nicht zu folgen.
Für die Auslegung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer gilt, dass sie "aus sich heraus"
objektiv und normativ auszulegen sind, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der an
der Beschlussfassung Beteiligten ankommt. Maßgebend ist dabei der Wortlaut und der
sonstige Protokollinhalt; Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses können nur
berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für
jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713=ZMR 1999, 41;
Oberlandesgericht Hamburg ZMR 2001, 725; KG ZMR 2009, 790; Senat in ständiger
Rechtsprechung, vgl. Beschluss vom 04.09.2012 -20 W 227/2008-, Bärmann/Merle, a. a. O.,
§ 23, Rdnr. 53 m. w. H.).
Nach dem objektiv- normativen Erklärungsinhalt betrifft TOP 12 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 aber nicht lediglich eine
Gebrauchsregelung im Sinn des § 15 Abs. 3 WEG im Rahmen der Regelungen der
Gemeinschaftsordnung bzw. der Beschlusslage innerhalb der
Wohnungseigentümergemeinschaft, wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt. Denn die
Eigentümergemeinschaft hat einer Umwandlung der Zweckbestimmung der gewerblichen
Einheit (= Seite 5 - richtig wäre Seite 6 - der Teilungserklärung vom 21.06.1993) in einen
Raum religiöser Andacht und Betätigung nicht zugestimmt. Darin liegt eine Einschränkung
der Nutzung des Teileigentums Nr. 501 als Raum religiöser Andacht und Betätigung, die
nichtig ist, wenn es sich dabei um eine nach § 15 Abs. 1 WEG erlaubte Nutzung handelt
(Bärmann/Klein: WEG, 11. Aufl., § 15 Rdnr. 36; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a.
O., § 15, Rdnr. 9; Abramenko in Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar
Wohnungseigentumsrecht. 3. Aufl., § 15, Rdnr. 10).
Eine Regelung des Gebrauchs des Sondereigentums durch Vereinbarung im Sinn des § 15
Abs. 1 WEG ist vorliegend speziell für das Teileigentum Nr. 501 in § 3 Ziff. 2 Abs. 2 der
Gemeinschaftsordnung enthalten, wobei die Fassungen vom 21.06.1993 und vom 23.11.1993
identisch sind. Während ein Wohnungseigentümer nach § 3 Ziff. 2 Abs. 1 der
Gemeinschaftsordnung zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in einer Wohnung nur mit
Zustimmung des Verwalters berechtigt ist, ist dem Teileigentümer die gewerbliche Nutzung
stets gestattet, ohne dass es der Verwalterzustimmung bedarf und dies gilt auch für
rechtmäßige Nutzungsänderungen.
Zwar zielen diese Regelungen unmittelbar nur auf die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit
ab, wie sich auch aus den in § 3 Ziff. 5 der Gemeinschaftsordnung geregelten Modalitäten für
eine Zustimmungsverweigerung ergibt. Mittelbar ergibt sich aus § 3 Ziff. 2 Abs. 2 der
Gemeinschaftsordnung aber eine Gebrauchsregelung im Sinn des § 15 Abs. 1 WEG.
Grundsätzlich ist jeder Wohnungs- und Teileigentümer berechtigt, mit den in seinem
Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das
Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige Rechte können sich
namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer im Sinne von
§ 15 Abs. 1 WEG ergeben. Insoweit kommen Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2
WEG (= § 10 Abs. 1 Satz 2 a. F.) und damit auch in der Teilungserklärung getroffene
Regelungen, §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG in Betracht. So liegt es mit
Nutzungsbeschränkungen in der Teilungserklärung, denen der Charakter einer Vereinbarung
zukommt.
Ob es sich so verhält, ist durch Auslegung der Teilungserklärung festzustellen. Dabei ist
davon auszugehen, dass die Auslegung von Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung
bzw. Teilungserklärung den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und
Grundbucheintragungen unterliegen. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, und
zwar so, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der
Teilungserklärung und/oder der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es also
grundsätzlich bei der Auslegung nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das,
was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen
muss. Außerhalb dessen liegende Umstände dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach
den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind
(BGH NZM 2010, 407).
Vor diesem Hintergrund ist – wie gesagt - zunächst zu berücksichtigen, dass Bezeichnungen
in der Teilungserklärung im Zweifel eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im
Sinne des § 15 Abs. 1 WEG darstellen. Gebrauchsregelungen sind selbstverständlicher
Bestandteil jeder Teilungserklärung. Schon die grundsätzliche Unterscheidung in Wohnungsund Teileigentum regelt nach § 1 Abs. 3 WEG mit Vereinbarungscharakter, welche
Räumlichkeiten zu Wohnzwecken und welche nur zu anderen Zwecken genutzt werden
dürfen (vgl. die Nachweise bei Riecke/Abramenko, a. a. O., § 15 Rdnr. 2). Lediglich eine
solche allgemeine Unterscheidung zwischen Wohnungseigentum und Teileigentum ist
vorliegend unter der Überschrift "Begriffsbestimmung" in § 2 der Gemeinschaftsordnung
enthalten, die in dieser allgemeinen Form in die Grundbucheintragung übernommen worden
ist. In der Grundbucheintragung wird jedoch auch wegen Gegenstand und Inhalt des
Sondereigentums auf die Bewilligung Bezug genommen. Zum "Inhalt des Sondereigentums"
gehören, wie sich aus § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG (= § 10 Abs. 1 Satz 2 a. F.), § 15
Abs. 1 WEG ergibt, auch Vereinbarungen oder Bestimmungen über den zulässigen Gebrauch
des Sondereigentums (vgl. dazu im Einzelnen BayObLG WuM 1995, 552), so dass daneben
die Teilungserklärung insbesondere bei den nicht zur Wohnnutzung vorgesehenen Räume
noch weitere Bestimmungen vorsehen kann. Dabei kann auch eine Gesamtschau der
Teilungserklärung Bedeutung erhalten (vgl. dazu die Nachweise bei Timme/Dötsch, WEG, §
15 Rdnr. 16; Riecke/Abramenko, a. a. O., § 15 Rdnr. 4). Gebrauchsregelungen, insbesondere
Zweckbestimmungen über die Nutzung des Sondereigentums, können in der
Gemeinschaftsordnung, der dinglichen Teilungserklärung oder dem dort in Bezug
genommenen Aufteilungsplan enthalten sein. Dabei hat die Gemeinschaftsordnung im
Zweifel Vorrang vor der Teilungserklärung und diese hat wiederum Vorrang vor etwaigen
Beschriftungen im Aufteilungsplan. Letzteres beruht darauf, dass die Teilungserklärung,
soweit sie selbst Zweckbestimmungen enthält, auf den Aufteilungsplan in der Regel nur
hinsichtlich der Nummer der Eigentumseinheit und nicht hinsichtlich der dortigen
Raumbezeichnungen verweist. Ein Aufteilungsplan hat grundsätzlich nur die Funktion, die
Aufteilung des Gebäudes sowie Lage und Größe der im Sondereigentum und
Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteile zu beschreiben, § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG.
Grundsätzlich ist es nicht seine Aufgabe, die Art und Weise des Gebrauchs zu regeln; oftmals
sind die Angaben auch nur als Funktionsbezeichnungen zu verstehen, die die
gekennzeichneten Räume von den übrigen Wohnräumen abgrenzen sollen (vgl. die
Nachweise bei Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 15 Rdnr. 4). Anderes gilt
allerdings wiederum dann, wenn die Teilungserklärung auf die im Aufteilungsplan genannten
Nutzungen ausdrücklich Bezug nimmt (Riecke/Abramenko, a. a. O., § 15 Rdnr. 3; vgl. zum
Ganzen Senat, Beschluss vom 17.05.2011 -20 W 120/08-). Im Gegensatz zu der dieser
Entscheidung zu Grunde liegenden Fallgestaltung, bei der es um die Teilung vor Errichtung
der baulichen Anlagen ging, hat im vorliegenden Fall die Alleineigentümerin die Teilung
nach Bauwerkserrichtung vorgenommen. Aus diesem Grund kommt der in § 1 der
Teilungserklärung vom 21.06.1993 noch vor der eigentlichen, erst in § 2 erklärten Teilung
gemäß § 8 WEG, enthaltenen Feststellung, dass das Grundstück mit einem Ladengeschäft, 50
Wohnungen und 14 Tiefgaragenstellplätzen bebaut sei, lediglich die Bedeutung zu, dass damit
der vorhandene Bestand der Baulichkeiten beschrieben wird. Eine Zweckstimmung für die
Zukunft, insbesondere eine solche mit Vereinbarungscharakter, ist dem in Bezug auf die
Bezeichnung als "Ladengeschäft" nicht zu entnehmen. Dieser Begriff wird auch ansonsten
weder in der Teilungserklärung, noch in der Gemeinschaftsordnung verwendet.
Entsprechendes gilt auch für die Urkunde vom 23.11.1993 (UR-Nr. E/93 des Notars Dr. N1),
die die Änderung der Gemeinschaftsordnung zum Gegenstand hat. Auch hier steht die
Beschreibung, dass es sich um eine Wohnungs- und Teileigentumsanlage auf dem Grundstück
Gemarkung O2, Flur …, Flurstück … mit einem Ladengeschäft, 50 Wohnungen und 44
Tiefgaragenplätzen handele, im Vorspann vor der Gemeinschaftsordnung in der geänderten
Fassung. Darüber hinaus enthält vorliegend der die Nutzung betreffende § 3 der
Gemeinschaftsordnung die Gestattung der gewerblichen Nutzung für den jeweiligen
Eigentümer der Teileigentumseinheit Ziff. 501 ohne das Erfordernis einer
Verwalterzustimmung und ohne dass diese gewerbliche Nutzung näher definiert wäre. Vor
allem ist keine Einschränkung auf eine bestimmte gewerbliche Nutzung, insbesondere nicht
als Ladengeschäft oder Supermarkt aufgenommen worden, was im Hinblick auf den
vorhandenen Gebäudebestand nahegelegen hätte. Daher ist hier auch der Beschluss des KG
vom 13.02.2007 -24 W 347/06- (WE 2007, 521), in dem die Nutzung von Räumlichkeiten,
die in einer Teilungserklärung als "Laden" bezeichnet werden, als Begegnungsstätte für
Menschen für unzulässig erachtet werden, nicht einschlägig. Auch soweit die
Teileigentumseinheit an anderer Stelle der Gemeinschaftsordnung vom 23.11.1993
Erwähnung findet, wie in § 3 Nr. 4 bezüglich der Einräumung von Sondernutzungsrechten
und in § 11 A und § 12 B bei der Bildung von Untergemeinschaften zur Abrechnung und zur
Zuständigkeit für Beschlussfassungen wird die Teileigentumseinheit jeweils nur durch die
Bezugnahme auf den Aufteilungsplan definiert. Im Aufteilungsplan, der als Anlage der
Urkunde-Nr. D/1993 des Notars Dr. N1 vom 21.06.1993 beigefügt ist, wird der unter
Ordnungsnummer 1 aufgeführte Miteigentumsanteil von 157/1000 bezeichnet als
"gewerbliche Einheit, verbunden mit dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken
dienenden Räumen im Erd- und Untergeschoß mit ca. 680 qm - im beigefügten Plan mit Ziff.
501 gekennzeichnet-". Zwar enthält dieser Plan für das Erdgeschoss neben der Einzeichnung
von Einrichtungsgegenständen wie Kühlmaschinen und Kassen die Aufschrift
SUPERMARKT VERKAUFSRAUM. In der Bezugnahme auf den Aufteilungsplan bzw. der
darin in Bezug genommenen zeichnerischen Darstellung liegt hier jedoch keine verbindliche
Regelung für den Gebrauch, da in § 2 Abs. 2 der Teilungserklärung vom 21.06.1993 nur für
Lage und Ausmaß des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums auf den der
Urkunde als Anlage beigefügten Aufteilungsplan und die zeichnerischen Pläne Bezug
genommen wird, nicht dagegen ausdrücklich auf die im Aufteilungsplan genannten
Nutzungen (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a.O., § 15, Rdnr. 4). Es kann deshalb
dahingestellt bleiben, ob den Eintragungen in den zeichnerischen Plänen schon deshalb nicht
die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter zukommt, weil es sich
dabei nur um Eintragungen des planenden Architekten in den Genehmigungsplänen handelt,
die für den Aufteilungsplan benutzt worden sind (vgl. BGH NZM 2010, 407).
Bei einem Widerspruch zwischen der nach der Teilungserklärung bzw. dem darin in Bezug
genommenen Aufteilungsplan und der nach der Gemeinschaftsordnung zulässigen Nutzung
kommt den Nutzungsangaben im Aufteilungsplan grundsätzlich kein Vorrang zu, sondern die
Regelung in der Gemeinschaftsordnung geht vor. Der unbefangene Betrachter darf sich nicht
darauf verlassen, dass von den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten nur die am engsten
begrenzte zulässig sei, er muss vielmehr davon ausgehen, dass die kraft Gesetzes umfassende
Nutzungsmöglichkeit eines Teileigentums nur bei einer eindeutig ausgewiesenen
Einschränkung entfällt (Oberlandesgericht Stuttgart 1999, 190; Senat OLGZ 1993, 299;
Oberlandesgericht Düsseldorf ZMR 2004, 448, 449; Oberlandesgericht Schleswig ZMR 2008,
990; Bärmann/Klein: WEG, 11. Aufl., § 15, Rdnr. 11; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.
a. O., § 15, Rdnr. 4). Der Aufschrift SUPERMARKT VERKAUFSRAUM in dem
zeichnerischen Plan, auf den im Aufteilungsplan unter der Ordnungsnummer 1 Bezug
genommen wird, kommt deshalb nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit
Vereinbarungscharakter zu. Daran ändert es auch nichts, dass im Bestandsverzeichnis des
Teileigentumsgrundbuchs von O2, Blatt X, der streitgegenständliche Miteigentumsanteil als
"verbunden mit dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im
Erdgeschoß und Untergeschoß Nr. 501 (Supermarkt), im Plan braun umrandet" beschrieben
ist. Zwar sind über die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vom 21.06.1993 im
grundbuchlichen Eintragungsvermerk vom 03.11.1993 auch die Teilungserklärung vom
21.06.1993 samt dem Aufteilungsplan und der Gemeinschaftsordnung zum Grundbuchinhalt
geworden, für die Auslegung der darin enthaltenen Gebrauchsregelungen kommt es jedoch
nicht auf die Formulierung der Grundbucheintragung an (BayObLG WuM 1985, 238-239).
Ob ein gutgläubiger Erwerb in Bezug auf eine durch Bezugnahme zum Grundbuchinhalt
gewordene Zweckbestimmung möglich wäre, kann dahingestellt bleiben. Eine
Nutzungseinschränkung dahin, dass die Teileigentumseinheit Nr. 501 nur als Supermarkt
genutzt werden kann, würde nicht zu Gunsten der Antragsteller zu 1) und 2) wirken, sondern
zu ihren Lasten. Nach § 892 BGB gilt aber nur zugunsten eines Erwerbers der Inhalt des
Grundbuchs als richtig und nicht zu seinen Lasten.
Somit ist die maßgebliche Nutzungsregelung im Sinn des § 15 Abs. 1 WEG der Regelung in §
3 Nr. 2 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung zu entnehmen, der die gewerbliche Nutzung des
Teileigentums ohne Einschränkung gestattet. Nach der im Vorhergehenden beschriebenen
objektiv-normativen Auslegung der Gemeinschaftsordnung ist der Begriff der "gewerblichen
Nutzung" in dem Sinn zu verstehen, dass davon grundsätzlich jede erlaubte, planmäßig und
auf Dauer angelegte, selbständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls
wirtschaftliche Tätigkeit am Markt unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher und
künstlerischer Tätigkeit erfasst und gestattet wird, sofern sich keine Beschränkungen aus dem
Charakter der Anlage oder der baulichen Gestaltung ergeben (Oberlandesgericht Düsseldorf
ZMR 2004, 449=FGPrax 2003, 202; Oberlandesgericht Hamm ZMR 2006, 149; Lafontaine
in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 2012, § 13 WEG, Rdnr. 89; Palandt/Bassenge: WEG, 71. Aufl.,
§ 15, Rdnr. 13; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a. a. O., § 15, Rdnr. 7).
Bei der Liegenschaft handelt es sich nach der in den Grundakten befindlichen
Abgeschlossenheitsbescheinigung und den ihr zu Grunde liegenden Aufteilungsplänen um
eine Mehrhausanlage mit 6 Gebäuden, davon 3 fünfgeschossig (2 x 10 Wohnungen, 1 x 14
Wohnungen), eins sechsgeschossig (12 Wohnungen), eins dreigeschossig (3 Wohnungen) und
ein Gebäude nur mit einem Erdgeschoss (1 Wohnung). Auf dem L-förmig geschnittenen
Grundstück sind die drei fünfgeschossigen Gebäude sowie das dreigeschossige auf dem
langen Schenkel aneinandergereiht, das sechsgeschossige und das eingeschossige schließen
sich rechtwinklig an. Durch eine Freifläche getrennt liegt auf dem kürzeren Schenkel das
früher als Supermarkt genutzte Gebäude nur mit Erdgeschoss und Unterschoss, im
Untergeschoss befinden sich auch die Tiefgaragenplätze, zu denen die Zufahrt seitlich dieses
Gebäudes verläuft.
Die bauliche Gestaltung der Anlage ist besonders gekennzeichnet durch die räumliche
Trennung der Wohngebäude und der gewerblichen Einheit mit dazwischen liegender
Freifläche und separaten Eingängen in dem von der Wohnbebauung abgewandten Bereich des
Teileigentums. Die gewerbliche Einheit ist von Freiflächen umgeben, auf denen sich ihr
mittels Sondernutzungsrechte zugeordnete 20 Stellplätze befinden und die direkt an
öffentliche Straßen angrenzen.
Diese bauliche Gestaltung erlaubt als gesetzlich zulässige gewerbliche Nutzung auch ganz
andere Einrichtungen als einen Supermarkt, insbesondere auch solche, die keinen
Ladenschlusszeiten unterliegen. Dabei wäre eine ganze Palette von Nutzungsmöglichkeiten
denkbar, von Gaststätte über Fitnessstudio und Bildungseinrichtung bis hin zu einer
Kindertagesstätte oder kleineren Handwerksbetrieben.
Der Charakter der Wohnanlage steht dem ebenfalls nicht entgegen, da es sich dabei jedenfalls
nach der Teilungserklärung nicht um eine reine Wohnanlage handelt, weil von vornherein die
streitgegenständliche Gewerbeeinheit Bestandteil der Liegenschaft war und mit Zustimmung
des Verwalters nach § 3 Nr. 2 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung auch in den Wohnungen ein
Gewerbe oder ein Beruf ausgeübt werden darf.
Allerdings handelt es sich bei der durch den Antragsteller zu 2) geplante und -soweit
ersichtlich- provisorisch schon begonnene Nutzung als muslimisches Gemeindezentrum mit
Gebets- und Schulungsräumen, einer Aula, einem Büro, einem Laden samt Lagerräumen
sowie Wasch- und Toilettenräumen (vgl. die Anlagen zu dem Schriftsatz der
Antragstellervertreterin vom 23.02.2007, Band II, Blatt 230 ff, Blatt 254, 255 d. A.) nicht um
eine gewerbliche Nutzung der Teileigentumseinheit. Dafür ist nicht entscheidend, ob der
Antragsteller zu 2) das Gemeindezentrum durch einen Mieter betreiben lässt, denn es kann
nicht davon ausgegangen werden, dass dies einer entgeltlichen Tätigkeit am Markt mit
Gewinnerzielungsabsicht dient. Da der Antragsteller zu 2) im Vereinsregister eingetragen ist
(VR 9098 Amtsgericht Köln) kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen
nichtwirtschaftlichen Verein i. S. d. § 21 BGB handelt, der nicht auf einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb gerichtet ist bzw. dieser lediglich Nebenzweck sein dürfte im Rahmen seiner
ideellen Zielsetzung, geeignete Räumlichkeiten für ein muslimisches Gemeindeleben zur
Verfügung zu stellen. Aber auch dann, wenn die geplante bzw. provisorisch bereits
stattfindende Nutzung als muslimisches Gemeindezentrum keine gewerbliche Nutzung
darstellt, ist sie deshalb noch nicht unzulässig, denn nach § 3 Nr. 2 2. Abs. der
Gemeinschaftsordnung ist dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit Ziff. 501
nicht nur die gewerbliche Nutzung stets gestattet, ohne dass es der Verwalterzustimmung
bedarf, sondern es ist ausdrücklich im letzten Satz dieser Bestimmung festgelegt, dass dies
auch für rechtmäßige Nutzungsänderungen gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob das
Erfordernis der Rechtmäßigkeit umfassend ausgelegt werden muss, was auch die öffentlichrechtlich gegebenenfalls erforderlichen Genehmigungen voraussetzen würde, da diese
vorliegend nicht im Streit sind. Grundsätzlich sind derartige öffentlich-rechtliche
Gestattungen für die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander nicht
maßgebend (vgl. Senat OLGZ 1980, 416); sie können deshalb auch nicht dazu führen, dass
eine im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander aus
wohnungseigentumsrechtlichen Gründen unzulässige Nutzung zulässig wird. In jedem Fall
muss es sich daher um eine Nutzungsänderung handeln, die nach WEG-Recht zulässig ist.
Insoweit gilt, dass Räume, die zum Sondereigentum gehören, abweichend von ihrem
Bestimmungszweck nur dann anders genutzt werden können, wenn die andersartige Nutzung
nicht mehr stört oder beeinträchtigt als die bestimmungsgemäße. Für diese Abwägung ist der
Gebrauch nach seiner Art und Durchführung zu konkretisieren und auf die örtlichen (Umfeld,
Lage im Gebäude) und zeitlichen (etwa Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen. Die
gebotene typisierende Betrachtungsweise bedeutet nämlich nicht, dass die konkreten
Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung des Vorliegens einer Mehrbelastung gänzlich
außer Betracht zu bleiben haben. Diese Umstände sind von Bedeutung, da die Beantwortung
der Frage, ob eine Mehrbeeinträchtigung gegenüber dem vereinbarten Nutzungszweck zu
bejahen ist, nicht unerheblich davon abhängt, welches Gepräge und welchen Zuschnitt die
abweichend von der Zweckbestimmung vorgenommene Nutzung aufweist. In diesem
Zusammenhang ist für die zu treffende Entscheidung dann ohne Belang, welche tatsächlichen
und konkreten Beeinträchtigungen in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten etwa in
der Vergangenheit zu verzeichnen gewesen sind, so dass es der Durchführung einer
Beweisaufnahme zur Klärung der möglichen Mehrbeeinträchtigungen im konkreten Fall
grundsätzlich auch nicht bedarf (vgl. dazu im Einzelnen Senat NZM 2006, 144, und ZWE
2006, 202, je zitiert nach juris sowie Beschluss vom 27.07.2011 -20 W 319/08- ZWE 2012,
35; BayObLG NZM 1999, 80).
Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung bei der
Prüfung der Beschwerde gegen die vom Amtsgericht angeordnete Unterlassung der Nutzung
auch zutreffend ausgegangen. Allerdings hat es, wie im Vorhergehenden bereits ausgeführt,
rechtsfehlerhaft die Nutzung als Supermarkt als Vergleichsmaßstab angenommen. Insoweit
kann dahingestellt bleiben, ob die Angriffe der weiteren Beschwerde gegen die dabei
verwendeten Kriterien berechtigt sind. Die Kammer hat bei ihrer Abwägung z. B. die
Belastungen durch den Lkw-Zulieferverkehr für einen Supermarkt, die bei der heutigen
Logistik in der Regel außerhalb der Öffnungszeiten stattfinden, ebenso unberücksichtigt
gelassen wie auch Verkehrsaufkommen, das z. B. im Zusammenhang mit der Entsorgung von
Verpackungsmaterial und Lebensmittelresten entsteht, ferner Sonderveranstaltung, die auf
dem Außengelände stattfinden und auch mit Musik und Lautsprecheransagen verbunden sein
können. Darauf kommt es aber nicht an, denn der anzuwendende Vergleichsmaßstab ist auf
Grund der nach § 3 Nr. 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung gestatteten unbeschränkten
gewerblichen Nutzung nicht die Nutzung als Supermarkt, sondern wie bereits ausgeführt, eine
Nutzung zu jedem erlaubten gewerblichen Zweck, also auch für Gewerbe, die keinen
Ladenöffnungszeiten unterliegen und/oder größeren Publikumsverkehr hervorrufen oder
sonstige Störungen verursachen als ein Supermarkt. Vergleicht man aber eine Nutzung des
Teileigentums z. B. als Gaststätte, Fitnessstudio, Videothek oder Spielothek (vgl. Landgericht
Karlsruhe ZWE 2011, 99), also Einrichtungen, die häufig auch am Wochenenden und/oder in
den Abend-und Nachstunden und nicht selten von jugendlichem, möglicherweise auch
alkoholisiertem Publikum frequentiert werden, mit einer Nutzung als muslimisches
Gemeindezentrum, stellt sich Letztere in dem vorliegend geplanten Umfang jedenfalls nicht
als intensivere und damit beeinträchtigendere Nutzung dar.
Dass die Nutzung des Teileigentums auch für die Nutzung der übrigen Wohneinheiten
förderlich sein müsste, ist nach § 3 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung nicht Voraussetzung
einer zulässigen Nutzungsänderung (so auch Oberlandesgericht Hamm ZMR 2006, 149, 150
für den Fall mehrerer Teileigentumseinheiten). Bei einer Nutzung als muslimisches
Gemeindezentrum, wie sie nach dem Vortrag der Antragsteller geplant ist, bestehen auch
derzeit keine durch Tatsachen belegte Anhaltspunkte dafür, dass ein nach den Maßstäben des
§ 14 Nr. 1 WEG nicht hinnehmbarer Nachteil für die Antragsgegner erwachsen könnte.
Die allgemeine Zulässigkeit der Nutzung der Teileigentumseinheit als muslimisches
Gemeindezentrum ändert allerdings nichts an der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme
innerhalb der Eigentümergemeinschaft bei der konkreten Umsetzung dieser Nutzung und an
der Geltung der Anforderungen für die Zulässigkeit baulicher Veränderungen zur
Realisierung dieser Nutzung. Diese Aspekte sind aber im vorliegenden Verfahren, das
lediglich die allgemeine Zulässigkeit der Nutzung betrifft, nicht verfahrensgegenständlich.
Dass die Antragsgegner in diesem Rahmen Unzuträglichkeiten erwarten, rechtfertigt keine
andere Bewertung der allgemeinen Zulässigkeit der Nutzung in dem vom Antragsteller zu 2)
vorgetragenen Umfang.
Da es sich demnach bei der streitgegenständlichen Nutzung der Teileigentumseinheit als
muslimisches Gemeindezentrum um eine nach § 15 Abs. 1 WEG erlaubte Nutzung handelt,
liegt darin, dass die Eigentümergemeinschaft in TOP 12 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 einer Umwandlung der
Zweckbestimmung der gewerblichen Einheit in einen Raum religiöser Andacht und
Betätigung nicht zugestimmt hat, eine Einschränkung der nach der Gemeinschaftsordnung
zulässigen Nutzung des Teileigentums Nr. 501, die nichtig ist (Bärmann/Klein: WEG, 11.
Aufl., § 15 Rdnr. 35; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 9. Aufl., § 15, Rdnr. 9;
Abramenko in Riecke/Schmid Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., §
15, Rdnr. 10). Auch wenn nach § 15 der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss
Änderungen der Gemeinschaftsordnung vorgenommen werden können, soweit dies nach den
gesetzlichen Bestimmungen zulässig ist, begründet dies im vorliegenden Fall keine
Beschlusszuständigkeit der Wohnungseigentümerversammlung, da nach der objektivnormativen Auslegung des zu TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 gefassten Beschlusses eine Änderung der Zweckbestimmung der gewerblichen
Einheit gerade abgelehnt und nicht vorgenommen worden ist.
Die Nichtigkeit des zu TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006
gefassten Beschlusses war auf Grund des entsprechenden Antrags im
Erstbeschwerdeverfahren mit deklaratorischer Wirkung festzustellen.
Die Nichtigkeit dieser Beschlussfassung hat auch die Nichtigkeit der zu TOP 13 der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 beschlossenen Ermächtigung zur
gerichtlichen Geltendmachung der Nutzungseinschränkung zur Folge. Abgesehen davon, dass
die Ermächtigung zur Rechtsanwaltsbeauftragung zur Durchsetzung einer nichtigen
Beschlussfassung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen kann, ist diese
Ermächtigung ohne den zu TOP 12 gefassten Beschluss ohne Inhalt und deshalb nichtig.
Die weitere Beschwerde des Antragstellers zu 2) hat deshalb auch insoweit Erfolg, als das
Landgericht seine Beschwerde zurückgewiesen hat gegen die ihm vom Amtsgericht mit
Beschluss vom 21.05.2007 aufgegebene Unterlassung der Nutzung des Teileigentums Nr. 501
ohne Zustimmung des Verwalters als religiöses Zentrum bzw. für religiöse Betätigungen.
Das von den Antragsgegnern als Gegenanspruch geltend gemachte Unterlassungsbegehren
auf der Grundlage der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG war nicht
begründet.
Wie im Vorhergehenden bereits ausgeführt, handelt es sich bei der von dem Antragsteller zu
2) geplanten und teilweise bereits aufgenommenen Nutzung seiner Teileigentumseinheit als
muslimisches Gemeindezentrum um eine nach § 13 Abs. 1 WEG zulässige Nutzung, da nach
§ 3 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung die gewerbliche Nutzung der Einheit stets ohne
Verwalterzustimmung erlaubt ist, was auch für rechtmäßige Nutzungsänderungen gilt, und die
Nutzung als muslimisches Gemeindezentrum als derartige rechtmäßige Nutzungsänderung zu
werten ist, weil bei typisierender Betrachtungsweise keine größeren Beeinträchtigungen
davon ausgehen als bei gewerblicher Nutzung des Teileigentums. Mangels eines Verstoßes
gegen die nach der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Zweckbestimmung steht den
Antragsgegnern deshalb kein Unterlassungsanspruch zu, so dass die vorinstanzlichen
Entscheidungen in diesem Umfang abzuändern waren.
Eine Entscheidung über die in der landgerichtlichen Entscheidung aufrechterhaltene
einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 15.02.2007 (Baustopp) ist dem Senat nicht
angefallen. Jedenfalls mit der Entscheidung in der Rechtsbeschwerde verliert diese
Anordnung ihre Wirkung, ohne dass ein gesonderter Ausspruch dazu erforderlich wäre
(Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 44, Rdnr. 22).
Die Gerichtskosten haben die Antragsteller und die Antragsgegner im Verhältnis des
jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu tragen (§ 47 Satz 1 WEG a. F., § 92 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 1 ZPO analog).
Dagegen sah der Senat keine Veranlassung zur Anordnung der Erstattung der
außergerichtlichen Kosten (§ 47 Satz 2 WEG a. F.).
Die Festsetzung der Geschäftswerte des amtsgerichtlichen Verfahrens und der
Beschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 WEG a. F. und erfolgte in Anlehnung an die
unbeanstandet gebliebene Festsetzung des Landgerichts.
Dabei wurden für die Anfechtung der zu TOP 2-4 in der Wohnungseigentümerversammlung
vom 04.12.2006 gefassten Genehmigungsbeschlüsse insgesamt 105.120,00 € (20 % der
Gesamtsumme der Ausgaben in den Jahresabrechnungen 2003-2005 mit 525.602,11 €)
angesetzt. Hinzukommen 5.620,00 € für die Notverwalterbestellung (geschätzte Vergütung
für 6 Monate), sodass sich der Anteil des Unterliegens der Antragsteller am
Gesamtgeschäftswert auf insgesamt auf 110.740,00 € beläuft. Dagegen waren die
Beschwerden der Antragsteller erfolgreich im Hinblick auf die Feststellung der Nichtigkeit
der zu TOP 12 und TOP 13 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 gefassten
Beschlüsse, wobei für die Feststellung der Nichtigkeit von TOP 12 ein Wert von 100.000,00
im Hinblick auf die Bedeutung der Nutzung des Teileigentums als muslimisches
Gemeindezeitrum angemessen erschien. Daneben kommt der Beschlussfassung zu TOP 13
der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.12.2006 im Hinblick auf die in § 14 Nr. 2 c
bereits enthaltene Ermächtigung des Verwalters zur Anwaltsbeauftragung keine gesonderte
Bedeutung zu. Weiter hat der Antragsteller zu 2) hinsichtlich der ihm durch das Amtsgericht
auferlegten Unterlassung der Nutzung des Teileigentums obsiegt, die entsprechend der
Beschlussfassung über die Änderung der Zweckbestimmung ebenfalls mit 100.000,00 € zu
bewerten ist, sowie hinsichtlich der auf Herausgabe von Bauplänen und der Besichtigung des
Teileigentums gerichteten Gegenanträge, die im Erstbeschwerdeverfahren zurückgenommen
worden sind. Dafür wurde jeweils ein Wert von 500,00 € berücksichtigt, sodass insgesamt der
Anteil des Unterliegens der Antragsgegner 201.000,00 € beträgt.
Für den im Erstbeschwerdeverfahren erstmals gestellten Antrag der Antragsteller auf
Feststellung der Nichtigkeit von TOP 12, 13 der Wohnungseigentümerversammlung vom
04.12.2006 war dagegen zusätzlich kein weiterer Wert neben der Anfechtung dieses
Beschlusses auszuwerfen. Entsprechendes gilt für den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit
der Verwalterbestellung vom 04.10.2005, da diesem neben dem Antrag auf
Notverwalterbestellung keine gesonderte Bedeutung zukommt. Die Anträge auf Einholung
eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der
Jahresabrechnung und der Verpflichtung des Verwalters zur Abgabe einer eidesstattlichen
Versicherung sind im Zusammenhang mit der Anfechtung der Genehmigung der
Jahresabrechnungen 2003-2005 ebenfalls nicht selbständig zu bewerten. Bei dem durch das
Amtsgericht angeordneten Baustopp handelt es sich um eine von der Hauptsache zu
unterscheidende einstweilige Anordnung, die deshalb für den Geschäftswert der Hauptsache
nicht zu berücksichtigen ist.

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