sonder - Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg eV
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Ausgabe Nr. 04 / November 2015 SONDER PUBLIKATION Meisterhaftes Handwerk Liebe Leserinnen und Leser, wer einen Meisterbetrieb beauftragt, erwartet eine Qualitätsarbeit. Und dies zu Recht: 04 Grußwort Der Meister macht den Unterschied 05Der Meister im Spiegel der Zeit Der Begriff Meister beinhaltet ein Qualitätsversprechen an den Kunden, das von meisterhaft arbeitenden Handwerkern mit Leben Der Meister als „Großer Befähigungs- gefüllt wird. Der Meister im Handwerk ist also gelebter Verbraucherschutz. Er ist nachweis“ wurde 1935 eingeführt, aber noch mehr als das. allerdings galt seit 1908 bereits der „Kleine Befähigungsnachweis“, Der Meisterbrief ist Ausdruck eines funktionierenden Generationenvertrags im demzufolge die Meisterprüfung Vor- Handwerk. Damit meine ich die konkrete Verantwortung des Einzelnen der Bran- aussetzung der Ausbildung von Lehr- che gegenüber, die der Dreh- und Angelpunkt einer handwerklichen Karriere ist. lingen war. Heute steht der Meister Aus Handwerks-Lehrlingen werden Gesellen, und diese sitzen in ihren Prüfungen im Handwerk in der Diskussion: Unternehmern gegenüber, die sich ehrenamtlich für den Fachkräftenachwuchs Während er den einen als Ausweis einsetzen. Aus Gesellen wiederum werden häufig Meister, die dann selbst junge höchster fachlicher Qualifikation gilt, Menschen ausbilden, ihr handwerkliches Wissen weitergeben und dieses in Prü- wollen andere die als Zwang emp- fungsausschüssen einbringen. fundene Meisterpflicht im Handwerk abschaffen. Auch ich setze mich seit über 26 Jahren aktiv für den Fortbestand meines Gewerks ein. Nicht nur als Innungsobermeister, sondern auch als Mitglied im Meisterprü- 06 Schlaglichter fungsausschuss der Stuckateure. Ich sehe dies als meine Verpflichtung an gegenüber dem Nachwuchs, den unsere Branche so dringend benötigt. Daher weiß ich: 07 Geschichte des Handwerks Es ist viel Arbeit, neben der unternehmerischen Tätigkeit abends noch als Dozent für Meisterprüfungsanwärter zur Verfügung zu stehen oder in Kommissionen über 08 Der Meister in der Diskussion die nächsten Prüfungen zu beraten. Ich möchte an dieser Stelle allen Unternehmerinnen und Unternehmern danken, die ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung auf 09 Konkret gefragt: diese oder ähnliche Weise nachkommen und sich für den Fortbestand des Hand- Der Meister im europäischen Diskurs werks engagieren! Interview mit ZDH-Präsident Hans-Peter Wollseifer Auf den folgenden Seiten haben wir viele Geschichten zusammengetragen, die eines gemeinsam haben: Sie handeln von besonderen Menschen, die besondere 10 Das Ehrenamt als tragende Säule Leistungen erbringen. Sie erzählen von jungen Leuten, die mit dem Meisterbrief in des Handwerks: der Tasche Großes vorhaben. Sie porträtieren Unternehmer, die ihre Angestellten Wie sich zwei Berliner Unternehmer auf vielfältige Weise fördern. Und sie erzählen vom Meistertitel selbst – von seiner für den Meisternachwuchs einsetzen Erfolgsgeschichte und dem Qualitätsversprechen, das er seit Jahrzehnten den Handwerkskunden gibt. Ich wünsche Ihnen eine angenehme und anregende Lektüre. Ihr Klaus-Dieter Müller Innungsobermeister 9 12 Nachwuchsförderung: Den Meisterkurs komplett bezahlt 13Nahaufnahme: Meisterprüfungen 2015 In insgesamt vier Gewerken haben junge Fachkräfte in diesem Jahr ihre Meisterprüfungen im Bauhandwerk abgelegt. Während sich die Teilnehmeranzahl in den Bereichen Stuck, Maurer- und Betonbau und Straßenbau auf dem Niveau der 14 Vorjahre bewegte, ist die Anzahl der Nachwuchsfliesenlegermeisterinnen und –meister in 2015 ungewöhnlich hoch. 14Berufswunsch: 22Überblick: Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen Meister im Fliesenlegerhandwerk 16 Als Stuckateur das Stadtbild Was genau ist der Meister im Hand- Berlins mitprägen werk eigentlich, wer kann eine Prüfung absolvieren, was kostet das 18 „Wer rastet, der rostet“: und wo erhält man eine Förderung? Junger Maurer- und Straßenbau- Dieses und weiteres Faktenwissen meister auf der Überholspur ist in unserem Überblick zusammen- 07 25 Wer hilft weiter gestellt – wer mehr wissen möchte, 20 Viel mehr als Stein auf Stein: findet unter „Wer hilft weiter?“ hilf- 26 Meister im Handwerk: Maurer- und Betonbauer reiche Tipps. Getragen vom ehrenamtlichen Engagement vieler Unternehmer 21 3 Fragen an… 23 Wissenswertes rund um den Michael Mahlo Meistertitel in Deutschland 27Impressionen Impressum Redaktion Bildnachweise Fachgemeinschaft Bau Christiane Witek / W (V.i.S.d.P.) Berlin und Brandenburg e.V. Tel.: 030 / 86 00 04-19 Titelbild: Carolin Weber, Stuckateur-Meisterin, S. 2: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH); S. 3, Mitte: Holzschnitt von Jost Amman, Der Steinmetz, in: Von St. Nikolai zum Reichstag. 500 Jahre Bauen in Berlin. Bauverlag GmbH Berlin, 1987; S. 4: Nassauische Str. 15 E-Mail: [email protected] 10717 Berlin Gestaltung Tel.: 030 / 86 00 04-0 explonauten.net GmbH Fax: 030 / 86 00 04-12 Agentur für Design E-Mail: [email protected] & Kommunikation Internet: www.fg-bau.de www.explonauten.net Handwerkskammer Berlin; S. 5, oben: siehe S. 3; S. 9: ZDH; S. 22, oben rechts: Fotolia, Eisenhans; S. 22, unten links: Fotolia, liveostockimages, Fotos der Meisterstücke Stuck und Fliese: Andreas Kämper Alle übrigen Bilder: Fachgemeinschaft Bau Der Meister macht den Unterschied Grußwort von Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin Im Berliner Handwerk nehmen die Bau- und Ausbaugewerke eine herausragende Rolle ein: Mehr als die Hälfte der etwa 30.000 Berliner Handwerksunternehmen gehören zu dieser Branche. Damit ist das Bauhandwerk eine der tragenden Säulen des Handwerks in unserer Stadt. Dabei profitiert das Bau- und Ausbauhandwerk von der guten Berliner Konjunktur. Die deutsche Hauptstadt wächst – und in einer wachsenden Stadt wird gebaut. Erst vor kurzem zogen die Berliner Bau- und Ausbauhandwerker eine überaus positive Bilanz der vergangenen Monate. Die Unternehmen freuen sich über prall gefüllte Auftragsbücher und stellen Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung. Vor allem die Ausbauhandwerke verfügen seit Anfang 2010 über sehr gute Konjunkturdaten und prägen so auch die sehr gute Stimmung im Berliner Gesamthandwerk. Wesentlich zum Gelingen des Erfolges trägt der hohe Qualifikationsstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei. Mehr als 1.400 junge Menschen wurden im vergangenen Jahr in einem Bau- oder Ausbauberuf ausgebildet. Aus ausgelernten Azubis werden die Meister von morgen. In diesem Jahr haben in vier Bereichen junge Menschen ihre Meisterprüfungen absolviert. Während sich die Anzahl der Prüfungsteilnehmer in den drei Gewerken Stuck, Maurer- und Betonbau sowie Straßenbau auf dem hohen Niveau der Vorjahre bewegte, hat sich die Anzahl der Meisterprüflinge im Fliesenlegerhandwerk nahezu verdreifacht: In diesem Jahr legten 13 Teilnehmer die praktische Prüfung ab – darunter auch eine Frau. Der Meisterbrief ist auch weiterhin im Berliner Handwerk die zentrale Qualifikation. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung und trägt ganz wesentlich dazu bei, dass die Betriebe am Markt erfolgreich sind und bleiben. Mit Recht beneidet uns ganz Europa um diese Qualifikation. Der qualifikationsgebundene Berufszugang ist Voraussetzung für ein nachhaltiges, qualitätssicherndes Unternehmertum im HandStephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin »» Geb: 1965 in Berlin »» Studium der Geschichtswissenschaften und Philosophie in Berlin und Paris »» Seit 1990 im Familienunternehmen, der Großberliner Reinigungsgesellschaft (GRG), tätig, seit 1996 Geschäftsführender Gesellschafter der GRG »» Seit 2003: Präsident der Handwerkskammer Berlin werk und darüber hinaus die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Viele Berliner Handwerksbetriebe unterstützen die Meisterbestrebungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielfältiger Art und Weise: Sie machen sich auf die Möglichkeit einer Aufstiegsfortbildung aufmerksam, unterstützen sie bei der Suche nach dem passenden Meisterkurs, stehen ihnen für fachliche Fragen zur Verfügung und stellen die jungen Leuten für die Teilnahme an Prüfungen frei. Besonders hervorzuheben ist, dass sich viele Handwerksbetriebe bzw. deren Meisterinnen und Meister ehrenamtlich in den Meisterprüfungsausschüssen engagieren. Sie übernehmen damit gesellschaftliche Verantwortung. Als Präsident der Handwerkskammer Berlin möchte ich mich auf diesem Wege sehr herzlich bei allen Menschen bedanken, die in der Aus- und Weiterbildung Verantwortung übernehmen. Ohne das vorbildliche Engagement der zahlreichen Ehrenamtlichen wäre unser Handwerk nicht das, was es ist: Die Wirtschaftsmacht von nebenan. 4 Der Meister macht den Unterschied Der Meister im Spiegel der Zeit Der Meister im Spiegel der Zeit 5 Schlaglichter 1810 » Grundsatz der allgemeinen Gewerbefreiheit in Preußen Damit erfolgte erstmals eine staatliche Regelung der Verhältnisse der Handwerker und Gewerbetreibenden 1869 » Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund Trat für ganz Deutschland in Kraft » Neuregelung des Innungswesen Novelle der 1869 erlassenen Gewerbeordnung, die auf Bestrebungen der Handwerker zurückging, die besonderen Verhältnisse des Handwerks, die Ausbildung des Nachwuchses und den Zusammenschluss von Handwerkern der gleichen Berufe zu novellieren » Handwerkerschutzgesetz Gesetz „betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung“: Überwachung des Lehrlings- und Gesellenwesens durch die Handwerkskammern Einführung der Meisterprüfung als eine künftig bei den Handwerkskammern abzulegende Prüfung » Gründung von 71 Handwerkskammern »» Einführung des kleinen Befähigungsnachweises, demzufolge die Meisterprüfung die Voraussetzung ist, um Lehrlinge ausbilden zu können » Handwerksnovelle Verpflichtet die Handwerkskammern, eine Handwerksrolle als Verzeichnis aller selbstständigen Handwerker zu führen » Einführung des Großen Befähigungsnachweises Der Meisterbrief wird Voraussetzung für die selbstständige Betätigung im Handwerk und die Ausbildung von Lehrlingen » Deutsche Handwerksordnung tritt in Kraft » Bundesverfassungsgericht bestätigt Verfassungsmäßigkeit der deutschen Handwerksordnung » „Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung“ Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz ermöglicht eine dynamische Anpassung des Handwerks an den technisch-wirtschaftlichen Fortschritt » Bundestag novelliert Handwerksordnung » Novellierung der Handwerksordnung Aus 127 werden 94 Handwerksberufe, die Zahl der handwerksähnlichen Gewerbe wächst von 50 auf 57 » Novellierung der Handwerksordnung In diesem Zusammenhang entfällt die Meisterpflicht im Fliesenlegergewerk 6 Quellen: ZDH, Handwerkskammer Berlin, Wikipedia, FG Bau Unternehmensnachfolge – Wandel als Chance begreifen 1881 1897 1900 1908 1927 1935 1953 1961 1965 1993 1998 2004 Konkret Sonderpublikation Geschichte des Handwerks Die Geschichte des Handwerks ist so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst. Zu den ersten Handwerkern gehörten Schmiede, Zimmerleute, Tischler, Gerber, Töpfer und Weber. In der Zeit des Römischen Reiches hatten Maurerhandwerk sowie Gold- und Kupferschmiede ihre Blütezeit - das Handwerk wurde zum Kulturträger. In den Klöstern des frühen Mittelalters versammelte sich eine große Zahl von Bauern mit handwerklichem Geschick, die freilich ausschließlich für den Klerus zu arbeiten hatten. Während dieser Zeit gründeten sich die ersten Gilden, aus denen später die Zünfte entstehen sollten. In der Zeit des Mittelalters spezialisierten sich die Handwerksberufe zunehmend - nicht zuletzt eine Folge der steigenden Verstädterung und der Hochzeit des Handels. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Zunftordnungen. Die Erfindung von Dampfmaschine, mechanischem Webstuhl oder auch der ersten Spinnmaschine (alle Mitte des 18. Jahrhunderts) kündigte das industrielle Zeitalter und zugleich größere Umgestaltungen im Handwerk an. Handwerksberufe verschwanden und immer neue kamen hinzu. Die Wurzeln des Handwerks, wie wir es heute kennen, reichen fast zwei Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück. In den Jahren 1810/1811 war in Preußen durch die erstmalige Erstellung des Grundsatzes der allgemeinen Gewerbefreiheit eine staatliche Regelung der Verhältnisse der Handwerker und Gewerbetreibenden erfolgt. Im Jahre 1869 folgte die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund, die schließlich in ganz Deutschland in Kraft trat. Die Bestrebungen der Handwerker, die Gewerbeordnung im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des Handwerks, auf die Ausbildung des handwerklichen Nachwuchses und den Zusammenschluss von Handwerkern des gleichen Berufes zu novellieren, waren vielfältig und wurden in einer Gesetzesnovelle von 1881 ("Neuregelung des Innungswesens") festgelegt. Im Jahr 1897 wurde durch das Handwerkerschutzgesetz die Überwachung des Lehrlings- und Gesellenwesens durch die Handwerkskammern gesetzlich geregelt - dies war der Beginn einer organisierten und vereinheitlichten Handwerksstruktur. Das Handwerkerschutzgesetz veranlasste jedoch nicht Konkret Sonderpublikation nur eine einheitliche Ordnung des Handwerks, sondern regelte darüber hinaus auch das Prüfungswesen. So wurde die Meisterprüfung als eine künftig bei den Handwerkskammern abzulegende Prüfung eingeführt. 71 dieser Kammern entstanden im Jahr 1900 im Deutschen Reich. 1908 brachte eine Novelle zur Gewerbeordnung den Klei- u Meisterbrief von Heinrich Schmidt, zur Verfügung gestellt von der Fa. Schmidt-Dunkel, Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG nen Befähigungsnachweis, nach dem niemand Lehrlinge ausbilden darf, wenn er die Meisterprüfung nicht abgelegt hat. Der Große Befähigungsnachweis, nach dem der Meistertitel für die Führung eines Handwerksbetriebes obligatorisch ist, wurde mit der Handwerksordnung im Jahr 1935 eingeführt. Im Jahr 1953 wurde durch das neu geschaffene – Gesetz zur Ordnung des Handwerks – (Handwerksordnung/HWO) der Grundstein für die Neuentstehung eines leistungsfähigen Handwerks gelegt. Die Handwerksordnung ist nach wie vor gültig und wurde zuletzt zum 1. Januar 2004 novelliert. Handwerkskammer Berlin Der Meister im Spiegel der Zeit 7 Wussten Sie schon? Seit November 2015 fördert das Land Brandenburg Der Meister in der Diskussion Der Meister in Deutschland ist nicht unumstritten: Für die einen Ausdruck höchster Qualität und fachlichen Könnens, stellt er für die anderen eine unnötige Marktabschottung dar, welche Einzelnen den Zugang zum freien Dienstleistungswettbewerb erschwert. Sie sprechen von Meisterzwang und wollen die Pflicht, einen Titel erwerben zu müssen, um sich selbstständig zu machen, lieber heute als morgen abschaffen. Warum eigentlich? Mit einer Mitteilung im Oktober 2013 sorgte die Europäische Kommission für Aufsehen: Sie rief die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre „Zugangsschranken für regulierte Berufe zu begründen und zu hinterfragen“. Dies bezog sich explizit auch auf die Meisterpflicht in den derzeit 41 zulassungspflichten Gewerken des deutschen Handwerks. Die Branche reagierte irritiert, und in der Öffentlichkeit entspann sich eine heiß geführte Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Meisterpflicht in Deutschland. Kritiker klagten, die Meisterpflicht sei in Wirklichkeit ein Meisterzwang und stelle eine unnötige Zugangshürde zur freien Berufsausübung dar. Damit würden nicht zuletzt wesentliche Grundrechte eingeschränkt. Auch das Qualitätsversprechen, das ein Meisterbrief den Verbrauchern gibt, wurde hinterfragt: Liefert wirklich jeder Meisterbetrieb die herausragende Qualität, die ein Meisterbrief verspricht? Und geht es dem Handwerk nicht auch neben dem Schutz dieser besonderen Qualität um eine Marktabschottung? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Beispiel Fliese: 2004 wurde im Zuge der Novellierung der Handwerksordnung die Meisterpflicht im Fliesenlegerhandwerk abgeschafft. Ein Meistertitel kann hier zwar nach wie vor erworben werden, er ist allerdings freiwillig und nicht mehr zwingende Voraussetzung einer Selbstständigkeit und der Ausbildung von Gesellinnen und Gesellen. Elf Jahre nach Abschaffung der Meisterpflicht offenbaren sich strukturelle Änderungen im Traditionsgewerk: Allein in Berlin hat sich die Anzahl der bei der Handwerkskammer geführten Betriebe verzehnfacht, von 239 Betrieben im 8 Der Meister im Spiegel der Zeit junge Unternehmensgründer im Handwerk mit der Meistergründungsprämie. Informationen dazu unter www.ilb.de Jahr 2003 auf 2.388 im Jahr 2014, viele davon Ein-MannBetriebe. Die Anzahl der Lehrlinge ist zwischen 2003 und 2011 massiv zurückgegangen: von 106 Auszubildenden im Jahr 2003 auf nur noch 46 im Jahr 2011. Der Trend hält bis heute an. Bundesweit stieg die Anzahl der Fliesenlegerbetriebe von rund 12.000 Betrieben nach 2004 auf mittlerweile über 50.000 Betriebe. Die Abschaffung des Meisters hat also tatsächlich zunächst zu einer Betriebszunahme und damit zu einem größeren Wettbewerb geführt, allerdings mit unerwünschten Folgen: So hat sie weder Vorteile für Verbraucher, noch für die Betriebe gebracht, vielmehr sind für Handwerk und Verbraucher strukturelle Defizite entstanden, unter denen die Branche heute leidet. Die Zahlen zeigen: Wo Meisterbetriebe fehlen, fehlen Ausbildungsplätze – und wo kein Nachwuchs ist, kann keine qualifizierte Dienstleistung mehr erbracht werden. Auch die Qualität der von den neuen, ohne Meisterbrief arbeitenden selbstständigen Betrieben erbrachten Leistungen lässt offenbar zu wünschen übrig. 2011 ermittelte eine Umfrage unter Sachverständigen die durchschnittliche Schadenshöhe, die durch wenig qualifizierte Fliesenleger verursacht wurden: Auf durchschnittlich 9.000 Euro sei der Schaden zu beziffern, der dem jeweils betroffenen Bauherren und Endkunden durch mangelnde Qualifikation entstanden sei, berichtete das Branchenblatt „Deutsche HandwerksZeitung“ in seiner Ausgabe 13/2011. Hinzu kommt das Thema Schwarzarbeit: So sehen Branchenvertreter im Wegfall der Meisterpflicht ein Einfallstor für Illegalität am Bau und die Gefahr von Scheinselbstständigkeit. Mittlerweile ist man auf europäischer Ebene zurückgerudert: Im Februar 2014 stellte die Kommission per Pressemitteilung klar: „EU-Kommission will Meisterbrief nicht abschaffen“. Und auch die für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska sagte im März 2015 dem Deutschen Handwerksblatt, der Meisterbrief werde nicht abgeschafft. Inwieweit darauf Verlass ist, wird sich zeigen. Konkret Sonderpublikation Konkret gefragt: Der Meister im europäischen Diskurs Die Diskussion auf europäischer Ebene zum Abbau von Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Berufen hat die Meisterpflicht im Handwerk in Deutschland in Frage gestellt. Mit seiner Kampagne „Ja zum Meister“ setzt der Zentralverband des deutschen Handwerks ein starkes Zeichen für den Meisterbrief: Dieser ist, so die Kampagnenmacher, ein „Instrument für mehr Ausbildung, weniger Jugendarbeitslosigkeit und höhere Wettbewerbsfähigkeit“, kurz: ein Vorbild für Europa. Hans Peter Wollseifer, ZDH-Präsident, erklärt im Interview die Hintergründe. FG Bau Konkret: Herr Wollseifer, immer wieder geistern Meldungen durch die Medien, der Meisterbrief in Deutschland stehe absehbar zur Disposition, offiziell, um den Zugang zu reglementierten Berufen zu erleichtern. Rüttelt Brüssel am Meisterbrief? Hans Peter Wollseifer: Die Europäische Kommission hat durch eine Mitteilung im Oktober 2013 einen Prozess eingeleitet, der im Wesentlichen darauf abzielt, die Reglementierung von Berufen in Europa kritisch zu hinterfragen. Hierzu gehören neben vielen freien Berufen wie beispielsweise Ärzten, Apothekern oder Rechtsanwälten auch die zulassungspflichtigen Handwerksberufe. In Deutschland sind derzeit 141 Berufe reglementiert. Diese Zahl liegt unter dem europäischen Durchschnitt - in Großbritannien sind beispielsweise 210 Berufe reglementiert, in Polen 354. Was will die Kommission damit erreichen? Die Europäische Kommission behauptet, dass Berufsreglementierungen die Mobilität von Selbständigen und abhängig Beschäftigten im Binnenmarkt negativ beeinträchtigen. Allerdings gelten im Binnenmarkt seit über fünf Jahrzehnten besondere Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen. Diese haben sich insgesamt bewährt. Die Argumentation der Kommission ist daher letztlich nicht überzeugend. Wie hat der ZDH darauf reagiert? Wir haben frühzeitig diesen Kommissionsansatz kritisiert. Die zulassungspflichtigen Handwerke unterliegen aus guten Gründen einer Reglementierung. Hier geht es nicht nur um die Gefahrengeneigtheit bestimmter Tätigkeiten und darum, den Verbraucherschutz sicherzustellen. Wir Konkret Sonderpublikation wollen auch die Ausbildungsleistung im Interesse der Gesamtwirtschaft sichern. Wir werben aktiv für das System der zulassungspflichtigen Handwerksberufe, unter anderem im Rahmen der Kampagne „Ja zum Meister“. Mit Erfolg: Bundesrat und Bundestag haben die klare Position des Handwerks aufgegriffen und der Deregulierungspolitik der Europäischen Kommission eine Absage erteilt. Und wir setzen uns für Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten ein. Das Offenlegen und Bekanntmachen der unterschiedlichen Regelungen ist ein sinnvoller Schritt zu mehr grenzüberschreitenden Geschäften. Gefahr also gebannt? Vorsicht! Die Europäische Kommission lobt zwar die berufliche Bildung in Deutschland ausdrücklich und erkennt an, dass dieses System einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland die niedrigste in ganz Europa ist. Dabei wird aber nicht anerkannt, dass unser duales Ausbildungssystem im Handwerk von Meisterbetrieben getragen wird. Im Rahmen ihrer Binnenmarkstrategie für 2016/17 will die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten nach wie vor zur Anwendung von Kriterien verpflichten, die den Mitgliedstaaten „helfen“ sollen, die Verhältnismäßigkeit bestehender Berufsreglementierungen zu überprüfen. Auch sollen den Mitgliedstaaten in den so genannten länderspezifischen Empfehlungen Vorgaben hinsichtlich bestehender Berufsreglementierungen gemacht werden. Wir werden also weiter engagiert für ein "Ja zum Meister" auch auf europäischer Ebene kämpfen. Herr Wollseifer, wir danken Ihnen für Ihre Antworten. Der Meister im Spiegel der Zeit 9 Das Ehrenamt als tragende Säule des Handwerks: Wie sich zwei Berliner Unternehmer für den Meisternachwuchs einsetzen Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Bauunternehmer wäre das Handwerk nicht das, was es ist. Ob in Gesellen- oder Meisterprüfungsausschüssen, in Verbandsgremien oder in der Handwerkskammer, überall bringen sich Unternehmer ein und sorgen mit ihrem unentgeltlichen Einsatz dafür, dass das Handwerk eine starke Interessensvertretung hat und die Wissensvermittlung an die Fachkräfte von morgen funktioniert. Auch die Brüder Thomas und Wolf-Dieter Nagel sind ehrenamtlich im Dienste des Handwerks ativ, neben ihrer hauptamtlichen Arbeit im eigenen Unternehmen, der mittelständischen Baufirma Stuck Nagel GmbH. FG Bau Konkret hat sich mit ihnen über ihr Engagement unterhalten. FG Bau Konkret: Sie sind beide seit Jahren im Gesellenprüfungsausschuss und im Meisterprüfungsausschuss im Bereich Stuck aktiv. Warum? Wolf-Dieter Nagel: Mit dem Engagement verhält es sich letztendlich so wie mit dem Fachkräftemangel: Wenn keiner ausbildet, kommt auch keiner nach. Wir fördern den Nachwuchs, weil wir ein Interesse daran haben, dass es viele gute Leute im Stuckateur-Handwerk gibt. Das tut uns allen gut, denn es stärkt unsere Branche. Thomas Nagel: Das Engagement macht uns Spaß: Man reflektiert ja durch so ein Engagement auch seine eigenen Kenntnisse und überprüft automatisch seinen Wissensstand. Außerdem sind wir traditionsbewusst: Bereits unser Vater, der auch schon einen Stuckbetrieb über vierzig Jahre geführt hat, war Mitglied im Meisterprüfungsausschuss und hat seinen Teil zur Wissensvermittlung beigetragen. Ich selbst war in diesem Jahr erstmals auch als Dozent tätig und habe an 20 Unterrichtsabenden den theoretischen Lernstoff für die anschließende Prüfung vermittelt. Dass ich einmal in einem Unterricht als Dozent vorne stehen würde, hätte ich mir in meiner eigenen Schulzeit zwar nie vorstellen 10 Der Meister im Spiegel der Zeit u Meisterprüfungsobjekt 2015, Ausschnitt können: Es hat aber funktioniert und wird mit Sicherheit wiederholt werden. Die Meisterprüflinge stecken viel Zeit, Geld und Energie in ihre Aufstiegsfortbildung. Das schreckt viele erst einmal ab. Unterstützen Sie Ihre eigenen Leute auf dem Weg zum Meister? Thomas Nagel: Wir gehen aktiv auf unsere Mitarbeiter zu und sprechen sie an, wenn wir der Meinung sind, dass der Meister etwas für sie sein könnte. Und dann unterstützen wir je nach Bedarf individuell, indem wir auf die zeitlichen Anforderungen einzugehen versuchen, Werkzeug oder Material bei Bedarf stellen oder die Anwärter auch mal an der einen oder anderen Stelle von der Arbeit freistellen, damit sie Zeit für die Prüfung haben. Wolf-Dieter Nagel: Uns ist es wichtig, dass wir unsere eigenen Fachkräfte ausbilden. Das gilt nicht nur für die Ausbildung, sondern auch für die Aufstiegsfortbildung. Wird der Meistertitel vom Kunden als Qualitätsversprechen gesehen? Thomas Nagel: Die Kunden finden es gut, wenn sie bei einem Betrieb auf eine kompetente Beratung und auf eine qualitativ hochwertige Umsetzung vertrauen können. Dass dies aber unmittelbar mit Konkret Sonderpublikation dem Meistertitel zusammenhängt, können sich vermutlich die wenigsten vorstellen. Am Markt herrscht leider nach wie vor die „Geiz-ist-geilMentalität“: Die Kunden wollen eine meisterliche Arbeit, dafür aber nur einen Hilfsarbeiterlohn bezahlen. Ich denke, dass der Meister vor allem auch eine Innenwirkung entfaltet: Für den Handwerker und Betriebsinhaber ist es wichtig, insbesondere Thomas Nagel: Als die Handwerksordnung 2004 novelliert wurde, ist nicht nur die Meisterpflicht im Fliesenlegerhandwerk abgeschafft worden. Auch die Stuckateure sollten künftig ohne den Meisterbrief auskommen. Erst aufgrund einer gewissen Risikobewertung hat man sich dann doch anders entschieden: Wenn eine Fliese von einer Wand fällt, erschlägt sie in aller Regel keinen. Wenn sich aber s Thomas Nagel, Wolf-Dieter Nagel (v.l.n.r.) im kaufmännischen Bereich fit zu sein. Der Meister ist aus meiner Sicht daher auch ein Mittel, seine eigenen Fähigkeiten im Sinne eines kritischen Qualitätsmanagements noch einmal zu hinterfragen. Wolf-Dieter Nagel: Einen Hausmeisterservice kann erst einmal jeder aufmachen. Das heißt aber noch nicht, dass derjenige auch kalkulieren kann. Man braucht als Unternehmer heute ein bestimmtes Know-how, um sich am Markt halten zu können. Und das bekommt man durch die Aufstiegsfortbildung zum Meister. Umso erstaunlicher ist es doch, dass der Meister in der öffentlichen Debatte immer wieder zur Disposition steht. Was halten Sie von der Debatte? Konkret Sonderpublikation irgendwo eine Stuckkonsole löst oder etwas von einer Fassade abbricht, ist der damit zusammenhängende Personenschaden vermutlich wesentlich größer. Das war ein wesentliches Sicherheitsargument und ausschlaggebend für die Beibehaltung der Meisterpflicht im Stuckateur-Handwerk. Ist der Meisterbrief also eine Qualitätsgarantie? Wolf-Dieter Nagel: Gewissermaßen ja, der Meisterbrief ist eine Qualitätsgarantie und ein Leistungsversprechen an den Kunden. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich etwas an der Billigmentalität der Kunden ändert. Wer meisterhafte Arbeiten abliefert, verdient auch eine entsprechende Bezahlung. Durch unser Engagement wollen wir nicht zuletzt auch zu einem Mentalitätswandel beitragen. Der Meister im Spiegel der Zeit 11 Nachwuchsförderung: Den Meisterkurs komplett bezahlt Wer seinen Meister machen will, muss hohe Kosten in Kauf nehmen. Derzeit liegt eine berufsbegleitende Meisterausbildung im Stuck-Handwerk bei rund 7.000 Euro. Für viele Weiterbildungswillige stellt diese Summe zumindest eine Schwierigkeit dar, auch wenn sie größtenteils über das sogenannte Meister-BAföG finanziert werden kann. Der Stuckateurmeister und Restaurator Friedrich P. Schuster will diese Zugangshürde abbauen – und bezahlt seinen Angestellten die Meisterausbildung komplett. Zwei Beschäftigte der Firma Friedrich P. Schuster aus Wandlitz haben 2015 die praktische Meisterprüfung im Bereich Stuck auf dem Lehrbauhof der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg absolviert. Finanziert wurden sie dabei komplett vom Chef, dem Firmeninhaber Friedrich P. Schuster. Warum macht er das? „Ich sehe die Finanzierung der Meistergebühren meiner Beschäftigten als Investition in das Unternehmen“, erklärt der Unternehmer. „Das ist nicht ganz uneigennützig: Zu Beginn der Meisterprüfungen setzen wir einen Vertrag auf, der die Prüflinge verpflichtet, nach Abschluss ihres Meisters mindestens zweieinhalb Jahre in meinem Unternehmen weiterzuarbeiten und sich nicht woanders zu bewerben.“ Mit seinem Engagement sorgt Schuster dafür, dass sein Unternehmen über gut qualifizierte Kräfte verfügt, die auf dem neuesten Wissensstand sind, sein Betrieb profitiert davon. „Auch unsere Kunden wissen zu schätzen, dass sie bei uns die höchste Qualität bekommen. Wer einen solchen Standard halten will, der muss eben auch investieren“, erklärt Schuster. Der Stuckateurmeister und Restaurator verkörpert einen Unternehmertypus, der leider längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist: „Unternehmer im Handwerk zu sein heißt, eine Aufgabe zu erfüllen, etwas weiterzugeben und dafür Sorge zu tragen, dass das Handwerk auch in Zukunft weiter existieren kann. Wer stellt die Weichen für die weitere Entwicklung unserer Branche, wenn nicht wir? Wir haben als Unternehmer einen gesellschaftlichen Auftrag, den wir erfüllen müssen.“ Schuster erfüllt den Auftrag mit Leib und Seele: Neben seiner Tä- 12 Der Meister im Spiegel der Zeit tigkeit als Unternehmer engagiert er sich bereits seit über 15 Jahren ehrenamtlich im Meisterprüfungsausschuss des Stuckateurhandwerks sowie im Gesellenprüfungsausschuss. Hier arbeitet er mit seinen Kollegen daran, dass Qualität und fachliches Know-how der Nachwuchsfach- und Führungskräfte erhalten bleibt und weitergegeben wird. In einer guten Aus- und Weiterbildung liegt für Schuster das A und O jeglicher qualitativer Handwerksleistung: „Wir sind stark in der Ausbildung, wir Stuckateure. Im Schnitt bilden wir rund 25 bis 30 Lehrlinge pro Jahr aus.“ Der immer wieder aufkeimenden Debatte um die Abschaffung des Meistertitels steht er verständnislos gegenüber: „Wenn bei uns Stuckateuren die Meisterpflicht abgeschafft werden sollte, gibt es bald auch keine Lehrlinge mehr – und damit fehlen dem Kunden dann die Fachkräfte, die seine Aufträge fachgerecht ausführen könnten. Der Meister ist was wert – nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Kunden.“ Fa. Friedrich P. Schuster, Stukkateur GmbH & Co. KG »» Stukkateurmeister in Berlin und Brandenburg »» Deutschlandweit tätig, rund 30 Beschäftigte sowie Auszubildende »» Bundespreis für das Handwerk in der Denkmalpflege 2010 in Berlin »» Leistungen: Arbeiten im Bereich Stuck, Putz, Rabitz, Stuckmarmor und Sgraffito www.stuckgewerbe.de Konkret Sonderpublikation Nahaufnahme Meisterprüfungen 2015 Nahaufnahme – Meister 2015 13 Berufswunsch: Meister im Fliesenlegerhandwerk Obwohl die Zulassungspflicht per Meisterbrief im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk seit 2004 weggefallen ist, haben in Berlin in diesem Jahr doppelt so viele junge Menschen wie sonst ihre Meisterprüfungen absolviert. Dafür nehmen sie Kosten von derzeit gut 6.000 Euro und einen Arbeitsaufwand von rund 900 Stunden auf sich. u Elena Nawrocki u Sergey Nay 14 Als einzige Frau hat Elena Nawrocki im Frühjahr 2015 Teil I und II ihrer Meisterausbildung im Bereich Fliese absolviert. Obwohl sie aus einem traditionellen Fliesenlegerbetrieb stammt, kehrte sie dem Handwerk zunächst den Rücken und ging nach ihrem Abitur zum Studium ins niederländische Maastricht. Doch irgendwie fehlte hier immer etwas, so Elena Nawrocki: „Ich konnte mir nicht vorstellen, den Rest meines Lebens an einem Computer zu sitzen und Statistiken auszuarbeiten“, erzählt sie heute. Sie sattelte kurzerhand um und entschied sich für eine Lehre im Familienbetrieb zur Fliesen-, Platten- und Mosaiklegergesellin. „Fliesen ist etwas mit Hand und Fuß. Bei so einem Handwerk weiß man am Abend immer, was man tagsüber getan hat“, resümiert sie und fügt hinzu: „Vom Kunden bekommt man ein promptes Feedback zur eigenen Arbeit.“ Meistertitel gilt nach wie vor als Qualitätsnachweis für Kunden Bei der Ausbildung kam ihr die schulische Vorbildung zugute: Aufgrund des Abiturs sowie ihrer guten Leistungen konnte sie die Ausbildung von den vorgesehenen drei Jahren auf zwei Jahre verkürzen. Von der Ausbildungszeit ist ihr vor allem das erste, fachübergreifende Jahr auf dem Lehrbauhof der Fachgemeinschaft Bau in guter Erinnerung geblieben: „Für mich war es ungemein hilfreich, einmal alle Gewerke zu durchlaufen. So versteht man nachher besser, wer eigentlich was macht und wie die unterschiedlichen Gewerke auf einer Baustelle ineinander greifen“, erinnert sie sich. Auch Sergey Nay verspricht sich von seinem Meistertitel vor allem eines: einen Vorteil beim Endverbraucher. Der 33-jährige Spätaussiedler kam erst 2007 mit seiner Familie aus Russland nach Deutschland – und sprach damals kaum Deutsch. Daher suchte er sich als erstes einen Intensiv-Sprachkurs, der es ihm binnen kürzester Zeit ermöglichte, nicht nur einfachen Konversationen zu folgen, sondern sich auch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. „Über meine Jobs habe ich mir weitere Sprachkenntnisse angeeignet“, erzählt Sergey Nay. Dass er irgendwann einen Meistertitel als Fliesen-, Platten- und Mosaikleger vorweisen können wird, Nahaufnahme – Meister 2015 Warum nimmt man als junger Mensch rund 6.000 Euro an Kosten und ca. 900 Stunden Arbeit – hauptsächlich in den Abendstunden und am Wochenende – in Kauf, um einen Titel zu erwerben, der seit über 10 Jahren für eine Selbstständigkeit keine Rolle mehr spielt? „Mit einem Meistertitel kann man sich auch im Fliesenlegergewerk immer noch abheben von der großen Masse! Beim Kunden gilt zu Recht: Wer sein Handwerk beherrscht, der ist ein Meister seines Faches. Mit dem Meistertitel verschaffe ich mir also einen Vorteil vor der Konkurrenz am Markt. Er ist Ausweis meines fachlichen Könnens“, erklärt Elena Nawrocki. Erst Imker, jetzt Fliesenlegermeister Konkret Sonderpublikation t Prüfaufgabe war das Fertigen einer Körperform-Badewanne war eher Zufall, so der junge Familienvater: „Eigentlich bin ich Imker. In Berlin gab es Jobs als Fliesenleger - also habe ich mich für eine entsprechende Umschulung entschieden.“ Die Umschulung schloss er mit einer Eins ab. „Das war für mich auch eine große Motivation“, erzählt er. „Außerdem kommt man mit so einer Qualifikation in der Tasche beim Kunden einfach besser an“. Meistertitel ist beim Endverbraucher viel wert Auch deshalb entschied sich Sergey Nay, weiterzumachen und die Meisterausbildung zu beginnen. „Ich spreche zwar gut Deutsch, man hört mir meinen Akzent aber immer noch an“, erklärt er. „Das ist ein Wettbewerbsnachteil, den ich durch meinen Meistertitel ausgleichen will. Denn ein Meister ist beim Endverbraucher nach wie vor viel wert.“ Der Begriff des Meisters ist in Deutschland geschützt; seit dem Wegfall der Meisterpflicht im Jahr 2004 kann sich jedoch jeder „Fliesenlegerbetrieb“ oder „Fachfirma“ nennen. Das ist für viele Betriebe ein Problem, denn so kann der Kunde nicht mehr unterscheiden, bei welchem Betrieb er noch auf qualitativ hochwertige Leistung setzen kann. „Da macht der Meistertitel einfach den entscheidenden Unterschied“, ist sich Sergey Nay sicher. Motivation ist wichtig »» 2004 wurde die Zulassungspflicht im Fliesenlegerhandwerk von der damaligen Bundesregierung abgeschafft, um den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren. Die Folge: ein sprunghafter Anstieg der eingetragenen Betriebe zu Lasten der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und Ausbildung sowie der Qualität der Arbeit. »» Bis 2004 absolvierten bundesweit rund 550 junge Fachkräfte pro Jahr ihre Meisterprüfung. Der Wegfall der Meisterpflicht Dass man den Titel nicht geschenkt bekommt, verschweigt er nicht: „Natürlich muss man hochmotiviert sein, um alle vier Teile erfolgreich zu absolvieren. Es ist schon anstrengend, sich nach getaner Arbeit abends oder am Wochenende noch einmal hinzusetzen und für die theoretische Prüfung zu lernen. Auch die Fertigung des Meisterstücks kostet viel Zeit und Kraft.“ Aber Sergey Nay ist sich sicher, dass sich die Extra-Anstrengungen und die hohen Kosten lohnen. „Die Kunden wissen, dass Meister nicht vom Himmel fallen, sondern dass hinter dem Meisterbrief viel Arbeit steckt. Sie wissen aber auch: Wenn ich einen Meister beauftrage, dann kann ich davon ausgehen, dass die Arbeit in hoher Qualität ausgeführt wird. Bei aufwändigen Arbeiten entscheiden sich viele Kunden zudem eher für ein teureres anstatt für das billigste Angebot, einfach, weil sie hoffen, dass sie damit dann auch die höchste Qualität bekommen.“ Konkret Sonderpublikation führte zu einem Rückgang von rund 80 Prozent: Seither absolvieren rund 100 Fachkräfte ihre Meisterprüfung. »» Im Jahr 2002 konnte das Fliesenlegergewerk noch rund 4.500 Auszubildende zählen, 10 Jahre später war deren Anzahl um über 50 Prozent auf rund 2.000 Azubis gesunken. »» In Berlin absolvierten trotz Wegfalls der Zulassungspflicht 13 Nachwuchsführungskräfte ihre Meisterprüfung im Jahr 2015. Die Anzahl der Meisterprüflinge war damit ungewöhnlich hoch. Prüfungsaufgabe des praktischen Teils war das Fliesen einer freistehenden Körperform-Badewanne mit Armablage, was als fachlich höchst anspruchsvoll gilt. Im Vorfeld mussten eine Entwurfsplanung und eine Kalkulationsdokumentation erstellt werden. Nahaufnahme – Meister 2015 15 Als Stuckateur das Stadtbild Berlins mitprägen „Berlin ist dazu verdammt, immerfort zu werden und niemals zu sein“: Die Zustandsbeschreibung von Karl Scheffler aus dem Jahre 1910 ist heute aktueller denn je. Als Verdammung würde Carolin Weber, 31-jährige angehende Stuckateurmeisterin aus Nuthetal, dieses Schicksal jedoch nicht sehen, im Gegenteil: „Es ist immer wieder aufs Neue faszinierend, mit seiner eigenen Hände Arbeit dazu beizutragen, dass sich das Bild der Stadt ändert. Dabei zuzuschauen, wie nach und nach, Schicht für Schicht, auf rohem Beton etwas Neues entsteht, ist unbeschreiblich. Wenn ich dann mit Freunden durch die Stadt laufe, kann ich zeigen, woran ich mitgearbeitet habe.“ v Carolin Weber 16 Carolin Weber ist die einzige Frau unter den neun Teilnehmern des Meisterkurses Stuck auf dem Gelände des Lehrbauhofs der Fachgemeinschaft Bau, die im Juli 2015 ihre Fachtheorie absolviert haben. Die 31-jährige Stuckateurfachkraft hat bereits im Frühjahr 2011 ihr praktisches Meisterstück gefertigt, ein gotisches Fenster. Mit ihrer Prüfung im Frühsommer 2015 hat sie nun auch den dazugehörigen Theorieteil abgeschlossen und könnte sich als Jungmeisterin selbstständig machen. „Momentan habe ich aber nicht vor, in die Selbstständigkeit zu gehen. Stattdessen freue ich mich, meine neuen Kenntnisse in meinen Arbeitsalltag zu integrieren. Qualifizierung ist wichtig, wenn man weiterkommen will“, erzählt die junge Mutter, die neben Baby und Vollzeitarbeitsstelle ihre Meisterprüfung absolviert hat. Angestellt ist sie bei der K. Rogge Spezialbau GmbH: Das Unternehmen sieht Ausbildung als Teil seiner unternehmerischen Verantwortung und Tradition, es fördert seine Fachkräfte mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Von den zehn Teilnehmern des aktuellen Meisterkurses Stuck am Lehrbauhof der Fachgemeinschaft Bau kamen allein drei von der K. Rogge Spezialbau GmbH. Nahaufnahme – Meister 2015 Übrigens: Kristijan Bacak, Meisterprüfungsabsolvent der Fa. K. Rogge Spezialbau GmbH, wurde bei der Meisterfeier der Handwerkskammer Berlin 2015 als Bester im Bereich Stuck geehrt. Hinter den Kulissen: Arbeiten in Babelsberg Auch Marc Kagermann war einer der Kursteilnehmer. Sein Meisterprüfungsstück stach unter allen anderen hervor: Dort, wo eigentlich die Feuerstelle sein sollte, leuchtete sein Kamin knallgrün. „Beim Film benutzt man häufig die Greenscreen-Technik“, erläutert Kagermann die auffallende Färbung seines Meisterstückes. „Vor einem grünen Hintergrund wird eine Szene gedreht. Am Bildschirm wird die Farbe dann durch eine andere Szene ersetzt. Bei meinem Prüfobjekt kann ich so also am Bildschirm ein Feuer brennen lassen.“ Während die meisten der Teilnehmer aus klassischen Handwerksbetrieben kommen, arbeitet der 38-jährige Stuckateur bei den Filmstudios in Potsdam-Babelsberg. Und das seit seiner Ausbildung, seit 17 Jahren. Die Studio Babelsberg AG beschäftigt alleine im Bereich des Dekorationsbaus unterschiedlichste Gewerke – von Tischlern und Schlossern über Bildhauer und Stuckateure bis hin zu Malern, Kunstmalern und Dekorateuren. Auch hier machen sich, analog zur Situation auf dem Handwerksarbeitsmarkt, langsam der Rückgang an Schulabsolventen und der damit zusammenhängende Fachkräftemangel bemerkbar. Die Anzahl der Auszubildenden im Bereich Stuck liegt seit einigen Jahren bundesweit bei rund 2.000 Lehrlingen – das ist zu wenig, um die irgendwann in Rente gehenden Fachkräfte zu ersetzen. Marc Kagermann erklärt: „Ich würde gerne mit jungen Leuten zusammenarbeiten und ihnen unsere Arbeit nahebringen. Mit der Ausbildereignung, Teil IV der Meisterprüfung, kann ich bei uns ausbilden. Das ist mein Ziel und meine Hauptmotivation, den Meistertitel im Bereich Stuck zu erwerben.“ Konkret Sonderpublikation Meisteranwärter investieren viel Zeit und Geld in ihre Ausbildung Ein Meisterkurs ist nicht nur arbeits-, sondern auch sehr zeitintensiv. Rund 1.100 Stunden investieren Meisteranwärter in ihre häufig berufsbegleitende Ausbildung. Die Stunden fallen meist am Abend oder an den Wochenenden an, werden also neben der regulären Arbeitszeit geleistet. Die Kosten von insgesamt ca. 7.000 Euro müssen die Fachkräfte ebenfalls selbst tragen. Viele nehmen die Möglichkeit des Meister-BAföG wahr, das bestimmte staatliche Zuschüsse vorsieht. Trotz der hohen Kosten und des großen zeitlichen Aufwands sind die Zahlen der absolvierten Meisterprüfungen im Bereich Stuck in den letzten Jahren weitestgehend konstant geblieben. Darauf weist die Baugewerks-Innung Berlin hin. Acht bis zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich in der Vergangenheit pro Meisterkurs gefunden. Das Stuckateur-Handwerk ist eines von 41 zulassungspflichtigen Gewerben und wird dem Bereich Ausbaugewerbe zugeordnet. Zum 31.12.2014 waren bei der Handwerkskammer Berlin 57 Betriebe eingetragen, ein Rückgang von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass der Betriebsbestand im Bereich Stuck trotz des jüngst zu verzeichnenden Rückgangs relativ konstant geblieben ist. Im Stuckateur-Handwerk Berlin absolvieren pro Durch- t Gotisches Fenster von Carolin Weber Den hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand, ist sich Carolin Weber sicher, sieht man auch an der erbrachten Arbeit. „Auf der Baustelle erkennt man am Arbeitsergebnis, wer Fachkraft ist – und wer eben nicht. Ich würde mir wünschen, dass sich das Bewusstsein für qualitativ hochwertige Arbeit noch stärker als bisher bei den Kunden durchsetzt.“ Hier herrsche jedoch oft noch eine nahezu absurde Billigmentalität, findet Carolin Weber: „Gerade im privaten Bereich sind die Ansprüche unserer Kunden gestiegen. Gleichzeitig sehen aber viele nicht, wieviel Arbeit und welche fachliche Leistung eigentlich hinter einem erbrachten Auftrag stecken. Dabei ist unsere Arbeit wirklich zeitaufwändig. Dieser Aufwand muss sich auch in dem Preis wiederspiegeln, den der Kunde bereit ist, zu zahlen. Gute Arbeit gibt es nicht umsonst, aber sie lohnt sich allemal.“ gang, ca. alle drei Jahre, im Schnitt zwischen sieben und zehn jungen Nachwuchsführungskräften die Meisterprüfungen. 2015 fertigten sieben Prüflinge ihr Meisterstück, neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer v Prüfungsaufgabe: Fertigen einer Kaminumrandung absolvierten Teil II (Fachtheorie). Praktische Prüfungsaufgabe war das Erstellen einer Rabitzwand sowie das Fertigen eines Berliner Fensters bzw. einer Kaminumrandung. Die Konzepterstellung und Nachkalkulation waren ebenfalls Bestandteil der Prüfung. Außerdem musste eine vom eigentlichen Prüfobjekt unabhängige Bauschadenanalyse erstellt werden. Informationen zu Meisterkursen, Anmeldungen etc. unter www.lehrbauhof-berlin.de Konkret Sonderpublikation Nahaufnahme – Meister 2015 17 „Wer rastet, der rostet“: Junger Maurer- und Straßenbaumeister auf der Überholspur Mit 26 Jahren zwei Meisterbriefe in der Tasche zu haben, können nicht viele von sich behaupten. David Poersch schon: Der 26-jährige gelernte Maurer leitet gemeinsam mit seinem Bruder ein mittelständisches Unternehmen in Blankenfelde-Mahlow und hat in diesem Jahr seine Meisterprüfung im Bereich Straßenbau auf dem Lehrbauhof der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg absolviert. v David Poersch Bereits vor der Entscheidung zu einer Ausbildung wusste David Poersch, dass er später einmal in leitender Position arbeiten möchte. Dafür wollte er sich das nötige Rüstzeug aneignen: „Ich habe mich schon bei der Ausbildungsplatzsuche mit der Frage beschäftigt: Wie geht es weiter?“, erklärt der heute 26-Jährige. Dass er diesen Gedanken bei seinen Bewerbungsgesprächen auch in Worte fasste, stieß allerdings auf wenig Gegenliebe: „Es war schwer, eine Ausbildungsstelle zu finden“, erinnert sich Poersch. „Viele Unternehmen waren offenbar darauf eingestellt, schlechte Schulabgänger mit mäßigen Noten einzustellen, die sie dann über entsprechende Programme fördern konnten. Meine Zielstrebigkeit und der Wunsch, meine Ausbildungszeit aufgrund meines Fachabiturs zu verkürzen, sorgten für Unverständnis, ebenso die Frage nach dem beruflichen Weiterkommen.“ Ausgiebig wurde dieses Thema auch in der Familie diskutiert – dabei kam die Idee auf, dass Poersch seine Ausbildung bei seinem älteren Bruder beginnen könne. u Praktische Prüfungsaufgabe: Vermessen und Pflastern einer vorgegebenen Fläche 18 Dann ging alles sehr schnell: „1 Jahr drei Monate brauchte ich für die Ausbildung. Das erste Jahr konnte ich wegen meines Fachabiturs komplett überspringen, und auch das letzte Jahr habe ich aufgrund guter Leistungen verkürzt. Nachdem ich dann zwei Monate als Geselle gearbeitet habe, erzählten mir Kollegen vom Meisterkurs im Bereich Maurer- und Betonbau auf dem Lehrbauhof. Der Kurs lief zwar schon, dennoch bin ich als Späteinsteiger dazu gestoßen.“ So hatte Poersch mit 24 Jahren seinen ersten Meisterbrief in der Tasche. Nahaufnahme – Meister 2015 In seinem Meisterkurs war er der Jüngste: Macht sich die fehlende Berufserfahrung bemerkbar? „Es ist natürlich so, dass ich an manche Fragestellungen aufgrund meiner fehlenden Praxis anders herangehe als Kollegen, die zehn Jahre älter sind als ich“, räumt Poersch ein. „Aber durch Fragen, Zuhören und Nachmachen lernt man so einiges“. Auch half ihm das Wissen, das er sich zwischenzeitlich in seinem Betrieb aneignen konnte: „Es ist nicht mein Ding, Sachen einfach abzuarbeiten. Mich interessiert das Warum: Wie funktioniert etwas? Und wie kann man Aufgaben schnell und effizient umsetzen?“ Mittlerweile leitet Poersch gemeinsam mit seinem Bruder das Bau-Unternehmen 3 BIGruppe, das Leistungen im Bereich Hoch- und Tiefbau anbietet. Außerdem hat er in diesem Jahr einen weiteren Meisterbrief erworben: den im Bereich Straßenbau. Eine pragmatische Entscheidung: „Dass unser ehemaliger Betriebsführer, ein Straßenbauingenieur, irgendwann in Rente gehen wird, war absehbar. Somit standen wir vor der Wahl: Wollen wir Leistungen im Bereich Straßenbau weiter anbieten, müssen wir entweder einen qualifizierten Kollegen einstellen, der dann auch die entsprechende Konzession trägt – oder wir machen es selbst. Also habe ich mich dafür entschieden, auch den Meister im Bereich Straßenbau zu absolvieren. Das Gute daran: Die Meisterprüfungsteile III und IV hatte ich ja bereits im Bereich Maurer- und Betonbau erfolgreich absolviert und musste nun nur noch den fachlichen Bereich leisten.“ Konkret Sonderpublikation 3BI-Gruppe Seit 2008 am Markt Gruppe besteht aus: 3BI Berlin-Brandenburgische Bau GmbH 3BI Berlin-Brandenburgische Maler UG 3BI Hoch-, Tief- und GaLa Bau GmbH werksordnung“ angemeldet, „das ist die letzte Karrierestufe, die mir noch fehlt“. Der von der Handwerkskammer Berlin angebotene Kurs vermittelt vor allem vertiefende BWL-Kenntnisse. David Poersch ist sich sicher: „Praktisch ändert sich durch den Betriebswirt für mich nichts. Allerdings hilft mir das so erworbene Wissen in der Praxis – ich will das, was ich mache, noch besser machen.“ Arbeitsgebiete: v David Poersch bei der Arbeit am praktischen Teil seiner Prüfung Hochbau: Rohbau bis erweiterter Schlüsselfertigbau Straßen-/Tiefbau: v.a. Rohrleitungsbauarbeiten Sanierung: Altbauten, Rekonstruktionen Kunden: hpts. private Kunden, Wohnungsbaugesellschaften Tätig in Berlin und Brandenburg www.3bi-gruppe.de Wie die Baugewerks-Innung Berlin mitteilte, haben im Jahr 2015 insgesamt 15 Fachkräfte den praktischen Teil der Meisterprüfung im Bereich Straßenbau durchlaufen. Das entspricht dem Durchschnitt der letzten Jahre und zeigt die nach wie vor große Bedeutung, die dem Titel beigemessen wird. Was bringt der Meisterbrief konkret? „Der Meistertitel vermittelt den Kunden und Auftraggebern: Hier kommt Qualitätsarbeit“, ist sich Poersch sicher. „Aber auch für den einzelnen Arbeitnehmer ist eine Meisterausbildung sinnvoll: Man ist in unternehmerische Entscheidungen involviert, erhält Kontakt zu anderen Unternehmern und übernimmt Verantwortung für andere. Schließlich reift man auch persönlich.“ Außerdem habe jeder Handwerker eine gesellschaftliche Verantwortung, so Poersch weiter: „Wir tragen mit unserer Qualifikation dazu bei, dass das Handwerk nicht ausstirbt. Ich gebe Kenntnisse weiter, nicht zuletzt als Ausbildungsbetrieb. Das ist für unsere Branche wichtig! Gerade bei uns gilt: Wer rastet, der rostet.“ Meisterprüfung Das Straßenbauer-Handwerk ist eines von 41 zulassungspflichtigen Gewerben und wird dem Bereich Bauhauptgewerbe zugeordnet. Zum 31.12.2014 waren bei der Handwerkskammer Berlin 146 Betriebe eingetragen, ein Rückgang von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass der Betriebsbestand im Bereich Straßenbau relativ konstant geblieben ist. Im Straßenbauer-Handwerk Berlin absolvieren pro Durchgang, ca. alle zwei Jahre, im Schnitt 15 junge Nachwuchsführungskräfte die Meisterprüfungen. Dies entsprach auch der Anzahl der Prüflinge in 2015. Die Prüfung bestand aus einem Meisterprüfungsprojekt, einer planerischen Entwurfs- und Angebotsaufgabe sowie einem praktischen Teil, der Situationsaufgabe: Innerhalb von einem Arbeitstag musste eine definierte Fläche vermessen und bepflastert werden. Prüfungsbestandteil waren neben der fachlich korrekten praktischen Ausführung auch die richtigen Körperhaltungen, um beispielsweise Rücken- oder Knieschäden vorzubeugen (Teil I). Hinzu kamen theoretische Prüfungen (Teil II). David Poersch rastet nicht: Gerade erst hat er sich für den „Betriebswirt nach der Hand- Konkret Sonderpublikation Nahaufnahme – Meister 2015 19 Viel mehr als Stein auf Stein: Maurer- und Betonbauer Der Wohnungsbau in der Hauptstadt boomt, und mit ihm die Nachfrage nach Fachkräften. Maurer und Betonbauer sind besonders gefragt. 18 Nachwuchskräfte haben 2015 den praktischen Teil ihrer Meisterprüfung auf dem Gelände des Lehrbauhofs der Fachgemeinschaft Bau absolviert und damit einen großen Schritt in Richtung Meistertitel getan. Reinhold Dellmann, Geschäftsführer der Baugewerks-Innung Berlin, verwies auf die hervorragenden Jobchancen der jungen Meisterinnen und Meister: „Die gute Auslastung der Firmen im Hochbau, speziell im Wohnungsbau, führt zu einer steigenden Nachfrage nach Fachkräften wie Maurer und Betonbauer. Ihre Jobaussichten sind so gut wie lange nicht. Mit einem Meisterbrief in der Tasche können sich die Nachwuchskräfte zudem mit einem eigenen Betrieb selbstständig machen.“ Das Maurer- und Betonbauer-Handwerk ist eines von 41 zulassungspflichtigen Gewerben und wird dem Bereich Bauhauptgewerbe zugeordnet. Zum 31.12.2014 waren bei der Handwerkskammer Berlin 1.266 Betriebe eingetragen, ein Rückgang von knapp drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass der Betriebsbestand im Bereich Maurer- und Betonbauer in den vergangenen Jahren konstant bis leicht rückläufig war. Im Maurer- und Betonbauer-Handwerk Berlin absolvieren pro Durchgang, ca. alle anderthalb Jahre, im Schnitt 18 junge Nachwuchsführungskräfte die Meisterprüfungen. 2015 absolvierten ebenfalls 18 Prüflinge den praktischen Teil der Meisterprüfung. Die Prüfung bestand aus einem praktischen Teil, der sogenannten Meisterprüfungsarbeit, die aus einer planerischen Auch im Bereich Maurer- und Betonbau ist der Meisterbrief Ausweis höchster fachlicher Kompetenz. Der gerechtfertigte Anspruch von Kunden an qualitativ hochwertige Bauausführung spiegelt sich in der Meisterausbildung wider, die sehr anspruchsvoll ist. Maurer und Betonbauer arbeiten heute unter anderem mit bei der Errichtung von Bauwerken und Bauwerksteilen vor allem im Wohnungs-, Industrie- und Brückenbau, wo sie mit unterschiedlichen Materialien und Bauteilen arbeiten sowie hochtechnisierte Baumaschinen bedienen. Bautechnik und moderne Baustoffe spielen daher auch in der etwa zweieinhalb Jahre dauernden, berufsbegleitenden Meisterausbildung eine große Rolle. Entwurfs- und Angebotsaufgabe besteht. Weiterhin gehörte die Situationsaufgabe dazu, die die Bereiche Mauern, Beton einschließlich Schalung aus Holz und der Bewehrung – die konstruktive Komponente von Beton durch Baustahlgeflecht – umfasste. Außerdem mussten die Prüflinge unterschiedliche Bauschäden auf einer bildlichen Darstellung erkennen sowie fachlich richtig beschreiben und bewerten (Teil I). Hinzu kamen noch vier theoretische Prüfungen (Teil II). Zur Erreichung ihres Meistertitels nahmen die Prüflinge Kosten in Höhe von rund 6.200 Euro sowie einen zeitlichen Aufwand von in etwa 1.300 Stunden, meistens am Abend und an den Wochenenden, in Kauf. 20 Nahaufnahme – Meister 2015 Konkret Sonderpublikation 3 Fragen an… Michael Mahlo, FA. K. Peter Mahlo & Sohn Baugesellschaft mbH, Meisterprüfer Maurer-, Beton- und Stahlbetonbau Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich für das Handwerk? Mit meinem Engagement möchte ein Zeichen setzen gegen Sparzwänge, die die Qualität der Arbeitsausführung beeinträchtigen. Ich halte es für notwendig, dass wir Verbandsmitglieder unser Fachwissen und unsere Erfahrung in die Ausbildung des Nachwuchses einbringen. Ohne diesen ehrenamtlichen Einsatz können wir die Vielfältigkeit unserer Weiterbildungen und Qualifikationen nicht erhalten. v Meisterprüfungsarbeit: Schalung aus Holz und Bewehrung Was konkret hat Sie dazu bewogen, Mitglied im MPA Maurer-, Beton- und Stahlbetonbauer zu werden? Ich bin seit Jahren im Gesellenprüfungsausschuss und fand es spannend, mich auch in den weiteren Verlauf bis zur Meisterprüfung einzubringen. So bleibe ich am Puls der Zeit, und auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Wirtschaft und Wissenschaft ist äußerst interessant. Wofür steht Ihrer Ansicht nach der Meistertitel im Handwerk? Der Meistertitel steht für Qualität, Kompetenz in Theorie und Praxis sowie eine korrekte Arbeitsausführung und in gleicher Gewichtung auch für den betriebswirtschaftlichen Erfolg. Gerade in der heutige Zeit ist es wichtig, sich durch dieses Gesamtpaket von der Konkurrenz abzuheben und nicht nur durch ein geringes Preisniveau. Konkret Sonderpublikation Nahaufnahme – Meister 2015 21 Überblick Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen 22 Überblick – Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen Wissenswertes rund um den Meister im Handwerk in Deutschland Der „Meister“ ist der Nachweis über die vorhandenen theoretischen und fachlichen Kenntnisse und Befähigungen, die ein Handwerker braucht, um selbstständig einen Handwerksbetrieb führen zu können sowie Lehrlinge in seinem Gewerk ordnungsgemäß ausbilden zu können. Darüber hinaus ist der Meistertitel Beleg für das Vorhandensein von betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen, rechtlichen und berufserzieherischen Kenntnissen. Anzahl der bestandenen Meisterprüfungen Im Jahr 2014 wurden deutschlandweit rund 22.400 Meisterprüfungen erfolgreich absolviert. Diese Zahl ist seit knapp zehn Jahren in etwa konstant, nachdem sie von 1990 an rückläufig war. Ausbildung und Prüfung Die sogenannte Aufstiegsfortbildung zum Handwerksmeister ist in vier Teile gegliedert: die fachpraktische Prüfung, die fachtheoretische Prüfung, die wirtschaftliche und rechtliche Prüfung sowie die arbeitspädagogische Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung. Während die letzten beiden Teile für alle Handwerksberufe gleich sind, unterscheiden sich Teil I und II, die fachspezifischen Prüfungsteile, je nach Beruf voneinander. Die Inhalte der Vorbereitungskurse für die Teile I und II der Meisterprüfung orientieren sich an den Anforderungen der jeweiligen gewerbespezifischen Meisterprüfungsteile. Diese sind in den Meisterprüfungsverordnungen für die einzelnen Handwerke festgelegt. Auch die Prüfungsanforderungen für die Teile III und IV sind in einer Rechtsverordnung festgelegt. Voraussetzung zur Prüfung Wer zur Meisterprüfung in einem der 41 zulassungspflichtigen Gewerbe zugelassen werden möchte, muss zuvor seine Gesellenprüfung, in aller Regel in dem Handwerk, in welchem er den Meister machen möchte, erfolgreich abgelegt haben. Bis 2004 mussten zudem mindestens drei Jahre Berufspraxis zwischen Gesellen- und Meisterprüfung liegen, allerdings ist diese Frist nach der letzten Novellierung der Handwerksordnung entfallen. Wer besonders Ausbildungs- und Weiterbildungsstatistik 1990 bis 2014 Zentralverband des Deutschen Handwerks 700.000 600.000 Anzahl 500.000 400.000 370.995 300.000 200.000 137.376 100.000 103.793 22.428 Konkret Sonderpublikation 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 Juni 2015 1990 0 Quelle: DHKT Überblick – Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen 23 ambitioniert ist, kann nun also direkt nach bestandener Gesellenprüfung seine Aufstiegsfortbildung zum Meister anschließen. schen und beruflichen Abschlüssen getan. Darüber hinaus wird der Meisterbrief innerhalb der EU anerkannt, wie aus der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen hervorgeht. Meisterprüfung Meister-BAföG Die Meisterprüfung gilt allgemein als bestanden, wenn in keinem der Prüfteile eine schlechtere Note als ausreichend erzielt wurde. In vielen Handwerksberufen besteht die praktische Prüfung neben dem Erstellen einer Situationsaufgabe in dem Ablegen einer Meisterprüfungsarbeit bzw. dem Anfertigen eines Meisterprüfungsprojekts. Das ist beispielsweise in den Gewerken Stuck oder Fliese der Fall. Meisterprüfungskommission Die Meisterprüfung übernimmt eine staatliche Prüfungsbehörde, der Meisterprüfungsausschuss, der am Sitz der zuständigen Handwerkskammer errichtet wird. Gesetzliche Grundlage ist die Handwerksordnung, §§ 45 – 51. Die Zusammensetzung der Ausschüsse ist in § 48 geregelt. In Berlin erfolgt die Berufung der Mitglieder der Meisterprüfungskommission durch die Senatsverwaltung bzw. die Handwerkskammer. Vorbereitet wird diese Berufung allerdings in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Innungen, am Bau mit der Baugewerks-Innung Berlin. Wer einen Vollzeitlehrgang besucht, hat grundsätzlich Anspruch auf Meister-BAföG zur Förderung des Lebensunterhalts und der Lehrgangs- und Prüfungskosten. Die Mehrheit der Meisterprüflinge absolviert die Prüfungen berufsbegleitend, also in Teilzeit. Auch die Teilzeitkurse sind förderfähig. Das Meister-BAföG ist geregelt nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG). Es regelt für Fachkräfte, die sich zum Meister und geprüften Polier qualifizieren, die Gewährung attraktiver Fördermittel. Erst im Oktober 2015 hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka angekündigt, das Meister-BAföG auszubauen. So soll der Zuschussanteil beim Unterhaltsbeitrag auf 47 Prozent steigen, auch soll ein größerer Teil des Darlehens als bisher bei erfolgreichem Abschluss der Prüfung erlassen werden. Zudem sollen die Zuschläge für Kinderbetreuung erhöht und die Lehrgangs- und Prüfungskosten in größerem Umfang als bisher gefördert werden. Ebenso sollen die regulären Fördersätze steigen. Weiterführende Karriereoptionen Nach der bestandenen Meisterprüfung kann die Fortbildungsprüfung zum „Geprüften Betriebswirt nach der Handwerksordnung“ angestrebt werden, kurz: Betriebswirt/-in (HWO). Bei dieser Prüfung sollen betriebswirtschaftliche Kenntnisse insbesondere für Betriebe mit mehreren Mitarbeitern vertieft werden. Einstufung in den DQR/EQR Mit der Einstufung des Meisters in den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) auf Niveau sechs ist der Meistertitel formal dem Universitätsabschluss Bachelor gleichgestellt und berechtigt damit zu einem Hochschulstudium. Allerdings kann mit dem Meistertitel nicht gleich in ein weiterführendes Studium, sprich: den Master, eingestiegen werden, da es sich bei Bachelor und Meister zwar um „gleichwertige“, nicht aber „gleichartige“ Abschlüsse handelt. Gleichwohl ist mit der Einstufung in den DQR ein wichtiger Schritt hin zur Gleichwertigkeit von akademi- 24 Überblick – Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen Mit dem Meister-BAföG fördert der Bund seit 1996 die Weiterbildung von Handwerkern und Fachkräften. Ein Teil der Förderung wird als Zuschuss gewährt, der andere Teil als Darlehen, das nach Abschluss der Ausbildung getilgt werden muss. Image des Meisters Der Meisterbrief ist ein wichtiges Qualitätssiegel und damit auch ein Marketinginstrument für jeden Betrieb. Deutsche Handwerksmeisterinnen und –meister sind weltweit gefragte Experten. Innerhalb der EU hat die Meisterqualifikation im Rahmen der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie eine angemessene Berücksichtigung erfahren, sodass deutsche Handwerksmeister in der Regel problemlos in der gesamten EU tätig werden können. Darüber hinaus hat Deutschland mit einigen Ländern (Frankreich, Österreich) spezielle Gleichstellungsabkommen abgeschlossen, wodurch die Meisterprüfungen in beiden Ländern wechselseitig anerkannt werden. Konkret Sonderpublikation Wer hilft weiter? Aufstiegsfortbildung Quelle: BFW t t Kontakt: Baugewerks-Innung Berlin Nassauische Str. 15 10717 Berlin Tel.: 030 / 86 00 04 - 15 Fax: 030 / 86 00 04 - 12 E-Mail: [email protected] Internet: www.baugewerks-innung.de Berufsförderungswerk (BFW) der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg gGmbH Das Berufsförderungswerk (BFW) der Fachgemeinschaft Bau ist das überbetriebliche Ausbildungs- und Kompetenzzentrum der Bauwirtschaft in Berlin. Es bildet erfolgreich Jugendliche in insgesamt 14 Bauberufen aus und führt im Auftrag der Kammern die Zwischen-, Gesellen- und Abschlussprüfungen durch. Als anerkannte Ausbildungsstätte finden am Lehrbauhof des Berufsförderungswerks zudem fachliche Weiterbildungen mit Zertifikatsabschluss sowie Vorbereitungslehrgänge, bspw. für den „geprüften Polier“ in verschiedenen Berufen sowie für die Meisterprüfungen statt. Auch die Meisterprüfungen selbst werden hier durchgeführt. Seit 2012 bietet das BFW die nach der bundeseinheitlichen Neuregelung gestaltete Aufstiegsfortbildung in Teilzeit an. Qualifikationsniveau Die Baugewerks-Innung Berlin vertritt als Anstalt öffentlichen Rechts Berliner Bauhandwerksbetriebe der Gewerke Abbruch und Recycling, Abdichtung und Bauwerkstrockenlegung, Brunnen- und Spezialtiefbau, Estrich und Fußbodentechnik, Fliesen, Hochbau, Holzbau, Leitungstiefbau, Straßenbau sowie Stuck und Trockenbau. Zentrales Thema der Baugewerks-Innung Berlin ist die berufliche Aus-, Weiter- und Aufstiegsfortbildung der am Bau Beschäftigten. Dazu arbeitet sie eng mit dem Berufsförderungswerk der Fachgemeinschaft Bau zusammen und ist, ebenso wie das Berufsförderungswerk Bau, Ansprechpartner für Fragen und Belange, die mit der Aus-, der Weiter- und der Aufstiegsfortbildung von Arbeitskräften am Bau in Berlin zusammenhängen. Hochschule Meister- HWK/ Geprüfter Polier Werkpolier Führungsaufgaben Baugewerks-Innung Berlin Vorarbeiter Facharbeiter/Gesellen Kontakt: Berufsförderungswerk der Fachgemeinschaft Bau Belßstraße 12 12277 Berlin Tel. 030 / 723 89-6 E-Mail: [email protected] Internet: www.lehrbauhof-berlin.de Weitere Adressen Handwerkskammer Berlin Geschäftsstelle der Meisterprüfungsausschüsse bei der Handwerkskammer Berlin Blücherstr. 68 10961 Berlin Tel.: 030 / 25 903 – 370/371 Email: [email protected] Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) Mohrenstraße 20/21 10117 Berlin Tel.: +49 30-206190 Fax: +49 30-20619460 (Quellen: Wikipedia, ZDH, Handwerkskammer Berlin) Konkret Sonderpublikation Überblick – Fakten, Hintergrundwissen, hilfreiche Adressen 25 Meister im Handwerk: Getragen vom ehrenamtlichen Engagement vieler Unternehmer „Die Ausbildung junger Menschen macht mir Spaß. Über die Liebe zur Ausbildung bin ich zu der Arbeit in den Prüfungsausschüssen – sowohl dem Gesellen- als auch dem Meisterprüfungsausschuss – gekommen. Hier habe ich frischen Wind reingebracht und dazu beigetragen, dass die Prüfungsaufgaben überarbeitet wurden. Sich in dieser Art einzubringen und durch seine Arbeit ein Stück weit auch mit definieren zu können, wie die Gesellen- und Meisterprüfungen im Bereich Fliese aussehen, motiviert mich.“ Karsten Kofeld, Kofeld Fliesen Bau und Handel GmbH, Gesellen- und Meisterprüfer im Bereich Fliese „Sich ehrenamtlich zu engagieren ist eine Pflicht, die sich aus der Tradition heraus ergibt. Ich bin Leiter der Fachgruppe Fliese der Fachgemeinschaft Bau und sehe es daher nur als konsequent an, mich auch in die Aus- und Weiterbildung unserer Fachkräfte einzubringen. Es war ein Fehler, dass 2004 mit der Novelle der HWO die Meisterpflicht im Fliesenlegergewerk abgeschafft wurde. Daraus ist unserem Handwerk ein immenser wirtschaftlicher Schaden entstanden. Ich engagiere mich nicht zuletzt auch deshalb ehrenamtlich, um dazu beizutragen, das Fliesenlegerhandwerk aufrecht zu erhalten. In diesem Jahr hatten wir ungewöhnlich viele junge Leute, die die praktische Meisterprüfung im Fliesenlegerhandwerk absolviert haben. Ich bin froh, dass es so vielen Menschen noch wichtig ist, ihren Meister zu machen, obwohl sie das rein rechtlich nicht müssten. Da zeigt sich, dass der Meister nach wie vor einen hohen Stellenwert hat.“ Peter Zille, Peter Zille Fliesenverlegung und Verkauf, Meisterprüfer und Fachgruppenleiter im Bereich Fliese „Ob Geselle oder Meister: Wir brauchen dringend Nachwuchs! Daher ist es unsere Aufgabe, ausund weiterzubilden. Wir müssen aber auch für eine entsprechende Qualität in der Aus- und Weiterbildung sorgen. Deshalb engagiere ich mich im Meisterprüfungsausschuss. Jeden Prüfling nehmen wir unter die Lupe und stellen uns letztendlich die Frage: Würdest du dir von dem Prüfling dein Haus bauen lassen? Lautet die Antwort ja, dann hat er seine Sache gut gemacht. Das Schöne an meinem Engagement ist, dass man sich und seine eigenen Qualitätsvorstellungen auch einbringen kann. Der zeitliche Aufwand dafür ist überschaubar. Und wer, wenn nicht wir Unternehmer und Handwerker, kann eine solche Arbeit leisten?“ Andreas Kmieciak, Baugeschäft Kmieciak & Sohn GmbH; Meisterprüfer im Bereich Maurer- und Betonbau „Ich engagiere mich im Meisterprüfungsausschuss des Straßenbau-Handwerks, weil ich es wichtig finde, zum Qualitätserhalt der Prüfungen beizutragen. Als erfahrene Straßenbauer können meine Kollegen und ich unser Wissen und unsere Erfahrungen einbringen. Wir als Unternehmer tragen die Verantwortung dafür, dass unser Handwerk weiterbesteht. Die unabdingbare Voraussetzung dafür sind Nachwuchsfachkräfte, die gute, hochwertige Arbeit abliefern. Der Meistertitel ist ein Qualitätsversprechen an unsere Kunden, zu dessen Einhaltung ich durch mein Engagement beitrage.“ Günther Blaese, Meisterprüfer im Straßenbau-Handwerk 26 Konkret Sonderpublikation Impressionen Meisterprüfungen 2015 Konkret Sonderpublikation 27 Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e. V. Nassauische Straße 15 10717 Berlin www.fg-bau.de