komponenten̘test

Transcrição

komponenten̘test
KOMPONENTEN̘TEST
22
TOUR 2 | 2009
Beinharte Auslese
Mi Einführung
Mit
Ei füh
der
d Elffach-Schaltung
Elff h S h l
gelang
l
Campagnolo
C
l di
die Ü
Überraschung
b
h
fü
für
das Komponentenjahr 2009, aber auch das Design der neuen Hebel macht Furore. Kann
Shimano den Italienern mit der neuen Dura-Ace weiterhin die Stirn bieten, und ist die
SRAM Red im neuen Umfeld noch konkurrenzfähig? Drei von vielen spannenden Fragen,
die wir im größten und aufwendigsten Komponententest der Rennrad-Szene klären
2 | 2009 TOUR
23
KOMPONENTEN̘TEST
ǺǫǾǺ Jens Klötzer ǬǵǺǵǹ Markus Greber
24
TOUR 2 | 2009
KRAUS
K
lack! Was war denn das? Ein Schaltvorgang – bei einem gut funktionierenden Rennrad neben dem Freilauf
das einzige mechanische Geräusch, das
man während der Fahrt hören möchte.
Rasselnde Kette, schleifender Umwerfer,
knackende Lager: Solche Geräusche dagegen rauben die Freude am
Fahren, auch wenn sie noch
DZǻǸȀ ǥ DZǴǧǶǶ
so leise sind. Zudem sind sie
Im Wettbewerb um die beste Kompo- hörbare Zeichen für fehlende
nentengruppe teilen sich die beiden
Genauigkeit und erhöhten
neuen Top-Ensembles Shimano
Verschleiß. Zum perfekten
„Dura-Ace“ und Campagnolo „Super
Renner gehört nicht zuletzt
Record“ diesmal den Sieg, knapp ge- das reibungslose Zusammenfolgt von der SRAM „Red“. Die Platspiel seiner Einzelteile, auf das
zierung erarbeiten sich die High-End- sich der Fahrer verlassen könGruppen jedoch mit Stärken in ganz
nen muss; der Charakter des
unterschiedlichen Bereichen. Bei den
Rades wird von seinen Komunteren Gruppen hat Campagnolo
ponenten maßgeblich geprägt.
mit den modernisierten Gruppen
Der Antrieb erhebt dabei den
„Chorus“ und „Centaur“ leicht die
höchsten mechanischen AnNase vorn; Shimano wirkt hier inspruch: Carbon, Aluminium
zwischen optisch etwas überholt, hat und Titan sind die Zutaten für
aber kaum technische Schwächen und Präzision, anspruchsvollen
das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Leichtbau und Ästhetik.
Seit der amerikanische
Hersteller SRAM mit seinen
Rennradkomponenten beachtliche Erfolge erzielen konnte, rauchten die Köpfe in
den Entwicklungszentren in Italien
und Japan. Und nicht nur
deshalb: Neue Anbieter
wie Microshift zeigten auf
den jüngsten Messen interessante Komponenten; FSA bestätigte, ebenfalls an einer kompletten Schaltgruppe zu arbeiten,
die demnächst mit den Top-Gruppen der
etablierten Hersteller konkurrieren soll.
So gesehen traten die Platzhirsche zur
rechten Zeit auf den Plan:
Shimano stellte im vergangenen Jahr die neue
Generation der „DuraAce“ mit vielen technischen Neuerungen
(und einer elektronischen Variante) vor
und kündigte für die Folge auch eine neue
„Ultegra“ und „105“ an. Campagnolo
dünnte seine Produktpalette aus und
überarbeitete sie in der Breite. Für
die drei höchsten Baureihen wurde eine ElffachSchaltung
eingeführt,
und alle Gruppen bekamen neue Hebel,
während andere Teile wie Kurbeln und
Bremsen nur geringfügig oder gar nicht
modifiziert wurden. Dazu wurde der geDrillinge: Alle Campagnolo-Hebel profitieren
schichtsträchtige Name „Super Record“
von der neuen Formensprache und sind auf den
wieder zum Leben erweckt. SRAM hält
ersten Blick kaum zu unterscheiden. Centaur hat
sich mit großen Veränderungen zurück;
weiterhin zehn Gänge, ab Chorus gibt’s elf
Jens Klötzer, TOUR-Testredakteur
̔Die reduzierte, robuste
Technik und der gelungene Leichtbau der
SRAM Red sind immer
noch überzeugende
Kaufargumente. Wollen
die Amerikaner mit den
neuesten Produkten
mithalten, müssen aber
ein paar Schwächen
eliminiert werden.̓
die „Red“ markiert weiterhin die Spitze,
„Force“ und „Rival“ bekamen ein Facelift
und zeigen sich besser verarbeitet.
An einer Tradition werden die drei
Wettbewerber aber wohl immer festhalten: an ihrer eigenen, unverwechselbaren
Schaltlogik. So wird weiterhin heftig über
Anordnung und Funktion der Schalthebel
diskutiert. Mehr als bei allen anderen
Komponenten wird die Entscheidung
hierbei zur Geschmackssache; was sich am
besten anfühlt, ist eine Frage persönlicher
Vorlieben. Mit einer Tradition freilich
bricht Shimano: Man führt die Schaltzüge
nicht mehr in freien Bögen vor dem Lenker, sondern wie die Konkurrenz unter
dem Lenkerband am Lenker entlang. Das
Argument höherer Schaltpräzision für die
frei verlaufenden Kabel hat Shimano
schon im Einzeltest der Dura-Ace (TOUR
9/08) entkräftet, während andererseits
für notorische Shimano-Verweigerer ein
Grund zur Ablehnung entfällt. Außerdem
beginnt Shimano, wenn auch zaghaft,
Carbon zu verwenden, was die Japaner
bislang mieden. Unverändert hingegen
präsentieren sich die perfekte Metallverarbeitung und das tadellose Schaltverhalten der neuen Dura-Ace.
Campagnolo schwört inzwischen auf
Carbon, es gibt nur noch wenige Kompo-
KRAUS
Asymmetrie: Shimanos neue Dura-Ace-Kette hat
eine Innen- und eine Außenseite (mit Schriftgravur)
̔Shimano hat seine
Stärken mit der
neuen Dura-Ace weiter
ausgebaut, das
Schaltverhalten ist
unübertroffen. Der
optische Eindruck ist
hervorragend, die
Ergonomie der neuen
Hebel finde ich
dagegen nicht ganz
so gut.̓
Matthias Borchers, TOUR-Testredakteur
nenten, an denen das Material nicht verbaut ist. Dabei gilt: Je höherwertig die
Gruppe, desto mehr teure Materialien
verwenden die Italiener. Der Schritt, die
Gruppen „Super Record“, „Record“ und
„Chorus“ mit einer Elffach-Schaltung
Die Testergebnisse in Gesamtnoten
HERSTELLER
CAMPAGNOLO
Modell
Super
Record
1.620 Euro
2,0
1,6
1,7
1,2
1,6
Preise*
Note Bremse
Note Schaltgriffe
Note Schaltwerk
Note Kurbeln
Gesamtnote**
SHIMANO
SRAM
Chorus
Centaur
Dura-Ace
Ultegra SL
105
Red
Force
Rival
950 Euro
2,3
1,8
1,9
1,4
1,9
651 Euro
2,3
1,8
2,2
2,2
2,1
1.200 Euro
1,9
2,0
1,2
1,2
1,6
540 Euro
2,2
1,9
1,8
2,0
2,0
420 Euro
2,4
2,1
2,2
2,0
2,2
1.290 Euro
1,8
1,6
1,5
2,0
1,7
970 Euro
2,0
2,1
2,3
2,6
2,2
660 Euro
2,0
2,2
2,4
2,8
2,4
*Preise sind Zirka-Preise am Markt. **Die besten (grün) und schlechtesten Einzelnoten (rot) sind hervorgehoben. Die Teilnoten gehen mit jeweils 25 Prozent in die Gesamtnote ein und werden auf eine Stelle hinterm Komma gerundet angegeben. Für die Berechnung der Gesamtnote sind jedoch zwei Stellen hinterm Komma maßgeblich.
Die Einzelgewichte der Komponenten
HERSTELLER
Modell
Bremse vorne
Bremse hinten
Schaltbremshebel
Schaltwerk
Umwerfer
Kurbelsatz*
Zahnkranzkassette
Kette
Summe**
CAMPAGNOLO
Super
Record
150 g
126 g
330 g
173 g
71 g
704 g
188 g
245 g
1.986 g
Chorus
171 g
157 g
350 g
192 g
76 g
744 g
266 g
258 g
2.214 g
SHIMANO
Centaur
176 g
159 g
349 g
227 g
101 g
765 g
286 g
261 g
2.323 g
Dura-Ace
Ultegra SL
149 g
146 g
367 g
166 g
78 g
741 g
185 g
278 g
2.110 g
162 g
160 g
448 g
201 g
90 g
712 g
249 g
277 g
2.299 g
SRAM
105
180 g
176 g
491 g
221 g
88 g
879 g
241 g
276 g
2.550 g
Red
140 g
135 g
290 g
145 g
71 g
761 g
169 g
258 g
1.969 g
Force
139 g
138 g
316 g
175 g
87 g
813 g
235 g
261 g
2.164 g
Rival
147 g
140 g
326 g
186 g
87 g
850 g
235 g
282 g
2.253 g
*Inklusive Innenlager. **Die einzelnen Gewichtsangaben sind gerundet. Die Summe ergibt sich aus den auf eine Stelle hinterm Komma genau gemessenen Einzelgewichten.
Spezifikationen: Ritzel: 12–25 Zähne („Red“: 11–26), Kurbel: 172,5 mm, 53/39 Zähne, Umwerfer 2-fach für Sockel
2 | 2009 TOUR
25
auszustatten, hat in der Szene Wirbel gemacht; die Frage nach dem Warum beantworten die Italiener mit der Gegenfrage
„Warum nicht?“. Nach leichten Schaltproblemen der ersten Testgruppe (siehe
TOUR 10/08) funktionieren die Schaltungen inzwischen fehlerlos. Der zweite
große Entwicklungssprung vollzog sich an
den Schaltbremsgriffen: Die ausgefeilte
Form von Hebel und Griffkörper bietet
neuen Stoff für die Ergonomie-Debatte.
Nachdem SRAM mit der Red der
Einstieg in die Oberliga gelungen ist, betreiben die Amerikaner für 2009 Modellpflege. SRAM setzt weiter auf reduziertes
Design, kompromisslosen Leichtbau und
simple Bedienung, punktet mit robuster,
leichter Schaltmechanik. Die ursprünglich signifikanten Verarbeitungsmängel bei den unteren Gruppen
sind deutlich verbessert, wenn
auch nicht ganz behoben.
Der Wettbewerb der
Komponentenhersteller
bleibt spannend. Die
jüngste
Dura-AceGeneration Shimanos
kann, exzellent verarbeitet und mit perfektem
Schaltverhalten, den Angriff der italienischen Konkurrenz kontern. Campagnolos
Entwicklungsarbeit zahlt sich aber
erkennbar aus: Super Record und DuraAce liegen gleichauf, während Shimanos
Dauerläufer Ultegra und 105 im Vergleich
zu den neuen Chorus- und CentaurGruppen leicht überholt aussehen. Letztere beiden sind dafür deutlich teurer in der
Anschaffung; ähnlich sieht es bei den Einsteigergruppen von SRAM aus, welche auf
dem Markt schon deutlich günstiger ange-
Elferrad: Bei
Campagnolos „Super Record“ sind
nur noch die fünf kleinsten Ritzel aus Stahl,
die Mehrheit besteht aus Titan
Die Gesamtgewichte der Top-Gruppen
3.000
0
26
TOUR 2 | 2009
SHIMANO 105
SHIMANO Ultegra SL
500
2.253
2.387
CAMPAGNOLO Centaur
1.000
2.214
CAMPAGNOLO Chorus
CAMPAGNOLO Super Record
1.500
2.164
SRAM Force
1.986
SHIMANO Dura Ace
1.969
SRAM Red
Gramm
2.000
2.110
2.323
SRAM Rival
2.550
2.500
KRAUS
KOMPONENTEN̘TEST
Manuel Jekel, TOUR-Testredakteur
̔Die Elffach-Schaltung
ist inzwischen ausgereift
und funktioniert perfekt, an der Nützlichkeit
zweifle ich nicht. Auch
bei den neuen Hebeln
geht die Entwicklung
bei Campagnolo in die
richtige Richtung.̓
boten werden als der Hersteller empfiehlt.
Sieht man von der Super Record einmal
ab, bewegen sich die Top-Gruppen preislich auf vergleichbarem Niveau. Knapp
auf dem dritten Platz lauert SRAM mit der
Red, beschreitet interessante eigene Wege
und bleibt beim Gewicht weiterhin das
Maß der Dinge. Ausruhen darf sich die
US-Firma dennoch nicht: Sie selbst hat
dazu beigetragen, das Entwicklungstempo
für Rennrad-Komponenten zu beschleunigen, und die Mitbewerber haben die
Herausforderung angenommen.
Enge Abstände: Campagnolo kann die Bestmarke
von SRAM beim Gewicht nicht knacken, rückt aber
gefährlich nahe, dahinter folgt Shimano. Das gleiche Bild auch bei den unteren Gruppen, Shimanos
105 hat es deutlich schwerer, sich zu behaupten
ǹǵ ǺǫǹǺǫǺ ǺǵǻǸ
Die Bewertungen im Komponententest von TOUR sind dynamisch. Es erhält der Wettbewerber, der in
der jeweiligen Disziplin am besten abschneidet, die Note 1,0. Schlechtere Ergebnisse werden entsprechend
abgewertet. Der Test ist mit den Ergebnissen des vergangenen Jahres daher nicht direkt vergleichbar,
da gleiche Komponenten durch neue Maßstäbe zum Teil anders bewertet wurden.
Härte von Kettenblättern
und Ritzeln
BORCHERS
Mit einer Härteprüfmaschine, die eine Diamantspitze in das Material
drückt, wurden alle Zahnräder getestet. Die ermittelten Härten
(nach Vickers) sind ein Indiz für die Verschleißfestigkeit der verwendeten Legierungen und Oberflächen – und damit ein Maß für die
Qualität der Kettenblätter.
Bremsen
Labortest auf dem TOUR-Bremsenprüfstand. Gemessen wurden
erreichbare Bremskräfte bei Trockenheit und Nässe bei einer
konstanten Handkraft von 90 Newton mit der Vorderradbremse auf
einer Aluminiumfelge. Zusätzlich wurde die Standfestigkeit mit
sechs Sekunden langen Dauerbremsungen erprobt, die einer Vollbremsung aus hohen Geschwindigkeiten entsprechen. Dabei wurde eine
Bremskraft von 400 Newton aufrecht erhalten und die erforderlichen
Handkräfte gemessen. Aufgezeichnet wurde dabei auch die Dosierbarkeit, die vom gesamten Übertragungsweg – insbesondere dem
Seilzug – abhängt. Um den Einfluss der Beläge zu isolieren, wurden
alle Bremsen zusätzlich mit einheitlichen Belägen von Kool Stop
getestet. Zusätzlich zu den Labortests flossen Erkenntnisse aus der
Dauertestpraxis in die Bewertung ein.
ZEDLER ̌2̍
Tretlagersteifigkeit
Die Nachgiebigkeit der Kurbeln wird im simulierten Wiegetritt getestet. Dazu wurden die Kurbeln mit den zugehörigen Lagern montiert.
Die Kurbel steht – entgegen der Abbildung – 45 Grad aus der Horizontalen nach unten und um zehn
Grad zur Seite geneigt und wird mit
einem Gewicht von 80 Kilogramm
belastet. Die Ausweichbewegung
der Kurbel wurde für beide Seiten getrennt erfasst und in eine
Biegesteifigkeit umgerechnet. Zur
Beurteilung wurde der Mittelwert
von Antriebsseite und linker Kurbel
gebildet. Bauartbedingt ist die in
Fahrtrichtung linke Kurbelseite
nachgiebiger, da die Tretkraft über
die (nachgiebige) Welle auf den
rechten Kurbelstern übertragen
werden muss.
Schaltwerksreibung
Federspannung und innere Reibung der Schaltwerke wurden mit Kraftmessdosen erfasst. Der elektronische „Fingerabdruck“ des Schaltwerks
offenbart, wie gut die Schaltwerke gelagert sind, wie viel Kraft zum
Schalten benötigt wird, und wie hoch die für den Dauerbetrieb wichtigen Rückstellkräfte sind. Die Bowdenzüge wurden mit dem gleichen
Testaufbau getestet. Das Schaltverhalten wurde auf der Grundlage von
Fahreindrücken bewertet.
Dauertest-Erfahrung
Zu allen Komponenten liegen TOUR umfangreiche Praxiserfahrungen
vor. Diese sind zwar nicht unter exakt reproduzierbaren Bedingungen
gesammelt worden, aber dennoch geeignet, die Labortests zu ergänzen. Subjektive Bewertungen wie „Ergonomie“ beruhen auf den
Urteilen der einzelnen Tester.
Griffgeometrie
Schaltwege und Griffweiten der Bremsschaltgriffe wurden vermessen,
ebenso die Übersetzung der Bremshebel. Kurze Schaltwege werden
besser bewertet als lange.
2 | 2009 TOUR
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KOMPONENTEN̘TEST | SCHALTBREMSGHEBEL
Hebelwirkung
Die Kommandozentrale: Schalten und Bremsen mit einer mechanischen Einheit,
auf der die meiste Zeit auch die Hände Halt finden. Hier ist die Herausforderung,
Funktion und Ergonomie auf einen Nenner zu bringen, besonders groß
C
ampagnolo hat diesem Thema besondere
Aufmerksamkeit gewidmet – mit Erfolg: Nach
Meinung aller Tester ist die Form der Griffkörper
und Hebel ein echter Fortschritt. Einzig der
Daumen-hebel ist in Unterlenkerhaltung immer
noch weit weg. Die Ergopower-Hebel sind von
Super Record bis Centaur äußerlich fast identisch.
Im Inneren bewirken andere Materialien und bessere Lagerungen feine Unterschiede; die Centaur
offenbart einen weniger ausgeprägten Druckpunkt
am Schalthebel. Sie verfügt noch über zehn statt
elf Gänge und wird damit auch als Aufrüstung
für ältere Zehnfach-Gruppen interessant. Die
Montage der neuen Ergopower-Hebel erweist
sich allerdings als fummelig: Die TorxSchraube aus Aluminium steckt weit unter
dem Gummiüberzug, der Zugang wird
durch den Griffkörper zusätzlich
erschwert. Am besten benutzt
man für die Montage einen
langen Torx-Schlüssel. Alle
drei Gruppen bekamen die
neuen Züge mit deutlich weniger Reibung.
Bei Shimano markiert der Dura-Ace-Hebel eine
neue Entwicklungsstufe. Die Züge sind jetzt
am Lenker versteckt, gleichzeitig wanderte
die Mechanik vom Hebel ins Griffgehäuse.
Der Griffkörper ist dicker geworden, der
vorher deutlich ausgeprägte Höcker ist fast
Rückschritt: Die Ergonomie des neuen
Dura-Ace-Hebels hat sich nach Meinung
der Tester verschlechtert
verschwunden, und die Shimano-Hebel verlieren
etwas an Profil. Das Design hat Ähnlichkeit mit
SRAM, die Griffweite lässt sich nun auch bei
Shimano einstellen. Für die Montage der Hebel gibt
es Abzüge: Die unter dem Griffgummi versteckte
Befestigungsschraube ist schlechter erreichbar
als früher durch den genialen Kanal an der Seite
des Griffkörpers. Die von einer Zwei-MillimeterSchraube gehaltene Plastikabdeckung vor den Zugkanälen ist eine – wenn auch kleine – Zumutung.
SRAM baut für die Red weiterhin die leichtesten
Hebel. Die Schaltwege des simplen Double-TapPrinzips sind kurz, auch das satte Schaltgeräusch
finden viele Tester gut. Dafür liegen die Griffkörper
nicht so gut in der Hand; in Kombination
mit bestimmten Lenkern führt der
unharmonische Übergang am Hebel
dazu, dass die Hände während der
Fahrt einschlafen. Montage und
Einstellung sind dafür erfreulich einfach.
Fortschritt: Neben dem Griffkörper
hat Campa auch den Bremshebel handfreundlicher gestaltet. Der innere Daumenhebel zum Raufschalten ist aber
noch immer ein kleiner Schwachpunkt
Bewertung Schaltbremsgriffe
HERSTELLER
CAMPAGNOLO
Modell
Super
Record
Chorus
SHIMANO
Centaur
Dura-Ace
Ultegra SL
SRAM
105
Red
Force
Rival
Preis
300 Euro
210 Euro
176 Euro
343 Euro
190 Euro
140 Euro
370 Euro
340 Euro
240 Euro
Gewicht
BEWERTUNG
Ergonomie*
Gewicht
Hebelwege runter**
Hebelwege rauf**
Verarbeitung
Einstellung/Wartung
Gesamtnote***
330 g
350 g
349 g
367 g
448 g
491 g
290 g
316 g
326 g
1,5
1,7
2,7
1,0
1,5
1,5
1,6
1,5
2,0
2,7
1,0
2,0
1,5
1,8
1,5
2,0
2,7
1,0
2,0
1,5
1,8
2,0
2,0
1,0
3,0
1,0
2,5
2,0
1,5
3,3
1,0
2,3
1,0
2,0
1,9
1,5
4,0
1,0
2,3
1,0
2,0
2,1
2,5
1,0
1,3
1,3
1,5
1,0
1,6
2,5
1,3
2,7
1,7
2,5
1,5
2,1
2,5
1,7
2,7
1,7
3,0
1,5
2,2
*Bewertet die Griffposition. **Bewertet, wie weit man den Schalthebel zum Rauf- bzw. Runterschalten drücken muss. ***Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein:
Ergonomie 30 %, Gewicht 20 %, Hebelweg runter und rauf je 15 %, Verarbeitung und Einstellung je 10 %.
28
TOUR 2 | 2009
SCHALTWERK | KOMPONENTEN̘TEST
Wechselzone
Das perfekte Zusammenspiel von Schaltwerk, Ritzel und Kette ist die
komplexeste Aufgabe für die Hersteller – und der deutlichste Beleg für
hohe Produktqualität
I
nsgesamt ist das Schaltverhalten moderner Rennradgetriebe gut, Fehlfunktionen oder größere
Ungenauigkeiten sucht man vergebens. Dennoch
kann sich Shimano einen kleinen Vorsprung
herausarbeiten: Das Schaltverhalten
wurde bei der Dura-Ace noch einmal
verbessert – und ist nach Meinung
aller TOUR-Tester das beste im Test.
Zum ausgefeilten Zusammenspiel der
einzelnen Teile trägt mutmaßlich auch
die neue, asymmetrische Kette bei, die
eine festgelegte Innen- und Außenseite
hat und entsprechend montiert werden muss.
Der Schaltwerkskäfig der Dura-Ace besteht jetzt aus
Carbon, die Rollen drehen sich um gedichtete Rillenkugellager. Ultegra SL und 105 verrichten gewohnt
gut und unauffällig ihren Dienst.
Wer aufs Gewicht achtet, bekommt bei SRAM weiterhin die leichteste Schaltung; auch die aus einem
Stück gefräste Stahlkassette bleibt unerreicht leicht.
Die Red begeistert ihre Nutzer außerdem mit sehr
guter Verarbeitung und knackigen Gangwechseln.
Beim Schaltwerk fällt die Qualität bei Force und
Rival deutlicher ab als bei anderen Bauteilen, das
Rival-Schaltwerk weist schon im Neuzustand an den
Lagerungspunkten deutliches Spiel auf.
Campagnolos neue Edelschaltung Super Record
spricht Technik-Fans durch viel Carbon, Kleinteile
aus Titan und Rollen mit Keramiklagern an. Bei
den preiswerteren Gruppen werden die teuren
Materialien sparsamer verwendet, Schaltverhalten
und Verarbeitung stehen der Top-Variante
aber kaum nach. Die elf Gänge bei Super
Record, Record und Chorus bieten bei der
Wahl der Übersetzung kleine neue Freiheiten, breit abgestufte Kassetten
fehlen jedoch im Angebot. So
erreicht man mit dem zusätzlichen
Gang eine bessere Feinabstufung,
echte Bergritzel bietet Campagnolo
aber nicht an. Im Praxistest erwies sich
die Campa-Kette nicht ganz so kletterfreudig wie die Konkurrenz: Der Sprung
auf größere Ritzel erforderte manchmal
etwas Nachdrücken am Schalthebel. Die ElffachKette darf laut Bedienungsanleitung nur an einer
markierten Stelle von innen mit einem bestimmten
Verbindungsglied und einem sehr teuren Nietdrücker vernietet werden. SRAM legt allen Ketten ein
Kettenschloss bei.
Schwarz: Viel Carbon
bestimmt den Auftritt des
Super-Record-Schaltwerks.
Das obere Schaltröllchen
dreht sich jetzt um keramische Lager (Bild Mitte)
Leicht: Das
SRAM-RedSchaltwerk ist
durchdachter und
konsequenter Leichtbau
– und darin weiterhin top
Edel: Shimanos Schaltwerk
begeistert mit solider
Verarbeitung bis ins kleinste
Detail, der Käfig aus Carbon
spart überflüssige Gramm
Bewertung Schaltwerk
HERSTELLER
Modell
CAMPAGNOLO
Super
Record
Chorus
Centaur
SHIMANO
Preis
263 Euro
155 Euro
80 Euro
140 Euro
49 Euro
34 Euro
213 Euro
90 Euro
60 Euro
Gewicht
BEWERTUNG
Schaltverhalten*
Gewicht
Züge
Ritzelhärte
Verarbeitung
Rollen
Reibung**
Rückstellkraft***
Gesamtnote****
173 g
192 g
227 g
166 g
201 g
221 g
145 g
175 g
186 g
1,5
2,0
1,0
2,0
1,5
1
3,0
3,7
1,7
1,5
2,7
1,0
1,0
1,5
3
3,0
4,0
1,9
1,5
4,0
1,0
1,0
2
3
3,7
4,0
2,2
1
1,7
1,0
1,7
1
1,5
1,3
1,0
1,2
1,5
3,0
1,0
1,0
1,5
2,5
2,3
2,0
1,8
2
3,7
1,0
1,7
2
3
1,7
2,0
2,2
1,5
1,0
2,0
1,7
1
1
1,0
4,0
1,5
2
2,0
3,0
1,7
3
2
1,3
4,0
2,3
2,0
1,7
3,5
1,7
4
2,0
1,3
2,3
2,4
Dura-Ace
Ultegra SL
SRAM
105
Red
Force
Rival
*Bezieht Griff, Kette und Ritzel mit ein. **Systemreibung (Gelenke, Schaltwerksfeder). ***Wirksame Federkraft im Schaltwerk zum Einholen des Schaltzugs. ****Darin fließen die Einzelnoten
zu folgenden Anteilen ein: Schaltverhalten 30 %, Gewicht 20 %, Züge 15 %, Ritzelhärte und Verarbeitung je 10 %, Rollen, Reibung und Rückstellkraft je 5 %.
2 | 2009 TOUR
29
KOMPONENTEN̘TEST | BREMSEN
Haltevorrichtung
Das Funktionsprinzip der Felgenbremse ist eigentlich antiquiert, doch die TopModelle überzeugen mit hoher Bremsleistung – mit den richtigen Belägen
A
Schwächen bei Nässe: Im
Vergleich zur Vorgängerin bieten
die Beläge der neuen Dura-Ace eine
schlechtere Performance, besonders
wenn Wasser ins Spiel kommt
uch unser aktueller Bremsentest bestätigt:
Die Bremsleistung hängt weniger von der
Konstruktion der Bremszange als von der Wahl
der Beläge und deren Zusammenspiel mit
der verwendeten Felge ab. Wir haben
deshalb alle Bremsen sowohl mit ihrem
Serienbremsbelag als auch mit einem
Nachrüst-Belag von Kool Stop getestet – im Trockenen und Nassen.
Den meisten Biss haben Beläge
von Shimano und SRAM, die Testergebnisse bewegen sich hier auf
vergleichbar hohem Niveau.
Die neuen ShimanoBeläge „R55 C3“, die
an der Dura-Ace
erstmals zum Einsatz
kommen, sollten nach
Meinung des Herstellers
vor allem bei Nässe besser
bremsen. In unserem Testaufbau stellen
die Beläge der Vorgängergruppe aber weiterhin
die Referenz, sie bauten bei Nässe auf der gleichen
Bremse mehr Bremsleistung auf.
Der deutliche Leistungsunterschied der
Campagnolo-Bremsen aus dem Labortest ist in der
Praxis nicht so deutlich spürbar – im Gegenteil:
Shimano-Bremsen sind einigen Fahrern zu „giftig“.
Dank der neuen Ergopower-Hebel lässt sich die
Handkraft in der Bremsgriffhaltung effizienter
aufbringen und dosieren, Leistung ist in allen Fällen
ausreichend vorhanden. Wer den Bremsen dennoch
mehr Biss verleihen will, kann mit Austauschbelägen – zum Beispiel den getesteten Exemplaren
von Kool Stop – auch aus den Campa-Bremsen noch
einiges an Bremsleistung herausholen.
Alle Bremsen lassen sich problemlos montieren
und justieren, auch der Anstellwinkel der Beläge
ist einstellbar. Bei den Gruppen Force und Rival
verzichtet SRAM lediglich auf die Feineinstellung
zur Zentrierung der Bremsen; bei Campas
Bremsen der Super Record und Chorus
ist zur Justage der Beläge ein TorxSchlüssel notwendig.
Leichteste Bremse: Die
SRAM Red paart geringes
Gewicht mit guter Leistung
und Dosierbarkeit
Bewertung Bremsen
HERSTELLER
CAMPAGNOLO
Modell
Super
Record
Chorus
Centaur
SHIMANO
Preis
214 Euro
148 Euro
91 Euro
210 Euro
85 Euro
50 Euro
200 Euro
155 Euro
78 Euro
Gewicht
276 g
328 g
334 g
295 g
321 g
356 g
275 g
277 g
287 g
1,0
2,7
3,7
2,3
1,0
1,5
2,0
2,0
2,7
2,7
3,3
2,3
1,0
2,0
2,0
2,3
2,7
2,7
3,3
2,0
1,0
2,0
1,5
2,3
1,7
1,3
3,0
2,0
3,0
1,0
1,0
1,9
2,3
1,7
1,7
3,7
3,0
1,5
1,0
2,2
3,3
1,7
2,7
2,0
3,0
2,0
1,0
2,4
1,0
1,3
3,0
1,3
3,0
1,5
1,0
1,8
1,0
1,0
3,3
1,7
3,0
2,0
2,0
2,0
1,3
1,7
3,3
1,0
3,0
2,0
2,0
2,0
Dura-Ace
Ultegra SL
SRAM
105
Red
Force
Rival
BEWERTUNG
Gewicht
Bremskraft trocken
Bremskraft nass
Dosierbarkeit
Felgenverschleiß
Verarbeitung
Einstellung
Gesamtnote*
*Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Gewicht 20 %, Bremskräfte, Dosierbarkeit, Felgenverschleiß je 15 %, Verarbeitung und Einstellung je 10 %
30
TOUR 2 | 2009
TRETLAGER | KOMPONENTEN̘TEST
Zentralgestirn
Blickfang, Visitenkarte und Leistungsmittelpunkt am Renner
sind Tretlager und Kurbeln – am auffälligsten zu sehen an Shimanos
völlig neu gestalteter Dura-Ace-Kurbel
B
ei der zentralen Antriebseinheit hat sich im Vergleich zu den anderen Komponenten zumindest
aus technischer Sicht weniger getan, sieht man von
der Entwicklung integrierter Lagersysteme einmal
ab. SRAM hat in dieser Disziplin beim Gewicht
ausnahmsweise nicht die Nase vorn: Die Kurbelsätze
von Campagnolo sind weiterhin die leichtesten,
auch wenn die Italiener nur wenig an den Carbonkonstruktionen geändert haben. Bei der Top-Gruppe
Super Record dreht sich die Kurbel jetzt auch um
keramische Lager, wodurch noch einmal Gewicht
gespart wurde. Die Kurbeln der verschiedenen
Gruppen – allesamt aus Carbon – sind wie die
Schalthebel von Campa auf den ersten Blick kaum
zu unterscheiden. Die Kettenblätter der ElffachGruppen schneiden beim Test der Materialhärte
sehr gut ab, die Pendants der Centaur-Kurbel fallen
dagegen deutlich ab.
Bei den Kurbeln der neuen Dura-Ace setzt Shimano
weiter auf Aluminium – und zeigt eindrucksvoll,
was man aus dem Material noch rausholen kann.
Zwar kann sie im Gewicht nicht ganz mit der Super
Record mithalten, punktet aber mit guten Steifigkeitswerten, bester Verarbeitung und sehr hochwertigen Kettenblättern. Das große Kettenblatt, aus
zwei Teilen verklebt und innen hohl, dürfte als Verschleißteil allerdings nicht billig sein. Übrigens hat
Shimano die Einzelteile des Antriebs so aufeinander
abgestimmt, dass die Trimmfunktion für den vorderen Umwerfer überflüssig geworden ist. Bei präziser
Justage streift
die Kette in
keinem Gang.
SRAM erreicht
das von Campagnolo
und Shimano vorgelegte
Niveau in dieser Disziplin nicht
ganz, vor allem bei Gewicht und
Härte der Kettenblätter verliert die Red
Punkte. Als dringend verbesserungswürdig
empfanden die Tester bei allen drei SRAM-Gruppen
die Bedienung des vorderen Umwerfers, der sich
bei Rival und Force nur auf dem kleinen, bei Red
nur auf dem großen Kettenblatt trimmen lässt.
Dadurch schleift die Kette schon bei mäßigem
Kettenschräglauf, in Kombination mit einer
Kompaktkurbel wird das zum echten Nachteil.
SRAM bietet bei der Red-Kurbel als einziger der
drei Hersteller auch eine BB30-Version an.
Dauerbrenner: Die nur in
Details überarbeiteten Carbonkurbeln von Campagnolo
markieren weiterhin den Stand
der Technik. Die Super Record
dreht sich um Keramiklager
Glanzstück: Die
aufwendig gearbeitete Dura-Ace
bietet für eine Aluminiumkurbel hervorragende technische Werte
Bewertung Tretlager
HERSTELLER
CAMPAGNOLO
Modell
Super
Record
508 Euro
704 g
Chorus
Centaur
Dura-Ace
Ultegra SL
105
Red
Force
Rival
305 Euro
744 g
225 Euro
765 g
350 Euro
741 g
125 Euro
840 g
97 Euro
879 g
250 Euro
761 g
240 Euro
813 g
146 Euro
850 g
1,0
1,0
2,3
1,0
1,0
1,0
1,5
1,3
1,2
1,0
1,7
2,3
1,0
1,0
1,7
1,5
1,3
1,4
1,0
2,0
2,3
1,0
4,3
4,3
1,5
2,0
2,2
1,0
1,7
1,7
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,2
1,0
3,0
2,0
1,0
3,3
3,7
1,0
1,3
2,0
1,0
3,3
1,3
1,0
3,0
3,0
1,0
2,0
2,0
2,5
2,0
2,0
1,0
3,0
3,0
1,0
1,3
2,0
4,0
2,7
2,0
3,0
2,3
2,3
1,0
2,0
2,6
4,0
3,0
1,0
3,0
2,3
2,3
1,0
4,0
2,8
Preis
Gewicht*
BEWERTUNG
Schaltverhalten**
Gewicht
Steifigkeit
Dichtigkeit
Härte großes KB
Härte kleines KB
Montage/Wartung
Verarbeitung
Gesamtnote***
SHIMANO
SRAM
*Inklusive Innenlager **Bezieht die Funktionalität des linken Griffs sowie des Umwerfers mit ein. ***Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Schaltverhalten und Gewicht
je 20 %, alle anderen Noten zu jeweils 10 %
2 | 2009 TOUR
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