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KOMPONENTEN̘TEST 22 TOUR 2 | 2009 Beinharte Auslese Mi Einführung Mit Ei füh der d Elffach-Schaltung Elff h S h l gelang l Campagnolo C l di die Ü Überraschung b h fü für das Komponentenjahr 2009, aber auch das Design der neuen Hebel macht Furore. Kann Shimano den Italienern mit der neuen Dura-Ace weiterhin die Stirn bieten, und ist die SRAM Red im neuen Umfeld noch konkurrenzfähig? Drei von vielen spannenden Fragen, die wir im größten und aufwendigsten Komponententest der Rennrad-Szene klären 2 | 2009 TOUR 23 KOMPONENTEN̘TEST ǺǫǾǺ Jens Klötzer ǬǵǺǵǹ Markus Greber 24 TOUR 2 | 2009 KRAUS K lack! Was war denn das? Ein Schaltvorgang – bei einem gut funktionierenden Rennrad neben dem Freilauf das einzige mechanische Geräusch, das man während der Fahrt hören möchte. Rasselnde Kette, schleifender Umwerfer, knackende Lager: Solche Geräusche dagegen rauben die Freude am Fahren, auch wenn sie noch DZǻǸȀ ǥ DZǴǧǶǶ so leise sind. Zudem sind sie Im Wettbewerb um die beste Kompo- hörbare Zeichen für fehlende nentengruppe teilen sich die beiden Genauigkeit und erhöhten neuen Top-Ensembles Shimano Verschleiß. Zum perfekten „Dura-Ace“ und Campagnolo „Super Renner gehört nicht zuletzt Record“ diesmal den Sieg, knapp ge- das reibungslose Zusammenfolgt von der SRAM „Red“. Die Platspiel seiner Einzelteile, auf das zierung erarbeiten sich die High-End- sich der Fahrer verlassen könGruppen jedoch mit Stärken in ganz nen muss; der Charakter des unterschiedlichen Bereichen. Bei den Rades wird von seinen Komunteren Gruppen hat Campagnolo ponenten maßgeblich geprägt. mit den modernisierten Gruppen Der Antrieb erhebt dabei den „Chorus“ und „Centaur“ leicht die höchsten mechanischen AnNase vorn; Shimano wirkt hier inspruch: Carbon, Aluminium zwischen optisch etwas überholt, hat und Titan sind die Zutaten für aber kaum technische Schwächen und Präzision, anspruchsvollen das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Leichtbau und Ästhetik. Seit der amerikanische Hersteller SRAM mit seinen Rennradkomponenten beachtliche Erfolge erzielen konnte, rauchten die Köpfe in den Entwicklungszentren in Italien und Japan. Und nicht nur deshalb: Neue Anbieter wie Microshift zeigten auf den jüngsten Messen interessante Komponenten; FSA bestätigte, ebenfalls an einer kompletten Schaltgruppe zu arbeiten, die demnächst mit den Top-Gruppen der etablierten Hersteller konkurrieren soll. So gesehen traten die Platzhirsche zur rechten Zeit auf den Plan: Shimano stellte im vergangenen Jahr die neue Generation der „DuraAce“ mit vielen technischen Neuerungen (und einer elektronischen Variante) vor und kündigte für die Folge auch eine neue „Ultegra“ und „105“ an. Campagnolo dünnte seine Produktpalette aus und überarbeitete sie in der Breite. Für die drei höchsten Baureihen wurde eine ElffachSchaltung eingeführt, und alle Gruppen bekamen neue Hebel, während andere Teile wie Kurbeln und Bremsen nur geringfügig oder gar nicht modifiziert wurden. Dazu wurde der geDrillinge: Alle Campagnolo-Hebel profitieren schichtsträchtige Name „Super Record“ von der neuen Formensprache und sind auf den wieder zum Leben erweckt. SRAM hält ersten Blick kaum zu unterscheiden. Centaur hat sich mit großen Veränderungen zurück; weiterhin zehn Gänge, ab Chorus gibt’s elf Jens Klötzer, TOUR-Testredakteur ̔Die reduzierte, robuste Technik und der gelungene Leichtbau der SRAM Red sind immer noch überzeugende Kaufargumente. Wollen die Amerikaner mit den neuesten Produkten mithalten, müssen aber ein paar Schwächen eliminiert werden.̓ die „Red“ markiert weiterhin die Spitze, „Force“ und „Rival“ bekamen ein Facelift und zeigen sich besser verarbeitet. An einer Tradition werden die drei Wettbewerber aber wohl immer festhalten: an ihrer eigenen, unverwechselbaren Schaltlogik. So wird weiterhin heftig über Anordnung und Funktion der Schalthebel diskutiert. Mehr als bei allen anderen Komponenten wird die Entscheidung hierbei zur Geschmackssache; was sich am besten anfühlt, ist eine Frage persönlicher Vorlieben. Mit einer Tradition freilich bricht Shimano: Man führt die Schaltzüge nicht mehr in freien Bögen vor dem Lenker, sondern wie die Konkurrenz unter dem Lenkerband am Lenker entlang. Das Argument höherer Schaltpräzision für die frei verlaufenden Kabel hat Shimano schon im Einzeltest der Dura-Ace (TOUR 9/08) entkräftet, während andererseits für notorische Shimano-Verweigerer ein Grund zur Ablehnung entfällt. Außerdem beginnt Shimano, wenn auch zaghaft, Carbon zu verwenden, was die Japaner bislang mieden. Unverändert hingegen präsentieren sich die perfekte Metallverarbeitung und das tadellose Schaltverhalten der neuen Dura-Ace. Campagnolo schwört inzwischen auf Carbon, es gibt nur noch wenige Kompo- KRAUS Asymmetrie: Shimanos neue Dura-Ace-Kette hat eine Innen- und eine Außenseite (mit Schriftgravur) ̔Shimano hat seine Stärken mit der neuen Dura-Ace weiter ausgebaut, das Schaltverhalten ist unübertroffen. Der optische Eindruck ist hervorragend, die Ergonomie der neuen Hebel finde ich dagegen nicht ganz so gut.̓ Matthias Borchers, TOUR-Testredakteur nenten, an denen das Material nicht verbaut ist. Dabei gilt: Je höherwertig die Gruppe, desto mehr teure Materialien verwenden die Italiener. Der Schritt, die Gruppen „Super Record“, „Record“ und „Chorus“ mit einer Elffach-Schaltung Die Testergebnisse in Gesamtnoten HERSTELLER CAMPAGNOLO Modell Super Record 1.620 Euro 2,0 1,6 1,7 1,2 1,6 Preise* Note Bremse Note Schaltgriffe Note Schaltwerk Note Kurbeln Gesamtnote** SHIMANO SRAM Chorus Centaur Dura-Ace Ultegra SL 105 Red Force Rival 950 Euro 2,3 1,8 1,9 1,4 1,9 651 Euro 2,3 1,8 2,2 2,2 2,1 1.200 Euro 1,9 2,0 1,2 1,2 1,6 540 Euro 2,2 1,9 1,8 2,0 2,0 420 Euro 2,4 2,1 2,2 2,0 2,2 1.290 Euro 1,8 1,6 1,5 2,0 1,7 970 Euro 2,0 2,1 2,3 2,6 2,2 660 Euro 2,0 2,2 2,4 2,8 2,4 *Preise sind Zirka-Preise am Markt. **Die besten (grün) und schlechtesten Einzelnoten (rot) sind hervorgehoben. Die Teilnoten gehen mit jeweils 25 Prozent in die Gesamtnote ein und werden auf eine Stelle hinterm Komma gerundet angegeben. Für die Berechnung der Gesamtnote sind jedoch zwei Stellen hinterm Komma maßgeblich. Die Einzelgewichte der Komponenten HERSTELLER Modell Bremse vorne Bremse hinten Schaltbremshebel Schaltwerk Umwerfer Kurbelsatz* Zahnkranzkassette Kette Summe** CAMPAGNOLO Super Record 150 g 126 g 330 g 173 g 71 g 704 g 188 g 245 g 1.986 g Chorus 171 g 157 g 350 g 192 g 76 g 744 g 266 g 258 g 2.214 g SHIMANO Centaur 176 g 159 g 349 g 227 g 101 g 765 g 286 g 261 g 2.323 g Dura-Ace Ultegra SL 149 g 146 g 367 g 166 g 78 g 741 g 185 g 278 g 2.110 g 162 g 160 g 448 g 201 g 90 g 712 g 249 g 277 g 2.299 g SRAM 105 180 g 176 g 491 g 221 g 88 g 879 g 241 g 276 g 2.550 g Red 140 g 135 g 290 g 145 g 71 g 761 g 169 g 258 g 1.969 g Force 139 g 138 g 316 g 175 g 87 g 813 g 235 g 261 g 2.164 g Rival 147 g 140 g 326 g 186 g 87 g 850 g 235 g 282 g 2.253 g *Inklusive Innenlager. **Die einzelnen Gewichtsangaben sind gerundet. Die Summe ergibt sich aus den auf eine Stelle hinterm Komma genau gemessenen Einzelgewichten. Spezifikationen: Ritzel: 12–25 Zähne („Red“: 11–26), Kurbel: 172,5 mm, 53/39 Zähne, Umwerfer 2-fach für Sockel 2 | 2009 TOUR 25 auszustatten, hat in der Szene Wirbel gemacht; die Frage nach dem Warum beantworten die Italiener mit der Gegenfrage „Warum nicht?“. Nach leichten Schaltproblemen der ersten Testgruppe (siehe TOUR 10/08) funktionieren die Schaltungen inzwischen fehlerlos. Der zweite große Entwicklungssprung vollzog sich an den Schaltbremsgriffen: Die ausgefeilte Form von Hebel und Griffkörper bietet neuen Stoff für die Ergonomie-Debatte. Nachdem SRAM mit der Red der Einstieg in die Oberliga gelungen ist, betreiben die Amerikaner für 2009 Modellpflege. SRAM setzt weiter auf reduziertes Design, kompromisslosen Leichtbau und simple Bedienung, punktet mit robuster, leichter Schaltmechanik. Die ursprünglich signifikanten Verarbeitungsmängel bei den unteren Gruppen sind deutlich verbessert, wenn auch nicht ganz behoben. Der Wettbewerb der Komponentenhersteller bleibt spannend. Die jüngste Dura-AceGeneration Shimanos kann, exzellent verarbeitet und mit perfektem Schaltverhalten, den Angriff der italienischen Konkurrenz kontern. Campagnolos Entwicklungsarbeit zahlt sich aber erkennbar aus: Super Record und DuraAce liegen gleichauf, während Shimanos Dauerläufer Ultegra und 105 im Vergleich zu den neuen Chorus- und CentaurGruppen leicht überholt aussehen. Letztere beiden sind dafür deutlich teurer in der Anschaffung; ähnlich sieht es bei den Einsteigergruppen von SRAM aus, welche auf dem Markt schon deutlich günstiger ange- Elferrad: Bei Campagnolos „Super Record“ sind nur noch die fünf kleinsten Ritzel aus Stahl, die Mehrheit besteht aus Titan Die Gesamtgewichte der Top-Gruppen 3.000 0 26 TOUR 2 | 2009 SHIMANO 105 SHIMANO Ultegra SL 500 2.253 2.387 CAMPAGNOLO Centaur 1.000 2.214 CAMPAGNOLO Chorus CAMPAGNOLO Super Record 1.500 2.164 SRAM Force 1.986 SHIMANO Dura Ace 1.969 SRAM Red Gramm 2.000 2.110 2.323 SRAM Rival 2.550 2.500 KRAUS KOMPONENTEN̘TEST Manuel Jekel, TOUR-Testredakteur ̔Die Elffach-Schaltung ist inzwischen ausgereift und funktioniert perfekt, an der Nützlichkeit zweifle ich nicht. Auch bei den neuen Hebeln geht die Entwicklung bei Campagnolo in die richtige Richtung.̓ boten werden als der Hersteller empfiehlt. Sieht man von der Super Record einmal ab, bewegen sich die Top-Gruppen preislich auf vergleichbarem Niveau. Knapp auf dem dritten Platz lauert SRAM mit der Red, beschreitet interessante eigene Wege und bleibt beim Gewicht weiterhin das Maß der Dinge. Ausruhen darf sich die US-Firma dennoch nicht: Sie selbst hat dazu beigetragen, das Entwicklungstempo für Rennrad-Komponenten zu beschleunigen, und die Mitbewerber haben die Herausforderung angenommen. Enge Abstände: Campagnolo kann die Bestmarke von SRAM beim Gewicht nicht knacken, rückt aber gefährlich nahe, dahinter folgt Shimano. Das gleiche Bild auch bei den unteren Gruppen, Shimanos 105 hat es deutlich schwerer, sich zu behaupten ǹǵ ǺǫǹǺǫǺ ǺǵǻǸ Die Bewertungen im Komponententest von TOUR sind dynamisch. Es erhält der Wettbewerber, der in der jeweiligen Disziplin am besten abschneidet, die Note 1,0. Schlechtere Ergebnisse werden entsprechend abgewertet. Der Test ist mit den Ergebnissen des vergangenen Jahres daher nicht direkt vergleichbar, da gleiche Komponenten durch neue Maßstäbe zum Teil anders bewertet wurden. Härte von Kettenblättern und Ritzeln BORCHERS Mit einer Härteprüfmaschine, die eine Diamantspitze in das Material drückt, wurden alle Zahnräder getestet. Die ermittelten Härten (nach Vickers) sind ein Indiz für die Verschleißfestigkeit der verwendeten Legierungen und Oberflächen – und damit ein Maß für die Qualität der Kettenblätter. Bremsen Labortest auf dem TOUR-Bremsenprüfstand. Gemessen wurden erreichbare Bremskräfte bei Trockenheit und Nässe bei einer konstanten Handkraft von 90 Newton mit der Vorderradbremse auf einer Aluminiumfelge. Zusätzlich wurde die Standfestigkeit mit sechs Sekunden langen Dauerbremsungen erprobt, die einer Vollbremsung aus hohen Geschwindigkeiten entsprechen. Dabei wurde eine Bremskraft von 400 Newton aufrecht erhalten und die erforderlichen Handkräfte gemessen. Aufgezeichnet wurde dabei auch die Dosierbarkeit, die vom gesamten Übertragungsweg – insbesondere dem Seilzug – abhängt. Um den Einfluss der Beläge zu isolieren, wurden alle Bremsen zusätzlich mit einheitlichen Belägen von Kool Stop getestet. Zusätzlich zu den Labortests flossen Erkenntnisse aus der Dauertestpraxis in die Bewertung ein. ZEDLER ̌2̍ Tretlagersteifigkeit Die Nachgiebigkeit der Kurbeln wird im simulierten Wiegetritt getestet. Dazu wurden die Kurbeln mit den zugehörigen Lagern montiert. Die Kurbel steht – entgegen der Abbildung – 45 Grad aus der Horizontalen nach unten und um zehn Grad zur Seite geneigt und wird mit einem Gewicht von 80 Kilogramm belastet. Die Ausweichbewegung der Kurbel wurde für beide Seiten getrennt erfasst und in eine Biegesteifigkeit umgerechnet. Zur Beurteilung wurde der Mittelwert von Antriebsseite und linker Kurbel gebildet. Bauartbedingt ist die in Fahrtrichtung linke Kurbelseite nachgiebiger, da die Tretkraft über die (nachgiebige) Welle auf den rechten Kurbelstern übertragen werden muss. Schaltwerksreibung Federspannung und innere Reibung der Schaltwerke wurden mit Kraftmessdosen erfasst. Der elektronische „Fingerabdruck“ des Schaltwerks offenbart, wie gut die Schaltwerke gelagert sind, wie viel Kraft zum Schalten benötigt wird, und wie hoch die für den Dauerbetrieb wichtigen Rückstellkräfte sind. Die Bowdenzüge wurden mit dem gleichen Testaufbau getestet. Das Schaltverhalten wurde auf der Grundlage von Fahreindrücken bewertet. Dauertest-Erfahrung Zu allen Komponenten liegen TOUR umfangreiche Praxiserfahrungen vor. Diese sind zwar nicht unter exakt reproduzierbaren Bedingungen gesammelt worden, aber dennoch geeignet, die Labortests zu ergänzen. Subjektive Bewertungen wie „Ergonomie“ beruhen auf den Urteilen der einzelnen Tester. Griffgeometrie Schaltwege und Griffweiten der Bremsschaltgriffe wurden vermessen, ebenso die Übersetzung der Bremshebel. Kurze Schaltwege werden besser bewertet als lange. 2 | 2009 TOUR 27 KOMPONENTEN̘TEST | SCHALTBREMSGHEBEL Hebelwirkung Die Kommandozentrale: Schalten und Bremsen mit einer mechanischen Einheit, auf der die meiste Zeit auch die Hände Halt finden. Hier ist die Herausforderung, Funktion und Ergonomie auf einen Nenner zu bringen, besonders groß C ampagnolo hat diesem Thema besondere Aufmerksamkeit gewidmet – mit Erfolg: Nach Meinung aller Tester ist die Form der Griffkörper und Hebel ein echter Fortschritt. Einzig der Daumen-hebel ist in Unterlenkerhaltung immer noch weit weg. Die Ergopower-Hebel sind von Super Record bis Centaur äußerlich fast identisch. Im Inneren bewirken andere Materialien und bessere Lagerungen feine Unterschiede; die Centaur offenbart einen weniger ausgeprägten Druckpunkt am Schalthebel. Sie verfügt noch über zehn statt elf Gänge und wird damit auch als Aufrüstung für ältere Zehnfach-Gruppen interessant. Die Montage der neuen Ergopower-Hebel erweist sich allerdings als fummelig: Die TorxSchraube aus Aluminium steckt weit unter dem Gummiüberzug, der Zugang wird durch den Griffkörper zusätzlich erschwert. Am besten benutzt man für die Montage einen langen Torx-Schlüssel. Alle drei Gruppen bekamen die neuen Züge mit deutlich weniger Reibung. Bei Shimano markiert der Dura-Ace-Hebel eine neue Entwicklungsstufe. Die Züge sind jetzt am Lenker versteckt, gleichzeitig wanderte die Mechanik vom Hebel ins Griffgehäuse. Der Griffkörper ist dicker geworden, der vorher deutlich ausgeprägte Höcker ist fast Rückschritt: Die Ergonomie des neuen Dura-Ace-Hebels hat sich nach Meinung der Tester verschlechtert verschwunden, und die Shimano-Hebel verlieren etwas an Profil. Das Design hat Ähnlichkeit mit SRAM, die Griffweite lässt sich nun auch bei Shimano einstellen. Für die Montage der Hebel gibt es Abzüge: Die unter dem Griffgummi versteckte Befestigungsschraube ist schlechter erreichbar als früher durch den genialen Kanal an der Seite des Griffkörpers. Die von einer Zwei-MillimeterSchraube gehaltene Plastikabdeckung vor den Zugkanälen ist eine – wenn auch kleine – Zumutung. SRAM baut für die Red weiterhin die leichtesten Hebel. Die Schaltwege des simplen Double-TapPrinzips sind kurz, auch das satte Schaltgeräusch finden viele Tester gut. Dafür liegen die Griffkörper nicht so gut in der Hand; in Kombination mit bestimmten Lenkern führt der unharmonische Übergang am Hebel dazu, dass die Hände während der Fahrt einschlafen. Montage und Einstellung sind dafür erfreulich einfach. Fortschritt: Neben dem Griffkörper hat Campa auch den Bremshebel handfreundlicher gestaltet. Der innere Daumenhebel zum Raufschalten ist aber noch immer ein kleiner Schwachpunkt Bewertung Schaltbremsgriffe HERSTELLER CAMPAGNOLO Modell Super Record Chorus SHIMANO Centaur Dura-Ace Ultegra SL SRAM 105 Red Force Rival Preis 300 Euro 210 Euro 176 Euro 343 Euro 190 Euro 140 Euro 370 Euro 340 Euro 240 Euro Gewicht BEWERTUNG Ergonomie* Gewicht Hebelwege runter** Hebelwege rauf** Verarbeitung Einstellung/Wartung Gesamtnote*** 330 g 350 g 349 g 367 g 448 g 491 g 290 g 316 g 326 g 1,5 1,7 2,7 1,0 1,5 1,5 1,6 1,5 2,0 2,7 1,0 2,0 1,5 1,8 1,5 2,0 2,7 1,0 2,0 1,5 1,8 2,0 2,0 1,0 3,0 1,0 2,5 2,0 1,5 3,3 1,0 2,3 1,0 2,0 1,9 1,5 4,0 1,0 2,3 1,0 2,0 2,1 2,5 1,0 1,3 1,3 1,5 1,0 1,6 2,5 1,3 2,7 1,7 2,5 1,5 2,1 2,5 1,7 2,7 1,7 3,0 1,5 2,2 *Bewertet die Griffposition. **Bewertet, wie weit man den Schalthebel zum Rauf- bzw. Runterschalten drücken muss. ***Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Ergonomie 30 %, Gewicht 20 %, Hebelweg runter und rauf je 15 %, Verarbeitung und Einstellung je 10 %. 28 TOUR 2 | 2009 SCHALTWERK | KOMPONENTEN̘TEST Wechselzone Das perfekte Zusammenspiel von Schaltwerk, Ritzel und Kette ist die komplexeste Aufgabe für die Hersteller – und der deutlichste Beleg für hohe Produktqualität I nsgesamt ist das Schaltverhalten moderner Rennradgetriebe gut, Fehlfunktionen oder größere Ungenauigkeiten sucht man vergebens. Dennoch kann sich Shimano einen kleinen Vorsprung herausarbeiten: Das Schaltverhalten wurde bei der Dura-Ace noch einmal verbessert – und ist nach Meinung aller TOUR-Tester das beste im Test. Zum ausgefeilten Zusammenspiel der einzelnen Teile trägt mutmaßlich auch die neue, asymmetrische Kette bei, die eine festgelegte Innen- und Außenseite hat und entsprechend montiert werden muss. Der Schaltwerkskäfig der Dura-Ace besteht jetzt aus Carbon, die Rollen drehen sich um gedichtete Rillenkugellager. Ultegra SL und 105 verrichten gewohnt gut und unauffällig ihren Dienst. Wer aufs Gewicht achtet, bekommt bei SRAM weiterhin die leichteste Schaltung; auch die aus einem Stück gefräste Stahlkassette bleibt unerreicht leicht. Die Red begeistert ihre Nutzer außerdem mit sehr guter Verarbeitung und knackigen Gangwechseln. Beim Schaltwerk fällt die Qualität bei Force und Rival deutlicher ab als bei anderen Bauteilen, das Rival-Schaltwerk weist schon im Neuzustand an den Lagerungspunkten deutliches Spiel auf. Campagnolos neue Edelschaltung Super Record spricht Technik-Fans durch viel Carbon, Kleinteile aus Titan und Rollen mit Keramiklagern an. Bei den preiswerteren Gruppen werden die teuren Materialien sparsamer verwendet, Schaltverhalten und Verarbeitung stehen der Top-Variante aber kaum nach. Die elf Gänge bei Super Record, Record und Chorus bieten bei der Wahl der Übersetzung kleine neue Freiheiten, breit abgestufte Kassetten fehlen jedoch im Angebot. So erreicht man mit dem zusätzlichen Gang eine bessere Feinabstufung, echte Bergritzel bietet Campagnolo aber nicht an. Im Praxistest erwies sich die Campa-Kette nicht ganz so kletterfreudig wie die Konkurrenz: Der Sprung auf größere Ritzel erforderte manchmal etwas Nachdrücken am Schalthebel. Die ElffachKette darf laut Bedienungsanleitung nur an einer markierten Stelle von innen mit einem bestimmten Verbindungsglied und einem sehr teuren Nietdrücker vernietet werden. SRAM legt allen Ketten ein Kettenschloss bei. Schwarz: Viel Carbon bestimmt den Auftritt des Super-Record-Schaltwerks. Das obere Schaltröllchen dreht sich jetzt um keramische Lager (Bild Mitte) Leicht: Das SRAM-RedSchaltwerk ist durchdachter und konsequenter Leichtbau – und darin weiterhin top Edel: Shimanos Schaltwerk begeistert mit solider Verarbeitung bis ins kleinste Detail, der Käfig aus Carbon spart überflüssige Gramm Bewertung Schaltwerk HERSTELLER Modell CAMPAGNOLO Super Record Chorus Centaur SHIMANO Preis 263 Euro 155 Euro 80 Euro 140 Euro 49 Euro 34 Euro 213 Euro 90 Euro 60 Euro Gewicht BEWERTUNG Schaltverhalten* Gewicht Züge Ritzelhärte Verarbeitung Rollen Reibung** Rückstellkraft*** Gesamtnote**** 173 g 192 g 227 g 166 g 201 g 221 g 145 g 175 g 186 g 1,5 2,0 1,0 2,0 1,5 1 3,0 3,7 1,7 1,5 2,7 1,0 1,0 1,5 3 3,0 4,0 1,9 1,5 4,0 1,0 1,0 2 3 3,7 4,0 2,2 1 1,7 1,0 1,7 1 1,5 1,3 1,0 1,2 1,5 3,0 1,0 1,0 1,5 2,5 2,3 2,0 1,8 2 3,7 1,0 1,7 2 3 1,7 2,0 2,2 1,5 1,0 2,0 1,7 1 1 1,0 4,0 1,5 2 2,0 3,0 1,7 3 2 1,3 4,0 2,3 2,0 1,7 3,5 1,7 4 2,0 1,3 2,3 2,4 Dura-Ace Ultegra SL SRAM 105 Red Force Rival *Bezieht Griff, Kette und Ritzel mit ein. **Systemreibung (Gelenke, Schaltwerksfeder). ***Wirksame Federkraft im Schaltwerk zum Einholen des Schaltzugs. ****Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Schaltverhalten 30 %, Gewicht 20 %, Züge 15 %, Ritzelhärte und Verarbeitung je 10 %, Rollen, Reibung und Rückstellkraft je 5 %. 2 | 2009 TOUR 29 KOMPONENTEN̘TEST | BREMSEN Haltevorrichtung Das Funktionsprinzip der Felgenbremse ist eigentlich antiquiert, doch die TopModelle überzeugen mit hoher Bremsleistung – mit den richtigen Belägen A Schwächen bei Nässe: Im Vergleich zur Vorgängerin bieten die Beläge der neuen Dura-Ace eine schlechtere Performance, besonders wenn Wasser ins Spiel kommt uch unser aktueller Bremsentest bestätigt: Die Bremsleistung hängt weniger von der Konstruktion der Bremszange als von der Wahl der Beläge und deren Zusammenspiel mit der verwendeten Felge ab. Wir haben deshalb alle Bremsen sowohl mit ihrem Serienbremsbelag als auch mit einem Nachrüst-Belag von Kool Stop getestet – im Trockenen und Nassen. Den meisten Biss haben Beläge von Shimano und SRAM, die Testergebnisse bewegen sich hier auf vergleichbar hohem Niveau. Die neuen ShimanoBeläge „R55 C3“, die an der Dura-Ace erstmals zum Einsatz kommen, sollten nach Meinung des Herstellers vor allem bei Nässe besser bremsen. In unserem Testaufbau stellen die Beläge der Vorgängergruppe aber weiterhin die Referenz, sie bauten bei Nässe auf der gleichen Bremse mehr Bremsleistung auf. Der deutliche Leistungsunterschied der Campagnolo-Bremsen aus dem Labortest ist in der Praxis nicht so deutlich spürbar – im Gegenteil: Shimano-Bremsen sind einigen Fahrern zu „giftig“. Dank der neuen Ergopower-Hebel lässt sich die Handkraft in der Bremsgriffhaltung effizienter aufbringen und dosieren, Leistung ist in allen Fällen ausreichend vorhanden. Wer den Bremsen dennoch mehr Biss verleihen will, kann mit Austauschbelägen – zum Beispiel den getesteten Exemplaren von Kool Stop – auch aus den Campa-Bremsen noch einiges an Bremsleistung herausholen. Alle Bremsen lassen sich problemlos montieren und justieren, auch der Anstellwinkel der Beläge ist einstellbar. Bei den Gruppen Force und Rival verzichtet SRAM lediglich auf die Feineinstellung zur Zentrierung der Bremsen; bei Campas Bremsen der Super Record und Chorus ist zur Justage der Beläge ein TorxSchlüssel notwendig. Leichteste Bremse: Die SRAM Red paart geringes Gewicht mit guter Leistung und Dosierbarkeit Bewertung Bremsen HERSTELLER CAMPAGNOLO Modell Super Record Chorus Centaur SHIMANO Preis 214 Euro 148 Euro 91 Euro 210 Euro 85 Euro 50 Euro 200 Euro 155 Euro 78 Euro Gewicht 276 g 328 g 334 g 295 g 321 g 356 g 275 g 277 g 287 g 1,0 2,7 3,7 2,3 1,0 1,5 2,0 2,0 2,7 2,7 3,3 2,3 1,0 2,0 2,0 2,3 2,7 2,7 3,3 2,0 1,0 2,0 1,5 2,3 1,7 1,3 3,0 2,0 3,0 1,0 1,0 1,9 2,3 1,7 1,7 3,7 3,0 1,5 1,0 2,2 3,3 1,7 2,7 2,0 3,0 2,0 1,0 2,4 1,0 1,3 3,0 1,3 3,0 1,5 1,0 1,8 1,0 1,0 3,3 1,7 3,0 2,0 2,0 2,0 1,3 1,7 3,3 1,0 3,0 2,0 2,0 2,0 Dura-Ace Ultegra SL SRAM 105 Red Force Rival BEWERTUNG Gewicht Bremskraft trocken Bremskraft nass Dosierbarkeit Felgenverschleiß Verarbeitung Einstellung Gesamtnote* *Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Gewicht 20 %, Bremskräfte, Dosierbarkeit, Felgenverschleiß je 15 %, Verarbeitung und Einstellung je 10 % 30 TOUR 2 | 2009 TRETLAGER | KOMPONENTEN̘TEST Zentralgestirn Blickfang, Visitenkarte und Leistungsmittelpunkt am Renner sind Tretlager und Kurbeln – am auffälligsten zu sehen an Shimanos völlig neu gestalteter Dura-Ace-Kurbel B ei der zentralen Antriebseinheit hat sich im Vergleich zu den anderen Komponenten zumindest aus technischer Sicht weniger getan, sieht man von der Entwicklung integrierter Lagersysteme einmal ab. SRAM hat in dieser Disziplin beim Gewicht ausnahmsweise nicht die Nase vorn: Die Kurbelsätze von Campagnolo sind weiterhin die leichtesten, auch wenn die Italiener nur wenig an den Carbonkonstruktionen geändert haben. Bei der Top-Gruppe Super Record dreht sich die Kurbel jetzt auch um keramische Lager, wodurch noch einmal Gewicht gespart wurde. Die Kurbeln der verschiedenen Gruppen – allesamt aus Carbon – sind wie die Schalthebel von Campa auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Die Kettenblätter der ElffachGruppen schneiden beim Test der Materialhärte sehr gut ab, die Pendants der Centaur-Kurbel fallen dagegen deutlich ab. Bei den Kurbeln der neuen Dura-Ace setzt Shimano weiter auf Aluminium – und zeigt eindrucksvoll, was man aus dem Material noch rausholen kann. Zwar kann sie im Gewicht nicht ganz mit der Super Record mithalten, punktet aber mit guten Steifigkeitswerten, bester Verarbeitung und sehr hochwertigen Kettenblättern. Das große Kettenblatt, aus zwei Teilen verklebt und innen hohl, dürfte als Verschleißteil allerdings nicht billig sein. Übrigens hat Shimano die Einzelteile des Antriebs so aufeinander abgestimmt, dass die Trimmfunktion für den vorderen Umwerfer überflüssig geworden ist. Bei präziser Justage streift die Kette in keinem Gang. SRAM erreicht das von Campagnolo und Shimano vorgelegte Niveau in dieser Disziplin nicht ganz, vor allem bei Gewicht und Härte der Kettenblätter verliert die Red Punkte. Als dringend verbesserungswürdig empfanden die Tester bei allen drei SRAM-Gruppen die Bedienung des vorderen Umwerfers, der sich bei Rival und Force nur auf dem kleinen, bei Red nur auf dem großen Kettenblatt trimmen lässt. Dadurch schleift die Kette schon bei mäßigem Kettenschräglauf, in Kombination mit einer Kompaktkurbel wird das zum echten Nachteil. SRAM bietet bei der Red-Kurbel als einziger der drei Hersteller auch eine BB30-Version an. Dauerbrenner: Die nur in Details überarbeiteten Carbonkurbeln von Campagnolo markieren weiterhin den Stand der Technik. Die Super Record dreht sich um Keramiklager Glanzstück: Die aufwendig gearbeitete Dura-Ace bietet für eine Aluminiumkurbel hervorragende technische Werte Bewertung Tretlager HERSTELLER CAMPAGNOLO Modell Super Record 508 Euro 704 g Chorus Centaur Dura-Ace Ultegra SL 105 Red Force Rival 305 Euro 744 g 225 Euro 765 g 350 Euro 741 g 125 Euro 840 g 97 Euro 879 g 250 Euro 761 g 240 Euro 813 g 146 Euro 850 g 1,0 1,0 2,3 1,0 1,0 1,0 1,5 1,3 1,2 1,0 1,7 2,3 1,0 1,0 1,7 1,5 1,3 1,4 1,0 2,0 2,3 1,0 4,3 4,3 1,5 2,0 2,2 1,0 1,7 1,7 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,2 1,0 3,0 2,0 1,0 3,3 3,7 1,0 1,3 2,0 1,0 3,3 1,3 1,0 3,0 3,0 1,0 2,0 2,0 2,5 2,0 2,0 1,0 3,0 3,0 1,0 1,3 2,0 4,0 2,7 2,0 3,0 2,3 2,3 1,0 2,0 2,6 4,0 3,0 1,0 3,0 2,3 2,3 1,0 4,0 2,8 Preis Gewicht* BEWERTUNG Schaltverhalten** Gewicht Steifigkeit Dichtigkeit Härte großes KB Härte kleines KB Montage/Wartung Verarbeitung Gesamtnote*** SHIMANO SRAM *Inklusive Innenlager **Bezieht die Funktionalität des linken Griffs sowie des Umwerfers mit ein. ***Darin fließen die Einzelnoten zu folgenden Anteilen ein: Schaltverhalten und Gewicht je 20 %, alle anderen Noten zu jeweils 10 % 2 | 2009 TOUR 31