Wuhan – Famulaturbericht März 2013 Als wir uns im Sommer 2012
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Wuhan – Famulaturbericht März 2013 Als wir uns im Sommer 2012
Wuhan – Famulaturbericht März 2013 Als wir uns im Sommer 2012 dazu entschlossen ein Freisemester zu nehmen, um für ein halbes Jahr mit dem Rucksack durch Südostasien zu ziehen, wollten wir das Ganze natürlich mit einer Famulatur im asiatischen Ausland verknüpfen. Natürlich. Nachdem wir uns auf der CHIC-Seite der Charite umsahen und es nun galt zwischen vier Ländern zu wählen war uns sehr schnell klar, dass es das Reich der aufgehenden Sonne werden sollte, in dem wir eine vierwöchige Famulatur antreten wollten. Als Nächstes haben wir uns mit Frau Heller in Verbindung gesetzt, die uns zahlreiche Informationen zu den einzelnen Ländern und Krankenhäusern gab und uns dazu ermutigte eine Bewerbung abzuschicken. http://www.charite.de/studium_lehre/international/internationale_partner/china/wu han/ Gesagt getan. Den Lebenslauf ins Englische übersetzt, Motivationsbrief geschrieben, sowie eine Empfehlung unseres Anatomie-Professors eingeholt, haben wir die Bewerbung nach zwei Wochen abgeben können. Binnen eines Monats flatterte dann auch schon die Zusage ins Haus. Wuhan wollte uns. Vorbereitungen Neben einem Reisführer, einem Sprachkurs, einem Mundschutz (auf Grund des massiven Smogs besonders in Beijing zu empfehlen) und einem Visum braucht man nicht viel. Den Sprachkurs meiner Meinung nach auch nicht, wenn man wie wir, noch nie vorher ein einziges Wort chinesisch gesprochen hat. Verstehen wird man sich dann sowieso mehr mit Händen und Füßen als weniger mit dem Mund. Das Visum holt man sich bei der Chinesischen Botschaft für 60 Euro frühestens 50 Tage im Voraus. Etwa ein halbes Jahr vorher haben wir den Flug nach Beijing über STA-Travel gebucht und sind von dort mit „China Eastern Airlines“ weiter nach Wuhan geflogen. „Air Asia“ bietet allerdings, wie wir im Nachhinein erfahren haben, meist viel günstigere Flüge an. Ein paar der anderen Studenten sind auch mit dem Zug von der Hauptstadt oder von Shanghai aus angereist. Wuhan Am Flughafen angekommen wurden wir von Liang Hu erwartet. Er war unser Ansprechpartner für die Zeit in Wuhan und hat uns direkt zum Hotel gebracht. Den Rückweg zum Flughafen muss man jedoch allein organisieren. Das ist aber gar kein Problem, wenn man sich einfach die Adresse vom Flughafen aufschreiben lässt und sie dem Taxifahrer in die Hand drückt. Kostet so acht Euro. Im Hotel angekommen konnten wir uns ein bisschen ausruhen und die anderen Famulanten kennenlernen. Wir wurden zusammen mit sieben deutschen Medizinstudenten im Ibis-Hotel, etwa 15 Gehminuten vom Tongji-MedicalCollege entfernt, untergebracht. Die Unterkunft wird von der Uni gestellt und ist mehr als ausreichend. Hier noch Liangs’ E-mail-Adresse: [email protected]. Am ersten Tag ging es daran eine Mensakarte zu besorgen und einen Pass für die U-Bahn zu kaufen. Den bekommt man in einem kleinen Supermarkt auf dem Unigelände und er ist gültig für alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt. Die Mensakarte gibt es im ersten Stock der Krankenhausmensa. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass uns das Essen an den umliegenden Ständen wesentlich besser geschmeckt hat und auch preiswerter ist. Unser tägliches Abendessen, gedampfte Dumplings und ein Pappbecher voller Nudeln, hat uns gerade mal einen Euro gekostet. Rund um das Universitätsgelände findet man jede Menge Obst- und Gemüsemärkte. Etwa zwei Metrostationen von uns entfernt gibt es auch einen Carrefour-Großmarkt, in dem wir unseren wöchentlichen Bedarf an Baguette, Käse, Schinken, Jogurt und Oatmeal decken konnten. Also alles halb so wild. Die Stadt Wuhan liegt in der Provinz Hubei und damit in Zentralchina, am Fuß des Yangze-Flusses. 13 Millionen Einwohner und jede Menge zu sehen. Es gibt Nachtmärkte in Hülle und Fülle. Obst. Gemüse. Hundebabies. Klamotten. Affenkämpfe. Elektronik. An Sehenswürdigkeiten wäre der Yellow Crane Tower zu erwähnen, der bei schönem Wetter einen Ausflug wert ist, den Zoo, den Unicampus, den botanischen Garten, das Hubei-Provincial-Museum und den East Lake, an dem man wunderbar Tretboot fahren, sich ein Tandem ausleihen und Federball spielen kann. Tripadvisor hat uns sogar eine belgische Bar angezeigt (Brussels Beer Garden), in der sie deutsches Bier und Steak verkaufen. Ach ja, und Fußball zeigen sie dort auch. Sogar „Spielekaffees“ gibt es in Wuhan. Also Oldschool-Brettspiele meine ich, nicht World-ofWarcraft-Internethöhlen. Da haben wir uns nicht reingetraut. Wenn man die Kunst des Majongspielens noch nicht ganz raus hat, kann man sich hier stattdessen auch mit chinesischem Monopoly begnügen. Außerhalb der Stadt lässt es sich wunderbar klettern und hiken, was wir auch an zwei der Wochenenden gemacht haben. An einem Wochenende waren wir in Yichang, beim Drei–Schluchten–Staudamm. Dem wohl größten der Welt. Unser Führer war allerdings ein wenig wunderlich. Ich glaube er hieß Bob. Bob hatte ein Plüschschwein, damit wir ihn in den chinesischen Massen wiederfinden. Eigentlich keine schlechte Idee, wenn man bedenkt, dass wir in der ersten Woche auch zwei Mal der falschen Gruppe an Ärzten hinterher gelaufen sind. Hier noch der Link zum Staudamm: http://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Schluchten-Talsperre. So könnt ihr euch schon einmal selbst einen Überblick verschaffen. Am nächsten Tag besuchten wir noch eine unweit gelegene chinesische Kaiserstadt. Der Wochenendtrip war im Übrigen ein Gastgeschenk und ein guter Anlass sich besser kennenzulernen und mehr über die chinesische Kultur zu erfahren. Zweites Reiseziel: Wudang Shan, das heiligste Gebirge unter dem Himmel. Wenn es euch nicht stört auf 0,1 Quadratmeter zusammen mit lauter extrem neugierigen aber gleichzeitig sehr freundlichen und hilfsbereiten Chinesen fast zehn Stunden lang im Bummelzug direkt ins Nirgendwo zu fahren ist es genau das Richtige. Dort angekommen haben wir auf der Suche nach dem richtigen Bus sogar einen Deutschen getroffen. Der kam direkt aus einem tibetischen Kloster, wo er für ein Jahr lebte, um die Kunst des Schwertkampfes zu erlernen. Ich breche das Gespräch an dieser Stelle mal auf das Wesentliche herunter. Dort hat er allerdings nicht den Frieden und das Origami gefunden, nachdem er gesucht hat, weshalb er lieber in Zentralchina auf einem einsamen Berg leben möchte. Er ist nämlich eigentlich hierher gekommen, um Kung-Fu-Meister zu werden. Der Österreicher, den wir im Bus zum Berg getroffen haben und der auf eine verstörende Weise auch noch genauso aussah wie der Deutsche, übrigens auch. Unser Hotel lag auf halber Strecke zum Berg, auch Wu–Tang– Berg genannt. Jawohl, daher hat die Band nämlich ihren Namen. Schon auf Grund der vielen Bekanntschaften hat sich das Wochenende jedenfalls für uns gelohnt. http://de.wikipedia.org/wiki/Wudang_Shan Weiterhin lohnt es sich mit dem Schnellzug für ein verlängertes Wochenende nach Shanghai zu fahren. Die Fahrt dauert etwa sieben Stunden und kostet hin und zurück circa 40 Euro. Wenn ihr die Tickets für Städte wie Shanghai, Xian oder Beijing kaufen wollt, dann nehmt lieber Liang mit da man, wie auch im Rest Chinas, an den Schaltern weder Englisch noch Sprachkurs-Chinesisch verstehen wird. Und den Reisepass nicht vergessen, sonst gibt’s nämlich keine Tickets. Famulatur Die ersten beiden Wochen waren wir auf der Neurochirurgie. Der Tagesablauf war prinzipiell sehr ähnlich: 8:00 Uhr ging es los mit der Visite. Bedeutet wir sind Professor Yang in ungefähr 20 verschiedene Zimmer gefolgt, in denen er uns sehr detailliert und aufschlussreich CT/MRT–Bilder plus Patientenanamnese geschildert hat. Danach ging es in den OP. Er selbst ist Spezialist für die fossa cranii posterior und operiert am liebsten Akustikusneurinome und Tumoren im Bereich des Hirnstamms. Wir konnten die OP’s dann immer über einen Bildschirm mitverfolgen und fühlten uns ein bisschen wie in Grey’s Anatomy. Zwischendurch hat er sogar die OP’s unterbrochen um uns ein paar Infos zum Ablauf und zur Lokalisation zu geben. Da er aber nur an zwei bis drei Tagen in der Woche operiert, hat er uns die restliche Zeit mit einem sehr netten englischsprachigen Arzt mitgeschickt, der sich vor allem mit vaskulären Anomalien beschäftigt. Aneurysmen, Fisteln, Malformationen. Auch er hat uns diese sehr detailreich an den Patientenbildern gezeigt und erläutert. Er hat dann an den meisten Tagen Aneurysmen gecoilt und danach gab’s Mittag. Generell bezahlen hier die Chirurgen glücklicherweise immer das Essen von der ganzen Gruppe bestehend aus Assistenzärzten, Studenten und zwei OP–Schwestern. Noch ein Grund mehr auf die Mensakarte zu verzichten. Professor Yang ist super. Er ist Facharzt für Neurochirurgie. Hat zwischen 1996 – 2000 in Düsseldorf promoviert und gearbeitet und ist sehr fasziniert von der deutschen Kultur. Am meisten von Hofbräuhäusern und dem Oktoberfest. Um uns nun auch seine Kultur nahezubringen hat er neben diversen Mittagessen auch einmal alle neun Studenten zum Abendessen eingeladen. Kulinarisch das Beste was China für uns zu bieten hatte. Dazu gab’s Rotwein und Sake. Nach dem Essen ging es, wie konnte es auch anders sein, in eine Karaokebar. Allerdings ist das hier alles ein bisschen anders. Um ungestört trällern zu können mietet man sich bei KTV einen eigenen Raum, der aber locker ein kleiner Club sein könnte. Mit eigener Bar, riesiger Sitzecke und einem Dancefloor. Und noch mehr Essen und Getränken. Zum Abschluss des Abends haben wir dann alle gemeinsam „gangnam style“ getanzt. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Professor Yang, ohne den wir weitaus weniger gelernt und erlebt hätten. Von den anderen Stundenten waren drei der Mädels in der dermatologischen Ambulanz. Hier seien sie allerdings mehr in der Zuschauerrolle gewesen. Sie haben zwar nicht viel selbst machen dürfen, aber dafür echt abgefahrene Sachen gesehen. Zwei andere Studenten haben einen zweiwöchigen Kurs in Traditionell Chinesischer Medizin belegt und können es nur Jedem weiterempfehlen. Das wäre etwas, was ich wahrscheinlich gemacht hätte, wäre ich noch mal da. Bei Ankunft kann man die Fachbereiche leider nicht mehr umändern. Ach ja, und Kittel braucht ihr auch nicht mitzubringen. Die gibt es dort. Wir waren die anderen beiden Wochen in der Anästhesie bei Frau Dr. Hui. Da konnten wir dann auch echt viel selbst machen. Intubieren. Extubieren. Narkose ein- und ausleiten. Arterielle und venöse Zugänge legen. Und das Ganze mit musikalischer Untermalung von Sarah Connor und Marc Terenzi. Sie betreut parallel immer drei OP– Säle, meistens in der Thoraxchirurgie, so dass wir täglich Lungentumoren aller Art zu Gesicht bekamen. Ansonsten läuft hier täglich eine Whipple-OP. Dazu die wohl Schnellste, die ich je gesehen habe. Irgendwas mit der Leber ist eigentlich auch immer. Hier und da mal ein Knoten in der Brust oder in der Schilddrüse. Nichts jedoch im Vergleich zum Kaiserschnitt bei dem wir assistieren durften. Ziemlich eklig. Aber doch auch irgendwie schön. Fazit China ist in jedem Fall eine Reise wert und auch wenn Wuhan nicht die schönste Stadt der Welt ist, so ist sie ein super Ausgangspunkt für diverse Wochenendtrips. Auch wenn ihr mal einen Freitag oder Montag frei haben möchtet, so ist das überhaupt kein Problem. Die Ärzte sind alle sehr nett und freuen sich, wenn man das Land und die Menschen kennen lernen will. Das Tongji Medical College ist ein sehr modernes Krankenhaus und sehr viel größer als die meisten Deutschen. Allein die Neurochirurgie hat zwölf OP – Säle. Insgesamt gibt es weit über 50. Das chirurgische Gebäude ist vergleichbar mit unseren Krankenhäusern. Alles ist sehr sauber und die Säle schienen zum Teil moderner ausgestattet als hier. Nur mit dem Desinfektionsmittel auf den Stationen nimmt man es nicht ganz so ernst. Da würde ich mir auch ein Fläschchen mitbringen. Oder zwei. Und vielleicht auch ein paar Handschuhe. Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Gesundheitssystem ist, dass die Angehörigen das Essen der Patienten mitbringen, sie waschen, anziehen und dementsprechend auch dort nächtigen. Das führt natürlich dazu, dass die Stationen und Flure überproportional voll sind, was aber kein wirkliches Problem darstellt. Allein für die Famulatur würde ich wahrscheinlich nicht nach China fliegen, da die Flüge nicht ganz billig sind, aber zusammen mit den Wochenendtrips oder noch ein bisschen Zeit vorne / hinten dran lohnt es sich wirklich. Wir sind zum Beispiel für 50 Euro und in nur zwei Stunden weiter nach Bangkok geflogen. Also tut es