Hohner The Prinz

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Hohner The Prinz
Hohner
The Prinz
Im Dezemberheft von Gitarre und Bass wurde eine Gitarre aus Deutschland
beschrieben, die schon viele auf Bildern oder Videos gesehen haben. Die Tele
von Prince. Bei Ebay konnte ich ein Exemplar ersteigern. Doch zuerst der
Artikel:
Dass Prince seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht nur als Sänger, sondern auch
als sehr eigenständiger E-Gitarrist überzeugt, wissen nicht nur Leser dieses
Magazins. Und bekanntlich hat der großartige Musiker aus Minneapolis dabei
auch immer mal wieder auf Instrumente „Made in Germany“ zurückgegriffen,
so z.B. seine bizarren Auerswald-Gitarren. Aber da gab´s noch eine: Nein, was
auf den ersten Blick wie eine sonderangefertigte honigblonde Fender Telecaster
aus dem Custom-Shop aussieht, kommt aus Trossingen und zwar vom
Hersteller Hohner – landläufig eher bekannt für Mundharmonikas und
Akkordeons.
Prince spielt den Vorläufer der hier zu
sehenden Gitarre angeblich schon zu Beginn
seiner Karriere: eine sehr freie Kopie der
52er Fender Telecaster aus der ProfessionalSerie. Vor allem der Live-Einsatz machte
die Gitarre natürlich sehr populär. Doch es
dauerte bis Ende der 80er, dass Hohner aus
dem Professional-Serienmodell eine QuasiSignature-Gitarre machte. Allerdings deutet
die Namensschreibung von „The Prinz“
nicht auf gute Kontakte nach Minneapolis
hin.
Fender verbot kurze Zeit später den Nachbau, weil dessen Kopfplattenform
mehr oder weniger exakt von der Telecaster kopiert war. Hohner reagierte mit
einer etwas anderen Version: „TE Prinz“.
Was bekommt man für sein Geld? Nun, abgesehen vom gewissen Kick, den
Prince-Fans erleben, wenn sie diese Gitarre spielen, ist die Hohner ein gut
aussehendes, eigenwilliges Instrument, und eine nicht gerade alltägliche
Variation des Tele-Themas.
Etwas hat sie schon noch vom urigen Flair
der 60er-Kopien von Framus, Höfner oder
Hoyer, wenn man sich z.B. mal die
Umgebung des Bridge-Pickups anschaut.
Aber die Hohner ist wesentlich besser
konzipiert und aufwändiger konstruiert.
Ihr dreiteiliger Korpus besteht
aus kalifornischem Ahorn und
einem 2 cm breiten Mittelteil aus
Nußbaum. Der Korpus ist mit
braunem Perloid-Bindings
eingefaßt.
Aus dem gleichen Material besteht
auch das Pickguard und die
ungewöhnliche Einfassung des BridgeTonabnehmers. Der einteilige
angeschraubte Hals ist im
Neigungswinkel verstellbar, relativ
schlank und besteht angeblich aus
„kanadischem Bergahorn“.
Die 21 Bundstäbchen sind recht
kräftig und hoch. Auf der Teletypischen Kopfplatte sitzen
geschlossene Mechaniken, die
Saiten werden über einen
Graphitsattel geführt.
Stegseitig finden sich recht massive Reiter, an denen Saitenlage und
Oktavreinheit des Instruments eingestellt werden können.
Die Signale der beiden Höhner-Professional-Singlecoils (GS-1) mit erhöhten,
der leichten Griffbrettwölbung angepaßten Magneten werden über einen
Dreiwegschalter, einen Volumen- und einen wirklich effektiv arbeitenden
Tonregler zur Ausgangsbuchse geführt. Die Gitarre klingt sehr brillant und
klar, hat aber bei Einsatz des in Halsposition sitzenden Tonabnehmers
ordentlich Bauch, Durchsetzungsvermögen und ein beachtliches Sustain.
Wer den singenden, verzerrten und etwas hohl klingenden ton der typischen
Prince-Ballade sucht, braucht beide Pick-Ups und den zurückgedrehten
Tonregler.
So weit zum Artikel.
Jetzt mußte erst einmal ordentlich bei Ebay geboten werden. Ich bekam den
Zuschlag für ein Instrument, das Ende der 80er Jahre hergestellt worden ist.
Die Baustelle befand sich in einem Rechteckkoffer, der mit einem
Reißverschluß geöffnet wurde. Nachdem eine Madenschraube an einem
Stegreiter ergänzt wurde und die Ausgangsbuchse getauscht war, konnte man
den Ansatz des Klanges schon ahnen –wohl nicht schlecht. Am nächsten Tag
habe ich die Gitarre dann in einen spielbaren Zustand versetzt: Der
Halstonabnehmer war verkehrt herum eingesetzt worden, der PU-Wahlschalter
mußte wieder gängig gemacht werden. Die Potentiometer kratzten sehr. An
der Hardware hätte man sich insgesamt bessere Teile gewünscht. Die
Bundstäbchen sind bereits einmal heruntergeschliffen worden, allerdings nicht
verrundet. Die müssen noch mal neu. Jetzt noch vernünftige Saiten (10-46)
drauf und die Tonabnehmer hochgedreht: Ah da kommt es ja, das Feeling von
Purple Rain.
Ein schönes Stück Holz!