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Goldankauf in Kolumbien. Ist Kontrolle möglich? Gold Team ask 30. November 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Probleme rund um das kolumbianische Gold 2.1 Informeller Bergbau . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Akteure und Umfang . . . . . . . . . . . 2.1.2 Umweltaspekte . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Soziale Aspekte . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Goldankauf . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gold und Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Finanzierzung von bewaffneten Gruppen 2.2.2 Geldwäscherei durch Goldhandel . . . . . . . . . . . . 3 3 4 4 5 5 6 6 6 3 Bajo Cauca Antioqueño 3.1 Präsenz und Umsatz bewaffneter Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Rekordverdächtige Verseuchung mit Quecksilber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Armut trotz Goldvorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 9 10 10 4 Schlussfolgerung 11 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . durch Goldabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Einleitung Aktuell wird Gold in Kolumbien meistens im informellen Bergbau produziert, da die Grossprojekte durch Unternehmen erst aufgezogen werden. Welche Produktionsverfahren sind üblich? Welche Akteure sind in diesem Bereich aktiv? Was bedeutet das für den Konsumenten? Kann der Käufer von kolumbianischem Gold wissen, unter welchen Umständen dieses produziert wurde? Können Schweizer Firmen mit gutem Gewissen Gold aus Kolumbien beziehen? Die ask hat sich diese und weitere Fragen gestellt und hat nachgeforscht, welche Probleme im Zusammenhang stehen mit der Goldproduktion in kleinen oder mittleren Betrieben. Wenn man über den informellen Sektor redet, stellt man sich oft Strassenverkäufer vor. In Zusammenhang mit Goldproduktion denkt man an einzelne Schürfer, welche ihr tägliches Brot beim Goldwaschen erwerben, und zwar nur mit rudimentärer Ausrüstung, zum Beispiel Schaufel, Goldwaschsieb und -pfanne. Dies ist leider nur ein Teil der Wahrheit. Am Goldgeschäft nehmen nicht nur Grosskonzerne oder einzelne Goldschürfer als Selbstversorger teil, das sind nur zwei Extremfälle. Organisierte Banden, welche mit semi-industrieller Ausrüstung landesweit Goldreserven ausbeuten, sind ebenso beteiligt wie die Akteure des bewaffneten Konflikts, welche einen zunehmend grösseren Anteil ihres Einkommens in diesem Sektor erwirtschaften. Undurchsichtige Exportgeschäfte mit geschmuggeltem Gold dienen der Geldwäscherei und fördern die Korruption lokaler Amtsträger. Die Umwelt leidet sehr stark unter dem unkontrollierten Bergbau: Um schneller an grosse Mengen Gold zu kommen werden meistens Cyanide und Quecksilber eingesetzt, selbst durch einzelne Bergmänner, was schwerwiegende Luft- und Wasserverschmutzung zur Folge hat. Wenn grosse Nassbagger an einem Fluss vorbeiziehen, hinterlassen sie eine dauerhaft zerstörte Landschaft. Am Ende fliesst dieses Gold – dessen Produktion in den betroffenen Gebieten einen durchwegs negativen Saldo hat – in den legalen Handel ein. Die ask geht davon aus, dass ein beträchtlicher Anteil dieses Goldes in die Schweiz exportiert wird. Zum Beispiel sind 2009 rund 90% der Goldexporte aus dem Chocó, das mit Abstand ärmste Departement Kolumbiens, laut Statistiken der kolumbianischen Regierung in die Schweiz gekommen.1 In diesem Jahr wurden die Flüsse dieses Departements durch auswärtige Plünderer rücksichtslos heimgesucht. Zurück liessen sie verwüstete Flussufer und vergifteten Fisch, eine der wichtigsten Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung.2 In dem vorliegenden Bericht werden diese Missstände ausführlich dokumentiert. Anhand des Beispiels vom Gebiet Bajo Cauca wird verdeutlicht, wie Goldbestände für die lokale Zivilbevölkerung nicht immer ein Segen sind, sondern viel öfters Entwicklungen hervorrufen, welche das ohnehin harte Leben im kolumbianischen Hinterland zusätzlich beeinträchtigen. Angesichts dieser Tatsachen wünscht sich die ask mehr Transparenz von Seiten der Schweizer Firmen, welche im Goldgeschäft tätig sind. 1 Departamento Administrativo de Estadística (DANE), Informe de Coyuntura Económica Regional 2009 Chocó, 2010, Seite 21. http://www.dane.gov.co/files/icer/2009/choco_icer_II_sem_09.pdf. 2 Revista Semana, Los dragones del oro, 07.03.2009. http://www.semana.com/nacion/dragones-del-oro/121483-3. aspx, Stand am 25.11.2011. 2 2 Probleme rund um das kolumbianische Gold Gold wird in Kolumbien sowohl in grossem Rahmen durch registrierte Firmen wie in mittlerem und kleinem Rahmen durch die informelle Wirtschaft oder illegale Gruppen abgebaut. Auf die Probleme des legalen industriellen Goldbergbaus wird in diesem Bericht nicht eingegangen. Goldbergbau in kleinerem Rahmen erfolgt oft durch kriminelle Banden oder unter der Kontrolle von bewaffneten Gruppen. Das Gold, das sich in Kolumbien im Umlauf befindet, ist nicht notwendigerweise in Kolumbien neu abgebautes Gold. Neben dem normalen Altgoldhandel gibt es nämlich verschiedene Goldschmuggelschemata. Bewaffnete Gruppen erzielen mit Schmuggelgold Einkommen und Rauschgifthändler waschen Geld mit Tätigkeiten im Goldhandel. 2.1 Informeller Bergbau Bergbau ohne Einschreibung im Nationalen Minenregister, also ohne Bergbautitel und ohne Umweltlizenz, ist laut Gesetz illegaler Bergbau. Auf diesen illegalen Bergbau wird auch mit dem Begriff minería de hecho verwiesen, der die soziale Bedeutung des informellen Bergbaus reflektieren soll. In diesem Bericht werden dafür abwechselnd die Termen illegaler Bergbau und informeller Bergbau verwendet. Die Gesetzgebung zu Bergbau macht innerhalb der minería de hecho noch das Konzept der minería tradicional aus: Bergbauer, die nicht im Minenregister verzeichnet sind, aber über fünf Jahre ohne Unterbruch und seit mindestens zehn Jahren Gold gefördert haben. Diese zwei Voraussetzungen sind nötig um eine Legalisierung überhaupt beantragen zu können. Die Tatsache, dass eine Legalisierung für gewisse informelle Betriebe möglich ist, erzeugt eine rechtliche Grauzone.3 Abbildung 1: Zusammenhang zwischen den verschiedenen Begriffe. Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seite 23. 3 Zu der Terminologie und für einen umfassenden Bericht zum informellen Bergbau in Kolumbien sehe: Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, 2010, Seiten 21–23. http://www.defensoria.org.co/red/anexos/ publicaciones/mineriaColombia.pdf 3 2.1.1 Akteure und Umfang Involviert im informellen Bergbau sind einerseits arme Familien (Selbstversorgung) oder informelle Unternehmer aber auch kriminelle Banden. Dabei handelt es sich nicht nur um die lokale, mit traditionellen Methoden arbeitende Bevölkerung, sondern auch um Siedler, welche mit semi-industrieller Ausrüstung tätig sind.4 Informeller Bergbau ist nicht immer informelle Wirtschaft5 . In manchen Fällen verzichten die kleinen Bergmänner auf die Legalisierung ihrer Tätigkeit wegen den damit verbundenen Kosten. Öfters jedoch werden Bergbauaktivitäten deswegen nicht legalisiert, weil der Abbau auf schon für Dritte titulierten Gebieten erfolgt, oder weil verbotene Verfahren angewendet werden, womit keine Aussichten auf eine Lizenz bestehen. Oft ist der informelle Bergbau Bestandteil der kriminellen Wirtschaft. Es gibt verschiedene Schätzungen über den Anteil des informellen Bergbaus an der gesamten Goldproduktion in Kolumbien. Alle gehen davon aus, dass das kolumbianische Gold mehrheitlich in informellen Betrieben gewonnen wird. 2010 stammten nur 14% der Goldproduktion aus legal registrierten Betrieben.6 In Antioquia erfolgt 45% der Produktion in kleinerem Rahmen. Auch die kolumbianische Handelskammer für Bergbau bemängelt das Ausufern des illegalen Bergbaus.7 Eine aktuelle Studie der nationalen Sicherheitsagentur DAS stellt fest, dass 50% der Minen in Kolumbien illegal sind und mehrheitlich von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden. In dieser Studie wird nicht nur der Goldbergbau betrachtet, sondern auch Silber, Kohle usw. Dem Gold wird jedoch die erste Stelle eingeräumt.8 2.1.2 Umweltaspekte Quecksilber und verschiedene Cyanide werden im kleinen und mittleren Goldabbau rege eingesetzt. Dies geschieht aus verschiedenen Gründen: Erstens wird damit der Ertrag gesteigert, zumindest im Vergleich mit traditionellen Methoden, wie normalem Goldwaschen. Zweitens sind die Preise dieser Chemikalien relativ tief und deren Einsatz setzt weder spezielle Ausrüstung noch Ausbildung voraus. Zudem sind ihre verheerenden Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt nicht unmittelbar spürbar. Wegen Mangel an Kenntnissen sind sich ihre Anwender nicht vollständig den negativen Effekten bewusst, setzen grössere Mengen als nötig ein und kennen keine alternative Verfahren. Kolumbien ist das Land in welchem die grösste Menge pro Kopf an Quecksilber freigesetzt wird.9 Die Methoden des kleineren Bergbaus werden nicht kontrolliert und stellen grosse Gefahren dar, sowohl für die Arbeiter als auch für die Umwelt. Nachhaltige Zerstörung der Landschaft, Verschmutzung der Luft oder Verseuchung der Fischbestände sind keine Ausnahme.10 4 Derselbe, Seiten 23–24. Informelle Wirtschaft sind in der Regel Tätigkeiten welche eigentlich legal sind, bei den Behörden jedoch nicht registriert sind. 6 Revista Dinero, La nueva lavandería, Edición 375, 09.06.2011. http://www.dinero.com/caratula/ edicion-impresa/articulo/la-nueva-lavanderia/120971, Stand am 12.09.2011. 7 Portafolio.co, Sector minero perdería un billón de pesos por ilegalidad , 12.06.2011. http://www.portafolio.co/ economia/sector-minero-perderia-un-billon-pesos-ilegalidad, Stand am 12.09.2011. 8 El Espectador, Minería ilegal, en expansión, 4.10.2011. http://www.elespectador.com/impreso/judicial/ articulo-303611-mineria-ilegal-expansion, Stand am 5.10.2011. 9 Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seiten 53–55. 10 Derselbe, Seite 58, und Unidad de Planeación Minero Energética (UPME), Producción más Limpia en la Minería del Oro en Colombia, 2007, Seiten 9–13. http://www1.upme.gov.co/index.php?option=com_phocadownload&view= category&download=49:produccion-mas-limpia. 5 4 2.1.3 Soziale Aspekte Das Thema Bergbau wird in Kolumbien oft in Zusammenhang mit wirtschaftlichem Wachstum gesetzt, sowohl auf Regierungsebene wie teilweise in den betroffenen Dörfern. Manche Beobachter erwarten vom Bergbau einen zusätzlichen Impuls, um die kolumbianische Wirtschaftslage sowie den Entwicklungsstand der betroffenen Gebiete zu verbessern. Teilweise werden Bergbauprojekte von der lokalen Bevölkerung deswegen befürwortet. Dabei handelt es sich jedoch immer um den formellen Bergbau durch etablierte Firmen, oder um Gemeinschaftsprojekte mit internationaler Zertifizierung, jedenfalls nicht um informellen unkontrollierten Bergbau. Dieser ist zwar teilweise die Existenzgrundlage für arme Familien, es wird jedoch von ihm keine nachhaltige Entwicklung erwartet. Insbesondere nicht von dem von kriminellen Banden geführten Bergbau, der einer zerstörerischen Plünderung gleicht. Ein weiteres Problem sind die prekären Arbeitsbedingungen und die Einhaltung minimaler Arbeitsstandards im informellen Bergbau, meist hervorgerufen oder verschlimmert durch den Einfluss von kriminellen Banden und bewaffneten Gruppen. Neben sozioökonomischen Aspekten – angemessene Entlohnung oder Vereinigungsfreiheit lassen sich im illegalen Kontext nicht durchsetzen – ist die Sicherheit der Arbeiter in unkontrollierten Betrieben sehr problematisch. Diese Betriebe halten keine Vorschriften ein und verfügen nicht über notwendiges technisches Wissen, mit dem Ergebnis, dass die Bergmänner erhöhten Gefahren ausgesetzt sind. Todesfälle in Folge von Stolleneinstürze in Untertagebau oder unter Wasser im Flussbett, sind nur die eklatantesten Missstände. Ihre Gesundheit ist laufend gefährdet: aus Mangeln an Ventilation, wegen exzessiver Feuchtigkeit, erhöhter Wärme und Sauerstoffmangel, wegen der während der Sprengung freigesetzten Gase, wegen fehlender geeigneter Ausrüstung usw.11 Zudem wird Kinderarbeit im kolumbianischen Goldabbau festgestellt.12 2.1.4 Goldankauf Das Gold aus dem informellen Bergbau fliesst durch die Goldankaufstellen in die formelle Wirtschaft. In einer Goldankaufstelle in einer Gemeinde mit Goldvorkommen geht man davon aus, dass das gekaufte Gold von traditionellem Bergbau in der Umgebung stammt. Das Gold wird dort zum ersten Mal angemeldet und die Förderabgaben sind zu diesem Zeitpunkt fällig. Diese werden dann zwischen Gemeinden und Departement verteilt. Die Ankaufstelle bezahlt für das hergebrachte Gold bar und sofort. Die Mitarbeiter sind nicht in der Lage den realen Ursprung des Goldes oder deren legitimen Besitzer zu kennen. Die Kontrolle beim Goldankauf durch private Akteure basiert auf gutem Glauben.13 Die Produktionszahlen der verschiedenen Gemeinde und Departemente schwanken teilweise so schnell, dass man annehmen muss, dass ein Grossteil des Goldes nicht in dem Ort produziert wird, in dem der Eintritt ins legale System erfolgt. Es wird teilweise Gold in Gemeinden angemeldet, in denen es keine Minen gibt. Das ist ein eindeutiges Zeichen für Korruption.14 11 Unidad de Planeación Minero Energética (UPME), Producción más Limpia en la Minería del Oro en Colombia, Seiten 9–13 und Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seiten 35–38. 12 Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seiten 53–55 und U.S. Department of Labor (DOL), List of Goods Produced by Child Labor or Forced Labor, 2009, Seiten 15 und 85. http://www.dol.gov/ilab/programs/ ocft/pdf/2009TVPRA.pdf. 13 Revista Dinero, La nueva lavandería. 14 Derselbe. 5 Besitzer von illegalem Gold suchen offenbar die Gemeinden und Departemente in denen sie die besten Bedingungen finden. Die für den traditionellen Bergbau vorgesehenen Goldankaufstellen erlauben es dem Gold aus kriminellem Umfeld, ins legale Handelssystem zu fliessen. 2.2 Gold und Konflikt Zahlreiche Beobachter haben festgestellt, dass verschiedene bewaffnete Gruppen auf Goldgeschäfte umgestiegen sind, nachdem der Kokainhandel erschwert worden ist.15 2.2.1 Finanzierzung von bewaffneten Gruppen durch Goldabbau Guerrilla Gruppen (FARC und ELN) sowie die sogenannten Bacrim (kriminelle Banden, ehemalige Paramilitärs) erzielen Einkommen, indem sie Goldextraktion und -handel im Hinterland kontrollieren oder anwesende Mineure erpressen (Schutzgeld). Im Vergleich zum Rauschgifthandel gelingt ihnen dies viel einfacher, da sowohl Endprodukt wie Inputs legal sind. Illegale Gruppen haben nachweislich wenig Mühe, ihr Gold – ob neu abgebaut oder hergeschmuggelt – in die legalen Handels- und Exportwege einzufügen. Dazu genügt es, das Gold in genügend kleinen Mengen dosiert an Ankaufstellen und Giessereien zu bringen.16 2.2.2 Geldwäscherei durch Goldhandel Schon bevor die bewaffneten Gruppen ins Geschäft eingestiegen waren, hatten Rauschgifthändler das Gold als Mittel entdeckt, um ihren im Ausland erzielten Umsatz zurück nach Kolumbien zu holen.17 Die Financial Action Task Force (FATF) identifizierte 2006 gar zwei Schemata, wie kolumbianische Kartelle durch internationalen Goldhandel Geld waschen.18 Kolumbien ist kein FATF-Mitglied, dafür ist das Land im regionalen Ableger GAFISUD vertreten. GAFISUDs «mutual evaluation report» für Kolumbien stellt fest, dass die meisten 40+8 FATF-Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung nur teilweise oder gar nicht implementiert worden sind.19 Insbesondere ist die FATF-Empfehlung 24 gar nicht umgesetzt worden.20 Diese fordert Regulierung- und Überwachungssysteme betreffend Terrorismusfinanzierung für sogenannte «designated non-financial businesses and professions»; zu dieser sensiblen Kategorie zählen gemäss FATF-Richtlinien auch Edelmetallhändler. 15 Auch Präsident Santos hat dies zugegeben. Siehe unter Anderem: World Politics Review, Latin America’s Narco-Traffickers Diversify, Again: Part I, 07.04.2011. http://www. worldpoliticsreview.com/articles/8443/latin-americas-narco-traffickers-diversify-again-part-i, Stand am 13.09.2011. BBC Mundo, La minería ilegal financia al crimen en Colombia, 11.03.2011. http://www.bbc.co.uk/mundo/ noticias/2011/03/110310_colombia_mineria_ilegal_az.shtml, Stand am 13.09.2011. 16 Revista Dinero, La nueva lavandería. 17 Revista Semana, No todo lo que Brilla es Oro, Edición 1241, 11.02.2006. http://www.semana.com/nacion/ no-todo-brilla-oro/90723-3.aspx, Stand am 13.09.2011. 18 Financial Action Task Force (FATF), Trade Based Money Laundering, 23 June 2006, Seiten 13–14. http://www. fatf-gafi.org/dataoecd/60/25/37038272.pdf 19 Grupo de Acción Financiera de Sudamérica (GAFISUD), Informe de Evaluación Mutua de Colombia, 22.11.2004. http://www.gafisud.info/pdf/InformeColombia_1.pdf 20 Derselbe, Seite 150. 6 Heutzutage erfolgt der Rauschgiftschmuggel nach Europa oder Nordamerika über Nachbarländer oder mit Zwischenverkäufen in Mittelamerika, zum Beispiel in Mexiko. Entsprechend sieht ein praktiziertes Geldwäscheschema aus: 1. Ein kolumbianisches Kartell schmuggelt Rauschgift in ein Nachbarland und verkauft es für Bargeld an Zwischenhändler. 2. Damit wird entweder auf dem Markt oder im Untergrund Gold gekauft. Dieses wird über die gleichen Wege zurückgeschmuggelt. 3. In Kolumbien wird das Gold als Altgold oder als lokal abgebautes Gold deklariert und somit in die legalen Exportkanäle eingespiesen. 4. Das exportierte Gold erlaubt den Zufluss von Devisen. Das Kartell erhält in Kolumbien sauberes Bargeld. Dies ist besonders günstig wenn das zurückgeholte Gold direkt aus einer informellen Mine kommt. So muss der Minenbetreiber im Nachbarland keine Förderabgaben bezahlen (und bekommt einen besseren Preis, falls der Markt dort nicht liberalisiert ist, bzw. der Staat der einzige legale Käufer ist). Zudem kann in Kolumbien das Gold noch einfacher an eine Ankaufstelle gebracht werden. Die Förderabgaben, die in Kolumbien anfallen, werden oft zurückgewonnen, indem lokale Autoritäten im korrupten Handel mitziehen.21 3 Bajo Cauca Antioqueño Das Bajo Cauca Antioqueño22 ist ein Gebiet in dem alle oben genannte Probleme auftreten. In einer Handvoll benachbarter Gemeinden erfolgt ein beträchtlicher Anteil der Goldproduktion in Kolumbien; ein grosser Teil dieser Produktion erfolgt durch informellen Bergbau. In diesem Gebiet befinden sich zahlreiche Goldankaufstellen, die dann die traditionsreichen Giessereien Medellins beliefern. Da diese gleichzeitig Exporteure sind, erscheint die Lieferkette zwischen den illegalen Akteuren und dem Ausland besonders kurz. Hier folgt eine Auflistung negativer Meldungen in Zusammenhang mit Gold, welche folgende Gemeinden betreffen: Caucasia, Nechí, El Bagre, Zaragoza, Segovia, Remedios. Diese Gemeinden sind alle benachbart, durch Flusswege vergebunden und liegen in einem gemeinsamen Einzugsgebiet (siehe Abbildung 2). Informeller Bergbau ist in dieser Region weit verbreitet.23 Im Rio Tigüí, der in den Rio Bagre mündet, waren 2009 mindestens zehn illegale Nassbagger aktiv. Diese und weitere informelle Akteure bauen Gold von Gebieten ab, welche eigentlich an Mineros SA tituliert sind. Diese Firma bemängelt diese Missstände, unter anderem weil die illegalen Akteure keine Umweltstandards einhalten.24 21 Revista Dinero, La nueva lavandería, und Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seiten 26–28. Bajo Cauca ist eine Subregion im Nordosten vom Departement de Antioquia. Das Gebiet ist nach dem Fluss Cauca benannt, es handelt sich nämlich um die tiefsten Gebiete in Antioquia, welche am Cauca liegen. Die Liste der hier behandelten Gemeinden weicht jedoch von der administrativen Subregion ab. 23 Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seiten 173–176. 24 Revista Dinero, Las dos Caras del Oro, Edición 340, 11.12.2009. http://www.dinero.com/edicion-impresa/ negocios/articulo/las-dos-caras-del-oro/88162, Stand am 14.09.2011. 22 7 Abbildung 2: Nord Ost von Antioquia, inklusive Bajo Cauca. 8 Umweltbehörden schätzen, dass mehr als 2000 grössere Nassbagger im Bajo Cauca aktiv sind, in den Flüssen Cauca, Man, Nechí und Cacerí, unter anderen.25 3.1 Präsenz und Umsatz bewaffneter Gruppen FARC, ELN und Paramilitärs sind schon im letzten Jahrzehnt stark im Bajo Cauca präsent gewesen.26 Jetzt ist auch ihr Einfluss auf das Goldgeschäft von Gewicht: Der Bajo Cauca stellt einen paradigmatischen Fall der Transition von Kokain zu Gold seitens der bewaffneten Gruppen dar. In diesem Gebiet war nämlich die Bekämpfung der Kokaplantagen besonders erfolgreich und umso wichtiger ist jetzt der Goldabbau als Finanzierungsquelle für den Krieg geworden.27 In diesem Zusammenhang schreibt The New York Times: More than 60 grenade attacks were carried out last year in Caucasia, a city of about 100,000 with a downtown district of gold-buying shops. They largely involved two armed groups, the Urabeños and the Rastrojos, vying for control over gold mines and, to some extent, the cocaine trade. Both groups are thought to have more than 1,200 fighters in their ranks. Each emerged from the paramilitary groups that were supposed to have demobilized years ago. At times, these heirs to the paramilitaries work with FARC, illustrating the post-ideological nature of today’s conflict. But score-settling between these groups and urban FARC operatives also takes place, lifting Caucasia’s homicide rate to 189 per 100,000 inhabitants last year, compared with a national average of only 35 per 100,000, according to federal officials. Im gleichen Artikel wird festgestellt, dass Goldminen und Bergbauarbeiter im Corregimiento de Cargueros, in der Gemeinde Nechí, vollständig unter Kontrolle der bewaffneten Gruppen stehen.28 Die Polizei meldet, 2009 sei die Kontrolle der FARC über die Gebiete mit Goldminen in El Bagre und Nechí fast vollkommen gewesen. Die Mineure erpressend erzielten sie einen Umsatz von ungefähr US$844 000 pro Jahr. Am 11. März 2010 wurde El Flaco Ramiro – dem Secretariado der FARC nahestehend, für die Bergbau Aktivitäten der FARC im Gebiet zuständig – in einer Kneipe im Weiler La Corona, Gemeinde el Bagre, von Polizei und Armee in einer Schiesserei umgebracht.29 Kriminelle Strukturen aller Sorten – zum Beispiel die bekannte Bande von Auftragsmördern ‘Los Paisas’ – beteiligen sich an Minen im Bajo Cauca. Nach Regierungsquellen eroberte der wichtige Paramilitärführer ‘Macaco’ in einem blutigen Kleinkrieg 50 Goldminen in diesem Gebiet. Salvatore Mancuso – ex Befehlshaber der AUC (Paramilitärs) – hat gestanden, mit Gold aus Panama Geld 25 Revista Semana, Oro manchado de sangre, 2.10.2010. http://www.semana.com/nacion/oro-manchado-sangre/ 145430-3.aspx, Stand am 14.09.11. 26 Observatorio del Programa Presidencial de Derechos Humanos y DIH, Panorama actual del Bajo Cauca Antioqueño, Dezember 2006. http://www.derechoshumanos.gov.co/Observatorio/Publicaciones/documents/2010/ Estu_Regionales/bajocauca.pdf 27 Revista Semana, Oro manchado de sangre. 28 The New York Times, New Gold Rush Fuels Old Conflict, 03.03.2011. http://www.nytimes.com/2011/03/04/world/ americas/04colombia.html, Stand am 13.09.2011. 29 AméricaEconomía, El lucrativo negocio de las FARC de la explotación de minas de oro en Colombia, 17.11.2010. http://www.americaeconomia.com/politica-sociedad/mundo/el-lucrativo-negocio-de-las-farc-de-laexplotacion-de-minas-de-oro-en-colomb, Stand am 13.09.2011. 9 gewaschen zu haben. Ein Teil dieses Goldes wurde im Bajo Cauca verkauft, mit der Mitarbeit der lokalen Bürgermeister.30 3.2 Rekordverdächtige Verseuchung mit Quecksilber Die Gemeinden von Remedios, Segovia und Zaragoza weisen die höchste Verseuchung mit Quecksilber weltweit auf. Eine Studie im Auftrag der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) dokumentiert, wie die Quecksilberkonzentration in gewissen Orten im urbanen Raum dieser drei Gemeinden den Richtwert der Weltgesundheitsorganisation um das Tausendfache überschreitet. In Remedios werden deswegen jährlich etwa 15 Nierentransplantationen durchgeführt.31 In diesem Gebiet sind ungefähr 150 000 Leute den ausserordentlich hohen Quecksilberkonzentrationen ausgesetzt. Atembeschwerden, Impotenz, Gedächtnisverlust, Schäden an Zahnfleisch und Nieren, Zittern und Wahnsinn, und im Extremfall der Tod sind die Folgen davon. Das in die Gewässer gefallene Quecksilber kann zu Genmutationen führen, diese bleiben bis jetzt jedoch weitgehend unerforscht. In den 98 Goldankaufstellen dieser Gemeinden wird Gold durch Quecksilber getrennt; die UNIDO empfiehlt diese Praxis zu unterlassen, sowie die Entfernung jeglicher industrieller Tätigkeit im Zusammenhang mit Gold aus dem urbanen Raum.32 3.3 Armut trotz Goldvorkommen Das Goldfieber hat im Bajo Cauca viel Bargeld in Umlauf gebracht; Armutszeichnen wie Mangel an Infrastruktur und an öffentlichen Einrichtungen sind jedoch nicht verschwunden. Wegen des einfachen Geldes bricht zudem die Gesellschaft auseinander. Die Gemeinden haben zwar zusätzliche Einnahmen wegen den Förderabgaben, aber die grassierende Korruption und Verflechtungen mit illegalen Gruppen verhindern eine sinnvolle Investition dieser Geldern. Diese Mehreinnahmen sind in den betroffenen Dörfern nirgends zu spüren.33 Im Jahr 2006 wohnten 94.8% der Bevölkerung in der Subregión Bajo Cauca unter der Armutslinie.34 Noch dieses Jahr stellte eine Regierungstelle fest, Bajo Cauca sei eine der ärmsten Regionen in Antioquia.35 Morde im Zusammenhang mit Gold sind keine Ausnahme. Neben den nicht-politischen Straftaten gibt es auch politische Gewalt im Zusammenhang mit Arbeitsrechten. So wurde im Juli in Segovia ein Vertreter kleiner Bergmänner und Gewerkschaftler in einem Attentat von einer Bande bewaffneter 30 El Colombiano, El Dorado de las Bandas Criminales, 03.10.2010. http://www.elcolombiano.com/ BancoConocimiento/E/el_dorado_de_las_bandas_criminales/el_dorado_de_las_bandas_criminales.asp, Stand am 23.09.2011. 31 Marcello VEIGA. Antioquia, Colombia: El lugar más contaminado con mercurio en el mundo: impresiones de dos visitas de campo, UNIDO, Januar 2010. Zitiert nach: Defensoría del Pueblo, Minería de Hecho en Colombia, Seite 39. 32 El Tiempo, La ‘peste’ plateada que ataca a los pueblos del oro en Antioquia, 20.10.2010. http://www.eltiempo.com/ colombia/antioquia/ARTICULO-WEB-NEW_NOTA_INTERIOR-8165001.html, Stand am 23.09.2011. 33 Revista Dinero, Las dos Caras del Oro. 34 Gobernación de Antioquia, Departamento Administrativo de Planeación, Antiquia en Cifras, Subregión Bajo Cauca, http://www.antioquia.gov.co/antioquia-v1/antioquiaencifras/, Stand am 30.09.2011. 35 RCN Radio, Urabá y Bajo Cauca son las regiones más pobres del Antioquia de acuerdo con Planeación Departamental, 14.01.2011. http://www.rcnradio.com/noticias/14-01-11/ urab-y-bajo-cauca-son-las-regiones-m-s-pobres-del-antioquia-de-acuerdo-con-planeac, Stand am 30.09.2011. 10 Männer erschossen.36 Jüngst wurde in El Bagre der Präsident des Vereins kleiner Bergmänner von Puerto Lopez (Corregimiento der Gemeinde El Bagre) auf dem Weg zu einem Protesttag ermordet.37 4 Schlussfolgerung Informeller Goldbergbau in Kolumbien ist zwar teilweise eine notwendige Einkommensquelle für die Bewohner der abgelegenen Fördergebiete, oft aber nur Tummelfeld der illegalen Wirtschaft. Die Verflechtungen mit bewaffneten Gruppen sind sehr eng. Der illegale Bergbau hinterlässt schwerwiegende soziale Missstände und zerstört die Umwelt so, dass Gesundheit und Ernährung der Bevölkerung nachhaltig und gravierend geschädigt bleiben. Zudem wird mit Goldbergbau und Goldschmuggel der anhaltende bewaffnete Konflikt finanziert und der Gewinn der Rauschgifthändler weiss gewaschen. All dies ist in den letzten Monaten im Bajo Cauca erfolgt. Das ist leider keine Ausnahme. Über verschiedene andere Gebiete kann man eine ähnliche Berichterstattung finden. Die Flüsse in Chocó oder im Corregimiento de Zaragoza, Buenaventura, Valle del Cauca, wurden schon von den Goldgräbern heimgesucht. Hinterlassen haben sie nur Zerstörung und Hunger. In Kolumbien werden die grossen Gold-Bergbauprojekte erst aufgezogen, ein grosser Teil des Goldes im Umlauf kommt daher entweder aus informellem Bergbau oder wurde vom Ausland her geschmuggelt. In beiden Fällen handelt es sich dabei um problematisches Gold, dessen Kommerzialisierung die Zerstörung der Landschaft, die Verseuchung der Flüsse, die Krankheit der Bewohner oder die Finanzierung krimineller Banden in den Fördergebieten begünstigt. Sobald es sich um Gold handelt, welches durch eine Goldankaufstelle in den Handel gekommen ist, ist die Kontrolle über seinen realen Ursprung unmöglich. Ebenso ist es unmöglich einen Zusammenhang mit den obigen Problemen auszuschliessen. Nicht nur können Missstände im Bereich Umwelt, Gesundheit, soziale Probleme, Konflikt oder Rauschgifthandel nicht ausgeschlossen werden, es ist sogar wahrscheinlich, dass diese Missstände tatsächlich aufgetreten sind, wenn Gold unbekanntes Ursprungs gekauft wird. Dies, weil unproblematisches Gold aus unkontrolliertem Bergbau eine Seltenheit darstellt: Sobald kleine Bergmänner in der Selbstversorgung ein nicht verschwindendes Goldvorkommen entdecken, verbreitet sich die Nachricht und bald sind mächtigere Interessen da. Dazu kommt, dass Quecksilber sogar vom Mineur, der ansonsten in keine illegalen Machenschaften verstrickt ist, meistens sorgenlos – aber in desaströsem Masse – eingesetzt wird. Dies zeigt die Wichtigkeit von Projekten um faires Gold. Erst wenn Gemeinschaften an einem Goldprojekt zusammenarbeiten und sich zusammenschliessen, um eine internationale Zertifizierung zu erlangen, ist Kontrolle über Umwelt- und soziale Standards möglich, gleichzeitig öffnet sich damit eine Entwicklungschance für die lokale Bevölkerung. 36 El Colombiano, En Segovia, asesinan a líder de pequeños mineros, 27.07.2011. http://www.elcolombiano.com/ BancoConocimiento/E/en_segovia_asesinan_a_lider_de_pequenos_mineros/en_segovia_asesinan_a_lider_ de_pequenos_mineros.asp, Stand am 23.09.2011. 37 reclamecolombia.org, Declaración de la Confederación Nacional de Mineros de Colombia sobre los resultados de la jornada nacional de protesta, 30.09.2011. http://www.reclamecolombia.org/index.php?option=com_ content&view=article&id=274, Stand am 09.10.2011. El Mundo, Caucasia: alta tensión por protestas, 30.09.2011. http://www.elmundo.com/portal/noticias/ antioquia/caucasia_alta_tension_por_protestas.php, Stand am 09.10.2011. 11