Nachrichtenorganisationen in Australien startklar für Sydney

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Nachrichtenorganisationen in Australien startklar für Sydney
Redaktion
Johanna Roughley
Juli / August 2000
zeitungstechnik
Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2000
Nachrichtenorganisationen
in Australien startklar für Sydney
Als IOC-Präsident Juan Antonio
Samaranch bekannt gab, dass die
Olympischen Sommerspiele 2000
in Sydney stattfinden würden,
schien alles noch so weit entfernt.
Doch nun läuft der Countdown,
die Spannung wächst und für die
Berichterstattung über diese
Mammut-Veranstaltung stellen
Medienorganisationen spezielle
Teams zusammen.
Personal eingestellt und für die Zeit der
Spiele eine Urlaubssperre verhängt.
APN und The Alliance
Für den in Brisbane ansässigen größten australischen Regionalzeitungsverlag
APN (Australian Provincial Newspapers)
war es nicht schwierig, zusätzliches Personal zu finden, da neben den Olympischen
Spielen nichts los sein werde, sagt Redakteur Dean Gould. Die Spiele werden zwei
Wochen lang die einzige „Show“ in der
Stadt sein.
Seit 18 Monaten bereitet APN sein
Medienteam auf die Olympiade vor. Unlängst hat sich APN mit Fairfax, Rural
Press und anderen unabhängigen Regionalzeitungen in der so genannten Alliance
zusammengeschlossen. Im Rahmen dieser
speziell für die Sommerspiele gegründeten
Organisation wollen die beteiligten Mediengruppen Personal und Ressourcen
zusammenlegen, um dadurch eine lückenlose Berichterstattung zu gewährleisten.
„The Alliance wird das größte TabloidProjekt in der Geschichte Australiens sein“,
sagt Gould.
Von der Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedern der Alliance werden alle
profitieren. „Fairfax, Rural Press und APN
waren niemals Gegner, aber jeder hat seine
eigene Sache gemacht“, erklärt er. „Eine
derartige gegenseitige Unterstützung gabs
noch nie zuvor.“
APN verfügt über ein aus zehn Journalisten, Fotografen und einem Techniker
bestehendes Team, dem auch Gould, sein
Co-Editor Mitchell Murphy und Senior
Reporter David Lems angehören. Vier SubEditors werden für die Alliance arbeiten.
Für die Berichterstattung über die Fußballspiele in Brisbane werden ein Journalist
und ein Fotograf zuständig sein.
APNs Olympia-Team hat ausführliche
Dossiers über alle Athleten sowie Organisatoren und freiwilligen Helfer angelegt, die
in den Verbreitungsgebieten der APNZeitungen leben, zur Schule gehen oder
Familie haben (insgesamt 14 Tageszeitungen zwischen Coffs Harbour in New South
Traditionell schicke die australische
Nachrichtenagentur AAP (Australien Associated Press) eine 20-köpfige Gruppe von
Journalisten, Fotografen, Technikern und
Redakteuren an den Austragungsort einer
Olympiade, doch dieses Jahr werde das
Team 70 Personen umfassen, sagt Chefredakteur Tony Vermeer.
Heimspiel für AAP
„Wir haben über jede Olympiade seit
1952 berichtet, und diesmal haben wir ein
Team in unserem eigenen Land, denn es
sind ‚unsere‘ Olympischen Spiele“, sagt er.
„Im Medienzentrum an der Homebush Bay
haben wir Platz zur Einrichtung eines voll
funktionsfähigen Außenbüros angemietet,
von wo aus wir rund um die Uhr berichten
werden.“ Die AAP wird sowohl australische
als auch ausländische Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender mit Nachrichten
versorgen. „Die Inanspruchnahme unseres
Dienstes wird ihnen bei der eigenen Planung hilfreich sein. Wir leisten einen
unterstützenden Beitrag zu ihrer Berichterstattung“, so Vermeer. „Unser Ziel besteht
darin, eine gute Basis für die nationale Berichterstattung über die Olympischen Spiele
zu schaffen.“
Laut Vermeer werde die AAP während der Spiele auch über andere Ereignisse
in Australien berichten. Man rechne allerdings damit, dass die Menge an anderen
Nachrichten sinke, da das größte Augenmerk auf die Olympiade gerichtet sei. AAP
hat für sein Olympia-Team zusätzliches
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Wales und Mackay in Queensland). Die
Dossiers werden einmal pro Woche und ab
September täglich aktualisiert. „Die Hauptaufgabe des APN-Teams wird darin bestehen, für die APN-Blätter zu Hause über
die 50 bis 60 Athleten zu berichten“,
sagt Gould. „Eine 400-Meter-Läuferin aus
Bundaberg, die im Vorlauf den 7. Platz
belegt wird sicherlich keine Schlagzeile
machen, aber in Bundaberg will man
wissen, ob sie den ersten, letzten oder wievielten Platz auch immer belegt hat.“
“Die Kameras unserer Fotografen
werden sich nicht unbedingt auf eine
Sportmannschaft richten, dafür aber auf
Personen, die für APN-Zeitungen von besonderem Interesse sind. Es handelt sich
um ein sehr zielgerichtetes Projekt.“
Schon seit Jahren pflegen die Journalisten und Fotografen von APN den Kontakt zu den Olympiaathleten, so dass dieses
Team laut Gould wahrscheinlich bessere
Berichte liefern kann, als jemand von einer
anderen Publikation. Das Team wird täglich
acht Seiten produzieren, die allen APNZeitungen als PDF und Quark-Dokument
zur Verfügung gestellt werden und als Beilage, Mantel oder ROPs benutzt werden
können. Doch auch die Fotos und Artikel,
die nicht in den täglich produzierten Seiten
erscheinen, stehen den einzelnen Zeitungen
für ihre Nachrichten- oder Sportteile zur
Verfügung.
Ein Großteil des APN-Teams wird im
Fairfax-Büro Darling Park in Sydney
stationiert sein. Etwas Platz wird auch im
Medienzentrum an der Homebush Bay zur
Verfügung stehen. „Wir haben an der
Homebush einen Standort gebucht, an dem
im Grunde wirklich nur ein Schreibtisch
stehen wird“, sagt Gould. „Es ist sozusagen
ein Treffpunkt. Alle unsere Reporter und
Fotografen sind mit Laptops und Handys
ausgerüstet, sodass wir sie jederzeit erreichen können.“
Der gemietete Platz in dem Messeund Vergnügungshafen Darling Harbour
werde laut Gould zu einem virtuellen Büro
für Reporter, die über die Olympischen
Spiele berichten. „Das ist der Weg, den die
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Redaktionen einschlagen werden. So sieht
die Redaktion der Zukunft aus.” APN habe
schon vor ungefähr einem Jahr damit begonnen, die Stellen für das Olympia-Team
auszuschreiben, und es herrschte eine harte
Konkurrenz, sagt Gould. „Alles ist sehr aufregend. Ich freue mich darauf. Wirklich
schade ist nur, dass ich mir die Olympiade
selbst nicht ansehen kann.“
Teamarbeit
Bei der Alliance geht es nicht nur um
die Nutzung gemeinsamer Ressourcen, sondern auch um die Unterstützung von
kleineren Medienunternehmen durch die
größeren. „Fairfax spielt in einer anderen
Liga. Unser gesamtes Budget erreicht nicht
einmal den Betrag, den Fairfax aufwendet,
um einen Hubschrauber in Bereitschaft zu
halten“, erklärt Gould.
Nach Schätzungen von Peter Christopher, Olympia-Redakteur der FairfaxGruppe, werden ungefähr 200 Journalisten,
Fotografen und Techniker sowie 150 Produktionsfachleute von Unternehmen aus
ganz Australien an der Alliance beteiligt
sein. „Für die (Alliance-)Partner wird sowohl bei Fairfax als auch im Medienzentrum Platz zur Verfügung stehen. Bei der
Alliance handelt es sich um eine sehr komplexe, große Sache“, meint Christopher.
Um Platz für die zusätzlichen Personen zu schaffen, die im September in die
Büros strömen werden, musste Fairfax
einen Teil seiner Darling Park-Räumlichkeiten umgestalten. „Wir treffen einige
Vorbereitungen, damit die Logistik bei
einem solchen Großereignis wie der Olympiade stimmt“, sagt er. „Im Großen und
Ganzen ist unsere Organisation startklar.“
Laut Christopher möchte Fairfax ein
umfassendes Bild der Olympischen Spiele
liefern, also auch Eindrücke wie chaotische
Verkehrsverhältnisse, Menschengewimmel
in der Stadt sowie Mangel an Unterkünften
nicht außer Acht lassen. „Die Stadt wird
ganz im Zeichen der Olympischen Spiele
stehen. Wir werden wie immer live und aktuell über alles berichten.“ Fairfaxs Olympia-Strategie besteht darin, für alle ihre
Zeitungen in sich abgeschlossene Zeitungsteile zu produzieren.
News Limited
Das Verlagshaus News Limited, das
außer in Perth in jeder größeren Stadt
Tages- und Sonntagszeitungen auflegt,
Johanna Roughley
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aus anderen Teilen Australiens und dem
Ausland besonders gut bedienen.“
News Limited hat für die Olympiade
nur wenig zusätzliches Personal angeworben. „Wir wollen unsere eigenen Mitarbeiter mit den Olympischen Spielen belohnen,
denn es wird eine unvergessliche Erfahrung
für sie sein und ihrer Karriere dienen.“
fühlt sich nach Angaben seines OlympiaRedakteurs Dan McDonnell bestens für die
Olympia-Berichterstattung gewappnet. „Für
die Berichterstattung über große Ereignisse
haben wir viele talentierte Redakteure. Zu
unseren Zeitungen zählen die führenden
Sportzeitungen des Landes, auf deren
Fähigkeiten wir zurückgreifen können“,
sagt er. „Unser Vorteil besteht darin, dass
wir Spezialisten für alle Disziplinen haben.“
News Limited wird während der
Olympiade ein aus ungefähr 350 Journalisten, Fotografen, IT-, Produktions- und Grafikfachleuten bestehendes Team in Sydney
stationieren. „Im Großen und Ganzen
werden wir die ganze Palette von Fachkräften einsetzen,
die auch an der
Produktion einer
normalen Zeitung
beteiligt wäre,“
sagt McDonnell.
Dieses Team
wird vom News
House in Surry
Hills, von Darling
Harbour, Parramatta, Penrith sowie vom Medienzentrum
an der Homebush Bay aus arbeiten. Es wird
eine herausnehmbare Zeitungssektion für
alle Zeitungen von News Limited mit mehreren Ausgaben pro Tag produzieren. Darüber hinaus wird jede Zeitung auch eigene
Mitarbeiter haben, die von einer etwas
lokaleren Ebene aus über Olympia-Ereignisse berichten werden. Bei den Broadsheet-Zeitungen The Courier-Mail (Brisbane) und The Australian, dem nationalen
Flaggschiff, wird die Olympia-Berichterstattung beispielsweise anders laufen als
bei der Sydney Daily Telegraph und der
Melbourne Herald Sun, sagt McDonnell.
“Es gibt nur sehr wenige, die nicht vom
„Olympia-Fieber“ erfasst werden.” Sport ist
jedoch nicht das einzige Thema, über das
während der Olympischen Spiele berichtet
wird. McDonnell zufolge mache Sport tatsächlich nur einen geringen Teil der gesamten Berichterstattung aus. „Es handelt
sich um einen allumfassenden Event, der
alles in den Schatten stellt, was jemals in
Australien stattgefunden hat. Viel zu tun
gibt es beim Telegraph und dem Sunday
Telegraph, weil sie die Zeitungen der Olympiastadt sein werden. Sie müssen unsere
Leserschaft in Sydney und New South
Wales sowie die Unmengen an Besuchern
Zutritt nicht gestattet
Zeitungsorganisationen haben sehr
viel Arbeit investiert, um das Publikum
überall und jederzeit mit den aktuellsten
Berichten von der Olympiade versorgen
zu können.
Nicht auszuschließen sei, dass ausländische Nachrichtenagenturen, die für die
Olympischen Spiele 2000 keine exklusiven
Übertragungsrechte haben, den Olympiapark an der Homebush Bay gar nicht erst
betreten dürfen. Aufgrund der von der
Olympic Co-ordination Authority auferlegten Beschränkungen, könne es sein, dass
Nachrichtenagenturen neue Ereignisse und
Interviews nicht – oder nur in beschränktem Umfang – in allgemein zugänglichen
Zonen filmen dürfen, die sich außerhalb
der Wettbewerbsorte, aber noch innerhalb
des Olympiaparks befinden, berichtete die
Australian Financial Review.
In der allgemein zugänglichen Zone
dürften nicht mehr als acht ausländische
Agenturen filmen, die durch eine tägliche
Abstimmung ausgewählt werden. Alle acht
australischen Nachrichtenagenturen werden in jedem Fall Zugang zum Olympiapark haben. Die Presse darf bestimmte
Zonen jedoch nur ohne Aufzeichnungsgeräte betreten.
Mit diesen Beschränkungen könnte
Australien gegen die Bestimmungen der
Welthandelsorganisation (WTO) verstoßen.
Die britische Nachrichtenagentur Reuters
und das Britische Hochkommissariat haben
bereits Beschwerden eingereicht, da die
Beschränkungen ihrer Ansicht nach die
Agenturen an der Erbringung von Dienstleistungen hindern würden, für die sie sich
bereits vertraglich verpflichtet hätten. Von
Seiten der Europäischen Union und USamerikanischer Agenturen sei ebenfalls
mit Kritik zu rechnen, heißt es in dem
Artikel. <
Der Artikel von Johanna Roughley erschien zuerst in englischer Sprache in The
PANPA Bulletin.
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