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Transcrição

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Rathaus
Adventkalender 2015
Die Fenster des Rathaus-Adventkalenders wurden
von Dornbirns Schülerinnen und Schülern gestaltet:
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Da staunen die Tiere, VS Schoren
Wie St. Nikolaus einen Gehilfen fand,
VS Edlach
Frohe Weihnachten, Herr Mann,
VS Oberdorf
Barbarazweige, VS Leopold
Das Mädchen mit den Schwefelhölzern,
VS Rohrbach
Nikolaus hilft in der Hungersnot, VS Winsau
Weihnachten im Wald, VS Wallenmahd
Sterntaler von Friedl Hofbauer, VS Markt
Törtel und das Weihnachtswunder, VS Gütle
Brief an die Sonne, VS Mittelfeld
Der erste Schnee, VS Haselstauden
Der Schuhmacher und die Heinzelmännchen,
VS Schoren
Das Plätzchenmonster, VS Watzenegg
Wundervolle Schneemannideen, SPZ
Die Spinnen im Weihnachtsbaum,
VS Wallenmahd
Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen
rettete, VS Edlach
Die (eine) kleine Trompete, VS Mittelfeld
Selbstgebacken, VS Oberdorf
Richtig Weihnachten, VS Rohrbach
Der kleine Schutzengel, SPZ
Eine Weihnachtsgeschichte von Max
Bollinger, VS Markt
Der Weihnachtsapfel, VS Schoren
Die lange Reise des alten Hundes, VS Gütle
Eine Weihnachtsmaus sieht rot,
VS Haselstauden
Impressum
Herausgeber:
Amt der Stadt Dornbirn, Rathausplatz 2, 6850 Dornbirn
Grafik: aries werbegrafik gmbh
Druck: Druckerei Sedlmayr Dornbirn
1
VS Schoren
Da staunen die Tiere
Ein schöner Wintertag ist heute wieder, das muss
man sagen. Der frisch gefallene Schnee glitzert in
der Sonne und das prächtige Wetter lockt die Tiere
ins Freie. Im Winter ist ihnen ja oft langweilig, weil
viele von Ihnen Winterruhe oder gar Winterschlaf
halten und sie sich daher selten treffen. Und so
freuen sie sich heute ganz besonders, als alle
wieder bei einem gemütlichen Plausch zusammensitzen. Doch plötzlich rauscht es über ihren Köpfen
und mit einem kräftigen Plumps landet etwas
Seltsames mitten in ihrer Runde. „Uüps, beinahe
hätte ich euch verletzt!“ Das seltsame Etwas, das
da vom Himmel gefallen ist, spricht ja! Und es hat
Engelsflügel!
Staunend betrachten die Tiere den Eindringling.
Eine Ladung Schnee kommt auch noch hinterher
geflogen! Und noch etwas ist da in der Luft.
Kleine und große Pakete landen neben den Tieren
im Schnee. Und spätestens jetzt ist ihnen klar,
wer da unter ihnen ist. „Du bis ja das Christkind“.
Das Eichhörnchen findet als erstes seine
Sprache wieder.
Völlig egal sind jetzt Winterruhe oder Winterschlaf, jetzt müssen sie einander erstmal so viel
erzählen.
Wann fällt einem denn schon mal ein Christkind
auf den Kopf? Ob es wohl einige Geschenke für
die Tiere da lässt, bevor es wieder weiterfliegt?
2
VS Edlach
Wie St. Nikolaus einen Gehilfen fand
Seit Jahren wohnte in einer kleinen Hütte am
Waldrand ein einsamer Holzfäller. Er war schon
lange nicht mehr im Dorf gewesen, weil die Leute
hinter seinem Rücken tuschelten und die Kinder
sich über seinen geflickten Mantel lustig machten. Eines Tages zog er seinen mit Holz bepackten Schlitten ins Dorf. Die Leute fanden jedoch
gar keine Zeit, sich um ihn zu kümmern, denn sie
trafen die letzten Vorbereitungen für den Besuch
des Sankt Nikolaus. Der Holzfäller verkaufte sein
Holz und machte sich traurig auf den Heimweg.
Bei ihm war der Nikolaus schon lange nicht mehr
gewesen.
So saß er am Nachmittag wieder in seiner Hütte.
Plötzlich hörte er vom Waldweg her Glockengebimmel. Er rannte zur Tür und rief: „Sei gegrüßt,
Sankt Nikolaus, möchtest du nicht einen Tee bei
mir trinken?“ Gerne nahm Nikolaus die Einladung
an. Als es dunkel wurde, verabschiedete er sich.
Am Abend wollte der Holzfäller Holz für seinen
Ofen holen. Da erschrak er. Sankt Nikolaus musste
ein Loch in seinem Sack haben. Denn der Weg war
über und über mit Nüssen, Lebkuchen und kleinen
Geschenken bedeckt.
Unterdessen wollte Sankt Nikolaus im Dorf seinen
Augen nicht trauen. Der große Sack war leer. Was
sollte er jetzt nur tun? Es war zu spät, den langen
Weg zurückzufahren.
Verzweifelt setzte sich Nikolaus auf seinen
Schlitten. Da sah er eine Gestalt auftauchen.
Es war ein Mann, der auf seinem Rücken einen
riesigen Sack schleppte. Er rief ganz aufgeregt:
„Sankt Nikolaus! Warte, warte!“
Da erkannte Sankt Nikolaus den freundlichen Holzfäller und umarmte ihn. „Wie heißt du eigentlich?“,
fragte er. „Ich heiße Ruprecht, im Dorf nennt man
mich Knecht Ruprecht.“
„Auf einen Gehilfen wie dich habe ich schon lange
gewartet. Möchtest du mich zu den Kindern begleiten?“ Und ob Ruprecht wollte! Seine Augen leuchteten vor Freude.
Von diesem Tag an sieht man die beiden jedes Jahr
Anfang Dezember zu den Kindern kommen.
3
VS Oberdorf
Frohe Weihnachten, Herr Mann!
eine Geschichte von Günther Jakobs und Hans-Christian Schmidt
Wie alle Jahre macht Herr Mann
auf dem Adventskranz Kerzen an.
Und wenn das erste Lichtlein brennt,
dann sieht man wie er keuchend rennt.
Man sieht ihn turnen, hüpfen, springen,
um sich geschwind in Form zu bringen.
Und brennt das zweite Licht im Raum,
dann wäscht Herr Mann mit sehr viel Schaum
die Flecken aus der Mütze raus
und bürstet seinen Mantel aus.
Und ist das dritte Lichtlein an,
dann holt er sich den Globus ran
und sucht sich von Haus zu Haus
die beste Reiseroute aus.
Und brennt das Lichtlein Nummer vier,
dann holt er Butterbrotpapier.
Er schneidet Brot, belegt es fein
und packt sich´s als Verpflegung ein.
Jetzt schnell die Geschenke eingepackt,
auch Brot und Globus eingesackt.
Ist alles fertig? Ja! Na dann:
Ein frohes Fest, Herr Weihnachtsmann!
4
VS Leopold
Barbarazweig
Am Barbaratag
Pflück‘ ich mir einen Zweig
Vom Kirschbaum in unserem Garten.
Der Advent nämlich
Kann zaubern, verborgen, ganz leis‘.
Man muss nur geduldig drauf
warten.
Zum Weihnachtsfest dann
Blüht’s bei mir kirschblütenweiß,
und Schnee liegt draußen im Garten.
5
VS Rohrbach
Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern
nach Hans Christian Andersen
Es war entsetzlich kalt. Es schneite, und der
Abend dunkelte bereits. Es war der letzte Abend im
Jahre, Silvesterabend. In dieser Kälte und in dieser
Finsternis ging auf der Straße ein kleines armes
Mädchen mit bloßem Kopfe und nackten Füßen.
Es hatte wohl Pantoffeln angehabt, als es von zu
Hause fort ging, aber was konnte das helfen! Es
waren sehr große Pantoffeln. Die waren früher von
seiner Mutter gebraucht worden, so groß waren
sie. Diese Pantoffeln hatte die Kleine verloren, als
sie über die Straße eilte, während zwei Wagen in
rasender Eile vorüberjagten. Der eine Pantoffel war
nicht wieder aufzufinden, und mit dem anderen
machte sich ein Knabe aus dem Staube, welcher
versprach, ihn als Wiege zu benutzen, wenn er
einmal Kinder bekäme.
Da ging nun das kleine Mädchen auf den nackten
zierlichen Füßchen, die vor Kälte ganz rot und blau
waren. In ihrer alten Schürze trug sie eine Menge
Schwefelhölzer, und sie hielt ein ganzes Bund in
der Hand. Während des ganzen Tages hatte ihr
niemand etwas abgekauft, niemand ein Almosen
gereicht. Hungrig und frostig schleppte sich die
arme Kleine weiter und sah schon ganz verzagt und
eingeschüchtert aus. Die Schneeflocken fielen auf
ihr langes blondes Haar, das sich schön gelockt
über ihren Nacken legte.
Aus allen Fenstern strahlte heller Lichterglanz und
über alle Straßen verbreitete sich der Geruch von
köstlichem Gänsebraten. Es war ja Silvesterabend,
und dieser Gedanke erfüllte alle Sinne des kleinen
Mädchens.
In einem Winkel zwischen zwei Häusern kauerte es
sich nieder. Seine kleinen Beinchen hatte es unter
sich gezogen, aber es fror nur noch mehr. Trotzdem
wagte das Mädchen nicht, nach Hause zu gehen,
da es noch keine Streichhölzer verkauft und noch
keine Münze erhalten hatte. Es hätte gewiss vom
Vater Schläge bekommen, und kalt war es ja auch
zu Hause. Sie hatten gerade mal ein Dach über
dem Kopf, und der Wind pfiff schneidend hinein,
obgleich Stroh und Lumpen in die größten Ritzen
gestopft waren.
Ach, wie gut musste ein Schwefelhölzchen tun!
Wenn es nur wagen dürfte, eins aus dem Schächtelchen zu nehmen, es gegen die Wand zu streichen
und die Finger daran zu wärmen! Endlich zog das
Mädchen eines heraus. Und ritsch, da sprühte und
brannte es. Das Schwefelholz strahlte eine warme
helle Flamme aus, wie ein kleines Licht. Doch es
war ein merkwürdiges Licht. Es kam dem kleinen
Mädchen vor, als säße es vor einem großen eisernen Ofen. Das Feuer brannte so schön und wärmte
so wohltuend! Die Kleine streckte schon die Füße
aus, um auch diese zu wärmen, da erlosch die
Flamme. Der Ofen verschwand, und das Mädchen
hatte nur noch das ausgebrannte schwarze
Schwefelholz in der Hand.
Ein neues wurde angestrichen. Es brannte und
leuchtete, und plötzlich war die Mauer, auf welche
der Schein fiel, durchsichtig wie ein feines Seidentuch. Die Kleine sah geradewegs in die Stube
hinein, wo der Tisch mit einem blendend weißen
Tischtuch und feinem Porzellan gedeckt war.
Darauf dampfte eine gebratene Gans, köstlich
mit Pflaumen und Äpfeln gefüllt. Und was noch
herrlicher war, die Gans sprang aus der Schüssel
und watschelte mit Gabel und Messer im Rücken
über den Fußboden auf das arme Mädchen zu. Da
erlosch das Schwefelholz, und nur die dicke kalte
Mauer war noch zu sehen.
Sie zündete ein neues an. Da saß die Kleine
unter dem herrlichsten Weihnachtsbaum. Er war
noch größer und reicher ausgeputzt als der, den
sie am Heiligabend bei dem reichen Kaufmann
durch die Glastür gesehen hatte. Tausende von
Lichtern brannten auf den grünen Zweigen, und
glitzernde Kugeln funkelten auf sie hernieder.
Die Kleine streckte beide Hände nach ihnen in
die Höhe, da erlosch das Schwefelholz. Die vielen
Weihnachtslichter stiegen höher und höher, und
sie sah erst jetzt, dass es die hellen Sterne waren.
Einer von ihnen fiel herab und zog einen langen
Feuerstreifen über den Himmel.
„Jetzt stirbt jemand“, sagte die Kleine leise, denn
die alte Großmutter, die allein freundlich zu ihr
gewesen war, hatte gesagt: „Wenn ein Stern fällt,
steigt eine Seele zu Gott empor!“
Das Mädchen strich wieder ein Schwefelholz gegen
die Mauer, und es warf einen weiten Lichtschein
ringsumher. In diesem Glanze stand mit einem
Male die alte Großmutter hell beleuchtet, mild
und freundlich da.
„Großmutter“, sprach die Kleine, „oh, nimm mich
mit dir! Ich weiß, dass du verschwindest, sobald
das Schwefelholz ausgeht. Du verschwindest, wie
der warme Kachelofen, der köstliche Gänsebraten
und der große flimmernde Weihnachtsbaum!“
Schnell strich sie den ganzen Rest der
Schwefelhölzer an, die sich noch im Schächtelchen
befanden, denn sie wollte die Großmutter festhalten. Die Schwefelhölzer verbreiteten einen solchen Glanz, dass es heller war als am lichten Tag.
So schön, so groß war die Großmutter noch nie
gewesen. Sie nahm das kleine Mädchen auf ihren
Arm, und sie schwebten in Glanz und Freude hoch
empor. Kälte, Hunger und Angst wichen von dem
Mädchen, sie war glücklich und geborgen bei Gott.
6
VS Winsau
Nikolaus hilft in der Hungersnot
Es wird erzählt, dass in der Stadt Myra große Not
herrschte. Das Jahr über hatte es so viel geregnet,
dass die ganze Ernte verdorben war. So konnten
die Bauern kein Getreide ernten, die Müller kein
Mehl mahlen und die Bäcker kein Brot backen.
Die Geschäfte waren ganz leer. Die Kinder weinten vor Hunger. In Myra herrschte eine schwere
Hungersnot. „Gott hat uns verlassen“, sagten die
Menschen. Doch der Bischof Nikolaus tröstete sie
und betete mit ihnen. Er vertraute auf Gott, der
ihnen bestimmt helfen würde.
Eines Tages legte ein großes Schiff im Hafen an,
das hoch beladen mit Korn war. Von diesem Korn
konnten alle satt werden. Die Menschen liefen zu
dem Schiff und bettelten um das Korn. Sie wollten
sogar sehr viel Geld dafür bezahlen. Doch die Seeleute waren nicht bereit ihnen etwas von dem Korn
zu geben. Sie hatten Angst vor dem Eigentümer des
Schiffes der auf das Korn wartete und sie sicher
bestrafen würde, wenn nicht mehr alles an Bord
war.
Nun ging der Bischof Nikolaus selbst zu den Seeleuten und bat um das Korn. Er sagte: „Helft doch
den armen Menschen! Wenn ihr uns ein paar Säcke
Korn abgebt, braucht ihr keine Angst zu haben,
denn bei Eurer Ankunft wird kein einziges Korn
fehlen.“ Weil der Bischof so überzeugend mit ihnen
sprach, glaubten sie ihm schließlich. Sie schleppten viele Kornsäcke vom Schiff herunter und
schenkten sie den Leuten. Der Bischof sorgte dafür,
dass das Mehl gemahlen wurde, dass Brot gebakken werden konnte und jeder seinen gerechten
Anteil erhielt. Alle aßen und wurden satt. Als die
Seeleute bei dem Eigentümer des Schiffes ankamen, stellten sie fest, dass nicht ein einziges Korn
aus ihrer Ladung fehlte. Bischof Nikolaus hatte sie
nicht belogen.
7
VS Wallenmahd
Weihnachten im Wald
Die Tiere saßen im Wald, es war Dezember, der
Boden war mit Schnee bedeckt und es war bitterkalt. Die Tiere unterhielten sich über Weihnachten.
„Na klar, Gänsebraten“, sagte der Fuchs, „was wäre
Weihnachten ohne Gänsebraten!“
Das Reh sagte: „Ich möchte unbedingt einen
Tannenbaum, denn ohne Tannenbaum kann ich
Weihnachten nicht feiern.“
„Tannenbaum finde ich schwer in Ordnung“, sagte
die Eule, „aber bitte nicht mit zu viel Kerzen!
Ich mag es nämlich gerne etwas schummrig“.
„Schmuck“, sagte die Elster, „Schmuck muss
unbedingt sein. Schön glitzernder Schmuck:
ein Diamantenring, ein silbernes Armband oder
eine Goldkette. Ohne glitzernde Geschenke ist
Weihnachten nämlich gar nichts!“
„Also Schmuck brauch ich keinen“, brummte der
Bär, „aber viel Honig. Honig ist das Wichtigste, ohne
Honig und süße Sachen verzichte ich gerne auf
Weihnachten“.
„Punsch trinken“, meinte der Stier, „ordentlich
Punsch trinken, bis einem schwindlig ist“, aber
dann schrie der Stier laut „Aua“, denn der Esel
hatte ihm einen gewaltigen Tritt versetzt: „Du Stier,
denkst du denn nicht an das Jesuskind?“ Da wurde
der Stier verlegen, senkte beschämt den Kopf und
sagte: „Das Kind, das Kind hätte ich fast vergessen,
ja das Kind ist doch die Hauptsache.“ – „Übrigens“,
fragte er dann den Esel, „wissen das die Menschen
eigentlich auch?“
8
VS Markt
Sterntaler
Friedl Hofbauer
Es war ein kleines Mädchen
das war ganz allein auf der Welt.
Es hatte kein Bett, es hatte kein Haus
und es hatte kein Geld.
Dann kam ein graues Weiblein
mit einem mageren Zopf
dem schenkte das kleine Mädchen
seine Mütze für den Kopf.
Da dachte das kleine Mädchen:
Was soll ich so allein?
Es nahm sein letztes Stückchen Brot
und ging in die Welt hinein.
Da kam ein kleines Kindchen
das sprach: ich frier so sehr.
Da schenkte das kleine Mädchen
sein letztes Hemdchen her.
Da kam ihm ein Mann entgegen
der war vor Hunger halb tot.
Da gab ihm das kleine Mädchen
sein letztes Stückchen Brot.
Da kam ein Stern vom Himmel
der sagte: ich hab dich gern.
Er nahm das Mädchen an der Hand
da wurde es auch ein Stern.
9
VS Gütle
Törtel und das Weihnachtswunder
Als Törtel, die Schildkröte, an diesem Morgen aufwachte, war alles schön geschmückt und es duftete
herrlich. Die Kinder kamen in das Kinderzimmer.
Sie waren sehr fröhlich. Dann nahmen sie die
Schildkröte aus dem Terrarium und setzten Törtel
auf den Boden, damit er herumkrabbeln konnte.
Auf einmal klingelte es im Wohnzimmer. Die Kinder
nahmen Törtel auf den Arm und trugen ihn in das
Wohnzimmer. Dort setzten sie die Schildkröte ab
und packten begeistert die Geschenke aus. Sie
bekamen einen Reiterhof und einen Bagger. Es
wurde ein schönes und gemütliches Fest mit
Keksen und Kuchen. Am Abend gingen sie zufrieden ins Bett.
Auch für Törtel hatte sich das Weihnachtsfest ausgezahlt. Er bekam eine große Schale Weintrauben.
Maja (3.Klasse) und Aaliyah (1. Klasse)
10
MS Mittelfeld
Brief an die Sonne
Im letzten Monat des Jahres, als es kühl und dunkel
war, schrieben die Tiere einen Brief an die Sonne.
Sie hatten lange darüber nachgedacht, was sie der
Sonne schreiben könnten, und suchten die vorsichtigsten Wörter aus, die sie kannten.
„Es ist ein Bittbrief“, sagte die Ameise. „ein flehentlicher Bittbrief.“ Fast alle setzten sie ihren Namen
darunter. Nur der Maulwurf, der Erdwurm, der
Nachtfalter und die Fledermaus hatten Bedenken
und hätten lieber das Gegenteil geschrieben. Zu
Hunderten warfen sie den Brief hoch, und der eisige Wind blies ihn zum Himmel, quer durch die
niedrig hängenden Wolken.
Zitternd saßen sie beieinander und warteten auf
die Antwort und bliesen über ihre Fühler oder
schlugen die Flügel übereinander.
Am späten Nachmittag erschien plötzlich ein kleines Loch in den Wolken. Ein Sonnenstrahl schoss
herab, und an dem Sonnenstrahl rutschte ein Brief
entlang. Mit großen Augen schauten die Tiere zu.
Der Brief fiel auf den Boden, und die Ameise trat
vor und öffnete ihn.
Alle Tiere drängten sich um den Brief, einer lehnte
sich über die Schultern des andern, sogar über die
Schulter des Igels, und lasen:
Liebe Tiere,
es ist gut. Bis Bald!
Die Sonne
Sie stießen einen Seufzer der Erleichterung aus,
schauten sich an, schüttelten sich gegenseitig die
Flügel, die Flossen, die Fühler und Pfoten, wünschten sich das Allerbeste und gingen nach Hause.
Die meisten Tiere machten an diesem Abend noch
ein paar Tanzschritte auf dem Fußboden vor ihren
Betten, sangen leise:
„Bis bald, bis bald….“, krochen unter ihre Zudecken
und schliefen ein.
Toon Tellegen
11
VS Haselstauden
Der erste Schnee
Traudl Wirsing
Lange haben die Kinder dieses Jahr auf Schnee
warten müssen, aber nun ist er endlich da. Wie
eine dicke, flockige Decke liegt er auf den Straßen.
Die Hausdächer sehen aus, als hätten sie sich
weiße, funkelnde Mützen aufgesetzt und wie aus
Zuckerguss geformt hängen spitze Eiszapfen von
den Dachrändern. Sogar die dünnen Zaunpfosten
tragen eine lustige Schneeperücke. Schnell werden
die Schlitten und Skier aus den Kellern geholt. Alle
freuen sich darauf, im watteweichen Schnee herumtoben zu dürfen. Jetzt kann man endlich wieder
eine Schneeballschlacht machen oder sich eine
tiefe Schneehöhle schaufeln.
Der kleine Philip will unbedingt einen riesengroßen
Schneemann im Garten bauen. Keuchend vor Anstrengung plagt er sich, den Schneemannbauch zu
einer runden Kugel zu formen. Das ist gar nicht so
leicht.
„Hilf mir, bitte!“, ruft er seinem Kindergarten-Freund
Andi zu. Gemeinsam rollen sie die immer dicker
werdende Schneekugel durch den Garten zur
Terrasse.
„Ihr müsst den Schnee richtig festdrücken!“ Philips
großer Bruder Christian ist endlich fertig mit Hausaufgabenmachen und stürmt begeistert in den
Garten. „Aber ihr dürft nicht zu stark klopfen,
sonst fällt alles auseinander.“ Christian hat schon
viele Schneemänner gebaut und kennt sich aus.
„Unser Schneemann muss der größte und schönste
werden, den es auf der ganzen Welt gibt!“
Andi´s Wangen glühen vor Begeisterung. Philip hat
sich von seiner Mama einen alten Hut, einen ganz
langen Schal und einen stoppeligen Besen geben
lassen. Und wenn der Schneemann fertig ist, wird
er ihm mit einer knubbeligen Karotte, zwei dunkelbraunen Kastanien und einer knallroten Peperoni
ein lustiges Gesicht machen. „Achtung, zweite
Kugel im Anmarsch!“, ächzt Andi. Er schleppt eine
riesengroße Schneekugel, die so schwer ist, dass
seine Knie zittern. Seine Arme schmerzen, aber nur
noch ein paar Schritte, dann hat er es geschafft.
Die Mutter von Philip und Christian wickelt bunte
Lichterketten um die kleinen Bäumchen, die vor der
Terrasse gepflanzt sind. Lächelnd beobachtet sie
die Kinder. „Das wird ja ein gewaltiger Schnee-
mann!“ Die Mutter klatscht begeistert in die
Hände. Bereitwillig hilft sie den Kindern, die zwei
Schneekugeln übereinander zu setzen. Andi muss
sich schon ein wenig strecken, damit er die dritte
und kleinste Kugel obendrauf stecken kann. Alle
kichern. Christian hat dem Schneemannkopf
lustige, weit abstehende Ohren angedrückt.
„Wenn ihr nachher mit dem Schneemannbauen
fertig seid, dann gibt´s Tee und Lebkuchen im
Wohnzimmer“, verspricht die Mutter. „Und Oma‘s
Weihnachtsplätzchen - mmhh!“ Philip hüpft begeistert von einem Bein auf das andere. „Darf ich die
Kerzen am Adventskranz anzünden?“, fragt Andi
eifrig.
„Ja, natürlich“, schmunzelt die Mutter.“ Und ihr
dürft auch eine Geschichte aus dem Weihnachtsbuch aussuchen, die ich euch dann vorlesen
werde.“ „Ja, ja, jaa!“ Die Buben strahlen um die
Wette.
„Die Advents- und Weihnachtszeit ist doch wirklich
die allerschönste Zeit im ganzen Jahr!“
12
VS Schoren
Der Schuhmacher und die Heinzelmännchen
Ein Schuhmacher war ohne eigene Schuld arm
geworden. In der Weihnachtszeit ging er mit seiner
Frau wieder einmal durch die Stadt und sah viele
fröhliche Gesichter. Da wurde er noch trauriger, als
er schon war. “Warum muss gerade ich so viel Pech
im Leben haben?“, fragte er sich.
Zu Hause in seiner Werkstatt hatte er nur noch
Leder für ein Paar Schuhe. Das schnitt er am Abend
zurecht, um sich am nächsten Morgen gleich an die
Arbeit zu machen. Doch als er nach dem Frühstück
in die Werkstatt trat, standen die beiden Schuhe fix
und fertig auf dem Tisch. Der Schuhmacher kniff
die Augen zu und öffnete sie wieder – die Schuhe
standen immer noch da.
„Wie ist das nur möglich?“ murmelte er immer
wieder. „Wie ist das nur möglich?“
Ganz vorsichtig nahm er die Schuhe in die Hand
und betrachtete sie eine Weile. Sie waren sehr
sauber gearbeitet, kein Stich daran war falsch.
Das Paar sah aus, als wäre es ein Meisterstück.
Während der Schuhmacher noch in Gedanken war,
trat ein Mann ein, um Schuhe zu kaufen. Weil ihm
das neue Paar wunderbar passte, bezahlte er den
Schuhmacher so gut, dass er von dem Geld neues
Leder für zwei Paar Schuhe kaufen konnte. Der
Schuhmacher konnte es kaum glauben, dass er
heute so viel Glück hatte. Er lief zu seiner Frau und
erzählte ihr alles, und sie freute sich mit ihm. „Ich
gehe gleich in die Stadt und besorge gutes Leder“,
sagte er. „Das ist gut“, stimmte sie ihm zu.
Am Abend schnitt er das neue Leder zurecht, um
am nächsten Morgen mit frischem Mut an die
Arbeit zu gehen. Aber das brauchte er gar nicht,
denn als er aufstand, waren die Schuhe schon
fertig. Und es dauerte nicht lange, bis Käufer
kamen, die ihm genug bezahlten, dass er Leder für
vier Paar kaufen konnte.
Am nächsten Morgen fand er auch diese vier Paar
fertig in der Werkstatt. Und so ging es immer weiter.
Zwei Tage vor Weihnachten sagte der Schuhmacher
zu seiner Frau: „Sollen wir diese Nacht nicht aufbleiben, um zu sehen, wer die gute Arbeit leistet?“
Die Frau war einverstanden. Also versteckten sie
sich in einer Ecke der Werkstatt. Punkt Mitternacht
kamen zwei Heinzelmännchen herein, setzten sich
auf den Tisch und machten sich flink an die Arbeit.
Sie klopften und nähten mit ihren Fingerlein so
geschickt, dass der Schuhmacher es kaum fassen
konnte. Am nächsten Morgen sagte seine Frau: Die
Männlein haben uns so geholfen, dass es uns jetzt
wieder gut geht. Wir müssen ihnen auch etwas
Gutes tun. Sie haben nichts am Leib und frieren
bestimmt. Ich werde Kleider für sie nähen, und du
machst jedem ein Paar hübsche Schuhe.“ Ihr Mann
nickte. „Das ist ein guter Vorschlag.“
Beide arbeiteten fleißig und legten am Heiligen
Abend statt dem zugeschnittenen Leder die
Geschenke auf den Tisch in der Werkstatt. Dann
versteckten sie sich wieder. Um Mitternacht kamen
die Heinzelmännchen herein und wollten die Arbeit
erledigen.
Doch was sahen sie?
Niedliche Kleidungsstücke und winzige Schuhe.
Sie freuten sich sehr darüber, zogen sich schnell an
und sangen:
„Sind wir nicht Knaben schön und fein? Was sollen
wir länger Schuster sein!“
Dann hüpften sie über Tisch, Stühle und Bänke,
sprangen auf den Boden und tanzten schließlich
zur Tür hinaus.
Von dieser Nacht an kamen sie nicht wieder. Der
Schuhmacher und seine Frau aber feierten das
schönste Weihnachtsfest seit Langem.
13
VS Watzenegg
Das Plätzchenmonster
Mama hatte wunderbare Weihnachtsplätzchen
gebacken: Zimtsterne, Nussmakronen und Madeltaler. Sie legte alle in eine Plätzchendose aus
Blech, die wie eine kleine Schatztruhe aussah.
Nun stand diese Truhe in einem sicheren Versteck,
so, wie es sich für eine Schatzkiste gehört: ganz
hinten im großen Kleiderschrank. Niemand würde
sie dort je entdecken…
Niemand?
Denn eines Abends näherten sich schwere Schritte.
Bumm-bumm-bumm.
Die Schranktür knarrte unheimlich.
Zwei lange, blauweiß gestreifte Arme tauchten
in die Dunkelheit des Schreankes: Zwei große
Hände fanden die Dose und öffneten sie, um einige
Zimtsterne herauszunehmen. Dann stellten sie die
Plätzchen zurück ins Versteck.
Am frühen Morgen hörte man wieder Schritte.
Tapp-tapp, tapp-tapp.
Die Schranktür quietschte.
Ein wuscheliger, dunkel gelockter Kopf späte hinter
der Wäsche herum.
Zwei Hände fanden die kleine Truhe und nahmen
einige Nussmakronen heraus. Danach schoben sie
die Dose zurück ins Versteck.
Gegen Mittag huschten wieder Schritte heran.
Tipp-tipp-tipp-tipp-tipp.
Die Schranktür klappe.
Ein grüner Körper mit rotem Muster Kroch zwischen die Kleider.
Zwei Hände fanden die duftende Schatzkiste und
holten sich einige Mandeltaler. Dann kam die kleine
Truhe zurück in ihr Versteck.
Immer mehr Plätzchen verschwanden auf geheimnisvolle Weise.
An einem gemütlichen Sonntagnachmittag wollte
Mama einige Weihnachtsplätzchen spendieren.
Sie holte die Dose aus dem geheimen Versteck und
öffnete sie.
„Das darf doch nicht wahr sein!“ rief sie erschrokken. „Wo sind denn meine Weihnachtsplätzchen
hingeraten? Die Dose ist ja halb leer!“
Papa und die beiden Kinder sahen sich verblüfft
an. „Was? Ja, tatsächlich…“ Es war ganz still im
Zimmer. Alle dachten nach.
„Ich glaube, das Plätzchenmonster hat sie alle
gemopst“, sagte Papa dann. „Das schnüffelt doch
vor Weihnachten überall herum und guckt, wo die
Plätzchen versteckt sind. Bestimmt ist es auch am
Kleiderschrank vorbeigekommen und hat deine
leckeren Zimtsterne gerochen…..“.
„Genau!“ sagte die Schwester. „Und dann hat es die
Dose herausgeholt und ganz viele Nussmakronen
gefressen...“
„Aber am besten haben die Mandeltaler
geschmeckt!“, rief der kleine Junge.
„So, So“, meinte Mama. „Und wie sieht dieses
Plätzchenmonster aus?“
„Tja, es hat dunkles Wuschelfell auf dem Kopf“,
sagte Papa. „Und lange, blauweiß gestreifte Arme“,
sagte die Schwester.
„Aber sein Bauch ist grün und rot wie mein
Pullover!“, rief der kleine Junge.
„Das klingt ja schrecklich!“, rief Mama. „Da bin ich
ja richtig froh, dass ich dieses Plätzchenmonster
nie beim Mopsen erwischt habe. Ich wäre sicher
erschrocken.“
„Ganz bestimmt!“ nickten die drei. „Und was nun?“,
fragte Mama. „Ich habe keine Lust, noch einmal zu
backen.“ „Das könnten wir doch tun“, meinte Papa.
„Du brauchst uns nur zu sagen, wie wir es machen
sollen. Und danach werden wir alle gut Acht geben,
dass das Plätzchenmonster nicht wiederkommt.
Nicht wahr, Kinder?“
Der kleine Junge und seine Schwester nickten
wieder. „Und ich mal dir noch ein Bild vom Monster.
Das kannst du oben auf die Dose kleben. Wenn es
das sieht, erschrickt es vor sich selber!“, rief der
kleine Junge und umarmte Mama.
Und Mama lachte.
14
SPZ
Wundervolle Schneemannideen
Lange hatte in diesem Jahr der Schnee auf sich
warten lassen. Die Kinder der Klasse 2b hatten es
längst aufgegeben, auf ihn zu hoffen. Als Kevin
aber eines Tages mitten im Diktat aus dem Fenster
schaute, sah er viele dicke Schneeflocken vom
Himmel fallen. Es war ein richtiges Schneegestöber.
„Es schneit!“, rief er. „Hurra, es schneit!“
„Hurra!“, riefen alle in der Klasse. „Endlich Schnee!“
Und klar, fast wäre aus dem Diktat nun nichts mehr
geworden, weil alle aufgeregt durcheinander riefen.
In der ersten Pause tobten die Kinder jubelnd auf
dem Schulhof herum und ließen Schneeflocken auf
ihren Zungen schmelzen. In der zweiten Pause lag
der Schnee schon so hoch, dass er für viele Schneemannbäuche ausreichte. Diese bauten die Schüler
voller Stolz in einer Reihe am Schultor auf. Der
Schnee reichte auch noch für Schneemannköpfe,
aus denen die Kinder mit Steinen, Ästen und
Mützen lustige Schneemanngesichter zauberten.
Toll sah das aus. Stramm wie Steinfiguren standen
viele prächtige Schneemänner am Schultor.
„Eine Schneemannschulklasse“, rief einer und alle
lachten.
„Wie lobenswert, dass unsere Schüler so wundervolle Ideen haben“, sagte ein Lehrer und die anderen Lehrer nickten. „So schöne Schneemänner
hatten wir noch nie in unserer Schule.“
Da freuten sich die Schüler wie die Schneekönige.
Sie lachten noch, als sie sich nach Schulschluss an
den Schneemännern vorbei aus dem Schultor hinausschlängelten.
Und die Schneemänner, schien es, lachten zurück.
Nur den Lehrern war das Lachen vergangen.
Da stand nämlich eine mächtig prächtige Schneemannreihe, die ihnen und ihren Autos die Ausfahrt
vom Schulhof versperrte.
So ist das eben manchmal mit Schülern, die wundervolle Ideen haben …
© Elke Bräunling
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VS Wallenmahd
Die Spinnen im Weihnachtsbaum
Jedes Jahr, wenn Weihnachten kam, dachten viele
Menschen daran, dass sie mit allen Geschöpfen
dieser Erde verwandt sind. So entstand auf dem
Land der Brauch, am Weihnachtsabend alle Tiere,
die am Bauernhof lebten, in die Stube zu führen,
um ihnen den geschmückten Weihnachtsbaum
zu zeigen. Die Tiere sollten auch ihre Freude an
dem prachtvollen Anblick haben. Man erinnerte
sich daran, dass auch Christus bei den Tieren in
einem Stall geboren worden war. Also stapften sie
in die Stube: die Hühner, die Hunde und Katzen
(die wundersamerweise zur Weihnacht niemals
Streit miteinander hatten), die Kühe und Schweine.
Sogar die Mäuse durften ausnahmsweise durch
das Wohnzimmer spazieren, ohne dass sie gejagt
wurden. Nur den Spinnen war es verboten, das
Haus zu betreten, da viele Menschen die Spinnen
für abscheuliche und hässliche Tiere hielten. Das
machte die Spinnen sehr traurig und sie beklagten sich beim Christkind: „Das ganze Jahr fangen
wir in unseren Netzen lästige Insekten, ohne die
Menschen selbst zu belästigen, und das ist der
Dank dafür – wir dürfen uns nicht einmal den
Christbaum ansehen!“ Da hatte das Christkind
Einsehen und öffnete in der Nacht, als alle Menschen schon schliefen, die Haustüre und ließ die
Spinnen in die Stube. Sie freuten sich so sehr über
den Anblick des schönen Baumes, dass sie ihn von
oben bis unten mit ihren Netzen einsponnen. Da
verzauberte das Christkind die zahllosen Spinnfäden mit einem goldenen und silbernen Überzug.
Als die Menschen am nächsten Morgen den so
geschmückten Baum sahen, waren sie entzückt.
Und noch heute werden die Christbäume mit silbernen und goldenen Lamettafäden geschmückt!
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VS Edlach
Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen rettete
Der Wolf, der Fuchs und das Wiesel wollen dieses
Jahr ein großes Weihnachtsfestessen machen.
Natürlich kümmert sich der Fuchs um den Braten.
Er macht sich gleich auf den Weg, um die schönste
Gans dafür zu klauen. Das Abenteuer beginnt, als
er mit seiner Beute zu seinem Bau zurückkehrt.
„Was für ein Chaos!“, schnattert die Gans, als der
Fuchs sie aus dem Sack lässt. „Hat deine Mutter
dir nicht beigebracht, dass man aufräumt, bevor
man Damenbesuch bekommt?“ „Du bist nicht mein
Damenbesuch“, widerspricht der Fuchs. „Du bist
mein Weihnachtsbraten!“
„Noch ein Grund mehr aufzuräumen. Kein Weihnachten ohne Weihnachtsgans! Deshalb muss
man sie hegen und pflegen“, schimpft die Gans.
„Also putz gefälligst erst mal deinen Fuchsbau. Ich
kann Unordnung nämlich nicht leiden!“ Dann flattert sie auf den Sessel, um mit strengem Blick die
Aufräumarbeiten zu überwachen.
Murrend macht sich der Fuchs an die Arbeit. Er hat
überhaupt keine Lust, aber die Weihnachtsgans
lässt ihm keine Wahl. Und schon bald blinkt und
blitzt es im ganzen Fuchsbau. Da klingelt es und
der Wolf und das Wiesel stehen vor der Tür. „Halt!“,
ruft die Gans, bevor die beiden auch nur eine drekkige Pfote in den Fuchsbau setzen können. „Hier
kommt keiner rein, ohne sich vorher die Tatzen
abzutreten!“ „Na das ist ja eine nette Begrüßung“,
knurrt der Wolf. Doch als er die Gans sieht, ist er
begeistert und leckt sich gierig die Lippen.
„Wann gibt es Abendessen?“, fragt die Gans. „Mir
knurrt der Magen. Was wollt ihr kochen? Dem Wolf
und dem Wiesel läuft das Wasser im Maul zusammen. „Wir stellen uns höchstens in die Küche, um
Pastete aus dir zu machen“, antworten sie frech.
„Bevor man eine Weihnachtsgans essen kann,
muss man sie doch erst mal füttern, bis sie dick
und fett ist!“, entgegnet die Gans ärgerlich. „Das
weiß ja wohl jedes Kind! Meine Güte! Bin ich etwa
eure erste Weihnachtsgans?“ Da werden die drei
ganz kleinlaut und machen schnell, was die Gans
von ihnen verlangt: Der Wolf soll Knospen sammeln,
das Wiesel Champignons und der Fuchs muss ein
paar Frösche fangen.
Keiner der drei kann kochen. Daher zaubert an diesem Abend die Gans ein köstliches Froschragout
mit Knospen und Champignonpüree. Als das Essen
fertig ist, setzen sie sich zusammen an den Tisch
und lassen es sich schmecken. Später spielen sie
Mau-Mau. Die Gans gewinnt immer. Keiner schummelt so gut wie sie. Trotzdem wird es ein lustiger
Abend. So viel Spaß hatten sie schon lange nicht
mehr!
„Los!“, befiehlt die Gans, „Zähneputzen nicht vergessen!“ Die drei gehorchen ohne Widerworte.
Danach legen sie sich zum Schlafen einfach auf
den Boden. Denn natürlich versteht sich von selbst,
wer auf dem Sessel schlafen darf…
Am nächsten Morgen weckt die Gans die Freunde
früh: Sie hat Hunger. Die drei sollen etwas zu essen
besorgen, damit sie ein ordentliches Frühstück
machen kann. Doch als alle satt sind, ist es endgültig vorbei mit der Ruhe. Die Gans lässt den drei
Freunden keine ruhige Minute mehr. Nicht eine!
Es gibt viel zu tun: Sie brauchen Zweige für einen
Adventskranz. Ein Weihnachtsbaum darf natürlich
nicht fehlen und Misteln müssen auch besorgt
werden. Außerdem sollen sie den Kamin kehren,
damit die Gans nicht friert.
Bald steht Weihnachten vor der Tür. Die drei können
sich zwar nur schwer daran gewöhnen, vor dem
Essen ihre Pfoten zu waschen – dafür schmeckt es
ihnen dann aber hinterher umso besser! Beim MauMau verlieren sie immer noch, dafür können sie
jetzt Girlanden basteln und Kekse ausstechen. Sie
sind sich einig: Die Weihnachtszeit ist einfach die
allerschönste Zeit!
Am Abend vor dem Weihnachtstag fragt die Weihnachstgans: „Wie wollt ihr mich braten? In Rahm-
soße? Oder gefüllt mit Kohl? Ich würde gerne
in Portwein zubereitet werden. Aber das ist ein
schwieriges Rezept. Kriegt ihr das hin?“ Die drei
Freunde hüsteln und schauen betreten auf den
Boden. Das hatten sie ganz vergessen. Die Antwort
auf diese schwierige Frage verschieben sie lieber
auf den nächsten Tag. In der Nacht macht keiner
der drei ein Auge zu. Ihre neue Freundin soll auf
keinen Fall so enden: weder in Rahmsoße noch
gefüllt mit Kohl oder in Portwein. Aber was sollen
sie bloß tun?
Zum Glück hat die Gans die rettende Idee. „Meine
lieben Freunde“, seufzt sie am nächsten Morgen.
„Wenn ihr mich jetzt schon bratet, werdet ihr vielleicht nicht satt. Also schlage ich vor, dass ihr mich
noch ein weiteres Jahr lang mästet. Nächstes
Weihnachten könnt ihr mich ja immer noch fressen.
Dann werde ich noch fetter sein und euer Festessen
umso größer.“ Der Vorschlag wird einstimmig angenommen. Und so ist es in diesem Jahr die Weihnachtsgans höchstpersönlich, die das Weihnachtsfestessen zubereitet.
Seit diesem Weihnachtsfest leben der Fuchs, der
Wolf, das Wiesel und die Gans zufrieden zusammen
im Fuchsbau. Und niemand im ganzen Wald hat sie
jemals glücklicher gesehen und runder!
Quelle: Bilderbuch: „ Wie sich die Weihnachtsgans
vor dem Ofen rettete“
Titel der französischen Originalausgabe:
Le Festin de Noel
Text: Nathalie Dargent
Illustrationen: Magali le Huche
2013 für die deutsche Ausgabe:
arsEdition GmbH, München
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VS Mittelfeld
Die kleine Trompete
Die kleine Trompete konnte von dem Balkon aus, an
dem sie hing, direkt auf den Marktplatz schauen.
Da unten war immer etwas los und die Trompete
konnte dem alten Schrank, der nicht so weit gucken
konnte, immer erzählen, was es im Städtchen
Neues gab.
Der alte Schrank mit den Kleidern aus Urgroßmutters Zeiten und die kleine, glanzlose Messingtrompete lebten nun schon viele, viele Jahre hier oben
auf dem Dachboden im Hause des Stadtapothekers.
Man hatte sie einfach vergessen und nie fand einer
den steilen Treppenweg hier hinauf. Es war nur gut,
dass sie zu zweit waren! Aber der kleinen Trompete
ging es gar nicht gut. Der Herbststurm hatte das
Fenster, vor dem sie baumelte, eingedrückt, und
der kalte Dezemberwind blies heftig in ihren Hals.
Der alte Schrank meinte, dass der Apotheker ruhig
einmal den Lehrbuben schicken sollte mit einem
heißen Brusttee oder braunen Malzbonbons. Doch
es kam natürlich keiner.
Immer kälter wurde es und als eines Morgens der
Schrank und die Trompete aufwachten, da hatte
es draußen geschneit. „Es muss bald Weihnachten
sein!“ meinte die kleine Trompete und dachte wehmütig an die längst vergangenen Zeiten, als auf ihr
die schönsten Weihnachtschoräle geblasen worden
waren. Jetzt aber war sie stumpf und ohne Glanz,
ihr Mundstück war einmal abgefallen und die dicke
rote Quaste - ihr ganzer Stolz - war grau vom Staub.
Nein, man konnte wirklich keine Ehre mit ihr einlegen. Und wer jetzt gesehen hätte, wie ein paar
geschmolzene Schneeflocken von ihr herabtropften, der hätte glauben können, dass die traurige
kleine Trompete weinte!
Weihnachten! Wie lange wünschte sie sich schon,
noch einmal ein richtiges Weihnachtsfest erleben
zu können, statt hier auf dem Dachboden an einem
dicken Balken zu hängen! Ein Windzug blies in das
Fenster und die Trompete schaukelte so heftig hin
und her, dass sie sich plötzlich im Fensterkreuz
verfing und dort hängen blieb. „He!“ rief der
Schrank, „fall nicht ganz raus vor lauter Neugier.“
Aber obwohl es hier draußen noch kälter war als
auf dem Boden, lachte die kleine Trompete nur.
Unter ihr auf dem Marktplatz bauten gerade
zwei Buben an einem riesigen Schneemann. Der
stand an jedem Weihnachtsabend hier und vor
ihm stellten sich dann die „Stadtpfeifer“ auf und
sangen Weihnachtslieder. Die Stadtpfeifer, das
waren elf Jungen, die mit ihrem Lehrer an jedem
Heiligen Abend alte Weisen in den Straßen und
Gassen des Städtchens sangen. Ohne sie gab es
kein Weihnachtsfest. Und die beiden Buben, die
hier jetzt an ihrem Schneemann bauten, waren
zwei von den elfen. „Du“, sagte der Thomas, der
dem Schneemann eine dicke Karotte als Nase ins
Gesicht drückte, „Lehrer Martin hat auch gemeint,
im nächsten Jahr sollten wir auf eine Trompete
sparen, damit einer darauf spielen kann, wenn wir
singen.“ Sein Bruder Gottfried nickte. „Ja, fein
wär‘s schon. Aber so eine Trompete ist bestimmt
sehr teuer!“
Damit setzte er die Fäuste wie eine Trompete an
den Mund und blies hinein. Thomas schaute ihn an.
„Ja, weißt du, so ähnlich müsste es klingen, aber
eine richtige Trompete, die wäre halt noch viel, viel
schöner!“ Ja, das dachte auch die kleine Trompete,
die hoch über den beiden hing. Aber sie grübelte
noch weiter. Sie überlegte: „Ach, wenn mich doch
der Wind abreißen würde, solange noch die beiden
Buben da unten stehen! Dann würde ich wieder
Weihnachtslieder spielen können!“ Ob der Wind
Gedanken lesen kann? Hatte er erraten, was die
kleine Trompete dachte, die er lachend hin- und
herschaukelte? Mit einem Satz packt er sie , riss
an dem morschen Band - und in hohem Bogen
fiel sie in den weichen Schnee, dem Schneemann
genau vor die großen Füße. Nicht wahr, das ist
kaum zu glauben.
Thomas und Gottfried aber standen eine Weile
wie stumm. Da war ihnen eine Trompete ja geradewegs aus dem Himmel auf den Markt gefallen!
Was machte es da, dass sie kein Mundstück mehr
hatte und ihre Quaste grau statt rot! „Du, wenn
wir die putzen, glänzt die wie richtiges Gold!“
rief Thomas strahlend. Und so kam es, dass auf
der kleinen Trompete am Weihnachtsabend viele
Weihnachtslieder geblasen wurden. Das klang so
schön zu dem frommen Gesang der Buben über
den Marktplatz, dass die Leute ihre Fenster weit
öffneten und still und glücklich in den sternklaren
Heiligen Abend hinausschauten. So schön war das
Weihnachtssingen der Stadtpfeifer noch nie
gewesen!
Und der Schrank? Ja, stellt euch vor, der Apotheker
hat sich plötzlich seiner erinnert und ihn am
Tage vor Weihnachten die Stiege hinunterschaffen lassen, so dass er auf einmal gar nicht mehr
einsam war. Die kleine Trompete aber hat der
Apotheker nicht vermisst. Er konnte sie ja auch
nicht brauchen. Die lag goldglänzend mit einer
prächtigen Quaste in einem Holzkasten unter
dem kerzenschimmernden Tannenbaum auf dem
Gabentisch der Stadtpfeiferbrüder Thomas und
Gottfried.
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VS Oberdorf
Adventsgeschichte: Selbst gebacken
Heute öffnet Andreas das zweite Türchen am Adventskalender und freut sich: „Ein Weihnachtskeks,
Anne! Das schenk ich dir!“ „Vielen, vielen Dank“,
grinst Anne zurück. „Ich teile es gerne mit dir!“
„Das brauchst du nicht“ jubelt Andreas „wir backen
nämlich heute im Kindergarten richtige Kekse.“
Und er überzeugt sich, ob er schon ein sauberes
Geschirrtuch in seine Tasche getan hat. „Du hast
es gut“ meutert Anne, „wir schreiben heute eine
Rechenarbeit.“
Dann schlüpfen beide Kinder in die Winterjacken
und in ihre warmen Stiefel. „Seid vorsichtig! Es hat
in der Nacht gefroren. Alles ist spiegelglatt!“ warnt
Mama, als sie sich verabschieden.
„Wir haben nicht nur gerechnet“, erzählt Anne, als
sie mittags nach Hause kommt, „wir haben auch
gebastelt.“ Und stolz zieht sie einen Strohstern
aus der Schultasche und zeigt ihn Mama. „Den
schenk ich dir und Papa.“ „Der ist aber schön!
Hast du den ganz alleine gemacht?“ „Fast ganz
allein“ gibt Anne zur Antwort. Dann sagt sie etwas
bedrückt: „Eigentlich wollte ich euch den Stern ja
erst zu Weihnachten schenken. Jetzt ist es keine
Überraschung mehr.“
Da lächelt Mama und sagt: „Papa weiß von nichts,
und ich habe nichts gesehen und nichts gehört.“
Dabei zwinkert sie Anne mit den Augen zu und gibt
ihr den Strohstern zurück.
„Wo Andreas so lange bleibt?“ fragt sie dann.
„Der sollte doch schon da sein!“ „Er rutscht noch
mit den Buben auf dem Eis vor unserem Haus“,
sagt Anne. Kurz darauf springt er aber schon ins
Wohn-zimmer, zieht einen kleinen Papiersack aus
der Manteltasche und ruft: „Ich habe euch etwas
mitgebracht! Seid ihr immer brav gewesen?“ „Ja!“
rufen Mama und Anne fast gleichzeitig.
„Selbst gebacken“ sagt Andreas stolz und leert
den kleinen Sack ganz vorsichtig auf den Tisch
aus. Stumm sehen sie alle drei an und Andreas
will am liebsten zu weinen anfangen. Aber dann
lachen sie alle drei. „Das kommt davon, wenn man
mit den Keksen in der Tasche auf dem Eis rutscht“
sagt Anne. „Einen Schönheitspreis bekommen
sie nicht mehr“ meint Mama und steckt ein paar
Kekse in den Mund. „Aber sie schmecken herrlich!“
„Selbst gebacken“ nickt Andreas und legt aus den
Bruchstücken einen Stern. „Den schenk ich dir“
sagt er zu Anne. „Selbst gebacken!“ „Und selbst
gebastelt“ meint Mama.
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VS Rohrbach
Richtig Weihnachten
Katja Reider/Wolfgang Slawski
Am Weihnachtsmorgen hatte es endlich geschneit.
Und Harri war begeistert! Wie ein Schneepflug
sauste der kleine Hase durch die glitzernde weiße
Pracht. „Komm mal her, Harri!“, rief Mama Hase.
„Wir haben eine Überraschung für dich: Deine
Kusine Lillu kommt über Weihnachten zu Besuch.
Ist das nicht wunderbar?“ „Nein“, sagte Harri. „ Ich
will Weihnachten mit euch alleine feiern wie immer.
Sag dieser Lillu, dass sie zu Hause bleiben soll.“
„Aber die Kleine ist doch längst unterwegs“, sagte
Harris Mama. „Papa baut schon deine Schlafgrube
um.“ „Was macht Papa?!“
Blitzschnell sauste Harri zu seiner Grube. Doch es
war zu spät: Papa Hase hatte Harris gemütliche
Kuschelgrube bereits in ein einfaches Schlaflager
verwandelt. „Schau“, sagte er stolz, „jetzt haben
wir genug Platz für unseren Gast.“ „Ich will aber
nicht neben dieser Lillu schlafen!“ rief Harri. „Ich
kenn sie ja gar nicht. Außerdem will ich meine
Kuschelgrube wiederhaben!“ „Es ist doch nur
über Weihnachten“, tröstete ihn Papa Hase. Harri
schniefte. Weihnachten - das war es ja gerade!
Jedes Jahr am Heiligen Abend stiegen Harri und
sein Papa auf einen Hügel über dem Dorf. Dort
oben kuschelten sie sich eng aneinander und beobachteten, wie hinter den hellen Fenstern die
Weihnachtsbäume geschmückt und die Kerzen
angezündet wurden. Diese Stunden gehörten ihnen
ganz allein. „Also, wann gehen wir, Papa?“, drängte
Harri Hase am Weihnachttag. „Tut mir leid“, sagte
Papa Hase. „Ich muss Karotten und Nüsse für
unseren Weihnachtskuchen besorgen. Dieses Jahr
musst du mit Lillu gehen.“
„Nein!“ rief Harri und stampfte mit der Pfote. „Ich
will nur mit dir gehen, Papa. Bitte!“ „Nun sei doch
nicht so stur, Harri!“ sagte Papa Hase. „Schau, ich
glaube, dahinten kommt unser Besuch schon. Bitte
sei nett zu Lillu! Sie ist noch viel kleiner als du. Und
schließlich ist Heiliger Abend.“ Aber Harri hatte
schon fest beschlossen, seine Kusine unausstehlich zu finden.
Nachdem sich Lillu ausgeruht, etwas gegessen und
getrunken hatte, sagte Mama Hase: „So, Harri, es
ist Zeit für den Weihnachtsausflug. Sei nett zu Lillu.
Und wenn ihr zurückkommt, ist hier alles fertig
für unser Weihnachtsfest.“ Der kleine Hase tat,
als habe er nichts gehört. Aber Papa Hase schob
ihn und Lillu einfach nach draußen. „Viel Spaß, ihr
beiden!“ rief er und war schon wieder verschwunden. Na gut, dachte Harri wütend, diesem kleinen
Hängeohr werd ich´s zeigen! Und er rannte los.
„Warte doch, Harri! Warte!“, rief Lillu hinter ihm her.
Aber Harri Hase lief schneller und schneller. Seine
Ohren flogen im Wind. Und die Stimme hinter ihm
wurde immer leiser. Nach einiger Zeit blickte sich
Harri um. Lillu war nicht mehr zu sehen. „So eine
lahme Ente!“, dachte Harri und wartete auf Lillu.
Harri wartete und wartete, aber Lillu kam nicht.
Es dämmerte schon, gleich würde es dunkel sein.
Und Lillu war noch immer nicht da! Ob sie sich
versteckt hatte? Harri Hase begann zu suchen hinter Büschen und Bäumen, Zäunen und Hecken.
Keine Spur von Lillu! Wenn ihr etwas zugestoßen
war? Harri zitterte jetzt. Und er schämte sich.
Wie hatte er die kleine Kusine nur im Stich lassen
können? Hier, wo sich Lillu nicht auskannte, wo sie
für Fuchs und Habicht leichte Beute war! Und das
am Weihnachtsabend! Harri begann bitterlich zu
weinen. Oje, was hatte er getan!
Doch was war das? Plötzlich schien das Schneefeld
um ihn herum heller zu werden. Harri blinzelte und
schaute verwundert zum Himmel. Da, hoch oben,
stand ein Stern, der heller strahlte als alle Sterne,
die Harri je gesehen hatte. Und dieser Stern würde
ihm zeigen, wo er Lillu finden konnte. Das wusste er
mit einem Mal ganz genau. Der kleine Hase sprang
auf und folgte dem Licht.
Harri wusste nicht, wie lange er schon gelaufen
war, als er eine schwache Stimme hörte: „Hilfe!
Harri, wo bist du? Harriiii!“ Er raste los, er flog über
den Schnee, stolperte über seine Beine - und dann
kullerte ihm ein riesiger Stein vom Herzen. Da, ganz
unten am Fuß des Abhangs, saß Lillu und winkte zu
ihm herauf. „Harri – endlich! Ich habe mich verlaufen und dann bin ich hier abgerutscht. Ich schaffe
es nicht alleine hinauf.“
„Warte! Ich komme!“ So schnell er nur konnte
kletterte Harri den steilen Hang hinunter. „Hast du
dir wehgetan?“ „Nein“, flüsterte Lillu, „das nicht,
aber…“ „Du hattest sicher schreckliche Angst hier
unten?“, fragte Harri leise. „A-a-angst?! Ei-eieignetlich n-n-nicht“, sagte Lillu und schüttelte
so energisch den Kopf, dass ihre langen Ohren
hin und her flogen. „Aber können wir jetzt bitte
ganz schnell nach oben klettern?“ Da nahm Harri
Lillus Pfote und zog sie vorsichtig hinter sich
her den Hang hinauf. „Es tut mir so leid, dass
ich dich im Stich gelassen habe“, sagte er. „Bitte
verzeih mir!“ „Ist schon in Ordnung“, sagte Lillu
großzügig. „Und weißt du was: Das bleibt unser
Weihnachtsgeheimnis!“ Harri nickte stumm und
war unendlich froh.
In diesem Moment begannen unten im Dorf die
Glocken zu läuten. Harri zog Lillu mit sich fort. Und
wenig später saßen die beiden kleinen Hasen eng
aneinander gekuschelt auf dem Hügel und schauten hinunter zum Dorf. In allen Häusern sah man
die Weihnachtsbäume leuchten, und die Lieder der
Kinder klangen leise durch die Dunkelheit. Harri
Hase schaute zum Himmel, wo jetzt Tausende von
Sternen funkelten. Welcher hatte ihm den Weg zu
Lillu gezeigt? „Danke, kleiner Stern“, flüsterte Harri,
„wo immer du auch bist…“
„Komm Lillu, jetzt werden wir richtig Weihnachten
feiern!“, rief Harri. Und sie liefen so schnell sie
konnten nach Hause.
20
SPZ
Der kleine Schutzengel
Sieglinde Breitschwerdt
Sehnsüchtig sah Emanuel zu, wie wieder viele
Engel die Himmelsleiter hinabstiegen. Sie beeilten
sich, wollten rechtzeitig an Ort und Stelle sein, um
die Neugeborenen zu beschützen.
„Ach, was würde ich dafür geben, wenn ich auch ein
Schutzengel sein dürfte“, seufzte er. „Aber ich habe
ja noch nicht einmal Flügel!“
„Emanuel, komm zu mir!“ rief Erzengel Gabriel. Er
nahm den Kleinen an die Hand und führte ihn zur
himmlischen Kleiderkammer. Weiße Gewänder,
Flügelpaare und Heiligenscheine wurden dort aufbewahrt.
Gabriel suchte für ihn ein passendes Gewand,
Flügelchen und einen Heiligenschein aus. Er half
ihm beim Anziehen, steckte die Flügelchen fest und
sagte:
„So mein Kleiner, jetzt bist du ein Schutzengel!“
Emanuel hüpfte vor lauter Freude im Kreis und
fragte aufgeregt: „Wohin schickst du mich?“
Gabriel zeigte in die Ferne. Am Himmel leuchtete ein wunderschöner Stern mit einem langen
silbernen Schweif: „Folge immer diesem Stern,
solange, bis er stehen bleibt. Dort wird heute Nacht
ein neuer, großer König geboren! Er wird für alle
Menschen der König des Glaubens, der Liebe und
der Hoffnung sein!“
Ein König, dachte Emanuel und ihm wurde ganz
bange: „Braucht ein großer König nicht auch einen
großen Schutzengel?“
Der Erzengel lächelte und drückte ihm sanft den
Heiligenschein aufs Haupt: „Nein, nein! Ein kleiner
König und ein kleiner Engel passen gut zusammen!“
Wenig später kletterte Emanuel die Himmelsleiter
hinab und folgte immer dem großen Stern.
Ich werde auf meinen König gut aufpassen, dachte
er. Wehe, wenn ihm einer etwas tut, dann verhau‘
ich ... Erschrocken hielt er inne. Ein richtiger Engel
durfte so etwas nicht einmal denken.
Hin und wieder schaute er zum Himmel. Er
bemerkte, daß der Stern allmählich langsamer
wurde. Erstaunt blickte er sich um. Nirgends sah
er einen Palast, oder wenigstens ein großes vornehmes Haus?
Er kam durch ein kleines Dorf. Die meisten Häuser
waren alt und verfallen, in denen nur arme Leute
wohnten.
Neben einem Gasthof stand ein Stall; über ihm
blieb der Stern stehen.
Geduldig wartete er darauf, daß der Stern weiterwandern würde. Aber nichts geschah.
Oh mein Gott, durchfuhr es ihn, ich bin dem falschen
Stern gefolgt! Vielleicht habe ich mich verlaufen?
Ratlos setzte er sich nieder. Da fiel ihm der kleine
König ein, den er beschützen sollte.
Emanuel war so traurig, dass er bitterlich weinte.
Plötzlich fühlte er etwas Weiches an seinem Knie.
Ein Schaf rieb sein Köpfchen daran. „Warum bist
du so traurig, kleiner Engel?“ fragte es.
„Ich habe mich verlaufen!“ schluchzte er.
„Verlaufen?“ blökte das Schaf verwundert.
Er nickte.
„Irgendwo wird ein neuer König geboren, und nun
hat er keinen Schutzengel, weil ich den Palast nicht
finden kann!“
Emanuel nahm den Zipfel seines Gewands und
schneuzte sich.
„Im Stall wird auch ein Kind geboren! Aber das sind
sehr arme Leute!“ mähte das Schaf. „Sie kamen mit
einem Esel aus einer fernen Stadt!“
Emanuel sah sich um. Er entdeckte auch keinen
anderen Engel.
Er streichelte dem Schaf über das Köpfchen und
murmelte: „Das arme Kind. Kein Schutzengelchen
weit und breit!“
„Dann beschütze doch du das Kind!“ schlug das
Schaf vor. „Arme Leute haben es nicht leicht im
Leben!“
Er nickte. Das Schaf hatte recht. Der kleine Engel
stand auf und ging in den Stall. Ein Ochse und ein
Esel lagen im Stroh.
Ein älterer Mann stand neben seiner jungen Frau,
die ihr Kind in die Krippe legte. Emanuel trat näher
und sah sich das Neugeborene genauer an. Es war
ein hübscher kleiner Junge.
Plötzlich hörte er Räderknirschen, Hufgetrampel
und Gewieher; dem folgten Fanfarenstöße und
Herolde riefen: „Macht Platz für die Könige!“
Prunkvoll geschmückte Pferde und Kamele hielten
vor dem Stall.
Drei Könige in kostbare Gewänder gehüllt, mit goldenen Kronen auf ihren Häuptern, betraten den
ärmlichen Raum. Sie beglückwünschten die Eltern
zur Geburt ihres Kindes und überreichten Gold,
Weihrauch und Myrrhe. Es waren Geschenke für das Neugeborene.
Sie knieten vor der Krippe nieder und jeder König
küßte dem kleinen Jungen das Händchen.
Wenig später kamen Hirten. Als sie das Kind in der
Krippe sahen, gaben sie ihm alles, was sie hatten:
Brot und Käse, Früchte und Wein, dann knieten
auch sie nieder.
Ehrfurchtsvoll und staunend hatte Emanuel alles
beobachtet.
Sein kleiner Schützling musste schon etwas
Besonderes sein, wenn Könige wie Hirten gleichermaßen vor ihm niederknieten.
Er beugte sich etwas vor - und das Kind lächelte
ihn an.
Ich habe mich doch nicht verlaufen, dachte der
kleine Schutzengel überglücklich. Ich bin auch nicht
dem falschen Stern gefolgt. Er ist der neue große
König, der König des Glaubens, der Liebe und der
Hoffnung, und ich... ich ... ich darf ihn beschützen!
21
VS Markt
Eine Wintergeschichte
Max Bollinger
Es war einmal ein Mann. Er besaß ein Haus, einen
Ochsen, eine Kuh, einen Esel und eine Schafherde.
Der Junge, der die Schafe hütete, besaß einen kleinen Hund, einen Rock aus Wolle, einen Hirtenstab
und eine Hirtenlampe. Auf der Erde lag Schnee.
Es war kalt, und der Junge fror. Auch der Rock aus
Wolle schütze ihn nicht. „Kann ich mich in deinem
Haus wärmen?“, bat der Junge den Mann. „Ich kann
die Wärme nicht teilen. Das Holz ist teuer“, sagt der
Mann und ließ den Jungen in der Kälte stehen.
Da sah der Junge einen großen Stern am Himmel.
„Was ist das für ein Stern“ dachte er. Er nahm
seinen Hirtenstab, seine Hirtenlampe und machte
sich auf den Weg. „Ohne den Jungen bleibe ich
nicht hier“, sagte der kleine Hund und folgte seinen
Spuren. „Ohne den Hund bleiben wir nicht hier“,
sagten die Schafe und folgten seinen Spuren.
„Ohne die Schafe bleiben wir nicht hier“, sagte der
Esel und folgte ihren Spuren. „Ohne Esel bleibe ich
nicht hier“, sagte die Kuh und folgte seinen Spuren.
„Ohne Kuh bleibe ich nicht hier“, sagte der Ochse
und folgte ihren Spuren. „Es ist auf einmal so
still“, dachte der Mann, der hinter seinem Ofen
saß. Er rief nach dem Jungen, aber er bekam keine
Antwort. Er ging in den Stall, aber der Stall war
leer. Er schaute in den Hof hinaus, aber die Schafe
waren nicht mehr da. „Der Junge ist geflohen und
hat alle meine Tiere gestohlen“ schrie der Mann,
als er die Spuren im Schnee entdeckte. Doch kaum
hatte der Mann die Verfolgung aufgenommen, fing
es an zu schneien. Es schneite dicke Flocke. Sie
deckten die Spuren zu. Dann erhob sich ein Sturm,
kroch dem Mann unter die Kleider und biss ihn in
die Haut. Bald wusste er nicht mehr, wohin er sich
wenden sollte. Der Mann versank immer tiefer im
Schnee. „Ich kann nicht mehr!“ stöhnte er und rief
um Hilfe. Da legte sich der Sturm. Es hörte auf zu
schneien, und der Mann sah einen großen Stern am
Himmel. „Was ist das für ein Stern?“, dachte er. Der
Stern stand über dem Stall, mitten auf dem Feld.
Durch ein kleines Fenster drang das Licht einer
Hirtenlampe. Der Mann ging darauf zu. Als er die
Tür öffnete, fand er alle, die er gesucht hatte, die
Schafe, den Esel, die Kuh, den Ochsen, den kleinen
Hund und den Jungen. Sie waren um eine Krippe
versammelt. „Ich bin gerettet.“, sagte der Mann.
Am anderen Morgen kehrten der Mann, der Junge,
die Schafe, der Esel, die Kuh, der Ochse und auch
der kleine Hund wieder nach Hause zurück. Auf der
Erde lag Schnee. Es war kalt.
„Komm ins Haus.“, sagte der Mann zu dem Jungen,
„ich habe Holz genug, Wir wollen die Wärme teilen.“
22
VS Schoren
Der Weihnachtsapfel
nach Melanie Rosenmaier
Lena nimmt ein Messer und schneidet den Apfel
dort, wo er am dicksten ist, in zwei Hälften. Eine
gibt sie Pia.
Pia betrachtet den Stern in der Apfelmitte und ist
beeindruckt.
“Wie man Apfelsterne schneidet, habe ich
von meiner Omi gelernt“, sagt Lena. „In jedem
Kernhäuschenstübchen liegen zwei kleine braune
Kerne,“ zeigt Lena.
Pia fragt: „ Was machen Apfelkerne eigentlich in
ihrem Häuschen?»
Lena antwortet: „Apfelkerne träumen. Sie träumen
vom Sonnenschein, dass die Sonne sie wärmt. Sie
träumen vom Regen, dass die
Regentropfen auf den Apfel fallen. Sie träumen vom
Wind, dass er den Apfel am Zweig wiegt“, erklärt
Lena ihrer Freundin.
“Und was träumen die Kerne, wenn sie geerntet in
den Körben liegen?“, fragt Pia.
„In den Körben träumen sie von all dem, von dem
sie schon immer geträumt haben!“, ruft Lena.
“Nur Opa hat einen Weihnachtsapfelkorb. Darin
hebt er die schönsten Äpfel auf. Vor Weihnachten
werden sie dann so lange mit einem Tuch abgerieben, bis sie glänzen. Und am Weihnachtsabend
schmücken sie dann den Weihnachtsbaum“,
erzählt Lena.
“Und was träumen die Äpfel am Weihnachtsbaum?“,
will Pia wissen.
„Sie träumen von der Sonne, vom Regen und vom
Wind. Nur der kleinste ist ein ganz besonderer
Weihnachtsapfel. Er träumt vom Christkind!“
23
VS Gütle
Die lange Reise des alten Hundes
Es waren nur noch drei Tage bis Weihnachten.
Familie Klocker hatte sehr viel zu tun, denn sie
wollten nach Ples umziehen und Weihnachten im
neuen Haus feiern. Die Katze Maja fragte: „Warum
arbeiten die Menschen so viel?“ Der Hund Soja antwortete darauf: „Sie ziehen um.“ „Warum denn?“,
wollte die Katze wissen. „Ich weiß es nicht“, antwortete der Hund.
Dann kam Leo, der Junge, ins Zimmer und rief:
„Kommt Maja und Soja, wir fahren los!“. Die
Familie stieg ins Auto und die Tiere sprangen in den
Kofferraum. Der Vater fuhr los.
Nach zwei Stunden machten sie einen Halt, denn
die Mutter musste aufs Klo. Inzwischen öffnete Leo
den Kofferraum. Papa schrie: „Nein! Da sind die
Tiere drinnen!“ Doch es war schon zu spät!
Soja und Maja nützen die Chance, sprangen heraus
und rannten in den Wald.
Die Katze fragte verzweifelt: „Wo sind wir?“ „Ich
weiß es nicht“, antwortete Soja.
Auf einmal sah der Hund eine Lichtung und bellte:
„Dort ist sie, unsere Familie!“ Maja miaute: „Komm,
wir machen ein Wettrennen.“
Die beiden stürmten los. Doch plötzlich sackte Soja
auf halbem Weg zusammen. Maja blieb stehen
und miaute verzweifelt: „Soja, Soja, wach auf!“ Die
Katze lief traurig weiter und kam sicher beim Auto
an. Der Vater sah die Katze und öffnete die Tür.
Leos Freude war wie weg geblasen, als er seinen
Hund Soja nicht sah. Nach drei Stunden Fahrt
kamen sie beim neuen Haus an. Am späten Abend
kam auf einmal Soja angetrottet und Maja fragte
überrascht: „Wie hast du hierher gefunden? Du bist
doch tot umgefallen?“
„Hunde haben eben eine gute Nase“, meinte
Soja. Zwei Tage später feierten sie ein ganz tolles
Weihnachtsfest und dachten noch lange an dieses
Weihnachtswunder zurück.
Simon und Tom (4. Klasse) – VS Gütle
24
VS Haselstauden
Eine Weihnachtsmaus sieht rot
Andrea Schober
Die kleine Maus Ottilie hatte ihr Mauseloch hinter
einem kleinen Schränkchen im Wohnzimmer. Sie
fühlte sich dort sicher, weil keiner den Eingang zu
ihrem Haus sehen konnte. Doch eben wurde das
kleine Schränkchen plötzlich verrückt und die kleine
Maus bekam große Angst. Sie verkroch sich in die
hinterste Ecke ihres Mauselochs. Zu Essen hatte sie
auch genug. Sie sammelte, wenn niemand im Haus
zu hören war, meistens nachts, die Reste ein, die auf
dem Fußboden lagen. Das reichte für sie, so dass sie
sich sogar noch einige Vorräte anlegen konnte. Nun
schien sich vor ihrem Haus einiges zu verändern. Ein
lautes Geräusch brummte auf und ein klapperndes
Etwas wurde über den Fußboden hin und hergeschoben. „Hoffentlich entdecken sie mich nicht“,
dachte Ottilie und hielt sich die Ohren zu.
Nachdem der Lärm vorbei war, schaute sie vorsichtig mit einem Auge hinter der Fußleiste hervor.
Sie sah wie ein Mensch einen großen Tannenbaum
Richtung Mauseloch trug. Dann kam ein anderer
Mensch und stellte einen Ständer an die Stelle, wo
vorher das Schränkchen stand. Ottilie versteckte
sich schnell wieder, hörte aber, wie die Menschen
noch lange vor ihrem Haus herumwerkelten. Es
wurde schon dunkel und immer noch vernahm sie
Schritte, die im Zimmer hin und her liefen. „Was
machen die Menschen nur?“, fragte sich Ottilie.
Doch dann war endlich Ruhe. Als die Menschen
nicht mehr zu hören waren, schaute Ottilie wieder
aus ihrem Mauseloch. „Was war dann das? Warum
stand dieser Tannenbaum plötzlich vor ihrem
Haus? Sie tappste langsam hervor und lief um
den Weihnachtsständer herum. Als sie unter den
Tannenzweigen hervorkam, sah sie plötzlich über
sich etwas Ungewöhnliches. Da der Mond etwas
durchs Fenster schien, konnte sie etwas Rotes
erkennen. So etwas hatte Ottilie noch nie gesehen.
Es schien an den Zweigen des Baumes zu hängen,
sah rund aus und glänzte im Mondenschein. Ottilie
war ganz begeistert. War es ein leuchtender Apfel?
Sie wusste überhaupt nicht, dass es Tannenbäume
mit Äpfeln gab. Ottilie war schrecklich aufgeregt.
Das Wasser lief Ottilie im Mund zusammen. Sie
lief zum Ständer und versuchte den Stamm des
Baumes zu finden um daran hochzuklettern. Doch
der Ständer war zu hoch und zu glatt um hinauf zu
gelangen. Hungrig und müde legte sich Ottilie in ihr
Haus und überlegte. Dabei schlief sie ein.
Am nächsten Morgen, als es schon hell wurde,
war Ottilie zeitig wach. Niemand war im Haus zu
hören und so beschloss Ottilie noch schnell in den
Keller zu gehen und nach einem Hölzchen oder
Stöckchen zu suchen, um sich einen Weg auf den
Weihnachtsbaumständer zu bauen. Die Kellertür
stand für gewöhnlich einen Spalt breit offen. So
war es auch diesmal. Ottilie huschte durch den
Spalt und lief am Rand der Kellertreppe hinab.
Dann schlich sie in die Vorratskammer. Dort roch
es so gut, dass Ottilie sofort wieder Hunger bekam
und nach etwas Essbarem suchte. Genau der
Geruch nach Äpfeln stieg ihr in die Nase, wo sie
doch seit gestern Abend an nichts anderes mehr
denken konnte, als an einen wundervollen rotbackigen süßen Apfel, wie der vom Tannenbaum.
Sie fand tatsächlich in der Vorratskammer eine
Kiste mit Äpfeln und biss sofort in den Erstbesten
hinein. Köstlich war dieser Apfel. Sie knabberte
und futterte. Einen halben Apfel fraß sie auf. Dann
war sie mit einem Mal so satt, dass sie sich ganz
müde und schläfrig fühlte. Sie dachte nur noch an
ein weiches Himmelbett und wollte träumen von
einem Mausehimmel. Dabei fiel ihr Blick auf das
Brett eines Regals, auf dem eine schöne bunte
Schachtel stand. „Diese Kiste wäre genau das
Richtige“, dachte Ottilie, „ Wenn ich über das Rohr
an der Wand laufe schaffe ich es bis dort oben.“
Halb schlaftrunken lief Ottilie Richtung Schachtel.
Sie wollte schon hineinspringen, da staunte sie
nicht schlecht. In der Kiste sah es tatsächlich so
aus, als stände dort ein richtiges Himmelbett. Sie
sah einen Berg mit weißem Puder, der aussah wie
Schnee. Ottilie hüpfte hinauf. Die Augen fielen ihr
zu und schon schlief sie ganz fest. Sie schlief so
feste, dass sie gar nicht bemerkte, dass plötzlich das Licht im Keller anging und jemand die
Treppe hinunterkam. Erst als Ottilies Himmelbett
etwas wackelte wurde sie schlagartig wach. Sie
erschrak, denn sie merkte, dass ihre Schachtel
bewegt wurde und kurz darauf sah sie auch den
Kopf eines Menschen, der sie zusammen mit dem
Schneeberg davontrug. Sofort stürzte Ottilie sich
den Schneeberg hinab und versteckte sich in einer
Ecke der Schachtel. „Zum Glück hat mich noch niemand gesehen!“, dachte sie. „Wohin werde ich nun
gebracht?“ Es ging die Kellertreppe hinauf und am
Tannenbaum vorbei. Ottilie war ganz verwundert.
Der Tannenbaum war ja gar nicht mehr ganz grün
wie gestern. Es gab viele bunte Sachen an dem
Baum und Lichter, die leuchteten. „Was ist hier nur
los?“, ging es ihr durch den Kopf. Sie wurde mitsamt
Schachtel und Schneeberg auf den Küchenschrank
gestellt. Da kam auch schon jemand mit einem
Messer auf sie zu. Eine Frauenstimme sagte:
„Schneide den Stollen nicht in zu dünne Stücke,
sonst brechen sie womöglich auseinander.“ Ottilie
sprang mit einem Satz aus der Schachtel. Sie hörte,
wie jemand lauthals kreischte. Dann lief sie quer
durch die Küche in Richtung ihrer Wohnung. Wo
sollte sie nun hin? Sie wagte einen großen Sprung
auf den Weihnachtsbaumständer und lief in die
Zweige der Tanne, genau zu ihrer roten Kugel die
sie am Vorabend entdeckt hatte. Sie zitterte am
ganzen Körper und hoffte, niemand würde sie
hier zwischen Kugel und Zweigen entdecken.
Doch schon bald stand die ganze Familie um den
Weihnachtsbaum herum. Nur die Mutter hatte sich
auf einen Stuhl geflüchtet, die die Maus Ottilie
gesehen hatte. Die Kinder sagten: „Das war aber
eine süße Maus, können wir die haben?“ Die Eltern
meinten, dass so ein Tier nicht in die Wohnung
gehört und antworteten: „Auf keinen Fall! Wir
werden sie fangen und dann nach draußen bringen.“ „Aber da ist es doch so kalt“, entgegneten die
Kinder, „Es hat geschneit und die Maus findet dort
gar nichts zu Essen.“ Der Vater meinte: „ Sie wird
sich schon etwas suchen. Andere Mäuse überleben schließlich auch draußen.“ Alle schauten sich
im Wohnzimmer um und suchten die Maus. Aber
keiner konnte sie sehen. „Wir stellen über Nacht
eine Mausefalle auf“, sagte der Vater, „dann bekommen wir sie schon.“ Das Mädchen der Familie
fand es gemein, die Maus mit einer fiesen Falle zu
fangen. Vor allem war sie ja dann tot. Es hatte einen
anderen Plan, den es aber niemandem verriet.
Als am Heiligen Abend alle zu Bett gegangen
waren, schlich das Mädchen ins Wohnzimmer
und tatsächlich entdeckte sie plötzlich Ottilie im
Weihnachtsbaum hinter der roten Kugel. Sie holte
schnell die leere Schachtel vom Weihnachtsstollen,
und legte ein Handtuch hinein. Mit einer Hand hielt
sie die Schachtel unter den Baum und schnitt dann
mit der Schere in der anderen Hand den Zweig vom
Weihnachtsbaum samt Kugel und Maus ab. Ottilie
purzelte sanft auf das Handtuch und wurde dann
mit einem Deckel zugedeckt. Sie war mit ihrer
roten Kugel in der Kiste gefangen. Das Mädchen
sagte: „Ab nun wohnst Du bei mir.“ Sie trug die
Maus hoch in ihr Zimmer. Dort gab es in der Ecke
des Zimmers ein Loch im Fußboden. Das Mädchen
legte zunächst Zweig und Kugel hinein, dann ließ
sie Ottilie in das Loch plumpsen.
„Frohe Weihnachten kleine Maus!“ sagte das
Mädchen und hoffte, dass Ottilie sich bei ihr wohl
fühlte.
Doch Ottilie wurde nach dem Heiligen Abend nicht
mehr gesehen und auch die rote Kugel war am
nächsten Tag verschwunden.
aries / gautier

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