klinikkurier - Klinik Bavaria

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klinikkurier - Klinik Bavaria
KLINIKKURIER
Ausgabe 3/2014 Dezember 2014
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Journal für Patienten, Mitarbeiter und Gäste der Klinik
Persönlich betreut
in Wohlfühlambiente
Weihnachtsmärkte in
Dresden
Seite 4/5
Pflegedienst für die
Babisnauer Pappel
Seite 13
Klinik erweitert
Pflegeschule
Seite 19
www.klinik-bavaria.de
KLINIKKURIER
Inhaltsverzeichnis
Vorwort3
Weihnachtsmärkte in Dresden und Umgebung
4/5
Oh, du Zerbrechliche...
6/7
40 Jahre Bastel-Leidenschaft 8
Das Glück wohnt in Kreischa
9
Der konsequente Gentleman
10/11
Zwei Meistertitel für Kämpferherz aus Kreischa
12
Pflegedienst für die Babisnauer Pappel
13
Hugos Job ist Menschen retten 14
Künstler ohne Rast und Ruh
15
Der Prellbock 16/17
Von der Klinik in die Praxis
18
Klinik erweitert Pflegeschule
19
Etappenziel Kreischa 20
Impressum
KLINIKKURIER
Herausgeber: KLINIK BAVARIA
An der Wolfsschlucht 1-2, 01731 Kreischa
Andreas Frädrich
Tel.: 035206-6 1188
Mobil 0171-2736290 E-Mail andreas.
[email protected]
Redaktion: RuV Freital-Pirna mbH,
Jörg Seidel (verantw.)
Geschäftsführer: RuV Freital-Pirna mbH,
Dresdner Str. 72, 01705 Freital, Jörg Seidel,
Claudia Neumann
Layout: RuV Freital-Pirna,
Steffen Schmidt
Druck: Dresdner Verlagshaus Druck GmbH
Meinholdstr. 2, 01129 Dresden
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2 | Klinik Bavaria
Wir sind für Sie da!
Ansprechpartner für das Interne Service- und Kontaktmanagement
Frau Anett Beck
Frau Bianca Ihle
Telefon:
035206 6-3104
Telefax:
035206 2-1331
Email:[email protected]
Zimmer:
Klinik I, Ebene 6,
Zimmer 6141
Zuständigkeit: Klinik I und Klinik IV
Sprechzeit:
Mo. - Fr., 10 - 12 Uhr
Telefon:
035206 6-3712
Email:[email protected]
Zimmer:
Klinik II, Ebene 2, Zimmer 2233
Zuständigkeit: Klinik II
Sprechzeit:
Bitte entnehmen Sie diese dem Aus
hang an der Tür oder erfragen Sie diese
auf der Station Ihres Angehörigen
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Vorwort
Es ist Advent und das Weihnachtsfest steht bevor. Das ist die Zeit
der Lichterbögen und der besinnlichen Stunden im Kerzenschein,
nach denen wir uns in der dunklen Jahreszeit sehnen. Das Jahr
neigt sich und wir widmen diese
letzten Tage vor allem unseren
liebsten Mitmenschen. Es ist die
Zeit auch für jene da zu sein, die
im getriebenen Alltag oft zu kurz
kommen: die Kinder, die Eltern,
die Großeltern und
auch Freunde, die
uns viel bedeuten.
Während
sich
die Menschen
in weihnachtlicher Atmosphäre
aus
Lichterglanz
und
Plätzchenduft zuwww.klinik-bavaria.de
sammenfinden, können wir uns
auf viele Helfer im Leben verlassen, die für uns da sind, wie
immer. In dieser besinnlichen
Zeit mag es auch manchmal
schwer fallen, den Liebsten
den Rücken zu kehren
und in den Dienst zu
fahren. Doch plötzlich
erfährt genau dieser Dienst
eine ganz besondere Bedeutung. Jenseits aller Routine rücken Hinwendung und Sorge für
alle, die uns anvertrauten Patienten in den Vordergrund, gerade
aber auch für unsere kleinen Patienten, die den großen Augenblick der Bescherung am Heiligabend in der Klinik verbringen.
Unsere Pflegekräfte, Ärzte, Therapeuten und alle Mitarbeiter, die
an diesen Tagen ihren Dienst tun,
sind für all unsere Patienten da,
Und wenn ich prophetisch reden könnte
und alle Geheimnisse wüsste
und alle Erkenntnis hätte,
wenn ich alle Glaubenskraft besäße
und Berge damit versetzen könnte,
hätte aber die Liebe nicht,
wäre ich nichts.
(1. Kor. 13, 2)
deren Leben in diesem Jahr durch
Krankheit, Krise und auch Schicksal geprägt sind und geben ihnen
ein Gefühl, dass dieses Weihnachten etwas Besonderes ist.
Das verständnisvolle Zuhören
und die liebevolle Zuwendung
werden zum Geschenk.
Denn auf diese Weise schenken
alle Mitarbeiter in diesen Tagen
unseren Patienten etwas, das
untrennbar mit der Botschaft der
Weihnacht
verbunden
ist: Liebe,
Zuvers ic ht
und Hoffnung
für die Zukunft.
Uns allen ein frohes Weihnachtsfest und alle guten
Wünsche für das neue Jahr!
Ihr Rudolf Presl
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Schlemmen und Staunen auf dem
ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands
Im Advent begrüßt die
Landeshauptstadt alle
Dresdner und Gäste
zum gemütlichen Stadtbummel in der Altstadt.
Der traditionsreiche Markt hat
seit dem 27. November geöffnet.
Das Programm des mittlerweile
580. Striezelmarktes in Dresden
ist so umfangreich wie nie zuvor.
Die Stadt hofft, dass mindestens
2,5 Millionen Besucher kommen,
so viele wie im Vorjahr. Dafür
gibt es einige Neuerungen: Unter der Striezelmarktfichte gibt
es in diesem Jahr erstmals eine
farbenfrohe und sehr modern
gehaltene Krippe zu sehen.
Kunsthandwerker Björn Köhler
aus dem Erzgebirge hat die Figuren ohne Gesicht entworfen, die
schließlich in der Werkstatt von
Gundolf Berger in Gahlenz hergestellt worden sind. Bis zu 300
Kilogramm wiegen die Figuren
aus Fichtenholz, für die Berger
eigens eine neue Drechselvorrichtung bauen musste.
Knapp 1 950 Mitwirkende gestalten in diesem Jahr das Pro-
gramm des Striezelmarktes.
Ebenso wie das Pyramidenfest
und das Schwibbogenfest. Laut
Siebecke besonders gut angenommen wurden in den vergangenen Jahren die „Sternstunden“. Diese finden in diesem
Jahr am 12. Dezember statt, sodass der Markt an diesem Abend
bis 23 Uhr geöffnet hat. Regulär
ist der Markt sonst täglich von
10 bis 21 Uhr geöffnet. Etwa
2,5 Millionen Menschen kamen
in den vergangenen Jahren zum
Striezelmarkt. An den Freitagen
sind es teilweise bis zu 100 000
Menschen, an den Wochenenden sogar zwischen 130 000 und
150 000 Besucher. Damit die
Zahlen weiter steigen, hat die
Stadt 50 000 Werbeflyer in
Deutsch und Tausende weitere
Flyer in Englisch, Polnisch, Tschechisch und Russisch gedruckt.
Eigens für den diesjährigen Striezelmarkt hat die Dresden Information eine eigene Währung
prägen lassen. 55 000 Striezeltaler können an den Ständen des
Weihnachtsmarktes
ausgegeben werden - 20 000 sind laut
Prokurist Matthias Hundt schon
reserviert. Für zehn Euro erhal-
ten die Besucher elf Taler, die
jeweils einen Wert von einem
Euro haben. Egal ob Bratwurst,
Glühwein oder erzgebirgische
Schnitzkunst, die Taler können
an jedem Stand eingelöst werden. Zu kaufen gibt es sie in der
Dresden Information. Von den
233 Händlern auf dem Striezelmarkt bieten etwa 60 Adventsartikel, Kunsthandwerk, Plauener
Spitze oder auch Keramik an. 80
Prozent der Händler stammen
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aus Dresden und Sachsen. An
mehr als 50 Holzbuden werden
Imbisse und auch Glühwein angeboten.
Verena Weiß
Informationen:
580. Dresdner Striezelmarkt
Öffnungszeiten: bis 24. Dezember 2014, täglich von 10 bis 21,
am 24.12. von 10 bis 14 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
www.striezelmarkt.de
www.klinik-bavaria.de
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Dresdner Weihnachten wie im Mittelalter
Die Mittelalter-Weihnacht im Stallhof Dresden betreibt den Handel
auf diesem Weihnachtsmarkt traditionell und
motto-getreu.
So gibt es hier seit 28. November
bis 23. Dezember kein Plastik,
kaum elektrisches Licht und auch
keine musikalische Dauerberieselung aus den X-Mas-Charts der
heutigen Welt. Die Händler tragen
Kleidung des späten Mittelalters
und arbeiten mit typischen Werkzeugen und Materialien aus dieser
Zeit. Ihre Warenangebote sind Erzeugnisse deutscher oder europäischer Handarbeit und reichen
von Holzmöbeln und schmiedeeisernen Objekten über Lederartikel
und Kleidungsstücke bis hin zu
Aromadüften und Kerzen. Auch
Speis und Trank stammen aus
eigenem Ofen und Kessel und
Ehemals gehörte der Stallhof Dresden zum Residenzschloss und war
der Schauplatz für große Reitturniere. Er ist einer der ältesten erhaltenen Turnierplätze der Welt.
Die originale Gestaltung des Baus
hat ein besonderes Ambiente und
wird bis heute gern für Reitturniere oder kulturelle Veranstaltungen
genutzt. Der Stallhof liegt an der
Rückseite des weltberühmten
Fürstenzugs und ist die perfekte
Kulisse für die Mittelalter-Weihnacht.
Verena Weiß
werden hier, gerade frisch zubereitet, den Besuchern der Mittelalter-Weihnacht angeboten. Es
gibt Deftiges, Nahrhaftes und eine
beeindruckende Vielfalt an heißen
Weinen.
Mehrmals täglich spielen die „Kurfürstlichen Stallhof-Musikanten“,
ein Brass-Quintett der Partnerstadt
St. Petersburg, zur Unterhaltung der Marktbesucher. An den
Adventswochenenden gibt es
mittelalterliche Gaukeleien und
Spielmannsmusik den ganzen Tag.
Wenn in der Mittelalter-Weihnacht
im Stallhof die Zeit stehen bleibt,
dann ist auch Zeit für Tänzchen.
Zur Unterhaltung des jungen Publikums kommt Thomasius, der Ritter des letzten Einhorns, herbei geritten und erzählt den Besuchern
Geschichten aus der Winterwelt
und hat kleine Geschenke für die
Kinder dabei.
Informationen:
Mittelalter-Weihnacht im Stallhof
Dresden
Öffnungszeiten: 28. November bis
23. Dezember,
täglich von 11 bis 21.30 Uhr.
An Wochenenden wird auf der
Mittelalter-Weihnacht im Stallhof
Wegezoll erhoben: Erwachsene
zahlen 3 und ermäßigt 2 Euro.
www.mittelalter-weihnacht.de
Die Festung Königstein wird zum Wintermärchen
Festungskommandant von Kyaw und der Königsteiner Weihnachtsmann laden an allen
Adventswochenenden ein zum romantischen
Budenzauber. In der eindrucksvollen Kulisse der
Festung Königstein können sich die Gäste auf
Weihnachten einstimmen lassen.
Neu und einzigartig ist die unterirdische Weihnachtswelt in den Bärenloch-Kasematten. Unter den Gewölben voller leuchtender Herrnhuter Sterne bieten hier regionale Anbieter, wie
ein Chocolatier und sächsische Winzer, ihre
Produkte an. Die beschauliche Atmosphäre
wird von einer Weihnachtskrippe mit lebenden
Tieren, der stimmungsvollen Pyramide aus dem
Erzgebirge und 250 zusätzlichen Tannenbäumchen bestimmt. Auf dem liebevoll gestalteten
Budenmarkt gibt es heimisches Kunsthandwerk und außergewöhnliche Geschenkideen.
www.klinik-bavaria.de
de Märchenspiele. Es gibt eine Märchenhütte
mit Geschichtenerzählerin, Puppentheatervorstellungen und eine Wichtelwerkstatt zum
Basteln. Zudem hat der Weihnachtsmann
eine eigene Hütte mit dem unverzichtbaren
Wunschzettelbriefkasten. Mit einem Sack voller Geschenke besucht der Königsteiner Weihnachtsmann an allen vier Adventssonntagen,
um 15.30 Uhr die Bergfestung und verteilt an
die Kinder kleine Gaben.
Verena Weiß
Dazu gehören verlockende Leckereien wie der
gehaltvolle Festungspunsch und der beliebte
Festungsstollen.
Die Festungsweihnacht bietet auch Abwechslungsreiches zum Schauen, Staunen und Mitmachen. Auf dem Programm stehen sächsische
Weihnachtsbräuche, sensationelle Gaukeleien,
historische Weihnachtsmusik und unterhalten-
Informationen:
19. Historisch-Romantischer Weihnachtsmarkt
Festung Königstein
Geöffnet an den Adventswochenenden von 11
bis 19 Uhr. Eintritt: Erwachsene 7 Euro, ermäßigt 5 Euro, Familien 18 Euro.
www.festung-koenigstein.de
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Oh, du Zerbrechliche...
Zwei Kräne hatten die Fichte bereits fest am Haken, als der
Stamm des Baumes beim Versuch, ihn zum Verladen in die
Waagerechte zu bringen, zerbarst.
Die Freude über die
Kreischaer Striezelmarktfichte endet am
15. November 2014 jäh.
Der Baum bricht beim
Verladen entzwei.
Die Kälte spürt am Sonnabendmorgen keiner derjenigen mehr,
die sich am Rande der Lungkwitzer Straße in Kreischa versammelt
haben. Gerade eben hatten sie
noch schwatzend und lachend da
gestanden und auf den großen
Moment gewartet. Monika und
Christian Garten sind seit fünf
Uhr auf den Beinen, haben Brötchen geschmiert und Kaffee gekocht - für die Arbeiter, die heute die prächtige Fichte vor ihrem
Haus abholen. Doch mit einem
Schlag ist die Volksfeststimmung
an der für den Akt eigens halbseitig gesperrten Straße vorbei. Sie
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zerplatzt mit einem mächtigen
Krachen. Auf den Gesichtern ungläubiges Entsetzen.
40 Jahre alt, 23 Meter hoch, fünf
Tonnen schwer, Stammumfang:
2,10 Meter. Mächtig und weise
thronte der herrliche Baum bis
Viertel nach acht am Sonnabendmorgen an seinem Platz im Vorgarten von Familie Garten. Weil
er als Flachwurzler bei Sturm zur
Gefahr zu werden drohte und zudem viel Licht im Haus nahm, sollte er weichen. Aber ein würdiges
Ende sollte es mit ihm nehmen:
als Weihnachtsbaum auf dem
Dresdner Striezelmarkt. So zumindest der Plan, nachdem sich die
Kreischaer Fichte im Weihnachtsbaum-Casting der Stadt Dresden
klar gegen über 40 Mitbewerber
durchgesetzt hatte.
Die Stadt hatte das Casting eingeführt, weil in den umliegenden Wäldern selten annähernd
perfekte, frei stehende Bäume
auffindbar waren und ein besonders kränkliches Exemplar 2012
für allgemeinen Spott gesorgt
hatte. Bereits im letzten Jahr hatten Gartens ihre Fichte zur Wahl
gestellt, waren aber nicht in die
engere Auswahl gekommen.
Nun sollte es also doch noch
klappen. „Das wird der schönste
Baum, den Dresden jemals hatte“, freut sich Anwohner Gerd
Pfeifer. „Ein bisschen wehmütig
ist man schon nach so vielen
Jahren, am liebsten würde ich
alles abblasen“, scherzt Christian
Garten noch, als die Mannen von
Baumfällprofi Andreas Deppner
gegen acht Uhr zum ersten Mal
die Kettensäge aufheulen lassen.
Wenige Augenblicke später wird
sich der 62-Jährige beinahe wünschen, was er soeben noch im
Spaß dahersagte.
Zwei Kräne sind inzwischen aufgefahren, ein 29 Meter langer
Langholztransporter steht bereit.
Die Fichte soll zunächst unterhalb
der Krone mit Tauen fixiert und
an den Kranhaken genommen,
dann gefällt und anschließend
aus der Schwebe heraus auf die
Ladefläche verfrachtet werden so das Vorhaben auf dem Papier.
Andreas Deppner kennt das Prozedere aus dem Effeff. Seit über
20 Jahren fällt er die Dresdner
Striezelmarktbäume. Schief gehen kann da eigentlich nichts.
Doch gegen 8.30 Uhr passiert,
was eigentlich nicht passieren
sollte: Just, als der Baum über
dem Lader in die Waagerechte gebracht wird, lässt ein lautes Bersten die Umstehenden
zusammenfahren, und schon
kracht der tonnenschwere Baum
aus 13 Metern auf die Ladefläche, rutscht halb auf die Straße.
Am Kranseil baumelt noch die
Krone. Die Kreischaer Striezelmarktfichte - geköpft! Die vermutliche Ursache für das Malwww.klinik-bavaria.de
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heur ist alsbald gefunden: Ein
bis dato unentdeckter Frostriss
im Kronenbereich des Stammes
hatte der Belastung nicht standgehalten. „So was habe ich in
20 Jahren noch nicht erlebt“,
sagt Baumprofi Andreas Deppner kopfschüttelnd, während
seine Leute die verunfallte Fichte im Eiltempo zersägen. Noch
am selben Tag landet sie in der
Humuswirtschaft. Ohne Weihnachtsglanz.
Während sich ringsum die ent-
täuschte Menge langsam zerstreut, greift Barbara Knifka von
der Dresdner Stadtverwaltung
zum Handy. In Dresden warten
sie auf einen Baum, und einen
Plan B gibt es zunächst nicht.
Erst im Laufe des Vormittages
wird entschieden: Ein Baum
muss heute noch her. Die Wahl
in der Not fällt auf die Fichte von
Familie Zschoche in Klipphausen,
23 Meter hoch und 60 Jahre alt,
war sie unter den besten Zehn im
Casting und kommt nun uner-
wartet zu höheren Ehren. Und so
ziehen die Baumfäller zum zweiten Einsatzort weiter. Doch auch
hier treten unerwartet Schwierigkeiten auf: Der Baum steht am
Hang, die Kräne müssen schräg
stehen. Erst am Sonntagvormittag kann die Fichte schließlich
gefällt werden. Am Abend hat
der Dresdner Altmarkt endlich
seinen Weihnachtsbaum.
Und während beim 80-jährigen
Gotthard Zschoche, der seinen
Baum bereits abgeschrieben
hatte, die Freude groß ist, zeigen sich die Gartens in Kreischa
tief traurig: „Alle zusammen
wollten wir im Advent auf den
Striezelmarkt, unsere Fichte besuchen.“ Schade sei es um den
kerngesunden Baum. Bürgermeister Frank Schöning (FBK)
fand tröstende Worte: „So etwas kann eben passieren und ist
nicht zu ändern.“ Auf den Striezelmarkt wollen sie trotzdem
gehen. Der Bürgermeister und
auch die Gartens.
Jane Jannke
Enttäuscht, aber mit Blick nach vorn
Familie Garten ist
traurig, dass ihre Striezel-Fichte kaputt ging.
Sie genießt aber nun
mehr Licht und hat Pläne fürs Grundstück.
Die gute Stimmung war um 8.30
Uhr dahin. Und damit der geplante Ausflug. „Wir wollten einen
schönen Tag erleben“, sagt Monika Garten aus Kreischa. Nach dem
Fällen der Fichte sollte es nach
Dresden gehen. Gemeinsam mit
ihrem Mann und Freunden wollte
sie einen Stadtbummel machen
und natürlich dabei sein, wenn
ihre Fichte als Striezelmarkt-Weihnachtsbaum aufgestellt wird.
Doch daraus wurde am 15. November nichts.
Denn als die bei einer Abstimmung
der Stadt Dresden siegreiche Fichte aus Kreischa abgesägt zum
Schwerlasttransporter schwebte,
gab es ein lautes Bersten, und die
Hälfte des 23 Meter hohen Baumes krachte auf die Ladefläche.
Ein unentdeckter Frostriss habe
den Stamm brechen lassen, hieß
es. Nur die Krone baumelte noch
am Kranseil - ein trauriger Anblick,
über den überall berichtet wurde.
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Enttäuscht und traurig Christian und Monika Garten unmittelbar nachdem
ihre für den Striezelmarkt
bestimmte Fichte beim
Verladen zerbrach.
Schnell gab es Spott und falsche
Behauptungen. Nicht nur im Internet. Eine Boulevardzeitung schrieb
zum Beispiel in ihrer Montagsausgabe vom Pannenbaum und dass
dieser morsch gewesen sei. Unsinn, sagt Monika Garten. Sie hätte sich niemals vorstellen können,
dass die Fichte beim Transport
auseinanderbricht. „Sie war rundum grün und dicht gewachsen“,
sagt sie. Ein Prachtexemplar. Und
auch der abgesägte Stamm, der
jetzt aus dem Boden ragt, zeige
keinerlei Anzeichen dafür, dass der
Baum krank war. Saftig sehe das
Holz aus, sagt die 62-Jährige.
Den kompletten Sonnabend waren Monika Garten und ihr Mann
bedrückt. Und mit dem Ehepaar
viele andere auch. Nachbarn,
Freunde - ihnen allen habe es
leidgetan, dass der Traum vom
aus Kreischa stammenden Baum
auf Deutschlands ältestem Weihnachtsmarkt in letzter Minute so
abrupt platzte. Auch die im Westen lebenden Kinder hätten unmittelbar nach dem Vorfall angerufen
und gefragt, was genau passiert
sei. Sie hatten bei Facebook vom
Absturz der heimischen Fichte erfahren.
Auf den diesjährigen Striezelmarkt
werden Monika Garten und ihr
Mann trotzdem gehen. Schließlich sei ein Besuch pro Jahr Pflicht.
Und mit dem inzwischen auf dem
Dresdner Altmarkt aufgestellten Ersatzbaum aus Klipphausen könne
sie leben - auch wenn dieser vielleicht nicht ganz so schön ist wie
die Fichte aus Kreischa. Sie sei froh,
dass so schnell ein Ersatz gefun-
den wurde, sagt Monika Garten.
Froh ist auch Sigrid Förster von der
Stadt Dresden, die den Striezelmarkt mitorganisiert. Ihr Arbeitgeber wird dieses Jahr aber vermutlich
eine höhere Rechnung erhalten.
Denn Fällen, Transport, Aufstellen, Betreuung und Entsorgung
des Striezelmarktbaumes kosteten
sonst 7 500 Euro. Weil Tieflader
und Kräne dieses Jahr zweimal anrücken sowie die Mitarbeiter von
Transportfirma und Baumpflege
Sonntagsschichten schieben mussten, dürfte es für die Stadt Dresden
teurer werden.
In Kreischa sieht man das unterdessen bereits gelassen. Zwar ist Monika Garten nach wie vor traurig,
dass die Fichte vor ihrem Fenster ein
so jähes Ende nahm. Aber inzwischen schätzt sie die Vorteile. Wenn
sie nun tagsüber ins Bad gehe,
müsse sie nicht mehr das Licht einschalten, sagt sie. Zudem sei der
Fleck, auf dem die Fichte stand, der
einzige auf dem Grundstück, auf
dem die Sonne ganztägig scheint.
Das will sie nutzen. Vielleicht werde sie einen Zierahorn an die Stelle
pflanzen, sagt sie. Eine endgültige
Entscheidung sei aber noch nicht
getroffen.
Sebastian Martin und
Annechristin Bonß
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Leidenschaft Modelleisenbahn: Jeden Freitagabend
kommt Steffen Zschüttig ins Kreischaer Vereinshaus,
um an der Anlage zu tüfteln.
40 Jahre Bastel-Leidenschaft
Der Modelleisenbahnclub Kreischa feiert
Jubiläum. Mit seinem
Großprojekt zeigt er
Heimatverbundenheit.
Der eine Tag in der Woche ist gesetzt. Das hat Steffen Zschüttig
seiner Frau gleich zu Beginn der
Beziehung erklärt. Jeden Freitagabend trifft er sich mit Gleichgesinnten, um an der gigantischen
Anlage des Modelleisenbahnclubs Kreischa zu basteln und anschließend zu fachsimpeln.
Genau 40 Jahre reicht die Geschichte des Vereins zurück, der
von etwas mehr als einer Handvoll Kreischaer Bürger gegründet
wurde. Sie wollten 1974 eine Gemeinschaftsplatte mit vorwiegend
sächsischen Motiven aufbauen.
Dieser Linie ist man bis heute treu
geblieben. Das zeigt der Blick auf
die Anlage unter dem Dach des
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Kreischaer Vereinshauses. Denn
auf der riesigen Modelleisenbahnplatte ist unter anderem der
Altenberger Bahnhof detailgetreu
nachgebaut worden.
Er selbst sei seit 1977 dabei, sagt
der Vereinsvorsitzende Steffen
Zschüttig. Ein Jahr später trat er
offiziell in den Modelleisenbahnclub Kreischa ein, der heute 19
aktive Mitglieder zählt und eine
gewachsene Gemeinschaft ist
- nicht zuletzt durch die vielen
Ausflüge, die der Verein unternommen hat. Der Zusammenhalt
sei groß, sagt der Chef. Das wird
auch bei der immer am dritten
Adventswochenende in Kreischa
stattfindenden Ausstellung deutlich. Jeder packt mit an - auch die
Familien und Freunde, die zum
Beispiel die Bastelstraße betreuen
oder die Kasse übernehmen.
Derzeit bereitet der Modelleisenbahnclub seine diesjährige Ausstellung vor. Und wie in den Jah-
ren zuvor gibt es auch diesmal
noch viel zu tun. Es habe Jahre
gegeben, an denen er vom Reformationstag bis kurz vor Ausstellungsbeginn unter der Anlage gelegen und gelötet habe,
sagt Martin Zschüttig und lacht.
Heute könne er sich das zeitlich
nicht mehr leisten. Aber zwei-,
dreimal die Woche komme er
schon noch in die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten
Räume, um an der Anlage mit
Spurweite H0/H0e zu basteln.
Dem Sohn des Vereinschefs wurde die Leidenschaft für Modelleisenbahn in die Wiege gelegt.
Seitdem er denken kann, sei er
mit dem Virus infiziert und komme von ihm nicht mehr los, sagt
Martin Zschüttig. Heute leitet er
die 1999 gegründete Jugendgruppe des Vereins, die derzeit
etwa zehn Mitglieder zählt. „Die
Kinder lernen bei uns motorische
und gestalterische Fähigkeiten“,
sagt der 27-Jährige. „Zum Beispiel, wie aus einem Stück Draht
ein Baum entsteht.“
Aber nicht nur in der Jugendarbeit engagiert sich der Modelleisenbahnclub. Auch im Gemeindeleben ist er seit vielen Jahren
aktiv. Erheblichen Anteil hat der
Verein nach eigenen Angaben an
der Ausschilderung des Kurzwegenetzes. Außerdem werden von
ihm regelmäßig Arbeitseinsätze durchgeführt. „So zählt zum
Beispiel das Streichen der Bänke und Kartentafeln zu unseren
Aufgaben“, sagt Zschüttig.
Auch in Zukunft will sich der Modelleisenbahnclub
engagieren.
Und natürlich soll die gigantische Gemeinschaftsanlage weiter
wachsen. Steffen Zschüttig wird
sich daher auch in den nächsten
Jahren jeden Freitagabend mit
Gleichgesinnten treffen. Denn ist
bekanntlich Eisenbahntag.
Sebastian Martin
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Das Glück wohnt in Kreischa
Die Gemeinde belegte
bei der großen Umfrage
der Sächsischen Zeitung
einen vorderen Platz.
Doch auch anderswo
sind Leute zufrieden.
Die zufriedensten Menschen in
der Region leben in Kreischa.
Das ist das Ergebnis der großen
SZ-Glücksumfrage, an der sich im
Sommer rund 12 700 Leute im
Verbreitungsgebiet der SZ beteiligt
haben. Die Kreischaer kommen
dabei auf einen Glückswert von
7,7. Mit diesem Gesamtergebnis
auf der Skala von 0 (total unzufrieden) bis 10 (vollkommen zufrieden) liegen die Einwohner gar
auf dem dritten Rang von insgesamt 126 beteiligten Kommunen
in Ostsachsen. Auch Bannewitz
schnitt mit Rang zwölf gut ab,
ebenso Wilsdruff gleich zwei Plätze dahinter. Tharandt und Rabenau landeten im Mittelfeld. Freital
findet sich im vorderen Drittel. Die
Umfrage gibt insgesamt ein gutes
Stimmungsbild für die Region wieder. Die SZ fasst zusammen, was
die Menschen in den einzelnen
Orten der Region glücklich macht
oder nicht.
Mit dem Leben und Wohnen
zufrieden
In allen Orten bewerten die Menschen ihre Wohnsituation als gut.
Die Verhältnisse sind deutlich
besser als zum Ende der DDRZeit. Lediglich in Kreischa ist der
Wert unter dem Durchschnitt.
Auch beim Lebensstandard 25
Jahre nach der Wende haben
die Leute in der Region wenig zu
meckern. In Rabenau ist die Zufriedenheit aber dennoch unterdurchschnittlich.
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Einem geregelten Job gehen am
meisten die Menschen aus Kreischa und Wilsdruff nach. Die
verhältnismäßig meisten Rentner
leben angeblich in Rabenau.
Das meiste Glück beschert den Menschen der Region die Familie. Das hat die
große SZ-Glücksumfrage ergeben. Besonders zufrieden schätzen sich in der
Kategorie die Menschen in Rabenau und Tharandt ein. Insgesamt am glücklichsten sehen sich die Kreischaer.
Familie und Freunde spenden
Glück
Auch mit ihren familiären Verhältnissen fühlen sich die Einwohner
wohl. Nur in Kreischa fällt der
Wert unter den Durchschnitt zurück. Allerdings leben hier neben
Tharandt die meisten in mehreren
Generationen unter einem Dach.
Die Wilsdruffer und Bannewitzer
müssen dafür laut ihren Angaben
bei der Umfrage mindestens in
den Nachbarort fahren, um Eltern,
Kinder, Großeltern oder die Enkel
zu sehen.
Die meisten Singles gibt es laut
Umfrage in Freital, Bannewitz und
Wilsdruff. „Verheiratet“ gibt die
überragende Mehrzahl aus Tharandt und Kreischa an. Dort wiederum leben wie in Tharandt die
meisten mit ihrem Partner in einem
Haushalt zusammen. Die meisten
Scheidungen gibt es dafür neben
Freital ebenso in Tharandt.
Die Mehrzahl der Umfrageteilnehmer hat Kinder, meist zwei und
mehr. Am kinderreichsten sehen
sich die Tharandter, am kinderärmsten die Rabenauer. Viele haben auch schon Enkel in der Familie, zwei im Schnitt. Am wenigsten
Enkel gibt es angeblich in Tharandt
und Kreischa.
Über Einsamkeit klagt generell
rund ein Drittel der Teilnehmer am wenigsten noch in Bannewitz
und Kreischa; ausgeprägter hingegen in Rabenau und Tharandt.
Neben der Familie sind auch die
Freunde wichtig fürs Glück: Vor allem aus dem Verein, der Nachbarschaft, Arbeit oder aus Kindheitstagen haben viele ihre Freunde;
aus dem Internet die wenigsten.
Defizite beim Einkommen und
Job
Generell groß ist die Unzufriedenheit mit dem Einkommen in der
Region. Vor allem in Rabenau,
Tharandt und Kreischa mokieren
sich die Leute, nämlich fast drei
Viertel, über ihr monatliches Salär.
Im Gegensatz dazu gibt es in der
Region auch eine Reihe Gutverdiener - die sitzen laut Umfrage vor
allem in Freital und Wilsdruff.
Die Zufriedenheit mit dem Gehalt
ist das eine, die mit dem Job die
andere. Vor allem die Kreischaer
empfinden, dass sie eher eine unsichere Stelle haben. Bei den Rabenauern ist auffällig, dass sie miese
Karrierechancen sehen und sich
gestresst fühlen. Beruf und Privatleben lassen sich hier angeblich am
wenigsten vereinen.
Liebesleben und Schlaf
durchwachsen
In Sachen Gesundheit zeichnen
die Einwohner der Kommunen
ein unterschiedliches Bild. Die
Tharandter geben an, am besten zu schlafen. Unzufrieden mit
dem Schlaf sind hingegen die
Kreischaer und Rabenauer. Auch
beim Liebesleben ist die Differenz groß: Während Tharandter
und Rabenauer im Liebesglück
schweben, sind die Bannewitzer
und Freitaler da recht unbefriedigt. Unterschiede gibt es auch
bei der Fitness. Am fittesten
und gesündesten fühlen sich die
Menschen hier in Kreischa, erschöpft und von Schmerzen geplagt hingegen eine größere Zahl
Rabenauer.
Mit der Ärztesituation sind die
Kreischaer und Rabenauer am
zufriedensten. Lange Wartezeiten
oder Terminvergaben bemängeln
aber generell viele Teilnehmer der
Umfrage. Mit der Behandlungsqualität sind die meisten aber zufrieden - hier landet die Gemeinde
Kreischa gar weiter vorn als der
Durchschnitt.
Freizeit füllt nicht vollkommen
aus
Die Zufriedenheit mit der Freizeit
und Angeboten dafür ist in der
Region eher durchschnittlich. Ehrenamtlich engagieren sich die wenigsten in Freital mit 33 Prozent,
auch in Bannewitz (37) und Tharandt (40). In Kreischa hingegen
geben immerhin fast 50 Prozent
an, ein Ehrenamt zu haben.
Matthias Weigel
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Der konsequente Gentleman
Professor Stanley Ernest
Strauzenberg erfindet
eine Gesundheitsmethode und wehrt sich
gegen Doping. Am
25. November 2014
wurde er 100.
Die wenigsten Hundertjährigen
steigen buch- und filmtauglich
aus dem Fenster so wie Allan Karlsson. Der Schwede war an seinem Geburtstag aus dem Altersheim geflohen. Das echte Leben
liefert andere Geschichten. „Die
Kraft meines Mannes hat nachgelassen“, beschreibt Dr. Gisela
Strauzenberg die Leiden des Alters. Die verschonen auch einen
Professor nicht. Vor 100 Jahren
wurde ihr Stanley Ernest Strauzenberg in London geboren.
Bei einer Tasse Tee und Apfelkuchen erzählt die 82-Jährige in ihrem Haus in Saida, einem Ortsteil
von Kreischa, die Lebensgeschichte eines ungewöhnlichen Menschen. Er sitzt dabei, zum Reden
ist er zu schwach. Mitunter huscht
ein Lächeln über sein Gesicht. Die
Erinnerungen sitzen tief. 42 Jahre
sind sie verheiratet, beide in zweiter Ehe. „Wir waren füreinander
bestimmt“, sagt Gisela Strauzenberg und streichelt ihrem Mann
liebevoll über den Arm.
Zwei Sätze sind ihr besonders
wichtig: „Mein Mann gilt als
Nestor und Wegbereiter der
klinischen Sportmedizin in der
DDR.“ Und: „Er ist der Vater des
Gesundheitstrainings.“
Damit
werden körperliche Anstrengungen zum Lebensstil. „Es geht um
Aktivitäten, die mühelos auch
von älteren Menschen in den Tagesablauf eingegliedert werden
können“, beschrieb Strauzenberg
10 | Klinik Bavaria
Der Vater der DDR-Sportmedizin:
Stanley Ernest Strauzenberg an seinem
Lieblingsplatz im Haus in Saida.
seine Methode . Ausgewogen
sollte es dabei zugehen. Als dies
von Amerika nach Europa zurückkam, war es plötzlich Trend . Aber
kaum jemand brachte es mit dem
Professor aus Sachsen in Verbindung.
Kein Geheimnis
um das Alter
Seine Formel lautet: Die Leute sollen aktiv sein. Einfaches Laufen,
Treppensteigen, Wandern sind
ganz wichtig. Er wurde dafür ausgelacht in den 50er- und 60er-Jahren. Aber er lebte auch selbst danach. Unrast trieb ihn und seine
Aufgaben. Es gibt kein Geheimnis
um sein Alter, sagt seine Frau: „Es
sind die Gene und viel Bewegung.
Er hat gesund gelebt, kräftig gegessen, auch Wein getrunken.
Aber immer vernünftig. Als ihm
Asthma drohte, hörte er sofort mit
dem Pfeifenrauchen auf.“
Die Pfeife passt ins Bild eines gebürtigen Londoners. Im Hause
Strauzenberg wird auch Tee so
getrunken, wie es die Engländer
halten - mit Milch und aus zarten Porzellantassen. Und man
hat Prinzipien. Zum Beispiel zählt
Pünktlichkeit noch was. „Man
muss mit der Zeit der anderen
achtsam umgehen“, erklärt die
Hausherrin.
Sie beschreibt den langen Weg
von London nach Kreischa - und
man merkt, dass sie gern darüber
erzählt: „Sein Vater war Deutscher, verliebte sich in eine Engländerin. Deren Vater war ein hoher
Militär - ein Unding für ihn, dass
seine Tochter einen Deutschen
zum Mann nimmt.“ So verließ sie
mit 18 Jahren ihre Familie. Es war
ein kurzes Glück im Ersten Weltkrieg. Der Mann überlebte den
Typhus nicht im Internierungslager in England. Und er sollte nie
seinen Sohn Stanley Ernest sehen.
„Die Mutter war mit 20 Witwe,
wurde ausgewiesen und fand in
Dresden eine neue Heimat“, erzählt Gisela Strauzenberg.
So kam Stanley Ernest nach Sachsen. In Klotzsche besuchte er die
Landesschule. Am Ende war er
Bester in der Eliteeinrichtung . Es
folgten Medizinstudium, Einsätze
als Truppenarzt und im Lazarett in
Oberbärenburg. Als dorthin die
Russen kamen, flüchteten viele.
Nicht aber der Mediziner. Er päppelte alle so weit auf, dass er das
Lazarett bald schließen und eine
Praxis öffnen konnte. Dass er ein
guter Arzt ist, glaubten ihm die
Bewohner jedoch erst, als er einer
Ziege bei einer Geburt half und
einem Huhn das Leben rettete,
das sich in einem Zaun verfangen
hatte.
Der Arzt fand im Erzgebirge auch
in entlegenste Winkel. Patientenbesuche im Winter erfolgten in
den Dörfern oft auf Skiern. Der
Doktor ließ sich Zeit für die Leute, hörte den Patienten gut zu.
„Er war nicht nur für Krankheiten
zuständig“, sagt seine Frau. „Sie
kamen mit allem, was sie auf dem
Herzen hatten. Er war Vertrauensperson, Landarzt sein Traumberuf. Nach zehn Jahren fühlte er
sich aber am Limit.“
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In Oberbärenburg bekam Stanley
Ernest Strauzenberg auch den
Kontakt zum Leistungssport, betreute die Skisportler in Altenberg
und Zinnwald. Nach Stationen in
Dresden-Friedrichstadt, bei der
Akademie in Berlin und Dresden sowie seiner Berufung zum
Professor kam das Angebot, das
Zentralinstitut des Sportmedizinischen Dienstes in Kreischa zu
übernehmen. Sein Spezialgebiet
Kardiologie ebnete den Weg.
Selbst Sportchef Manfred Ewald
reiste an, warb für den Chefposten, obwohl beide Männer auch
im Clinch miteinander lagen.
In Kreischa wurde eine weltweit
führende Forschungseinrichtung
für Sportmedizin aufgebaut.
Strauzenbergs Bedingung für die
Übernahme des Chefpostens war,
dass die spezielle Sportforschung
auch der Allgemeinheit zugutekommen sollte - zum Beispiel in
einem angeschlossenen Kreislaufkrankenhaus. In Kreischa waren
sie weltweit mit die Ersten, die
nach einem Herzinfarkt Training
statt Schonung verordneten. Eine
Revolution für die Reha.
Strauzenberg vertrat die DDR
auch in der Weltorganisation der
Sportmedizin, leitete die Wissenschaftskommission, obwohl
er Anfang der 50er-Jahre aus
der Partei ausgetreten war. Die
ostdeutsche
Sportwissenschaft
hatte einen Namen. Umso bedauerlicher empfand der einstige
400-Meter-Läufer den Niedergang nach der Wende. „Mein
Mann sah den Leistungssport
kritisch und war immer gegen
Doping“, betont Gisela Strauzenberg. „Ihn enttäuschten Kollegen,
die mitmachten oder die Dinge
unter den Teppich kehrten. Auch
im Westen. Ich bin traurig, dass
die Leistung der DDR-Sportmedizin heute keine Erwähnung mehr
findet. Es geht da meist nur um
die Doping-Vergangenheit.“
Strauzenberg trat als Chef in Kreischa sogar zurück, als Doping ein
Thema im DDR-Sport wurde. Seine Frau, die als Orthopädin praktizierte, kennt die Beweggründe:
„Er meinte, es sollte fair zugehen.
Da kam der Engländer bei ihm
durch. Alle sollten sich daran halten, keiner sollte manipulieren.
Er war gegen alles Unnatürliche.“ Und ihn erregen Ungerechtigkeiten. So wie bei der ihm attestierten Staatsnähe, als es um
die Rente ging und den Vorwurf,
warum er nicht in den Westen
gegangen sei. „Was wäre aus
den Patienten geworden?“, lautete die Gegenfrage. „Die konnten sich auf uns verlassen. Die
wussten, dass wir bleiben.“ Das
hat Gentleman-Format.
Flitterwochen
müssen ausfallen
Strauzenberg reiste durch die
Welt, seine Frau rahmte die Dias
und hielt ihrem Mann den Rücken frei. Bei Olympischen Sommerspielen tagten die Sportmediziner. Vor den Münchner Spielen
1972 mussten sie schnell klare
Verhältnisse schaffen und heiraten. Die Sicherheitsdoktrin wollte
es so. Flitterwochen fielen aus.
„Wir lebten ja auch schon einige
Zeit zusammen“, relativiert Gisela
Strauzenberg, die schmunzelnd
erzählt: „Er verbrachte seine Flitterwochen mit einem Kollegen im
Doppelbett im Puff. Der war für
Olympiagäste als Unterkunft umfunktioniert worden.“
Von den Reisen stehen Mitbringsel im Haus. Eine lebensgroße brasilianische Urwaldpflanze
fällt besonders auf, die wurde
gehegt und dankt es mit üppigen
Blüten. Zum Jahrhundert-Geburtstag wird auch an Nationalpreis, Auszeichnungen und die
Ehrung als verdienter Arzt des
Volkes erinnert. Aber noch mehr,
weiß seine Ehefrau, freut den
Jubilar, dass in den vergangenen
Jahren seine Bewegungslehre so
eine Massenbasis bekommen hat.
Und sein müder Blick geht in die
Ferne. Was für ein erfülltes Leben.
Jochen Mayer und
Michaela Widder
Forscherblick vom
lebensgroßen
Ölgemälde: Gisela
Strauzenberg
hat das Bild ihres
schöpferischen
Mannes immer
vor sich.
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Klinik Bavaria | 11
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Die Saison lief nicht perfekt für Patrik Fogarasi.
Doch er bewies Kampfgeist - und wurde nun bester Parakanut bei den Deutschen Meisterschaften.
Zwei Meistertitel
für Kämpferherz aus Kreischa
Bei den Deutschen
Titelkämpfen in Hamburg paddelte Parakanut Patrik Fogarasi
so schnell wie nie zuvor
in seiner Karriere.
Endlich konnte Patrik Fogarasi
doch noch beweisen, was in ihm
steckt. Gleich drei Medaillen hat
der Kreischaer, der für den Halleschen Kanu-Club startet, am 23.
August 2014 auf der Regattabahn
Hamburg-Allermöhe
erkämpft.
Damit setzte er einer bisher schwierigen Saison doch noch die Krone
auf. EM und WM hatte er verpasst
- nun folgte der Medaillen-Regen:
Bei der 3. Deutschen Parakanu-Meisterschaft gewann er die
Titel im Einerkajak der Herren in
zwei verschiedenen Rennklassen
sowie Silber im Váa-Auslegerkanu.
12 | Klinik Bavaria
„Damit war Patrik Fogarasi der erfolgreichste Parakanute“, erklärte
sein Trainer Mathias Neubert. Außerdem habe das Parakanu-Team
seines Clubs insgesamt am besten
abgeschnitten.
Die Deutsche Parakanu-Meisterschaft fand gemeinsam mit der
Deutschen Kanu-Rennsport-Meisterschaft statt. Rund 1100 Athleten nahmen teil. „Die Atmosphäre war sehr schön“, sagt Patrik
Fogarasi. Vom Wetter her seien
es eher schwierige Bedingungen
gewesen. „Wind, Regen, Sonne - alles war am Sonnabend zu
haben. Doch bei meinem letzten
Rennen hatte ich Glück. Allerdings
gab es auch da leichten seitlichen
Rückenwind.“
Innerhalb von etwa anderthalb
Stunden startete Fogarasi in seinen drei Finalläufen. Mit seiner
inkompletten
Querschnittslähmung tritt Fogarasi normalerweise
in der Schadensklasse TA an. Dort
zählt, dass die Beine nicht für die
optimale Paddeltechnik und den
Krafteinsatz zur Verfügung stehen. In der Klasse LTA können die
Sportler alle Körperteile zumindest
teilweise einsetzen.
MDR berichtete
über Fogarasi
Doch weil der Hauptkonkurrent
fehlte, paddelte Fogarasi trotzdem
zuerst das Rennen in dieser Klasse.
Er gab bewusst nur etwa 90 Prozent, um die Kraft einzuteilen, und
gewann. Danach blieb ihm gerade
noch Zeit, ins Váa-Auslegerboot
umzusteigen und das Stechpaddel
zu greifen.
Diese Disziplin trainiert er bisher
zwar kaum. Trotzdem holte er hinter seinem Clubkameraden Ivo Kilian, dem EM-Sechsten, Platz zwei.
Für sein Hauptrennen im Einerka-
jak in der Klasse TA schließlich, in
der Fogarasi aktuell schon Ostdeutscher Meister ist, gab er schließlich
alles. Mit 48,61 Sekunden paddelte er persönliche Bestzeit. Sein
Trainingspartner Udo Peters wurde
Zweiter, der Oberhausener Björn
Dargent Dritter.
Damit endete für den Kreischaer
eine Phase der sportlichen Rückschläge. Nach Problemen im Endlauf der Frühjahrssichtung konnte
Fogarasi nicht bei der EM und
WM starten, wie er gehofft hatte.
„Nun hat die Saison doch noch
ein gutes Ende gefunden“, sagt er.
Mittlerweile hat er mit seinen Erfolgen und seinem Kampfgeist auch
überregional für Aufmerksamkeit
gesorgt. Im August 2014 drehte
das Team der MDR-TV-Sendung
„Selbstbestimmt“ mit ihm in Halle/
Saale. Einen Dreh-Termin gab es zuvor auch schon in Kreischa mit seinen beiden Kindern. Dorit Oehme
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Pflegedienst für die Babisnauer Pappel
Um rund einen Meter
haben Baumpfleger die
Krone des 206 Jahre
alten Baums gekürzt.
Doch sehen soll man
das nicht.
Bequem hat es die Babisnauer Pappel nie gehabt. Schon dieser Standort! Da oben auf dem Zughübel,
wo es mächtig zieht, hat ein Bauer
sie einst gepflanzt - als Grenzmarke
zwischen Babisnau, einem Ortsteil
Kreischas, und dem Bannewitzer
Ortsteil Golberode. Seit 206 Jahren
wächst der Baum, weithin sichtbar,
Wahrzeichen der Gegend und beliebtes Ausflugsziel oberhalb des
Lockwitzgrunds. Damit die Schwarzpappel noch lange steht, muss sie
regelmäßig gepflegt werden. Dafür
sind Michael Weidner und seine
Männer vor Ort. Der Fachmann für
Baumpflege hat Maschinen anfahren lassen. Über den holperigen
Weg bis zur höchsten Stelle des
Hügels sind sie gerollt. Von Weitem
leuchtet der ausgefahrene Arm der
Hubbühne orange durch schütteres
Blattwerk. Winterkahl ist die Pappel,
während die Bismarck-Eiche daneben umso üppiger wirkt.
Hand- und Motorsägen haben die
Kollegen der Firma „Baumpflege
Fleischer“ mitgebracht. Doch bevor sich die Metallzähne ins Holz
graben, muss genau überprüft
werden, von welchen Ästen und
Zweigen die Pappel befreit werden
soll. Auch die Metallbänder am
Geäst der Krone kontrollieren sie.
Vor 14 Jahren wurden die Stützbänder angebracht, um die Gefahr zu dämmen, dass der Baum
auseinanderbricht. Schließlich hat
die Schwarzpappel schon arge
Verluste erlitten. In jüngeren Jahren besaß sie noch drei Hauptäste,
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denen sie ihre volle, runde Krone
verdankte. Stürme haben zwei
davon abbrechen lassen, Fäulnis
setzte dem Naturdenkmal zu und
Zündelei im hohlen Stamm destabilisierte es zusätzlich. Sicherungsgurte geben ihm seit 2006 extra
Halt. Ob sie noch fest sitzen und
unbeschadet ihren Dienst tun, davon müssen sich Michael Weidner
und seine Baumpfleger überzeugen. Erst dann geht es ans Totholz.
Abgestorbene Äste sägen sie heraus. Per Hebel und Knopfdruck
manövriert der Hubbühnen-Führer
den Kollegen im Korb auch an
die entlegensten Wipfel. Besonders weit ausladende Äste kürzt
er ein und reduziert den Umfang
der Krone um rund einen Meter.
Herbststürme werden deshalb weniger Angriffsfläche haben.
Sensibel müssen die Baumpfleger
vorgehen. „Eine gute Baumpflege sollte man nicht sehen“, sagt
Michael Weidner. Er ist Bereichsleiter der Firma Fleischer und arbeitet mit rund 15 Baumpflegern
zusammen. Den Auftrag, sich der
Babisnauer Pappel anzunehmen,
bekam das Unternehmen vom
Landesverein Sächsische Heimatpflege. Dort kümmern sich zwei
Ortsgruppen um das Wahrzeichen. Etwa alle fünf Jahre ist der
Aufwand nötig, damit der betagte
Baum gesund und stabil bleibt.
Er gehört seit gut 20 Jahren dem
Heimatverein. Für nur eine D-Mark
gab es in den Nachwendejahren
nicht nur ehemalige Volkseigene Betriebe der DDR zu kaufen,
sondern eben auch die Pappel.
Genauer gesagt das Flurstück, auf
dem sie steht. Verkauft zu werden,
das erlebte die Pappel 1993 nicht
zum ersten Mal. Ein Jahrhundert
zuvor aber hatte sie nicht für einen
symbolischen Preis den Besitzer
gewechselt. Damals musste der
Käufer noch tiefer in den Geldbeutel greifen. Der Gebirgsverein
nahm dem Gutsherrn Johann
Gottlieb Becke den Baum für 300
Mark ab. Der Babisnauer wollte
den Baum loswerden und überleg-
te sogar, ihn zu fällen. Als Grenzbaum hatte er ihn 1808 gepflanzt,
um seinen Besitz zu markieren.
Doch über die Jahre war er zum
Ausflugsziel geworden, und den
Bauern störte, dass Wanderer auf
dem Weg zur Pappel sein Feld zertraten. Schließlich überließ er den
Grund, auf dem der Baum steht,
dem Verein zur Pacht. Der ließ die
erste Aussichtsplattform errichten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Babisnauer Pappel Volkseigentum. Für Steffen Ruhtz ist sie
eine Art Familienmitglied. „Den
Vorfahren meiner Frau hat die Pappel einst gehört“, sagt der 61-Jährige. Eben jener Bauernfamilie Becke, die sie dem Gebirgsverein für
300 Mark verkauft hatte. Als Vorsitzender der Ortsgruppe Babisnau
im Heimatverein kümmert er sich
unter anderem um das Naturdenkmal. Dafür arbeitet er eng mit den
Mitgliedern der zweiten Ortsgruppe „Goldene Höhe“ zusammen,
die nun die Baumpflege-Aktion
veranlasst hat.
Nadja Laske
Einen Dreivierteltag lang haben
die Baumpfleger der Firma Fleischer die Babisnauer Pappel überprüft und gestutzt. Mit besonders
alten Bäumen kennen sie sich aus.
Klinik Bavaria | 13
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Hugos Job ist Menschen retten
Der vierjährige Polizeihund aus Kreischa ist
bei Einsätzen schon öfter erfolgreich gewesen.
Jetzt landete er seinen
nächsten Coup.
Wenn Kreischa einen Helden
suchen würde, dann wäre er
ein tierisch guter Kandidat. Die
Rede ist von Hugo von der alten
Schmiede - ein Schäferhundrüde aus Kleincarsdorf, vier Jahre
alt und mit seiner hochsensiblen
Nase im Dienst der Polizei. Und
das ziemlich erfolgreich. Erst vor
Kurzem rettete der Schützling
von Polizeihundeführer Steffen
Teichmann vermutlich mal wieder ein Menschenleben.
Dabei war alles ganz anders
geplant: Denn Hugo und sein
Herrchen bereiteten sich gerade
in Langenau mit Polizeikollegen
aus Tschechien und Dresden auf
einen Pokalwettkampf vor, als
für beide der Einsatzbefehl kam.
„In Brand-Erbisdorf galt seit den
Morgenstunden eine 54-jährige
Frau als vermisst, die sich vermutlich in einer hilflosen Lage
befand“, erklärt Polizeisprecherin Heidi Hennig.
Die Angehörigen hatten demnach bereits in der Nähe der
Wohnung die Frau gesucht, sie
aber nicht gefunden. So musste Hugo ran. Der Rüde nahm
anhand eines Kleidungsstückes
der Vermissten die Fährte auf,
verfolgte sie und fand die Frau
schließlich. Und das gerade
noch rechtzeitig.
Rettungskräfte brachten die
54-Jährige ins Krankenhaus. So
hat Hugo an diesem Tag zwar
keinen Pokal gewonnen, aber
seinen Job ausgezeichnet gemacht - nämlich mal wieder einen Menschen gerettet.
Der letzte große Erfolg von
Hugo als Fährtenhund liegt gar
nicht so lange zurück. „Weihnachten 2013 konnte er einen
als vermisst gemeldeten älteren, demenzkranken Mann bei
Annaberg finden“, berichtet
Heidi Hennig. Regelmäßig würde er nach Vermissten schnüffeln - so wie die anderen rund
20 Hunde und ihre Hundeführer
der Diensthundestaffel der Polizeidirektion Chemnitz ebenso.
Dennoch scheint der Vierbeiner
Stärken zu haben, die bei anderen weniger ausgeprägt sind.
Er sei sehr ausgeglichen und
umgänglich und zeichne sich
durch Fleiß und Willensstärke
aus, schätzt Steffen Teichmann
Ein gutes Team in der Chemnitzer
Polizeihundestaffel: Schäferhund
Hugo und sein Hundeführer
Steffen Teichmann. Gemeinsam
retten sie Leben und stellen Täter.
14 | Klinik Bavaria
seinen Begleiter ein, mit dem er
seit zweieinhalb Jahren ein Team
bildet. Ob es an denen Genen
von Hugo liegt?
Der Vater, ein in Israel gezüchteter Schäferhund, gewann in seiner Rasse die Weltmeisterschaft
im Schutzhundesport. „Hugo
ist einer aus einem Wurf von
insgesamt fünf Rüden“, erzählt
Züchter Toni Schuster aus Kleincarsdorf bei Kreischa. Dem Fahrlehrer gehört der Zwinger „Von
der alten Schmiede“, aus dem
bereits einige im Polizeidienst
gelandet sind.
Insgesamt fünf seiner Hunde
sind in Sachsen und Thüringen
als Brandmittelspür-, Fährten-,
Schutz- und Betäubungsmittelsuchhunde im Einsatz. Schuster,
der selbst im Schutzhundesport
aktiv ist, weiß also, worauf es
bei Zucht und Ausbildung ankommt. Er sei stolz auf die Leistungen der Hunde, die von ihm
aufgezogen wurden, sagt er.
Also auch auf Hugo.
Der Vierbeiner ist aber nicht nur
bei der Suche nach Vermissten
erfolgreich. Erst vor Kurzem
nahm er nach einem Einbruch in
Ehrenfriedersdorf die Fährte der
Täter auf und verfolgte sie konsequent, bis dorthin, wo diese
nach Polizeiangaben offenbar in
ein Fahrzeug stiegen.
In Döbeln hatte Hugo im vorigen Jahr dagegen mehr Glück:
Ebenfalls nach einem Einbruch
hatten die Täter versucht zu
flüchten. Sie versteckten sich
laut Heidi Hennig im Gebüsch.
Mit einem cleveren Fährtenhund
wie dem aus Kleincarsdorf rechneten sie vermutlich nicht. Denn
der kam ihnen nämlich ziemlich
schnell auf die Schliche und verdiente sich ein Extra-Leckerli.
Astrid Ring
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Künstler ohne Rast und Ruh
Falk-Ingo Renner aus
Gombsen arbeitet Tag
und Nacht. Jetzt bereitet
er eine Ausstellung vor mit Hunderten Porträts.
Sein Arbeitszimmer ist proppenvoll. Bücher, Bilder, Drucke in Stapeln, Utensilien aller Art scheinen
unsortiert. Doch Falk-Ingo Renner
findet alles, wenn auch erst nach
längerem Suchen. Sein Zuhause,
Am Wäldchen 25 in Gombsen,
liegt beinahe verwunschen unter
großen Bäumen, hohen Farnen,
sattem Grün und hat wohl schon
bessere Zeiten erlebt. Doch genau
dieses urwüchsige Flair scheint den
Künstler zu inspirieren. Denn er arbeitet ohne Rast und Ruh mit einer
Kreativität, deren Vielfalt verblüfft.
Zwei große Ölgemälde fallen auf
und geben dem kleinen Raum das
Gepräge: das Taschenberg-Palais
in Dresden während des Hochwassers 2002 und der Blick von
der Carolabrücke auf den Elbstrom
- 137 mal 50 Zentimeter groß, ein
Auftragswerk.
Wer mit dem 50-Jährigen spricht,
muss sich Zeit nehmen und zuhören können. Und er kann sich auf
eine beinahe philosophische Lehrstunde freuen. Renners Gedanken
und Ideen kreisen ohne Unterlass.
Denn der Maler, Grafiker, Illustrator, Karikaturist, Designer und
Gestalter ist nach Studien an der
Hochschule für Bildende Künste
in Dresden, der Fachhochschule
Burg Giebichenstein Halle und der
TU-Sektion für Philosophie und
Psychologie den „Menschen auf
der Spur“, der Sinnlichkeit, Natur
und Architektur auch. An Arbeit
mangelt es ihm nicht. Für das Tierschutzzentrum in Meißen verewigt
er mit Acryl auf Putz scheinbar vernachlässigte Tiere, so Salamander
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Falk-Ingo Renner ist ein unermüdlicher Schöpfer von Zeichnungen,
Grafiken und Gemälden.
und Eidechsen. Zur Diskussion um
die Wiedereröffnung des Dresdner
Fernsehturms hat er eine Vision:
„Man könnte das Turmcafé mit
einem Drehring gestalten, der Motive der Elbestadt und ihrer Umgebung zeigt.“
Derzeit bereitet sich Renner auf
eine Ausstellung im Schloss Neschwitz nahe Bautzen vor, die ab
September zu sehen sein wird.
Etwa 300 Porträts, darunter 200
Persönlichkeiten des öffentlichen
und künstlerischen Lebens hat der
Künstler verewigt - mit Ölkreide,
Kohle, Stift und Rötel. Karl Moik,
Kurt Biedenkopf, Otto Walkes,
Marianne Sägebrecht, Frank Schöbel und Jörg Kachelmann hat der
Gombsener porträtiert und karikiert, ohne dass „die Damen und
Herren Modell stehen mussten.“
Er sei vielmehr dorthin gegangen,
wo er ihre Konterfeis zeichnen
konnte - zur TV-Sendung Riverboat, zur MDR-Reihe „Hier ab Vier“
und zum Landespresseball, auch
zu Firmenfeiern. Gerhard Kuban
von den Kultur- und Heimatfreunden Neschwitz, der die Schau
vorbereitet, freut sich darauf:
„Falk-Ingo Renner wird mit seiner
Kunst begeistern.“
Renner ist einer der wenigen, die
in Deutschland als Gerichtszeichner gefragt sind. Er saß im Saal, als
der Mord an der Ägypterin Marwa
el Sherbini verhandelt wurde. Bei
einer Tatortbesichtigung vor einem
Doppelmordprozess in Moritzburg
oder bei einer Ministeranhörung
im Sächsischen Landtag - die Beteiligten bannte der Zeichner mit
leichter Hand fast fotoähnlich aufs
Papier. Man müsse dabei „das
Motiv suchen, die Szenerie widerspiegeln, die Haltung und Gestik
der Person charakteristisch fixieren“, verrät Renner .
Der Gombsener Künstler, in Cossebaude geboren, arbeitet mit 63
Agenturen zusammen. Auf diese
Weise entstanden bisher mehrere
Monatskalender, die sich mit Renners hervorragenden Illustrationen
schmücken konnten. „Ganz nah“
nennt er das Kalendarium 2014,
das Grafiken und Gemälde mit
Ansichten von Dresden, Kreischa,
Malter, Freiberg und Meißen zeigt.
Bemerkenswert: Falk-Ingo Renner
zeichnete mit Sepia das Antigolfkriegsmahnmal auf der Brühlschen
Terrasse. Viel Aufmerksamkeit bekamen auch seine genialen Grafiken zum Thema „Vergessene
Katastrophen“ in der sächsischen
Tagespresse. Sehenswert sind
auch seine Porträts der „Kinderstars aus alten und neuen Filmen“.
Liebevoll-zärtlich ruft Renner mit
seiner Kunst im Auftrag eines Verlages den Spanky aus dem Streifen
„Die kleinen Strolche“, Heintje,
den Charly-Chaplin-Partner Jacki
Coogan und die legendäre Pippi
Langstrumpf in Erinnerung.
Falk-Ingo Renner ist kein Träumer,
ein Philosoph allemal. Das versucht er auch mit seinen Karikaturen auszudrücken und bemüht
sich „den Menschen Vernunft und
Solidarität ins Herz zu pflanzen“.
Nicht zufällig bedient er sich eines
Zitats seines Vorbildes Albert Einstein: „Der Horizont der meisten
Menschen ist ein Kreis, mit dem
Radius Null. Und das nennen sie
ihren Standpunkt.“
Peter Salzmann
Klinik Bavaria | 15
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Der Prellbock
Wenn Claus Weselskys‘
starker Arm es will,
stehen bei der Bahn
alle Räder still. Ist der
GDL-Chef wirklich der
Egomane, als den ihn
Kritiker sehen?
Ein Porträt.
Von wegen eine Woche Streikpause! Für Claus Weselsky gibt es
gerade Stress pur: Mitgliederversammlungen, Telefonkonferenzen,
Interviews, Talkshow-Auftritte. Ein
Termin folgt dem anderen. Auf
dem Weg dahin nimmt Deutschlands bekanntester Lokführer und
Chef der Gewerkschaft GDL meist
den Zug - wohl wissend, dass man
sich auf die Bahn verlassen kann.
Wenn nicht gerade gestreikt wird.
Doch wer ist dieser Mann, vor
dem angeblich ganz Deutschland
zittert, der von Medien gejagt wird
- und vor Reportern und Kameras
schon mal durch Hinterausgänge
und Kellerfenster flüchtet?
Die Spurensuche beginnt in Kreischa bei Dresden. Von den Bewohnern erinnern sich nur wenige an
den derzeit prominentesten Sohn
des Dorfes. Sei es, weil er 1990
weggezogen ist, oder weil die Gemeinde mit 4 000 Seelen, verstreut
über 15 Ortsteile, selbst keinen
Bahnhof hat - und die weiß-grünen Fahnenschwenker der GDL
nie zu Gesicht bekommt. Größter
Arbeitgeber ist die Bavaria-Klinik,
weit bekannter das Anti-Dopinglabor. Zudem wirbt Kreischa vor allem mit Idylle.
An der Schule am Kirchweg, einem aufgehübschten Plattenbau
aus DDR-Zeit, bewegen sich nur
die Blätter, die von der großen Linde fallen. Kein Streik.
Eine Mitarbeiterin hält die Stel16 | Klinik Bavaria
lung. Der Name Weselsky sage ihr
nichts, und mit der Bahn fahre sie
auch nicht. Fehlanzeige.
Zwei Kurven weiter wohnt Hermine Hofmann, die Ortschronistin. „Den Weselsky Claus kenne
ich, seit er auf dem Nachttopf
durch die Küche gerutscht ist“,
erzählt die 78-Jährige, die am
örtlichen Monatsblatt „Kreischaer
Bote“ mitarbeitet. Als Ende der
1950er-Jahre eine Neubauernstelle frei wurde, sei Familie Weselsky
in der Aktion „Industriearbeiter
aufs Land“ nach Kreischa gekommen und habe den Vierseithof
übernommen. Heute beherbergt
das ehemalige Rittergut ein Seniorenheim, einen Supermarkt und
kleine Händler.
„Ein schlammiges Kinderparadies
war das: Traktoren und Hänger,
auf denen wir herumgekrochen
sind“, erzählt ein früherer Nachbar Weselskys, der seinen Namen
nicht nennen will. Er habe mit
Claus Räuber und Gendarm gespielt und in der Scheune im Heu
getobt. Zeiten waren das! Was
Claus heute macht, billige er nicht.
Was ist das? Weselsky kämpft
mit seinem Gefolge unter anderem für fünf Prozent mehr Lohn
und zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit - nicht nur für die
Lokführer, von denen die GDL 80
Prozent organisiert, sondern auch
für Zugbegleiter, die zu 30 Prozent
in der GDL sind. Die Mehrheit hat
Ausweise der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Da die
Gespräche mit der Bahn feststecken, weil die keine zwei Abschlüsse duldet, wehrt sich die GDL wiederholt mit Streik. An vorderster
Front seit 2008: Claus Weselsky,
der einzige Ostdeutsche, der eine
Bundesgewerkschaft führt, dazu
die älteste mit fast 150 Jahren.
Volker Linke ist von der Konkur-
Ein Sachse, vor dem ganz Deutschland zittert:
GDL-Chef Claus Weselski.
renz. Er leitet die Geschäftsstelle
Dresden der EVG - hervorgegangen aus der Transnet und der
GDBA und seit 2003 Erzfeind der
GDL. Damals fühlten sich die Lokführer nach einem Tarifabschluss
über den Tisch gezogen und gingen ihren eigenen Weg - bis zu
einem eigenständigen Tarifvertrag.
Sie schafften das mit Streiks, die
die Republik über Monate immer
wieder lahmlegten.
Linke kennt Weselsky seit der
gemeinsamen Arbeit im Bezirkspersonalrat 1992. „Es war immer
nur ein Dienstverhältnis, auch
wenn wir in der Truppe kegeln
gingen“, sagt er. „Ich habe die
Sorge, dass durch die GDL für alle
Gewerkschaften nichts Gutes herauskommt.“ Der Grundgedanke
der Solidarität gehe verloren. Auch
wenn die EVG für Tarifeinheit, die
GDL für Pluralität und somit der
Graben tief sei, gehe es nur in Kooperation. Wie gut wäre da wenigstens ein Dienstverhältnis!
Detlef Bussas vom GDL-Bezirks-
vorstand
Sachsen-Berlin-Brandenburg hat ein anderes Bild von
seinem Chef. Er hat seit 20 Jahren mit ihm zu tun. „Ich habe mit
ihm von 1998 bis 2002 an einem
Schreibtisch gesessen“, erzählt
der Betriebsrat bei der Erzgebirgsbahn. Weselsky sei alles andere als
abgehoben, in der Arbeit „streng,
mit klarer Linie, von der er sich
schwer abbringen lässt“. Deutschlands oberster Lokführer habe die
Gabe: „Wenn andere noch das
Arbeitgeberangebot lesen, hat
er längst die Fallstricke erkannt.“
Bussas nennt Weselsky „unheimlich fair“. „Aber wehe, wenn er
von oben herab behandelt wird:
Dann fährt er die Hörner aus.“ Das
passiert zuletzt öfter, und Weselskys Gesicht bekommt dann Farbe. Etwa wenn ihm die Deutsche
Bahn Unregelmäßigkeiten bei der
Urabstimmung unterstellt, bei der
laut Gewerkschaft 91 Prozent der
Beteiligten, und nicht aller GDLer,
für unbefristete Streiks gestimmt
hatten.
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Einmal provoziert, wird der Gewerkschaftschef in Talkshows und
am Rednerpult lauter, aber selten
so unsachlich wie auf dem Aktionstag in Fulda. Dort hatte er sich
über die EVG ausgelassen, die vor
vier Jahren aus den Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA entstanden war. Wenn zwei Kranke
ein Kind zeugten, komme nur „etwas Behindertes“ heraus, hatte er
gesagt. Trotz einer Entschuldigung
suhlen sich seine Gegner immer
wieder in der Entgleisung.
Weselsky fuhr nach eigenen Angaben schon mit fünf Jahren Traktor,
während Vater und Mutter die
Rüben in den Hänger warfen. Er
und die zwei älteren Geschwister
seien „erzogen worden, alle Dinge zu diskutieren“. Das bewahre
er sich. Die Mutter wollte, dass er
Journalist wird, doch Claus hatte
die Seefahrt im Blick. Erst später
wechselten seine Träume auf die
Schiene. Nach der Schule lernte
er Schienenfahrzeugschlosser und
Lokführer, fuhr selbst in Pirna Diewww.klinik-bavaria.de
sel- und E-Loks. In der SED war er
nie. „Die Scheinheiligkeit war mir
zuwider“, für die Karriere habe er
sie nicht gebraucht. „Ich hatte ja
einen tollen Job.“ Bad Schandau Sebnitz in der Sächsischen Schweiz
war seine Lieblingsstrecke, bis er
Funktionär wurde. Nach der Wende trat er in die GDL ein. Und in die
CDU, „weil die meine konservative
Haltung am besten vertritt“.
Im Job kennt man Weselsky eher
kämpferisch. „Über diesen Dresdner schimpft ganz Deutschland“,
„Stoppt diesen Mann“, „Weselskys Krieg“ rauscht es im Blätterwald. Der Mann, der nur mal abtaucht, wenn er als passionierter
Hobbytaucher vor Thailands Küste
urlaubt, nimmt das nicht persönlich. Er sieht das als Angriff auf die
GDL, die „spätestens seit 2002,
als ich in die Zentrale nach Frankfurt ging, mein Leben ist“, wie er
sagt. Ihn ärgere, dass Lokführer als
Geißelnehmer der Reisenden bezeichnet würden. „Wenn wir mit
Terroristen auf eine Stufe gestellt
werden, tut das weh.“
Jedoch führe das wie bei den
Streiks 2007/08 kaum zu weniger Verständnis bei Bahnfahrern,
sondern zu Solidarisierung in den
eigenen Reihen - inklusive der Zugbegleiter. Das klinge pathetisch, sei
aber so. Auch der Vorwurf seines
Ziehvaters und Amtsvorgängers
Manfred Schell, er verhalte sich,
„als rufe er zum Heiligen Krieg
auf“, ficht Weselsky nicht an. Als
vor anderthalb Jahren beide Stellvertreter an seinem Stuhl sägten,
ging Weselsky, der Mann mit
dem großen Selbstbewusstsein,
gestärkt aus der Affäre. Die Widersacher mussten gehen. Es ging
um Kredite auf GDL-Kosten, die er
abgelehnt hatte.
Weselsky ist nicht käuflich. Das
musste auch die Bahn erfahren, als
er im Tarifstreit 2007 deren Angebot für einen Personalvorstandsposten ausschlug. Das hat er lange
verschwiegen. Heute sagt er: „Ich
wollte kein Norbert Hansen werden.“ Der war mal EVG-Chef und
hatte dann die Front gewechselt.
Als der GDL-Mann jüngst im Zug
fuhr, sei der Schaffner gekommen
und habe mit dem Handy ein „Selfi“ mit ihm geschossen - im vollen
Wagen, erzählt Weselsky. Die Leute
hätten geschmunzelt. „Ich erwarte
keine Hurra-Rufe, aber Akzeptanz,
dass wir wie alle Berufsgruppen
unser Streikrecht wahrnehmen.“
Das sieht der GDL-Chef in Gefahr,
wenn das angekündigte Gesetz
zur Tarifeinheit kommt. Dann
könnte in Unternehmen nur noch
ein Tarifvertrag gelten: der mit der
mitgliederstärksten Gewerkschaft.
Kleine Gewerkschaften wie die
GDL müssten sich unterordnen.
Dagegen stemmt sich Weselsky.
Mit Macht. Er fühlt sich unverstanden, selbst mit Argumenten
wie der vom Bundesarbeitsgericht
bescheinigten Tarifpluralität. Dann
redet er sich vor Kameras in Rage
und muss von Talkmasterin Anne
Will wiederholt gemahnt werden:
„Herr Weselsky, hören Sie mich!“
Kreischas Ortschronistin Hermine
Hofmann war Weselskys Klassenlehrerin. „Ich hatte ihn von der 5.
bis zur 10. Klasse in Deutsch und
Englisch“, erzählt sie. Schon in der
Schule habe sein Wort etwas gegolten. Das Durchsetzungsvermögen habe Claus, „aufgewachsen
in einem schwierigen Familienumfeld“, wohl geerbt. Dennoch habe
er sich auch integrieren können,
sagt die weißhaarige Seniorin. Sie
könne nicht verstehen, warum
viele den GDL-Chef von heute auf
einem Egotrip sehen. Erst vor zwei
Jahren habe es ein Klassentreffen
gegeben. Da sei „Selly“ - auch die
Lehrer hätten größere Schüler mit
Spitznamen gerufen - nur durch
seine humorvolle und bodenständige Art aufgefallen. „Er war
kein Musterschüler, aber hochintelligent“, sagt die Seniorin. „Ein
sportlicher Typ, dem viel zuflog.“
Einschließlich Mädchenherzen.
Auch heute wirkt der 55-Jährige,
der nach zwei Ehen mit einer Lebensgefährtin in Leipzig wohnt
und einen erwachsenen Sohn
hat, immer so, als käme er frisch
vom Friseur. Dazu der markante Schnauzer. Immer adrett mit
Schlips und in feinem Zwirn - auch
vor der streikenden Basis auf dem
Bahnsteig. Die Zigarillos, einst Droge in Streiks, sind seit den 2011
erreichten gleichen Rahmenbedingungen für fast alle Lokführer passé. Doch der Gewerkschaftschef
gönnt sich auch was: mal ein Glas
Rotwein „und ab und zu eine Genusszigarre“.
Bei Talkshows gibt‘s nur Wasser.
Claus Weselskys Ex-Deutschlehrerin
Hermine Hofmann nimmt es zur
Kenntnis: „Wenn ich den Kerl im
Fernsehen sehe, wie er sich trotz
sächsischen Dialekts ausdrückt und
argumentiert, denke ich so bei mir:
Mensch, da hast du ganze Arbeit
geleistet.“
Michael Rothe
Klinik Bavaria | 17
KLINIKKURIER
Von der Klinik in die Praxis
Jurgita Raudoniené
arbeitet seit 1. Juli als
Hausärztin in Kreischa.
Sie liebt ihren neuen Job
und hat einiges vor.
Der Termin steht schon lange
an. Doch immer wieder muss
er verschoben werden. Nun ist
es endlich so weit. Mit einem
freundlichen „Hallo“ begrüßt
Jurgita Raudoniené ihren Gast.
Kreischas
neue
Hausärztin
macht einen entspannten Eindruck. Sie lächelt und erzählt
munter drauf los, wie sie zu ihrem neuen Job am Haußmannplatz gekommen ist.
Fünf Jahre habe ihr Vorgänger
Bernd Kießlich bereits einen
Nachfolger gesucht. Lange vergebens erzählt sie. Die Frau mit
den kurzen, blond gefärbten
Haaren musste er nicht lange
überzeugen. Sie suchte schon
länger eine Chance, ihre beiden
Uniabschlüsse als Allgemeinmedizinerin und Wirtschaftsexpertin
zu verbinden. Mehrere Praxen
hatte sie sich bis dato angesehen. Die in Kreischa war perfekt
- auch aus familiären Gründen.
Seit September 2012 wohnt Jurgita Raudoniené in der Gemeinde. Die Tochter geht hier in die
Kita, der Sohn in die Schule. Alle
haben sich in der neuen Heimat
gut eingelebt. Sie habe Auslandserfahrungen sammeln wollen
und sich in Großbritannien und
in Deutschland beworben, erzählt die aus Litauen stammende
Ärztin. Das beste Angebot machte damals die Klinik Bavaria, wo
sie gut aufgenommen wurde.
Aber auch in Kreischa fühlte sich
die heute 40-Jährige mit ihrer
Familie schnell wohl. Kein Wun18 | Klinik Bavaria
Jurgita Raudoniené ist die erste Allgemeinmedizinerin, die sich in
Kreischa niedergelassen hat. Dort fühlt sich die aus Litauen stammende Ärztin richtig wohl. Das spüren auch die Patienten.
der. Sie liebt die Landschaft, geht
gern wandern und reiten. Viel
Zeit für ihre Hobbies hatte sie in
den vergangenen Monaten aber
nicht.
Von Januar bis Ende Juni diesen Jahres arbeitete Jurgita
Raudoniené sowohl in der Klinik Bavaria als auch bei Bernd
Kießlich, damit die Praxisübergabe reibungslos verläuft. Auch
heute kann sie ihren Vorgänger
noch jederzeit anrufen, wenn
sie Fragen hat - genauso wie
ihren Kreischaer Kollegen Carsten Querengässer und Michael
Gilbert aus Possendorf, die sie
in den ersten Wochen und Monaten unterstützt haben. Es sei
ein Unterschied, ob man als angestellte Stationsärztin arbeitet
oder für alles selbstverantwortlich ist, sagt Jurgita Raudoniené.
Ihre Entscheidung bereut sie aber
keineswegs. Sie sieht ihre berufliche Zukunft in der Praxis, die sie
mit allen Mitarbeiterinnen und
Patienten von ihrem Vorgänger
übernommen hat.
Die Patienten sind der Praxis treugeblieben. Nicht einer sei bislang
woandershin gewechselt. Viele
würden sich freuen, dass sich
erstmals in der Geschichte von
Kreischa eine Hausärztin niedergelassen hat, sagt Jurgita Raudoniené. Sie sei als Frau vielleicht
weicher, sozialer, milder, schenke
ihren Patienten eventuell mehr
Zeit, antwortet sie auf die Frage
nach den Vorteilen einer Frau im
weißen Arztkittel.
Dann gibt sie noch einen Rundgang durch die Praxis. Viel hat
sich nicht verändert. Eigentlich
habe sie nur die Computer auf
ihren Namen umstellen müssen,
sagt Jurgita Raudoniené.
Beim Blick in das Wartezimmer
fallen allerdings noch fünf Bilder
an der Wand auf. Die zeigen Vilnius, die Hauptstadt von Litauen.
Nein, Heimweh habe sie keines.
Außerdem seien doch 1200 Kilometer nicht weit weg. Erst vor
Kurzem sei sie in ihrer alten Heimat gewesen. Demnächst gehe
es nach Madrid und London, erzählt die reisefreudige Frau. Viel
Zeit hat Jurgita Raudoniené jetzt
nicht mehr.
Der nächste Termin wartet. Später
muss sie noch zu einer Fortbildung
nach Radebeul. Aller zwei Monate nimmt sie zudem an einem
Akupunktur-Lehrgang teil, damit
sie die chinesische Heilkunst demnächst in Kreischa anbieten darf.
Und einen weiteren Wunsch hat
sie für die Zukunft. Aller sechs
Monate sollen die Bilder im Wartezimmer gewechselt werden. Denn
die Kunst, vor allem die Malerei sei
ihre große Leidenschaft, sagt Kreischas neue Ärztin. Allerdings bleibe auch dafür gerade keine Zeit.
Spaß macht ihr das Leben anscheinend trotzdem. Sebastian Martin
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Klinik erweitert Pflegeschule
Die Klinik Bavaria
investiert in den Standort Zscheckwitz. Damit
will sie den drohenden
Fachkräftemangel
verhindern.
Im schlimmsten Fall würde dem
Patienten der Tod drohen, wenn
die Wunde nicht richtig versorgt
wird. Marie und Uwe schauen
jetzt noch genauer hin, was ihnen Praxisanleiterin Schwester
Katja anhand der Puppe zeigt.
Denn gleich sind sie dran, die
Wunde an der vor ihn liegenden
Attrappe zu behandeln.
Seit einem Jahr absolvieren die
beiden eine Ausbildung an der
Berufsfachschule für Gesundheits- und Krankenpflege, die
jetzt erweitert wurde. Denn statt
24 Schülern fangen nun aller
sechs Monate im März und September jeweils 32 Auszubildende
in Zscheckwitz an. Damit reagiert
die Klinik Bavaria erneut auf den
drohenden Fachkräftemangel,
um die personalintensive Betreuung und die eigene Qualität in
Zukunft zu sichern.
Schon heute sind vielerorts Pflegekräfte knapp. Laut einer 2013
veröffentlichten Studie der Unternehmensberatung
Roland
Berger spürten 2011 deutsch-
landweit bereits 79 Prozent der
Krankenhäuser einen Fachkräftemangel. Und der gleichen Statistik zufolge werden bis nächstes
Jahr etwa 175 000 Ärzte und
Pflegekräfte im Bundesgebiet
fehlen.
„Wir müssen was für unsere Zukunft tun“, sagt Andreas
Frädrich, Sprecher der Klinik
Bavaria, mit Blick auf den demografischen Wandel und den
zunehmenden Bedarf an Pflegekräften. Und dieser könne neben
der Anwerbung von Fachkräften,
auch ausländischen, nur dadurch
gedeckt werden, indem auch
weiter in die Ausbildung vor Ort
investiert wird.
Marie und Uwe lassen sich anhand einer Puppe zeigen, wie
eine Wunde richtig versorgt wird.
In Zscheckwitz werden sie zu Gesundheitspflegern ausgebildet.
Erst im vergangenen Jahr hat
die Klinik Bavaria die Berufsfachschule in Zscheckwitz neu
eröffnet, um die 1999 zu Ende
gegangene Tradition der Krankenpflegeausbildung
wieder
aufleben zu lassen. Die Schüler
lernen heute unter Top-Bedingungen. Die Räume sind hell,
die Wege kurz, die Ausstattung
modern und die Atmosphäre
familiär. Alles Voraussetzungen
für den Erfolg. Und auch die
Lehrkräfte sind bestens ausgebildet. „Das Team setzt sich aus
Diplom-Pflegepädagogen, Pflegekräften mit akademischem
Hochschulabschluss, erfahrenen
Medizinern sowie weiteren pädagogischen Mitarbeitern der Klinik Bavaria zusammen, die alle
auf eine langjährige Berufserfahrung zurückgreifen können“,
sagt Ausbildungsleiterin Claudia
Flämig. - Steffen Lehmann würde sich sofort wieder für eine
Ausbildung in Zscheckwitz entscheiden. Ihm gefällt die familiäre Atmosphäre und vor allem
die Nähe zur Praxis. Denn neben
2 300 Theoriestunden absolvieren die Schüler während ihrer
dreijährigen Ausbildung auch
2 500 Praxisstunden, die sie in
den Fachabteilungen der Klinik
Bavaria sowie bei Kooperationspartnern wie ambulanten Pflegediensten leisten. Auch Marie
und Uwe, die jetzt die Wunde
an der Puppe versorgen, können
sich gut vorstellen, nach ihrer
Ausbildung an der Klinik Bavaria zu bleiben. Die Chance dazu
ist gut. Denn das Unternehmen
will die Absolventen wenn möglich übernehmen, sagt Sprecher
Andreas Frädrich.
Sebastian Martin
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Klinik Bavaria | 19
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Etappenziel Kreischa
Von Krebs geheilte
Sportler zeigen bei
einer Rad-Tour durch
Deutschland, zu was sie
fähig sind - zum Beispiel
Karl Leicht.
Kreischa: Da stehe doch diese riesige Klinik, antwortet Karl Leicht
im tiefst badischen Dialekt am Telefon. Ein imposanter Bau sei das,
den er bislang aber nur von Fotos
kenne. Und dann liege Kreischa ja
noch direkt neben Dresden, wohin er eigentlich schon immer mal
reisen wollte.
Zu einer Sightseeingtour durch
die sächsische Landeshauptstadt
kam der 55-Jährige aber auch
Anfang September dazu nicht,
wenn er an der vom baden-württembergischen Krebsverband organisierten Bäder- und Reha-Tour
teilnehmen werde - einer mehrtägigen Fahrradtour durch Deutschland und Tschechien. Für einen
20 | Klinik Bavaria
Bummel durch die Klinik Bavaria
war dagegen genug Zeit - egal,
wie groß der Muskelkater war.
Denn eine Etappe endet in Kreischa. „Ich bin schon gespannt“,
sagt Karl Leicht. Immer mal wieder schicke er als Mitarbeiter des
Krebsverbandes Patienten zur
Weiterbehandlung in die Klinik
Bavaria. Erst kürzlich habe er eine
Therapie genehmigt.
Karl Leicht ist selbst Krebspatient.
Im April 2008 diagnostizierten die
Ärzte eine schwere Erkrankung
seines Lymphdrüsensystems. Es
folgten Chemotherapien und
Haarausfall - das komplette Programm. 2010 musste er sich noch
einer Stammzellentherapie unterziehen, von der er sich nur langsam erholte. Im Jahr darauf fühlte
sich der Mann aus der Nähe von
Karlsruhe aber bereits wieder so
fit, dass er das erste Mal an der
von seinem Arbeitgeber organisierten Radtour teilnehmen konnte. Diese führt einmal im Jahr
gesunde, chronisch kranke sowie
behinderte Sportler quer durchs
Land, um für Inklusion, Rehabilitation und Prävention zu werben.
„Zeigen, was möglich ist“, heißt
das Motto seit der ersten Ausgabe vor sieben Jahren.
Karl Leicht ist dieses Jahr das vierte Mal für den guten Zweck in
die Pedale getreten und hat dabei viel Energie getankt. Die Gemeinschaft, der Zusammenhalt
und die Freude, etwas zu schaffen, was andere einem nach so
schwerer Krankheit nie zutrauen
würden - das seien die Gründe,
warum er bei seiner Frau wieder
um die Teilnahme gekämpft habe
und sich im September in den
Sattel setzte, sagt der Sportler.
Rund 800 Kilometer lagen vor
ihm. Mit den anderen 37 Teilnehmern ist er in neun Tagen mit dem
Fahrrad von Bad Friedrichshall in
Baden-Württemberg nach Berlin
gefahren. Ein recht ambitioniertes
Vorhaben. Schließlich führte die
Strecke auch durch das Fichtelund Erzgebirge. Für Karl Leicht
aber kein Problem. Er hatte gut
trainiert und fühlte sich kurz vor
dem Start topfit. Das Einzige, was
ihn beunruhigte, ist der eigene
Po. Aber mit ausreichend Gesäßcreme ist es gegangen, sagte er
am Telefon und lacht.
Anfang September wurde Karl
Leicht und die anderen Teilnehmer
in Kreischa begrüßt. Auf sie wartete ein festlicher Empfang, sagte
Klinik-Sprecher Andreas Frädrich.
Denn wie die Patienten wurden
die Teilnehmer der Bäder- und Räder-Tour aufgepäppelt, damit sie
die nächste Etappe in Angriff nehmen konnten. Daher habe das Ereignis auch eine gewisse Symbolkraft. Zudem betonte er, dass die
Klinik Bavaria natürlich froh sei,
dass das Fahrerfeld erstmals in
Kreischa gehalten hat. Schließlich
sei man auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation eine der
größten Einrichtungen landesweit
und habe ein breites Leistungsspektrum wie kaum eine andere
Klinik.
Sebastian Martin
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