Warum nicht Braugerste anbauen - Landesforschungsanstalt für

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Warum nicht Braugerste anbauen - Landesforschungsanstalt für
Institut für Pflanzenproduktion
und Betriebswirtschaft
11.02.2014
Warum nicht Braugerste anbauen?
Andrea Ziesemer
Der Anbau von Sommerungen steht in einem harten Wettbewerb zu den meist ertragsreicheren
und wirtschaftlicheren Winterungen. Seit vielen Jahren ist der Braugerstenanbau in MV rückläufig.
Zur Ernte 2013 lag der Sommergerstenanteil bei 0,6 Prozent der Ackerfläche. Davon wurde rund
ein Viertel für Nahrungs- und Industriezwecke angebaut. Der Anbau der zweizeiligen Wintergerste
für Brauzwecke erfolgt in einigen wenigen spezialisierten Betrieben und bildet nur einen Bruchteil
der Wintergerstenfläche.
In Ergänzung der Auswertungen der Referenzbetriebe der LFA MV wurden weitere Landwirte zum
Braugerstenanbau befragt. Von 14 Betrieben konnten die Daten von Sommer- und zweizeiliger
Wintergerste des Erntejahres 2013 analysiert werden. 6 Betriebe erzeugten Braugerste. Immer
häufiger werden die Anbauer mit dem Problem zu niedrigerer Rohproteinwerte konfrontiert, was
dazu führte, dass ein Betrieb die Gerste als Müsli vermarktete. In 5 Betrieben erfolgte der Anbau
zur Vermehrung.
Die Erträge der Sommergerste zur Ernte 2013 lagen im Mittel der untersuchten Betriebe mit 65,4
dt/ha rund ein Drittel über dem Landesmittel. Gleichzeitig brachte zweizeilige Wintergerste 73,3
dt/ha und mehrzeilige 81,6 dt/ha. Sehr groß sind die regionalen Unterschiede. Auf mittlerem Boden
konnten 71,3 dt/ha Sommergerste geerntet werden, auf leichtem Sandboden lediglich 57,6 dt/ha.
Noch größer war die Ertragsdifferenz der zweizeiligen Wintergerste, die mehr als 33 dt/ha betrug.
Die Sommergerste wurde mit rund 20% geringeren Direktkosten (Saatgut, Düngung,
Pflanzenschutz, Trocknung) im Vergleich zur zweizeiligen Wintergerste produziert (Tabelle 1).
Vorrangig resultieren diese Unterschiede aus einer niedrigeren Stickstoffdüngung und einem
geringeren Aufwand an Pflanzenschutzmitteln. Bedingt durch höhere Saatgutkosten entstanden
die höchsten Kosten beim Vermehrungsanbau. In Abhängigkeit vom Standort erfolgte eine
Anpassung der Aufwendungen für Düngung und Pflanzenschutz, so dass die Kosten auf den
leichten Standorten für Futter- und Müsligerste am niedrigsten waren.
Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Erzeugerpreise zur Ernte 2013 zurück. So sank der Preis für
Weizen in den Referenzbetrieben um mehr als 15% auf 19,7 €/dt. Die Braugerstenpreise kamen
kaum darüber. Die für Sommerbraugerste realisierten Preise lagen zwischen 19,0 und 20,0 €/dt.
Für Winterbraugerste erzielte ein Landwirt lediglich 18,3 €/dt.
Welche Preise wären für einen erfolgreichen Braugerstenanbau notwendig gewesen? Es wird
unterstellt, dass durch den Gerstenanbau der Anteil des Stoppelweizens reduziert und somit
mindestens der Deckungsbeitrag des Stoppelweizens erreicht werden soll. Dazu wurde der
Gleichgewichtspreis ermittelt (Gleichgewichtspreis = Deckungsbeitrag Stoppelweizen zuzüglich
Direktkosten Gerste dividiert durch Gerstenertrag). Die Kalkulationen zeigen, dass ein
Braugerstenpreis von rund 23,0 €/dt erzielt werden müsste, um mit dem Stoppelweizen auf einem
Niveau zu liegen (Tabelle 1). Deutlich erkennbar wird der Einfluss der Ertragshöhe auf den Preis.
Der hohe Ertrag der zweizeiligen Futtergerste führt trotz hoher Direktkosten dazu, dass ein Preis
von 20,2 €/dt zur Erzielung des Deckungsbeitrages ausreicht. Hingegen wäre für die gleiche
Wirtschaftlichkeit der Sommerfuttergerste ein Preis von 25,0 €/ha erforderlich.
Ein großer Vorteil der Braugerste ist ihr niedriges Stickstoffdüngungsniveau. Zur Sommergerste
wurden im Mittel 104 kg N/ha und zur Wintergerste 150 kg N/ha gedüngt. Ein wichtiger
Gradmesser für die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion ist der Stickstoffüberschuss.
Raps und Weizen weisen einen hohen Stickstoffsaldo aus. In entsprechenden Fruchtfolgen wäre
die Braugerste in der Lage, die Stickstoffüberschüsse (Saldo aus Zufuhr – Abfuhr) zu senken und
die Nährstoffeffizienz zu verbessern (Abbildung 1).
Landesforschungsanstalt für
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Institut für Pflanzenbau
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Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
Institut für Pflanzenproduktion und Betriebswirtschaft
Andrea Ziesemer
11.02.2014
Vieles spricht für den Sommergetreideanbau. Seien es fruchtfolgetechnische Gründe, die
Reduzierung der Stickstoffüberschüsse oder eine Verbesserung der Verunkrautungssituation.
Letztlich entscheidet der für Braugerste zu erzielende Preis. Kann damit das Niveau der
Vergleichskultur wie zum Beispiel Stoppelweizen erreicht werden, lohnt sich der
Braugerstenanbau.
Tabelle 1: Sommergerste und zweizeilige Wintergerste 2013 (Referenzbetriebe und
Braugerstenanbauer)
Verfahren
Verwendungs-/Anbaurichtung
Brau- Futter- Müsli
Fläche
ha
Ackerzahl
Ertrag
dt/ha
Direktkosten
DKFL tatsächlich
DKFL Stoppelweizen
Sommergerste
ME
€/ha
Verm. Brau- Futter- Verm.
141
55
71
244
491
245
39
39
25
23
39
44
38
41
68,2
57,6
62,0
66,5
69,7
79,8
78,6
377
238
196
417
421
459
470
1.225
1.114
20,2
20,7
965
826
989
2)
Gleichgewichtspreis z. Stoppelweizen
Wintergerste
1)
873 (1.026)
1.202
3)
€/dt
23,1
25,0
22,5
24,4
22,6
1) nur ein Landwirt hatte verkauft
2) Direktkostenfreie Leistung Referenzbetriebe LFA 2013
3) mit Vorfruchtwert (45 €/ha) für die zz Wintergerste
Abbildung 1: Kornerträge und N-Salden in Referenzbetrieben der LFA und
Braugerstenanbauern in MV im Erntejahr 2013
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