Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt

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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht
Name: L e o n i e W e s t e r b o e r
Austauschjahr: 2012/13
Gastuniversität: Universidad de Guadalajara
Stadt: Guadalajara
Land: Mexiko
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Als ich in Guadalajara ankam, zog ich für die ersten zwei Wochen in das Hostal Tequila, um
von dort aus meine Wohnungssuche zu starten. Diese Unterkunft war ein absoluter Glückstreffer, da dort viele Studenten zu Beginn ihres Auslandsaufenthaltes unterkommen und man
sich bei Organisatorischem gegenseitig unterstützen kann. Das Hostel ist außerdem sehr
sauber, günstig, zentral gelegen und hat ein kleines Schwimmbecken im Garten. Es gibt dort
auch Zimmer, die für einen monatlichen Festpreis an Studenten vermietet werden, doch ich
denke, dass man dafür sehr lärmresistent sein muss, da gelegentlich auch mal eine Party
steigt. Vertreter einiger Studentenhäuser kommen fast täglich, oder bei Nachfrage vorbei und
nehmen die Austauschstudenten zur Wohnungsbesichtigung mit.
Ich habe allerdings durch einen deutschen Studenten ein Zimmer in einem privaten
Studentenhaus gefunden und hatte so den Vorteil mit vielen Mexikanern und anderen Lateinamerikanern zusammen zu wohnen. Mein Zimmer in einer 12er-WG kostete monatlich
2,500 mexikanische Peso warm, also in etwa 140 €. Dieses Haus befindet sich in der Colonia Americana, einem Wohnviertel, das ich nur wärmstens empfehlen kann. Es gehört zum
Ausgehviertel der Stadt und hat viele Cafés, Restaurants und Bars. Außerdem ist es weitaus
sicherer als das Zentrum und zur geisteswissenschaftlichen Fakultät sind es nur 3,5 km, die
durch Metro, Stadtbusse und einen Fahrradweg sehr gut angeschlossen ist. Für Metro und
Bustickets gibt es Studententickets, die nur die Hälfte des normalen Preises, also 3 anstelle
von 6 Pesos. Diese kann man an der Universität direkt kaufen.
Nach meinem ersten Semester bin ich in eine ruhigere 2er-WG gezogen und habe für
die gleiche Lage etwa denselben Preis bezahlt wie in der vorherigen Wohnung. Allerdings
musste ich feststellen, dass es in diesem Land sehr schwierig ist, als Student ein Haus oder
eine Wohnung privat zu mieten. Diese werden grundsätzlich nur über Mietunternehmen vermietet und der Mieter braucht Grundbesitz, möglichst in derselben Stadt, oder aber eine Person, die für einen bürgt. Ich hatte das Glück, dass die Eltern meines Freundes letzteres für
uns übernommen haben, da das sonst für Studenten und im Allgemeinen junge Erwachsene
sonst fast nicht möglich ist. Es wird, wie in Deutschland auch, immer eine Kaution verlangt,
die etwa 2-3 Monatsmieten entspricht.
Die Semester sind zeitlich etwas verschoben, d.h. Das Wintersemester beginnt schon
um den 20. August. Man sollte etwas früher kommen, um möglichst noch vorher eine Wohnung zu finden. Sobald das Unileben so richtig losgeht, ist der Terminkalender gefüllt mit
allerlei Veranstaltungen und ebenso außerschulischen Aktivitäten. Dafür endete mein Sommersemester schon Anfang Juli und ich hatte über drei Monate Zeit zu Reisen, bis die Universität in Augsburg im Oktober wieder losgehen sollte.
Bei der Wahl der Wohnung sollten man grundsätzlich zuerst auf die Sicherheit des
Stadtviertel achten, also Randbezirke meiden, aber auch auf die Lautstärke des Verkehrs
über Tag, da die Fenster oft nicht richtig schließbar sind. Man sollte schöne, helle Zimmer
meiden, da die Hitze zu bestimmten Jahreszeiten unerträglich sein kann. Eventuell ist ein
Ventilator oder eine Klimaanlage keine schlechte Wahl. Besonders sollte man allerdings den
Weg zur Uni berücksichtigen. Die Fakultäten sind über die ganze Stadt verteilt und der Verkehr kann das Durchqueren der Stadt zu einer mehrstündigen Tortur werden lassen. Das
gleiche gilt für Ausflüge ins Umland der Stadt. Dafür muss man sehr viel Zeit einplanen und
darf das nicht unterschätzen. Wer gerne im auf Wald und Wiesen spazieren gehen will, ist
hier fehl am Platz. Es gibt einige Parks nahe dem, oder im Zentrum, die aber eher großen
Plätzen mit ein paar Grünflächen ähneln.
Kurz bevor ich mich auf den Weg nach Mexiko machte, wurde mir in einer E-Mail von
der Gastuni mitgeteilt, dass das Gefährlichste an Guadalajara der Verkehr sei und da stimme
ich absolut zu. Mit dem Fahrrad sollte man sich besser nicht auf die Straße trauen. Es gibt
einige Radwege und man kann meistens ganz gut auf dem Bürgersteig fahren. Es gibt keine
Fußgängerampeln und der Blinker scheint in Mexiko noch nicht erfunden worden zu sein.
Also muss man sogar beim Überqueren der Straße extrem aufpassen.
Dennoch ist Guadalajara eine sehr grüne Stadt. Die Straßen sind mit Bäumen gesäumt und es gibt eine neue gesellschaftliche Bewegung hin zum Umweltschutz und Gesundheitsbewusstsein. Mittwoch nachts und Sonntag vormittags treffen sich hunderte begeisterte Fahrradfahrer um auf den, zu diesem Anlass für den Verkehr gesperrten Straßen
Guadalajaras die Stadt zu erkunden. Die mexikanische Ernährung kann so manchen Vegetarier von dem Vorhaben eines Auslandjahrs abschrecken. In Guadalajara sprießen allerdings seit kurzer Zeit Bioläden und vegetarische Restaurants aus dem Boden.
Kulturell hat Guadalajara als Großstadt so ziemlich alles zu bieten, was man sich vorstellen
kann. Es gibt eine breitgefächerte Musik- und Kunstszene und es ist für jeden Geschmack
etwas dabei.
Wenn man in ein solches Land fährt, möchte man natürlich so viel wie möglich davon
sehen. Es gibt in Guadalajara und in anderen Studentenstädten Tourismusunternehmen, wie
Integrate oder Conexión, die sich vor allem auf Austauschstudenten spezialisiert haben. Sie
führen ebenfalls Studentenhäuser, veranstalten Partys und bieten kurze Reisen in das ganze
Land an. Ich fuhr mit Conexión ein Wochenende zum Anlass des Tags der Toten (Día de los
muertos) nach Michoacán, da die Traditionen vor allem aus diesem Bundesland kommen.
Die Reisebegleiter sind meist selbst Studenten oder zumindest im gleichen Alter und die
Touren sind gut organisiert. In einem Reisebus klappert man alle Sehenswürdigkeiten ab
und die Hotels und das Essen sind gut ausgewählt. Das Preisleistungsverhältnis ist kaum zu
übertreffen, die Preise variieren aber je nach Reiseziel.
Zum Semesterbeginn gibt es eine Einführungsveranstaltung von der jeweiligen Fakultät, an der man auf jeden Fall teilnehmen sollte. Neben einer lustigen Tanzvorführung bietet
sie reichlich Informationen, die weit über das Campusleben hinausgehen und man lernt alle
wichtigen Kontaktpersonen dort kennen. Anschließend übernehmen die Tutoren die Führung
durch das Campusgelände und erklären ausführlich, wie man sich für die Kurse an der Uni
einschreiben kann. Bei jeglicher Frage kann man sich auch hinterher noch an sie wenden,
oder an die jeweilige Auslandsstudienberatung. Die Universität ist sehr gut organisiert und
ich hatte nie Probleme, Antworten auf meine Fragen oder wichtige Dokumente zu bekommen.
Die Kurswahl ist für die Anrechnung an der Heimatuniversität besonders wichtig. Kurse im Fach Anglistik/Amerikanistik sollte man an der Universidad de Guadalajara, und überhaupt an lateinamerikanischen Universitäten, nicht belegen, da sie vom Niveau nicht denen
in Deutschland entsprechen und man sie deshalb auch nicht angerechnet bekommt. Es werden im Rahmen der Spanischen Philologie viele Kurse angeboten, die ziemlich denen in
Deutschland entsprechen, was den Inhalt betrifft. Ich besuchte Kurse spanischsprachiger
Literatur und Sprachpraxis und hatte damit sehr viel Erfolg. Ich belegte ebenso einen Kurs in
Portugiesisch, der mir von der Lehrmethode her gar nicht zugesagt hat und einen in Nahuatl,
der wiederum sehr gut aufgebaut war. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Vermittlung moderner Sprachen an dieser Uni sehr vom jeweiligen Dozenten abhängt.
Man sollte sich darüber bewusst sein, dass der Arbeitsaufwand an der UdeG weitaus
größer ist als an einer deutschen Universität. Ein Kurs dauert im Schnitt 3 Stunden pro Woche und man muss sehr viele Hausaufgaben einreichen. Ich habe wenige Kurse belegt, da
ich es sonst zeitlich nicht geschafft hätte, mehr einzureichen. Das Arbeitsmaterial und die
Professoren sind sehr gut und ich konnte sehr viel bezüglich mein Studium mitnehmen. Da
die Kurse für Muttersprachler der spanischen Sprache gedacht sind, ist das Niveau etwas
höher als bei uns an den deutschen Universitäten, jedenfalls was den Studiengang Letras
Hispanicas betrifft, der etwa dem deutschen Studium der Iberoromanistik bzw. Lehramt mit
Spanisch als Hauptfach, entspricht.
Die Notengebung setzt sich aus Anwesenheit, Hausaufgaben, Referaten, Klausuren,
Ausarbeitungen und eventuell einer Hausarbeit zusammen. Ich habe mich sehr angestrengt
und konnte die Kurse mit einem Durchschnitt von etwa 95 Punkten von 100 abschließen. Für
meinen freien Wahlbereich hatte ich besagten Portugiesischkurs belegt, war aber von den
Lehrmethoden des Professors eben sehr enttäuscht und bin infolgedessen nicht immer zum
Unterricht erschienen. Bei allen Klausuren hatte ich mindestens 98 Punkte von 100. Wegen
meines Fehlens reichte es bei der Endnote dann doch nur für 70 Punkte. Man sollte die Anwesenheit also sehr ernst nehmen. Wenn man Probleme in der Uni haben sollte, weil man
die Sprache noch nicht perfekt beherrscht, kann man sich an der Uni nach einem Nachhilfelehrer erkundigen. Außerdem lassen die Professoren mit sich reden und helfen eventuell
sogar bei Literaturbeschaffung für Referate und Hausarbeiten.
Der Campus der geisteswissenschaftlichen Fakultät ist klein aber fein. Es gibt viele
kleine Gärtchen mit Schattenspendenden Bäumen, unter denen die Studenten gemeinsam
ihre Pausen verbringen und über Gott und die Welt philosophieren. Jeder ist herzlich willkommen sich dazu zu gesellen. Dort erfährt man auch von verschiedenen Studentengruppen, die sich in der Freizeit zum kreativen Schreiben treffen, sich für mehr Sicherheit für
Radfahrer in der Stadt einsetzten o.ä. Es gibt ein paar Kioske, die Brotzeit und Getränke
verkaufen, einen Kaffeestand, einen Computerraum, ein Kopiergeschäft und einen Buchladen. Vor der Uni säumen zahlreiche Imbissbuden die Straße und man bekommt für ca. 2 €
ein anständiges Mittagessen. Seit letztem Semester gibt es sogar Klimaanlagen in den Unterrichtsräumen und diese sind manchmal ein wahrer Segen. Die Bibliothek ist gut bestückt,
allerdings befindet sich ein Teil der von den Philologen benötigen Literatur in anderen Fakultäten der Stadt und man muss manchmal sehr weit fahren, um sich ein Buch ausleihen zu
können.
Viele Studenten arbeiten neben der Uni, vor allem als Bedienung. Wenn man das
auch in Mexiko tun möchte, braucht man unbedingt ein Visum, dass das auch zulässt. Man
sollte jedoch wissen, dass das Einkommen in Mexiko, vor allem für Dienstleistungen, sehr
gering ist und man wahrscheinlich in einem Monat das verdient, was man in Deutschland in
einer Woche einnehmen würde. Aus diesem Grund habe ich meine Zeit während meines
Auslandsaufenthaltes lieber in andere Dinge investiert und mehr studiert. Es ist deshalb ratsam, sich vor Antritt des Auslandssemesters, um ein Stipendium zu kümmern und das ist
auch machbar. Ich habe von BAYLAT eine Motivationshilfe bekommen und konnte mir so
den Flug, die größte Investition, leisten.
Insgesamt gesehen würde ich sagen, dass die Lebenshaltungskosten pro Monat bei
etwa 150-250€ Miete, 100€ Essen und 200€ für anderweitige Aktivitäten liegen. Man sollte
immer ein bisschen Geld, etwa 1000€ auf dem Konto als Basis haben. Das klingt erst mal
viel, ich finde jedoch dass es einem mehr Sicherheit gibt. Bei Krankenhausaufenthalten,
Arztbesuchen und dergleichen zahlt die Krankenkasse erst beim Einreichen der Belege und
ohne Geld wird man womöglich nicht behandelt. Die medizinische Betreuung in öffentlichen
Krankenhäusern ist nicht schlecht, hat man etwas ernstes, sollte man aber unbedingt in ein
privates gehen. Man darf Allgemeinärzten auch nicht blindlings vertrauen, vor allem nicht
denen, die in den Apotheken die Rezepte verschreiben! Man sollte Spezialisten aufsuchen
und man kann immer ein paar Tests in einem Labor vornehmen. Eine Freundin wurde sehr
krank, da sie Bakterien im Magen hatte. Nach acht verschiedenen Diagnosen, die von einer
Ohrenentzündung bis hin zur Herzschwäche reichten, entschied sie sich für ein privates
Krankenhaus. Dort konnte ihr dann schließlich geholfen werden.
Ich hatte ein Visum für ein Jahr. Es ist sehr wichtig, dass man innerhalb von 30 Tagen nach der Ankunft zum Einwohnermeldeamt geht und sich umschreiben lässt (Tramite).
Macht man das nicht, kann es bei zukünftigen Besuchen in das Land, zu Problemen bei der
Visaaustellung kommen. Ich wollte nach den zwei Semestern noch in Mexiko bleiben und
musste nach einem Jahr aus- und wieder einreisen, um mein Visum zu erneuern. Es bietet
sich ein Ausflug in die USA oder nach Guatemala an, er muss aber länger als drei Tage
dauern. Günstige Flüge findet man bei den Fluggesellschaften Aeromexico und Interjet.
Mexiko macht international immer wieder Schlagzeilen mit dem Drogenkrieg. Viele
Leute rieten mir deshalb von einer Einreise ab. Ich kann nicht leugnen, dass man sehr gut
auf sich selbst aufpassen muss und das Thema ernst nehmen sollte. Wenn man aber verantwortungsbewusst reist, ist das eigentlich selten ein Problem für Touristen. Ich glaube sogar, dass viele Austauschstudenten in der langen Zeit nichts von Gewalt und Kriminalität
mitbekommen haben. Trotzdem muss ich sehr vor Leichtsinnigkeit warnen. Oft scheint eine
Stadt oder ein Stadtteil sehr sicher, aber nach Einbruch der Dunkelheit nimmt man besser
ein Taxi und das kann man sich auch leisten. Ein mexikanischer Bekannter, wurde von seinen Nachbarn festgehalten und erst nach der Auszahlung von Lösegeld wieder frei gelassen.
Auf die Hilfe der Polizei würde ich mich auch nicht mehr unbedingt verlassen, da sie
sehr korrupt sind und ihnen das Recht des Einzelnen letztendlich oft egal ist. Selbst in sichereren Vierteln häufen sich kleinere Überfälle und die Personen sind oft auch bewaffnet. In
einer Diskothek gab es eine Schießerei wegen eines Eifersuchtsdramas und eine englische
Studentin, die nachts allein nach Hause lief, wurde bei einem Überfall mit einem Messer
schwer verletzt. Es ist wichtig zu wissen auf was man sich einlässt, aber es ist durchaus
machbar, sicher zu leben und zu reisen, wenn man grundlegende Dinge beachtet.
Ich würde dieses Jahr unter keinen Umständen missen wollen. Die Bevölkerung ist unglaublich gastfreundlich und bemüht und man lernt neben der Sprache und der Kultur auch, das
Leben zu genießen.

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