Verletzte und V erletzte und V erletzte und Verärgerte erärgerte

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Verletzte und V erletzte und V erletzte und Verärgerte erärgerte
118. Jahrgang Nr. 31.614
Sonnabend, 12. Mai 2007
Verletzte und V
erärgerte
Verärgerte
In Santa Cruz ist der Gouverneur abgetreten
Buenos Aires (AT/tam) – Die
Situation in der südlichen Provinz
Santa Cruz hatte sich in den letzten Tagen extrem verschärft. Am
Montag protestierten Lehrer in der
Hauptstadt Río Gallegos vor
Kirchners Haus: drei Verletzte.
Am Mittwoch endete eine Kundgebung von Verwaltungsarbeitern
mit 23 Verletzten. Am Donnerstag trat der Gouverneur zurück.
Die Lehrer von Santa Cruz
streiken bereits seit zwei Monaten.
Sie fordern eine Lohnerhöhung.
Ihr Basislohn beträgt zurzeit rund
160 Pesos. Der restliche Teil des
Gesamtlohnes setzt sich aus Zuschlägen zusammen. Die Lehrer
fordern einen Basislohn von 1040
Pesos.
Der Streit wurde zu einem nationalen Thema: Letzte Woche
fanden im Arbeitsministerium in
der Stadt Buenos Aires Verhandlungen zwischen Vertretern der
Lehrer und der Provinzregierung
statt. Sie scheiterten allerdings
kläglich. Und die Proteste in Santa Cruz wurden fortgeführt. Bereits Montagmorgen sperrten einige Lehrer für zehn Stunden eine
wichtige Route südlich von Río
Gallegos. Als sie später von der
so genannten „Obligatorischen
1500 Demonstranten kurz vor den gewalttätigen
Auseinandersetzungen in Río Gallegos.
Schlichtung“ vernahmen, gingen
am Abend Dutzende Demonstranten auf die Straße. Arbeitsminister
Carlos Tomada ließ in Buenos
Aires verlauten, dass für die nächsten zwei Wochen keine Proteste
und keine Verhandlungen mehr
stattfinden dürfen, und die Lehrer
wieder unterrichten sollten. Die
Pädagogen weigerten sich, dieser
Anordnung Folge zu leisten und
bewegen sich seither de facto in
der Illegalität, könnten gar entlas-
sen werden. Sie marschierten zum
unbewohnten Haus von Präsident
Néstor Kirchner in Río Gallegos.
Es kam zu Auseinandersetzungen
mit 200 Polizisten. Später sollen
sie offensichtlich vor dem Haus
der Mutter Kirchners Beschimpfungen ausgerufen haben. Als
Kirchner am folgenden Tag davon
erfuhr, kochte er vor Wut: „Das
sind Feiglinge.“ Die Demostrierendenversichern jedoch, sie hätten seine Mutter nicht beschimpft,
das habe den Sicherheitsleuten vor
ihrem Haus gegolten.
Zum absoluten Eklat kam es
am Mittwoch bei einer Kundgebung von rund 1500 Verwaltungsarbeitern, die ebenfalls Lohnerhöhung fordern. Die Polizei verhinderte den Durchgang der Protestierenden zum Regierungshaus und
schoss mit Tränengas und Gummischrot auf sie. 18 Arbeiter und
fünf Polizisten wurden beim Zusammenstoß verletzt. Darauf versammelten sich Lehrer, Verwaltungsarbeiter, Parlamentarier und
andere auf den Straßen der Provinzhauptstadt und protestierten
gegen die polizeiliche Repression,
machten die Regierung der Provinz und Präsident Kirchner dafür
verantwortlich. Es war der massivste Auflauf seit Beginn der Unruhen.
Am Donnerstag gab der Gouverneur von Santa Cruz, Carlos
Sancho, seinen Rücktritt bekannt,
auf Drängen von Buenos Aires.
Der Provinzabgeordnete Daniel
Peralta, ein enger Vertrauter
Kirchners, übernimmt dessen
Amt. Peralta war bisher als kommissarischer Verwalter des Kohlebergbaus in Río Turbio eingesetzt.
Macri in Umfragen vorne
Nur noch drei W
ochen bis zu den Hauptstadtwahlen
Wochen
Buenos Aires (AT/cal) – Rund drei Wochen fehlen noch bis zu den
Hauptstadtwahlen. Der offizielle Wahlkampf hat diese Woche begonnen. Offensichtlich. Die Kandidaten für das Amt des Stadtregierungschefs zeigen sich von ihrer besten Seite, ihre Parteien werben auf den
Straßen, Plakate mit ihren Konterfeis zieren die Metropole. Eine Sache
scheint dabei bereits festzustehen: Es wird am 24. Juni zu einem zweiten Wahlgang kommen. Der Mitte-Rechts-Kandidat Mauricio Macri (Republikanischer Vorschlag, PRO) wird aller Voraussicht nach im ersten
Wahlgang am 3. Juni mit etwa 30 Prozent Wähleranteil vorne liegen
und in die Stichwahl einziehen. Darin sind sich die Wahlexperten und
die zwölf verschiedenen Wählerumfragen einig. Wer aber wird Macris
Gegner? Wer wird die Wahl schließlich gewinnen?
Da gehen die Umfragen auseinander – je nach dem, wer die Studie in
Auftrag gegeben hat. Die Mehrheit der Experten geht allerdings davon
aus, dass der zurzeit amtierende und Stadtregierungschef Jorge Telerman mit etwa 20 bis 25 Prozent an zweiter Stelle hinter dem Präsidenten des beliebten Fußballclubs Boca Juniors und PRO-Chef Macri landen wird. Erst an dritter Stelle kommt Bildungsminister Daniel Filmus
– der Kandidat des Präsidenten Néstor Kirchner – mit etwa 15 bis 23
Prozent. Zwei Umfragen hingegen, die Filmus-Leute in Auftrag gegeben haben, meinen, der Bildungsminister könnte den zweiten Platz für
sich beanspruchen. Fest steht: Filmus versus Telerman, das ist der Hauptkampf im ersten Wahlgang.
Die Soziologin Graciela Römer hegt allerdings keinen Zweifel: Filmus hat null Chancen. Durch die von Telerman von Oktober auf Juni
vorgezogenen Wahlen habe Kirchners Regierung nicht genug Zeit gehabt, den Bildungsminister als Stadtregierungs-chef-Kandidaten angemessen aufzubauen.
Wenn es um den zweiten Wahlgang geht, gehen die Experten mit
ihren Prognosen vorsichtiger um. Man könne nicht genau abschätzen,
wie die Wähler agieren werden. Beispielsweise wie viele Filmus-Wähler bei dessen Niederlage auf Telerman wechseln oder dann doch Macri
die Stimme geben werden. Einig sind sie sich aber, für Macri wird es
schwieriger, gegen Telerman als gegen Filmus zu gewinnen.
Und während in der Stadt heftig gemutmaßt wird, brodelt es auch
wieder in der nationalen Politgerüchteküche. First Lady Cristina Kirchner soll definitiv das neue Staatsoberhaupt Argentiniens werden. Das
berichten Quellen aus dem engsten Umfeld des Präsidenten.
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ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Zweifel an Sicherheit
Beinahe-Zusammenstoß zweier Flugzeuge unweit von Ezeiza
Buenos Aires (AT/tam) – Während die Regierung sagt, die Sicherheit der Flugpassagiere in Argentinien sei gewährleistet, warnen Experten vor einer Katastrophe. Ein
Beinahe-Zusammenstoß zweier
Flugzeuge lässt das Schlimmste befürchten.
Laut Angaben des Pilotenverbandes Apla sind letzten Montag
südlich über Córdoba zwei Linienflugzeuge nur knapp einem Zusammenstoß entgangen. Der Sprecher
des Verbandes der Angestellten der
Flugsicherung Acta, César Salas,
bestätigte den Vorfall. Demnach erhielt der Pilot eines Flugzeuges der
argentinischen Gesellschaft Andes
Airlines vom Kollisionswarnsystem an Bord, das auf herannahende Flugzeuge reagiert, eine Warnung, änderte darauf sofort den
Kurs und verringerte seine Höhe
um 2000 Fuß. Beim zweiten Flugzeug handelte es sich um eine aus
Washington kommende Maschine
der United Airlines.
Beide Fluggesellschaften wie
die Regierung dementierten den
Vorfall. Salas jedoch sagt, der minimale Abstand zwischen den
Flugzeugen habe lediglich zwanzig
Kilometer betragen. Will heißen:
Es hätte in rund dreißig Sekunden
knallen können.
Die Flugsicherheit in Argentini-
en ist seit zweieinhalb Monaten ein
immer wiederkehrendes Thema.
Am 1. März hatte ein Blitz das
Hauptradarsystem der Flugsicherung Bue-nos Aires auf dem internationalen Flughafen Ezeiza lahmgelegt. Seit dem Ausfall des Radars
werden die Flugzeuge mit Abständen von zehn Minuten in die Luft
gelassen. Das ist etwa fünf Mal
mehr als die Flugüberwachung bewältigen kann. Angeblich soll in
Ezeiza das Sekundärradar, das die
Identifizierung der Flugobjekte erlaubt, in Betrieb sein. Sicher ist dies
allerdings nicht, weil Verteidigungsministerin Nilda Garré diesbezüglichen Fragen ausweicht. Die
Verteidigungsministerin, in deren
Aufgabengebiet auch die zivile
Luftfahrt liegt, versichert, dass die
Flugsicherheit „adäquat“ sei und es
keinen Grund zur Besorgnis gebe.
Die internationale Pilotenvereinigung Ifalpa hingegen rief kürzlich
ihre Mitglieder dazu auf, in Argentinien „extrem vorsichtig“ zu sein.
Seit dem Beinahe-Zusammenstoß
ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Wann das neue Radarsystem aus
Spanien kommt, ist unklar. Bis es
installiert und völlig funktionsfähig
ist, noch unklarer. Viele sind jedenfalls überzeugt: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis zwei Flugzeuge zusammenkrachen.
WOCHENÜBERSICHT
Kinder gegen den Hunger
300 Kinder und Jugendliche
aus der nordöstlichen Provinz Misiones sind am Dienstag zu einem
Protestmarsch gegen Hunger und
Armut in Richtung Buenos Aires
aufgebrochen. Sie fordern damit
Politik und Gesellschaft auf, endlich Hunger und Unterernährung
im Land zu bekämpfen. Für die
rund 1300 Kilometer lange Strekke rechnen die Jungen mit einer
Reise von rund elf Tagen, die am
18. Mai auf der Plaza de Mayo in
der Stadt Buenos Aires mit einer
Schlusskundgebung enden soll.
Den größten Teil legen sie in Bussen zurück. Vertretern sozialer Organisationen und der katholischen
Kirche unterstützen den Marsch.
Ezeiza-Autobahn gesperrt
Donnerstag in der Frühe wurde die Autobahnstrecke EzeizaCañuelas in der Provinz Buenos
Aires für vier Stunden wegen Nebelschwaden von der Polizei gesperrt. Die Verkehrsteilnehmer
mussten über die Ruta 205 ausweichen. Nach dem tragischen
Unfall vor rund zwei Wochen, bei
dem fünf Personen starben und
zehn verletzt wurden, forderten
eine Staatsanwältin und Verkehrsexperten, dass die Strecke bei Nebel gesperrt werden sollte. Ezeiza-Cañuelas ist bekannt für temporären, sehr dichten Nebel. In einem Jahr starben auf der Strecke
zwölf Personen.
Skanska-Skandal
Weitere Schritte im SkanskaSkandal: Am Dienstag sind in der
Stadt Buenos Aires sechs ehemalige Geschäftsführer und ein Re-
chungsprüfer der schwedischen
Baufirma Skanska festgenommen
worden. Bereits am Mittwoch
durften sie vorerst wieder das Gefängnis verlassen. Dafür wurden
Kautionen zwischen 20.000 und
50.000 Pesos bezahlt. Ihnen wird
vorgeworfen, Gelder abgezweigt
und Politiker bestochen zu haben,
als sie mit dem Ausbau einer Erdgasleitung beauftragt waren.
Morddrohung gegen
Richter
Bundesrichter Carlos Rozanski wurde letztes Wochenende rund
ein dutzend Mal telefonisch mit
dem Tod bedroht. Er hat Anzeige
erstattet. Rozanski hatte letzten
September in einem Prozess in La
Plata, Provinz Buenos Aires, den
ehemaligen Polizeikommissar und
Folterer der Militärdiktatur Miguel Etchecolatz zu lebenslanger
Haft verurteilt. Nun ist ein neuer
Prozess gegen den Militärpfarrer
Cristian von Wernich angelaufen,
dem Morde und Verschleppungen
während der Diktatur vorgeworfen
werden. Rozanski wird auch dieses Urteil fällen. Der Provinzgouverneur versicherte, man werde
alles Mögliche tun, um ihn zu beschützen.
Namensgesetz
Erst der Nachname der Mutter?
Oder will man seinem Kinde nur
den Nachnamen des Vaters geben?
Diese Fragen könnten künftig obsolet sein. Denn eine Gesetzesvorlage fordert, dass Anzahl und Abfolge der Namen für alle Argentinier einheitlich geregelt werden
sollen. Erst kommt der erste Nachname des Vaters und dann jener
der Mutter. Aber beide. Bisher ist
nur obligatorisch, dass das Kind
den ersten Nachnamen des Vaters
erhält. Es steht jedem frei, ob er
den zweiten des Vaters oder jenen
der Mutter noch anfügt. Der Senat wird die Gesetzesvorlage voraussichtlich in der kommenden
Sitzung diskutieren.
Strafzettel
In der Hauptstadt Buenos Aires werden im Monat rund 10.000
Strafzettel an Busfahrer (Colectivo-Fahrer) verteilt. Die Stadtregierung hat die Kontrollen stark verschärft. Im vergangenen Jahr wurden in den ersten drei Monaten nur
277 Strafmandate ausgestellt. Im
gleichen Zeitrahmen dieses Jahr
zählte die Direktion für Verkehrssicherheit rund 32.000. Die am
häufigsten bestraften Verkehrsvergehen waren: über Rot fahren, unleserliche Fahrzeugdokumente
und gefährliches Manöver auf der
Straße.
Baustellen beanstandet
Die Regierung der Stadt Buenos Aires hat innerhalb von drei
Tagen 687 Bausstellen kontrol-
liert. Auf 71 wurden die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten
und die Bauherren dafür bestraft.
Einer der Architekten kann gar für
die nächsten zehn Jahre keine
Bauvorhaben mehr einreichen. Zu
verschärften Kontrollen ist es gekommen, weil in eineinhalb Monaten fünf in Bau stehende Gebäude in der Stadt zusammengestürzt
waren. Der Hauptvereinigung der
Architekten begrüßt die verschärften Kontrollen, wünscht sich sie
allerdings systematischer.
Ex-Militär festgenommen
Auf Anordnung des Bundesrichters Daniel Rafecas ist am
Donnerstag ein ehemaliger Militär der Diktatur von 1976 bis 1983
in Buenos Aires festgenommen
worden. Der Offizier Enrique José
del Pino alias Miguel oder Capitán
soll an Entführungen und Folterungen in den Geheimgefängnissen
Banco und El Olimpo von 114 Personen beteiligt gewesen sein. Seit
2005 steht auf ihn ein Haftbefehl
aus. Interpol schnappte den 62Jährigen, als er im Stadtviertel Palermo aus einem Restaurant trat.
(AT/tam)
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ARGENTINISCHES TAGEBLATT
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Rhetorisches Scheinparlament
Als ob Mercosur ein ähnliches Integrationsgebilde wie die Europäische Union wäre, was mitnichten der Fall ist, haben die vier Regierungen und Kongresse der Mitglieder (Argentinien, Brasilien, Paraguay und
Uruguay) ein gemeinsames Parlament aus der Taufe gehoben, das am
vergangenen Montag feierlich in Montevideo eingeweiht wurde. In Europa amtiert ein vom Volk gewähltes Parlament in Strassburg, das freilich beschränkte Vollmachten besitzt, aber immerhin den Haushalt der
Union billigen muss und sich ansonsten auch gelegentlich in die Politik
einmischt. Das echte politische Sagen haben weiterhin die 27 Regierungen und die Kommission der Europäischen Union.
Neben den vier genannten Vollmitgliedern ist Venezuela auch im Parlament vertreten, aber noch nicht als Vollmitglied, weil Brasilien und
Paraguay den Beitritt Venezuelas noch nicht ratifiziert haben. Zudem
harrt die Vollmitgliedschaft Venezuelas am Mercosur der formellen
Schritte, die das neue Mitglied zum Beitritt der Zollunion nachvollziehen muss.
Im Parlament sitzen 72 Parlamentarier, je neun für jede der beiden
Kammern der vier Vollmitglieder, die freilich nicht vom Volk, sondern
von den Kongressen bestellt werden. Die Volkswahl ist in weiter Ferne
allerdings vorgesehen. Mit Venezuela vermehrt sich das Parlament gele-
Sechs T
ote bei Fabrikbrand
Tote
Buenos Aires (dpa/AT) - Beim Brand in einer Fabrik in La Matanza im Großraum Buenos Aires sind am Mittwoch sechs Arbeiter
ums Leben gekommen, mindestens vier wurden verletzt. Das Feuer
habe am Morgen mit einer heftigen Explosion begonnen, berichteten Medien. In der Fabrik würden Spraydosen mit Schaumfüllung
für Partyzwecke hergestellt. Außerdem seien dort auch Insektenvertilgungsmittel abgefüllt worden, hieß es.
Aus einem Bericht der Feuerwehr ging hervor, dass der Brand
ausgebrochen sei, weil ein Arbeiter, der erst wenige Tage angestellt
gewesen sei, eine Zigarette angezündet hätte. Die meisten Opfer habe
es gegeben, weil die Fluchttüren mit Ketten verschlossen gewesen
seien.
In den Medien wurde weiter berichtet, dass den ganzen Mittwoch
über kein Verantwortlicher der Fabrik am Schauplatz aufgetaucht
sei. Es habe auch keine psychologische Betreuung der Angehörigen
der Opfer gegeben.
Viele Unternehmen in Argentinien produzieren unter weitgehender Missachtung aller Vorschriften zur Arbeitssicherheit. Dies ist
möglich, weil die staatlichen Kontrollen unzureichend sind.
Randglossen
Ob Pinguin oder Pinguinin, ist die heißeste politische Frage im derzeitigen Wahljahr. Präsident Kirchner, der sich selber als Pinguin vorstellt,
schweigt über seine Wahlabsichten für den kommenden 28. Oktober. Seine Gattin, Senatorin Cristina Fernández de Kirchner, ist offensichtlich
die Pinguinin in der Lesart des Präsidenten. Der Leitartikler Joaquín Morales Solá berichtete in “La Nación”, dass die Entscheidung in der Regierung gefallen sei: Frau Kirchner wird als Pinguinin die Regierungskandidatin sein. Als Quellen erwähnte der Journalist hohe Beamte, ohne sie
freilich beim Namen zu nennen. Niemand in der Regierung bestätigte
diese Meldung, so dass die Kandidatur offen bleibt, möglicherweise bis
nach der Zweitwahl vom 24. Juni in der Stadt Buenos Aires und auf jeden Fall vor dem Einschreibungstermin der Kandidaten im August.
Die Heimatprovinz Santa Cruz bereitet dem Präsidenten, der sie über elf Jahre
lang als Gouverneur und vorher als Bürgermeister der Hauptstadt Rio Gallegos regiert hat, derzeit die meisten politischen Kopfschmerzen. Mit knapp
200.000 Einwohnern, hohen Fiskaleinnahmen aus Erdöl- und Mineraliengebühren, die mühelos eingetrieben werden, und einem ungewöhnlich hohen Beamten-Anteil an der Erwerbsbevölkerung, erlebt die Provinz dauernde Streiks
mit Kundgebungen aller Art sowie gegebenenfalls auch Gewalt gegen den Präsidenten und seine Mutter, die dort lebt. Die Gehaltszunahmen, die die Streiks
der Lehrer und anderer Beamten beflügeln, könnte die Provinzregierung nur
bezahlen, wenn sie die auf über 500 Millionen Dollar geschätzten Ersparnisse
der Provinz zurückholt. Die Gelder ruhen auf Konto in einer Schweizer Großbank. Unterdessen stöhnt Präsident Kirchner, dass man ihn erpressen will, was
sicherlich zutrifft.
gentlich auf 90 Mitglieder. Unterdessen dürfen venezolanische Abgeordnete mitreden, aber nicht abstimmen.
Die feierliche Eröffnung fand im Sitzungssaal der uruguayischen Deputiertenkammer statt. Nachfolgende Tagungen werden im Gemeindesaal der uruguayischen Hauptstadt abgehalten werden. Ein Präsident,
drei Vizepräsidenten und zehn Ausschüsse werden für die parlamentarische Arbeit sorgen. Die ordentlichen Tagungen werden jeweils am letzten Montag jedes Monats stattfinden. Vorerst unterhält ein bescheidener
Jahresetat von 230.000 Dollar das Parlament. Erfahrungsgemäss werden künftig höhere Beiträge erforderlich sein, die die Aufgaben dieses
Scheinparlaments finanzieren.
Mit dem frischgebackenen Parlament, das Politikern der vier Länder
Gelegenheit zu neuen Initiativen liefern wird, erschöpft sich freilich keinesfalls die Szene südamerikanischer Politik. Präsident Hugo Chávez
von Venezuela entwickelt eigene Initiativen, die er mit seinen Petrodollar finanziert.
Eine Südamerikanische Union (Spanisches Kürzel Unasur) mit Sekretariatssitz in Quito, Ecuador, soll die vor drei Jahren gegründete Südamerikanische Gemeinschaft ablösen, deren Chefbotschafter der argentinische Expräsident Eduardo Duhalde war. Ihm folgte der seinerzeit freiwillig zurückgetretene Vizepräsident Argentiniens, Carlos „Chacho“ Alvarez. Dieses Gebilde sollte alle zwölf unabhängige Staaten Südamerikas (Französisch-Guayana ist Provinz der Metropole) umfassen und genoss die Unterstützung der brasilianischen Regierung, deren Nation nach
Bruttoinlandsprodukt, Territorium, Bevölkerung, Aussenhandel und Devisenreserven alle anderen zusammen übertrifft.
Nicht genug mit Unasur, soll ein Erdgaskartell (Spanisches Kürzel
Oppegasur) auf Geheiss von Venezuela und Bolivien die Gaspreise festlegen, wogegen sich Brasilien als grösstes Importland wehrt. Eine Bank
des Südens („Banco del Sur“) soll Infrastrukturprojekte finanzieren. Brasilien macht zwar am Entwurf mit, hegt aber begründete Zweifel, ob
eine solche Bank überhaupt notwendig ist, nachdem die Weltbank, die
Inter-amerikanische Entwicklungsbank, die Andenkörperschaft, das
Gebilde Fonplata der Südstaaten und in Brasilien die Nationale Entwicklungsbank bereits Finanzierungen für gleiche Projekte bereit stellen,
wobei letztere Bank brasilianischen Maschinenexporteuren finanzielle
Wettbewerbsvorteile einräumen, die sie bei anderen Finanzinstituten nicht
geniessen.
Ob das neue Parlament mit der venezolanischen Initiative in Südamerika politisch konkurrieren kann, erscheint kaum machbar, gibt es doch
ausser bescheidenen Beiträgen der Mitglieder keine echten Gelder, mit
denen wie in Venezuela internationale Politik finanziert werden kann.
Ohne Geld, ist das Parlament dazu verurteilt, ein Schattendasein zu fristen, hat es doch keinerlei verbindliche Aufgaben, nicht einmal die begrenzten wie in Europa. Für Politiker, die gerne reisen und sich international gebärden, ist das Parlament freilich ein gefundenes Fressen.
Boca wankt, fällt aber nicht
Trotz Niederlage gegen Vélez stehen Genuesen im
Viertelfinale der Copa Libertadores
Buenos Aires - Nach einem
spektakulären Fußballfest am
Mittwoch- abend ziehen die Boca
Juniors trotz Niederlage bei Vélez Sarsfield in das Viertelfinale
der Copa Libertadores 2007 ein.
Im rein argentinischen Aufeinandertreffen, lieferten die Gastgeber
aus demViertel Liniers der Großstadt Buenos Aires eine beherzte
Partie ab und versuchten von Anfang an die 0:3 Auswärtspleite aus
dem Hinspiel zu egalisieren. Ricardo La Volpe, noch im vergangenen Jahr Trainer der Boca Juniors, stellte mit Ocampo, Zárate
und Castromán gleich drei Stürmer auf, und richtete seine Spiel-
weise dementsprechend offensiv
aus. La Volpes Mut wurde ausgerechnet durch den erst 19-jährigen
Mauro Zárate belohnt. Im Hinspiel
wurde der argentinische U 20- Nationalspieler schon in der ersten
Halbzeit ausgewechselt, nachdem
sein Torhüter Gaston Sessa wegen
eines fulminanten Karatetrittes an
den Kopf des gegnerischen Angreifers Rodrigo Palacio vom
Platz gestellt wurde. In der 14.
Spielminute entwischte der
schnelle Angreifer der Boca Abwehr und erzielte das 1-0. Die
Freude währte nur kurz, als Bocas bester, Juán Román Riquelme,
mit einem direkt verwandelten
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Eckstoß den Ausgleich erzielte
(32.). Nur vier Minuten später war
Zárate erneut nicht zu stoppen und
brachte seine Mannschaft wiederum in Front. Der Trainer der Boca
Juniors, Miguel Russo, reagierte
und wechselte Cardozo für Bertolo aus und unterstütze damit seine Abwehr, die vor allem mit den
beiden Spitzen Ocampo und Zárate große Schwierigkeiten hatte. In
der zweiten Spielzeit versuchte
Vélez den Druck aufrecht zu erhalten, doch bekam die Abwehr
der Boca Juniors die Partie zusehends besser in der Griff. Die erspielten Chancen vereitelte der
Schlußmann Xeneizes Mauricio
Caranta. So scheiterten jeweils
Escudero, Zárate und Castromán
am starken Torhüter, der unter La
Volpes Regentschaft noch auf der
Bank sitzen und Bobadilla den
Vortritt lassen musste. Riquelme
indes, der durch seine Konter stets
gefährlich blieb, traf innerhalb
von zwei Minuten zweimal nur
den Querbalken und konnte somit
nicht die Vorentscheidung erzielen.
Zehn Minuten vor dem Ende
der Partie, hebelte Ocampo mit
einem Sprint die Abwehr aus und
vollendete aus spitzen Winkel zum
3:1 Endstand. Bei Boca konnten
nur Riquelme und Caranata überzeugen und das Weiterkommen sichern. In der nächsten Runde wartet nun der Gegner aus der Partie
Libertad-Paraná. Schade bleibt
nur, dass Sessa mit seinem Ausraster im Hinspiel schon fast alles
entschieden hat und seine Mannschaft somit vielleicht um den verdienten Sieg gebracht hatte. (AT/
mad)
AUSFLÜGE UND REISEN
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Meist ein Schritt zu schnell für die Abwehr von Boca: Mauro
Zárate (links) im Zweikampf mit C. Rodríguez.
(AP-Foto)
Vulkanregion Payunia
Argentinien besitzt einige der überwältigendsten
Landschaften der Welt, die
aus purer Lava und Basalt
gebildet werden. Sie sind
Produkte des gewaltigen
Vulkanismus, der sich auf
unserem Kontinent vor Millionen Jahren abgespielt
hat.
Man findet solche Panoramen entlang den Anden
und der Vorkordillere. Eine
der ausgedehntesten dieser
Gegenden ist Payunia im
Süden von Mendoza, benannt nach einem Doppelvulkan genannt Payún Matrú und Payún Liso.
Das Payunia-Gebiet erstreckt sich, grob gerechnet,
über rund 10.000 Quadratkilometer, das entspricht etwas viermal der Oberfläche
des Großherzogtums Luxemburg.
Nun will die OMT
(Weltorganisation für Fremdenverkehr) Malargüe zum Welt-Be-
Über die Laguna Yancanelo hinweg: Einige der 13 Vulkane.
stimmungsort für Abenteuerreisen
in Vulkangebiete erklären.
Malargüe, im Südwesten von
Mendoza, liegt nordwestlich der
Payunia und ist der eigentliche
Ausgangspunkt für Reisen in diese fast zur Gänze von Lavaschleppen und Lavakugeln früherer Vulkanausbrüche überzogenen Gegend.
Geologen zufolge findet man
in der Payunia-Region die weltweit längsten überhaupt bekannten Lavaschleppen (also Ergüsse),
manche 40 oder 50 Kilometer
messend. Der Payún Matrú, mit
knapp über 3000 Metern nicht
besonders hoch, weist einen Kratermund von fast neun Kilometern
Durchmesser auf. Insgesamt haben Fachleute in der Payunia mehr
als 800 große, mittlere und kleine
Vulkankegel gezählt, was erst
heutzutage dank der Satellitenbilder möglich ist.
Malargüe nennt sich ohnehin
seit langem stolz „Capital del Turismo Aventura“, denn von hier
aus geht es sowohl in die Payunia
hinein als auch zur riesigen Laguna Yancanelo, außerdem nach Las
Leñas, zum Paso Pehuenche, zu
den Termas del Azufre und zur
Caverna de las Brujas.
Malargüe selbst liegt an
einem gewaltigen, relativ
flachen Lava-Fächer von
etwa 18 mal 20 Kilometer
Ausdehnung, dessen Oberfläche dafür auserkoren
wurde, darauf eine Anlage
zur Messung kosmischer
Strahlung zu errichten,
nämlich das Observatorium
Pierre Auger. Das Maß- und
Rechenzentrum befindet
sich in Malargüe. Gemessen
werden die Strahlenschauer durch insgesamt 1600
Tanks, gefüllt mit destilliertem Wasser und mit der
Zentrale verbunden, die die
durch ihre Flüssigkeit strömende Strahlung misst. Da
besagte Wassertanks jeweils
anderthalb Kilometer voneinander entfernt stehen
müssen, benötigte man dafür eine riesige ebene Fläche, die man eben bei Malargüe fand. Eine Führung
durch das Messzentrum ist möglich.
Als besonderer Leckerbissen
gelten Los Trece Volcanes. Sie befinden sich im Nordosten der
Payunia, nicht weit von San Rafael. Es sind dreizehn wie an einer
Schnur entlang einer mehr als 50
Kilometer langen Faltung aufgereihte Vulkankegel, von denen einer sogar durch die Bewegung der
Erdkruste in der Mitte gespalten
ist. Man sieht sie von der Laguna
de Yancanelo in deutlichem Konrast zum blauen Himmel.
Marlú
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ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Eine Reise: Alfredo Bauers Erinnerungen
Von Regula Rohland de Langbehn
Buenos Aires - Als Neufassung aus der Zweitsprache des Autors in die Muttersprache ist Alfred Bauers Werk Eine Reise eine Rarität. Das Buch
erschien 1992 unter dem Titel Un viaje (Relatos,
Recuerdos, Reflexiones). Bauer hat den gewissermassen naiven Stil der spanischen Urfassung ins
Deutsch zu übertragen gewusst. Es ist eine wirkliche Übersetzung ohne Zusätze oder Kürzungen,
als solche umso bemerkenswerter, als heiße Eisen
in beiden Sprachbereichen angefasst werden: im
österreichisch-deutschen Raum die Vertreibung der
Juden im Nationalsozialismus und die Sozialpolitik der Ostblockstaaten, im argentinischen die “guerra sucia”.
Bauers Erinnerungen stehen unter dem Signum
des Glaubens an das Gute im Menschen, sie sind
durch diese Einstellung von innen her erleuchtet
und verströmen ein unfassbar positives Air. Unfassbar, da es sich um die Geschichte eines in seiner Kindheit als Jude verfolgten Wieners handelt,
der ins Exil gestoßen wurde und dessen zentrale
menschliche Begegnungen, soweit sie das Buch
darstellt, im Umkreis von Exilanten stattfanden.
Der Titel Eine Reise bezieht sich auf die Reise nach
Ostberlin, die der Ich-Erzähler machte, um den Brüder-Grimm-Preis in Empfang zu nehmen, mit dem - kurz vor der Wende
- sein schriftstellerisches Schaffen gewürdigt wurde. Der Punkt, von welchem aus dies Leben aufgezeichnet wurde, ist der seltene Glücksfall
einer rechtzeitigen Anerkennung und hat erfreulicherweise zu einer größeren Verbreitung von Bauers schriftstellerischer Arbeit beigetragen.
Es sind nur gewisse Segmente aus dem Leben des Autors dargestellt, dies dürfte sich als zentrales Problem des Buches herausstellen,
sofern man es als Memoiren liest. Aber auch als Roman betrachtet - die
veränderten Namen der Figuren laden hierzu ein - fehlen Stadien oder
Motivationen, die die Weltauffassung des Ich-Erzählers begründet und
befestigt haben. Die marxistische Philosophie wird nicht mittels einer
inneren Entwicklung gewonnen, sondern als notwendige Weiterführung
des Kantschen Imperativs betrachtet, die moralische Erziehung des Kindes ist lebhaft dargestellt und und begründet diese philosophische Hal-
ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT
Der frei benannte Dollarkurs betrug Freitag nachmittags $ 3,10. Die
Rofex Terminkurse betrugen zum 31.5.
$ 3,081, 2.7. $ 0,081, 31.7. $ 3,084,
31.8. $ 3,089, 1.10. $ 3,096, 31.10. $
3,104, 30.11. $ 3,108 und 2.1. $ 3,116.
***
Der Mervalindex fiel in der Berichtswoche zum Donnerstag um
3,5% auf 2.098,09, der Burcapindex
um 3,3% auf 7.381,34 und der Börsenindex um 2,8% auf 107.851,12.
Eröffnung am Tag der
Deutschen Einheit:
www
.allesdeutsch.com.ar
www.allesdeutsch.com.ar
...für alle, die es deutsch mögen.
PERSONALNACHRICHTEN
Todesfälle
Anna Toews, am 2.5.
Elsa J. van Dijk, am 5.5.
Ludwig Schneider, am 9.5.
***
Der durchschnittliche Rindfleischpreis (kg Lebendgewicht in
Liniers) blieb gegenüber der Vorwoche unverändert $ 2,437.
***
Die Gold-, Devisen- und Anlagenreserven der ZB betrugen am
27.4.07 U$S 38,48 Mrd., der Banknotenumlauf $ 58,53 Mrd. Eine Woche zuvor waren es U$S 38,00 Mrd.
bzw. $ 57,76 Mrd., einen Monat zuvor
U$S 36,57 Mrd. bzw. $ 57,59 Mrd. und
ein Jahr zuvor U$S 22,33 Mrd. bzw. $
46,85 Mrd.
***
Der Deckungskoeffizient der Devisenreserven in Pesos zum Tageskurs, bezogen auf die monetäre Basis, betrug am 27.4.07 149,7%.
***
Der Index der Konsumentenpreise des Statistischen Amtes (INDEC) ergibt für April eine Zunahme von 0,7% gegenüber dem Vormonat, die sich folgendermassen auf
die einzelnen Sparten aufteilt: Nahrungsmittel und Getränke: 0,7%; Bekleidung: 2,5%; Wohnungsausgaben:
tung.
Es handelt sich trotz der fiktiven Namen durchsichtig um eine Autobiographie. Selbst der fiktive
Adressat findet sich, es ist der junge Mann, der
den Reisenden in Wien interviewt hat. Das Buch
ist somit eine Folge dieses Interviews. Deshalb
entwickeln sich die Themen sprunghaft in verschiedenen Strängen. Dreizehn Kapitel sind autobiographisch. Die ersten Jahre in der Obhut einer
Kinderfrau, in einer gutbürgerlichen Umgebung;
die Ausgrenzung und zunehmende Verfolgung auf
der Straße und in der Schule; das (im Kontrast zu
den von Peter Weiss geschilderten düsteren Erlebnissen) positive Erlebnis des Pfadfindertums; die
traumatische Auswanderung, dann, in einer Rückblende, die befreiende Pestalozzi-Schule in Buenos
Aires; die Tätigkeit als Arzt und Schriftsteller; Ehe,
Kinder, Todesfälle; die zweite Ehe. Hineingeblendet, Lebensbilder von in der Welt zerstreuten unglücklicheren Schicksalsgenossen und von Verwandten, deren Abtrünnigkeit gegenüber dem in
Prag lasch gehandhabten Kommunismus zur Distanzierung führt. Weltanschauliche Überlegungen
finden in einem Gespräch mit Gott und einer Erörterung über den Teufel ihren Höhepunkt.
Die Wende 1989 führt zum Zweifel an der Verwirklichung der Ideale, nicht an den Idealen selbst. Es kommt zu Kommentaren über den
Zusammenbruch des Kommunismus, vor allem der DDR, und es wird
über die Verunsicherung meditiert, die damit verbunden ist. Aber keinerlei Skepsis nagt an dem humanistisch geprägten Bildungsbewusstsein oder zerfrisst den reichen Fundus an Kenntnissen und Erlebnissen
des Erzählers.
Diese Geschichte einer als Schicksal akzeptierten Emigration, einer
tätigen Eingliederung in die argentinische Umwelt, einer positiven
Selbstbewertung, ist ein Monument der Aufklärung und der Liebe zur
Menschheit. Der philosophische Ansatz von Dr. Bauers Beiträgen im
Argentinischen Tageblatt wird durch die Perspektive seiner Überzeugungen, die Eine Reise schildert, sinnvoll ergänzt.
(Alfredo Bauer. Eine Reise, Brugg: Munda 2005)
1,3%; Haushaltsausstattung: 0,7%;
Gesundheitsbetreung: 0,9%; Transport: 0,4%; Freizeitausgaben: minus
0,9%; Erziehung: 2,2% Bei Nahrungsmittleln entfallen die grössten Preiszunahmen auf Auberginen (Berenjenas)
mit 46,1%, Kürbisse mit 26,3% und
Kartoffeln mit 8,7%, während die grössten Abahmen auf Mandarinen mit
22,9%, Grape-Fruit mit 21,9%, Fischfilet (Seehecht) mit 3,2% und Reis mit
1,5% entfallen. Das INDEC gibt die
Zunahme des Grundkorbes, der zur
Bestimmung der Armutsgrenze verwendet wird, mit nur 0,1% an, was sich
nicht mit der Zunahme der Sparte Nahrungsmittel und Getränke von 0,7%
zusammenreimt. Dabei geht das INDEC von der Annahme aus, dass Brot
um 6% und Rindfleisch (asado) um
0,4% billiger geworden sind. Indessen
sind die Getreidepreise gemäss Grosshandelsindex des INDEC um 1,7%,
der Rindfleischpreis um 5,7% und Gemüse um 7% gestiegen. Die Zweifel
über die Richtigkeit des Indices der
Konsumentenpreise haben bei den
Aprilzahlen stark zugenommen.
***
Die Firma Crearuban hat beim
Verkauf eines Appartements in Puerto Madero einen Rekordpreis von
u$s 5.500 pro qm erzielt, wobei die
Fertigstellung für Anfang 2009 vorgesehen ist. Käufer soll ein spanischer
Investor sein. Bei einem so hohen Preis
(normal sind in Buenos Aires bei Neubauten Preise von u$s 1.500 bis u$s
3.500 pro qm) wird eine Weisswaschung von Geldern vermutet.
***
Die Consulting Firma Gainvest
berichtet, dass im April 13 private
Treuhandfonds in Höhe von $ 527
Mio. untergebracht worden sind. In
4 Monaten waren es 55 Fonds für $
2,33 Mrd. Drei Viertel des Betrages
entfallen auf Personalkredite zur Konsumfinanzie-rung.
***
Im April betrugen die automatischen Überweisungen des Staates an
die Provinzen, ohne den Wohnbaufonds Fonavi, $ 3,34 Mrd. Das waren um 33,2% mehr als im gleichen
Vorjahresmonat. Im ersten Jahresdrittel haben die Provinzen vom Staat um
29% mehr als vor einem Jahr erhalten.
***
Der Preisindex des PRO (der
Partei Macris) mit 52 lebensnotwendigen Produkten, verzeichnete im
April eine Zunahme von 2%. Das
nationale Statistikamt Indec verzeich-
Sonnabend, 12. Mai 2007
nete für den wesentlichen Ernährungskorb (der etwa jenem Index entspricht)
0,1%.
***
Die Inhaber von argentinischen
Staatspapieren, die auf Pesos lauten
und mit dem CER indexiert werden
(was dem Index der Konsumentenpreise, mit einer kleinen Verzögerung, entspricht) haben gemäss privaten Schätzungen einen Verlust von
$ 4 bis $ 5 Mrd. erlitten, wegen der
Fälschung des Indices. Jeder Punkt
der Zunahme beim Index der Konsumentenpreise bedeutet eine Mehrausgabe für die Bedienung dieser Titel von
$ 1,68 Mrd. jährlich.
***
Durch Beschluss 290/07 des
Wirtschaftsminsiteriums (Amtsblatt vom 7.5.07) wurde das Investitionsprojekt der Zementfirma Petroquímica Comodoro Rivadavia
genehmigt, wobei ihr die beschleunigte Abschreibung eines Betrages
von $ 27,71 Mio. im Rahmen des
Gesetzes 25.924 und des Dekretes
1152/04 gewährt wurde. Es handelt
sich um eine Anlage zur Zementfabrikation für $ 191,27 Mio., die im Dezember 04 in Angriff genommen wurde in im Januar 07 fertiggestellt sein
sollte. Das Unternehmen verpflichtet
sich von dieser Produktion jährlich für
u$s 5,34 Mio. zu exportieren.
***
Das Abkommen der Firma Trenes de Buenos Aires (TBA) mit der
Mehrheit ihrer Gläubiger wurde im
Verfahren ihres Konkursantrages
gerichtlich bestätigt. Innerhalb von
30 Tagen, falls es keinen Einspruch
gibt, sind 33% der bestätigten Schuld
von $ 178,56 Mio. zu bezahlen, womit die gesamte Schuld getilgt wird.
TBA betreibt die ehemaligen Mitreund Sarmiento Bahnen mit insgesamt
8 Strecken und Kopfstationen in den
Stadtteilen Retiro und Once. Sie wird
von der Plaza Gruppe, einem der grössten Busbetreiber, kontrolliert, der
u.a.die Stadt- und Vorstadtstrecken 36,
62, 104, 124, 136, 141, 153 und 163
betreibt.
***
Dem Landwirtschaftsekretariat
zufolge ist Argentinien weiter der
grösste Pferdefleischexporteur der
Welt. 06 wurden 37.000 t für U$S 80
Mio. ausgeführt. Hauptabnehmer waren Russland, 17.941 t für U$S 28,8
Mio., Holland 7.906 t für U$S 21,2
Mio., Frankreich 4.518 t für U$S 14,2
Mio., Japan 2.639 t für U$S 3,6 Mio.,
Italien 1.640 t für U$S 5 Mio., ferner
Neuseeland, Uruguay, Deutschland,
Spanien, Paraguay, Brasilien, China,
Chile, USA, Indonesien, die Schweiz
und Belgien, insgesamt 2.200 t für U$S
6 Mio.
***
Präsident Kirchner wiederholte,
dass die Arbeitslosenquote im März
9,2% betrug. Er betonte auch, dass die
Quote des ersten Quartals 07, wie er
bereits vorausgesagt hatte, 9,7% betragen hatte. Im Vorjahr habe die Beschäftigung mit jedem Punkt der BIP-Zunahme um 0,3% zugenommen, in diesem um 0,6%. Mendoza habe eine Ar-
6
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
beitslosenquote von beinahe 4%
erreicht.
***
Das Pascua Lama Bergbauvorhaben, das teils in Chile, teils in Argentinien, in der Provinz San Juan
liegt, wird den Betrieb 08 aufnehmen, wie Chiles Bergbau-Unterstaatssekretariat bekanntgab. Das
Vorhaben, eines der grössten seiner
Art, wurde von Umweltschützern bekämpft, weil es im Tagbau bearbeitet
wird. Sie behautpeten, dass Gletscher
gesprengt würden, um Gold und andere Erze zu gewinnen. Jetzt werden in
beiden Staaten die Umweltansprüche
befolgt und den Forderungen der gemeinnützigen Organisationen statt gegeben, die die Arbeiten überwachen
werden. Federführend in der Ausbeutung ist die kanadische Barrick Gold.
***
In einem Urteil, das zu spät gefällt wurde, hat der Oberste Gerichtshof die Forderung des ehemaligen Trink- und Abwasserkonzessionärs Aguas Argentinas (Suez
Gruppe usw.), Neuanschlüsse zu
berechnen, zurückgewiesen. Er bestätigte somit den Beschluss von 1994
des nicht mehr bestehenden Wasseramtes Etoss, dass bereits kassierte Beträge rückzuerstatten sind. Noch ist nicht
beschlossen, wie die neu geschaffene
Wasserbehörde Aysa Neuanschlüsse
finanzieren wird. Die vor den Privatisierungen zuständige Obras Sanitarias
hatte Neuanschlüsse immer berechnet.
***
Noch vor Jahresende wird es ein
Mobiltelefon pro Einwohner geben.
Die Beraterfirma IES (Investigaciones
Económicas Sectoriales) rechnet, dass
der Bestand an Mobiltelefonen 07 noch
um 23% zunehmen und auf 37 oder 38
Mio. kommen wird.
***
Der Landmaschinenabsatz hat
im 1. Quartal 07 im Vorjahresvergleich um 33,1% zugenommen. Der
Umsatz betrug im Berichtszeitraum $
691,8 Mio., wie das Statistikamt Indec bekanntgab. Die heimische Landmaschinenfertigung nahm wie die
landwirtschaftliche Produktion zu, um
23% auf 5.657 Traktoren und andere
Maschinen.
***
Im 1. Quartal 07 hat Argentinien zun ersten Mal in 5 Jahren mehr
reine Industrieerzeugnisse als solche
landwirtschaftlichen Ursprungs
ausgeführt. In diesem Zeitraum wurden um U$S 70 Mio. mehr reine Industrieprodukte exportiert. Im selben
Vorjahreszeitraum war der Saldo um
U$S 336 Mio. negativ.
***
In den ersten 2 Monaten 07 ist
der Kraftstoffabsatz, der Tendenz
der letzten Jahre folgend, weiter
gestiegen. Es wurden über 2,84 Mio.
cbm verbraucht, um 10% mehr als im
gleichen Vorjahreszeitraum. Benzin
wurde um 17% mehr verbraucht, Dieselöl um 8%. Diese Erhöhungen kommen zu der Durchschnittserhöhung des
Kraftsstoffverbrauches des Vorjahres
um 7%.
***
Eine staatliche Entwicklungsbank?
Seit länger Zeit schwelt in Industriekreisen der Gedanken, dass eine
Enwicktlunsbank nach dem Vorbild der brasilianischen BNDes (Banco
Nacional de Desarrollo) notwendig sei, um mittel- und langfristige Kredite
für Investitonsprojekte zu vergeben. Das bestehen dieser Bank stellt für
Brasilien einen grossen Konkurrenzvorteil im Mercosur dar, und erleichtert
Unternehmen jenes Landes auch die Übernahme argentinischer Unternehmen. Im Prinzip besteht jedoch in Argentinien eine derartige Bank schon,
nämlich die BICE (Banco de Inversión y Comercio Exterior), die über die
Handelsbanken tätig ist. Sie verfügt jedoch über sehr begrenzte Mittel. Als
Felisa Miceli Präsidentin der Banco Nación war, wollte sie, dass diese Bank
diese Rolle übernimmt.
Bei der Amsteinsetzung des Metallindustriellen Juan Carlos Lascurain
als Präsident des Spitzenverbandes der Industrtie, der „Unión Industrial
Argentina“ am letzten Mittwoch waren Wirtschaftsmininisterin Felisa Miceli,
Gesundheitsminister Ginés Gonzalez García, Arbeitsminister Carlos Tomada, Industrie- und Handelssekretär Miguel Peirano, die Unterstaatsekretäre
für kleine und mittlere Unternehmen Matías Kulfas und für wirtschaftliche
Integrierung (im Aussenministerium), Eduardo Sigal, AFIP-Direktor Alberto Abad und die Produktionsministerin der Provinz Buenos Aires, Debora Giorgi, anwesend. Dadurch wurde die Bedeutung der Ernennung von
Lascurain betont, der sich eindeutig für die Wirtschaftspolitik der Kirchner-Regierung und gegen die Politik der 90er Jahre ausgesprochen hatte.
Die Regierung will jetzt offensichtlich ihre Beziehung zur industreiellen
Unternehmerschaft verbessern.
Lascurain hatte sich für die Schaffung eines Systems Mittel- und langfristiger Kredite eingesetzt, dabei jedoch die Frage offen gelassen, ob dies
über eine neue Bank oder über die bestehenden Banken geschehen sollte.
Die argentinische Entwicklungsbank Banade (Banco Nacional de Desarrollo), die 1970 vom damaligen Wirtschaftsminister Aldo Ferrer als Nachfolgerin der Banco Industrial geschaffen wurde, die in der Nachkriegszeit
unter Perón gegründet worden war, wurde von Cavallo liquidiert, da sie ein
so marodes Kreditportefeuille hatte, und ausserdem so stark bürokratisiert
war, mit viel zu vielen Angestellten, dass ihre Rettung hohe staatliche Mittel erfordert hätte. Es lohnte sich nicht, dem schlechten Geld noch gutes
nachzuwerfen.
Wirtschaftsministerin Miceli war bei ihrer Ansprache in der UIA vorsichtig. „Villeicht ist jetzt der Moment gekommen, um uns die Frage zu
stellen, ob nicht eine finanzielle Institution notwendig ist, die es erlaubt,
diesen Wachstumsprozess zu unterstützen“, sagte sie. Sie fügte hinzu, es
könne sich um eine neue Bank oder die bestehenden Banken handeln; der
Grundgedanke bestehe darin, über Instrumente zu verfügen, um Technologie und Erneuerungsinitiativen zu finanzieren, wofür langfristige Finanzierung notwendig sei.
Das Problem, das sich bei langfristigen Krediten stellt, ist die Inflation.
Kredite in Dollar sind gegenwärtig nur für Aussenhandelsgeschäfte zugelassen. Eventuell könnten sie auf die Finanzierung von Unternehmen oder
Geschäfte erweitert werden, die an den Dollar (oder Euro) gebunden sind.
Das löst das Problem jedoch nur zu einem geringen Teil. Die automatische
Anpassung der Zinsen an die, die für kurzfristige Kredite gelten, wird allgemein abgelehnt, wegen der Erinnerung an das Rundschreiben 1050 aus
dem Jahr 1980, als J.A. Martinez de Hoz Wirtschaftminister war, der dieses
System eingeführt hatte, das dann, als die kurzfristigen Zinsen in die Höhe
sprangen, zu einer unhaltbaren Lage führte. Eine andere Möglichkeit besteht in der Indexierung nach Preis- oder Lohnindices (oder nach dem CERIndex, der schon bei Staatspapieren gilt), was Kirchner jedoch angeblich
zurückweist. In der UIA wird auch die Möglichkeit erwähnt, die Kredite an
den Preis der Rohstoffe zu binden, die in jedem Fall verwendet werden.
Der Wirtschaftler Aldo Ferrer, Direktor der staatlichen Enarsa und Leiter
der Fenix-Gruppe, die sich für ein stark dirigistisches Wirtschaftsmodell
einsetzt, soll an einem Projekt dieser Art arbeiten.
Das Hauptproblem einer Entwicklungsbank oder von Entwicklungskrediten besteht indessen in den Mitteln, die dafür notwendig sind, die aus der
Staatskasse stammen müssen. Ob eine Bank dieser Art in der Lage ist, Mittel auf dem lokalen oder internationalen Kapitalmarkt aufzubringen, ist zu
bezweifeln. 2002 wurde das Vertrauen in das Finanzsystem tief erschüttert,
und das wirkt sich langfristig aus.
Der Argentinische Mieterverband UAI führt Beschwerde, dass
die Mieten ständig zugenommen
haben. Durchschnittlich seien sie im
ersten Jahresdrittel um 7% erhöht
worden.
***
Die kanadische Dynamotive wird
in Argentinien, in der Provinz Corrientes, Biodiesel aus Forst- und
Landwirtschaftsrückständen herstellen, das billiger als alle anderen
Biotreibstoffe sein soll. Dynamotive
Generaldirektor Kingston, ein Argen-
Sonnabend, 12. Mai 2007
Gestiegene Beschäftigung
Die ordnungsgemäss eingetragenen Arbeitsplätze der Privatwirtschaft
haben im 1. Quartal 07, im Vorjahresvergleich, um 1,3% zugenommen,
wie das Arbeitsministerium bekanntgab. Mendoza Stadt verzeichnete die
grösste Zunahme mit 4,1%. In Gross Buenos Aires nahmen die eingetragenen Arbeitsplätze um 1,3% zu, in Rosario um 0,9% und in Córdoba blieb
ihre Zahl unverändert.
Im Vorjahresvergleich nahm die eingetragene Beschäftigung in der Privatwirtschaft um 5,8% zu, wie die amtliche Umfrage EIL ergeben hat. 65%
der ermittelten Stellen sind von männlichen Arbeitskräften besetzt, desgleichen waren 66% der neuen Arbeitsplätze dieses Jahres für Männer.
26% aller 07 neu geschaffener Arbeitsplätze waren in sozialen Dienstleistungen, 17% in der verarbeitenden Industrie, 19% in Finanzdiensten,
18% im Baugewerbe und 3% im Transportwesen.
Bei den Verlusten von Arbeitsplätzen waren 52,4% Kündigungen der
Arbeitnehmer, 22,5% wegen geringerer Aufträge, Geschäftsschliessungen
und Beendigungen von Bauvorhaben, 10,8% wegen disziplinärer Massnahmen oder Untauglichkeit, 7% wegen Beendigung von Aushilfestellungen, 4,7% wegen Änderung der Geschäfts- oder Fertigungstätigkeit und
2,5% aus verschiedenen Gründen.
tinier, erklärte, in Kalorien koste 1 Mio.
BTU des herzustellenden Bio-Kraftstoffes U$S 6, gegen U$S 7,50/8,50 bei
Einsatz von Erdgas. Das erste Werk,
es sollen insgesamt 6 werden, wird mit
einer Investition von U$S 15/17 Mio.
in Gobernador Virasoro errichtet. Insgesamt würden U$S 120 Mio. investiert werden. Das von Dynamotive
1991 patentierte Bio oil ist für zur
Stromgewinnung angepasste Gasturbinen vorgesehen.
***
Arbeiten im Zinn- und Silbervorkommen in Pirquitas, Provinz Jujuy,
sollen mit einer Investition von U$S
100 Mio. ab 08 wieder aufgenommen werden. Wie Bergbausekretär
Mayoral und ein Direktor des kanadischen Konzessionärs versicherten. Das
Vorkommen in Rinconada, 345 km von
San Salvador und 4.230 m über dem
Meeresspiegel, wurde bereits 1936 und
1989 ausgebeutet. Jetzt soll es 2.000
direkte und indirekte Arbeitsplätze
schaffen. Dazu muss eine 37 km lange
Erdgasleitung für rd. U$S 50 Mio. gelegt werden, die 09 funktionstüchtig
sein könnte. In dem Vorhaben sollen
12 t Erz pro Tag bewegt werden.
***
Mit dem Beschluss Nr. 147
(Amtsblatt vom 8.5.07) wurden seit
November 06 gesperrte Maisausfuhen wieder frei gegeben. Dafür können bis 3 Mio. t eingetragen werden,
nach denen die Ausfuhrbewilligungen
wieder automatisch gesperrt werden.
Die Ausfuhrbegrenzung soll die Inlandsversorgung, 7,5 Mio. Jato, sichern. Als die Ausfuhrsperre verhängt
wurde, waren von der Industrie bereits
10,5 Mio. t eingetragen worden.
***
Der Oberste Gerichtshof hat in
einem Einzelfall entschieden, dass
Pesifizierungen von Einlagen in gemeinnützigen Vereinigungen wie
jene bei Bankeinlagen zu behandeln
sind. Bei Bankeinlagen wird, ebenfalls
in einem Einzelfall beschlossen, die
Pesifizierung 1 U$S = $ 1,40 aufrecht
erhalten, dazu kommt die CER-Indexierung und ein Jahreszinssatz von 4%,
was ungefähr den heutigen Dollarkurs
von rd. $ 3,11 pro U$S ergibt.
***
7
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Die argentinische Filiale der Citibank hat Schuldscheine von Alto
Palermo Centros Comerciales, Inhaber der wichtigsten Shoppings des
Landes, für U$S 170 Mio. in 2 Tranchen untergebracht. U$S 120 Mio.
wurden auf 10 Jahre zu 7,875% Jahreszins, dem niedrigsten Satz aller Zeiten für ein argentinisches Unternehmen
mit Inlandsrisiko, untergebracht. U$S
50 Mio. auf 5 Jahre zahlen 11% im
Jahr. 65% der Werte wurden in den
USA untergebracht, 25% in Europa,
4% in Argentinien und Lateinamerika
und der Rest in Asien und Ozeanien.
***
Ein neues Lokal, eine $ 30 Mio.
Investition ausserhalb von San Juan
Stadt, wurde von der Supermarktkette Wal-Mart eröffnet. Das Lokal
Nr. 14 der Firma schafft 250
Arbeitsplätze.
***
In Buenos Aires Stadt mussten in
den letzten 4 Jahren rd. 1.200 Metzgereien schliessen. Im städtischen Register der Metzgereiinhaber von 2003
sind 6.500 verzeichnet. Heute gibt es
noch 5.300.
***
Die Gold-und Währungsreserven der ZB haben letzte Woche u$s
39 Mrd. übertroffen.
***
Die Gewerkschaftszentrale CGT
hat in einer Sitzung vom Mittwoch
in Anwesneheit von Hugo Moyano,
Luis Barrionuevo, Gerardo Martinez und Andrés Rodriguez beschlossen, eine Erhöung des Mindeslohnes
vpn $ 800 um 31% auf $ 1.050 zu
fordern. Ausserdem wurde beschlossen, über den Deputierten Héctor Recalde, der ihr juristischer Berater ist,
ein Gesetzesprojekt im Kongress einzubringen, das die Ausnahmebestimmungen bei der Gewinnsteuer, die in
Patagonien gelten (Ausnahme der
Überstunden u.a. Beträge), auf alle Arbeitnehmer ausdehnt. Dann soll von der
Regierung gefordert werden, dass die
Entschädigung bei Arbeitsunfällen und
-krankheiten erhöht wird, und das neue
Gesetz in diesem Sinne gestaltet wird.
Schliesslich soll noch eine Erhöhung
der Familienzulagen, die Abschaffung
der 2000 von Minister Machinea ein-
Eine neue Regelung für die
Rindfleischwirtschaft
Am Mittwoch kam es nach dreimonatigen Verhandlungen schliesslich
zu einem Abkommen zwischen der Regierung und Verbänden der Landwirtschaft (Sociedad Rural Argentina, Federación Agraria, Coninagro und
Frente Agropecuario Nacional), der Schlachthäuser (CICCRA, CADIF,
ABC-Exportkonzern und Unica), der Makler und der Konzessionärin des
Marktes von Liniers. Bei der Unterzeichnung war Präsident Kirchner anwesend, der die Verbandsleiter der Landwirtschaft seit Juni 2006 gemieden
hatte, Dennoch haben die wichtigen Verbände „Confederaciones Rurales
Argentinas“ (CRA) und „Confederaciones Argentinas Rurales de Buenos
Aires y La Pampa“ (CARBAP), die den letztwöchigen Streik organisiert
haben (der erfolgreich war, da die Zahl der gelieferten Rinder drastisch
abgenommen hat), das Abkommen nicht unterzeichnet. Sie fordern weiter
völlige Marktfreiheit beim Rinderhandel.
Das Abkommen besteht grundsätzlich in der Festsetzung von Bandbreiten bei Rindern und eines festen Preises (bis zum 31. Dezember 2007) bei
halben Leibern. Der Fleischpreis beträgt ab Schlachthaus $ 5,70 pro kg bei
Kälbern, $ 5,20 für junge Ochsen und junge Kühe von über 300 kg, $ 5,20
für Ochsen und $ 4 für Kühe. All diese Werte sind ohne MwSt. Für das
Kilogramm Lebendgewicht werden Bandbreiten von $ 3,25 bis $ 3,35 pro
kg für Kälber, $ 3 bis $ 3,15 für junge Ochsen und junge Kühe von über
300 kg, $ 2,90 bis $ 3 für Ochsen und $ 2,00 bis $ 2,10 für Kühe festgesetzt, alle ohne MwSt. Diese Preise liegen um gut 10% unter den bestehenden Marktpreisen.
Das Abkommen schliesst die Bildung einer Kommission ein, die die
Preisentwicklung verfolgen soll und bei Abweichung der Marktpreise von
den vereinbarten Preisen binnen 72 Stunden zusammentreffen muss. Ausserdem sollen $ 270 Mio. für die Kälberzucht bestimmt werden (Subvention oder Kredit?) und schliesslich hat sich die Regierung verpflichtet, die
Exportgenehmigungen (genannt ROE, Registro de Operaciones de Exportación) zu beschleunigen, wobei für 2007 eine Exportquote von 500.000
t Fleisch mit Knochen festgesetzt wird. Wenn jedoch infolge dieser Massnahmen Kälber zurückbehalten werden und mehr exportiert wird, dann sinkt
das Angebot auf dem Binnenmarkt, und der Preis steigt.
Die Preise für Rinder und Rindfleisch sind in der Praxis unkontrollierbar. Etwa 180.000 Landwirte liefern die Rinder, direkt oder über regionale
Märkte oder über Liniers an etwa 500 Schlachthäuser. Wenn sich aus Angebot und Nachfrage ein höherer Preis ergibt, dann steigt der Marktpreis,
entweder offen oder über einen schwarzen Zuschlag auf die offiziellen Preise. Das kann die Regierung nicht verhindern. Der Markt von Liniers, auf
dem die Regierung Kontrollen durchführt, hatte bis Anfang 2006 einen
Marktanteil von bis zu 15%, und in letzter Zeit als Folge der Kontrollen
von etwa 5%. Er ist ohnehin zum Verschwinden verurteilt, weil der direkte
Verkauf an Schlachthäuser Kosten spart und somit für die Landwirte in der
Regel einen höheren Nettopreis bedeutet. Auch die Preise bei den über
10.000 Metzgern im ganzen Land sind unkontrollierbar.
Wenn Binnehandelsekretär Moreno somit weiter Preise für die einzenen Teile festsetzt, die im Einzelhandel verkauft werden, wird das faktisch
nur von Supermärkten eingehalten, wobei diese dann erneut in die Lage
geraten, dass sie kein Fleisch zu den offiziellen Preisen von den Schlachthäusern erhalten. Das Abkommen vom Mittwoch ist auf alle Fälle nur eine
Scheinlösung. Die Regierung hat nach wie vor kein gesamthaftes Konzept
über die Problematik der Rindfleischwirtschaft.
geführten Beschränkung der persönlichen Abzüge bei der Gewinnsteuer und
finanzieller Beistand für gewerkschaftliche Sozialwerke gefordert werden.
***
Der neue Präsident des Industrieverbandes „Unión Industrial
Argentina“, Juan Carlos Lascurain,
forderte in seiner Antrittsrede ein
neues Gesetz über Arbeitsrisiken,
das die „Prozessindustrie“ verhindere, langfristige Finanzierung,
steuerliche Begünstigung der kleinen und mittleren Unternehmen,
Kontinuität der Massnahmen zum
Schutz von Importen aus Brasilien
und China, Kampf gegen die Steuerhinterziehung und Ausbildung
der Arbeitskräfte. Lascurain äusserte auch seine Sorge über die Doha-Ver-
handlungsrunde der WHO, bei der eine
Verringerung der Zölle auf Industrieprodukte als Gegenleistung der Liberalisierung des Handels mit Agrarprodukten vorgesehen sei, was die Schwellenländer in ihrer Rolle als Lieferanten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen konsolidieren würde.
***
Der Direktor des Steueramtes
(Dirección General Impositiva, die
der AFIP untersteht), Horacio Castagnola wies in einer Konferenz vor
dem Berufsrat der Wirtschaftswissenschaftler (Consejo Profesional de
Ciencias Económicas) darauf hin,
dass vor drei Jahren beschlossen
worden sei, die Zahl der Inspektionen von 25.000 auf 3.000 pro Jahr
zu verringern. Wichtig sei nicht so
8
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 12. Mai 2007
Skanska
Hohe Kfz-Produktion
Die schwedische Firma Skanska, die jetzt im Mittelpunkt von Verfahren über Steuerhinterziehung und eventuelle Schmiergelder an hohe Beamte steht, ist weltweit die drittgrösse Bau- und Montagefirma, und in Europa die zweitgrösste. Das Untgernhmen ist 110 Jahre alt und beschäftigt
insgesamt 70.000 Angestellte in 20 Ländern, bei einem Jahresumsatz von
etwa u$s 20 Mrd., den sie hauptsächlich in Schweden, Grossbritannien,
USA und Dänemark erwirtschaftet.
Skanska kam 1999 nach Argentinien, als sie die Firma SADE für u$s 60
Mio. vom Konzern Perez Companc erwarb. SADE war in der unmittelbren
Nachkriegszeit vom Italiener Vittorio Orsi gegründet worden, und widmete sich vornehmlich Montagearbeiten für Staatsunternehmen, von denen
viele damals gegründet wurden, besonders das Elektrizitätsunternehmen
„Agua y Energía Eléctrica“. In den 90er Jahren verkaufte Orsi das Unternehmen an die Perez Companc-Gruppe.
Skanska Argentina S.A., wie das Unternehmen jetzt heisst, zählt mit
3.500 Angestellten und der Direktoriumspräsident ist Hernán Moreno, ein
Argentiner, der bis zum letzten Jahr die Skanska-Filiale in Chile leitete. Er
hat die Führung übernommen, als seine Vorgänger wegen dem Korruptionskandal entlassen wurden. Unter der Leitung von Moreno hat Skanska
sich auf Geschäfte mit dem Privatsektor konzentriert. Das Unternehmen
hat keinen Vertrag mit dem Nationalstaat oder den Provinzen. Die Hauptkunden sind die Erdölunternehmen, an erster Stelle Repsol-YPF.
Die Kfz-Fertigung hat im April, im Vorjahresvergleich, um 23,9% auf
41.527 Einheiten zugelegt. im Vormonatsvergleich war sie wegen der drei
Feiertage um 7,5% geringer. Sie betrug auch 95,1% der bisher grössten
Aprilproduktion, der von 1998, die 43.657 Kfz erreichte, wie der Herstellerverband Adefa mitteilte. Die Fertigung im ersten Jahresdrittel betrug
138.962 Kfz, um 25,7% mehr als im selben Vorjahreszeitraum.
Die Lieferungen fabrikneuer Wagen an Konzessionäre betrugen im April
45.154 Einheiten, um 22% mehr als im Vorjahresapril und um 1,3% weniger als im Vormonat. Der Vorjahresvergleich der ersten Jahresdrittel ergibt
für 2007 ein Plus von 20,1%.
Mehr als die Hälfte der im ersten Jahresdrittel 2007 verkauften Kfz,
71.730, um 25,8% mehr als im gleichen Zeitraum 2006, gingen in einen
der 70 Abnehmerstaaten im Ausland. Trotzdem, auch nach Eingliederung
von Turkmenisten, dem neuesten Kunden, waren die Gesamtausfuhren um
3,2% geringer als im Vorjahresapril und um 17,2% kleiner als im Vormonat. Grösster Abnehmer war Brasilien mit 53,9% der Gesamtausfuhren,
vor Mexiko.
sehr die direkte Kontrolle an Ort und
Stelle, sondern die Analyse der Information, die das Amt auf informatischen Weg erhält und ordnet. Vorrangig sei dabei die formelle Erfüllung der
Steuerpflichten. Bei grossen Steuerzahlern reichen 87% ihre Steurerklärungen termingemäss ein, während es
bei kleinen und mittleren Unternehmen
nur zwischen 57% und 60% seien. Das
Amt habe ein System eingeführt, durch
das mögliche Hinterziehungen aufgedeckt werden (Sistema de percepción
de riesgo, SIPER), das jedoch noch
schwach sei, wobei jetzt Mathematiker eingestellt werden sollen, um es zu
verbessern. 80% der Unregelmässigkeiten, die die AFIP entdecke, beruhen auf falschen Rechnungen. Das
Amt habe in diesen Fällen die hinterzogenen Steuerbeträge ermittelt und
Zahlung gefordert; aber die Unternehmen, die diese Rechnungen ausstellten,
waren meistens zahlungsunfähig. Bei
den Unternehmen, die diese Rechnungen als Ausgaben buchten, geschah
indessen wenig. Durch Dekret 477/07
sei die Verpflichtung festgesetzt worden, dass der Empfänger prüft, ob die
Rechnungen von der AFIP genehmigt
sind. Dabei wurde mit bestimmten
Gruppen begonnen: Exporteure, Steuerzahler, die Steuern von Dritten einbehalten, Steuerzahler, die elektronische Belege erhalten und der Staat.
***
Gustavo Oliverio, Leiter der Stiftung „Producir conservando“, die
sich mit der Landwirtschaftsproblematik befasst, erklärte, die argentinische Ernte von Getreide und Ölsaaten werden 2015 122 Mio. t betragen, gegen 93 Mio. 2007, 76,8 Mio.
1996 und 83,9 Mio. 1995. Die Zunahme gegenüber 07 würde 58% ausmachen. Dabei würde die bebaute Fläche
von gegenwärtig 29 Mio. ha auf 37,3
Mio. steigen. Der Export würde 2015
95 Mio. t für u$s 21,3 Mio. ausmachen,
mengenmässig 72% mehr als der
Durchschnitt 2004/06 von 14 Mio. t.
***
Das Senasa-Amt des Landwirt-
schaftsekretariates meldet, dass im
1. Quartal 07 die Exporte landwirtschaftlichen Ursprungs nach der EU
mengenmässig um 25% und wertmässig um 12% gegenüber dem
Vorjahr zugenommen und u$s 2,24
Mio. t für u$s 898,95 Mio. erreicht
haben.
***
Am Mittwoch erreichte der landesweite Stromkonsum 17.450 MW,
69 MW mehr als der am 31.7.06 bisher erreichte Rekord. Dieser Konsum befindet sich nahe der Kapazitätsgrenze des Angebotes. Mehrere Wärmekraftanlagen befinden sich in Reparatur, ebenso wie das Kernkraftwerk
Embalse, so dass insgesamt 800 MW
fehlen. Indessen wurden letzte Woche
zwei Turbinen von Central Costanera
und Genelba wieder in Betrieb genommen. Die Wassekraftwerke arbeiten
indessen mit voller Kapazitätsauslastung. Die Inbetriebnahme der neuen
Kraftwerke, die von Siemens geliefert
werden, ist für März-Mai 08
vorgesehen.
***
Durch Beschluss 506/07 der Nationalen Wertpapierkommission
(Amtsblatt vom 9.5.07) wurde der
Umsatz von kleinen und mittleren
Unternehmen erhöht, der als
Höchstgrenze für die Einstufung in
das Dekret 1087/93 gilt, das eine
Vereinfachung der Formalitäten des
Zuganges zum Kapitalmarkt verfügt. Bei landwirtschaftlichen Kleinunternehmen beträgt der Jahresumsatz
jetzt $ 6,08 Mio. und bei mittleren
Unternehmen $ $ 120 Mio., bei Industrie und Bergbau $ 15 Mio. und $ 120
Mio., beim Handel $ 22,2 Mio. und $
177,6 Mio., bei Dienstleistungen $
6,73 Mio. und $ 44,88 Mio. und bei
Bauunternehmen $ 6 Mio. und $ 48
Mio. Der Umsatz wird auf der Grundlage des Durchschnittes der letzten drei
Jahre berechnet. Der Beschluss bezieht
sich auch auf andere Aspekte des
Themas.
***
Darlehen an die Privatwirtschaft
haben im April um $ 2,28 Mrd. zugenommen. Das seien um 39,9% mehr
als im gleichen Vorjahresmonat und um
2,9% mehr als im Vormonat, wie das
Cefid (Centro de Economía y Finanzas para el Desarrollo de la Argentina) bekanntgab. Seit Januar 04 würden diese Kredite durch 39 Monate in
Folge auf derzeit knapp $ 80 Mrd. zugenommen haben. Familienkredite
nahmen im April um 3,3% auf $ 1,08
Mrd. zu, mit den grössten Zunahmen
bei Personal- und Pfandkrediten, sowie bei Kreditkarten.
***
Repsol YPF Präsident Brufau erklärte der Presse in Madrid, dass er
es für richtig halte, argentinische
Partner bei YPF aufzunehmen. Das
Unternehmen verhandle bereits mit einigen argentinischen Unternehmen. In
den Gesprächen würden Fortschritte
gemacht werden. Der Börsengang mit
bis zu 25% des Aktienkapitals sei beschlossen. YPF werde heute mit U$S
15 bis 18 Mrd. bewertet.
***
Der Schlachthof Swift Argentina der brasilianischen Fribol hat die
Konservendosenfabrik der in Konkurs geratenen Cepa (Compañía
Elaboradora de Productos Alimenticios) erworben. 99,99% der Aktien
wurden mit einem Basispreis von $ 1,5
Mio. versteigert. Obwohl es andere
Interessenten gab, soll der Kaufpreis $
2 Mio. nicht erreicht haben. Swift ist
der einzige Schlachthof Argentiniens,
der Fleischkonserven herstellt. Die
grösste Konservenfabrik der Firma in
Gobernador Gálvez, nahe Rosario,
kann nicht genug liefern, weshalb
Swift auch Kunde von Argenvases
wurde.
***
Das Abgeordnetenhaus hat mit
überwältigender Mehrheit eine weitere Verlängerung um 90 Tage der
Aufhebung von Zwangsversteigerungen von Hypothekenkrediten des
Banco Hipotecario Nacional bestimmt. In der neuen Frist soll eine
endgültige Lösung der Frage gefunden
werden.
***
In den letzten 6 Monaten hat die
Banco de la Nación 7.687 Hypothekenkredite für Wohnungsmieter für
insgesamt $ 640 Mio. verliehen. Von
diesen wurden bereits 1.515 Darlehen
für $ 134,2 Mio. notariell beglaubigt..
***
Am Donnerstag hat das Schatzamt Bonar X Titel für u$s 750 Mio.
zu 8,44% untergebracht, bei einem
Kurs von 90,9% des Nennwertes.
Die Offerten erreichten u$s 1,86 Mrd.
Die Deutsche Bank zeichnete Bonds
für u$s 207 Mio., Citibank für u$s
103,3 Mio.,Macro-Bansud für u$s 100
Mio., Merryl Lynch Argentina für u$s
56,9 Mio., BBVA-Banco Francés für
u$s 51,5 Mio., Santander Rio für u$s
50,8 Mio., Banco Morgan für u$s 37,5
Mio., Standard Bank für u$s 35,3 Mio.,
HSBC Bank für u$s 35 Mio., ABN
Amro Bank für u$s 25 Mio., Banco
Nación für u$s 25 Mio. und Banco de
Galicia für u$s 12,8 Mio.
***
Die Banco de Galicia hat im 1.
Quartal 07 ihre Schuld gegenüber
der ZB um $ 8,61 Mrd. verringert
und gleichzeitig ihre Kredite gegenüber dem Staat (direkt oder in Form
von Staatstiteln) um $ 9,5 Mrd.
herabgesetzt.
***
Edesur hat am Donnerstag eine
Trafostation in Lomas de Zamora
eingeweiht, für hohe und mittlere
Spannung (220, 132 und 13,2 kV),
die eine Investition von $ 68 Mio.
erforderte. Dank dieser Anlage wird
u.a. ein Wohnviertel von 600 Wohnungen in der Gegend mit Strom bedient,
und ebenfalls ein weiters Viertel von
1.000 Wohnungen, die in Kürze fertiggestellt sein werden.
***
Eine Aktie des Wertpapiermarktes von Buenos Aires, die Anrecht
gibt, als Börsenmakler tätig zu sein,
wurde am Donnerstag zu $ 3,01 Mio.
verkauft, 2,9% unter dem Preis des
letzten Verkaufs, der am 16. April
2007 getätigt wurde. Jener Preis lag
jedoch um 46,2% über dem vorangehenden Verkauf. 1992 hatt die Banco
Provincia eine Aktie für u$s 2,1 Mio.
gekauft, was $ 6,5 Mio. entspricht.
***
Argentinien hat letzte Woche die
Gaslieferungen an Chile um 38%
verringert, berichtet das Kontrollamt Enargas. Das war eine Folge des
durch die Kältewelle bedingten hohen
Inlandskonsums. Dennoch trat Gas-
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 12. Mai 2007
mangel bei der Versorgung von Fabriken in Mendoza ein.
***
Das Erdölunternehmen El Trebol hat mit einer neuen Bohrung in
Atamisqui, Mendoza, eine Anfangsförderung von 500 Barrel/Tag erreicht, was ihr erlauben wird, ihre
Förderung zu verdoppeln. Es ist vorgesehen, weitere sechs Bohrungen in
dieser Gegend durchzuführen, plus
zwei weitrere in Puesto Rojas.
***
Ein Bericht von Goldman Sachs
weist darauf hin, dass die ZB in diesem Jahr noch u$s 11 Mrd. wird
kaufen müssen, um den Kurs zu
halten. Ganz 06 hat die ZB u$s 13,4
Mrd. gekauft.
***
Der Streik der Landwirte führte
in den letzten zwei Wochen zu einer
Verringerung von 70% der Rinderlieferungen an den Markt von
Liniers.
***
Fünf Kammern der elektronischen Industrie, die etwa 500 Unternehmen vertreten, haben die Telefonunternehmen Telecom und Telefónica angeklagt, das Gesetz 25.551
nicht zu beachten, dass vorschreibt,
dass sie bis zu einer Preisdifferenz
von 7% bei lokalen Unternehmen
kaufen müssen. Die lokalen Firmen
erleiden dadurch eine Umsatzeinbusse von u$s 100 Mio. Würden sie sich
an das Gesetz halten, könnten die Importe der Telefonunternehmen um 30%
verringert werden, was angeblich
350.000 neue Arbeitsplätze im Land
schaffen und dem Fiskus $ 1,5 Mrd.
einbringen würde. Die Priorität lokaler Lieferanten wurde bei Staatsunternehmen 1963 unter José A. Martinez
de Hoz als Wirtschaftsminister (in seiner ersten Amtsperiode) eingeführt.
Aber bei der Privatisierung, die ab
1990 erfolgte, wurde jene Norm hinfällig, da sie nur für Staatsbetriebe galt.
Erst vor einigen Jahren wurde ein System mit dem gleichen Zweck durch
Gesetz für Konzessionäre öffentlicher
Dienste eingeführt. Aber es wird offensichlich nicht kontrolliert.
***
Im April hat die ZB 75% der monetären Emission, die durch Devisenkäufe bedingt war, durch Ausgabe von Wechseln Lebac und Nobac,
plus Rückzahlung von Darlehen, die
02 Banken gewährt worden waren,
sterilisiert.
***
Der Weltbankvertreter in Argentinien, Axel von Trotsenburg, wird
durch Pedro Alkba ersetzt.
***
Der ehemalige US-Vizepräsident
Al Gore hielt gestern die Abschlussrede des Seminars über Umweltschutz und erneuerbare Energien,
das vom ersten amerikanischen
Kongress über Biokraftstoffe im
Hotel Alvear organisiert wurde. Die
9
Tagung wurde von Vizepräsident Daniel Scioli eröffnet, der Gore zu einem
Essen empfing.
***
Die US-Firma Global Crossing
hat die lokale Impsat für u$s 347
Mio. gekauft, womit sie jetzt eine bedeutender Struktur in Lateinamerika hat. Impsat liefert Breitband-Internetverbindungen und Telefonie.
***
Das Senasa-Amt des Landwirtschaftsministeriums berichtet, dass
der Export von Milchprodukten im
1. Quartal 07 mit 106.419 t für u$s
246.482 um 34%, bzw. 35% über
der gleichen Vorjahresperiode lag.
Diese hohen Exporte haben zusammen
mit geringeren Milchlieferungen der
Landwirte, wegen der Überschwemmung und den hohen Regenfällen in
Santa Fé, zu Knappheit bei der internen Milchversorgung geführt, die laut
Ministerin Miceli binnen 60 Tagen behoben wird.
WIRTSCHAFTSÜBERSICHT
Das vielfältige Inflationsphänomen
Als Inflation wird in der Wirtschaftslehre eine allgemeine und
eine gewisse Zeit dauernde Preiserhöhung bezeichnet. Ursprünglich bezog sich der Begriff auf die
Aufblähung („Inflation“) der
Geldmenge, wobei die Wirtschaftler davon ausgingen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen
Geldmenge und Preisen bestand.
Erst viel später, eigentlich erst in
den 30er Jahren des 20 Jahrhunderts, wurde die Komplexität des
Phänomens untersucht, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der
Zusammenhang nicht so direkt
wie angenommen ist. Einmal wurde der Geldbegriff ausgedehnt, zunächst von Banknoten und Münzen auch auf Sichtdepositen und
dann auch auf andere Depositen,
die auch für Zahlungen eingesetzt
werden.
Die Deutsche Bundesbank zuerst und die Europäische ZB danach, setzen sich bestimmte Expansionsziele für die Geldmenge
im weiteren Sinn (Banknoten plus
Sicht-, Spar- und Fristdepositen,
genannt M3). Dabei stellt sich das
Problem, dass die Bank zwar Einfluss auf die Expansion des Notenumlaufs hat, jedoch wenig auf
die Entwicklung der Depositen,
die von wirtschaftlichen Gegebenheiten abhängen. Die Federal Reserve der USA hingegen richtet
die Geldpolitik nach der Entwicklung von Preisen, BIP und Beschäftigung, und verwendet dabei
als Instrument die Festsetzung des
Zinssatzes für Rediskonte, und
nicht die Steuerung der Geldmen-
ge.
Die Geldtheoretiker haben auch
darauf hingewiesen, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes
schwankt und von der Geldnachfrage abhängt, also vom Geld, das
die Wirtschaftssubjekte in bar oder
auf Banken halten, was u.a. von
den Inflationserwartungen abhängt. So stieg z.B. die Geldmenge nach Einführung der Konvertibilität im April 1991 sehr stark bei
gleichzeitiger Stabilisierung der
Preise, weil die Gesellschaft allgemein davon ausging, dass nicht
abgewertet werden würde und somit ihre Pesobestände erhöhte. Die
Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes wird auch durch den elektronischen Zahlungsverkehr erhöht,
bei dem die Zahlungen schneller
erfolgen.
In Argentinien kommt bei der
monetären Analyse noch hinzu,
dass eine hohe Haltung von Dollarnoten und Bankdepositen in
Dollar besteht, vornehmlich im
Ausland, wobei auch Zahlungen
für lokale Transaktionen in dieser
Währung, in den letzten Jahren
auch in Euros, getätigt werden,
sowohl in bar wie in Form von
Schecks und Zahlungsanweisungen auf Auslandskonten, auch
wenn die Unterlagen dann auf Pesos lauten. Unter diesen Umständen wird die lokale Geldmenge
sehr elastisch.
Die Zielkonflikte
Dennoch ist die Geldmenge im
weiteren Sinn bei der Inflationsanalyse ein wichtiger Faktor. Die
praktische Frage besteht darin, wie
weit man mit der Geldpolitik,
ohne andere Massnahmen, Stabilität erreichen und erhalten kann.
Dabei stellt sich das Problem, dass
eine harte Geldpolitik unter gewissen Umständen zu Rezession
führt, was die Regierungen vermeiden wollen. Gelegentlich führt
dies zu einer Lage, die politisch
unhaltbar ist, so dass der Damm
der Geldpolitik schliesslich bricht.
Wenn allgemeine Kostenerhöhungen eintreten, die die Unternehmen nicht vermeiden können und
auf die Preise abwälzen, und dies
nicht von einer entsprechenden
Erhöhung der Geldmenge begleitet wird, sinkt der Absatz.
Der Konflikt zwischen dem
Stabilitätsziel der Notenbanken
und der wirtschaftlichen Expansion stellt sich oft; allgemein kann
man sagen, dass das Stabilitätsziel
Vorrang hat, wenn die ZB entscheidet, während das konjunkturelle Ziel der Erhaltung und Zunahme der wirtschaftlichen Tätigkeit bei Wirtschaftsministern und
Politikern vorrangig ist. Deshalb
wurde der Reformvorschlag der
ZB-Statuten, der vor einiger Zeit
im Parlament aufgekommen ist,
der die Zielsetzung der ZB erweiterte und somit nicht auf die Erhaltung des Geldwertes beschränkte, und eine Koordinierung
mit dem Wirtschaftsministerium
vorsieht, als gefährlich eingestuft.
Hier sei bemerkt, dass eine Duldung der Inflation, um eine Rezession zu vermeiden, zu steigenden
Inflationsraten führt, was
schliesslich in einer tieferen Rezession endet, als die, die man ver-
meiden wollte.
Dieses Problem kommt jetzt
auf uns zu. Die ZB-Führung hat
sich zum Ziel gesetzt, dass die
Geldmenge, verstanden als M2
(Banknoten in Händen des Publikums plus Sicht- und Spardepositen) weniger zunimmt, als das
Bruttoinlandprodukt zu laufenden
Werten, so dass dabei inflationäre
Kräfte gehemmt werden. Die ZB
muss jedoch den Überschuss der
Zahlungsbilanz aufkaufen, um zu
verhindern, dass der Wechselkurs
sinkt, was eine rezessive Wirkung
haben würde. Dank der Rekordernte, die zu hohen Preisen exportiert wird, besteht die Aussicht,
dass dieser Überschuss unmittelbar stark zunimmt. Um das Ziel
der Geldexpansion zu erfüllen,
bringt die ZB Wechsel (Lebac und
Nobac) auf dem Markt unter. Jetzt
sollen auch die Mindestreserven
auf Giro- und Spardepositen erhöht werden, was auch Geld abschöpft. Das Ergebnis ist dabei
jedoch, dass die Banken weniger
Mittel für Kredite haben, was zu
höheren Zinsen führt und eine rezessive Wirkung hat. Das bedeutet nicht, dass die Konjunktur
dann in eine Rezession umkehrt,
aber doch eine Abschwächung.
Schwankungen des Kreditvolumens haben in Argentinien eine
begrenzte Wirkung, nachdem das
Kreditvolumen knapp über 10%
des BIP ausmacht, gegen über
25% während der Konvertibilitätsperiode und 50% in fortgeschrittenen Staaten.
Eine andere monetäre
Expansion
Sonnabend, 12. Mai 2007
Die durch Devisenkäufe verursachte monetäre Expansion ist bei
weitem nicht so inflationär, wie
die traditionelle, die durch Zuwendungen der ZB an das Schatzamt
zwecks Deckung von Defiziten
entstand. Denn der Umstand, dass
dabei die Devisenreserven der ZB
zunehmen, besänftigt die Gemüter und schafft Vertrauen. Es wäre
wünschenswert, dass die Staatsfinanzen jetzt einen höheren Überschuss aufweisen, mit dem Devisen gekauft werden, oder Staatspapiere in Dollar vorzeitig getilgt
werden, womit die monetäre Expansion begrenzt würde, ohne den
Kredit des Banksystems zu beeinträchtigen.
Seit 2002 hat Argentinien eine
primären und auch einen echten
Überschuss bei den Staatsfinanzen, was es vielen Jahrezehnten
nicht gegeben hatte. Dieser Überschuss hat nicht nur eine zusätzliche monetäre Expansion vermieden, die sich bestimmt auf die
Preise ausgewirkt hätte, sondern
auch eine direkte psychologische
stabilisierende Wirkung gehabt.
Indessen droht der echte Überschuss wegen der starken Zunahme der Staatsausgaben in absehbarer Zeit zu verschwinden, was
auf alle Fälle ein inflationäres Signal darstellt.
Die Abwälzung von
Kostenerhöhungen
Die Spannung zwischen den
Zielen der Geldpolitik wird sich
auch unmittelbar durch den Umstand stellen, dass sich Kostenerhöhungen auf breiter Ebene auf
die Preise niederschlagen. Einmal
handelt es sich um Lohnerhöhungen, die in letzter Zeit kaum noch
durch Produktivitätserhöhung,
Effizienzfortschritte und Gewinne ausgeglichen werden können.
Dann kommen noch die Preiszunahmen bei Commodities hinzu,
die in den letzten Jahren bei Erdöl, Metallen und auch bei Getreide und Ölsaaten beachtlich waren.
Als Bremse wirkt an erster Stelle nicht die Geldpolitik, sondern
die Öffnung der Wirtschaft. Die
argentinische Wirtschaft ist viel
offener als in früheren Zeiten, einmal weil ab 1991 die Zollsätze allgemein gesenkt wurden, sogar mit
Nullzoll für Kapitalgüter, dann
auch wegen des Mercosur, der
Nullzoll für den Handel zwischen
den Partnern bedeutet, und
schliessslich auch dank der Freihandelsabkommen mit Chile, Bolivien und Mexiko, die niedrigere
Zölle mit sich bringen. Etwa die
10
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Hälfte des Importbetrages ist heute zollfrei. Auch der Umstand,
dass viel mehr Industrieprodukte
exportiert werden, wirkt als Bremse für Preiserhöhungen. Somit
besteht heute ein grösserer Widerstand gegenüber Kostenerhöhungen als vor 1991.
Schliesslich führt das starke
Vordringen der Informatik in Unternehmen zu Kostenersparnissen,
die Lohnerhöhungen zum Teil
ausgleichen. Der Weg zu einer zunehmenden Inflation, die in Hyperinflation endet, ist heute gewiss
viel länger und schwieriger als
1989 und 1990, als die Wirtschaft
sehr geschlossen war und die moderne Computertechnologie in ihren Anfängen lag.
Präsident Kirchner ist sich bewusst, dass eine Zunahme der Inflationsrate ihm politisch schadet.
Aber er will die gute Konjunktur
nicht opfern. Bei den Lohnverhandlungen hat er eine Bremse
eingeführt, aber zu spät und zu
zaghaft, so dass nicht vermieden
werden kann, dass die Erhöhungen, von 20% bis zu 25% (wenn
man die Wirkung der Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge
einschliesst, die Lohnkostenerhöhungen bedeuten, wie Änderungen der Kategorien oder die Einbeziehung von Beträgen, auf die
keine Sozialbeiträge geleistet werden, in den normalen Lohn).
Die Lohnerhöhungen, plus die
zunehmende Beschäftigung und
die steigenden Einkommen selbstständig Tätiger und Unternehmer,
schaffen zusätzliche Nachfrage.
Bei vielen Sachgütern und Dienstleistungen hat dies keine inflationäre Wirkung, weil ein potentielles Angebot besteht oder die zusätzliche Nachfrage durch höhere
Importe gedeckt wird; aber bei
anderen, besonders bei Rindfleisch, treibt dies die Preise in die
Höhe. Dies wirkt sich auf die
Lohnforderungen aus, so dass ein
gefährlicher inflationstreibender
Zirkulus vitiosus entsteht.
Die Inflation wird von Theoretikern mit dem ungelösten Problem der Einkommensverteilung
in Zusammenhang gebracht.
Wenn der Verteilungskampf sich
verhärtet, wirkt er inflationär. Die
Frage ist, wie das reale Einkommen der Arbeitnehmer ohne inflationäre Wirkungen erhöht werden
kann. Die Antwort besteht im
Prinzip darin, dass Löhne und Gehälter den Umständen angepasst
werden müssen, die sich in den
einzelnen Unternehmen ergeben.
Branchenabkommen sind prinzipiell inflationär, weil sie die Lohnkosten allgemein erhöhen und so-
mit die Konkurrenzgrundlage unter den Unternehmen nicht verändern, so dass diese Kosten leicht
abgewälzt werden können. Bei
Unternehmensabkommen ist es
hingegen so, dass jeder Unternehmer aufpassen muss, dass sein
Konkurrent nicht weniger gibt und
somit einen Vorteil erzielt. Das
Arbeitsgesetz vom Jahr 2000 (Regierung De la Rua) gab den Unternehmensabkommen Vorrang
vor den Branchenabkommen; die
Reform des Jahres 2005 hat dies
wieder umgekehrt und somit einen
strukturellen Inflationsfaktor
geschaffen.
Inflation und
Wechselkurs
Der Wechselkurs hat einen direkten Einfluss auf die Inflation.
Das beruht nicht so sehr auf der
Verteuerung der Importe, sondern
auf der Tatsache, dass wichtige
Exportprodukte gleichzeitig den
Index der Konsumentenpreise
massgeblich beeinflussen. Der
Getreidepreis wirkt sich auf Brot
und Teigwaren aus, der Preis für
Ölsaaten auf Speiseöle, u.s.w.
Aber ausserdem hat der Wechselkurs in Argentinien direkten Einfluss auf das Verhalten der Menschen, die bei der Wertmessung in
Dollar und nicht in Pesos denken.
Kaum etwas ist so inflationar wie
eine Abwertung, und kaum etwas
wirkt so sehr stabilisierend wie ein
unveränderter Wechselkurs. In den
USA wurde die Landeswährung
gegenüber dem Euro in den letzten Jahren stark abgewertet (von
0,90 Dollar pro Euro auf 1,36) und
intern geschah kaum etwas. Dort
denken die Menschen eben in ihrer Landeswährung, dem Dollar,
und nicht in Euros.
Unter diesen Umständen muss
der Wechselkurs unter Kontrolle
gehalten werden. Ein stark
schwankender Kurs ist im Endeffekt inflationär, weil er sich bei
Abwertung sofort auswirkt, bei
Aufwertung hingegen nur langsam. Eine Stabilitätspolitik erfordert deshalb Kurspflege, wofür
hohe Währungsreserven (u$s 50
Mrd.?) notwendig sind, damit die
ZB den Wechselkurs beherrschen
kann, und somit nicht gegen die
ZB spekuliert wird. Das bedeutet
jedoch nicht, dass der Kurs unverändert gelassen wird. Gewiss ist
es leichter zu stabilisieren, wenn
der Kurs hinter der internen Inflation zurückbleibt; aber auf die
Dauer ist dies nicht ratsam. Solange die Zahlungsbilanz einen Überschuss aufweist, besteht kaum
Gefahr eines Ansturmes auf die
Reserven. Aber dies dauert eben
nicht ewig.
Investitionen als
Inflationsbremse?
Oft wird die These vorgebracht, auch von Wirtschaftsministerin F. Miceli, hohe Investitionen würden zur Inflationseindämmung beitragen, weil sie das Angebot erhöhen und die Preise drükken. Allein, Investitionen brauchen eine gewisse Zeit, um zur
Produktion beizutragen, so dass
sie inzwischen punkto Inflation
belanglos sind. Schliesslich
kommt es jedoch darauf an, um
was es sich bei den Investitionen
handelt. Sind es Maschinen, die
Kosten verringern, dann wirkt dies
antiinflationär. Aber wenn es nur
um mehr Produktion geht, dann ist
kaum eine antiinflationäre Wirkung zu erwarten, es sei denn, es
wird dabei eine Monopolstellung
beseitigt und echter Wettbewerb
geschaffen. Investitionen, die hohen Zollschutz bedürfen, um Importe zu ersetzen, haben indessen
eine inflationäre Wirkung. Investitionen in Bauten haben keinerlei
direkte Beziehung zur Inflation.
Investitionen sind auf alle Fälle für
das wirtschaftliche Wachstum notwendig; aber Inflation ist etwas
anderes.
Inflation und
Preisindices
Die Inflation wird, besonders
in einem Land mit so langer und
traumatischer Inflationserfahrung
wie Argentinien, durch die Preisindices angespornt, weil dann die
Unternehmer nicht zurückbleiben
wollen und vorsichtshalber ihre
Preise auch erhöhen, was sie gegenwärtig bei hoher Nachfrage
und Liquidität meistens mit relativer Leichtigkeit tun können, vor
allem, wenn Konkurrenten gleich
handeln. Das Indexierungsdenken
ist tief verwurzelt, was in einem
Land, das 45 Jahre Infla-tion erlebt hat, davon 15 Jahre mit dreistelligen Zunahmen, mit zwei
Hyperinflationswellen
am
Schluss, logisch ist.
Binnenhandelssekretär G. Moreno ist hier auf den ausgefallenen
Gedanken gekommen, die Statistik über Konsumentenpreise zu
frisieren, so dass dann eine niedrigere Inflation ausgewiesen wird,
als sie tatsächlich besteht. Dabei
ist diese Manipulation der Statistik so grob (sie wurde in Einzelheiten von Fachbeamten des INDEC angezeigt), dass das gegenteilige Ergebnis erreicht wird,
nämlich, dass die Statistik nicht
mehr glaubhaft ist und subjektive
11
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 12. Mai 2007
Schätzungen, die die Inflation
stets übertreiben, als Grundlage
für Verhaltensweisen genommen
werden.
Die Regierung will eine einstellige Jahresinflation beibehalten, von der sie zunächst eine psychologische Wirkung erwartet,
wobei dann die Inflation auch
nicht zum Politikum wird. Es ist
positiv, dass Präsident Kirchner
das Inflationsproblem nicht auf
die leichte Schulter nimmt (wie es
z.B. bei Alfonsín der Fall war),
auch wenn seine Methoden der Inflationsbekämpfung fragwürdig
sind und er sich offensichtlich mit
einer Inflationsrate zufrieden gibt,
die in der heutigen Welt als anormal hoch gilt. Wie weit er der Inflationsbekämpfung jedoch Priorität vor der Erhaltung einer guten Konjunktur und den guten
Beziehungen zu Gewerkschaften
gibt, wird sich noch zeigen.
PREISENTWICKLUNG
Änderung in Prozenten I: gegenüber Vormonat, II: gegenüber Vorjahr
Monat
Konsumentenpreise
I
2006
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
2007
Januar
Februar
März
April
Quelle: INDEC
II
Grossistenpreise
allgemein
Landwirtschaft
I
II
I
II
Industrieprodukte und
Strom
Baukosten
I
II
I
II
1,0
0,5
0,5
0,6
0,6
0,9
0,9
0,7
1,0
11,6
11,5
11,0
10,6
10,7
10,4
10,5
10,0
9,8
1,4
0,4
0,8
0,7
0,6
-0,3
0,4
0,1
0,4
10,9
11,4
12,0
11,4
10,8
8,4
7,7
6,7
7,2
-1,36
-1,00
-2,27
1,61
-0,14
0,59
-4,41
5,30
-0,07
9,55
8,92
3,24
0,91
0,28
0,35
3,81
8,42
10,30
0,7
1,0
1,1
0,6
0,9
0,4
0,5
0,2
0,4
8,0
8,6
9,5
9,6
9,8
9,6
8,9
7,0
7,5
1,2
4,3
2,5
-0,2
1,2
2,3
0,6
1,0
0,5
16,4
20,1
27,5
21,9
22,4
24,6
21,1
20,5
19,5
1,1
0,3
0,8
0,7
9,7
9,6
9,1
8,9
0,3
0,7
0,6
1,7
6,1
5,2
6,6
6,9
0,65
1,40
-0,1
3,6
9,51
8,90
9,1
14,6
0,7
0,6
0,6
1,3
7,9
7,8
7,9
8,5
2,5
0,7
1,4
1,0
20,2
19,6
19,4
19,1