Sant`agneSe - Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Transcrição

Sant`agneSe - Innsbrucker Festwochen der Alten Musik
Bernardo Pasquini
Sant’Agnese
(Rom, 1677)
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Der Passat CC.
Wer ihn sieht, sieht nichts anderes.
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Der VW Passat CC vereint auf unnachahmliche Weise Coupé-Design,
vier Türen, souveränen Komfort, Dynamik, sportliches Interieur
sowie Raum ohne Kompromisse und präsentiert sich damit als
Auto abseits des Mainstreams.
Perfektion trifft Faszination. Der VW Passat CC vereint auf unnachahmliche Weise Coupé-Design,
vier Türen, souveränen Komfort, Dynamik, sportliches Interieur
„Motorklänge für die Festwochen“
sowie Raum ohne Kompromisse und präsentiert sich damit als
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Inhalt
Programmübersicht
Die Heilige Agnes von Rom und Pasquinis Oratorium
Interview mit Alessandro De Marchi
Einführung von Vincent Boussard
Bernardo Pasquinis Oratorium Sant’Agnese (1677) Biografien
Inhaltsangabe/Synopsis
Libretto 4
9
13
18
22
37
48
51
Sant’Agnese ƒ Programmübersicht
„Sant’Agnese“ (1677)
Tiroler Landestheater
23./24. August 2008, jeweils 20 Uhr
Sant’Agnese ƒ Programmübersicht
Alessandro De Marchi Vincent Boussard Vincent Lemaire Stéphanie Zani Johann Kleinheinz
Musikalische Leitung
Regie
Bühnenbild
Kostümbild
Licht
Emmanuelle de Negri Karin Roman Martin Oro Kobie van Rensburg Antonio Abete Sant’Agnese
Madre di Sant’Agnese
Flavio
Aspasio
Prefetto
Einführungsgespräch jeweils um 19 Uhr, Pausenfoyer
„Il martirio di Sant’Agnese“
Oratorium in zwei Teilen von
Bernardo Pasquini | 1637-1710
Libretto von Kardinal Benedetto Pamphili
in italienischer Sprache (mit deutschen Übertiteln)
Dauer: bis ca. 22.00 Uhr, eine Pause nach dem ersten Akt
Academia Montis Regalis
Die Premiere wird vom ORF aufgezeichnet und live auf
Ö1 ausgestrahlt. Die Aufzeichnung wird vom ORF Wien
auf CD veröffentlicht.
Alessandro Tampieri, Ayako Matsunaga,
Ljiljana Mijatovic
Erste Violine
Raul Orellana, Rossella Borsoni,
Daniela Godio
Zweite Violine
Luigi Mocciam, Paola Nervi,
Heilke Wulff, Lorena Nunez
Viola
Marco Ceccato,
Alessandro Palmeri
Violoncello
Roberto Bevilacqua
Kontrabass
Francesco Romano,
Eduardo Eguez
Theorbe
Sabina Colonna Preti
Viola da gamba
Chiara Granata
Harfe
Alessandro De Marchi,
Anna Fontana
Cembalo
Sant’Agnese ƒ Programmübersicht
Sant’Agnese ƒ Programmübersicht
Christoph von Bernuth
Mariangiola Martello
Sibylle Polster
Cameron Arens
Aline Breucker
Ellen Piendl
Serena Malcangi
Cameron Arens
Produktionsleitung
Musikalische Assistenz
Regieassistenz und Abendspielleitung
Produktionsassistenz Bühnenbildassistenz
Inspizienz
Sprachcoaching
Übertitel
Herbert Kuen
Gerhard Spöttl, Wolfgang Elsenhans Philipp Haller, Andreas Achammer,
Arnold Westreicher, Walter Ronacher,
Karl-Heinz Zankl, Andreas Kössler,
Bernhard Steiner, Peter Lepp,
Benno Morawek, Thomas Niedermair,
Mario Quitadamo, Martin Gross,
Harald Mairhofer, Michael Baumgartner
Technischer Direktor
Bühnenmeister
Bühnentechnik
Philipp Baumgartner
Johannes Grimm, Simon Stenzel,
Bernhard Salcher, Florian Weisleitner,
Reinhard Jäkel, Christoph Klein,
Michael Reinisch, Franz Fedrizzi,
Armin Praster, Herbert Schrettl
Requisite
Beleuchtung
Andreas Lamprecht
Tontechnik
Dieter Lena
Angelika Habicher
Chefmaskenbildner
Maskenbildner
Anneliese Aschbacher
Renate Lindner
Sonja Bischur
Leitung Ankleide
Ankleide
Kopfschmuckanfertigung
Alois Schlatter
Julia Aufhammer, Judith Dierigl,
Leitung Einlassdienst
Einlassdienst
Waltraud Hanel, Brigitte Hassl,
Jürgen Mayer, Thomas Mladek,
Manuela Niklas, Sonja Noggler,
Clemens Schachenhofer,
Anna Sporrer, Juditha Waibl,
Tamara Stocker-Niklas
Die Kostüme wurden im Atelier Ananda durch Michelle Ann Bächtold
angefertigt, das Bühnenbild in den Werkstätten der Firma Varius, Berlin.
Sant’Agnese ƒ Einführung
Komm,
Christi,
nimm
die Krone
WunderBraut
gibt es
immer
wieder
Die
Heilige
Agnes vonKraft
Romdes
undAußergewöhnlichen
oder:
Die befreiende
Bernardo Pasquinis Oratorium
Für uns spielen
Sie die Hauptrolle.
Serviceline: 050 350 350
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von Carsten Hinrichs
von Carsten Hinrichs
Ein Wunder, das ist streng genommen ein außergewöhnlicher Vorfall, das
Zwei
Lämmer von
segnet
derund
Papst
jedes
Jahr
zum 21. Januar,
den Gesetzen
Raum
Zeit,traditionell
oder auch nur
dem
Menschenverstand
dem
Sankt-Agnes-Tag,
einer
Kapelle
Roms.
Mit derund
Wolle
dieser
(scheinbar)
zuwider läuft.in Die
starre
Ordnung
zerbricht,
Herz
und
beiden
Lämmer
wird von
den
in dass
Klausur
Sinn werden
geschärft
durch
einstreng
Ereignis,
die lebenden
Menschen Nonnen
aufhorvon Santa
Cecilia
Trastevere
Pallium
gewoben,
weiße
chen
lässt. Das
Wortin„Wunder“,
vondas
althd.
„wuntar“,
stammt der
vermutlich
Schulterschal,
der mit fünfWurzel
schwarzen
Kreuzen bestickt
amsprachlich
29. Juni
von
der indogermanischen
*uen ( „Verlangen“),
und ist
den im Vorjahr
ernanntenDas
Erzbischöfen
wird. Das Tragen
des
verwandt
mit „Wunsch“.
Wunder istüberreicht
also ein erwünschtes
Zeichen,
Schals
über der
Schulter
anBestätigung
den Hirten, für
derlange
das verirrte
Lamm
eine
Erlösung
aus
der Noterinnert
und eine
Erhofftes.
zurückbringt – ein Symbol für die Heimkehr der auf Erden irrenden Seele
zu Christus.
UndAntike
nicht das
umsonst
werden
die Lämmer
am Tag dermenschHeiligen
Während
in der
Wunder
vor allem
außergewöhnliche
AgnesLeistungen
geweiht, deren
Name(etwa
schon„Die
an Sieben
sich an Weltwunder“),
das römische ist
Wort
liche
bezeichnet
es für
im
LammTestament
= agnus und
an Duldsamkeit
und Opferbereitschaft
denAlten
einedamit
Domäne
Gottes und seiner
Propheten. Göttliches
ken lässt. rückt
Die Lebensgeschichte
dieser
römischen
Heiligen
liegt der
Eingreifen
die aus den Fugen
geratene
Ordnung
der Menschen
zweitenins
Produktion,
die Innsbrucker
Festwochen
auf derSituationen
Bühne des
wieder
rechte Lot.die
Wunder
können auch
in ausweglosen
Landstheaters
zugrunde. Prinz Bel-šarra-usur (Belsazar), der
Trost
spenden.zeigen,
Der babylonische
die Israeliten nach der Zerstörung Jerusalems ins Exil
Bernardo Pasquinis
Il martirio
Sant’Agnese
verschleppt
hat, erniedrigt
das di
gefangene
Volk von
um
1677 v.kann
inhaltlich
als einendes
recht
unge540
Chr. man
durch
den Gebrauch
jüdischen
schminkten Tatsachenbericht
einer staatlichen
Tempelgeräts
bei einem orgiastischen
Mahl –
Gewalthandlung
Geschichte
Symbol
ihrer undbezeichnen.
ihres GottesDie
Machtlosigkeit.
dieseseine
Oratoriums
spielt im aus
antiken
zur und
Zeit
Doch
Hand erscheint
den Rom
Wolken
der Christenverfolgungen.
SieWand,
führt das
ein nur
junges
schreibt
ein Menetekel an die
der
Mädchen Prophet
von zwölfDaniel
Jahrenzuvor,
das sich
nicht mit
jüdische
deuten
versteht.
So
Flavius,
Sohn Jude
des mächtigen
Stadtpräfekten
wird
der dem
verhöhnte
zum Verkünder
des göttvermählen
will, da es die
davon
überzeugt
ist, bereits
lichen Todesurteils,
Perser
überrennen
das
Christus
versprochen
zu sein.
muss sich
dünkelhafte
Babylon und
tötenMan
Belsazar.
Ein
das
so vorstellen,
als ob eineder
Bürgerstochter
Wunder,
dass die Schmach
Demütigung
die
Hand
des schönen
durch
Rache
bereinigt.Prinzen ausschlägt
– ganz davon abgesehen, dass eine
Frau
sein, und
noch dazu
eine
Eine zu
andere
Bedeutung
haben
junge,
im Rom
Antike sicher
die Wunder
derder
frühchristlichen
Attraktivität
bedeutete,
keinesZeit, wie sie
in lateinischen
falls
jedoch EntscheidungsHeiligenlegenden
überliefert
gewalt.
Die liegt hier die
normasind. Wunderzeichen,
sich
lerweise
in und
den im
Händen
des
im Handeln
Martyrium
Stadtkommandanten,
der sind
eine
der Heiligen offenbaren,
solche Weigerung gegenüber
gesellschaftlichen Konventionen
Sant’Agnese ƒ Einführung
keinesfalls dulden kann, zumal sein eigen Fleisch und Blut darunter leidet. Auch Agnes’ Mutter kann sie nicht schützen. Im Sinne gegenläufiger Bestrafung soll dem Mädchen das Gefasel von Unberührbarkeit
ausgetrieben werden, indem sie der Schändung in einem Bordell preisgegeben wird. Auch Flavius findet sich ein, unter dem Deckmantel des
Richterspruches auf seine Chance hoffend. Doch es kommt anders. Ein
inneres Feuer verzehrt den verliebten jungen Mann, sobald er Agnes
berühren möchte. Der Stadtpräfekt ist vor Schmerz über den Verlust
seines Sohnes außer sich, doch holt ein Gebet des Mädchens den
bereits Toten ins Leben zurück – geläutert und fortan an Agnes’ Worte
und den christlichen Gott glaubend. Doch hier verfällt der Präfekt
den Einflüsterungen seines bösen Ratgebers Aspasius, der einen
Volksaufstand befürchtet und die Wiedererweckung und Bekehrung
des Sohnes nur dem Werk einer Hexe zutraut. Und die Schmach, trotz
aller weltlichen Macht nicht seinen Willen durchsetzen zu können,
besiegt im Präfekten sogar die Fürsorge für Flavius – ein neuerliches
Urteil überantwortet Agnes den Flammen, um auch gleich den verzweifelten Sohn von seinen christlichen Spinnereien zu heilen. Doch auch
diesmal wird Agnes gerettet: Die Flammen weichen vor ihr zurück und
versengen ihren Körper nicht. Zuviel für Aspasius, der daraufhin selbst
zum Schwert greift und das Mädchen tötet. Doch Agnes, betrauert von
Mutter und Flavius, ist sich in ihrer Standfestigkeit der Ewigkeit sicher.
In Anlehnung an diese Heilige werden noch heute die Nonnen nach dem
Noviziat zur Weihe gerufen mit den Worten Veni Sponsa Christi, accipe
coronam – Komm, Braut Christi, nimm an die Krone, die der Herr dir
bereitet hat für die Ewigkeit. Gemeint ist das Brautkrönchen, Zeichen
für die Hochzeit mit Christus.
Die Geschichte der Heiligen Agnes: Ein religiöser Stoff, wie gemacht für
das Oratorium, das eigentlich ein geistiges Kind der Gegenreformation
ist. Das Bemühen um Rückkehr zur Textverständlichkeit und Einfachheit
in der Kirchenmusik, wie es das Konzil von Trient 1545 formuliert, wendet sich von allem rein Sinnlichen im Gottesdienst ab und verbietet
den „eitlen Ohrenschmaus“. Doch umso glühender die Protestanten
auf dem Fundament ihrer Choräle voranschreiten, wächst auch in Rom
der Hunger nach klangsinnlicher Musik als Medium des Glaubens. Als
Reaktion auf die virulent um sich greifende Reformation richtet die
Kongregation des Heiligen Filippo Neri in den Gebetsräumen (dem
oratorium) des Ordens außerhalb der Messen Andachten auf Italienisch
ein, die nicht nur bald von Besuchern gestürmt wurden, sondern auch
der Musik einen breiteren Raum gaben als die lateinischen Messen.
10
Sant’Agnese ƒ Einführung
Aus den hier mit verteilten Rollen gesungenen biblischen Historien
entwickelt sich das Oratorium – eine Art geistliche Oper, deren Stoff
die Inszenierung zwar verbot, deren Musik aber im Lauf des Barock die
fehlende Szene mehr als ersetzte. Man denke nur an die großen, klangfarbensatten Werke Vivaldis oder Händels. Nachdem in Rom der Papst
infolge eines Erdbebens die Opernhäuser schließen lässt, verlagert sich
das Verlangen der Kirchenfürsten nach Musik und Stimmvirtuosität auf
die Oratorien der Andachtsräume und Abendkonzerte.
Bernardo Pasquini, ein
umjubelter Virtuose auf
den Tasteninstrumenten
und Komponist von
Sant’Agnese, ist sowohl
Organist der Erzbruderschaft del Santissimo
Crocifisso, die beständig Oratorien in Auftrag
geben, sondern auch
Teil des gigantischen
Kunstapparats der Aristokratie. Reiche Mäzene wie Christina von
Schweden (für deren
Station auf der Reise zu
ihrer Wahlheimat Rom
in Innsbruck das erste
freistehende Opernhaus
nördlich der Alpen ent-
Andrea Pozzo: Bernardo Pasquini
stand), Marchese Ruspoli oder die Kardinäle Pietro Ottoboni und Benedetto Pamphili finanzieren eine Hochblüte von Kunst, Architektur und eben auch Musik
in ihrem Umfeld. Kardinal Pamphili verfasst eigenhändig das Libretto
zum Oratorium über die unschuldige Braut Christi. In der Accademia
dell’Arcadia lernt Pasquini Alessandro Scarlatti und Arcangelo Corelli
kennen und trifft zuletzt noch auf den blutjungen Georg Friedrich
Händel. Ein unvorstellbarer kultureller Schmelztiegel, in dem alle Künste
miteinander wachsen, und alle Künstler voneinander profitieren können.
Ein wahrer Frühling für die barocke Musik, und auch die Hochblüte der
Kunstform Oratorium trägt den Ruf der Heiligen Stadt am Tiber und
ihrer Komponistenzirkel durch ganz Europa. f
11
Sant’Agnese ƒ Interview mit Alessandro De Marchi
Die zarte Farbe der Dissonanz
Alessandro De Marchi zu Bernarndo Pasquini
und dem römischen Oratorium
von Carsten Hinrichs
Kultur fördern.
Einfach mehr Bank.
Eine interessante Erkenntnis vorweg: Beim Musikmachen wird nicht erst
seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der Ära des Rock’n’Roll,
mit den Augen gerollt. Emotional exzessives und auf Darstellung ausgerichtetes Musizieren spielte schon im Rom des 17. Jahrhunderts
eine große Rolle, davon berichtet Alessandro De Marchi, der Dirigent
der Produktion Sant’Agnese. Die Lust der barocken Kirchenfürsten an
barockem Pathos erreichte so auch die virtuose Ausführung der Noten,
für die in Rom ganz eigene Regeln galten. De Marchi hat sich intensiv
mit zeitgenössischen Berichten befasst. „Mein Ziel ist es, das typisch
römische Musizieren jener Zeit lebendig werden zu lassen. Dazu teile
ich zum Beispiel in den Ritornellen und Präludien das Streichorchester
in Soli und Tutti. Auch wissen wir von Muffat, der seine Ausbildung ja
im sehr gemäßigt musizierenden Frankreich hatte, dass in Rom alles
extrem genommen wurde, die Tempi und die Dynamik, ja dass sogar der
Ausdruck, den die Musiker beim Spielen machten, sehr exaltiert war. Es
gibt Berichte von Soloviolinisten, die beim Spiel den Oberkörper kreisen
ließen und wild mit den Augen rollten!“
www.rlb-tirol.at
Vignette des Auftrittsmonolog des Flavio, handschriftliche Partitur, Wien
13
Sant’Agnese ƒ Interview mit Alessandro De Marchi
De Marchi, der zuletzt viele Ausflüge in die Musik der Klassik unternahm
– unter anderem dirigierte er in Innsbruck 2006 Mozarts Il Re pastore
– freut sich sehr auf die neue Zusammenarbeit mit Vincent Boussard,
da er dessen Regiequalität und Kreativität schätzt. Vor allem aber ist
für ihn wichtig, dass der Franzose sehr gut Italienisch spricht und im
Gegensatz zu vielen andern Regisseuren stets das Libretto respektiert.
Wochen des Textstudiums gingen seinem Ansatz voraus. Dass De
Marchi 2008 gemeinsam mit Boussard „seine“ alte Liebe, das römische
Oratorium erkunden kann, freut ihn umso mehr.
Das Oratorium war zur Zeit Pasquinis noch eine verhältnismäßig junge
Form. Erst hundert Jahre zuvor entstanden in der musikalischen
Ausgestaltung privater Andachten die ersten Vertonungen geistlicher
Erbauungstexte und Bibelhistorien. Der zunächst immer anwesende
„Historicus“, eine Art Erzähler, der die nicht zu sehende Szenerie und
das Geschehen beschrieb, war bis Ende des 17. Jahrhunderts verschwunden, wodurch die Libretti immer mehr den Textbüchern von
Opern ähnelten. De Marchi, der studierte Cembalist und Fachmann
für das Generalbassspiel, das er sogar an der berühmten Hochschule
in Basel unterrichtete, kam seinerzeit bei den barocken Oratorien
des frühen Händels und Alessandro Scarlattis auf den Geschmack.
„Sant’Agnese ist kaum von einer Oper zu unterscheiden. Die Handlung
ist zwar geistlich, aber wir haben eine sehr schöne Liebesgeschichte mit
einem feindlich gesonnenen Bösewicht. Eine Konstellation, die ganz der
Oper entspricht: Tenor will Sopran, Bass weiß das zu verhindern.“
Wie muss man sich nun den Stil des römischen Oratoriums vorstellen? De Marchi hat die passenden Vergleiche schon zur Hand: „Die
römische Musik dieser Zeit basiert auf dem vokalen Modell. Während
man in Neapel dem Affekt huldigte und in Florenz der Melodie, stand in
Rom der Kontrapunkt im Mittelpunkt des Interesses. Zu Pasquinis Zeit
sind Oper und Oratorium noch keine so festgeschriebenen Gattungen.
Wir finden noch Elemente des Monteverdischen Stils darin, außerdem
folgt die Komposition frei dem Text und erschöpft sich noch nicht in
der Aneinanderreihung von Rezitativ und Arie. Das macht die Musik in
meinen Augen sehr beweglich und interessant.“ Die Vorfreude ist ihm
dabei anzumerken. Ein bisschen greift aber auch er in die aufführungspraktische Trickkiste, um das Werk für die Bühne in Schuss zu bringen.
„Ich habe mir erlaubt, das Orchester dem Opernhaus anzupassen und
ein wenig zu vergrößern“, gesteht De Marchi. „Die Partitur mit ihren
fünf Streicherstimmen und Basso continuo habe ich nach den Angaben
Georg Muffats ausgearbeitet, die er seinen Concerti grossi vorange14
Sant’Agnese ƒ Interview mit Alessandro De Marchi
stellt hat. Darin wird genau beschrieben, wie der Satz ausgeweitet werden kann. Ich bleibe bei aller Bearbeitung also im historischen Rahmen.
Ein anderer Fall ist die einleitende Sinfonia, die sich leider nicht erhalten
hat. Ich nehme stattdessen die Sinfonia zu Pasquinis Oper Tirinto von
1672, die im Stil und der Besetzung dazu passt.“
Über die letztendlichen Aufführungen von Sant’Agnese ist nichts bekannt.
Es gibt sogar die Theorie, dass das Werk zuerst in Österreich gespielt
wurde. De Marchi selbst war überrascht, als er davon las: „Angela
Romagnoli hat eine Arbeit zum Oratorium verfasst, wo sie anhand von
Hinweisen die These aufstellt, dass das Werk nicht im Kompositionsjahr
1677, sondern erst in der Fastenzeit 1678 das Licht der Welt erblickte.
Und dies ausgerechnet am Wiener Kaiserhof. Weitere Aufführungen lassen sich dann nachweisen für den Hof Eleonore Gonzagas, dann sehen
wir Sant’Agnese noch mal 1679 in Ferrara und 1685 in Modena. Von
dieser letzten Aufführung gibt es ein Manuskript von unbekannter Hand,
aus dem wir das Aufführungsmaterial zusammengestellt haben. Es gibt
von dem Werk auch keine moderne Ausgabe, wir musizieren sozusagen
indirekt aus Originalmaterial, dass für uns aufbereitet worden ist.“
Und wie steht es letztendlich mit der Klangsinnlichkeit, sobald die
Musiker mit dem Blick ins Material ihre Instrumente ansetzen? Gewann in der Kirchenmusik die strenge Frömmigkeit die Oberhand?
Ganz im Gegenteil: „Die Prachtentfaltung der römischen Kirchenfürsten
ist legendär. Wir wissen, dass Kardinäle wie Pietro Ottoboni oder
Benedetto Pamphili so unermesslich reich waren, dass Geld für sie
im täglichen Leben eigentlich keine Rolle spielte. Zum Glück waren
sie zugleich sehr an Kunst und Musik interessiert! Ottoboni besaß
ein Orchester von über hundert Mann für den alltäglichen Einsatz,
das für hohe Festtage sogar noch mit eingekauften anderen Kapellen
verstärkt wurde“, so De Marchi weiter. Die Phantasie muss also fast
zwangsläufig hinter der Realität zurückbleiben. Noch dazu waren in den
Musikerzirkeln der Höfe die besten Komponisten ihrer Zeit beschäftigt, eine heute schier unglaubliche Konzentration von Talenten. Man
weiß von Konzerten, in denen Arcangelo Corelli, Bernardo Pasquini
und Alessandro Scarlatti zumindest theoretisch zusammengespielt
haben könnten. Nach dem Tod Christinas von Schweden gründeten die
Aristokraten und Komponistenvirtuosen die Accademia dell’Arcadia, der
später auch Georg Friedrich Händel bei seiner Romreise beitrat. Eine
Art musikalischer Interessentenkreis und zugleich eine Talentschmiede
für junge Köpfe, Beziehungen zum Hochadel inklusive.
15
Sant’Agnese ƒ Interview mit Alessandro De Marchi
Ein weiterer wichtiger Punkt für die sowohl irdische wie auch
Kirchenmetropole Rom: Weder für Musiker am Hof, noch im klerikalen Umfeld gab es die heutige Wertetrennung zwischen weltlicher Unterhaltungsmusik und geistlichen Kompositionen. Natürlich
herrschten unterschiedliche Stilanforderungen, aber für Bernardo
Pasquini, der sowohl als Organist bei frommen Bruderschaften als auch
als Hofcembalist in hohem Ansehen stand, waren Kompositionsaufträge
aus beiden Musiksphären gleichwertig.
Musik mit Perspektiven.
citygrafic.at
„Der Hauptunterschied lässt sich am besten mit dem Satz zum
Ausdruck bringen: ‚Oper komponiert man für Geld, Oratorien für den
Himmel’,“ fasst Alessandro De Marchi zusammen. „Es ist auffällig, dass
die Komponisten bei religiöser Musik immer ein wenig mehr Sorgfalt auf
die Komposition verwenden, als bei Opern. Ein weiterer Grund dafür
mag auch sein, dass Oratorien nicht wie Opern auswendig gesungen
wurden, das heißt, die Sänger konnten auch komplexere Partien mithilfe der Noten ausführen. Das kontrapunktische Element als typisch
kirchenmusikalische Note ist in den Oratorien allgegenwärtig, aber
die Spezialität Pasquinis ist, dass er den Kontrapunkt unter einer so
kantablen Oberfläche einzubinden versteht, dass er nie als gesucht
oder störend kunstvoll empfunden wird. Der Kontrapunkt ist voll in die
Satzart integriert.“
Innsbrucker Festwochen
der Alten Musik
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Grundlage für den typisch römischen Stil ist neben dem exponierten Spiel auch die Improvisation. „Die Rahmenbedingungen für die
Improvisation im Orchesterspiel haben wir uns sehr genau angeschaut.
Da spielen Dissonanzen und das Auskosten der Reibungen eine große
Rolle, besonders bei Pasquini. Schüler berichten von seinem außergewöhnlichen Cembalostil und es heißt, der Maestro habe sich Tasten
für eigens zu stimmende Zwischentöne einbauen lassen, mit deren
harmonischen Reiz er seine Arpeggien anreicherte. Das lässt sich
vereinfacht betrachtet mit den so genannten blue notes im Jazz vergleichen – harmoniefremde Töne, die durch ihre Farbe den Akkord eindunkeln oder schärfen. Beim Musizieren streute Pasquini diese Noten als
Verzierungen, wie acciaccature und mordenti, in das den Akkord auffächernde Arpeggiospiel ein, ähnlich der Wirkung, mit der beim Malen die
Leuchtkraft einer Farbfläche durch einen zuvor hinein gemischten Tupfer
einer Kontrastfarbe anreichert und brillanter macht. Diese Verzierungen
waren nicht ‚erlaubt’, so dass Pasquini sie nie aufgeschrieben hat. Aber
aus dem Klavierstil von seinem Enkelschüler Domenico Scarlatti kennen
wir die Dissonanzen nur zu gut, von dort aus haben sie die Klaviermusik
der nächsten Jahrhunderte beeinflusst.“ f
17
Sant’Agnese ƒ Einführung von Vincent Boussard
Einführung von Vincent Boussard
» er band mich an sich
mit dem Ring, den er meiner rechten Hand ansteckte, er
umlegte meinen Hals mit kostbaren Steinen, kleidete mich in
einen Mantel aus goldgewirktem Stoff, er schmückte mich
mit zahllosem Geschmeide: er hinterließ einen Abdruck auf
meinem Gesicht, auf dass ich keinen anderen Geliebten als
ihn mehr wählen könne; und das Blut seiner Wangen hat sich
den meinen aufgeprägt. Seine keuschen Umarmungen haben
mich bereits überwältigt, sein Körper hat sich schon mit dem
meinen vereinigt; er zeigte mir unvergleichliche Schätze, die
er mir zu geben versprach, wenn ich ihm für immer die Treue
halte.«
„Agnes beatae virginis“, aus: „De virginibus“ des Ambrosius von Mailand, Jan. 375 oder 376 n. Chr.
Dies sind die Worte, mit denen Agnes, das junge Mädchen (laut ihrem
ersten Biographen im IV. Jahrhundert nach Christus) jenen beschreibt,
der bei ihr einen Platz eingenommen hat, den sie niemandem anderen
mehr zugestehen kann. Es ist der Bericht einer intimen Begegnung mit
einem erträumten Mann. Eine traumhafte jugendliche Episode von ersten erotischen Erfahrungen, in der sie ihr Begehren für alle Zeit an ein
Gesicht kettet. Sie bezeichnet Gott als den idealen „Geliebten“, dessen
Auftreten allmächtig erscheint. In ihrer Faszination schöpft sie aus den
Spuren dieser „keuschen Umarmungen“ die Kraft und die Freude, die
ihr mit ihrem letzten Atemzug die folgenden Zeilen eingeben: „das Herz
18
Sant’Agnese ƒ Einführung von Vincent Boussard
weicht den süßen Schmerzen um wiedergeboren zu werden jenem Guten, das ich in Ewigkeit anbeten werde“. Das Gesicht Gottes – „sein Körper…“ – scheinen schon den Geruch und den eindringlichen Geschmack
eines Geliebten angenommen zu haben, der auf Agnes’ Wangen das Blut
seiner eigenen Wangen hinterlässt; Wangen, die, voller Gold und Edelsteinen, das junge Mädchen blenden und in ihr das glühende Begehren
und das Verlangen nach einer ewigen Besitzergreifung entfachen.
Die Sprache von Agnes, ganz zu Ehren des Schöpfers, nimmt in ihrem
Ausdruck Anleihen an der römischen Poetik des XVII. Jahrhunderts und
verherrlicht das religiöse „Dogma“ durch Aussagen von geradezu biblischer Wucht (das Gedicht ist ein Werk von Benedetto Pamphili, einem
einflussreichen Kardinal, der mit Händel auch für Trionfo del Tempo e
del Disinganno zusammenarbeitete). Jedoch öffnet sich dieser Text, der
weit davon entfernt ist, nur eine strenge Predigt in forma di concerto zu
sein, den Zuständen und Affekten, in die die Musik sich hineinziehen
lässt und erfüllt die Charaktere mit echter Menschlichkeit. Eines von
mehreren Beispielen wäre das Klagen des Präfekten angesichts des
öffentlichen Todes seines Sohnes (II, 8). Sein Ausdruck ist stumpf, wie
trunken, wenn sich die Unerbittlichkeit zeigt, mit der er Flavio verurteilt
(II, 17 und 19). Ein Eintauchen in die Tiefen der Leidenschaften der Seele, die in diesem Jahrhundert so gerne ergründet wird. Agnes selbst
äußert sich ekstatisch, ihre Gesänge kommen dem Eindruck sinnlicher
Befriedigung nah. Ihr permanentes Drängen ist genauso verwirrend wie
das ungeduldige Verlangen, von den Flammen verschlungen zu werden
„alle fiamme, alle fiamme…“ (II, 28) - nicht nur, um ihrem irdischen Martyrium zu entkommen, sondern auch in einer brennenden und unausweichlichen Bewegung auf den Körper desjenigen hin, der sich „bereits
mit dem ihren vereinigt hat“. Andere Zeilen verraten eine unmissverständliche Wolllust, wenn sie die Figur erwähnt, die sie leitet (I, 22), oder
auch den Frieden, den man nur bei Gott findet (I, 30). Umgekehrt, in der
Not ihrer extremen Einsamkeit (II, 1), scheint ihr zerbrechlicher Gesang
nur mehr an einem Faden zu hängen; jenem, der in Verbindung mit den
„vaghe stelle…“ steht und gerade eben noch diesen langen Seufzer am
Rande der Atemlosigkeit in Ekstase aufrechterhält.
Es gibt auch einen körperlichen Aspekt im Umgang mit Gott, vielleicht
sogar noch glühender in Agnes’ jungem Körper, da sie „noch nicht das
rechte Alter für ein Martyrium erreicht hat“ (De Virginibus, Hl. Ambrosius) und sich in ihrer arglosen Authentizität den Blicken des einen und
dem Schwert des anderen aussetzt.
19
Sant’Agnese ƒ Einführung von Vincent Boussard
Strom
Wasser
Abwasser
Abfall
Telekommunikation
Krematorium
Bäder
Wärme-Contracting
Natürlich preisen der Hl. Ambrosius, die Kirche und schlussendlich
Pamphili bei Agnes das Martyrium der ersten Diener Gottes, von denen man weiß, wie grausam sie im Rom des IV. Jahrhunderts verfolgt
wurden. Gleichermaßen findet sich darin der schwärmerische Kampf für
den Erhalt der „Jungfräulichkeit“, eine Kardinalstugend. (Als zeitlich weit
entferntes Echo annullierte im Juni 2008 ein französisches Gericht eine
Ehe aufgrund nur vorgetäuschter Jungfräulichkeit…). Der Bericht über
ihr Leiden nützt dem religiösen Dogma und die nachfolgenden, hier erzählten Wunder unterstützen diese Ideologie.
Viermal passieren für die weltlichen Zeugen unerklärliche Vorkommnisse
zwischen Agnes und der Welt, die sie umgibt: Ein junger Mann, der sich
zu nah an sie heranwagt und von dem sie befürchtet, dass er sie schändet, wird vom Blitz erschlagen (II, 6), der selbe Mann ersteht später nach
dem Gebet von Agnes wieder von den Toten auf (II, 12). Die Flammen
des Scheiterhaufens erlöschen vor ihren Füßen bei ihrer Hinrichtung (II,
29). Eigenartigerweise ist das vierte Vorkommnis dieser Aufzählung, das
erste in der Reihenfolge der Geschichte (und der Dichtung!), von Pamphili nicht überliefert: „Der Präfekt befahl also, sie zu entblößen und sie
nackt in das Freudenhaus zu bringen; aber der Herr machte ihr Haupthaar so dicht, dass sie von den Haaren besser bedeckt war, als von ihrer
Kleidung …“ (De Virginibus, Hl. Ambrosius).
Bernardo Pasquini behandelt diese Wunder in seinem Oratorium mit äußerster Zurückhaltung. Er gibt sich damit zufrieden, die Vorgeschichte
zu erzählen. Keine Zeile, keine einzige Note in der Musik beschreibt den
eigentlichen Hergang. Wir werden diesen Ereignissen einen poetischen
Körper geben, so dass sie als Quelle der starken Reaktionen der Schauspieler in diesem Drama erkennbar sind. Agnes, die im Zentrum all dieser Mysterien steht, ist zweifellos die erste Überraschte angesichts dieser übernatürlichen Ereignisse…
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Den Leidensweg von Agnes zurückzuverfolgen bedeutet, Station für
Station dem Pfad des Martyriums einer Jugendlichen nachzugehen, die,
während sie sich ihrer „Heiligkeit“ nicht bewusst ist, aus ihrer Seele,
ihrem Körper und ihrem Traum die Stärke schöpft, auf eine radikale Weise zu zeigen, dass sie in der Liebe frei ist. Zum tragischen Preis ihrer
Existenz. f
Vincent Boussard
Paris, am 2. Juli 2008
www.ikb.at
Übersetzung Andreas Holzmann
21
Sant’Agnese ƒ Einführung
Sant’Agnese ƒ Einführung
Typisch römisch
Bernardo Pasquinis Oratorium Sant’Agnese (1677)
von Sabine Ehrmann-Herfort
Am 17. April 1677 beschreiben die Avvisi di Roma, eine Art Vorläufer
der späteren Wochen- und Tageszeitungen, ein besonderes kulturelles Ereignis, das am vorangegangenen Sonntag, dem 11. April 1677,
abends im Oratorium der römischen Chiesa Nuova stattgefunden hatte.
Mit durchaus auch kritischem Unterton wird hier von einer wunderbaren Komposition Benedetto Pamphilis berichtet, deren Text, voller
Sinnsprüche und gelehrter Bemerkungen, offenbar bei den Zuhörern
mehr Eindruck hinterlassen hatte als die Musik, zumal – nach Auskunft
des Berichts – einige der Sänger an diesem Abend gar nicht gut bei
Stimme waren. Viele römische Adlige und auch Kardinäle waren zur
Aufführung des Stücks gekommen. Dass es ein „oratorio“ Benedetto
Pamphilis war, erfahren wir in der Bekanntmachung, während jedoch
der Komponist nicht genannt wird. Wiederholt wird die Komposition
am darauf folgenden Montag, dem Ostermontag (18. April 1677), bei
Benedetto Pamphili zu Hause, wiederum in Anwesenheit eines vielzähligen Publikums, wie der Chronist mit Genugtuung feststellt.
Was der Rezensent verschweigt, sind Komponist und Titel des Werks:
es handelt sich um Bernardo Pasquinis Sant’Agnese, ein Oratorium,
das auf vielfältige Weise mit Rom und den Bedingungen des römischen
Musiklebens verbunden ist.
Erzählt wird in diesem Stück das Martyrium der römischen Heiligen
Agnese. Sie lebte, wenn es sie denn wirklich gegeben hat, um die
Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus. Von ihrem kurzen Leben ist
nur das Martyrium bekannt, von dem Damasus, Ambrosius und auch
Prudentius berichten. Bereits seit der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts
wird Agnese in Rom verehrt. Die Berichte von ihrem Martyrium stecken
voller grausiger Details.
Für das Zustandekommen einer Aufführung „con istromenti“ hatte
sich Pamphili sehr ins Zeug gelegt. Denn im Oratorium der römischen
Philippinerkongregation waren üblicherweise nur Generalbassinstrumente zugelassen. Bereits 1630 hatte man aufgrund beständiger
Unruhen unter den Zuhörern die Instrumentalmusik im Oratorium abgeschafft, eine Entscheidung, die darauf zielte, den Andachtscharakter
der Veranstaltungen zu stärken. Denn die Andacht („devotione“) sollte
bei den Veranstaltungen im Vordergrund stehen und nicht durch eine als
selbstgefällig und eitel empfundene Musik („vanità della musica“) gestört
werden. Ausnahmen von diesem Verbot waren möglich, und gerade
22
bei Interventionen einflussreicher Persönlichkeiten hat man (unter
Vorbehalten) Zugeständnisse gemacht. So war Benedetto Pamphili
bereits 1673 schon einmal die Aufführung eines mit Instrumenten begleiteten Oratoriums gestattet worden, und auch Cristina von Schweden
hatte 1675 für eine Oratorienaufführung erfolgreich interveniert. Und
so erhält Pamphili, der die Kongregation mit großem Nachdruck
um Erlaubnis für die Aufführung von S. Agnese „con istromenti“ im
Filippiner-Oratorium gebeten hatte, am 11. März 1677 ein weiteres Mal
eine Ausnahmegenehmigung.
Bereits der junge, vierundzwanzigjährige Benedetto Pamphili (1653–
1730), der spätere Kardinal, war sehr einflussreich, vermögend und
ehrgeizig. Just seit 1677 auch principe der römischen Accademia
degli Umoristi und später (ab 1695) auch Mitglied der Arcadia, strebte
er in dieser Zeit nach der Kardinalswürde und da galt es auch, die
Werbetrommel für sich und die eigene Familie zu rühren. Pamphili sollte
dann im weiteren Verlauf seines Lebens zu einem wichtigen Förderer
der Musik in Rom werden. Zahlreiche Oratorien- und Kantatenlibretti
stammen aus seiner Feder.
Am Oratorium der römischen Chiesa Nuova, in Rom während des
17. Jahrhunderts die primäre Pflegestätte des musikalischen Oratoriums
in italienischer Sprache, hatte die Geschichte von S. Agnese bereits vor
Pamphilis Dichtung als Oratorienstoff Tradition, und so gibt es vor 1677
noch drei weitere Oratorien mit diesem Stoff im Fundus der Oratorianer.
Aber auch das Haus Pamphili selbst hatte zum Agnese-Stoff eine
besonders enge Beziehung.
Bereits 1651 wurde eine geistliche Oper
mit dem Titel Sant’Agnese anlässlich
der Hochzeit des Papstneffen Fürst
Camillo Pamphili mit Olimpia Aldobrandini nach einem Libretto von Benigni und Musik von Savioni im Palazzo
Pamphili am Corso aufgeführt. Im Zuge
der Ausbauarbeiten, die Pamphilis
Großonkel, Papst Innozenz X. (1644–
1655), am Palazzo Pamphili, dem Familiensitz der Pamphili an der Piazza
Navona, vornehmen ließ, wurde auch
die angrenzende Kirche Sant’Agnese
in Agone zur Familienkirche der Familie Pamphili umfunktioniert und 1672
Kirche S. Agnese in Agone,
Piazza Navona, Rom
23
Sant’Agnese ƒ Einführung
eingeweiht. Diese seit dem 8. Jahrhundert auf der Piazza Navona
angesiedelte Kirche ist der Heiligen Agnes geweiht und steht an der
Stelle, wo Agnes der Legende nach für ihre Verfolger auf dem Markt zur
Schau gestellt worden und gestorben war. Just 1677 wurde auch Papst
Innozenz X., der bereits 1655 gestorben und zunächst im Petersdom
begraben worden war, nach Sant’Agnese in Agone überführt und dort
feierlich bestattet.
Im Jahr 1677 also greift Benedetto Pamphili diesen „Familienstoff“
wieder auf, der womöglich auch durch die Bestattung von Innozenz X.
in Sant’Agnese für die Familie neue Aktualität gewonnen hatte und
überhaupt eine Art „Logofunktion“ für die Pamphili zu haben schien.
Mit Bernardo Pasquini wählt Pamphili für sein Oratorium von 1677
einen Komponisten, der auch selbst beste Kontakte zur römischen
Aristokratie besaß.
Bernardo Pasquini (1637–1710) stammt aus der Toskana, ist sowohl als
Komponist wie als Instrumentalist an Orgel und Cembalo sehr erfolgreich. Nach einer Tätigkeit als Organist an der Accademia della Morte
in Ferrara (1654–1655), einem der wichtigsten musikalischen Zentren
der Stadt, kommt er nach Rom, wo er an verschiedenen Kirchen als
Organist tätig wird (ca. 1657–1664 an S. Maria in Vallicella; 1664 an
Santa Maria Maggiore und Santa Maria in Aracoeli). Außerdem schreibt
er zahlreiche Oratorien, Opern, Serenaden und Instrumentalmusik, insbesondere für wichtige Vertreter des römischen Adels seiner Zeit. Als
einer von nur wenigen Musikern wird er 1706 in die römische Accademia
dell’Arcadia aufgenommen. Ab 1667 stand Pasquini in Diensten des
Giovanni Battista Faldal, Oratorium und Kirche S. Maria in Vallicella, Rom 1665
24
Sant’Agnese ƒ Einführung
römischen Fürsten Giovan Battista
Borghese, später in den Diensten von
dessen Sohn Marcantonio Borghese
und lebte im römischen Stadtpalast
der Familie Borghese. Auch Pasquini
ist, wie Pamphili, in der römischen
Musikszene bestens vernetzt und
hat zudem zahlreiche europäische
Kontakte, war in Paris gewesen
und vielleicht auch in Wien und als
Lehrer eines auch internationalen
Schülerkreises, zu dem auch Georg
Muffat und Johann Philipp Krieger
zählen, sehr erfolgreich. Gestorben ist
Pasquini 1710 in Rom und wurde in der
dortigen Kirche S. Lorenzo in Lucina
begraben.
Pietro Papaleo, Grabmal von
Bernardo Pasquini in der Kirche
S. Lorenzo in Lucina, Rom
Pamphilis und Pasquinis Sant’Agnese ist ein italienisches Oratorium,
ein oratorio volgare, im Gegensatz zum lateinischen Oratorium, wie es
an SS. Crocifisso in Rom aufgeführt wurde. Das italienische Oratorium
hat viele Wurzeln. Die dialogischen geistlichen Madrigale des frühen
17. Jahrhunderts gehören dazu, aber auch Elemente der geistlichen
Oper, wie sie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ebenfalls in Rom
gepflegt wurde. Die primäre Pflegestätte des musikalischen Oratoriums
war im 17. Jahrhundert, wie schon gesagt, das Oratorium der Filippiner
an der Chiesa Nuova in Rom.
Was ist ein Oratorium? Es ist ein in der Regel zweiteiliges geistliches
Werk, vornehmlich zu Texten aus dem Alten und Neuen Testament
und zu Heiligenlegenden, anfangs mit einem Erzähler, später zunehmend auch dramatisch orientiert, mit Formen, die denen der Oper
nahe kommen. Das Oratorium entwickelt sich parallel zur Gattung der
Oper, besitzt ebenfalls ein Libretto, kennt allerdings keine szenische,
bühnenmäßige Darstellung. Konsolidiert hat sich die als „oratorio“
bezeichnete Gattung nach der Mitte des 17. Jahrhunderts. Theoretische
Abhandlungen zum Oratorium gibt es aus dieser Zeit kaum. Zwei wichtige Untersuchungen stammen erst vom Beginn des 18. Jahrhunderts,
auch wenn sie teilweise ihre Definitionsmerkmale aus Oratorienquellen
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ableiten.
Auch Pamphilis und Pasquinis Sant’Agnese ist ein zweiteiliges Oratorium,
das aus insgesamt rund 600 Versen besteht. Die fünf Gesprächspartner
sind, wie häufig in den Oratorienlibretti, als „Interlocutori“ oder
25
Sant’Agnese ƒ Einführung
„Intervenienti“ bezeichnet, und auch die Fünfzahl der Mitwirkenden
gehört zum Standard (SSATB). An dem Geschehen um S. Agnese sind
beteiligt: Flavio, der Sohn der Präfekten, ein Alt; der Präfekt, ein Baß;
Madre di S. Agnese, die Mutter, Sopran; S. Agnese, Sopran; Aspasio,
ein Tenor. Das Stück verzichtet auf die Figur des Erzählers (Testo).
Der Libretto-Text ist zunächst handschriftlich überliefert in der
römischen Libretto-Sammlung Theatro spirituale, ausgewiesen als
Text von Benedetto Pamphili, ohne den Komponisten der Vertonung
zu nennen. Gedruckte Libretti gibt es nur von Aufführungen außerhalb
Roms, die u. a. 1678 in Ferrara und in Wien stattfanden, danach auch
noch in Modena, Lucca und Florenz. Handschriftliche Partituren dieses
Oratoriums existieren in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien
(A-Wn) und in Modena (I-MOe).
Das Werk besteht neben Instrumentalritornellen aus den Formen
Rezitativ und Aria, wobei nur einige der Arien auch in der Partitur
tatsächlich als „aria“ bezeichnet sind. Zu den Interlocutori und den
Generalbassinstrumenten kann, insbesondere bei Arien und instrumentalen Zwischenspielen, ein fünfstimmiger Streichersatz treten.
Szenenangaben enthält das Libretto keine, wohl aber finden sich gleich
zu Beginn des Stücks Hinweise darauf, dass die Geschichte in Rom
spielt: Flavio nennt sowohl Quirinus, einen römischen Kriegsgott, als
auch Jupiter und macht gleich mit seinem ersten Monolog den Rahmen
Sant’Agnese ƒ Einführung
deutlich, in dem das folgende Gespräch stattfindet. Auch Agneses
Mutter nennt zu Beginn ihres „Auftritts“ in der darauffolgenden Szene
den durch Rom, die Stadt des Mars, fließenden Tiber. Die somit nur
imaginär vorhandene Szene wird also durch sparsame Andeutungen
abgesteckt. Besonders reduziert sind die Ortsangaben zu Beginn des
zweiten Teils des Oratoriums, wo S. Agnese zur Prostitution angeboten werden soll. Agnese spricht an dieser einigermaßen delikaten
Stelle nur gleichnishaft von den Stürmen („procelle“), während der
ihr nachstellende Flavio ein „unzüchtiges Labyrinth voller düsterer
Schrecken“ beschreibt. Auf diese Weise werden Ortsangaben und
Aktionen vielfach in beschreibende Beobachtungen „verpackt“. So ist
es beispielsweise die Mutter, die einen Auftritt von Flavio und Aspasio
expressis verbis ankündigt, dabei zugleich ihren und der Tochter
Abgang vorbereitet, indem sie zur Flucht rät. Auf ähnliche Weise wird
später Agneses Auftritt vom Prefetto vorangekündigt. Überhaupt ist der
erste Teil des Oratoriums handlungsarm, während das Hauptgewicht
auf reflektierenden Partien liegt, die sich aus Topoi und gleichnishaften
Bildern speisen. So vergleicht beispielsweise Flavio seine Angebetete
mit „Schönen Kleinoden und kostbaren Perlen“ (ein Vergleich, den sie
freilich aus seiner Sicht nicht besteht), oder es sind typisierte Bilder
vom Haarschopf der Fortuna (Prefetto) oder dem Schiff auf ruhiger See
(Agnese).
Dramatischere Bewegung und auch musikalisch eine erregtere Sprache
bringt erst der – für solche Oratorien ebenfalls sehr typische – Wutund Gewaltausbruch des Tyrannen, wie er gegen Ende des ersten
Teils stattfindet: „Un delirio ineuitabile“, der sich gegen Agnese und
ihre Glaubensgewißheit richtet. Solche eher dem Dramatischen zuneigenden Szenen setzen sich im zweiten Teil fort. So ruft Agnese, um der
Schändung durch Flavio zu entgehen, den „sposo immortale“ zur Hilfe.
Es geschieht das erste Wunder, und Flavio stirbt. Darauf richtet sich
der ganze Zorn des Präfekten gegen Agnese und er schwört Rache.
Ira und vendetta bestimmen seine rezitativische Rede (II, 8: „Ma già
che a me si toglie“), in der er Agnese auch als grausame Circe und
böse Medea beschimpft. Nachdem Aspasio dem Präfekten vom drohenden Volksaufstand berichtet hat und er damit beauftragt wird, das
„rächende Feuer zu entfachen“, ist auch Aspasios musikalische Rede
von einem eher dramatischen Affektausdruck bestimmt.
Titelblatt der handschriftlichen Partitur, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
26
Es ist ein Charakteristikum dieses Oratoriumstextes, dass er eine
Fülle von Bildern aus der griechischen Mythologie verarbeitet. Schon
die Besprechung des Oratoriums in den Avvisi hatte ja die gelehrten
Aspekte des Werks hervorgehoben. Besonders viele solch mytholo27
Sant’Agnese ƒ Einführung
gischer Bilder werden in den Reden des altrömischen Präfekten und
des Aspasio angeführt. Natürlich kannte die römische Oberschicht des
Seicento, die sich wie Pamphili in den Kreisen der römischen Akademien
bewegte, diese antike mythologische Welt sehr gut. Es liegt also nahe,
dass Pamphili hier der römischen Gesellschaft einen Spiegel vorhält.
Wie für Oratorien mit Heiligensujets typisch, exponiert die vorgestellte
Handlung von Anfang an zwei Parteien: einerseits Macht und Gesetz
des altrömischen Imperiums, vertreten durch den Präfekten, der gleich
zu Beginn als der „gefürchtete Vater“ eingeführt wird („temuto padre“)
und der sich in seiner Macht von Jupiter selbst legitimiert fühlt. Zu
dieser Partei gehören auch Aspasio, der „Handlanger“ und Vollstrecker
des Mordes an Agnese, und im ersten Teil des Oratoriums ist auch
Flavio, der Sohn des Präfekten und Verehrer der Agnese, dieser Welt
der Mächtigen und Privilegierten zuzurechnen. Als er dann im zweiten
Teil vom Tode wieder erweckt wird, hat Flavio die Seiten gewechselt.
Hierin könnte eine theologische Anspielung stecken auf den Tod als
„Purgatorium“, das zu dem wahren Heil führt, in dem sich Agnese
bereits befindet. Die „beiden Welten“ können also unterschiedlicher
nicht sein. Selbst ihre Götter werden verschieden bezeichnet: „numi“ für
die antiken Götter, dio, Giesu oder Cristo für den christlichen Gott.
Die Gegenwelt bilden also die in ihren Handlungen vom Glauben geleitete Agnese, ihre Mutter und im zweiten Teil auch der sie liebende
und bekehrte Flavio. Agnese, die Hauptperson, wird stets als Heilige
bezeichnet. Das ist auch die Perspektive, aus der die Geschichte ihres
Martyriums erzählt wird: die Heilige hat mit der Welt bereits abgeschlossen und wird von dramatischen Affekten nicht wirklich mehr bewegt. Im
Zentrum ihrer Äußerungen steht stets das Bekenntnis zu Christus, das
sich auch an mehrfach vorkommenden Begriffen und Symbolen wie
„fede“ oder „croce“ ablesen lässt. Während freilich die Götter der antikrömischen Welt aus dieser Perspektive „falsi numi“ sind, betet Flavio
nach seiner Bekehrung zum „immenso Dio“. Aus der Sicht der christlichen Seite wird die antike Welt als dunkel, abgründig, tyrannisch, barbarisch, böse und vom Fatum beherrscht vorgestellt, was auch deshalb
einigermaßen verwundert, weil doch gerade in den Kreisen um Pamphili
und die spätere Arcadia eine starke Antikenbegeisterung herrschte.
Das Stück also ist auf Sant’Agnese hin fokussiert. Das spiegeln auch
die anderen Personen. Die Mutter ist stets die Madre di S. Agnese.
Der Präfekt hat keinen Namen, ist keine wirkliche Persönlichkeit, auch
nicht wirklich ein Vater, sondern in erster Linie Funktionsträger, ein
typischer, starrer Vertreter der Macht und Repräsentant der altrö28
Sant’Agnese ƒ Einführung
mischen Oberschicht. Aspasio ist sozusagen sein verlängerter Arm,
blind in seinem Hass und seiner Wut auf die Christin, fast könnte man
vermuten, es treibe ihn eine verborgene Eifersucht. Nur Flavio trägt
zumindest im ersten Teil menschlichere, individuellere Züge, beispielsweise wenn er in seinem ersten Liebeslied vom Glanz der schönen
Agnese spricht. Agnese ihrerseits ist kein zwölfjähriges Mädchen, sondern agiert, wie bereits gesagt wurde, von Anfang an als Heilige. Irdisch
bestimmte Affekte sind ihr lästig, sie weilt schon längst in einer anderen
Welt. Als die Mutter das tragische Geschehen und das schreckliche
Schauspiel der Tochter beklagt, tut Agnese die „affetti molesti“ der
Mutter mit den Worten ab: „Mutter, wenn du mit dem unpassenden
Ausbruch deiner Gefühle den Sieg meiner Seele hinauszögerst, bist du
mit mir grausamer als jede Qual.“ Eine menschliche Reaktion ist das
nicht mehr, eher die einer Heiligen.
Diese beiden Welten, die das Oratorium vorstellt und die sich im Grunde
gar nicht berühren, werden auch musikalisch kontrastiert. Alles zielt
auf diese Kontrastierung hin und auf die „ungestörte“ Darstellung der
Heiligen und ihres Glaubens.
Die zwei Teile des Oratoriums werden jeweils durch einen Monolog
Flavios bzw. Agneses eröffnet. Rezitative, die häufig auch in ariose
Formen (mezz’arie) übergehen können, wechseln im Folgenden mit
Arien ab, die meist strophisch angelegt sind und in immer wieder variierter Bauart instrumentale Zwischenspiele bzw. Ritornelle integrieren.
Außerdem gibt es vier Duette, die allerdings nur von den „Guten“ vorgetragen werden: im ersten Teil ein Duett der Mutter mit S. Agnese, den
ersten Teil beschließend ein Duett von Flavio mit S. Agnese. Im zweiten
Teil ein Duett der S. Agnese mit Flavio, und am Schluss, nach Agneses
Tod, die Klage der Mutter und Flavios à 2.
Die Rezitativverse bestehen in der Regel aus den dafür typischen versi
sciolti, also Elfsilblern und Siebensilblern. Die Versform der Arien variiert,
je nach dramaturgischer Position des jeweiligen Stücks. Strophen mit
4, 6, 8 und 10Silblern sind in der Regel S. Agnese vorbehalten. Häufig
hat sie einfache, liedhafte, volkstümlich anmutende Stücke, meist im
Dreiertakt, wie das doppelstrophige Vaga rosa, das mit der Symbolik
der Rose spielt. Erst mit dem jambischen 11Silbler der Schlusszeile, der
auf die Zerbrechlichkeit der schönen Rose anspielt („sia specchio un
fiore, à una beltà di vetro“), wechseln beide Strophen wiederum in die
Rezitation eines geraden Takts.
Ähnlich schlicht ist Agneses darauf folgende einstrophige Aria bzw.
Cavata „Nuda balza“, die ebenfalls an liedhafte Vorbilder aus der ersten Hälfte des Seicento denken lässt (so beispielsweise Frescobaldis
29
Sant’Agnese ƒ Einführung
„Se l’aura spira“ von 1630) und die abgesehen vom Generalbass ganz
auf Instrumente verzichtet und nur die „reine“ Stimme präsentiert.
Bei den beiden von der Vergänglichkeit sprechenden Elfsilblern am
Strophenschluss geht auch sie wiederum in den rezitierenden geraden Takt über. Dahinter scheint eine ziemlich einfache Botschaft zu
stecken: die Vergänglichkeit der Welt wird musikalisch deklamierend
im tempus imperfectum vorgestellt, die Schönheiten des Glaubens
dagegen in schlichtem kantablem Dreiertakt. Doch der die gegnerische
Welt repäsentierende Tyrann wird getrieben von delirio, ira, vendetta
und zeigt seine Wut. Er tut das u.a. in seiner Aria Un delirio inevitabile, die sowohl metrisch als auch musikalisch ein Kontrastprogramm
zu Agneses lyrischen Äußerungen darstellt. So singt der Prefetto
in Acht- und Zehnsilblern mit sdrucciolo- und tronco-Ausgang und
deklamiert dabei in kurzen Notenwerten, in Achteln, Sechzehnteln, mit
Punktierungen und gehenden Bässen.
Zur Verstärkung der besonderen Affektlagen der beiden Parteien werden auch dynamische Bezeichnungen und Tempoangaben herangezogen. Allerdings fehlt oftmals die Einbindung der jeweiligen Arie in den
dramatischen Kontext, was auch daran liegt, dass in diesem Werk häufig
Rezitativ und Arie nicht paarig angeordnet sind, also keine Sinneinheit
bilden. So beginnt des Präfekten Aria „Un delirio inevitabile“ unmittelbar
nach einem vorangehenden Rezitativ des Flavio, es gibt kein vorbereitendes Rezitativ des Präfekten zur Einführung in seine Gefühlslage. Auf
diese Weise wird der Eindruck verstärkt, dass das Stück und die in ihm
vermittelte Wut Agnese gar nicht mehr trifft und quasi an ihr abperlt, ja
sie auch gar nicht treffen soll, da sie ja bereits „die Heilige“ ist.
Irgendwie „unecht“, weil gänzlich typisiert, erscheint auch die mit Adagio
überschriebene Klage des Präfekten um seinen Sohn, eine typische
Lamento-Szene. Metrisch besteht sie aus daktylischen Fünfsilblern,
einem Formtypus, der auch in Opernszenen der Zeit verbreitet ist.
Auch Aspasios Wutarie „D’aspro duol non sia ricetto“, mit der seine
Abrechnung mit Agnese beginnt, ist konventionell-virtuos, in Achteln
deklamierend, und nutzt in den Zwischenspielen die Instrumente in der
Art zeitgenössischer Concerti musicali.
Dass Pasquini ein genialer Musiker war, steht außer Frage. Nicht
umsonst hat auch Christina von Schweden große Stücke auf ihn gehalten, und als in der Accademia dell’Arcadia ein eigenes, aus Sängern
und Instrumentalisten bestehendes Ensemble gegründet werden sollte,
wollte man Pasquini die Leitung übertragen. Mit seinem Oratorium
Sant’Agnese hat er ein Lehrstück geschrieben, das sich ganz in den
Dienst der gegenreformatorischen Andachtsfunktion stellt. Will man
30
Sant’Agnese ƒ Einführung
das Stück ein wenig schwarz-weiß malend deuten, so deklamiert die
irdische, bisweilen bösartige Welt in kurzen, geraden Werten, während
die schönen, kantablen „reinen“ Melodien Agneses im trinitarisch aufgeladenen Dreiertakt stehen. Dieses einfache Zwei-Weltenmodell lebt
außerdem von zahlreichen malenden, bildlichen Darstellungen in der
Musik, wenn beispielsweise bei den „düsteren Zypressen“, von denen
der Präfekt spricht, ungewöhnliche Intervallsprünge eingesetzt werden,
oder eine absteigende chromatische Linie komponiert wird, wo Flavio,
zwischen Liebe und Brutalität schwankend, von der Hoffnung spricht,
die Geliebte auf seiner Suche im Bordell wiederzutreffen.
Wirklich dramatisch im Sinne von heftigem Ausdruck der Leidenschaften
wird das Werk nur selten. Eine der wenigen von menschlichen Affekten
gesteuerte Stelle ist das Rezitativ des Präfekten, das auf seine Klage um
den toten Sohn folgt. Hier schwört er in einem Wutausbruch Rache und
will seinen Zorn gegen Agnese-Circe-Medea richten. Wutgesteuert ist
ebenfalls Aspasio, wenn auf seine Wutarie „D’aspro duol“ das Rezitativ
in Sechzehnteldeklamation „eccitate eccitate l’ardor di fiamma ultrice“
(Teil 2, 21) folgt.
Pamphilis und Pasquinis Werk wurde im Oratorium der römischen
Chiesa Nuova aufgeführt. Dort waren, bereits seit 1640, die Emporen,
auf denen die Sänger musizierten, durch Blendgitter uneinsichtig
gemacht. Kein optischer Eindruck sollte von der dienenden Funktion
der Musik ablenken. So herrschte dort eine Aufführungssituation, bei
der man nicht einmal durch die Gestik der Sänger abgelenkt und gestört
werden konnte. Die vorgetragene Handlung musste sich so vor dem
inneren Auge abspielen. Bei dieser inneren Vorstellung der Handlung
halfen den Hörern eine typisierte Darstellung der Figuren und eine bisweilen plastische Umsetzung semantischer Inhalte in die Musik. Auch
gerade die im guten Sinne einfachen und schlichten Stücke Agneses
boten ein hohes Identifikationspotential, und waren letztendlich jedem
der Zuhörer „verständlich“, zumal für Agnese geradezu „himmlische“
Musik komponiert wurde. Pasquinis demonstratives Stück konnte also
zur belehrenden Unterweisung funktionalisiert werden.
Dabei präsentiert das Oratorium eine Vielzahl von Aria-Varianten. So
entspricht der metrischen Vielfalt der Strophen auch ein musikalischer
Formenreichtum, der auf die beiden in didaktischer Absicht stilisierten Welten abgestimmt ist. Im Dienste dieser Aufgabe stehen auch
zahlreiche musikalische Parameter wie Tempomodifikationen und
Taktarten.
31
Sant’Agnese ƒ Einführung
So wird auch die Da-capo-artige, vom Ritornell durchdrungene ABA’Form von Agneses letzter gebetsartiger Aria ganz im Sinne der
Lehrfunktion des Stücks genutzt: der Zuhörer soll sich, im Sinne einer
Moral, die Position Agneses zu eigen machen: „in eterno adorero“.
Insgesamt betrachtet sind es vielfältige Intentionen, die an die Aufführung
dieses Stücks geknüpft waren. Einerseits fungierte das Oratorium
Sant’Agnese im Rahmen des Oratorio vespertino in der Chiesa Nuova
zu Beginn der Karwoche als eine Andachtsmusik, die den Zuhörern
Glaubensinhalte vermitteln sollte. Andererseits schwang dabei auch
eine gehörige Portion Eigenwerbung mit, die der Kunstförderer und
künftige Kardinal Pamphili für seine eigene Karriere zu nutzen suchte.
Denn das Sujet des Werks war aufs engste mit dem Haus Pamphili verbunden, und auch den Zeitgenossen ist Pamphilis öffentliche Werbung
für sich nicht verborgen geblieben. f
Sabine Ehrmann-Herfort studierte Musikwissenschaft, Klassische Philologie
und Philosophie an den Universitäten Tübingen und Freiburg im Breisgau.
Ihre Promotion legte sie im Fach Musikwissenschaft vor. Danach war sie
zunächst wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte an den
Universitäten in Freiburg und Karlsruhe und anschließend wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem von Hans Heinrich Eggebrecht, danach von
Albrecht Riethmüller herausgegebenen „Handwörterbuch der musikalischen
Terminologie“. Seit 2002 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Leiterin an der Musikgeschichtlichen Abteilung des Deutschen
Historischen Instituts in Rom. Zu den Schwerpunkten ihrer Forschung
gehören Oper und Musiktheater, musikalische Terminologie, italienische
Musikgeschichte und Musiktheorie.
Der Artikel ist ein Originalbeitrag und entstand im Rahmen des
Symposium der Innsbrucker Festwochen 2008 – „Die Moral von der
Geschicht’: Zum Oratorium des 17. und 18. Jahrhunderts“
32
Ercole Ferrata, Sant'Agnese 1660, Kirche Sant'Agnese in Agone, Rom
33
passio agnetis
das leiden der agnes
Agnes sepulcrum est Romulea in domo,
Agnes – ja rein ruht sie in eines Römerhauses Grab,
fortis puellae, martyris inclytae.
das starke Mädchen, die berühmte Märtyrerin.
Conspectu in ipso condita turrium
Bestattet, wo man auf die Türme blickt der Stadt,
Cingit coronis interea Deus
Derweil ziert Gott mit zweier Kronen Schmuck
servat salutem virgo Quiritium
bewahrt die Jungfrau der Quiriten Wohlergeh’n
frontem duabus martyris innubae;
die Stirn der unvermählten Märtyrerin;
nec non et ipsos protegit advenas
und nicht nur dies allein, beschützt auch Fremde gar,
unam decemplex edita sexies
die ein’ als sechzigfach erwies’nen Lohn
puro ac fideli pectore supplices.
die rein und treuen Herzens ihren Schutz erfleh’n.
merces perenni lumine conficit,
gestaltet er mit seinem immerwähr’ndem Licht,
Duplex corona est praestita martyri:
Ein’ Doppelkrone ward’ verlieh’n der Märtyrerin,
centenus extat fructus in altera.
die andere mit hundertfacher Fruchtbarkeit.
intactum ab omni crimine virginal,
denn kein Vergeh’n hat ihr’ Jungfräulichkeit entehrt,
mortis deinde gloria liberae.
und weit’ren Ruhm ihr Freimut für den Tod gebracht.
O virgo felix, o nova gloria,
O glücklich’ Jungfrau du, o neuer Ruhm,
caelestis arcis nobilis incola,
du edle Bürgerin der Himmelsburg,
Aiunt iugali vix habilem toro
Das Mädchen, kaum erst liebesreif, das, wie man sagt,
intende nostris conluvionibus
wend unsrem Elend du dein Auge zu,
primis in annis forte puellulam
in früher Kindheit schon für Christus heiß entbrannt’,
vultum gemello cum diademate,
die du geschmückt vom Zwillingsdiadem
Christo calentem fortiter inpiis
verweigert gottlos’ Pflichten mit Entschiedenheit,
cui posse soli cunctiparens dedit
als einzige von Gott die Macht erhieltst,
iussis renisam, quo minus idolis
damit es nicht in sklav’schem Götzendienst
castum vel ipsum reddere fornicem!
rein selbst ein Freudenhaus zu lassen.
addicta sacram desereret fidem.
verraten müsst den Glauben, der ihr heilig war.
Purgabor oris propitiabilis
Erfüllst du unser Herz mit deiner Zuneigung,
Temptata multis nam prius artibus,
Zuvor schon hatt’ man es mit List verführen woll’n,
fulgore, nostrum si iecur inpleas.
so werd’ auch ich vom Glanze deiner Gnade rein.
nunc ore blandi iudicis inlice,
sei’s über eines Richters lockend’ Schmeichelwort’,
Nil non pudicum est, quod pia visere
Denn alles sittsam ist, was güt’gen Aug’s du seh’n
nunc saevientis carnificis minis
sei’s, dass ein unbarmherz’ger Schinder es bedroht’,
dignaris almo vel pede tangere.
und mit erhab’nem Fuße du berühren darfst. stabat feroci robure pertinax
doch unbeirrt es widerstand mit Kraft und Mut,
corpusque duris excruciatibus
aus freien Stücken gar sich Foltern überließ
ultro offerebat non renuens mori. […]
ohn’ jede Angst, dabei den Tod zu finden. […]
34
Aurelius Prudentius Clemens (348 – ca. 413 v.Chr.)
Liber Peristephanon, carmen XIV
Übersetzung Bernhard Drobig
35
Sant’Agnese
www.innsbruck.info
Naturerlebnis und Kulturgenuss
Innsbruck und seine Feriendörfer
ƒ Biografien
Alessandro De Marchi studierte am
Konservatorium in Rom und an der
Schola Cantorum Basiliensis. Er tritt
regelmäßig in den renommiertesten
Theatern und bei den wichtigsten
Festivals auf. Bislang dirigierte er an
der Staatsoper Unter den Linden,
am Théâtre de la Monnaie in Brüssel,
an der Hamburgischen Staatsoper,
am Teatro Regio in Turin, beim Maggio Musicale Fiorentino, an der
Sächsischen Staatsoper Dresden,
am Essener Aalto-Theater, an der
Opéra National in Lyon, beim MDR in
Hannover, am Prager Estates Theater,
beim Rossini Festival in Bad Wildbad, beim Montreux Festival, den
Händel-Festspielen in Halle, das Orchestre de Chambre de Genève,
das Academia Santa Cecilia Orchester in Rom, unter anderem Giovanni
Battista Pergolesis Il matrimonio Segreto, Gaetano Donizettis Don
Pasquale, Joseph Haydns L'isola disabitata, Gioacchino Rossinis Der
Barbier von Sevilla und La Cenerentola, Christoph Willibald Glucks Don
Juan, Wolfgang Amadeus Mozarts Il Re Pastore, Le Nozze di Figaro,
Così fan tutte, Don Giovanni, La Clemenza di Tito, Die Entführung aus
dem Serail, Claudio Monteverdis Incoronazione di Poppea, Reinhard
Keisers Der lächerliche Prinz Jodelet, Georg Friedrich Händels Julius
Cäsar in Ägypten, Alcina und Johann Adolph Hasses Cleofide.
Alessandro De Marchi ist Erster Dirigent des Orchesters der Academia
Montis Regalis, mit dem er u.a. Antonio Vivaldis Juditha Triumphans,
Orlando finto pazzo (beide für Naïve aufgenommen), L’Olimpiade auf
einer Konzerttour beim Paris Théâtre des Champs Elysées und in Lyon
aufführte sowie Il Re pastore für die Innsbrucker Festwochen einstudierte. Außerdem wirkte er bei CD-Aufnahmen für Naïve, Opus 111,
Harmonia Mundi France, Accord, Symphonia, K617, Auvidis, WDR,
Radio France, Radio Classique und Amadeus mit.
Alessandro De Marchi war in Innsbruck 2003 als Cembalist des Rare
Fruits Council zu Gast. Mit Il Re pastore gab er 2006 sein Debüt als
Dirigent bei den Innsbrucker Festwochen. f
Innsbruck Tourismus, Tel. +43-512-59 850, [email protected]
37
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24.06.2008 10:07:26
Sant’Agnese ƒ Biografien
Sant’Agnese
Vincent Boussard sammelt erste Regieerfahrungen an Theater und Oper an der
Seite von Yannis Kokkos und Jean-Pierre
Miquel. 1996 wirkt er an der Eröffnung des
Studio-Théâtre de la Comédie Francaise
mit und übernimmt dessen Leitung für vier
Spielzeiten. Seit einigen Jahren widmet er
sich in erster Linie der Oper.
Er arbeitete bereits mit William Christie
und Les Arts Florissants (Dido und Aeneas,
Actéon, La Descente d’Orphée, Les Arts Florissants), Teresa Berganza
(Cosí fan tutte), sowie Alessandro De Marchi und René Jacobs zusammen. An der Opéra Royal de la Monnaie in Brüssel ist er regelmäßig zu
Gast und inszenierte bereits Il Re pastore, Eliogabalo und zuletzt Cosí
fan tutte. 2007 brachte er in Brüssel die erste Oper von Benoît Mernier
nach Wedekinds Frühlings Erwachen auf die Bühne, im Juli desselben
Jahres Mozarts Le nozze di Figaro in Aix-en-Provence.
Bei den Innsbrucker Festwochen war er 2004 erstmals mit Francesco
Cavallis Eliogabalo zu Gast. 2006 übernahm er die Regie beider
Opern im Mozartjahr, die Kostüme dazu entwarf Christian Lacroix, mit
dem Boussard eine langjährige Künstlerfreundschaft verbindet. Seine
Regiearbeit Don Giovanni in Zusammenarbeit mit René Jacobs, die
auch in Baden Baden und Paris zu sehen war, wurde ergänzt durch die
gemeinsam mit Alessandro De Marchi erarbeitete frühe Oper Il Re pastore, für die er außerdem auch das Bühnenbild verantwortete. f
Vincent Lemaire beendet seine Ausbildung
zum Bühnebildner 1991. Er gestaltet seitdem
zahlreiche Bühnen für Theater, Ballett und
Oper. Lemaire arbeitete dabei mit Philippe
Sireul, Frédéric Dussenne und Vincent
Boussard in Frankreich, Belgien und der
Schweiz. Für Philippe Sireul hat er das
Bühnebild zu La Bohème und La favorite am
Zürcher Opernhaus gestaltet. Mit Vincent
Boussard arbeitete er an den Produktionen
Eliogabalo in Brüssel und Maria Golovin in Marseille zusammen. Für
das Théâtre National Paris in der Regie von Philippe Sireul stattete er
38
ƒ Biografien
Shakespeares Maß für Maß aus. Lemaire wurde für seine Arbeit bereits
zweimal mit dem „Prix du Théâtre“ für das beste Bühnebild ausgezeichnet. Bei den Innsbrucker Festwochen war 2004 mit Francesco Cavallis
Eliogabalo erstmals eine Bühnenarbeit Vincent Lemaires zu sehen, gefolgt 2006 mit dem Bühnenbild für Don Giovanni. f
Stephanie Zani stammt ursprünglich aus
Innsbruck. Zwischen 1995 und 98 absolviert
sie in der Schweiz eine Ausbildung zur
Schneiderin der Haute Couture und Modedesign an der Ecole d'Arts von La Chaux-deFonds. Anschließend spezialisiert sie sich
mit einem BA zur Kostüm- und Bühnenbildnerin am Central Saint Martins College of
Art and Design in London.
Seit dem Beginn ihrer Karriere realisierte sie
folgende Projekte: König Ubu von Alfred Jarry, inszeniert von Clemens
Bechtl (Schweiz 2000), Die Stühle von Eugène Ionesco (London
2001), Masken und Make-up für Henrik Ibsens Peer Gynt in der
Inszenierung von David Levine (London 2002), Kostüm- und Bühnenbild
für The Box Project, Choreographie von Talya Orbach (London 2002),
Kostümmitarbeit für Glück, inszeniert von Holger Brandes (Berlin 2006).
Als Assistentin arbeitete sie sowohl für das Theater als auch die Oper:
Cruel and Tender, inszeniert von Luc Bondy (London 2004), Tierno Bokar,
inszeniert von Peter Brook für die RuhrTriennale 2004, Die Eine und die
Andere, inszeniert von Luc Bondy (Berlin 2005), Miss Julie, inszeniert
von Luc Bondy (Brüssel 2005), Boris Godunov in der Inszenierung von
Klaus Michael Grüber (Brüssel 2006), Quartett, inszeniert von Robert
Wilson (Paris 2006), Œdipe et Rossignol, inszeniert und choreographiert
von Lucinda Childs, King Lear, inszeniert von Luc Bondy (Wien 2007),
Motortown, inszeniert von Andrea Brecht (Wien 2008).
Unter anderem arbeitete sie bei folgenden Filmen mit: Du rouge sur la
Croix von Dominique Othenin-Girard (Koproduktion Österreich Schweiz,
Frankreich und Algerien), 2005, Zodiak von Andreas Prochaska (Wien
2006).
Das Kostümbild für Sant’Agnese, ihre erste Zusammenarbeit mit Vincent
Boussard, ist zugleich Stephanie Zanis Debüt bei den Innsbrucker
Festwochen. f
39
Sant’Agnese
B A r O C K E F E S T TA g E ’ 0 8
Von 14. bis 23. Oktober
ReN é JacoBs
Orfeo ed
Euridice
dirigiert
ch. W. Gluck
Premiere: 14. 10. 2008, 19.30 Uhr
Konzerte
Aufführungen: 16. / 19. / 21. / 23. 10. 2008
regie: Stephen Lawless | Bühne: Benoît Dugardyn
Bejun Mehta, Miah Persson, Sunhae Im | Freiburger Barockorchester
Farinelli & Friends | 15. 10., 19.30 Uhr
Stefano Molardi | I Virtuosi delle Muse | Max Emanuel Cencič
Bachs „Hohe Messe“ | 18. 10., 19.30 Uhr
Ton Koopman | Amsterdam Baroque Orchestra & Choir
Barocker Norden | 20. 10., 19.30 Uhr
Akademie für Alte Musik Berlin | Sandrine Piau
Bach & Händel | 22. 10., 19.30 Uhr
Harry Bicket | The English Concert | David Daniels
ƒ Biografien
Die Sopranistin Emmanuelle de Negri
spielte acht Jahre lang Violoncello bevor
sie in das Konservatorium von Nîmes in die
Klasse für lyrischen Gesang von Daniel Salas
kam. Dort beschäftigte sie sich fünf Jahre
lang mit den Opern von Mozart und Rossini.
Zugleich studierte sie Literaturwissenschaft
an der Universität Montpellier. 2002 wird sie
am CNSM (Conservatoire national supérieur
de musique) in Paris in die Klasse von
Gerda Hartman aufgenommen. Dort arbeitet sie besonders am Belcanto-Repertoire und beschäftigt sich intensiv
mit der Barockmusik. In diesen Bereichen arbeitet sie zusammen mit
Kenneth Weiss und Nicolau di Figuereido. Weiters beschäftigte sie sich
mit dem Lied and der Seite von Anne Grappotte und Jeff Cohen. Im Juni
2006 schloss sie ihr Diplom mit sehr gutem Erfolg und der einstimmigen
Gratulation der Jury ab. Anschließend besuchte sie einen Meisterkurs
am CNSM und arbeitete mit Susan Manoff und Olivier Reboul zusammen. Zu ihren Rollen zählen u.a. Barberine (Die Hochzeit des Figaro
von Mozart), Cupidon (Orpheus in der Unterwelt von Offenbach), Yniold
(Pélléas et Mélisande von Débussy) sowie Oberto (Alcina von Händel).
Sie arbeitet regelmäßig mit Jean-François Zygel zusammen, mit dem
sie am Théâtre de Châtelet in Paris, im Radio und im Fernsehen
auftrat. Im Juli arbeitete sie an der Akademie von Aix-en-Provence
an der Produktion von Purcells Fairy Queen unter William Christie
mit. Emmanuelle de Negri feiert heuer ihr Debüt bei den Innsbrucker
Festwochen. f
Die schwedische Sopranistin Karin Roman
absolvierte die Göteborger Hochschule für
Musik und studierte u.a. bei Dorothy Irving
und Marianne Schell von der Göteborger
Oper. Heute gilt sie als gefragte Solistin
in Oratorien, Opern sowie Operetten, wobei
sich ihr Repertoire vom frühen Barock
über Romantik bis zu modernen Stücken
erstreckt. 2005 debütierte sie erfolgreich
beim Europäischen Musikfest in Stuttgart.
Karin Roman schloss die Spielzeit 2006
mit zwei Aufsehen erregenden Konzerten ab, zum einen in Haydns
Schöpfung unter Paul McCreesh, zum anderen in Händels Messiah unter
Nicholas Kreamer. Im selben Jahr wirkte sie im Bachchor in Stockholm
41
Sant’Agnese
Der Passat CC.
Wer ihn sieht, sieht nichts anderes.
ellbar.
Ab sofort best
s.
un
i
Ab Juli be
Der VW Passat CC vereint auf unnachahmliche Weise Coupé-Design,
vier Türen, souveränen Komfort, Dynamik, sportliches Interieur
sowie Raum ohne Kompromisse und präsentiert sich damit als
Auto abseits des Mainstreams.
Perfektion trifft Faszination.
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ƒ Biografien
unter Andrew Parrott und in Norwegen im Rahmen des Mozartjahres mit.
Vor allem für ihre Interpretation der Mozart c-moll Messe – aufgeführt mit
dem Symphonieorchester Göteborg – wurde die junge Sängerin gelobt.
Neben Auftritten in Bachs Johannespassion und in dessen Weihnachtsoratorium war sie mit romantischen Liedern von Strauss, Walton,
Stenhammer und Schubert, und auch in Opern von Mozart, Puccini
und Lehár zu hören. 2007 beschäftigte sich Karin Roman vor allem mit
Werken von Bach, Händel und Scarlatti. Die Höhepunkte im letzten Jahr
waren Bachs Messe in h-moll, die Matthäuspassion, das Brahms-, das
Dvorák- und das Verdi-Requiem. 2008 nahm sie ein Bachprogramm
unter Lars Ulrik Mortensen für die Deutsche Grammophon auf. Karin
Roman feiert heuer ihr Debüt bei den Innsbrucker Festwochen. f
Martín Oro stammt aus Buenos Aires,
Argentinien, wo er seine ersten musikalischen Erfahrungen als Mitglied im
Kinderchor des Teatro Colón machte. Parallel
dazu widmete er sich dem Bratschenspiel,
das er in der Folge bei Yuri Bashmet am
Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau
perfektionierte. Nach seiner Entscheidung
für die Laufbahn als Sänger studierte er
in der Schweiz: Fribourg (Lehrdiplom),
Neuchâtel (Solistendiplom) und and der
Schola Can-torum Basiliensis (Aufbaustudium). Alle diese Ausbildungen
schloss er mit höchsten Prädikaten ab. Zu seinen wichtigsten Lehrern
zählen René Jacobs, Richard Levitt, Marie-Françoise Schuwey und
Jeanne Roth. Hochgeschätzt für seine warme, natürliche und kraftvolle
Altstimme ist er in bedeutenden Europäischen Musikzentren aufgetreten. Er sang u.a. unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, Philippe
Herreweghe, Christophe Rousset, Christophe Coin, René Jacobs, Jordi
Savall, Joshua Rifkin, Helmuth Rilling, Michael Corboz, Chiara Banchini,
W.Kuijken, Martin Gester, Gabriel Garrido und Eduardo López-Banzo.
Zu den zahlreichen Opernpartien, die Martin Oro auf Bühnen in aller
Welt interpretiert hat, zählen: u.a. Anfinomo in Monteverdis Il Ritorno
d’Ulisse in Patria (Opernhaus Zürich/N. Harnoncourt), Arnalta in
L’incoronazione di Poppea (Teatro Massimo di Palermo/G. Garrido),
Grifone in Vivaldis Orlando finto pazzo. Martín Oro feiert heuer sein
Debüt bei den Innsbrucker Festwochen. f
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43
Sant’Agnese ƒ Biografien
Der im südafrikanischen Johannesburg
geborene Tenor Kobie van Rensburg
absolvierte neben dem Gesangstudium
bei Prof. Werner Nel auch Rechts- und
Politikwissenschaften mit Auszeichnung.
Sein Debüt hatte er bereits im Alter von 20
Jahren als Belmonte in Mozarts Entführung
aus dem Serail an der Roodepoort City
Opera. Seit Mitte der neunziger Jahre wohnt
Kobie van Rensburg in München, wo er an
das Gärtnerplatztheater verpflichtet wurde,
dem er nach wie vor verbunden ist. Gastspiele führen van Rensburg
außerdem regelmäßig an Häuser wie die Berliner Staatsoper Unter den
Linden, die Bayerische Staatsoper oder die Opernhäuser von Madrid,
Montpellier, Basel, Luzern und Graz.
Das Opernrepertoire Kobie van Rensburgs umfasst zahlreiche
Hauptpartien Monteverdis, Händels und Mozarts, bis hin zu Werken
Verdis und Strauß’. Seinen Schwerpunkt hat van Rensburg dabei in der
Barockmusik gesetzt. Als Interpret dieses Repertoires war er auch bei
renommierten Festivals wie etwa Salzburg, Schwetzingen und Luzern,
sowie in Kairo und Buenos Aires (im Teatro Colon) zu Gast. Bei seinen
Opern- und Konzertauftritten arbeitete Kobie van Rensburg mit faktisch
sämtlichen auf Barockmusik spezialisierten Ensembles zusammen,
darunter Sir Eliot Gardiner, Ivor Bolton und Thomas Hengelbrock.
Seine letzten Projekte beinhalteten die Titelrolle in Händels Belshazzar
unter René Jacobs in Brüssel, sowie zur Zeit eine Rolle in La Calisto
am Nationaltheater München. Sein überaus erfolgreiches Debüt an der
Metropolitan Opera in New York fand 2004 mit Händels Rodelinda statt,
sowie 2006 die Rolle des Idomeneo.
Zwei solistische CD-Produktionen mit Arien von Händel, Dowland,
Lawes und Purcell hat van Rensburg bereits aufgenommen. Auch
auf der gefeierten Einspielung der Madrigali Guerierri et Amorosi von
Monteverdi unter René Jacobs ist er vertreten. Bei den Innsbrucker
Festwochen ist Kobie van Rensburg immer wieder gerne zu Gast,
zuletzt war er 2005 mit dem Konzert Der Glanz Venedigs gemeinsam mit
Dominique Visse zu erleben. f
44
Sant’Agnese
ƒ Biografien
Antonio Abete gewann 1993 den As.Li.
Co.-Wettbewerb und war danach in Partien
wie Don Alfonso, Bartolo, Leporello,
Basilio, Masetto und Don Pasquale zu
hören. Heute widmet sich der italienische
Bassist vor allem dem Barockrepertoire
(Oper und Konzert). Dabei arbeitet er mit
Dirigenten wie Ivor Bolton, William Christie,
Thomas Hengelbrock, Konrad Junghänel,
Christopher Hogwood, Jordi Savall und
Sigiswald Kuijken zusammen. Unter den
Festivalhäusern und Theatern, die ihn verpflichteten, sind u.a.: Opéra
Bastille und Théâtre du Chatelet in Paris, Barbican Center in London,
Bayerische Staatsoper, Teatro Comunale in Florenz, Gran Teatre del
Liceu in Barcelona, Berliner Staatsoper, Concertgebouw in Amsterdam,
De Vlaamse Oper in Antwerpen, Théâtre Royal de La Monnaie in Brüssel,
Wiener Konzerthaus, Salzburger Festspiele und Festwochen der Alten
Musik in Innsbruck. Zu seinen letzten Auftritten zählen Bartolo (Le nozze
di Figaro) unter René Jacobs am Théâtre des Champs Elysées Paris
sowie Seneca in Monteverdis Poppea an der Pariser Opéra Bastille, in
Salamanca und beim Festival Beaune.
Mit Alessandro De Marchi arbeitete er bereits für Il barbiere di Siviglia
an der Nationale Reis Opera in Enschede sowie für eine preisgekrönte
CD-Aufnahme von Vivaldis Orlando finto pazzo zusammen. Weitere CDs
sind u.a. Händels Xerxes mit Anne-Sofie von Otter und Jean-Claude
Malgoire, Händels Deidamia mit Alan Curtis, Händels Tamerlano mit
Trevor Pinnock und Monteverdis Marienvesper mit René Jacobs. Bei
den Innsbrucker Festwochen war Abete das letzte Mal 2003 als Plutone
in Monteverdis L’Orfeo zu erleben. f
45
Sant’Agnese
ƒ Biografien
Die Academia Montis Regalis verdankt ihren exzellenten Ruf auf
dem Gebiet Alter Musik neben zahlreichen Konzertauftritten und der
umfangreichen Diskographie vor allem der Zusammenarbeit mit internationalen Spezialisten wie Jordi Savall, Christopher Hogwood, Monica
Huggett und Alessandro De Marchi.
Die rege Konzerttätigkeit in Italien und im Ausland führte das Orchester
an die Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom, das Théâtre
Municipal Opéra de Lausanne, sowie an das Théâtre des ChampsElysées in Paris. Die Mitwirkung an Bachs Johannespassion am Teatro
Reggio in Turin wurde enthusiastisch aufgenommen.
Seit 1995 arbeitet das Orchester eng mit dem Label Naivë/Opus 111
zusammen. Derzeit widmet sich die Academia Montis Regalis intensiv
der Arbeit mit Vivaldis Autographen in der Turiner Nationalbibliothek für
die Gesamteinspielung aller Werke in der Vivaldi-Edition von Opus 111.
Die dort erschienene CD des Oratoriums Juditha triumphans wurde
von der Presse begeistert aufgenommen und mit zahlreichen Preisen
ausgezeichnet.
Die Academia Montis Regalis war zuletzt 2006 mit der Oper Il Re
Pastore zu Gast bei den Innsbrucker Festwochen. f
47
Sant’Agnese ƒ Synopsis
Sant’Agnese ƒ Inhalt
Act I
Akt I
Agnes, a young girl of twelve, is refusing to marry Flavius, the son of the
powerful Town Prefect, as she is convinced that she is already promised to Christ.
The Prefect, unable to countenance this refusal amidst social conventions of the time,
has the girl condemned by the courts.
Agnes’ mother is unable to protect her
daughter. She is to be publicly humiliated, her virginity left defenceless and
disgraced in a brothel.
Agnes, ein junges Mädchen von zwölf Jahren, möchte sich nicht
mit Flavius, dem Sohn des mächtigen Stadtpräfekten vermählen, da
es davon überzeugt ist, bereits Christus versprochen zu sein. Der
Präfekt, der solch eine Verweigerung gegenüber gesellschaftlichen
Konventionen keinesfalls dulden kann, verhängt über das Mädchen
den Richterspruch. Auch Agnes’ Mutter kann sie nicht schützen.
Zur Demütigung ihrer verteidigten Jungfräulichkeit soll Agnes der
Schändung in einem Bordell preisgegeben werden.
Act II
Agnes is sunk in prayer, for once full of doubt, and pleads to the stars
for comfort. Flavius appears, still hoping for his chance in the light of
the court order. But things turn out differently. An inner fire eats up the
young lover as soon as he reaches out to touch Agnes. The Town Prefect
is beside himself with grief for his son, when Agnes calls Flavius back
to life by prayer – the young man now purged of his sin and henceforth
a believer in Agnes and Christ. But the Prefect listens to his evil adviser,
Aspasius, who is afraid of an uprising amongst the townspeople and
believes the return and conversion of Flavius to be the work of a witch.
The ignominy of having his will disobeyed, despite his worldly power,
takes precedence over the Prefect’s love of his son – and he newly
condemns Agnes to the flames into which his desperate son fearlessly
plans to follow her. Again Agnes is saved: the flames fall back and do not
touch her body. Too many miracles for Aspasius, who grabs his sword
and kills the girl. Agnes, mourned by her mother and Flavius, is certain
of her eternal life and ascends up into heaven. f
48
Akt II
Agnes ist im Gebet versunken, für einen Moment von Zweifeln befallen, bittet sie die Sterne um Trost. Flavius findet sich ein, unter dem
Deckmantel des Richterspruches auf seine Chance hoffend. Doch es
kommt anders. Ein inneres Feuer verzehrt den verliebten jungen Mann,
sobald er Agnes berühren möchte. Der Stadtpräfekt ist vor Schmerz
über den Verlust seines Sohnes außer sich, doch holt ein Gebet des
Mädchens den bereits Toten ins Leben zurück – geläutert und fortan an
Agnes’ Worte und den christlichen Gott glaubend. Doch hier verfällt der
Präfekt den Einflüsterungen seines bösen Ratgebers Aspasius, der einen
Volksaufstand befürchtet und die Wiedererweckung und Bekehrung des
Sohnes nur dem Werk einer Hexe zutraut. Und die Schmach, trotz aller
weltlichen Macht nicht seinen Willen durchsetzen zu können, besiegt im
Präfekten sogar die Fürsorge für Flavius – ein neuerliches Urteil überantwortet Agnes den Flammen, in die der verzweifelte Sohn die Geliebte
todesmutig begleiten will. Doch auch diesmal wird Agnes gerettet: Die
Flammen weichen vor ihr zurück und versengen ihren Körper nicht. Zuviel
Wunder in den Augen des Aspasius, der daraufhin selbst zum Schwert
greift und das Mädchen tötet. Doch Agnes, betrauert von ihrer Mutter und
Flavius, ist sich der Ewigkeit sicher und geht in den Himmel ein. f
49
Bernardo Pasquini
Sant’Agnese
(Rom, 1677)
Personen:
Flavio (Counter-Tenor)
Prefetto (Bass)
Madre di S. Agnese (Sopran)
S. Agnese (Sopran)
Aspasio (Bariton)
50
51
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Prima parte
Flavio
Tal di Quirin su le famose arene, ove il temuto padre
del gran Giove Romano occupa il trono,
leggi prescrivo e prigioniero io sono:
che per ordirmi al cor dure catene,
fabbro d’inganni Amore,
con lucide rapine
ad Agnese involò gl’ori del crine.
Chi nasce agl’imperi
con l’aure vitali
respira i piaceri
in cune reali,
l’accoglie il diletto
se il mondo soggetto
nascendo mirò.
Le mete ai contenti
prefigge sua brama,
ma poscia ai tormenti
se Amore lo chiama
gioisca se può.
Prefetto
Flavio diletta prole,
qual d’occulto martir nube funesta
turba il seren del core e l’alma infesta?
Se di tesori e gemme
vago il desio si duole,
nell’Indiche Maremme
suddite al tuo voler l’albe stillanti
preziosi per te versano i pianti.
Erster Teil
Flavius
Wer als Herrscher geboren wird,
atmet mit der lebenspendenden Luft
schon in der königlichen Wiege
reine Freude.
Der Genuß empfängt ihn,
wenn die Welt bei seiner Geburt
ihm unterworfen ist.
Ziel seiner Wünsche
ist die Freude.
Aber wenn Amor ihm zuwinkt,
wird auch er wegen der Liebesqual
Kummer leiden müssen.
Und so erlasse ich in den berühmten Gefilden des Quirinus, (1)
wo der gefürchtete Vater
den Sitz des Juppiters Romanus einnimmt,
Gesetze, bin aber selbst gefangen.
Um mein Herz in harten Ketten zu fesseln,
hat der trügerische Amor
Agnes ihr goldenes Haar geraubt
und sich dessen bedient.
Präfekt Flavius, mein liebes Kind,
welche unheilbringende Wolke
trübt dein heiteres Herz und vergiftet deine Seele?
Wenn du dich nach Schätzen
und Edelsteinen sehnst,
wird in Indien die Morgenröte,
deinen Wünschen fügsam,
kostbare Tränen für dich vergießen.
(1)
Der alte, auf dem Quirinal wohnende Stammeskriegsgott der Sabiner, der zum Teil dem griechischen Ares, bzw dem römischen Mars entspricht.
52
Wir bitten Sie, leise umzublättern. 53
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Flavio
Vaghe gemme che dal gelo
diffondete i rai lucenti
ricche perle che del Cielo
siete lacrime ridenti,
la beltà che’l sen m’accese
come oscura i vostri vanti,
se al fulgor che sparge Agnese
ombre son perle e diamanti.
Prefetto
Se t’offre il crin Fortuna,
se a stabilirti honori
d’ogni stella gl’influssi il Cielo aduna,
se leggi imponi alla beltà che adori,
perché nel fosco ciglio
di sognato martir s’aggira un’ombra?
Spera, deh spera o figlio,
che d’Imeneo la face
d’ogni cura mordace il vel disgombra.
Quando un’alma difeso rimira
lo scettro che stringe
da sorte fedel, se tra gl’ostri e le pompe sospira
il fato costringe
a farsi crudel.
Chi tra lampi di soglie gemmate
col pianto distrugge
la gioia del sen,
sembra un’angue con spoglie dorate
che i fiori che sugge
converte in velen.
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Flavius
Schöne Kleinode, aus eurer Kälte
verbreitet ihr strahlendes Licht,
kostbare Perlen, ihr seid des Himmels
lächelnde Tränen.
Agnes aber, die mein Herz entflammt,
verdunkelt eure Pracht, wenn
beim Glanz, den die Schöne verbreitet,
Perlen und Diamanten zu Schatten werden.
Präfekt
Wenn Fortuna, um nach ihr zu greifen,
dir ihren Haarschopf bietet, (2)
wenn der Himmel, um dich zu verehren, die guten Einflüsse
aller Sterne sammelt, wenn du durch Gesetze
über deine Schöne bestimmen kannst,
wieso trübt ein qualvoller Schatten deine Augen?
Mein Sohn, gebe die Hoffnung nicht auf:
Bald wird Hymenaios (3) mit seiner Hochzeitfackel
den Schleier dieses beißenden Kummers zerreißen.
Wenn man sieht, dass das Zepter,
das man fest in der Hand hält,
von treuem Schicksal beschützt wird,
und man trotzdem inmitten von Prunk
vor Kummer seufzen muss,
ist es das Schicksal, dass einen zwingt
grausam zu sein.
Wer umgeben von strahlendem Reichtum
seine Freude durch Tränen zerstört,
ähnelt einer goldenen Schlange,
die die verschluckten Blumen
in Gift verwandelt.
(2)
Der Kopf der Glücksgöttin Fortuna hatte vorne Haare, war aber hinten kahl, so dass man keine Gelegenheit hatte, nach ihr zu greifen,
wenn sie einem den Rücken zuwandte. Daher auch die Redewendung
„Das Glück beim Schopf packen“.
(3)
„Imeneo/Hymenaios“: Der Hochzeitsgott Hymenaios, traditionell mit
einer Fackel dargestellt.
54
55
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Madre
Qui dove bagna il Tebro
l’augusto piede alla città di Marte
o quante gratie il Cielo
Agnese, amata figlia a noi comparte.
Ma dal materno zelo
tali stimoli io provo, onde non sento,
colma di tante gioie il cor contento. Mutter
Agnes, geliebte Tochter,
oh welche Gunst erteilt uns
der Himmel in Rom,
der erhabenen Stadt, durch die der Tiber fließt.
Aber der mütterliche Eifer lässt,
trotz der großen Freude,
mein Herz kein Glück empfinden.
S. Agnese
Svela o Madre, deh svela
qual trafigga il tuo cor pensier tiranno,
si scema il duol col palesar l’affanno.
Heilige Agnes
Sag mir, Mutter, sag mir:
Welcher grausame Gedanke quält dein Herz? Wenn man von
seinem Leid spricht, wird der Schmerz gelindert.
Madre
Di falsi Numi a stabilir la sede
regge mostro infernal scettro inumano
e su l’altar d’un idolo profano
svena di Christo empio rigor la fede.
Se Cesare t’impone
offrir a sordi marmi arabi fumi,
in sì fiera tenzone
come celar potrai legge e costumi?
Mutter
Ein höllisches Monster mit unmenschlichem Zepter
hat das Bestehen falscher Götter bestimmt,
und opfert mit ruchloser Härte auf dem Altar eines heidnischen
Abgottes den christlichen Glauben.
Wenn der Kaiser befiehlt,
taube Marmorwerke mit arabischem Weihrauch zu verehren,
wie wirst du dann in diesem schwierigen Kampf
deine Gesetze und deine Gebräuche verbergen können?
Angesichts eines Tyrannen nützt es nichts, sich zu verstellen.
Deswegen rauben mir fürchterliche Gedanken,
wie das stürmische Meer
einem mutigen Schiff, den Frieden.
Se ne l’arco d’un orrido ciglio
il trionfo spiegò l’empietà,
fredda tema di pronto periglio
ogni core soggetto si fa.
Agl' assalti di barbaro sdegno
cede vinto ogni sesso ogni età.
Chi di stragi fa base al suo regno
non distingue virtude o beltà.
A fronte d’un tiranno invan si finge,
onde a me si dipinge
crudo pensiero ad involar mia pace
in procelloso mar qual pino audace.
S. Agnese
Come in serena calma
fia che rimanga un cor fedele assorto
ove nocchiero è l' alma
cinosura la Croce, il Cielo è porto.
56
Wenn das furchteinflößende Auge mit dem Triumph
auch Grausamkeit ausdrückt, wird jedes Herz
von der Angst vor naher Gefahr gelähmt.
Jeder Mensch, gleich welchen Geschlechtes
oder welchen Alters, unterliegt denjenigen,
die barbarische Macht ausüben.
Wer seine Herrschaft auf Zerstörung basiert,
achtet nicht auf Tugend oder Schönheit.
Hlg. Agnes
Wie ein Schiff auf ruhiger See wird ein treues Herz standhaft bleiben: Wenn die Seele Steuermann ist
und das Kreuz leitender Stern,
ist der Himmel dein Hafen.
57
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Madre
Pavento
Mutter
Ich fürchte mich…
S. Agnese Di che?
Heilige Agnes
Wovor?
Madre
In grembo al tormento
Mutter
Inmitten von Kummer…
S. Agnese trionfa la fé.
Heilige Agnes triumphiert der Glaube.
Madre
Inerme è il tuo petto
Mutter
Deine Brust ist unbeschützt…
S. Agnese mio scudo è virtù.
Hlg.Agese mein Schutzschild ist die Tugend.
Madre
D’un empio l’aspetto
Mutter
Angesichts eines Frevlers…
S. Agnese serena Giesù.
Heilige Agnes gibt mir Jesus die Ruhe.
Madre
Fra dure ritorte
Mutter
In Ketten gelegt…
S. Agnese si pena un momento.
Heilige Agnes wird die Qual vorbeigehen.
Madre
A fronte di morte
Mutter
Vor dem Tod…
S. Agnese s’avviva il contento.
Heilige Agnes belebt mich die Freude.
Madre
Ma se il timor non fa mendace il guardo,
del Preside crudel non lungi io veggo
l’altera prole e il consiglier malvagio:
fuggi o figlia il tuo scempio,
che espresso in fronte al fiero Aspasio io leggo
Mutter
Aber wenn die Angst mich nicht täuscht,
sehe ich wie sich der hochmutige Sohn des grausamen
Präfekten und sein übler Vertrauter sich nähern:
Fliehe, meine Tochter, vor der Gefahr,
denn ich erkenne im Gesicht des bösen Aspasius
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59
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
il sembiante d’un empio:
qual d’acceso vapor torbido crine
sparge là dove appar certe ruine.
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
all seine Ruchlosigkeit, die
gleich einem düsteren Dunst
sicheres Verderben verbreitet wo sie auch erscheint.
Aspasio
Flavio qual fosco velo
d’insolito dolor t’adombra il volto?
È forse stanco il Cielo
di piover sul tuo crin gioie e contenti?
Aspasius
Flavius, der dunkle Schleier eines nie gesehenen
Schmerzes überschattet dein Gesicht.
Will dich der Himmel denn nicht mehr mit Freude
und Glück beschenken?
Flavio
Aspasio, oh Dio, consenti,
ch’io viva in grembo al mio dolor sepolto.
Flavius Ach Aspasius, lass mich doch
in meinem Schmerz begraben sein.
Aspasio
Vanti la sorte alle tue brame ancella
e pur folle sospiri?
Aspasius
Du kannst dich rühmen, das Glück als Diener deiner Wünsche
zu haben, und doch seufzt du, du törichter Mensch?
Flavio
La mia sorte rubella
mi condanna ai martiri
se con lucido crin l'alma flagella.
Flavius Das widrige Schicksal
verurteilt mich zu Qualen,
wenn es mit leuchtendem Haar meine Seele geißelt.
Aspasio
Non ha vicende il Fato
ove il voler d’un grande è legge espressa!
Aspasius Das Schicksal bestimmt nicht die Ereignisse,
wo der Wille eines mächtigen Menschen Gesetz ist!
Flavio
E pur l’alma servile
forza non ha per dominar se stessa.
Flavius
Und doch besitzt die geknechtete Seele
über sich selbst keine Macht.
Aspasio
Cede a cura sì vile
del Preside latin l’inclito germe?
Aspasius
Der erhabene Sohn des römischen Präfekten
ist diesem niedrigen Gefühl unterworfen?
Flavio
Abbatte ogni valor bellezza inerme.
Flavius
Eine unbewaffnete Schönheit schlägt jede Tapferkeit.
Aspasio
Dunque d’amore avvampi?
Aspasius
Die Liebe ist also in dir entbrannt?
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Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Flavio
Ardo d’amore è vero ai vaghi lampi
del bel volto d’Agnese e al chiaro lume
su l’ali del pensiero il core amante,
farfalla ardita incenerì le piume.
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Flavius Es ist wahr: Ich brenne vor Liebe bei den schönen Augen
der reizenden Agnes und in deren klarem Licht
verbrennt sich, wie ein kühner Schmetterling,
auch mein liebendes Herz auf den Flügeln seiner Gedanken.
Aspasio Di tue brame al dolce impero
la beltà che ti dié morte
offre il cor già prigioniero
se l’innalza altera sorte
oltre i voli del pensiero.
Non si duole irata Flora
se di rose più vermiglie
Cielo amico il crin gl’infiora,
non ricusan le conchiglie
i bei pianti dell’aurora.
Prefetto
Non più sospiri, o figlio, ecco sen’ viene
chi del tuo cor può raddolcir le pene.
Präfekt
Seufze nicht mehr, mein Sohn! Sieh, da kommt gerade
diejenige, die das Leiden deines Herzens mildern kann.
Flavio
Flavius Meine Schöne, im Schmerz, den ich in meinem Herzen
zu verbergen versuche, erkenne die Macht deiner Anmut,
so wie der Himmel in deiner Schönheit
seine eigene Schönheit erkennen kann.
Bella, nel duol ch’entro al mio petto io celo
scorgi il dolce poter di tua vaghezza
come rimira il Cielo
nelle sembianze tue la sua bellezza.
S. Agnese
Se il Ciel ver me lucidi sguardi affisa, ne’ falli miei la sua pietà ravvisa.
Vaga rosa
che fastosa
nell’alba nutrì
folle speme
di vita immortale,
tosto langue che il raggio vitale
Febo asconde all’occaso del dì
e disperse le pompe del crine
fa di spine
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Aspasius Wenn ein kühnes Schicksal
die Schöne, die dich peinigt
über alle Vorstellung hinaus erhöht,
wird sie ihr gefangenes Herz der süßen Macht
deiner Wünsche überlassen.
Wenn der wohlwollende Himmel
die Haare der Flora noch mehr mit Rosen beschmückt,
zeigt sie sich sicher nicht zornig,
und die Muscheln lehnen die Perlen nicht ab,
die wie schöne Tränen der Morgenröte aussehen.
Heilige Agnes Wenn der Himmel mich trotz meiner Fehler mit glänzenden Blicken anschaut, zeigt er sein Erbarmen.
Die schöne Rose,
die voller Freude
beim Sonnenaufgang
die törichte Hoffnung hatte,
ewig zu leben, vergeht sofort,
sobald die Sonne abends ihre lebenspendenden
Strahlen versteckt.
Wenn sie die Pracht ihres Hauptes verloren hat,
bleibt ihre Schönheit unter Dornen begraben.
63
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
all’estinta vaghezza il feretro:
sia specchio un fiore a una beltà di vetro.
Quel ruscello,
che rubello
sua cuna sprezzò
sommergendo del prato i tesori,
tosto manca ch’in seno di Dori
la superbia dell’onde domò
e se lascia tra piagge tranquille
poche stille,
vivo raggio di sole l’adduge:
sia specchio un rivo a una beltà che fugge.
Flavio
Mortal non è chi nel bel guardo avviva, cifre d’eternità, gl’astri del Polo;
Flavio sol per te langue e brama solo
meta del suo penar tua stabil fede.
Onde a me si prescriva
o il gel di morte o d’Imeneo le tede.
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Diese Blume soll Spiegelbild
einer zerbrechlichen Schönheit sein.
Jener Bach, der aufrührerisch
das Flussbett verlässt und
die Schätze der Wiesen überflutet,
vergeht sofort, sobald er ins Meer mündet (4) und
der Hochmut seiner Wogen gezähmt wird.
Und selbst wenn er auf dem ruhigen Strand einige Tropfen hinterlässt, werden diese
in den heißen Strahlen der Sonne verdunsten.
Dieser Bach soll Spiegelbild
einer vergänglichen Schönheit sein.
Flavius
Unsterblich ist derjenige, der durch seinen schönen Blick
den Strahl der ewigen Sterne des Himmels wiedergibt:
Nur für dich schmachtet Flavius und er sehnt sich
am Ende seines Kummers nur nach deiner Treue.
Mir ist entweder der Tod vorgeschrieben
oder die Hochzeit mit dir. (5)
S. Agnese
Se il più candido fiore,
di pudica onestà germe innocente,
al Sovrano Motore
offr’io, pegno d’amor mia fede ardente
come, come poss’io
per darlo ad huomo fral ritorlo a Dio?
Heilige Agnes
Wie könnte ich die reinste Blume der
unschuldigen Keuschheit, die ich Gott,
dem höchsten Lenker des Universums,
als Zeugnis meiner Liebe
und meiner glühenden Treue widme, zurücknehmen,
um sie einem sterblichen Mann zu geben?
Aspasio
Con voci di contenti Amor t’invita
alle grandezze al soglio,
e pur l’alma smarrita
del tuo ciglio sereno eclissa i rai;
o Ciel chi vide mai
Aspasius Voll Freude lädt dich Amor
zur Pracht und Macht ein,
und doch lässt die verwirrte Seele
das Licht deiner heiteren Augen verblassen.
O Gott, wer hat schon einmal einen Steuermann gesehen,
(4)
Im italienischen Text „Dori“: Eine der Okeaniden (Nymphen). Hier
steht der Name synonym für das Meer.
(5)
„Imeneo/Hymenaios“: Der Hochzeitsgott Hymenaios, traditionell mit
einer Fackel dargestellt.
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65
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
nocchier che il fiero orgoglio
vinse d’ogn’Austro infido,
valicati gl’Egei perir nel lido?
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
der zwar den heftigen Hochmut der stürmischen und
gefährlichen Winde besiegt (6) und die Meere
durchfahren hat, aber dann, direkt vor der Küste untergeht.
S. Agnese
Nuda balza che in seno nasconde
miniere feconde
di biondo tesor,
paga sol dell’interna ricchezza,
i fregi disprezza
dell’erbe, dei fior.
Così serti fugaci al crin non chiede
chi nell’alma racchiude oro di fede.
Heilige Agnes
Einem kahlen Felsen,
der in sich verbirgt
Erzadern reich an Gold,
ist sein innerer Reichtum genug
und er verachtet die Zierde von Pflanzen
und Blumen. Genauso sehnt sich wer in seiner
Seele das Gold des Glaubens bewahrt,
nicht nach vergänglichen Kronen.
Prefetto
Già che sdegna il tuo petto
di Fortuna e d’Amor le faci e gl’ostri,
involati al mio aspetto
e di Vesta nei chiostri
tra volontari affanni
traggi vedovi i dì, sterili gl’anni.
Präfekt
Wenn dein Herz Glück, Liebe
und Prunk verschmäht,
lass dich nicht mehr hier blicken:
Gehe in den Tempel von Vesta (7) und
verbringe unter frei erwähltem Kummer
dein Leben allein und fruchtlos.
S. Agnese
Per dar fregi innocenti
col virginal mio giglio all’alma, ai sensi
fia chiostro il sen pudico, ai marmi algenti
arda culto infedel profani incensi.
Heilige Agnes
Mein keusches Herz wird der Tempel sein, wo ich meiner
Seele und meinen Gefühlen die Lilie meiner Jungfräulichkeit
als unschuldige Zierde geben werde. Heidnische
Kulte und Weihrauch gelten kalten Marmorstatuen.
Flavio
Flavius
Es ist wahr: Ich verehre Marmorstatuen.
Amor befiehlt es meiner Seele, die Sklavin deines Willen ist,
weil dein Herz, Urne meiner Hoffnung,
wie ein Marmorstein ist,
oh du meine Schöne.
Adoro i marmi è vero,
ché insegna all’alma al tuo volere ancella
i freddi marmi idolatrare Amore,
se nel tuo seno o bella
urna della mia speme un marmo è il core.
(6)
Im italienischen Text „Austro“: Der gefährliche, stürmische
Südwind.
(7)
Vesta: Römische Göttin, die der griechischen Estia entspricht,
Beschützerin der Familie, des Hauses und des Staates; die
Priesterinnen ihres Tempels waren ihr geweihte Jungfrauen, die
Vestalin genannt wurden.
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67
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Prefetto
Un delirio inevitabile destar deve entro al mio core
la sopita crudeltà.
Alimenti ira implacabile,
l’arco impugni di fiero rigore
nel mio petto schernita pietà.
Präfekt
Unausweichliche Wut
soll die unterdrückte Grausamkeit
in meinem Herzen erwecken.
Verhöhnte Zuneigung soll in meiner Brust
unerbittlichen Zorn anfachen
und mit grausamer Strenge den Bogen spannen.
Una fiamma inestinguibile
con la vita d’un’infida
strugga ancora un’empia fé.
Soffrirà scempio insoffribile
nel rigore di pena omicida
chi del Cielo ribelle si fé.
Unauslöschliches Feuer soll
zusammen mit dem Leben der untreuen Frau
ihren frevlerischen Glauben zerstören.
Durch die Strenge der tödlichen Strafe wird diejenige,
die sich dem Himmel widersetzt,
unerträgliche Qualen erleiden.
Chi spettatrice Roma
non curò dei suoi fasti,
tra impure frine entro lascive soglie,
esposta all’altrui voglie,
spettacolo divenga a Roma, al Mondo.
Folle se disprezzasti,
non che prospera sorte, i Numi istessi;
il tuo seno pudico
ben tosto diverrà teatro immondo
e nell’incolta chioma
succederanno ai mirti atri cipressi.
Diejenige, die auf den Prunk von Rom blickte
ohne ihn zu würdigen, wird in einem Bordell
unter anderen Dirnen der Begierde anderer
ausgesetzt sein, und somit wird sie selbst
zum Schauspiel für Rom und für die Welt werden.
Du Törichte, du hast das wohlgesonnene Schicksal
und die Götter verschmäht:
Nun wird deine keusche Brust sehr bald
zu einem unreinen Schauplatz werden
und dein zerraufter Kopf wird mit düsteren Zypressen,
und nicht mit Myrte umkränzt sein.
Flavio
Così del suo cordoglio
sarà dura cagione un cor di scoglio.
Di tua fé delirante
con più saggio desio l’error correggi:
mira delle tue leggi
già reso è il Tebro adorator costante.
Flavius So wird das steinharte Herz
der bittere Grund seines eigenen Leidens sein.
Durch vernünftige Wünsche sollst du
den Fehler deines verrückten Glaubens verbessern.
Schau hin: Rom beginnt schon
den Gesetzen deines Glaubens treu zu folgen.
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69
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Nel tuo volto bandito il rigore
splenda un raggio d’amica pietà
che d’un Sole all’amato splendore
nova Clitia il mio core sarà.
Agl’albori di dolce speranza
dal mio seno sparisca il timor
e trionfi un’invitta costanza
dell’asprezza di rigido cor.
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Verbanne die Strenge: Auf deinem Antlitz
soll ein Strahl wohlwollender Liebe erleuchten
und so wird mein Herz beim geliebten Glanz
seiner Sonne wie eine neue Clitia sein. (8)
Der Beginn einer süßen Hoffnung lässt
die Angst aus meinem Herzen entschwinden
und meine unbesiegte Beständigkeit
soll über dein hartes Herz triumphieren.
S. Agnese
Del Tebro apprendo al mormorar fugace
che ciò che alletta e piace
qual’onda fugge e che l’human desio
pace non ha se non la cerca in Dio.
Heilige Agnes
Vom flüchtigen Rauschen des Tibers lerne ich,
dass das, was gefällt und erfreut schnell vorbeigeht wie
eine Welle und dass das menschliche Verlangen
nur Zufriedenheit findet wenn man sie bei Gott sucht.
Flavio
Udisti a qual oltraggio
te stessa esponga il tuo voler sì crudo.
Flavius
Du hast doch gehört, welcher Schändung
dein so sturer Wille dich aussetzen wird.
S. Agnese
D’inerme purità la Croce è scudo.
Heilige Agnes
Das Kreuz ist Schutzschild einer unbewaffneten Reinheit.
Flavio
La gloria
Flavius
Der Glanz…
S. Agnese
è fugace.
Heilige Agnes ist vergänglich.
Flavio
La madre
Flavius
Die Mutter…
S. Agnese
l'oblio.
Heilige Agnes an sie kann ich nicht denken.
Flavio
La fama
Flavius
Der Ruhm…
(8)
Clitia: Eine Nymphe, zuerst von Apollogeliebt, dann aber wegen
ihrer Eifersucht von ihm verstoßen. Sie verbrachte danach ihre Tage
immer mit dem Blick auf den vorüberziehenden Sonnenwagen des
Apollo geheftet, bis sie sich von Kummer verzehrt in die Sonnenblume
verwandelte.
70
71
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
S. Agnese
è mendace.
Heilige Agnes ist trügerisch.
Flavio
Lo sposo
Flavius
Der Bräutigam…
S. Agnese
è il mio Dio.
Heilige Agnes ist mein Gott.
Flavio
Flavius
Verrückter Wunsch
einer hartnäckigen Seele;
wieso empfindet
dein eiskaltes Herz
angesichts meines Kummers
nicht einen Funken von Liebe?
O folle desio,
d’ un' alma crudel!
E come non sente
a tanti sospiri
favilla d’amore
un core di gel?
S. Agnese
Vaneggi, deliri.
Heilige Agnes
Du bist außer dir, du redest wirr.
a due A tanti sospiri
beide Angesichts dieses Kummers
Flavio e come non sente
Flavius
wieso empfindet es nicht
S. Agnese no no che non sente
Heilige Agnes
nein, nein, es empfindet nicht
a due favilla d’amore
beide einen Funken von Liebe
Flavio un core di gel
S. Agnese il core di gel.
Flavius
dein eiskaltes Herz
Heilige Agnes
das eiskalte Herz.
Flavio O folle desio
Flavius
Oh verrückter Wunsch
S. Agnese O saggio desio
Heilige Agnes
Oh vernünftiger Wunsch
72
73
Sant’Agnese ƒ Prima Parte
Sant’Agnese ƒ Erster Teil
Flavio d’un’alma crudel.
Flavius
einer hartnäckigen Seele
S. Agnese d’un’alma fedel.
Heilige Agnes
einer treuen Seele.
Flavio I Numi
Flavius
Die Götter…
S. Agnese che sono?
Heilige Agnes
welche?
Flavio Gli scherni
Flavius
Die Verhöhnung…
S. Agnese li bramo.
Heilige Agnes
ich sehne mich danach.
Flavio Il rogo
Flavius
Der Scheiterhaufen…
S. Agnese
è il mio trono.
Heilige Agnes
ist mein Thron.
Flavio
La morte
Flavius
Der Tod…
S. Agnese la chiamo
ché nel mortal periglio
brama innesti di palme un puro giglio.
Heilige Agnes
ich rufe ihn herbei,
weil sich eine reine Lilie in tödlicher Gefahr
nach einem glorreichen Tod sehnt.
- Fine della prima parte -
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- Ende des ersten Teils -
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
Seconda parte
Zweiter Teil
S. Agnese
Vaghe stelle
che splendete,
care mete
di mia pace,
di quel Sole opre voi siete
al cui raggio il cor si sface.
Ma ben che siate al core
cinosure fedeli,
io priva di conforto
sospiro oh Dio fra le procelle il porto.
Voi del Ciel spirti amorosi
dal suo fren l’alma sciogliete
che già mira i suoi riposi
nelle sfere che volgete.
Heilige Agnes
Schöne Sterne,
die ihr strahlt,
ihr seid das geliebte Ziel,
um den Frieden zu finden.
Ihr seid entstanden durch jene Sonne,
bei deren Licht mein Herz vergeht.
Aber obwohl ihr die treuen,
leitenden Sterne meines Herzens seid,
sehne ich mich, hilflos, oh Gott,
mitten im Sturm nach dem Hafen.
Ihr liebevollen Himmelsgeister,
befreit meine Seele von den irdischen Zwängen,
die ihren Frieden in den von Euch
gelenkten Himmelssphären schon erblickt.
Flavio
Amore ove mi guidi
e in qual di ciechi orrori
impuro laberinto
per vagheggiar un sol Flavio s’aggira?
Forse il cor che delira
qui crede, oh Dio di fosche larve cinto,
l’ombra veder del suo dolore estinto.
Piango, peno, sospiro, avvampo e gelo,
ma d’ammollir quel cor non si dan vanto
pene, gelo, sospiri, ardori e pianto.
Non imperano i regnanti
quando han suddito il voler;
quella fiamma che vorace
può distrugger l’altrui pace
entro il sen de' folli amanti
si fa rogo del piacer.
Spesso un’alma in regio seno
prigioniera è del dolor;
se d’ardori un cor si pasce
il diletto ha tomba in fasce,
Flavius
Amor, wohin führst du mich und
durch welches unzüchtige Labyrinth
voller düsterer Schrecken geht Flavius,
um nach seiner Sonne zu suchen?
Oh Gott, in seinem Delirium glaubt vielleicht
das Herz, hier unter anderen Schatten, das Ende
seines Schmerzes wie eine Erscheinung zu sehen.
Ich weine, quäle mich, seufze, entbrenne und erfriere,
aber weder Qual noch eisige Kälte, Seufzer, feuriger
Eifer oder Tränen können Agnes Herz erweichen.
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Die Mächtigen können nicht herrschen,
wenn ihr Wille geknechtet ist.
Jenes gierige Feuer,
das den Frieden zerstört, wird
in den Herzen der törichten Liebhaber
zum Scheiterhaufen der Freude.
Selbst bei Königen ist die Seele oft
Gefangene des Leides.
Wenn die Leidenschaft ein Herz nährt,
hört die Freude bald auf, weil Amor dort,
Wir bitten Sie, leise umzublättern. 77
Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
ch’ove sparge il suo veleno
crude morti infonde Amor.
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
wo er seine Gifte verbreitet,
grausamen Tod verursacht.
S. Agnese
Flavio tra queste soglie? Empio cimento
Agnese a te s’appresta.
Per sottrarmi all’oltraggio
di lascivo ardimento,
sposo immortale, il tuo favore invoco:
in quest’ombra funesta,
mio Dio deh splenda un raggio
di quell’eterno foco,
che ministro fatal d’amore e d’ira
al giusto è cinosura, all’empio è pira.
Heilige Agnes
Flavius, hier? In welcher schlimmen Gefahr,
befinde ich mich bloß?
Um der Schändung
durch lasziven Übermut zu entgehen,
bitte ich dich um Hilfe, Jesus:
In diesem unheilvollen, düsteren Ort,
oh du mein Gott, lasse einen Strahl
jenes ewigen Lichtes leuchten, das als unabwendbarer
Ausdruck von Liebe oder Zorn für den Gerechten Heil
und für den Frevler den Tod bedeutet.
Flavio
Flavius
Welches Feuer brennt plötzlich in meiner Brust?
Welcher brennende Pfeil verwundet und entzündet
mein Herz, blendet die Augen? Oh Götter,
beschützt mich, Hilfe! Aus Angst und Leiden
erfriere und entbrenne ich gleichzeitig.
Ma qual fiamma improvvisa il sen m’accende?
Qual infocato dardo
fere il petto, arde il cor, abbaglia i lumi?
Soccorso, aita, o Numi;
di timore e d’affanno agghiaccio ed ardo.
S. Agnese
Il castigo del Ciel non giunge tardo.
Heilige Agnes
Die Strafe Gottes kommt nicht zu spät.
Flavio
Flavius
Beute einer heftigen Flamme,
jede Kraft vergeht in mir
und die leidende Seele
kann das schwache Herz nicht mehr am Leben halten.
Esca di vampa ardente,
ogni spirto in me langue
e quest’alma dolente
niega gl’usati uffici al seno esangue.
Prefetto
Occhi miei, che mirate? O figlio, o Dio
Sogno, veglio, vaneggio?
Flavio preda di morte? O Ciel che veggio?
Se l’acerbo mio fato
sì vago germe in sul fiorir recide,
come il dolor, perch’io gli mora al lato,
reso Parca pietosa hor non m’uccide?
Präfekt
Was sehe ich da? Mein Sohn, oh Gott,
träume ich, bin ich wach, oder bin ich irre?
Flavius, Beute des Todes? Oh Himmel was sehe ich da?
Wenn das bittere Schicksal
eine so schöne Knospe bei ihrem Aufblühen bricht,
wieso lässt mich der Schmerz als mitleidige Parze (9)
jetzt nicht zusammen mit meinem Sohn sterben?
(9)
78
Die drei Parzen, die für das menschliche Schicksal standen, hielten
den Faden des Menschenlebens symbolisch in ihren Händen. Klotho
spann ihn, Lachesis maß ihn, und Atropos schnitt ihn ab.
79
Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Ma se indelebili
gl’affanni asprissimi
son del mio cor,
mie luci flebili
su disciogliete
fiumi amarissimi
e sommergete
il mio dolor.
E se col piangere
non si disanima
pena mortal,
perché per frangere
nodo che lega
nel petto l’anima
l’ali non spiega
Cloto il suo stral?
Ma già ch’a me si toglie
dar fin con la mia morte al mio martire,
tutte del cor le doglie
stimolo di vendetta hor cangi in ire.
In te Circe spietata, empia Medea
l’ira cadrà se del mio duol sei rea.
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
Wenn solch grausamer Schmerz
meines Herzens
unauslöschlich ist,
sollen meine ermatteten Augen
Flüsse von bitteren Tränen
vergießen,
um meinen Kummer
zu überfluten.
Und wenn diese tödliche Pein
mich nicht durch das Weinen
umbringt,
wieso Cloto
durchtrennt nicht
den Knoten,
der die Seele in meiner Brust fesselt,
mit einem Hieb? (10)
S. Agnese
Punir seppe il mio Dio che de' mortali
su la libra d’Astrea l’opre misura
col gel di morte un’impudica arsura.
Aber da es mir verweigert wird,
meinen Schmerz mit dem Tod zu beenden,
soll nun der Stachel der Rache das ganze Leid
meines Herzens in Zorn verwandeln. Und dich,
du grausame Circe, du böse Medea, weil du Schuld
an meinen Kummer trägst, wird mein Zorn treffen.
Heilige Agnes
Mein Gott, der mit der Waage der Asträa (11)
die Taten der Menschen abwägt, hat mit dem
eiskalten Tod eines Unzüchtigen seinen Durst bestraft.
Prefetto
Quel Nume in cui delle rotanti sfere
sogna culto infedel l’alto governo,
il cui potere eterno
altre mete non ha ch’il suo volere
renda se può di sua possanza in segno,
renda al paterno amor sì caro pegno.
Präfekt
Jener Gott, der nach eurem irrsinnigen Glauben
das Universum lenkt,
dessen ewige Macht
kein anderes Ziel hat, als seinen Willen,
soll mir, wenn er kann, als Zeichen seiner Macht das
teure Objekt meiner väterlichen Liebe zurückgeben.
(10)
Klotho: siehe
abschnitt.
(9),
eigentlich war es Atropos, die den Lebensfaden
(11)
Asträa: Einer Überlieferung nach war sie eine Tochter des Zeus und
der Themis. Sie symbolisierte die Gerechtigkeit.
80
81
Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
S. Agnese Signor s’humil preghiera
figlia di pura fé
nella stellata sfera
mai conseguì mercé,
la tua clemenza i voti miei secondi.
Scuopri la tua potenza,
togli a morte le prede e i rei confondi.
Heilige Agnes
Herr Gott, wenn eine demütige Bitte
als Ausdruck meiner reinen Treue,
in den himmlischen Sphären
auf deine Gunst hoffen kann,
erfülle mit deiner Gnade meine Bitte:
Zeige deine Macht, entwende dem Tod
seine Beute und demütige damit die Frevler.
Se mai sovra le stelle
priego mortal volò,
spirare aure novelle
gelato sen vedrò.
Ai miei desiri
tua gratia o Dio diffondi,
accogli i miei sospiri,
fredde spoglie ravviva e i rei confondi.
Wenn die Bitte einer Sterblichen
in den Himmel jenseits der Sterne geflogen ist,
werde ich sehen, wie eine durch die Kälte des
Todes erstarrte Brust wieder atmet.
Herr Gott, erfülle mit deiner Gnade
meine Wünsche, erhöre meine Seufzer,
gib einem Toten das Leben wieder
und demütige damit die Frevler.
Prefetto
Ma qual novo portento il guardo ammira,
son desto oppur la speme
cari sogni dipinge al cor che geme?
Figlio dal tuo bel volto
sì ch’io veggio sparir l’ombre mortali,
porgon l’aure vitali
moto alle membra esangui e i dolci accenti
che da’ tuoi labbri ascolto,
già richiamano in vita i miei contenti
Präfekt
Welches neues Wunder erblicke ich,
bin ich wach, oder ist es die Hoffnung,
die dem leidenden Herzen schöne Träume ausmalt?
Mein Sohn, es ist doch wahr:
der Schatten des Todes
entschwindet von deinem schönen Gesicht,
das Leben gibt deinem blassen Körper neue Kraft
und die süßen Worte, die ich aus deinen Lippen höre,
lassen meine Freude wieder auferstehen.
Flavio
Immenso Dio che sol te stesso intendi,
e in conoscer te stesso
nume produci a te medesmo eguale
e mentre al tuo riflesso
di reciproco amor le fiamme accendi,
spira quel dolce ardor spirto immortale,
tu sei del Ciel sulla gemmata sede,
base all’eternità, meta alla fede.
Flavius
Unendlich großer Gott, der du allein dich selbst begreifst
und Göttlichkeit, die dir ähnelt erzeugst:
Du entzündest das Liebesfeuer, das dein eigenes
widerspiegelt und diese süße Leidenschaft erweckt
dabei den unsterblichen Geist.
Auf dem strahlenden Thron im Himmel,
bist du Ursprung der Ewigkeit
und Ziel des Glaubens.
82
Finché un’alma i suoi fulgori
cela in limiti penosi
di caduca humanità,
Solange die Seele ihren Glanz
in den schmerzlichen Zwängen der vergänglichen
menschlichen Natur verbirgt,
83
Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
con fantasmi tenebrosi
idear non può tesori
di serena eternità.
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
kann sie sich, abgelenkt von düsteren Gespenstern,
nicht den Reichtum
einer seligen Ewigkeit vorstellen.
Prefetto
Di mie pene crudeli
sgravato appena il tormentoso incarco,
con accenti infedeli
figlio a novo dolor tu m’apri il varco.
Präfekt
Oh mein Sohn, kaum war ich von der schweren
Last meines grausamen Kummers befreit,
da verursachst du mit deinen ungläubigen Worten
neues Leiden.
Aspasio
Signor non più dimore,
ch’ai ministri del Tempio il volgo unito
già volge a danni tuoi l’armi e’l furore.
Aspasius
Mein Herr, kein Zögern mehr:
Das Volk will zusammen mit den Priestern des Tempels
seinen Zorn und die Waffen gegen dich richten.
Prefetto
Che ascolto o Dei?
Präfekt
Oh Götter, was höre ich!
Aspasio Lo scempio appena udito
che magica empietà fé di tua prole,
la plebe accorse a vendicare intesa
l’onta del genitor, del Ciel l’offesa.
Poscia in udir che del tuo duolo ai prieghi
di possanza infernal forza rubella
nel sen di Flavio infonde
con sacrilega fé vita novella…
Aspasius
Sobald das Volk vom schlimmen Verbrechen magischer Ruchlosigkeit gegen deinen Sohn erfuhr, eilte es herbei,
um die Schmach des Vaters und des Himmels zu rächen.
Danach aber, als es hörte, dass dank
deiner schmerzvollen Bitte,
höllische, mächtige Kräfte
in Flavius mit neuem Leben
auch einen frevelhaften Glauben hinein fließen ließen …
Prefetto
Segui, che fia?
Präfekt Los, sprich weiter, was ist passiert?
Aspasio
L’amor cangiato in ira,
chi vendicar bramò punir sospira.
Signor, chi lento in castigar l’eccesso
del fallo che soffrì fa reo sé stesso.
Aspasius
Aus der Liebe wurde Zorn und diejenigen, die dich
zuvor rächen wollten, wollen dich nun bestrafen.
Mein Herr, wer mit der Bestrafung des Verbrechens zögert,
ist der Folgen der Missetaten selbst schuldig.
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Prefetto
Discordi pensieri
ch’il cor dividete,
o ardite più fieri
o miti tacete.
Amore ed Astrea
mi taccian d’ingiusto;
è prole, ma rea,
son padre, ma giusto.
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
Präfekt
Widersprüchliche Gedanken,
ihr spaltet mein Herz:
entweder sollt ihr es mit mehr Kraft wagen,
oder milde sein und schweigen.
Liebe und Asträa, (12)
beide beschuldigen mich der Ungerechtigkeit.
Flavius ist mein Sohn, aber er ist schuldig,
ich bin sein Vater, aber ich muss gerecht sein.
Aspasio
Nel tuo sen generoso,
figlio della ragion, regni il rigore.
Aspasius Die Strenge, als Folge der Vernunft,
lenke dein großmütiges Herz.
Prefetto
Amore ed Astrea etc.
Präfekt
Liebe und Asträa etc.
Aspasio il cor ch’in tua virtù s’affida
dell’empio culto a te la strage assegna,
che dove impera il duol ragion non regna!
Adora il figlio una bellezza infida,
more e nemico ai sommi Dei rinasce;
i tumulti e le grida
odo del volgo a mie ruine intento,
onde in un sol momento
per affligger quest’alma unì la sorte
amore, infedeltà, congiure e morte.
Aspasio
D’aspro duol non sia ricetto
nobil petto.
Del mio brando ai lampi e all’ire
fuggan l’ombre del timor
e se un’ Idra è il tuo martire
Aspasius, ich verlasse mich auf dich:
Du sollst diesen ruchlosen Glauben niederschlagen, denn
wo der Kummer herrscht, kann die Vernunft nicht regieren.
Mein Sohn betet eine gefährliche Schöne an, er stirbt, dann
wird er wieder zum Leben erweckt, aber als Feind unserer
Götter; ich höre den Tumult und
das Geschrei des Volkes gegen mich:
Um diese meine Seele zu quälen,
hat das Schicksal auf einmal
Liebe, Untreue, Verschwörungen und Tod vereinigt.
Aspasius
Eine edle Brust soll keinen
bitteren Schmerz beherbergen.
Beim Erblitzen meines wütigen Schwertes
werden die Schatten der Angst entschwinden.
Wenn deine Qual die Hydra ist, (13)
(12)
Asträa: Einer Überlieferung nach war sie eine Tochter des Zeus und
der Themis. Sie symbolisierte die Gerechtigkeit.
(13)
Die Hydra war eine große, mehrköpfige Schlange, die in der
Gegend von Lärna Schrecken verbreitete, indem sie Menschen und
Tiere umbrachte. Herkules tötete sie als zweite seiner Zwölf Arbeiten.
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
wird meine Strenge Alkydes sein. (14)
Süße Hoffnung, kehre endlich
in dein leidendes Herz zurück:
Diese böse Dreistigkeit, die schlimmen
Schmerz verursacht hat, wird verlöschen.
Wenn deine Qual wie die Hydra ist,
wird meine Strenge Alkydes sein.
fia l’Alcide il mio rigor.
Rieda omai nel cor che geme
dolce speme.
Languirà quell' empio ardire
che dié vita a rio dolor
e se un’Idra è il tuo martire
fia l’Alcide il mio rigor.
Su su ministri fieri
eccitate l’ardor di fiamma ultrice
e provi alma infelice
se più pesante è il giogo
di regger scettri o d’avvampar nel rogo.
Los, los grausame Vollstrecker meiner Befehle,
entfacht das rächende Feuer.
Jene unglückliche Seele soll erfahren,
ob es schwerer ist, das Zepter der Macht in der Hand zu halten
oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.
S. Agnese
Vengano a mille a mille in me gl’affanni:
agl’incendi, alle pene,
ai ceppi, alle catene!
L’empietà mi condanni
che a quest’alma fedel sarà il tormento
neve al sol, piume al foco e polve al vento.
Heilige Agnes
Zu Tausenden sollen die Martern kommen:
Auf zu den Scheiterhaufen, zu den Qualen,
zu den Fesseln, zu den Ketten.
Die Ruchlosigkeit soll mich ruhig verurteilen: Meiner
treuen Seele wird jede Pein so flüchtig sein wie Schnee
in der Sonne, Federn im Feuer oder Staub im Wind.
Flavio
Flavius
Oh Gott, möge doch die Seele, die deine Gabe ist,
zu dir zurückkehren. Wüte doch der Zorn gegen mich,
für mich entbrenne der Scheiterhaufen.
Mitleid, das wie eine Strafe wirkt,
soll mir nicht die Möglichkeit verweigern, mich nach
gerechtem Kampf der grausamsten Martern zu rühmen.
Purpur, Zepter, Krone, ihr seid
Ausdruck einer vergänglichen Größe,
Qual und Verderben aus kostbarem Gold.
Die Seele verachtet euch,
und losgelöst von ihrer zerbrechlichen Hülle wird sie
auf einem Scheiterhaufen aus Sternen wie der Phönix
im Himmel zum neuen Leben auferstehen.
L’alma, o Dio ch’è tuo dono a te si renda,
in me l’ira si volga,
per me il rogo s’accenda,
dispietata pietade a me non tolga
far in nobil tenzone
de' più crudi martiri un serto al crine.
Ostri, scettri, corone
d’effimera grandezza
pretiosi tormenti, auree ruine,
l’alma che vi disprezza,
sciolta dal fragil velo,
sovra pira di stelle
rinascerà nova Fenice in Cielo.
(14)
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Alkydes: Beiname des Herkules als Nachfahre des Alceo.
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
S. Agnese Pigri momenti
Heilige Agnes
Langsame Momente
Flavio Cari tormenti
Flavius
Geliebte Qualen
a due O Dio che più tardate,
il volo omai sciogliete,
beide Oh Gott, wieso zögert ihr noch,
lasst mich losfliegen.
S. Agnese onde l’alma penante
Heilige Agnes
So wird die leidende Seele
Flavio onde il mio core amante
Flavius
So wird mein liebendes Herz
a due del sospirato ben giunga alle mete.
Chi di voi cari martiri
mi darà la dolce palma
per beare i miei desiri?
Non più dimore, o pene, hore volate!
E sarete a quest’alma
beide
das ersehnte Glück erreichen.
Welche von euch, ihr süßen Qualen,
wird mir die Palme des Sieges überreichen
und somit meine Wünsche erfüllen?
Kein Zögern mehr, ihr Martern;
Stunden, ihr sollt im Nu vergehen
S. Agnese quanto veloci più
Heilige Agnes
und je schneller ihr seid,
Flavio quanto crudeli più
Flavius
und je grausamer ihr seid,
a due tanto più grate.
beide um so mehr werdet ihr willkommen sein.
Aspasio
Flavio, i deliri tuoi pongo in non cale;
esca di cieco ardore,
folle tu sogni e per te parla Amore.
In te maga crudel l’ira rivolgo,
ecco il rogo bramato,
gl’ardenti miei furori
nelle ceneri tue restino spenti
e del guardo adirato
sian delitie più care i tuoi tormenti.
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Aspasius
Flavius, ich achte nicht auf deine sinnlosen Wörter.
Du bist Beute einer blinden Leidenschaft,
du Verrückter, du träumst und Amor spricht für dich.
Du schlimme Hexe, du wirst das Ziel meines Zornes sein.
Da ist der ersehnte Scheiterhaufen:
In der Asche wird
meine brennende Wut verlöschen
und mein zorniger Blick
wird deine Folter genießen.
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
Madre
Sian delitie più care i suoi tormenti?
Ferma figlia, deh ferma, e qual m’appresti
in teatro d’horror tragica scena?
Mutter
Ihre Folter genießen?
Oh Tochter halte an, bitte halt an! Welcher tragischen Szene
in diesem schrecklichen Schauspiel muss ich beiwohnen?
S. Agnese
Con affetti molesti
madre qual’hor ritardi
di quest’alma i trofei
più crudel d’ogni pena a me tu sei.
Heilige Agnes
Mutter, wenn du mit dem unpassenden
Ausbruch deiner Gefühle
den Sieg meiner Seele hinauszögerst,
bist du zu mir grausamer als jede Marter.
Madre
Mutter
Ai tormenti più severi
deh t’involi il pianto mio
e più miti i tuoi pensieri
si ribellino al desio.
Nel seno d’un empio
trionfi il rigore,
con barbaro scempio
s’avventino strali,
di fiamme letali
fomenti l’ardore
la face d’Aletto,
ma contro il mio petto.
Ordisca il tiranno
spietate ritorte,
prepari ogni affanno
schernita possanza,
con fiera sembianza
diffonda la morte
il freddo veleno,
ma contro il mio seno.
Aspasio
Folli, a gara chiedete i propri scempi, ma d’Agnese i martiri
fiano ai vostri deliri horridi esempi.
Bitte, meine Tränen sollen
die schlimmste Folter verhindern.
Sei vernünftiger
und widersetze dich deinem eigenen Wunsch.
Es triumphiere die Strenge
im Herzen des Frevlers,
mit barbarischer Zerstörung
sollen feurige Pfeile
geschleudert werden,
die Fackel von Aletto (15)
soll das tödliche Feuer entzünden
– aber all dies gegen mich!
Es bereite der Tyrann
harte Ketten,
die beleidigte Macht
verursache jede Art
von Kummer,
voller Hochmut soll der Tod
sein kaltes Gift verbreiten
– aber alles gegen mich!
Aspasius
Ihr Verrückten, ihr wetteifert um eure Zerstörung,
aber das Martyrium der Agnes wird
ein schreckliches Vorbild für euren Wahn sein.
(15)
Allekto: Eine der drei Erinnyen (bei den Römern Furien), die
Göttinnen der Rache.
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Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
S.Agnese
Che più tardi o mio cor? Con vaghi lampi t’invita il rogo e pur tu sei di gelo
alle fiamme, alle fiamme, al Cielo, al Cielo.
Heilige Agnes
Mein Herz, wieso wartest du noch:
Der auflodernde Scheiterhaufen lädt dich ein
und du erstarrst zu Eis. Los, los zum Feuer, zum Himmel.
Flavio
Flavius
Oh unerhörtes Wunder!
Schau hin, du ungläubiges Monster:
Das Feuer spaltet sich
und die tödlichen Flammen
verbeugen sich durch die Kraft der Liebe
vor Agnes Fuß.
Selbst das wütende Element
ändert seine Natur
und betet die schöne Reinheit der Unschuld an.
O portento inaudito,
mira, mostro infedele:
il rogo si divide
e le fiamme omicide
solo d’amore accese,
chinan l’altere fronti al piè d’Agnese
e cangiando natura
crudo elemento ancora
il bel candor dell’innocenza adora.
Aspasio
Mora l’infida mora,
e se magico incanto
valse a destar pietà nel foco istesso,
rimanga un empio cor dal ferro oppresso.
Aspasius
Es sterbe die Perfide, sie soll sterben,
und wenn eine Zauberei
sogar das Feuer zu Mitleid bewegen konnte,
soll mein Schwert dieses untreue Herz niederschlagen.
S. Agnese Cedo il core a dolci pene
per rinascere a quel bene
che in eterno adorerò.
Mio Gesù discopri omai
di tua luce i vaghi rai,
che nel grembo del tormento
di contento morirò.
Già dal ferro trafitta io cado esangue
io moro, o Flavio, io manco, o Madre io spiro
e l’estremo respiro
di questo sen che langue
altro da voi non chiede
che se costante amor ne strinse in terra,
ci unisca in Cielo un’immutabil fede.
Heilige Agnes
Ich übergebe mein Herz der süßen Pein,
um wiederzuerstehen bei jenem höchsten Gut,
das ich auf ewig anbeten werde.
Mein Jesus, zeige nun
die schönen Strahlen deines Lichtes:
So werde ich im Schoß der Qual
selig sterben.
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Durch das Schwert erschlagen, falle ich kraftlos nieder,
oh Flavius, oh Mutter, ich sterbe.
Und schmachtend,
mit dem letzten Atemzug
bitte ich euch nur um eines:
So wie uns auf Erden eine standhafte Liebe verbunden hat,
so soll uns im Himmel ein unabänderlicher Glaube vereinigen.
95
Sant’Agnese ƒ Seconda Parte
Madre, Flavio
Sparsa d’horror mortale Sant’Agnese ƒ Zweiter Teil
Madre
tu giaci o figlia al suolo,
Mutter, Flavius
Der schreckliche Tod hat dich übermannt,
Mutter
du liegst da auf der Erde, oh meine Tochter,
Flavio
tu giaci Agnese al suolo,
Flavius
oh Agnes, du liegst da auf der Erde,
a due
ma con affanno eguale
l’alma dal petto mio discioglie il volo,
beide aber der gleiche Kummer
löst auch meine Seele und sie fliegt empor;
Flavio
tu dal ferro trafitta, io dal dolore.
Flavius
du wurdest vom Schwert erschlagen, ich vom Leid.
Madre
tu martire dell’ira ed io d’amore.
Mutter
du warst Opfer des Zornes, ich der Liebe.
- Il fine -
- Ende -
Wortgetreue Űbersetzung aus dem Alt-Italienischen ins Deutsche: Serena Malcangi
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Impressum
Herausgeber und Veranstalter: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH,
Geschäftsführung/Managing Director: Mag. Sarah Wilson, Historisches Rathaus der Stadt Innsbruck, Herzog Friedrich Strasse 21/1, A-6020 Innsbruck
Tel.: +43(0)512571032, Fa x: +43(0)512563142, fest [email protected]
Redaktion und Texte: Mag. Carsten Hinrichs; Originalbeiträge unterliegen
den © Festwochen/Autor; Redaktionelle Mitarbeit: Philip Brunnader, Nina Fuchs,
Sophia Neuschmied, Andreas Holzmann; Fotos: Klaus Rudolph (S. 7), Staatl.
Kunstsammlung Dresden/Gemäldegallerie Alter Meister/J. Ribera (S. 48/Design:
CITYGRAFIC), S. Zani (s. 4), Künstlerfotos: Agenturen; trotz Recherche konnten
bis Redaktionsschluss nicht alle Rechteinhaber ermittelt werden, wir sind aber
selbstverständlich bereit, etwaige Ansprüche marktüblich abzugelten und
bitten die Inhaber, sich mit uns ggf. in Verbindung zu setzen; Konzeption und
Grafik: CITYGRAFIC, www.citygrafic.at; Druck: Alpina Druck Innsbruck; Druckund Satzfehler vorbehalten; Redaktionsschluss: 13. August 2008; Besetzungsund Programmänderungen vorbehalten.
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