Sonissima Ausgabe Deutsch im PDF Format - Stiftung .besser

Transcrição

Sonissima Ausgabe Deutsch im PDF Format - Stiftung .besser
Sonissima
GUT
AUFGELEGT
DJ Antoine über laute
Beats, stille Momente
und Gehörschutz.
F O KU S 8
16 W E LT O H N E K L A N G
34 S P R A C H S C H ATZ
Ein Selbstversuch im Akustiklabor wird zur Grenzerfahrung.
Was Sprachen und Dialekte
über unsere Identität verraten.
Journal rund ums Ohr
Mai 2013
Stiftung «besser-hören-schweiz»
Über die Stiftung «besser-hören-schweiz»
Als gesellschaftlich orientierte, auf das Hören ausgerichtete nationale Plattform hat sich die Stiftung
«besser-hören-schweiz» zum Ziel gesetzt, über den
Stellenwert des guten Hörens und seine Bedeutung
für die Lebensqualität jedes Einzelnen zu informieren
und bei Bedarf Wege zur Korrektur von Hördefiziten
aufzuzeigen. In der Schweiz sind rund 1 Million
Menschen von Gehörminderungen betroffen oder
bedroht.
Die Stiftung möchte die Menschen motivieren, ihre
Lebensqualität und Chancengleichheit nicht durch
vermeidbare Hördefizite zu mindern und ihr Gehör
bestmöglich zu schützen.
− Sie will die Bedeutung der Vorsorge gegen Lärmschäden durch einen qualifizierten und präventiven
Gehörschutz stärker in der Gesellschaft verankern.
− Sie will generelle Hilfe durch Vernetzung leisten, über
Angebote und Leistungen im Hörmittel- und
Hörschutzbereich informieren und durch Services
den Umgang mit dem Gehör bilden.
− Sie engagiert sich für alle Fragen, die Menschen mit
Beeinträchtigungen des Gehörs besonders bewegen,
und bezieht auch zu gesellschaftlichen und sozialpolitischen Themen Stellung.
Die Stiftung «besser-hören-schweiz» ist unabhängig
und nicht gewinnorientiert. Dazu engagiert sich
die Stiftung mit vielfältigen Aktivitäten und Dienstleistungen für alle Themen rund um das Ohr und das
Hören in Kompetenznetzwerken und kooperiert mit
Interessengemeinschaften.
Editorial
3
Liebe Leserinnen und Leser
Wir freuen uns, Ihnen das erste Magazin «Sonissima»
zu präsentieren, in dem sich alles ums Thema Hören
dreht. Der Weg dorthin war spannend: Im Team sind
Ideen entstanden, die überraschende Einblicke in die Welt
der Geräusche und Klänge gewähren. Wir sind auf all
unsere Sinne angewiesen, um unsere Umwelt zu erfahren,
die immer stärker visuell und digital geprägt ist.
«Sonissima» legt seinen Fokus auf die auditive Wahrnehmung.
Cover: Ornella Cacace; Editorial: zVg.
«Wir sind auf all
unsere Sinne angewiesen, um unsere
Umwelt zu erfahren, die immer
stärker visuell und
digital geprägt
ist. ‹Sonissima› legt
seinen Fokus auf
die auditive Wahrnehmung.»
Mit lauten Beats geht es los: Charts-Stürmer DJ Antoine
erzählt uns in der Titelgeschichte, was ihm gutes Hören
bedeutet. Ganz leise wird es in der Rubrik «Welt ohne
Klang», wo wir fortan der Frage nachgehen, wie das
Fehlen von Klängen auf uns wirkt. Der Besuch im schalldichten Akustiklabor hat unseren Autor auf jeden
Fall ganz schön irritiert. Lautstark und lustvoll geht
es im Beitrag über Volksfeste zu – natürlich nicht
ohne Tipps zum sinnvollen Umgang mit Lautstärke.
Haben Sie sich schon einmal überlegt, welche Geräusche
charakteristisch für einen Kanton sind? Wir haben
auf unserer Suche so manch interessante «Hörstation»
in Schwyz ausfindig gemacht. Dies nur ein kleiner
Vorgeschmack auf ein vielfältiges Heft, ganz im Rhythmus
des Lebens.
Im Namen der Stiftung «besser-hören-schweiz»
wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen!
Ihr
Herbert Saxer
Präsident des Stiftungsrates
PS: Ihr Feedback würde uns freuen. Wir hören Ihnen gut zu.
[email protected]
Mai 2013 — Sonissima
Inhalt
4
8
22
16
20
28
40
Müntschi
Trüütli
34
Sonissima — Mai 2013
Inhalt
5
WISSEN
34 Sprachschatz
Was hat Sprache mit Identität
zu tun? Ein Interview.
FOKUS
8 Gut hören ist sein Kapital:
DJ Antoine über harte Beats
und Gehörschutz.
36 Echo
Auf den guten Ton kommt
es an – auch bei Esswaren.
SCHWEIZ
GESELLSCHAFT
14 Nach Gehör
Hier herrscht Harmonie.
Zu Besuch beim Orgelbauer.
16 Welt ohne Klang
Lauter Stille. Ein Selbstversuch im Akustiklabor.
44 Audioguide
Fünf Ausstellungen mit dem
Audioguide erkunden.
20 Die neuen Sonnenbrillen
sorgen für schöne Aussichten.
46 O-Ton
Welches Geräusch ist unerträglich? Wir fragen nach.
22 Wie sich Lawinen
geräuschvoll ankündigen.
RUBRIKEN
24 Der Bernhardinerhund im
Wandel der Zeit.
PRÄVENTION
Fotos: Ornella Cacace; Fritz Beck; Yann Gross; zVg
40 KanTON
Hörbar unterwegs im
Kanton Schwyz.
28 Im Alltag
Volksbräuche laut und lustvoll
feiern – aber sicher.
6
13
32
38
48
Weitersagen
Lautmalerisch
Vom Hörensagen
Klangkulisse
Geräuschinventar
Impressum
Herausgeber:
Stiftung «besser-hören-schweiz»
Allmendstrasse 11
6312 Steinhausen
www.besser-hoeren-schweiz.org
Erscheint periodisch
in Deutsch und Französisch
Produktion: Vogt-Schild Druck AG
Kontakt Druck: Pamela Güller
Realisation: Infel AG
Chefredaktion: Claudia Meyr
Inhaltskonzept: Matthias Bill
Art Direction:
Laetitia Buntschu Signer
Bildredaktion: Diana Ulrich
Klimaneutral gedruckt auf
FSC-zertifiziertem Papier.
31 Hört, hört!
365 Tage Schutz für die
Ohren. Tipps vom Experten.
Mai 2013 — Sonissima
Weitersagen
6
997
bis
999
von
1000
Neugeborenen
hören
gut.
Leise lohnt
sich: denn Lärm
vermindert
die Leistungsfähigkeit des
Kurzzeitgedächtnisses um
5–30 Prozent.
Quelle: Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP),
Stuttgart
1 bis 3
allerdings
kommen
mit einer
Hörminderung
zur Welt.
Im Klang baden
Mit dem Bauch hören? Mit den Händen sehen?
Das und noch viel mehr Sinnliches gibt es
im Sensorium Rüttihubelbad. Je nach Jahreszeit
können die Besucher an 70 bis 100 Erlebnisstationen Bekanntes und Unbekanntes spielerisch
entdecken – und dabei alle Sinne
fördern und fordern. Steine, Hölzer,
Gongs, Metallplatten und Saiten
lassen sich beispielsweise in Schwingungen versetzen. Das kann der
Besucher nicht nur hören, sondern
auch sehen und spüren. Jede Station
spricht mehrere Sinne gleichzeitig an.
Hören heisst auch kommunizieren:
Zahlreiche Hör- und Sprachrohre
laden zum Dialog ein. Das Sensorium,
Im Sensorium gelegen in den Hügeln des Emmenwarten rund
tals, ist für Gross und Klein gleicher100 Sinnesmassen ein lohnendes Ausflugsziel.
stationen.
www.ruettihubelbad.ch/de/sensorium
Sonissima — Mai 2013
Weitersagen
7
Mit den Beinen hören
600
Mikrometer
klein ist das
Hörorgan
dieses
Insekts
Die kolumbianische Laubheuschrecke Copiphora
gorgonensis hört mit den Beinen. Das nur
600 Mikrometer winzige Hörorgan ist in den
Vorderbeinen platziert und ist damit um das
Zehn- bis Hundertfache kleiner als die Ohren
von Säugetieren. Trotz seiner geringen Grösse
kann das Insekt damit auch im Ultraschallbereich
hören – es registriert Frequenzen bis zu
30 Kilohertz. Dies ist notwendig, um einerseits
Artgenossen zu erkennen und andererseits
potenzielle Fressfeinde wie etwa
Fledermäuse zu
entlarven. Wie
Forscher an der
Universität Bristol*
herausfanden, ist
das Ohr der Laubheuschrecke ähnlich
aufgebaut wie das
von Säugetieren oder Menschen. Ziel der
Wissenschaftler ist es nun, das sehr effiziente
Heuschreckenohr besser zu verstehen. Sie
hoffen, nach seinem Vorbild zukünftig kleinere,
effektivere Hörgeräte entwickeln zu können.
«Lärm ist das
Geräusch der
anderen.»
Schriftsteller Kurt Tucholsky
(1890–1935)
Fotos: Peter Mosimann; zVg; Daniel Robert/Fernando Montealegre-Zapata; iStockphoto/Kenneth C. Zirkel; akg-images
* Forschungsergebnisse veröffentlicht im Fachmagazin «Science» 11/12
Lärmgeplagte
Zürcher
Nirgendwo in der Schweiz wohnt
es sich so lärmig wie in Zürich.
Laut einer Studie, die die Mobilität
in den grössten Deutschschweizer
Städten verglichen hat, leidet jeder
dritte Stadtzürcher unter quietschenden Reifen und Motorengeräuschen. Sehr viel ruhiger geht
es in Bern zu. Dort klagt nur jeder
20. Bewohner über eine zu hohe
Lärmbelastung.
Quelle: Städtekonferenz Mobilität (SKM), Bern
Frühes Hörerlebnis
Bereits im Mutterleib beginnt der Mensch,
zu hören. Etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche fängt der Hörsinn an zu funktionieren. Wissenschaftliche Studien belegen,
dass ein Embryo den Gesang der Mutter
wahrnimmt. Und drinnen geht es akustisch
ohnehin turbulent zu: Das Herz der Mutter
dröhnt, die Schlagader direkt hinter der
Fruchtblase pocht, der Magen rumpelt, der
Darm gluckert. Bis zu 80 Dezibel beträgt
der Lärmpegel im Mutterleib, etwa so viel
wie im Strassenverkehr.
Mai 2013 — Sonissima
FOKUS
8
Ruhig und in
sich gekehrt:
So erlebt man
DJ Antoine, den
erfolgreichsten
Popstar der
Schweiz, nur
selten.
Sonissima — Mai 2013
FOKUS
9
DJ ANTO I N E
GUT
HÖREN
I ST
SEIN
K A P I TTA L
DJ Antoine sorgt weltweit für Partystimmung.
Seine Musik geht nicht
nur in die Beine, sondern
auch auf die Ohren.
Der Schutz des Gehörs liegt
ihm deshalb am Herzen.
T E X T : C L A U D I A M E YR
YR
Fo tos : O rnella Cacace
E
s ist neun Uhr morgens. In der
Lounge-Bar Purpur im Zürcher
Seefeld ist es ruhig. Der Name
der Bar ist Programm: purpur die
Wände, schwer das Mobiliar. In
zwei Stunden öffnet der Betrieb. Vor der grossen
Fensterfront herrscht bereits geschäftiges
Treiben. Es ist wie in einem Stummfilm: Trams,
Autos und Passanten ziehen lautlos vorbei.
Nur das leise Zischen der Kaffeemaschine ist im
Hintergrund zu hören. Auf einem Sofa sitzt der
Star, teure Uhr am Handgelenk, Löwenkopf am
Ringfinger und Goldschnallen an den Lederslippern. Am Abend zuvor ist DJ Antoine aus
Kuala Lumpur zurückgekommen, wo er vor
15 000 Menschen aufgelegt hat. Geschlafen hat
er nur ein paar Stunden. Nicht zuletzt auch aus
Nervosität – sein neues Album «2013 Sky is the
Limit» ist soeben erschienen. Doch die Müdigkeit
ist dem erfolgreichsten DJ der Schweiz nicht anzusehen. Er ist einer, der es versteht, Musik zu produzieren, die den Menschen in die Ohren kriecht.
«Es gibt oft Momente, wo ich Zeit vermisse –
Zeit für mich», sagt Antoine und rührt in seinem
Latte Macchiato. Der 37-Jährige geniesst die
entspannte Atmosphäre im Lokal. «Für mich
ist Ruhe das Schönste», sagt er. Leise Töne für
jemanden, der für grosse und vor allem laute
Auftritte bekannt ist. Antoine Konrad, so sein
bürgerlicher Name, setzt sich gern in Szene.
Sein Kleidungsstil ist schrill und extravagant,
seine Inszenierungen in Musikvideos und auf
der Bühne bringen seine exhibitionistische Ader
zum Tragen. Doch hinter der Fassade aus knallenden Champagnerkorken, Blitzlichtgewittern,
Privatjet, Limos und Partys steckt harte Arbeit. Er
arbeitet, wenn die anderen feiern. Vergangenes
Jahr legte er an rund 200 Veranstaltungen rund
um den Erdball auf und begeisterte weit über
eine Million Zuschauer. Betritt er die Bühne,
strecken ihm Tausende die Hände entgegen – ein
Rockstar. Sein Instrument ist das DJ-Pult, von
hier aus feuert er seine House-Beats ab. Die Show
aus Sound, Licht- und Spezialeffekten bringt den
Dancefloor zum Brodeln; und seine Ohren zum
Pfeifen – wenn er nicht aufpasst.
Frühzeitig vorsorgen
Vor sechs Jahren hat er sich deshalb einen individuellen Gehörschutz anfertigen lassen (siehe
Box auf S. 11). «Meine Mutter hört das Zirpen
der Grillen nicht mehr», erzählt er. «Ich aber will
auch im Alter noch alles hören. Darum denke ich,
man muss seine Ohren schützen.» Dabei setzt
Mai 2013 — Sonissima
FOKUS
10
Zarte
Ohren
Mädchen und junge
Frauen stehen hohen
Lautstärken kritischer
gegenüber als ihre
männlichen Kollegen:
66 % beurteilen die
Lautstärke von Musikveranstaltungen und
Musiklokalen generell
als zu hoch, bei
Männern sind es
immerhin 57 %.
Wenn er die
Bühne betritt,
beginnt die Party.
DJ Antoine liebt
den Kontakt mit
dem Publikum –
das kommt an.
Quelle: Suva
Antoine auch auf seinen persönlichen Dezibelmesser: «Während ich auflege, singe ich immer
leise vor mich hin. Wenn ich mich noch gut höre,
weiss ich, dass die Pegel um die 100 Dezibel
liegen.» Hört er sich selber nicht mehr, stellt er
die Lautstärke seiner Lautsprecher am Mischpult
zurück und setzt seinen Gehörschutz ein. Antoine
kann die Lautstärke bei sich oben steuern, nicht
so die Leute, die an den Boxen oder vor der Bühne
tanzen. Studien sagen, dass schon Dauerbelastungen von 85 Dezibel, so laut ist es an einer
verkehrsreichen Strasse, zu Gehörschäden führen
Sonissima — Mai 2013
können. Für Antoine ist deshalb klar: «Ich kann
nur jedem empfehlen, der in den Ausgang geht:
Macht euch Ohrstöpsel rein. Die Investition lohnt
sich.» Das Argument, ein Gehörschutz sei uncool,
kann er nicht nachvollziehen. Im Gegenteil.
«Eine hübsche Frau mit Ohrenstöpseln, die hat
es begriffen», sagt er. «Meine Freundin und die
ganze Familie tragen welche.» Leider sei dies eher
noch die Ausnahme: «Im Allgemeinen sehe ich
nicht viele Leute mit Ohrenstöpseln. Und wenn,
dann eher an schicken Partys, die von einem
älteren Publikum besucht werden.» So wie in
St. Tropez, wo auch schon mal das Toilettenpapier
als Gehörschutz zweckentfremdet wird.
Hörpausen einlegen
Dass Antoine Wert auf sein Gehör legt, ist klar
und macht Sinn. Die Zeiten, als DJs «nur» Schallplatten auflegten, sind vorbei. «Heutzutage ist
der DJ ein Rockstar, der Musik produziert», sagt
er. Das geht nicht ohne musikalische Begabung
und Ohren, die noch alle Frequenzen hören. Die
FOKUS
11
Tipps für Besucher
von Konzerten und Clubs
Generell gilt:
Wenn laut, dann nicht zu lang.
Wenn lang, dann nicht zu laut.
Ein gesundes Gehör erträgt etwa pro Woche:
− 10 Stunden bei 93 Dezibel
− 5 Stunden bei 96 Dezibel oder
− 2 Stunden bei 100 Dezibel.
Abstand halten
Schon fünf bis zehn Meter Abstand zum
Lautsprecher minimieren das Hörschadenrisiko extrem.
Gehörschutz
in Hifi-Qualität
Für DJs und Profimusiker sind
individuell angepasste Gehörschütze
die beste Lösung (zum Beispiel
Elacin®ER). Sie erreichen eine
gleichmässige, lineare Dämmung
im Frequenzbereich von 125 Hz
bis 800 Hz und sorgen damit für
ein natürliches Hörerlebnis – nur
eben leiser.
Schön relaxen
Vorher, nachher, zwischendurch. Pausen
sind für das Ohr mehr als nur gehörfreie
Zeiten – es kann sich erholen. Nach einer
durchtanzten Nacht oder einem lauten
Konzert das Gehör mindestens 10 Stunden schonen.
Vorne mit dabei
Wer an Konzerten in der ersten Reihe
mittanzen will, benutzt einen Gehörschutz.
Das gleiche gilt für Tanzwütige vor den
Boxen.
Rauscht es?
Ohrgeräusche (Pfeifen, dumpfes Gefühl,
Piepsen) sind Warnsignale, die ernst
zu nehmen sind. Vorübergehende Hörprobleme können Vorboten von bleibenden Schäden sein, die sich oft erst
über Jahrzehnte entwickeln. Sind die Ohrgeräusche nach 12 Stunden nicht weg,
sollte rasch ein Arzt konsultiert werden.
Fotos diese Doppelseite: TONIGHT.de/Idajet Bogdani; zVg.
Klar geregelt
Die Schall- und Laserverordnung (SLV) regelt, wie laut
es an Veranstaltungen sein
darf. Erlaubt ist ein Stundenpegel von maximal 100 Dezibel.
Der Veranstalter muss klar
deklarieren, mit welchem
Schallpegel zu rechnen ist,
und dem Publikum kostenlos
Gehörschütze anbieten.
Arrangements, die DJ Antoine auf Knopfdruck
an seinen Konzerten abspielt, hat er selbst erschaffen – von der Melodie über den Rhythmus bis
zum Text. Auf seinen Reisen rund um den Erdball
lässt er sich inspirieren, seine Ohren hat er dabei
ständig auf Empfang: «Unterwegs mache ich mir
oft Notizen oder schicke meinem Studiopartner
schnell eine Tonaufnahme per Voicemail.» So ist
auch die Gesangspassage mit dem Kinderchor
Appenzell in seinem Fundus gelandet. Liebliche
Stimmen und harte Beats – beides ist ihm wichtig.
Der Basler hat ein Ohr für süffige Melodien.
Seine Hits sind Dancefloor-Knaller und gnadenlose Ohrwürmer.
Und wenn er keine Musik macht? «Es ist wie
eine Erholung fürs Ohr, sich mal nicht beschallen
zu lassen. Ich habe das Gefühl, das tut den Ohren
«Es ist Erholung
fürs Ohr, sich mal
nicht beschallen
zu lassen. Ich
habe das Gefühl,
das tut den
Ohren gut.»
Mai 2013 — Sonissima
FOKUS
12
«Für mich
ist Ruhe das
Schönste.»
Zugehört bei DJ Antoine
Empfinden Sie absolute Stille als unangenehm?
Nein, das finde ich genial. Zum Beispiel im Chalet
in den Bergen, wenn es draussen schneit und
die Flocken lautlos zu Boden fallen, oder in der
Wüste von Dubai, wo ich gerade kürzlich war.
Dort hast du einfach Natur, Sonne und sonst
nichts. Wunderbar.
Wie schalten Sie ab?
Am besten kann ich an einem schönen, ruhigen
Ort abschalten – in einem guten Hotel oder
einfach bei mir zu Hause vor dem Kamin. Beine
ausstrecken und dem Feuer zuhören, wie es
knistert. Auch spazieren gehe ich gerne – aber nur
dort, wo es nicht viele Leute hat.
Sind sie auch mal nicht erreichbar?
Meine Mutter hat mir mal gesagt: «Du kannst
nicht überall gleichzeitig sein, du kannst nicht auf
jeder Party tanzen – und verpassen tust du auch
nichts. Du musst einfach mal sagen, jetzt bin ich
nicht verfügbar.» Das mache ich zwischendurch
und schalte das Telefon aus.
Was hören Sie privat?
Wenn ich viel im Studio bin, höre ich unter
der Woche oft keine Musik. Und wenn doch, dann
gerne so ein wenig melancholische Klassik. Vor
allem im Winter und Herbst. Im Sommer dann
eher Bossa Nova, Jazz und Soul. Zum Autofahren
mag ich RnB.
Sonissima — Mai 2013
gut.» Das war nicht immer so. Früher drehte er
als Erstes die Musikanlage auf, wenn er in seinem
Ferienhaus im Burgund ankam. Heute setzt er
andere Prioritäten: «Ich finde es genial, einfach
mal in die Natur zu lauschen, das Zirpen der
Grillen und das Zwitschern der Vögel zu hören.»
Umso schlimmer findet er, dass viele Jugendliche sich permanent mit Musik beschallen und
die Kopfhörer im Ohr haben. «Es ist einfach
auch schlecht fürs Gehör», weiss er. Doch viele
Jugendliche kümmern die Gefahren wenig, die
von ihrem Lieblingshobby ausgehen.
Laut soll es sein, weil dann Musikhören am
meisten Spass macht, wenn der Magen im Bassschlag vibriert, man mit den Ohrhörern die Welt
draussen nicht mehr wahrnimmt. Dass Schwerhörigkeit die Folge sein kann, darüber machen sich
junge Musikfans meist keine Gedanken. Wenn
sie es merken, ist es allerdings zu spät. Einmal
eingebüsstes Hörvermögen ist endgültig verloren.
Wie schwierig es für Eltern ist, Grenzen zu setzen,
weiss Antoine aus eigener Erfahrung. Bei seinem
12-jährigen Sohn schreitet er aber trotzdem ein:
«Ich sage ihm oft, jetzt hören wir mal keine
Musik. Schluss mit Bäng, Bäng, Bäng.» ¶
Lautmalerisch
13
«SCHLURP»
Ziehen des Stöpsels
in der Badewanne
Illustration: Corinna Staffe Jud
Laute erzeugen Bilder im Kopf.
Doch wie lassen sie sich gestalterisch umsetzen? Angeregt
vom Geräusch des Wassers,
liess Illustratorin Corinna Staffe
ihrer Fantasie freien Lauf.
Schiff Ahoi!
Mai 2013 — Sonissima
G E S E L L S C H A F T — Nach Gehör
14
Unter allen Musikinstrumenten
weist die Kirchenorgel den grössten
Grundtonumfang
auf:
16 bis
8000 Hz
O R G E L B A U -T R A D I T I O N
HERR
DER
PFEIFEN
Orgelbauer Armin Hauser
weiss, was es braucht,
damit aus Hunderten von
Pfeifen ein Gesamtkunstwerk entsteht.
TE X T+ Fo to s : C H R I S T I A N R O T H
Sonissima — Mai 2013
G
In Reih und Glied
stehen die Pfeifen
auf der Intonierlade – der Einstimmhilfe des Orgelbauers.
ute Orgeln zu bauen ist eine Kunst»,
sagt Armin Hauser. «Es braucht
grosses Fachwissen über Hölzer und
Metalle, Kenntnisse über physikalische Gesetzmässigkeiten und komplexe mechanische
Zusammenhänge.» Hauser ist ein Spezialist auf
seinem Gebiet. Zusammen mit seinen Mitarbeitenden hat der 72-Jährige in den letzten 43 Jahren
rund 140 Orgeln gebaut. Von kleinen Hausorgeln
bis hin zu Paradestücken mit 40 Registern. Jede
Hauser-Orgel ist ein Einzelstück, in dem viel
kunsthandwerkliches Können steckt. So erstaunt
es nicht, dass von den ersten Planungen bis zur
Fertigstellung oft mehrere Jahre vergehen. In einer
mittelgrossen Orgel stecken beispielsweise rund
3000 bis 4000 Arbeitsstunden. «Wenn sich der
Orgelbauer dem Instrument mit Leib und Seele
verschreibt, dann können gute Instrumente
entstehen», so Hauser.
Nach Gehör — G E S E L L S C H A F T
15
Lippen, Zungen,
Klaviaturen und Pedale
«Eine Orgel ist ein Aerophon (Lufttöner)
aus skalamässig gestimmten Eintonpfeifen, die durch ein Gebläse gespeist
und durch Klaviaturen eingeschaltet
werden», so die musikwissenschaftliche
Definition. Jede Pfeife kann grundsätzlich nur einen bestimmten Ton einer
bestimmten Klangfarbe und Lautstärke
erzeugen. Daher kommen Pfeifen von
verschiedener Grösse und Bauart zum
Einsatz. Es gilt: je länger die Pfeife,
desto tiefer der Ton, und umgekehrt.
Orgelbau ist ein Zusammenspiel von Planern,
Architekten, Gehäuseschreinern und Pfeifenmachern. Ob aus Holz oder einer Legierung aus
Zinn und Blei, jede Pfeife wird nach bestimmten
Massen angefertigt und separat gestimmt. Damit
aus Tausenden von Einzelteilen zum Schluss ein
wohlklingendes Gesamtkunstwerk wird, dafür ist
der Intonateur verantwortlich. Bei dieser hörsensiblen Aufgabe sorgt Armin Hauser für die
klangliche Feinabstimmung der Orgelpfeifen
untereinander und zueinander. Das Thermometer,
das an der Wand hängt, leistet dabei wichtige
Dienste. «Eine Orgel muss immer auf den Raum
abgestimmt sein, wo sie zum Einsatz kommt»,
betont er. Denn die Raumtemperatur wirkt sich
unmittelbar auf die Stimmung der Orgel aus.
Als Richtwert gilt eine Temperatur von 17 Grad.
Wohlklang gestalten
Nach der Vorintonation in der Werkstatt geht es
an den Aufstellungsort. Dort wird Pfeife für Pfeife
eingebaut. Mit Spezialwerkzeugen bearbeitet
Armin Hauser die Öffnung an der Vorderseite der
Pfeife und gestaltet so den Klang. Und zwar so
lange, bis alle Pfeifen eines Registers in Klangcharakter und Lautstärke harmonisch tönen
und sich akustisch in den Raum einpassen. «Diese
Arbeit hat viel mit Gefühl zu tun und ist schwierig,
in Worte zu fassen», so Hauser. Dass er ein feines
Gehör für harmonische Klänge hat, versteht sich
von selbst. «Als Chorleiter war mir die Intonation
ebenfalls immer sehr wichtig.» Genau wie beim
Stimmen der Orgeln, gab er sich erst zufrieden,
wenn die richtigen Töne kamen. Seine Beharrlichkeit zahlt sich mit Wohlklang aus.
«Für einen Menschen sind 40 Jahre
eine lange Zeit, für eine rein mechanische
Orgel aber eine kurze Angelegenheit», sagt
Armin Hauser. Was er damit meint, wird in der
Domkirche von Valère in der Walliser Kantonshauptstadt Sitten klar. Dort erklingt eine über
500 Jahre alte Orgel – eine der ältesten spielbaren
der Welt. Doch die Welt hat sich auch im Orgelbau weitergedreht. In den letzten Jahrzehnten
gab es immer wieder Ansätze, diesen zu modernisieren. Statt wie bis anhin mechanisch, erfolgte
die Verbindung zwischen den Tasten und den
Spielventilen nun pneumatisch oder elektronisch.
Armin Hauser ist jedoch überzeugt, dass traditionell gebaute Orgeln weiterhin die besten
sind: «Wenn man Spitzenorganisten fragt, dann
bevorzugen sie fast immer ein voll mechanisches
Instrument.» Bedenken, dass elektronische
Orgeln das traditionelle Handwerk des Orgelbauers verdrängen, hat er deshalb nicht. Und
es gibt durchaus auch Neuerungen, die er begrüsst.
So sorgen heute elektronische Gebläse für die
nötige Luftzufuhr – der Organist muss keine
Blasebälge mehr treten. Die ganze Aufmerksamkeit gehört dem Musizieren.
Armin Hauser ist Orgelbauer aus Leidenschaft. Fast jeden Tag ist er noch in der Orgelbauwerkstatt anzutreffen. «So lange ich mag, arbeite
ich weiter», sagt er. Und wenn er sich einmal
zurückzieht, steht ein erfahrenes Team von Mitarbeitern bereit, sein Lebenswerk fortzuführen –
ganz im Sinne des Orgel-Kunsthandwerks. ¶
Kaiser Nero
liebte die Orgel
ZUR PERSON
Seit 1970 leitet Armin
Hauser seine eigene Orgelbaufirma. Das Bestreben
des 72-Jährigen ist es,
an die Orgelbautradition
des 16. bis 19. Jahrhunderts
anzuknüpfen, ohne die
Ansprüche der heutigen
Zeit ausser Acht zu lassen.
Rund 140 Orgeln hat
der passionierte Orgelbauer zusammen mit
seinem Team bis anhin
zum Klingen gebracht.
www.orgelbau-hauser.com
Das Wort «Orgel» stammt vom griechischen «Organon» ab, was «Werkzeug»
oder «Instrument» bedeutet. Wasserorgeln gab es schon im 3. Jahrhundert
vor Christus. Die erste schriftliche
Erwähnung in den römischen Schriften
geht auf den Philosophen Cicero
(106–43 v. Chr.) zurück. Es ist überliefert,
dass Kaiser Nero und weitere römische
Herrscher Orgelmusik spielten oder
sie zumindest liebten. Die Wasserorgel
mit Kolbenpumpen wurde später durch
Balgorgeln abgelöst.
Mai 2013 — Sonissima
G E S E L L S C H A F T — Welt ohne Klang
16
In der schallschluckenden
Umgebung
des Raums geht
unserem Autor
Marcus Schick
die akustische
Orientierung
verloren.
Sonissima — Mai 2013
Welt ohne Klang — G E S E L L S C H A F T
17
BESUCH IM AKUSTIKLABOR
LAUTER
STILLE
Ins schalldichte Akustiklabor
des Computerherstellers
Fujitsu dringt kein Geräusch.
Ein Selbstversuch, der
zur Grenzerfahrung wird.
TE XT: MAR C US S C H I C K
Fo tos : Fri tz B eck
D
ie Tür fällt schwer ins Schloss. Der Raum
ist vollkommen abgeschlossen: Kein
Mucks dringt mehr rein. Und auch nicht raus, eine
«Camera Silens», ein Gefäss der Stille auf etwa
vier mal vier Metern. Das Auge findet hier kaum
Halt, es gibt keine Fenster, nur vier von der Decke
baumelnde Glühlampen mit ihren gleissenden
Wolframleuchtfäden. Anders als Energiesparleuchten brummen diese nicht. Aber ich bin nicht
zum Schauen, sondern zum Hören hier. Und das
wird zur Grenzerfahrung. Denn jeglicher Laut hier
drin wird von den Schaumstoffkeilen geschluckt,
die mir in einem zarten Türkiston hundertfach
von den Wänden und der Decke entgegenstacheln.
Seit die Tür geschlossen ist, hat der Druck
auf meinen Ohren unangenehm zugenommen.
Geradeso als würde ich mit einem Flugzeug
abheben oder im Empire State Building mit dem
Fahrstuhl aus dem 86. Stockwerk ins Erdgeschoss
rauschen. Unwillkürlich halte ich mir die Nase
zu und stosse kräftig Luft hinein, um den Druck
auszugleichen.
Ich befinde mich im Akustiklabor des japanischen Computerherstellers Fujitsu in Augsburg.
Frank Sommerrock leitet hier den technischen
Vertrieb für Testdienstleistungen im Zentrum für
Tests und Zulassungen der Fujitsu Technology
Solutions GmbH. Im Akustiklabor messen seine
Kollegen beispielsweise die Geräuschentwicklung
von PCs, Servern und Peripheriegeräten. «Wir
vergleichen hier Komponenten verschiedener
Mai 2013 — Sonissima
G E S E L L S C H A F T — Welt ohne Klang
18
«Ich kann mich
auf meine Empfindungen hier nicht
verlassen. Wenn
ich die Augen
schliesse, muss ich
mich konzentrieren, um nicht
zu schwanken.»
Hersteller, lokalisieren verschiedene Schallquellen,
legen Messwerte für Zertifizierungen vor und
machen Lösungsvorschläge zur Reduzierung
der Geräuschbelastungen», erklärt der Elektroingenieur. Die Schallmessung eines PCs mit
Lüfter gehöre beispielsweise zu den Zulassungsvoraussetzungen für die Zertifizierung mit dem
Ökosiegel «Blauer Engel».
Irritierte Wahrnehmung
«Das Akustiklabor ist so angelegt, dass man selbst
eine Stecknadel fallen hört», hatte Sommerrock
bei der Besichtigung erklärt. Doch von der Stille
trennen uns noch ganz andere Geräusche – die
Lautstärkenskala ist nach oben offen. Jemand hat
draussen mit roten Magnetknöpfen ein Plakat mit
einer Schalldruck- und Schalldruckpegel-Skala auf
Sonissima — Mai 2013
die mächtige Stahltür gepinnt. Unten rangiert das
Blätterrascheln des Waldes mit etwa zehn Dezibel,
oben ein in 100 Metern Entfernung startendes
Düsenflugzeug. Es erreicht mit etwa 130 Dezibel
schon die menschliche Schmerzgrenze. «Hören
ist etwas sehr Subjektives», weiss Frank Sommerrock. Einen Schalldruckpegel von 70 Dezibel – das
entspricht dem Geräuschpegel eines Staubsaugers
in einem Meter Entfernung – empfinde der eine
als unangenehm, ein anderer fühle sich hingegen
nicht gestört. «Unsere Prüfung», so Sommerrock,
«zielt darauf, mit exakten, nachvollziehbaren
Messungen unsere akustische Umgebung zuverlässig vor gesundheitsschädlichen Einflüssen zu
schützen.»
Diese Laborbedingungen bekommen meine
Ohren in diesem Selbstversuch einer Stilleerfahrung gerade zu spüren. «Das Druckerlebnis
hat fast jeder», hatte mich der Vertriebsleiter
vorgewarnt. Auch wenn dies physikalisch nicht
begründet sei. Der Luftdruck im Labor unterscheide sich nicht von dem im Vorraum. Es seien
vielmehr die Science-Fiction-artig anmutenden
Welt ohne Klang — G E S E L L S C H A F T
19
Schaumstoffkeile, die den Schall «schlucken»,
statt ihn wie gewohnt zu reflektieren. «Ein solches
Nicht-Echo ist in unserem Gehirn als Alltagswahrnehmung nicht abgespeichert. Es reagiert
entsprechend irritiert.»
Stille Grenzerfahrung
Als ich allein bin, spüre ich der Stille nach, versuche sie in den letzten Winkeln wahrzunehmen.
Ich lehne mich nahe an die Wand – der Druck
auf das Ohr scheint zuzunehmen, fast schmerzhaft – oder ist das nur Einbildung? Fest steht,
ich kann mich auf meine Empfindungen hier nicht
verlassen. Wenn ich die Augen schliesse, muss ich
mich konzentrieren, um nicht zu schwanken. Auch
das Gleichgewichtsorgan scheint dem Gehirn eine
Fehlermeldung zu senden. Das ist anstrengend.
Ich ertappe mich beim Gähnen – ist das schon
Müdigkeit oder soll bloss der Druck auf die Ohren
nachlassen?
Absolute Stille kann mir das Ohr aber auch
hier nicht bieten. Es bleibt immer ein gleichförmiges Rauschen zu vernehmen: Die Blutzirkulation tönt gleichförmig mit einem bumpernden
Takt. Ich höre auch deutlich meinen Atem. Je
intensiver ich mich auf ihn konzentriere, desto
schneller geht er. Wissenschaftler haben festgestellt, dass Menschen in solchen schallschluckenden Umgebungen die akustische Orientierung im Raum verloren geht. Das Gehirn reagiert
auf das Fehlen «gelernter» Reize mit Unsicherheit
und Unbehagen. Das kann ich bestätigen. Kein
Wunder, dass eine derartige unheimliche Stille
etwa unter Isolationshaftbedingungen im Extremfall auch als Folterinstrument missbraucht werden
kann.
Im Akustiklabor schafft die physikalische
Isolation erst die Voraussetzungen für reproduzierbare wissenschaftliche Messergebnisse.
Der Raum ist von einer zweiten Aussenwand
umgeben. Nur der Boden ist hier nicht mit schallschluckendem Schaumstoff verkleidet. Allerdings
wurde auch er schalloptimiert. Sein Fundament
ist vom übrigen Gebäude abgetrennt, damit nicht
der Bodenschall in Form von Vibrationen, die
beispielsweise von einem vorbeifahrenden Lkw
ausgehen, die Messergebnisse verfälscht. In der
Mitte des Labors steht ein massiver Holztisch.
Er ist mit Zentimetermassbändern exakt ausgerichtet. Genauso wie die Mikrofonstative, die
um ihn Spalier stehen – «bloss nicht auf die Kabel
treten», hatte Sommerrock gemahnt, dann muss
die gesamte Konstruktion neu kalibriert werden.
Von allen Seiten scheinen mich die metallischen
Mikro-Röhren anzuglotzen und zu fragen: «Was
machst Du hier? Ruhe!»
«Ein solches
Nicht-Echo
ist in unserem
Gehirn als
Alltagswahrnehmung nicht
abgespeichert.
Es reagiert dementsprechend
irritiert.»
Ich setze mich auf den Tisch und sauge die Stille
auf. Das Zur-Ruhe-Kommen will jedoch nicht gelingen. Zu fremd und dadurch ein bisschen bedrohlich wirkt diese Umgebung. Mit einer meditativen Stille, wie sie von vielen Religionen als
besonders intensive spirituelle Erfahrung gesucht
wird, hat dies nicht viel zu. Zu angespannt sind
die Sinne. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet
sich die Tür. Frank Sommerrock tritt ein: «Wie
wars?», fragt er. «Seltsam», antworte ich benommen. Von dem Magnetfeld-Testlabor nebenan
schwappen Stimmengewirr und Lachen herüber.
Es klingt wie Musik in meinen Ohren. ¶
Für unverfälschte
Messergebnisse: Kein Laut
entgeht den Mikrofonen.
«Das DruckErlebnis hat
fast jeder.
Auch wenn dies
physikalisch
nicht begründet
ist.»
Mai 2013 — Sonissima
GESELLSCHAF T
20
Nicht von Pappe
SONNENBRILLEN
SCHÖNE
A U S S I C HTE N
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und hinter den Ohren –
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Sonissima — Mai 2013
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GESELLSCHAF T
21
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Mai 2013 — Sonissima
GESELLSCHAF T
22
LAWINEN-FRÜHWARNSYSTEM
IN DEN
SCHNEE
HINEINGELAUSCHT
Vom «Wumm»-Geräusch
bis zum Grollen niederdonnernder Schneemassen:
Lawinen bahnen sich
ihren Weg auch ins Gehör.
TE X T: M I C H A E L F L Ü C K I G E R
D
as «Wumm»-Geräusch von kollabierenden Schneeschichten jagt einem schon
Schauer über den Rücken.» Für Bergführer
Lukas Dürr, Mitarbeiter beim WSL-Institut für
Schnee- und Lawinenforschung SLF, ist das
vertraute Warnsignal nach wie vor unheimlich.
Es sind explosionsartig herausgepresste Luftmassen, die diesen Klang verursachen. Sie entweichen, wenn tiefer gelegene, instabile, luftige,
körnige Schichten zusammenbrechen. «Damit
sich nach solchen Brüchen eine Schneebrettlawine lösen kann, braucht es glücklicherweise
ein Gefälle von über 30 Grad», erläutert Dürr.
Skifahrer lösen im freien Gelände ab und zu
Sonissima — Mai 2013
kleinere Schneebrettlawinen aus. Das ist alles
andere als harmlos und kann auch mal ins Auge
gehen. Der Bergführer ist auch mal auf einem
Schneebrett talwärts gerauscht. «Unversehens
bin ich in einer Mulde stecken geblieben. Ohnmächtig musste ich zusehen, wie mich nachfliessende Schneemassen in einer unheimlichen Stille
eingegraben haben.» Zum Glück wurde er nicht
ganz verschüttet und konnte von seinen Kunden
befreit werden. «So eine Erfahrung bleibt
haften.»
Galoppierende Büffelherden
Das Geräusch einer niedergehenden Lawine hängt
von ihrer Beschaffenheit ab. Mit bis zu 300 Stundenkilometern herunterstiebende Staublawinen
entwickeln enorme Druckwellen; wie eine Faust
krachen diese in Gehölz und Fels. In der oberen
Schicht stäubt es gewaltig, unten fliesst der
schwere Schnee mit vermindertem Tempo nach.
François Dufour ist Mitarbeiter einer SLF-Forschungsgruppe, die im Vallée de la Sionne mit
robusten Sensoren detaillierte Daten zum Lawinenverhalten erhebt. Er hat schon unzählige
Lawinen zu Forschungszwecken ausgelöst: «Eine
Staublawine klingt wie das dumpfe Grollen einer
GESELLSCHAF T
23
«Eine Staublawine
klingt wie das
dumpfe Grollen
einer grossen,
über die Prärie
galoppierenden
Büffelherde.»
François Dufour
Fotos: Yann Gross; Keystone/Alessandro Della Bella
grossen, über die Prärie galoppierenden Büffelherde. Das ist immer gleich.» Je nach Untergrund,
Fels oder Baumwuchs, knackt und rumpelt es
dazu. Um einen Blick auf solche Schauspiele von
Naturgewalten zu ergattern, braucht es Glück.
Wer zum Beispiel im Frühjahr von fern die durch
Erwärmung schwer gewordenen Schneemassen
herunterdonnern hört, ist mit den Augen meist
zu spät am Hang. Hat der Schall mit seinen
340 Metern pro Sekunde den kilometerweit entfernten Hörer erreicht, ist der Spuk oft schon
vorbei. Zu sehen ist noch das Nachfliessen des
letzten Teils. Ein dumpfes Nachhallen über dem
Tal kündet noch während Sekunden vom Naturschauspiel. Allerdings: Während die grossen
Lawinen sichtbare Spuren hinterlassen, sind die
meisten Lawinen eher klein, verursachen wenig
Lärm, bleiben ungehört und oft auch unentdeckt.
Ausserhalb des Hörspektrums
Alec van Herwijnen hat für Geräusche innerhalb
des menschlich wahrnehmbaren Spektrums
von 20 Hertz bis 20 Kilo-Hertz wenig Gehör. Der
in den flachen, lawinenlosen Niederlanden
aufgewachsene Lawinenforscher schmunzelt:
«Ganz Ohr bin ich mit meinen Geräten für die
Geräusche im Infra- und Ultraschallbereich, also
dort, wo unser Gehör gar nicht mehr hinreicht.»
Sein Ziel ist es, die Methoden und Instrumente
der Lawinendetektion weiter zu verfeinern.
Die Bevölkerung soll frühzeitig und besser geschützt werden als heute. Aktuell kann lediglich
zwischen fünf verschiedenen Gefahrenstufen
für grossräumige Gebiete unterschieden werden.
Trotz der detaillierten Daten, die 150 automatische meteorologische Messstationen sowie
die zahlreichen Beobachter in den Berggebieten
liefern, bleibt es eine grosse Herausforderung,
zu entscheiden, ob zum Beispiel eine bestimmte
Strasse gesperrt werden muss oder nicht.
Van Herwijnen horcht die Schneemassen mit
seinen hochempfindlichen Messgeräten nach
Lawinenniedergängen ab. Um die Wellen im
Infraschallbereich zu messen, nutzt er akustische
wie auch seismische Geräte. Diese Wellen mit
Frequenzen von unter 50 Hertz sind lang und
tragen weit. Sie eignen sich daher für den grossräumigen Einsatz. Die Methode hat allerdings
auch ihre Tücken, wie van Herwijnen ausführt:
«Lawinen sind nicht die einzigen geräuschhaften
Ereignisse im Gebirge. Nebengeräusche und
Erschütterungen von Flugzeugen, Eisenbahnen,
Wetterereignissen und Fahrzeugen gilt es aus dem
Klang- respektive Langwellenbrei zu separieren.» Der Niederländer hat in einer dreijährigen Forschungsarbeit am Davoser Wannengrat
charakteristische Infraschallbilder von Lawinen
herausgearbeitet. Ihm ist es gelungen, eine typische Wellensequenz in Form eines Triangels
aus der Fülle von Daten herauszukristallisieren.
Van Herwijnen ist überzeugt: «Flächendeckende
Messungen von Infraschallwellen würden die
Detektion verbessern. Gefahren könnten viel
besser eingegrenzt werden. In der Folge liesse sich
zuverlässiger entscheiden, ob zum Beispiel Sperrungen vorgenommen werden oder eine Sprengung ausgelöst werden soll.» Fakt ist, dass diese
Methode heute lediglich zu Forschungszwecken
angewendet wird – und dies zudem nur begrenzt
auf wenige Hänge.
Wunschtraum Ultraschall
Immerhin: Tatsächlich kennt die Naturwissenschaft mit Messungen im Ultraschallbereich eine
noch viel zuverlässigere Messmethode. Sie hat
sich zum Beispiel bei Materialien wie Metallen
bewährt. Ultraschall kann die Strukturen von
Schneeschichten viel differenzierter auf Veränderungen abhorchen. Der Wermutstropfen
dabei: Dafür muss man ganz nah dran sein. Die
Kurzwellen verflüchtigen sich rasch, die Forscher
müssten Hang für Hang unzählige Messgeräte
anbringen. Angesichts der grossflächig gefährdeten Berggebiete ein Ding der Unmöglichkeit.
Trotzdem schlägt das Forscherherz van Herwijnens bei dieser Methode höher. Er möchte den
dünnen Haarriss-Brüchen, die vor Lawinenniedergängen im Schnee auftreten, auf den Grund
gehen. Mit leuchtenden Augen sagt er: «Mit
Ultraschall würden wir den Lawinen ein Schnippchen schlagen. Statt hilflos zusehen zu müssen,
könnten wir kurzfristig im Voraus feststellen, ob
sich eine Lawine löst.» ¶
Damit sich nach
Brüchen in den
unteren Schichten
eine Schneebrettlawine lösen kann,
braucht es ein
Gefälle von über
30 Grad
Überprüfung einer
SLF-Messanlage auf dem
Versuchsfeld unterhalb des
Weissfluhjochs in Davos.
Mai 2013 — Sonissima
GESELLSCHAF T
24
Der Chorherr
geniesst die Aussicht
auf das Hospiz und
den Bergsee von der
alten Passstrasse aus.
A
S C H W E I Z E R N AT I O N A L H U N D
F O N D AT I O N
BARRY–
DI E STI FTU NG I N KÜ RZE
D Hunde vom Grossen
Die
St. Bernhard haben zahlreiche
Menschen vor dem weissen
Tod bewahrt. Die Zeiten
haben sich geändert – doch
der Mythos lebt weiter.
TE X T: K A R I N S C H L E M M E R
Sonissima — Mai 2013
m Anfang war Barry: Der Hund lebte von
1800 bis 1812 im Hospiz auf dem Grossen
St. Bernhard. Er rettete rund 40 Personen das
Leben und ist damit zweifellos der erfolgreichste
Retter, der je auf der Passhöhe seinen Dienst
versah. Seine Geschichte ist von Legenden umgeben und hat viel zum guten Ruf der Bernhardinerhunde beigetragen. Darum gibt es auf dem
Hospiz immer einen Hund namens Barry. Der alt
gewordene Barry wurde 1812 von einem Pater zu
Fuss nach Bern gebracht. Dort genoss er
eine gute Pflege und starb zwei Jahre später an
Altersschwäche.
Geschichte der Lebensretter
Auf der Passhöhe des Grossen St. Bernhard auf
2469 Meter über Meer haben Mönche im 11. Jahrhundert als Zufluchtsort für Reisende und Pilger
ein Hospiz gegründet. Dort wurden seit der Mitte
des 17. Jahrhunderts zur Bewachung und zum
Schutz grosse Berghunde gehalten. Das Vorhandensein solcher Hunde ist bildlich seit 1695 und
schriftlich in einer Aktennotiz des Hospizes im
Jahre 1707 dokumentiert.
Die Hunde vom Grossen St. Bernhard wurden
bald als Begleithunde und besonders als Rettungshunde für in Schnee und Nebel verirrte Reisende
eingesetzt. Sie haben zahlreiche Menschenleben
gerettet und vor dem weissen Tod bewahrt. Die
dazu in vielen Sprachen publizierten Chroniken
und die mündlichen Berichte der Soldaten, welche
1800 mit Napoleon Bonaparte den Pass überquerten, haben im 19. Jahrhundert den Ruf des Bernhardiners (damals «Barry-Hund» genannt)
über ganz Europa verbreitet. Der legendäre Barry
wurde zum Urbild des Rettungshundes. Die direkten Vorfahren des St. Bernhardshundes waren
GESELLSCHAF T
25
Fotos: Maison hospitalière du Grand-Saint-Bernard, Médiathèque Valais – Martigny; Fondation Barry; Cédric Widmer
die in der Gegend viel verbreiteten, grossen
Bauernhunde. Diese wurden in wenigen Generationen, nach einem festgelegten Idealtyp, zur
heutigen Rasse gezüchtet. Anlässlich eines internationalen Kynologen-Kongresses am 2. Juni 1887
wurde der St. Bernhardshund offiziell als schweizerische Hunderasse anerkannt und der Rassestandard als verbindlich erklärt. Der Bernhardiner
gilt seither als Schweizer Nationalhund.
Die Bernhardiner-Rasse
Eine Zucht mit Tradition
Nach der Gründung im Januar 2005 hat die Fondation Barry vom Maison Hospitalière du GrandSt-Bernard (Geistlicher Orden der Chorherren
vom Grossen Sankt Bernhard) die Zuchtstätte
mit den berühmten Bernhardinerhunden übernommen. Seit April 2005 ist die Stiftung die Besitzerin der 300 Jahre alten Zucht. Damit ist es die
weltweit älteste und bedeutendste BernhardinerZuchtstätte.
Aktuell besitzt die Fondation Barry 27 Hündinnen und sechs Rüden. Durchschnittlich werden
in der Zucht pro Jahr 20 Welpen mit Stammbaum
geboren. Ein Team, bestehend aus einem Tierarzt, einer Rassespezialistin und acht Tierpflegern, sorgt für ihr Wohlbefinden, ihre optimale
Entwicklung und garantiert eine professionelle
Ausbildung. Die Fondation Barry ist Mitglied
beim Schweizerischen St.-Bernhards-Club und
als gemeinnützig anerkannt. Neben der Sicherung
des Fortbestandes der berühmten und legendären Hunde vom Grossen Sankt Bernhard durch
eine Zuchtstätte, die auf ethischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, soll auch das
Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Hund
geschaffen und aufrechterhalten werden. Noch
heute erobert der ehemalige Rettungshund die
Herzen von Gross und Klein im Sturm. Die Fondation Barry bietet die Möglichkeit, am Grossen
St. Bernhard Wanderungen mit den Hunden zu
unternehmen und die Pflege zu beobachten. ¶
www.fondation-barry.ch
Bezeichnung:
St. Bernhardshund (oder Bernhardiner)
Ursprungsland:
Schweiz
Vorkommen:
In der Schweiz rund 600 Tiere, wenig verbreitete Rasse, durchschnittliche WelpenEintragungen pro Jahr: 100.
Aussehen:
− Risthöhe: Rüde mindestens 70 cm,
Hündin mindestens 65 cm
− Gewicht: Rüde 75 bis 85 kg,
Hündin 50 bis 70 kg
− Fell: Lang- und Kurzhaar.
− Farbe: Grundfarbe Weiss mit kleineren
oder grösseren rotbraunen Platten
(Plattenhunde) bis durchgehende rotbraune Decke über Rücken und Flanken
(Mantelhunde).
Charakter:
Im Wesen freundlich, Temperament ruhig
bis lebhaft, wachsam, leicht unabhängig.
Auslauf:
Täglicher, einstündiger Spaziergang sowie
Bewegungsfreiheit im und ums Haus.
Ausbildung:
Der Bernhardiner ist in erster Linie ein
Familienhund, ist je nach Körperbau aber
auch als Sport- und Zughund geeignet.
Bergung eines
Lawinenopfers am
Grossen St. Bernhard
um 1950.
Für wen:
Ein Bernhardiner sollte Familienanschluss
haben. Der Besitzer muss über reichlich
Zeit verfügen, um sich intensiv mit dem
Hund abgeben zu können.
Besonderheiten:
Seit 1884 gilt der Bernhardiner als
Schweizer Nationalhund.
Mai 2013 — Sonissima
© Ron Haviv / VII
26
ERSTE HILFE
FÜR MENSCHEN MIT
LETZTER HOFFNUNG
WWW.MSF.CH
Sonissima — Mai 2013
PC 12-100-2
Publireportage
HÖREN SIE NOCH
DIE VÖGEL
ZWITSCHERN?
Viele Menschen haben Hörprobleme; viele hören weder die
Vögel zwitschern noch die Liebeserklärung des Liebsten
und der Liebsten. In Sachen «Hören» ist pro audito schweiz
kompetente Partnerin.
Etwa jede zehnte Person in der Schweiz hört nicht mehr
gut. pro audito schweiz, die Organisation für Menschen mit
Hörproblemen, bietet zahlreiche und auch viele
kostenlose Dienstleistungen rund ums Hören an.
Der Verband setzt sich dafür ein, das Leben von
Menschen mit Hörminderungen zu erleichtern.
pro audito schweiz ist eine Organisation der Selbst- und
Fachhilfe für Menschen mit Hörproblemen und deren
Angehörigen. Sie verfügt über ein dichtes Netz an regionalen Vereinen und vertritt beim Bund und den Sozialversicherungen die Interessen aller hörgeschädigten Menschen in
der Schweiz. Auch setzt sich der Verband für eine zeitgemässe
Versorgung mit Hörgeräten und technischen Hilfsmitteln
sowie für hörbehindertengerechte Einrichtungen in
öffentlichen Räumen und im öffentlichen Verkehr ein.
Der Verband bietet nebst Fachberatungen und Informationen – auch im Bereich Cochlea-Implantate – zahlreiche
weitere Dienstleistungen an: Die Ombudsstelle Hörprobleme
(zusammen mit weiteren Organisationen), Schulungen für
Kommunikationsunterstützung in öffentlichen Gebäuden
(Höranlagen), Verständigungs- und Kommunikationstrainings,
Ferienlager für hörgeschädigte Kinder, Ausbildung von Audioagoginnen und SchriftdolmetscherInnen, Konsumententests
zu Hilfsmitteln. Alles rund um Hörprobleme ist im verbandseigenen Magazin «dezibel» nachzulesen.
Hören Sie noch die Vögel zwitschern? Hören Sie, wenn Ihr
Partner ihnen zuflüstert «ich liebe dich»? Ein Hörcheck unter
der Telefon-Nummer 0900 400 555 ist ein erster Schritt zu
mehr Lebensqualität. Denn wer schlecht hört, wird leicht
übersehen.
Infos: www.pro-audito.ch
Feldeggstrasse 69 | Postfach 1332 | 8032 Zürich
Tel. 044 363 12 00 | [email protected]
Mai 2013 — Sonissima
P R ÄV E N T I O N — Im Alltag
28
LAUTES BRAUCHTUM
N
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K
G LO C
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L
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H
C
S
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G
Ä
L
H
C
S
L
TROMME
Sechseläutenmarsch
105
dB(A)
B Ö LLE R S C H Ü S S E
Die S
Schweizer
Sc
lieben
ihre
re Vo
V
Volksbräuche. Gefeiert
wird
wi
i detailverliebt und
llustv
lu
lustvoll. Da kann es schon
mal
al laut werden.
TE XT: C LAU D IA M EYR / C H R I STIAN R OTH
Pünktlich um
18 Uhr wird am
Sechseläuten der
Scheiterhaufen
mit dem Böögg
angezündet.
Sechseläuten
Mit einem lauten Bumm explodiert jeweils
am dritten Montag im April der Kopf des Böögg
auf dem Sechseläutenplatz am Zürcher Bellevue.
Der Schneemann aus Stoff und Holz wird
auf einem grossen Scheiterhaufen verbrannt.
Umkreist wird er von wackeren Männern
in historischen Kostümen, die hoch zu Ross
zu den Klängen des Sechseläutenmarsches
dahintraben. Je kürzer die Zeit, bis der Böögg
den Kopf verliert, desto schneller soll der
Winter vorbei sein. Tausende von Zünftern
und Zehntausende von Zuschauerinnen und
Zuschauern verfolgen jeweils das Spektakel.
Zürich
Jährlich am dritten Montag im April.
Sonissima — Mai 2013
Im Alltag — P R ÄV E N T I O N
29
Kanonenknall
Lebendige Volkskultur
Kirchengeläut und knallende Feuerwerkskörper übertönen zum Jahresanfang
das Klirren der Sektgläser. Doch auch
unter dem Jahr wird kräftig gefeiert.
Das Bundesamt für Kultur – Hüterin der
volkstümlichen Kultur – listet allein
167 Volksbräuche auf. Dazu gesellen
sich unzählige Volksfeste. Lust und Lärm
bilden dabei oft ein fröhliches Gespann.
www.lebendige-traditionen.ch
175
dB(A)
(Spitzenwert)
Fronleichnamsfest
der Herrgottskanoniere
Donnergrollen aus Artilleriekanonen gehört
für die Luzerner zum Fronleichnamstag wie
für andere das Eiersuchen an Ostern. Auf dem
Luzerner Hausberg Gütsch feuern Kanoniere
mit drei historischen Kanonen zahlreiche Salutund Signalschüsse ab. Allesamt katholische,
aktive oder ehemalige Soldaten der Schweizer
Armee. Während der Prozession der Gläubigen durch die Altstadt markieren die Signalschüssse einzelne Ritualphasen.
Luzern
29. Mai (20 Uhr) und 30. Mai 2013 (während der Prozession).
Fotos: swiss-image.ch/Philipp Giegel; swiss-image.ch/Christof Sonderegger; zVg; swiss-image.ch/Pascal Gertschen
Walliser Tambouren und Pfeifer
Treichlergruppe
110
dB(A)
(in der Gruppe
gemessen)
Chalandamarz
«Der kleine Ursli, bim, bam, bum, der hat
die grösste Glocke um!», heisst es im bekannten
Kinderbuch «Schellenursli» von Selina Chönz
und Alois Carigiet. Noch heute ist der erste März
der grösste Festtag der Kinder im Engadin und
in einigen anderen Tälern. Mit umgehängten
Glocken ziehen die Buben am Morgen von Haus
zu Haus und singen Chalandamarz-Lieder.
Gekleidet in blaue Überhemden mit roten Halstüchern, läuten sie lautstark den Winter aus
und feiern den nahenden Frühlingsbeginn.
Die Walliser sind ein Völkchen von Tambouren
und Pfeifern. Rund 2000 von ihnen sind in
38 Vereinen organisiert. Meist fröhlich tönen die
Rhythmen und Melodien. Doch ihren Ursprung
haben sie in kriegerischen Konflikten vergangener Zeiten, als unzählige Walliser als Söldner
in fremden Diensten standen. Was die Rückkehrer in ihre Heimat mitbrachten, ertönt heute bei
Musikwettbewerben, Festen und Anlässen wie dem
72. Oberwalliser Tambouren- und Pfeiferfest.
Niedergesteln (VS)
17.–19. Mai 2013.
Piccolo
110
dB(A)
Engadin, Val Müstair, Bergell, Valposchiavo,
Oberhalbstein, Lenzerheide
Jährlich am 1. März.
Mai 2013 — Sonissima
P R ÄV E N T I O N — Im Alltag
30
Feuerwerk
165
Sturmgewehr
165
dB(A)
(Spitzenwert)
dB(A)
Feldschiessen
130 000 Teilnehmer nahmen vergangenes Jahr
am eidgenössischen Feldschiessen teil. Damit ist
es die grösste Sportveranstaltung der Schweiz,
und sogar das grösste organisierte Schützenfest
der Welt. Während eines Wochenendes messen
sich erfahrene Routiniers und Anfänger in Geschicklichkeit und Präzision – jeweils gleichzeitig
an zahlreichen Orten in der Schweiz. Ursprünglich diente das ausserdienstliche Schiessen dazu,
die Treffsicherheit der Schweizer Wehrmänner
zu erhöhen.
Veranstaltungen schweizweit
31. Mai bis 2. Juni 2013.
Züri Fäscht
Alle drei Jahre findet am ersten Juliwochenende
das grosse Feiern am «Züri Fäscht» statt. Auch
dieses Jahr verwandeln sich die Innenstadt und
das Seebecken wieder in eine riesige Vergnügungszone mit Festwirtschaften, Musikbühnen,
Markt- und Essständen und weiteren Attraktionen. Die Höhepunkte des Grossanlasses sind die
musikalischen Feuerwerke jeweils am Freitagund Samstagabend. Das Feuerwerk-Spektakel
gehört nicht nur zu den schönsten, sondern auch
zu den grössten in Europa.
Zürich
5. bis 7. Juli 2013.
110
Buntes
für die Kleinen
Das Gehör zu schützen, ist die beste Prävention.
Gehörschutzpfropfen gibt es für jede Gelegenheit
und jedes Budget: vom billigen Schaumstoffpfropfen bis hin zu individuell angepassten Gehörschützen für Musiker. Für die Kleinen gibt es
beim Akustiker spezielle Kapselgehörschütze in
poppigen Farben. «Der Gehörschutz ist gleich
noch Ohrenwärmer. Deshalb tragen ihn Kinder
gerne», so Beat Hohmann, Akustikexperte bei
der Suva. Unter dem Namen Pamir kommen die
Gehörschütze auch dort zum Einsatz, wo scharf
geschossen wird. Aus der Sicht von Beat Hohmann sind Salutschüsse, wie sie beispielsweise
die Herrgottskanoniere am Fronleichnamstag in
Luzern abfeuern, für das Publikum weniger problematisch: «Die Schüsse am frühen Morgen wecken
zwar mit dem dumpfen Knall die halbe Stadt auf,
gefährden aber höchstens das Gehör der Kanoniere, die sich hoffentlich schützen.» Ohnehin gilt:
«Wer zwei Stunden an einen lauten Umzug geht
und dann wieder nach Hause, ist viel weniger
gefährdet als jemand, der drei Tage durchfeiert»,
so der Experte.
dB(A)
Alpabzug Charmey
Es ist ein magischer Moment, wenn Vieh und
Sennen nach dem Alpsommer zurück ins
Tal kehren. Auf den Köpfen der Tiere türmen
sich farbenprächtige Blumengestecke, die
im Takt des ohrenbetäubenden Vielklangs der
Kuhglocken hin- und herwippen. Wie Helden
erwartet man die Heimkehrer auf dem Dorfplatz.
Auch die musikalische Unterhaltung kommt
nicht zu kurz: Das Fest wird von Alphornklängen,
Ländlerkapellen und Gesängen begleitet.
Charmey (FR)
28. September 2013.
Sonissima — Mai 2013
Einzelne
Kuhglocke
Hört, hört! — P R ÄV E N T I O N
31
Während 365 Tagen
Schutz für die Ohren
Schweizer Volksfeste können
auch schon mal richtig
laut werden. Aber Lärm ist
nicht das Einzige, vor dem
wir unsere Ohren das Jahr
hindurch schützen sollten.
Fotos: swiss-image.ch/Gian Marco Castelberg und Maurice Haas; Keystone/WalterBieri; zVg
G A S T TE X T: TO N I V O N B Ü R E N
Mit dem Schutz des Ohres assoziiert man
zuerst einmal den Schutz des Gehörs vor zu
viel oder zu starkem Lärm. Es gibt aber weit
mehr Einflüsse als nur Lärm, die unseren
Ohren zu schaffen machen. Insbesondere
Kälte, Wind, Wasser und Sonnenbestrahlung
setzen dem äusseren Ohr zu und können es
schädigen. Die Kälte an der Körperoberfläche
vermindert die Durchblutung. Wenn Wind
und Nässe diesen Effekt noch verstärken,
kann es bereits bei Temperaturen um den
Gefrierpunkt zu Gewebeschädigungen
(Erfrierungen) kommen. Die Ohrmuschel
ist durch ihre exponierte Lage und durch
das dünne Gewebe aus Haut und Knorpel
besonders gefährdet. Ein einfacher und
effektiver Schutz sind Mützen, Stirnbänder
oder Ohrenschützer. Einen direkten Zusammenhang zwischen kalten Ohren und einer
Mittelohrentzündung, wie oft behauptet, gibt
es übrigens nicht. Setzt man sich allerdings
über einen längeren Zeitraum kalter Luft aus
(z. B. in klimatisierten Räumen), kann dies
eine Virusinfektion im Nasen- und Rachenraum auslösen. Diese kann dann indirekt zu
einer Mittelohrinfektion führen.
Vorsicht vor der «Bade-Otitis»
Aber auch in der Wärme lauert Gefahr.
Gerade im Sommer, wenn das kühle Nass
lockt, kann es zu Gehörgangsentzündungen
kommen. Die sogenannte «Bade-Otitis»
gehört während der Badesaison zu den
häufigsten Ohrenbeschwerden. Dabei
gelangt Wasser in den Gehörgang und weicht
die Haut dort über längere Zeit auf. Bakterien können dadurch leichter ins Gewebe
eindringen und eine schmerzhafte Infektion
mit verminderter Hörfähigkeit auslösen.
Begünstigt wird dies durch nicht ganz sauberes Badewasser oder kleine Verletzungen
im Gehörgang, oft verursacht durch den
Gebrauch von Wattestäbchen. Daher gilt:
Wattestäbchen haben im Gehörgang nichts
zu suchen! Bei häufigem oder langem Aufenthalt im Wasser und bei anfälligen Personen
können Ohrtropfen auf Alkohol- und Essigsäurebasis prophylaktisch angewendet
werden. Man erhält sie in Apotheken und
Drogerien. Sie schützen durch den trocknenden und pflegenden Effekt die Gehörgangshaut vor Infektionen. Eine Alternative
sind auch Ohrstöpsel aus Silikon oder ein
Stirnband aus Neopren. Tragen Schwimmer
sie einzeln oder kombiniert, kann ein
Eindringen des Wassers in den Gehörgang
in der Regel verhindert werden.
Sonnenschutz für die Ohren
Wann immer unsere Haut der Sonne ausgesetzt ist, muss sie geschützt werden. Glücklicherweise ist dies für die meisten Menschen
in den letzten Jahren zur Selbstverständlichkeit geworden. Aus gutem Grund. Die
Haut «vergisst» keinen Sonnenbrand.
Die schädigenden Einflüsse durch die Sonnenbestrahlung summieren sich über die Jahre
und Jahrzehnte. Bösartige Hauttumore, die
hauptsächlich durch Sonnenbestrahlung
verursacht werden, kommen zu etwa drei
Viertel im Kopfbereich vor. Durch die exponierte Lage der Ohrmuschel am Kopf tritt
ein grosser Teil dieser Tumore hier auf. Meist
sind es zu Beginn nicht heilende Krusten an
der Ohrmuschel. Sie fallen nicht besonders
auf und stören nur wenig – aber mit der Zeit
vergrössern sie sich. In der Regel lassen sich
diese Tumore chirurgisch behandeln, in
seltenen Fällen muss allerdings die ganze
Ohrmuschel entfernt werden. Besonders
wichtig ist deshalb ein Sonnenschutz auch
für die Ohrmuscheln. Und immer daran
denken: Rückseite nicht vergessen. Ein zusätzliches Hilfsmittel ist ein Sonnenhut mit breiter
Krempe, der die Ohrmuscheln mit abdeckt.
ZUR PERSON
Seit 2011 führt Dr. Toni
von Büren eine eigene
HNO-Arztpraxis in
Altdorf. Als Facharzt
betreut er die rund
35 000 Bewohner des
Kantons Uri. Zudem
ist er als Konsiliar- und
Belegarzt im Kantonsspital Uri tätig. Im
Vorstand der Stiftung
pro audito Uri engagiert sich von Büren
aktiv für Menschen
mit Hörproblemen.
Mai 2013 — Sonissima
Vom Hörensagen
32
Superheld
sei
Dank
Saubere Sache:
Der weltweit erste OhrenWaschsalon eröffnete 2006
in Tokio: Zehn Minuten
säubern, Akupunktur
und Massage kosten dort
etwa 17 Franken.
Der vierjährige Anthony Smith
will sein Hörgerät partout
nicht tragen. Seine Helden sind
Spider-Man, Hulk und Batman –
und die tragen schliesslich
auch keine Hörgeräte. So die simple
Begründung des kleinen ComicFans. Verzweifelt wendet sich
die Mutter an den Comic-Verlag
Marvel, den Erschaffer des
Helden-Universums. Marvel lässt
sich nicht lange bitten und
kreiert kurzerhand einen brandneuen Superhelden: «Blue ear»,
der ein blaues Hörgerät trägt. Und
Anthony? Der will sein blaues
Hörgerät seither gar nicht mehr
ausziehen.
«Unsympathische
Menschen erkennt
man an der
Stimme!»
Marc Sway, Musiker und Jurymitglied
bei «The Voice of Switzerland»
Sonissima — Mai 2013
!
t
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s
s
p
Wie viel Geldscheine
mögen es wohl sein,
fragt sich Jeanne
Moreau in «Eva»
(1962).
Wussten Sie, dass ...
... wir immer die gleiche Stille hören, wenn es
auf der Leinwand mucksmäuschenstill wird?
Zu verdanken ist diese Stille einem Tontechniker,
der sie vor 50 Jahren aufgenommen hat. Da
Sounddesigner bei der Filmvertonung gerne auf
die altbewährte «Sound-Konserve» zurückgreifen, hören sich spannungsgeladene Szenen
vertraut still an.
Vom Hörensagen
33
Haariger
Rekord
Fotos: The blue Ear by Nelson Ribeiro; Keystone/Keystone Hamburg; Hitomi Kai Yoda; Fotolia/Petra B.; 2013 GUINNESS WORLD RECORDS Ltd.
Wie lang sind eigentlich
die längsten Ohrenhaare der
Welt? Das Guinness-Buch
der Rekorde weiss Antwort:
Der Inder Antony Victor ist
der Mann mit den längsten
Ohrenhaaren – er kann stolze
18,1 Zentimeter lange Haare
vorweisen.
Sphärische
Klänge
Mit seinem sphärischen Klang-Projekt
«The Sound oft the earth» nimmt
der japanische Designer Yuri Suzuki
den Zuhörer mit auf eine akustische
Reise – in 30 Minuten geht es rund um
die Welt. Wie bei einem klassischen
Vinyl-Plattenspieler kreist die Nadel über
die Rillen der metallenen, schwarzen
Erdoberfläche. Hinterlegt ist die Weltkugel
mit Klängen, die Yuri Suzuki im Laufe
der letzten Jahre weltweit gesammelt hat.
Der letzte Schrei
Wenn Joachim Pfaff, besser bekannt
als Wurst-Achim, seine Ware an den
Mann bringt, dann wird es laut. «WurstAchim, das lauteste Lebewesen der
Welt», ziert den Wagen des 53-jährigen
Osnabrücker. Mit einem Messresultat
von 107 Dezibel kann er es schon fast mit
dem Lautstärkenpegel einer Kettensäge
aufnehmen. Nicht umsonst gilt er als
erfolgreichster und beliebtester Marktschreier Deutschlands. Aal-Ingo,
Käse-Rudi, Nudel-Olli, Bananen-Uwe,
Michel-Blumenkönig und TaschenOle – allesamt Mitbewerber um den
lauten Titel – müssen gegen ihn leise
beigeben.
Mai 2013 — Sonissima
W I S S E N — Sprachschatz
34
S P EZ I A L FA L L M U N D A RT
« Sprache ist ein
Identitätsmerkmal»
Wieso wirken manche
Sprachen und Dialekte
lebhafter, lauter oder
langsamer als andere?
Sprachwissenschaftler
Professor Dr. Stephan
Schmid hat Antworten
darauf.
I NT E R V I E W: P AT R I C K S TE I N E M A N N
64%
der Schweizer
Gesamtbevölkerung sind deutschsprachig. Davon
sprechen 93,3%
im Alltag Dialekt.
(Stand: Volkszählung 2000)
Die Deutschschweizer Dialekte unterscheiden sich
in ihrem Wortschatz und in ihrer Aussprache
beträchtlich voneinander. Gibt es auch laute und
leise Dialekte in der Schweiz?
Bezüglich Lautstärke sind es nicht so sehr die regionalen Ausprägungen, welche die Dialekte unterscheiden. Es sind eher die individuellen Temperamente der Sprecher, deren soziale Hintergründe
sowie spezifische Gesprächssituationen, die einen
Einfluss auf die Lautstärke der Aussprache haben.
Die Berner laufen ja angeblich nicht nur langsamer
als die Zürcher, sie reden auch weniger schnell.
Stimmt das auch aus wissenschaftlicher Sicht?
Es gibt eine Studie, die genau zum gegenteiligen
Ergebnis kommt. Allerdings wurden da nur
ein einziger, offenbar ziemlich langsamer Zürcher
und zwei aussergewöhnlich schnelle Berner Personen untersucht ... Eine andere, etwas grösser
angelegte Studie bestätigt hingegen das Klischee.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist es allerdings sehr
schwierig, die Sprechgeschwindigkeit zu messen.
Meist werden dabei die Silben pro Sekunde gezählt. Diese sind jedoch abhängig von der Sprachstruktur. Im Französischen und Spanischen etwa
Sonissima — Mai 2013
sind die Silben einfacher als im Deutschen,
dementsprechend wird das Deutsche auch als
eher langsame Sprache wahrgenommen.
Wie lassen sich die Sprachmelodien der Deutschschweizer Dialekte charakterisieren?
Es wurden schon Experimente durchgeführt, bei
denen die Sprache gefiltert wurde, sodass nur
noch die Sprachmelodie erkennbar war. Dabei hat
sich gezeigt, dass etwa das Walliserdeutsche
oder das Bündnerdeutsche eher singende Dialekte
sind, während der Zürcher Dialekt ziemlich flach
ist. Eine Hypothese zur Frage, warum das so ist,
gründet im Sprachkontakt der Dialektsprecher zu
ihren Nachbarn. Und da sind die Walliser und
die Bündner ja eher nach Süden zu den romanischen Sprachen ausgerichtet.
Was ist besser verständlich, das Schweizerdeutsche oder das Hochdeutsche?
Das Schweizerdeutsche hat mehr Betonungen und
Akzente, während das Hochdeutsche eher als
ganzer Bogen wahrgenommen wird. Grundsätzlich erleichtern Sprachen mit mehr Akzenten
das Verstehen. Das Schweizerdeutsche ist jedoch
«Das Walliserdeutsche oder das
Bündnerdeutsche
sind eher singende
Dialekte, während
der Zürcher
Dialekt ziemlich
flach ist.»
Sprachschatz — W I S S E N
35
Müntschi
Bern
Müntsi
Region Freiburg
Muntsi
Muntschi
Zentralwallis
Oberwallis
Trüütli
Appenzell
Für das Wort Kuss gibt
es im Dialekt vielerlei
Ausdrücke – variierend
nach Region.
Chüssli /
Chuss
Nordostschweiz,
Sarganserland
Schmatz
Zürich
Schmutz / Schmütz(e)li
Quelle: Kleiner Sprachatlas der
deutschen Schweiz, 2010 Verlag
Huber Frauenfeld
Unterwalden
ein Spezialfall, weil hier viele Worte abgeschliffen
sind oder sich überlappen. Für die Hörer ist beim
Dialekt oft schwierig, zu erkennen, wo ein Wort
anfängt und wo es aufhört. Im Hochdeutschen
sind die Worte dagegen klarer voneinander abgegrenzt.
Fotos: getty/David Ryle
Die Nachbarsprachen des Schweizerdeutschen –
Französisch und Italienisch – wirken lebhafter.
Weshalb?
Dazu gibt es zwar keine Studien, aber einige Erklärungsversuche. So sind in den romanischen
Sprachen – wie schon erwähnt – die Silben kürzer
und deshalb ist die Aussprache schneller, was wiederum lebhafter wirkt. Wenn wir Vokale und
Konsonanten anschauen, dann stellen wir eine
Korrelation von vokalreichen Sprachen im Süden
und den damit verbunden offenen Mundstellungen fest, während im Norden Konsonanten
und eher geschlossene Münder dominieren.
Allerdings passt da der Vergleich des eher mono-
tonen Spanischen mit dem benachbarten, eher
singenden Portugiesischen nicht rein. Grundsätzlich sind es Sprachgewohnheiten, die sich auch
in der Aussprache und der Sprechweise zeigen.
Sprache ist ein wesentliches Identitätsmerkmal
der Sprechenden. Sie dient sowohl dazu, sich
einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen, als auch
dazu, sich abzugrenzen.
Welchen Einfluss haben fremde Sprachen
auf die Aussprache einzelner Dialekte?
Erste Messungen einer Pilotstudio haben ergeben,
dass die Sprechgeschwindigkeit bei Immigrantenkindern zum Teil langsamer ist und der Rhythmus monotoner als bei nativen Dialektsprechern.
Zudem zeigt sich, dass gewisse Konsonanten
anders ausgesprochen werden, etwa das stimmhaftere «g» bei Sprechern aus dem Balkanraum.
Es ist nicht auszuschliessen, dass sich das Schweizerdeutsche – wie auch andere Sprachen und
Dialekte – durch die Akzente der Immigranten verändern wird. Wie langfristig und nachhaltig
das sein wird oder ob es sich eher um eine wieder
abklingende Modesprache handelt, können wir
heute allerdings noch nicht sagen. ¶
ZUR PERSON
Prof. Dr. Stephan Schmid
ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Phonetischen Laboratorium
der Universität Zürich
und bietet als Lehrbeauftragter unter anderem
einen Einführungskurs
in die Phonetik an.
Er ist zudem Titularprofessor für italienische
Sprachwissenschaft.
Mai 2013 — Sonissima
W I S S E N — Echo
36
L E B E N S M I T T E L- S E N S O R I K
KR A C H E N D E R
KNUSPERSOUND
Auf den guten Ton
kommt es an – auch bei
Esswaren. Denn wie
es tönt, wenn wir reinbeissen, beeinflusst
wesentlich unser
Frischeempfinden.
TE XT: R UTH HAFE N
Sonissima — Mai 2013
Knusprig,
also frisch,
tönt lauter
und höher.
Echo — W I S S E N
37
Es gilt die Faustregel: je dicker,
desto dumpfer
das Geräusch
beim Reinbeissen
und Kauen.
S
Fotos: Avenue-Images/Jonathan Kantor; getty/Lars Klove
chon für die Hexe aus «Hänsel und Gretel»
war die Akustik beim Essen nicht ganz unerheblich. Wäre nämlich das Dach ihres Lebkuchenhauses mit labbrigem und nicht mit knusprigem Material bedeckt gewesen, wer weiss, wie
das Märchen ausgegangen wäre. Auf jeden Fall
hätte die Alte Hänsel und Gretel weder knuspern
gehört, geschweige denn erwischt.
An der Zürcher Hochschule für Angewandte
Wissenschaften in Wädenswil kennt man sich
nicht nur mit Lebkuchen aus, sondern mit Backwaren im weitesten Sinn. Hier leitet Annette
Bongartz am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation die Fachstelle Sensorik. Neben
den Vorlesungen, in denen sie Studierenden
der Lebensmitteltechnologie das Handwerk der
Sensorik vermittelt, führt sie für Kunden aus
dem Lebensmittelsektor (darunter Grossverteiler
und KMU aus der Schweiz) Versuchsreihen auf
verschiedenen Gebieten durch. Ein Backwarenpanel etwa, zusammengesetzt aus Personen,
die eigens dafür trainiert wurden, testet Produkte
objektiv auf Krusten- und Krumeneigenschaften.
lebensmitteltechnisch unbedenkliche Stoffe, etwa
gewisse Enzyme (wie Amylasen und Lipasen)
beimengen, damit die Ware länger frisch bleibe,
erklärt sie, oder für die ideale Kruste mit der
Mehlmischung experimentieren. Bei Guetzli etwa
helfe aber auch die hermetische Verpackung,
da besonders die Luftfeuchtigkeit schlecht für die
Kruste sei. Vor allem bei Guetzli oder auch bei
Pommes Chips kommt es neben der Verpackung
aber auch auf die Oberfläche und die Dicke an,
denn diese bestimmen mit, wie es tönt. Sind die
Chips dick oder dünn, glatt oder geriffelt, beeinflusst das die Akustik und das Mundgefühl. Es
gilt die Faustregel: je dicker, desto dumpfer das
Geräusch beim Reinbeissen und Kauen.
Für ihre Forschungen auf dem selten erwähnten Gebiet der Pommes-Chips-Akustik haben
2008 zwei Forscher, Massimiliano Zampini von
der Universität im italienischen Trento und
Charles Spence von der Universität Oxford, den
Ig-Nobelpreis (franz.-engl. Wortspiel: ignoble)
auf dem Gebiet Ernährung erhalten. Dieser «alternative Nobelpreis» ist eine satirische Auszeichnung, die an der amerikanischen Harvard-Universität seit 1991 verliehen wird. Er soll wissenschaftliche Leistungen ehren, die «Menschen zuerst
zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen».
Zampini und Spence konnten beweisen, dass Lautstärke und Klanghöhe beim Essen von Pommes
Chips das Frischeempfinden beeinflussen. Im
Experiment mussten die Versuchspersonen in 180
identische Pommes Chips der Marke Pringles
beissen. Über den Kopfhörer, den die Tester trugen,
veränderten die Forscher das Geräusch, das
die Chips beim Reinbeissen angeblich machten.
Die Testpersonen hatten so das Gefühl, unterschiedlich frische Chips zu essen. Knusprig, also
frisch, tönt lauter und höher. Fazit: Wir können
uns Dinge nicht nur schönreden, wir können sie
auch schönhören. ¶
www.ilgi.zhaw.ch
www.improbable.com (Ig-Nobelpreis)
Sind die Chips
dick oder dünn,
glatt oder geriffelt, beeinflusst
das die Akustik
und das Mundgefühl.
Gummige Bürli haben keine Chance
Die Akustik könne, so Bongartz, nicht der wichtigste, aber doch ein entscheidender Punkt für
die Gesamtbeurteilung eines Produktes sein; bei
Brot und Backwaren natürlich mehr als etwa
bei einem Fruchtsaft. «Die Konsumenten machen
einen Teil des Frischeempfindens über die Akustik aus», erklärt sie. Wenns knuspert, wird es als
frisch empfunden. «Gummige Bürli haben
keine Chance», sagt sie. Man könne dem Brotteig
Mai 2013 — Sonissima
Klangkulisse
38
Sonissima — Mai 2013
Klangkulisse
39
E L E FA NTE N D U S C H E
Hautpflege
für Dickhäuter
Anfang der Siebzigerjahre kam die Elefantendame Druk als ein
Geschenk des Königs
von Bhutan in den Zoo
Zürich. Genau wie ihre
fünf Artgenossen wird
sie täglich geduscht.
Diese Routine dient der
Hautpflege und ist ein
wichtiges Mittel, um
das Vertrauen zwischen
Pfleger und Tier zu vertiefen. Hören Sie selbst,
wie es beim Baderitual
her und zu geht. Einfach
den QR-Code mit Ihrem
Smartphone scannen und
reinhören – am besten mit
Kopfhörern.
Foto: Keystone/Steffen Schmidt. Ton: Andri Probst
http://bit.ly/elefantendusche
Live dabei: Jeden Sonntag
findet um 10 Uhr eine
kommentierte Elefantendusche
für die Besucher des Zoo
Zürich statt.
www.zoo.ch
Mai 2013 — Sonissima
S C H W E I Z — KanTON
40
HÖRBAR
S C H W YZ
2
Kommen Sie mit auf
eine geräuschvolle Entdeckungsreise durch
den Urkanton Schwyz.
1
4
7
3
5
6
Einsiedel
n
1
Grossartiges Welttheater
Auf dem Platz vor der Einsiedler Klosterkirche wird diesen
Sommer wieder Theater gespielt: Das «Einsiedler Welttheater» nach Calderón, erstmalig 1924 hier aufgeführt,
gastiert erneut. Für die Spielperiode 2013 hat sich der
Schriftsteller Tim Krohn des Stücks angenommen. Rund
500 Personen aus Einsiedeln und Umgebung sind wie in
den Jahren zuvor an der Produktion beteiligt. Dabei wird
es toben und tosen auf dem Klosterplatz.
Aufführungen
40 Aufführungen vom 21. Juni
bis 7. September 2013.
Spielbeginn jeweils um 20.45 Uhr,
Dauer 1 ¾ Stunden, ohne Pause.
www.einsiedler-welttheater2013.ch
Eine Gruppe von EinsiedlerMönchen gründete das
Kloster Einsiedeln ursprünglich als Ort der Stille. Bis
heute suchen die Mönche im Gebet und in der
Stille nach Gott. Unterbrochen wird die Andacht
höchstens durch Hämmern, Meisseln, Sägen und
Zischen in den klostereigenen Werkstätten. Die
lautere – wenngleich auch harmonische – Welt der
Klänge und Töne fand und findet in der Klosterkirche statt. Bereits früh organisierte das Kloster
öffentliche Orgelkonzerte und machte damit die
Welt der Musik breiteren Kreisen zugänglich. Hier
pfeifen die üppig verzierten Marien- und Mauritiusorgeln zusammen mit der Chororgel himmlische Klänge aus vergangenen Jahrhunderten
aus der einzigartigen Orgellandschaft hinaus.
www.wallfahrt-einsiedeln.ch
Sonissima — Mai 2013
Stille und
Orgelklänge
KanTON — S C H W E I Z
41
Vitznau – Rigi
2
Dampf-Nostalgie
Fauchend, keuchend und stampfend
kletterten die Dampfrosse der letzten
Jahrhundertwende auf die Rigi und
verschlangen und verdampften auf der
Bergfahrt satte 500 Kilogramm Kohle
und 2 200 Liter Wasser. Als allererste
Bergbahn Europas schnaufte eine solche
Dampflok 1871 als Rigi Bahn von Vitznau hoch auf den beliebtesten Ausflugsberg der Schweiz weit über dem Vierwaldstättersee. Der puffende Lärm aus dem Schornstein,
das Zischen der funkenden Räder auf der Schiene
sind Musik in den Ohren von Bahnnostalgikern. Mit
den Erlebnisfahrten «Dampf Nostalgie» der Rigi
Bahnen kann man eine Reise zurück in die Zeiten
machen, in der Bahnfahren noch eine laute und klangvolle Angelegenheit war.
www.rigi.ch
Fotos: wikimedia.org/Hofec; Judith Schlosser; zVg; Bundesamt für Landestopografie; Valentina Mächler
3
Theaterwelt im Hochofen
Einst kochte und zischte der Hochofen in den
ehemaligen Hürlimann-Holcim-Fabriken
im Ingenbohler Industriegebiet. Dann wurde
es still. Mucksmäuschenstill. Die Hochofenhalle der Zementfabrik Brunnen wurde
2008 stillgelegt. Heute hallt die Stimme von
Theaterregisseurin Annette Windlin durch
die Industriehalle wenn sie dem Ensemble
Anweisungen bei den Proben gibt. Im letzten
Juli wurde entschieden, dass ein Teil der
Industriebrache in eine Theaterlandschaft
verwandelt wird. Bei der Premiere der Inszenierung «Das Liebeskonzil» Ende dieses
Sommers werden die Schauspieler rezitieren,
lachen, streiten, schreien, intonieren bis
das Publikum – hoffentlich mit tosendem
Applaus – seinen Beifall spendet.
Brunnen
20 Aufführungen vom 24. August bis Ende Oktober 2013
www.schwyzkultur.ch
Mai 2013 — Sonissima
S C H W E I Z — KanTON
42
Goldau
4
Tierisches
T ier i
Lauschkonzert
Das
D
Da
as Qu
Q
Quaken
uake
ake des Froschs, Röhren des Rothirschs,
ak
Schreien
Scchr
hreiien des
d Esels, Fauchen der Wildkatze,
Piepsen
der
Piep
Pi
Piep
epse
epse
sen
n de
de Spitzmaus, Schnattern der Wildgans,
Heulen
des
He
eul
ulen
e de Wolfs – im Natur- und Tierpark
en
Goldau
die Tiere ein wahres SinfonieGo
old
dau
a sspielen
pi
pi
orchester.
Sie
leben
mitten in einem wildromanorch
or
che
ches
esster.
terr..
te
tischen
Bergsturz-Waldgebiet
auf rund 34 Hekttisc
ti
scche
hen
n Be
aren
ursprünglicher
Natur.
Rund
100 heimische
arren
n urs
rspr
prü
pr
ü
und
europäische
Wildtierarten
haben
in den
un
nd eu
euro
rro
op
Gehegen
eine
Heimat
gefunden.
Der
1925
eröffG he
Ge
hege
gen
ne
nete Natur- und Tierpark ist in einer einzigartigen, wilden Landschaft gelegen, die durch den
«Goldauer Bergsturz» 1806 entstand und in die Geschichte eingegangen ist. Dabei donnerten
40 Millionen Kubikmeter Gesteinsmassen zu
Tal und formten eine von Urgewalten geprägte
Landschaft.
www.tierpark.ch
S T. K A R L B E R G S TAT I O N
GLOCKENSPIEL
BALMLI
Illgau
ILLGAU
5
Bim, bam, bum
Mit der Seilbahn Illgau gelangt man zum Ausgangspunkt einer Familienwanderung der besonderen Art
– der Seiliweg spricht die Sinne an. Am Blindenseil
wird die Sehkraft herausgefordert, der Tastsinn bei
der Käfersuche, der Gleichgewichtssinn auf der
Seilbrücke. Auf das Gehör wartet auf dem Weg, der
zwischen dem Wohnhaus und dem Stall Steinweid
hindurchführt, – bim, bam, bum –
ein fröhliches Glockenspiel. Damit
kann man nach Lust und Laune
bimmeln und dabei entdecken, wie
jede einzelne Glocke tönt – jede
erschallt in ihrem ganz eigenen
Klang. Oder man entlockt ihnen im
Zusammenspiel kleine Melodien.
www.info-schwyz.ch
Sonissima — Mai 2013
KanTON — S C H W E I Z
43
Fotos: iStochphoto/Milos Luzanin; Natur- und Tierpark Goldau; zVg; Stoosbahnen AG; Fotolia/opicobello; Trekking Team AG; Schweizerisches Nationalmuseum; Staatsarchiv Obwalden
6
Der Bruder
d e des Alphorns
Die Innerschwyzer
sch
haben ein
traditionelles
el Blasinstrument in die
heutige
ge
e Zeit
Z hinübergerettet:
Ze
den
Büchel.
nB
. Von seiner Bauart her
ist der Büchel
ein Alphorn. Die alten
Bü
Büchel aus Tannenholz und mit
papierdünner Birkenrinde umwickelt, die die
Schwingungen besonders gut transportiert, haben
allerdings keinen geraden Schaft, sondern eine
Windung wie bei einer Trompete. Daraus entkommen heisere, archaische Töne, die aus dem Zwerchfell geblasen werden und wie bellende Füchse
tönen. Weil das sehr schwierig zu spielen ist, haben
die Muotathaler Büchelbauer vor etwa
zwei Jahrzehnten angefangen,
neue, gerade Büchel zu bauen, die
wie bei einer Trompete mit der
Zunge angestossen werden und
so höhere Töne von sich geben.
www.myalphorn.com
7
Muotatthal
Höhlenzauber
Das Hölloch im Muotathal befindet sich im Bauch
eines Berges in der Muotathaler Karstlandschaft
und gehört mit 190 Kilometern Länge zu einer der
weltweit grössten Höhlen. Wer hinabsteigt, wird
von einer fast heiligen, grossen Stille und Dunkelheit
empfangen. Plötzlich hört man das Rauschen des
Blutes in seinen Adern oder vielleicht gar ein Pfeifen
in den Ohren. Schritte hallen. Der Atem weht. Und
je nach Standort kann man einen Höhlenwind leise
pfeifen hören. Unterirdische Wassersysteme drücken Rinnsale und Bächlein hervor und bringen sie
zum Plätschern und Rauschen.
www.trekking.ch
Geschichte hören
Wann und wo beginnt die Geschichte unseres
Landes? Dieser und weiteren Fragen geht die
Dauerausstellung «Entstehung Schweiz. Unterwegs vom 12. ins 14. Jahrhundert» im Forum
Schweizer Geschichte in Schwyz nach. Geschichte,
e,
e,
die man nicht nur erleben, anschauen, sondern
auch anhören kann. Die Welt rund um die Entstetete
hung der Schweiz wird in Geschichten auf dem
m
iPod Audioguide erzählt, die durch einen Erlebbnisparcours über drei Stockwerke führen. Das
macht den Museumsbesuch auch zu einem akustischen Erlebnis, das durch mehr als 700 Jahre
Geschichte der Eidgenossenschaft führt. Besonders die Entstehungszeit erhitzte die Gemüter
und löste – oft lautstarke – Debatten aus.
z
Schwy
www.nationalmuseum.ch
Mai 2013 — Sonissima
S C H W E I Z — Audioguide
44
Terrakottafiguren aus Qin
Shi Huangdis
Kaisergrab.
Der Genfersee
mit Mont Blanc
am frühen
Morgen.
FÜNF MUSEEN MIT AUDIOGUIDES
Hörend
sehen
An trüben Tagen sind
Museen regelrechte Zufluchtsorte. Die Schätze,
die sie bergen, lassen
sich dank Audioguides
noch «anschaulicher»
erkunden – jenseits von
Sprachbarrieren und
Berührungsängsten.
1
«Ferdinand Hodler»
Die Fondation Beyeler fokussiert
in ihrer Ferdinand Hodler-Ausstellung auf das Spätwerk des
Schweizer Malers. Zu sehen sind
Exponate, die er in den letzten
fünf Jahren seines Lebens gemalt
hat (1913 bis 1918). Selbstbildnisse
und eine Serie über das Leiden
und Sterben seiner Geliebten Valentine Godé-Darel geben Einblicke
in das Leben und das Wesen von
Hodler. Durch die Ausstellung
führen Audioguides in Deutsch,
Französisch und Englisch, angeboten werden zudem Führungen
in Gebärdensprache für Hörgeschädigte (auf Anmeldung).
Fondation Beyeler, Riehen BS
27. Januar bis 26. Mai 2013
Do–Di 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr
www.fondationbeyeler.ch
Sonissima — Mai 2013
2
«Qin – Der unsterbliche
Kaiser und seine
Terrakottakrieger»
Die Ausstellung schildert die
Entstehung des chinesischen Kaiserreichs und porträtiert die Figur
des ersten Kaisers Qin Shi Huangdi
(259–210 v. Chr.). Die Terrakottaarmee des Kaisers, die 1974 entdeckt
wurde und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist Teil einer gigantischen Grabanlage, die bis heute
nicht vollständig freigelegt ist. Rund
220 faszinierende Originalexponate
lassen die Welt des ersten Kaisers
aufleben. Audioguides stehen
in Deutsch, Französisch, Italienisch
und Englisch zur Verfügung.
Bernisches Historisches Museum, Bern
15. März bis 17. November 2013
Di–So 9–18 Uhr
www.qin.ch
Audioguide — S C H W E I Z
45
Fotos: Kunsthaus Zürich; Museum of Qin Shihnang terracotta Aemy Xi’an (China); Rodo Wyss; Matt, photo: B. Jacot-Descombes; Swiss-image.ch/Peter Maurer; Rahmen: Fotolia/Jack F
Meisterwerk
römischer
Bildhauerkunst
Anfang 2. Jh.
Technische
Raffinesse
in schmucker
Hülle.
Manni Matter
im Worb-Bähnli
in Bern 1972.
3
4
«Mani Matter
(1936–1972)»
«Archäologie, schöne
Künste, Kunsthandwerk»
Mit Fotos und Briefen, Schallplatten
und weiteren Objekten aus Mani
Matters Nachlass zeichnet die Ausstellung ein ganzheitliches Porträt des Schweizer Liedermachers,
Denkers und Lyrikers. Mehrere
Hör- und Medienstationen lassen
den Besucher tief in Leben und
Werk Mani Matters eintauchen.
Jeder Besucher erhält ein iPad, mit
dem sich Texte und Lieder, Filmdokumente und Interviews herunterladen lassen. Die Kommentare
zur Ausstellung gibt es in Deutsch,
Französisch, Italienisch und
Englisch.
Das Museum gehört mit einer Ausstellungsfläche von 7000 m2 nicht
nur zu den grössten, sondern durch
seine Sammlungen auch zu den
wichtigsten Museen der Schweiz.
Es zeigt kulturgeschichtliche Zeugnisse aus den Bereichen Archäologie, Schöne Künste und Kunsthandwerk von prähistorischen
Zeiten bis in die Gegenwart. Das
Museum bietet Audioguides in
Deutsch, Französisch und Englisch
an: einen zu den Schönen Künsten,
eine Entdeckungstour zur gesamten Ausstellung sowie einen speziell
für Taube und Hörgeschädigte.
Landesmuseum Zürich, Zürich
26. März bis 8. September 2013
Di–So 10–17 Uhr, Do 10–19 Uhr
www.nationalmuseum.ch
Musée d’art et d’histoire, Genf
Dauerausstellung
Di–So 11–18 Uhr
www.ville-ge.ch/mah
5
«L’homme et le temps»
Es ist eine Schatzhöhle. Rund
4500 der berühmtesten Uhren gibt
es zu entdecken, und jede einzelne
macht die Bedeutung der Zeitmessung deutlich. Neben internationalen Uhren zeigt das Museum
auch repräsentative Exponate
der Schweizer Uhrmacherei, etwa
eine Orgeluhr von Pierre JaquetDroz sowie mehrere Werke von
Abraham Louis Breguet. Durch
das Museum, das zum nationalen
Kulturgut gehört, führen Audioguides in Deutsch, Französisch
und Englisch.
Internationales Uhrenmuseum «MIH»,
La-Chaux-de-Fonds
Dauerausstellung
Di–So 10–17 Uhr
www.ville-de-la-chaux-de-fonds.ch/en/
musees/mih
Mai 2013 — Sonissima
S C H W E I Z — O-Ton
46
«Wenn meine Kinder
ihre Babuschka-Puppen
aus Holz öff nen.»
«Wenn der Kühlschrank brummt,
das macht mich
wahnsinnig.»
Frederik Kant, 49, Stockholm
Welches
GERÄUSCH
ertragen Sie kaum?
«Wenn der Presslufthammer dröhnt – dann
laufe ich ganz schnell an
der Baustelle vorbei.»
Nicole Schulthess, 37, Zürich
Vivien Corra, 16, Schaffhausen
«Das Quietschen
der Kreide auf
der Wandtafel.
Nur schon bei der
Vorstellung daran, stellen sich
bei mir die Nackenhaare auf.»
«Ganz schlimm finde
ich es, wenn der Zug
im Bahnhof einfährt
und dabei dieses
hohe, quietschende
Geräusch macht.»
Vreni Vogel, 60, Bad Ragaz
Ralf Margreiter, 41, Zürich
Sonissima — Mai 2013
Hannah Heimgartner, 16, Siblingen
Fotos: Matthias Jurt
«Wummernde,
dröhnende
Bässe.»
Rubrik xxxxx
47
Falls Ohren spitzen
nicht mehr reicht,
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Mai 2013 — Sonissima
G E R Ä U S C H I N V E N TA R
#1
D as Fie p e n
des R e h s
im
Wal d .
Das Lieblingsgeräusch
von Heidi Happy,
Musikerin
60–70 dB

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