Wenn die Schwangerschaft kein Anlass zur Freude ist

Transcrição

Wenn die Schwangerschaft kein Anlass zur Freude ist
Wenn die Schwangerschaft kein Anlass zur Freude ist
Landesvorsitzende von Donum Vitae Bayern Maria Eichhorn besuchte Beratungsstelle in Freilassing
FREILASSING (sr) - Was für die einen die Erfüllung eines Traums ist,
kann für andere ein Schicksalsschlag sein. Eine Schwangerschaft ist nicht
immer gewollt. Manche Frauen überlegen, ihr Kind abzutreiben, sei es, weil
sie vergewaltigt wurden oder weil die Mutter vielleicht gerade mal 15 Jahre
alt ist und nicht weiß, wie sie das Kind durchbringen soll, weil auch ihre
eigenen Eltern finanzielle Probleme haben. In so einer Situation ist es die
Pflicht der Schwangeren, sich bei einer geeigneten Stelle beraten zu lassen.
„Konfliktberatung“ nennt sich das dann. Eine Beratungsstelle, die Hilfe in
dieser schwierigen Lebenssituation, aber auch darüber hinaus anbietet, ist
die von Donum Vitae in Freilassing, Sonnenfeld 6. Die Mitarbeiterinnen
bekamen jetzt Besuch von der Landesvorsitzenden von Donum Vitae in
Bayern, Maria Eichhorn.
Eichhorn wurde vor ziemlich genau zwei Jahren zur Vorsitzenden gewählt, zuvor war sie fast 20 Jahre lang
CSU-Bundestagsabgeordnete, davon
elf Jahre Vorsitzende der Fraktionsarbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 2009 trat sie nicht
mehr für ein Mandat an, „um mich
voll und ganz für Donum Vitae einsetzen zu können“, wie sie in Freilassing sagte. Im ersten Jahr ihres Vorsitzes habe sie wenig Zeit für den Verein
gehabt, für das zweite Jahr habe sie
sich vorgenommen, alle Beratungsstellen in Bayern zu besuchen.
Dem Team vor Ort dankte sie für
die Arbeit, die die Damen für die
Schwangeren leisten. Die Beratungsstelle in Freilassing ist eine Außenstelle von Traunstein und setzt sich
zusammen aus der Leiterin Johanna
meister Josef Flatscher und seine Kollegen aus Anger und Teisendorf,
dankte Eichhorn für die Finanzierung
der Beratungsstelle. Das Geld kommt
vom Landkreis. Zwar sei dieser gesetzlich dazu verpflichtet, eine Konfliktberatungsstelle zu finanzieren,
„es kommt aber auch darauf an, wie
man das Geld hergibt“, meinte die
Landesvorsitzende und sprach vom
Wohlwollen der hiesigen Politiker.
Den Verein Donum Vitae gibt es
seit gut zehn Jahren. Er gründete sich
nach der Entscheidung des damaligen Papstes Johannes Paul II., dass
katholische Verbände keine Konfliktberatungsscheine mehr ausstellen
dürfen. So kommt es, dass viele ehemalige Berater der Caritas oder des
Sozialdienstes katholischer Frauen
(SkF) heute bei Donum Vitae arbei-
Das Team der Freilassinger Beratungsstelle (von links): Leiterin Johanna Pförtner, Beraterin Evi Kerknak, Christiane Gertzen von der Verwaltung und Beraterin
Inka Mathes. Fotos: S. Rosenberg
Pförtner, die in Traunstein und Freilassing tätig ist und hier auch Beratungen durchführt, den beiden Beraterinnen Evi Kerknak und Inka
Mathes sowie der für die Verwaltung
zuständigen Christiane Gertzen und
der Bevollmächtigten und Teamanwältin Beatrix Frank-Baur, die einmal
im Monat in Freilassing zum Thema
Familienrecht berät.
Den anwesenden lokalen Politikern, darunter Freilassings Bürger-
ten. Doch auch hier erfolgt die Beratung im christlich-katholischen Sinn,
wie Maria Eichhorn betonte. Schon
der Name Donum Vitae (lateinisch
für „Geschenk des Lebens“) spreche
dafür. An oberster Stelle stehe für die
Mitarbeiter, das ungeborene Leben zu
retten, dabei aber die Not, Ängste
und Sorgen der Mutter und ihres
Umfeldes ernst zu nehmen und zu
helfen. Erfreut zeigte sich Eichhorn,
dass es hier in der Region keinen
Die Landesvorsitzende von Donum Vitae in Bayern Maria Eichhorn (links) erhielt
von Bürgermeister Josef Flatscher (rechts) ein Buch über den Rupertiwinkel
überreicht. In der Mitte MdL a. D. Franz Xaver Werkstetter.
Zwist zwischen den kirchlichen Institutionen und den Stellen von Donum
Vitae gebe. Bei ihr zu Hause in Regensburg sei das leider anders. In 62
Orten in Bayern berate Donum Vitae
schwangere Frauen, 150 hauptamtliche Mitarbeiter seien beschäftigt. 95
Prozent der zuschussfähigen Kosten
bekomme Donum Vitae vom Staat,
„leider gibt es aber auch andere Kosten“. Mit rund 1,1 Millionen Euro
jährlich bezifferte Eichhorn diese.
Zwar könne man sie durch Spenden
ganz gut decken, „aber letztes Jahr
haben wir 80.000 Euro Miese gemacht.“
Bei der Beratung werde die Arbeit
mit Männern und Vätern immer
wichtiger, berichtete Eichhorn. Sie
kämen nicht mehr nur mit den Frauen mit, sondern suchten selbst Beratung. Denn auch für Männer können
sich bei ungewollten Schwangerschaften Krisen einstellen. Wenn sie
zum Beispiel der Frau zur Abtreibung
geraten haben und es danach bereuen
und mit der Situation nicht fertig
werden. Oder wenn die Frau das
Kind des Mannes abtreiben möchte,
der Vater das aber nicht will. Und
auch als Berater spielen Männer eine
immer wichtigere Rolle. Momentan
gibt es bei Donum Vitae in ganz Bayern nur fünf männliche Berater.
Damit es erst gar nicht zu einer ungewollten Schwangerschaft kommt,
sind Sexualpädagogen auch präventiv in den Schulen unterwegs. Auch
während der Pränataldiagnostik, also
den regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen vor der Geburt, steht Donum Vitae beratend zur Seite, wenn
zum Beispiel ein gesundheitliches
Problem bei dem Ungeborenen festgestellt wurde. Erfreut zeigte sich
Maria Eichhorn, dass das Schwangerschaftskonfliktgesetz Anfang des Jahres dahingehend geändert wurde,
dass der Arzt verpflichtet ist, in so einer Situation auf weiterführende Beratung zu verweisen und die Frau gegebenenfalls zu vermitteln. „Früher
wurde schnell mal abgetrieben und
hinterher stellte sich heraus, dass die
Behinderung beim Kind doch nicht so
gravierend gewesen wäre.“ Dies könne man durch die Gesetzesänderung
besser vermeiden. Im sogenannten
Moses-Projekt werden diejenigen
Schwangeren betreut, die sehr verzweifelt sind und eine anonyme Geburt wünschen. Durch das Projekt
wurde erreicht, dass sich über die
Hälfte der Mütter später doch dazu
entscheiden, ihr Kind anzunehmen.
Im anschließenden Gespräch mit
den Gästen informierten die Mitarbeiterinnen, dass im vergangenen
Jahr 759 Ratsuchende den Weg zu
den Stellen von Donum Vitae in
Traunstein und Freilassing gefunden
hätten. Über 1.000 Beratungsgespräche haben stattgefunden. Im Übrigen
wird auch „normale“ Schwangerenberatung durchgeführt, also jenseits
des Gedankens an Abtreibung. Bayernweit macht die Hilfestellung nach
der Geburt den größten Teil aus. In
Freilassing nimmt die Grenzgängerproblematik zu. Immer öfter arbeitet
zum Beispiel ein Elternteil in Österreich, und es tauchen Fragen auf wie
„Welches Land ist für das Kindergeld
zuständig?“ Die Altersgruppe der
Schwangeren reicht von 16 bis Mitte
40, den Großteil machen aber 30- bis
35-Jährige aus. Was den Beraterinnen
in Freilassing auffällt ist, dass die
Zahl der unverheirateten Paare, die
ein Kind bekommen, steigt.

Documentos relacionados