Zur Chronik der "Schlemm"

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Zur Chronik der "Schlemm"
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Chronik des Kohlberger Ortsteils Schlemm, seiner Kaolin- und Pegmatitgrube
Allen gewidmet, denen dieser romantische Fleck am Herzen liegt.
von Johann Müller Oktober 2013 ([email protected])
Zu Beginn muss ein herzliches „Vergelt's Gott“ an ein echtes 'Schlemmerer G'wachs', an Karl Prösl zu Papier gebracht werden! Nur durch sein jahrelanges, akribisches
Sammeln, Sortieren, Archivieren, Publizieren und Befragen von Zeitzeugen wurde es möglich, die folgende Zusammenschau von Geschichtsdaten zu erstellen. Ohne ihn
würde vieles davon wohl bald in Vergessenheit geraten. Bei einigen Dingen kann sich bereits jetzt niemand mehr an genaue Termine erinnern. Auch konnten sicher nicht
alle erhaltenswerten Geschehnisse in diese Sammlung einfließen, weil sie dem Verfasser nicht bekannt wurden.
Erstellt aus den Informationen der Zeitungsartikel: „Hundert Jahre wechselvolle Geschichte“, „Vertriebene fanden eine neue Bleibe“ (NT 22.8.1996/pr), und „Kaolinwerk
Kohlberg: ein kurzer Industrietraum“ (ON 09.10.1986) des ehemaligen Bürgermeisters Karl Prösl, der alle Angaben auch korrekturgelesen und fachlich ergänzt hat. Mit
eingeflossen sind von Prösl zur Verfügung gestellte Informationen aus „Betriebseinstellung Kaolinwerk“ (Oberpfälzer Kurier 18.10.1926) und „Das Kaolinwerk bei Kohlberg“ (aus „Die Oberpfalz“, S. 63, 1917). Auch die Angaben aus dem Kohlberger Gemeindearchiv, Standesamtsdokumente, Belege des Staatsarchivs Amberg, von der
Grundbuch AG Weiden sowie Konkursakten der Firma Lefmann, Weiden hat Prösl ermittelt.
Als Zeitzeugen standen zur Verfügung: Klara Wild, Anna Binder, Emilie Krämer, Josef List, Andreas Kraus, Hans Koppmann, Anna und Josef Peyerl, Michael und Karl
Prösl und weitere.
von – bis
Kennwort
Information
seit 1872
Tonerde geschürft
In dem 23 Hektar großen Waldstück, das der Ökonomensgattin Eva Müller aus Unterwildenau gehörte, begann eine neue Zeit. Sie gestattete der Firma Leithner & Wich die Ausbeutung „zur Gewinnung von Schlemmsand, zur Erzeugung von Porzellanerde und feuerfesten Steines“ auf ihrem Areal. Wann und wie sie zu den Kohlberger Besitzungen kam, konnte bisher nicht ermittelt werden.
ab 1879
Bohrversuche
Der Privatier Friedrich Döll aus Puschwitz in Böhmen erhielt von der Eigentümerin die Befugnis, bis zum 1. Mai 1881 „Schürf- und
Bohrversuche zur Gewinnung von Tonerde“ vorzunehmen. Die Ergebnisse waren wohl vielversprechend.
Ankauf
Friedrich Döll erwarb das Gelände als Eigentum. Weitere Angaben über die Zeit bis 1896 fehlen.
Kaolinförderung begann
Der aus Sachsen stammende Kaufmann Paul Nemmert errichtete ein Werk zur Gewinnung des für die Papier- und Pozellanherstellung benötigten Kaolins. Es wurden Wohnhaus mit Stall, Wagenschupfe, Kessel- und Maschinenhaus, Schlämmgrubengebäude,
Presshaus, Trockenofen, Magazin, sechs Trockenschupfen, Brenn- und Förderhaus und zwei Hochkamine errichtet.
Aus den von Hand gehauenen Rohsanden wurden in mehreren Waschgängen Kaolin ausgeschlämmt, die übrigbleibenden Quarzund Schlicksande zu Halden aufgeschüttet. Die ausgewaschenen flockigen Kaolinteilchen setzten sich in 12 Sinkkästen mit jeweils
etwa 15 Kubikmeter Fassungsvermögen im Schlemmgrubengebäude ab. Das Wasser wurde abgepresst und der feuchten Masse
im Trockenofen und auf Gestellen in den luftigen Trockenhallen noch die Restfeuchte entzogen. Die trockenen Kaolinplatten kamen
in gebröckeltem oder gemahlenem Zustand zum Versand. Über eine Feldbahn, die sog. „Rollbahn“ wurden sie zum Bahnhof Weiherhammer befördert. Dorthin liefen die Lorenwägen aufgrund des natürlichen Gefälles selbständig. Zurückgezogen wurden sie bis 1915
30.4.1880
1896
Betriebsablauf
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von Pferden. Für sie war im langgestreckten Nebengebäude nördlich des Verwalterhauses ein Stall eingerichtet. Er wurde Anfang der
1990 Jahre abgebrochen. Die notwendige Antriebsenergie für Aufzüge, Maschinen und später die Stromerzeugung lieferte eine
Dampfmaschine. Technischer Betriebsleiter war in diesen Anfangsjahren der Ingenieur Leo Pinkas.
1896
ab 1899
„Verwalterhaus“
Das ursprüngliche „Wohnhaus“ wurde später in „Verwalterhaus“ umbenannt. Während der aktiven Zeiten der Kaolingrube wohnten
dort der jeweilige Verwalter oder Direktor. Anfangs des 20. Jhd. war dies Ernst Zierach. Bei seinen Besuchen in Kohlberg auch der
Teileigentümer Max Schmidl (1900 – 1926). In der Lefmann-Zeit (1946 – 1949) wohnte hier Kurt F. Lefmann mit seiner Familie im ersten Stock, während im Erdgeschoß Büros untergebracht waren. Später fanden Flüchtlingsfamilien dort eine Bleibe. Das Gebäude
wurde Ende der 1990er Jahre von den Gebrüdern Heuberger teilweise renoviert, die Arbeiten dann jedoch eingestellt.
Karriolpost
Eine Pferdekutsche (im Winter ein Schlitten) erledigten ab 1899 die Beförderung von Post, Waren und Personen zwischen Etzenricht
und Kohlberg. Erster Fahrgast war der Gruben-Betriebsleiter Leo Pinkas.
'7. Febr. 1899 tödlicher Unfall
Ein mit Kaolinsand beladener Lorenwagen rollte gegen 16 Uhr auf den Gleisen Richtung Weiherhammer. Karl Braun (23jähriger Sohn
der Fuhrwerksbesitzer-Eheleute Michael und Theresia Braun von Beckendorf) stand als Bremser hinten auf dem Wagen. Etwa auf
halber Strecke, in der Waldabteilung „Spannerschlag“ hatte sich durch die Schneelast ein Baum quer über das Gleis gelegt. Trotz Notbremsung stürzte der Kaolinwaggon den Bahndamm hinunter und begrub Karl Braun unter sich. Angehörige setzten zur Erinnerung
daran das sog. Braun-Marterl an die Unglücksstelle. Es wurde 1987 von einem Nachkommen restauriert.
12. Juli 1900 Versteigerung
Bereits vier Jahre nach Beginn stand das Kaolinwerk erstmals zur Versteigerung an. Über den Wunsiedler Bankier Karl Schmidt erwarb der aus Wiskau bei Pilsen stammende Gutsbesitzer Max Schmidl das Werk. Er blieb bis zur ersten Schließung 1926 (Teil-) Eigentümer. Der leidenschaftliche Jäger weilte meist nur zu Kurzbesuchen in seiner Fabrik. Die Geschäfte führte Direktor Ernst Zierach.
Ihm zur Seite stand Georg Koppmann als Werkmeister.
16. Okt 1900 Kaufvertrag abgeschlossen
Grundbuch-Unterlagen belegen einen Kaufvertrag von Max Schmidl das Kaolinwerk „Schlämm“ betreffend. Verkäufer ist der Bankier
Carl Schmidt aus Wunsiedel, der das Werk am 12. 7. 1900 ersteigerte. Vorbesitzer war ein Paul Nemmert. Der Weidener Notar Rühl
beurkundete den Besitzerwechsel.
um 1900 (?) „Arbeiterhaus“ neu
In dem langgestreckten Gebäude am Weg nach Mantel wohnten die Familien der Stammarbeiter (Koppmann, Roth, List u. a.). Heute
gehört es Siegfried Dehn.
1902
22 Einwohner
1904 – 1906 Beschäftigtenzahl
1906
Teilverkauf
Laut der Feuerwehr-Festschrift von 1993 betrug die Einwohnerzahl des Ortsteils nur 22 Personen.
Stieg auf etwa 70 Arbeiter, davon 10 Frauen. Zeitweise wurden zusätzlich italienische Gastarbeiter angestellt.
Max Schmidl verkaufte je ein Drittel des Unternehmens an die Westböhmischen Caolin- und Chamottewerke in Prag und an die Firma
Döll & Cie. in Puschwitz in Böhmen. Das restliche Drittel behielt er selbst.
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27. 8.1913
Eifersuchtsdrama
10. Sep 1913 Pfarrers Klage
1. Weltkrieg
Babette, die 17jährige Tochter des aus Dürnast stammenden Werkmeisters Georg Koppmann wurde Opfer eines Eifersuchtsmordes.
Der 21-jährige Josef Winkler erschoss sie auf dem Werksgelände. Er wurde dafür vom Schwurgericht Amberg zu 12 Jahren Zuchthaus wegen Totschlags verurteilt. Einer der Brüder der Ermordeten, Hans Koppmann arbeitete bis 1926 im Werk als Schichtführer.
Er baute 1928/29 in der Artesgrüner Straße in Kohlberg ein Wohnhaus und ein Gebäude für die eigene mechanische Werkstatt, die er
bis in die 1950er Jahre erfolgreich betrieb.
Im Bericht über den Zustand der Pfarrei an den Bischof klagte der katholische Pfarrer Josef Heindl darüber, dass in der Kaolinfabrik
vielfach unsittliche Reden geführt und so die jüngeren Personen verdorben würden.
Zwangsarbeiter
Bis zu 16 Zwangsarbeiter (Kriegsgefangene ?) wurden zeitweise im Kaolinwerk beschäftigt.
E-Lok und zweite
Dampfmaschine
Den Transport der Lorenbahn übernahm eine kleine E-Lokomotive. Für die Antriebsenergie der Aufzüge, Maschinen und später den
Lichtstrom wurde eine zweite Dampfmaschine angeschafft. Dieses „Lokomobil“ aus der Lanz-Baureihe war so monströs, dass es mit
14 Pferden vom Etzenrichter Bahnhof angekarrt werden musste.
20er Jahre
zwei Schichten
Aufgrund der guten Nachfrage wurde die Grube in der Zeit im Schichtbetrieb ausgebeutet. Beinahe 200 Menschen verdienten ihr Brot
im Werk. Da sie dort höhere Löhne als bei den Bauern erhielten, sollen die Landwirte gemurrt haben: „Wenn's ner nimmer rauchert,
des Schläid'l“, soll ein Kohlberger Landwirt ('Unterer Wogner') einmal den zur Schicht gehenden Arbeitern zugerufen haben.
Ab 1926
Schwierigkeiten
Ob Absatzschwierigkeiten, mangelnde Expansionsmöglichkeit, überholte Produktionsmethoden oder geringer Kaolinanteil schuld waren, kann nicht mehr geklärt werden. Inhaber Schmidl drohte den Beschäftigten wegen Lohnforderungen mit der Werksschließung.
ab 1915
9. Okt. 1926 letzte Schicht
23. Dez. 1927 Schmidl verstorben
ab 1929
Terranova-Industrie
Das Kaolinwerk wurde an diesem Tag geschlossen. „D' Schlämm is schtöih bliebn“, sagten viel später noch die Anwohner. Betroffen
davon waren etwa 100 Arbeiter aus der Umgegend. Damit endete der erste Traum einer Dauerindustrie im Markt Kohlberg.
Der Werks(-mit-)besitzer Max Schmidl verstarb in Meran. Seine ihn beerbenden Neffen hatten an der Werksfortführung kein Interesse.
Ob die beiden anderen Gesellschafter zu dem Zeitpunkt noch mit am Unternehmen beteiligt waren, ist nicht bekannt.
Die Firma Terranova-Industrie C. A. Kapferer & Co. aus Freihung übernahm das Gelände samt den baulichen Anlagen. Sie sah sich
aber zur Werksfortführung in der Zeit der Weltwirtschaftskrise außerstande. Mit einem kleinen Arbeiterstamm wurde die Auflösung und
der Abverkauf der Vorräte abgewickelt. Terranova blieb bis 1989 Eigentümer des Grubenareals.
1929 – 1945 Schlemm verfällt
Das Gelände verfiel in einen Dornröschenschlaf. Die Grube wurde von Grundwasser überflutet, Bäumchen und Sträucher wuchsen
auf den Sandhalden, die Werksgebäude verfiellen allmählich. Der „Schlemmer-See“ wurde bis 1968 zum Baden und Angeln genutzt.
30. 7. 1931
Das Kaolinwerk Kohlberg wurde im Handelsregister gelöscht.
Löschung
31. Mai 1934 Waldbrand
In den Waldabteiungen „Bärenkreut“ und „Hahnenviertel“ entstand ein Brand, den die FFW Kohlberg mit löschte. Auf Anregung des
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Bezirksamtes wurde danach ein „Stosstrupp für Waldbrandbekämpfung“ aus S.A.- und Wehrmännern gebildet.
3. Febr. 1943 Karl Prösl geboren
Der spätere Kohlberger Bürgermeister (1990 bis 2008) erblickte im Verwalterhaus in der Schlemm das Licht der Welt. Er wuchs (bis
auf die Lefmann-Zeit 1946 – 49) auch als „Schlemmerer“ in dem Ortsteil auf.
1945 – 1948 Flüchtlingsnot
Nach Berichten ehemaliger Bewohner lebten zeitweise etwa 600 Menschen dicht aufeinander in dem Ortsteil. Mehr als in dem damals
auch von Flüchtlingen stark belegten Markt Kohlberg.
1945
Waffen entsorgt
Nach unbestätigten Gerüchten soll in der gefluteten Kaolingrube zum Ende des 2. Weltkriegs zurückgelassenes SS/NS-Kriegsmaterial von Einheimischen vor dem Einmarsch der US-Amerikaner entsorgt worden sein. Es wurde später nicht mehr gefunden.
Anfang 1946 Kurt F. Lefmann
Der aus Berlin gebürtige Kaufmann Lefmann übernahm das im Verfall begriffene Kaolinwerk um eine Holz- und Betonindustrie hier
aufzubauen. Mündlichen Berichten zufolge war er bereits vorher als Wehrmachtsoffizier im Ort. Er spezialisierte sich wegen der Wohnungsnot der Flüchtlinge auf den Bau von einfachen und kostengünstigen Wohngebäuden (z.T. aus Fertigteilen). Die Arbeitskräfte
holte sich Lefmann fast vollständig von den vielen Heimatvertriebenen im Markt.
Anfang 1946 Firmenname
Ob die Firmenbezeichnung: Bayerische Kaolinwerke GmbH schon aus dieser Zeit stammt, ist nicht bekannt.
ab 1946
man hilft sich
Viele der Flüchtlinge hatten kaum Kleidung und Essen, doch man half sich oft gegenseitig aus. Auch die Bürokratie der Besatzungszonen bereitete Probleme. Verwaltungsleute aus den Gemeinden der Vertriebenen (wie Josef Richter aus Pfraumberg in Böhmen)
verhalfen den Menschen zu neuen Papieren und bestätigten ehemalige Besitzverhältnisse.
1946
vier Baracken
Zur Unterbringung der Arbeiter ließ Lefmann kurzerhand vier Baracken rechts von dem Weg nach Mantel (auf einem der Gemeinde
gehörenden Grund) aufstellen. Zwei davon waren Doppelbaracken. Alle stammten aus einem Lager des Reichsarbeitsdienstes in
Vohenstrauß
1947
plus zwei Baracken
Links vom Weg nach Mantel errichtet. Es folgte andauernder Ärger mit Behörden und Ämtern wegen Zuzugsgenehmigungen, Bauerlaubnissen und so weiter. Das Leben der damaligen „Barackerer“ war keineswegs angenehm, nur zwei kleine Räume gab es pro
Familie. Oft lebten darin drei Generationen mit etlichen Kindern.
Vision Wohnsiedlung
Westlich der Fabrikanlage wollte Lehmann eine Wohnsiedlung mit Versorgungszentrum errichten. 3 Häuser davon wurden bezugsfertig, bei drei weiteren wurde nur noch das Kellergeschoß errichtet. Alles ebenfalls auf nicht Lefmann gehörendem Grund.
ab 1947
Anfang 1948 300 Arbeiter
1948
Sägewerk, Hallen,
fünf Musterhäuser
und Portierhaus
Die Firma bot in der Zeit vielen Menschen Arbeit und Brot. Wie hoch der Umsatz des Unternehmens damals war, ist nicht bekannt.
Zur Herstellung der Fertigteile der Häuschen war die Errichtung eines Sägewerkes erforderlich. Südöstlich des Werkes errichtete Lefmann fünf Musterhäuser in Schnellbauweise. Sie waren für je ein bis zwei Familien ausgelegt, allerdings auf engstem Wohnraum. So
fanden acht Familien ein Obdach. Diese Musterhäuser wurden inzwischen an- und umgebaut, sind aber immer noch bewohnt. Um-
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bauten an bestehenden Gebäuden, neue Produktionshallen und das Portierhaus (späteres Heuschmann-Anwesen) zeugen von regen
Aktivitäten in dieser Zeit.
1948
Um 1948
Sudetendeutsche
Landsmannschaft
und Parteien
Die Bewohner der Schlemm waren eine zusammengewürfelte Mischung aus vielen Herkunftsregionen. Stärkste Gruppe waren aber
die Sudetendeutschen. Sie gründeten 1948 die eigene Ortsgruppe der Landsmannschaft unter der Führung von Josef Bodem. Der
letzte Leiter vor ihrer Auflösung (nach 2000) war Otto Binder. Auch politisch engagierten sich viele der Schlemmer Neubürger, so wie
Josef Peyerl (SPD).
Musik und Tanz
Trotz schlechter Lebensumstände wurde in der Schlemm auch lustig gelebt. Die damals von Peter Prokosch geleitete Blaskapelle
„Egerland“ spielte bei Tanzveranstaltungen, Maibaumfeiern und Heimattreffen. Auch in die Nachbarorte (wie Artesgrün) ging die Jugend zu Tanz- und Theaterveranstaltungen. Viele beherrschten ein Instrument und „böhmische Musik“ erklang oft in den Baracken.
ab Juni 1948 Entlassungen
1948
Krügelstein Bürgermeister
Kurz nach der Währungsreform im Juni begannen die ersten Entlassungen. Im September zählte man nur noch 143 Beschäftigte, davon 128 Flüchtlinge.
Der damalige SPD-Vorsitzende Anton Krügelstein kandidierte bei der Neuwahl für den Bürgermeisterposten. Er bekam viele Stimmen
aus dem Ortsteil. Im Wahlkampf hingen dort viele Plakate mit dem Aufdruck: „Ob Schwarz, ob Rot, ob Groß, ob Klein – alles wählt
Anton Krügelstein!“ Er behielt das Bürgermeisteramt 19 Jahre bis zu seinem Tod am 26. 1. 1967.
Frühjahr 1949 Lebensmittelladen
Ruttloff
Karl-Heinz (er war offiziell nicht Mitinhaber) und Käthe Ruttloff eröffneten im hintersten der drei neuen Wohnhäuser ihr erstes Lebensmittelgeschäft zur Versorgung der etwa 300 Bewohner im Ortsteil Schlemm. Weitere Filialen folgten bald darauf in Kohlberg (vormals
Richthammer), Immenreuth, Kulmain, Stadt Kemnath und Amberg.
Frühjahr 1949 Konkurs beantragt
Wegen länger ausstehender Löhne beantragten die Arbeiter den Konkurs der Firma. Damit wurde das Ende der kurzen aber heftigen
Ära Lefmann eingeleitet. Viele Familien, die meist sehr beengt in den Baracken wohnten, standen schon wieder vor dem Nichts. Eine
veraltete Maschinerie, fehlende Grundstückskauf-Verträge, nicht zur Auszahlung gelangte Staatszuschüsse, die Währungsreform
1948 und auch ein aufwendiger Lebensstil Lefmanns (Auto mit Fahrer, Pferde, Frauen) waren wohl für die Pleite ausschlaggebend.
28. Juli 1949 Fußballverein SV
Kohlberg-Röthenbach
Die Gründung des Sportvereins Kohlberg war mit ein Verdienst der „Schlemmerer“. Ziemlich zeitgleich wurde in Röthenbach ebenfalls
ein Fußballverein gegründet. An der Fusion des SV Kohlberg mit dem ASV Röthenbach wirkten Flüchtlinge und Einheimische aus
Kohlberg, der Schlemm und Röthenbach mit. Allerdings stand kein geeigneter Sportplatz zur Verfügung. Der Baron von Grafenstein
stellte als Spielplatz eine Wiese neben der Rablmühle kostenlos zur Verfügung. Ein Holzschuppen diente als Umkleideraum für die
Mannschaften. So kam es zur Gründung des SV Kohlberg-Röthenbach. Der Sportverein besteht heute noch mit mehreren Sparten.
1949
Schlemm-Lied
Zitat: „Durch Anleitung von unserer unvergesslichen Schmidt Frieda ist dieses Lied 1949 entstanden. Aufgeschrieben im Dezember
1966 von Anna Binder“. In fünf Versen wird darin das Leben im Ortsteil aber auch die Sehnsucht nach der alten Heimat besungen. Ob
und wenn ja, nach welcher Melodie, ist nicht bekannt.
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Bereits 1949 Sägewerk Meier
Um 1950
Dieses wurde von Lefmann einige Jahre vorher errichtet und stand seit dem Konkurs still. Ludwig Meier aus Etzenricht übernahm die
Anlage in der Schlemm und machte sie zum rentablen Unternehmen. Zwei von Meiers Brüdern stiegen mit ein. Etliche Arbeiter wurden angestellt und konnten dort jahrelang arbeiten. Sein Sohn Hans übernahm 1985 nach Ludwig Meiers Tod das Unternehmen.
Wasserproblem
Seit der Barackenerrichtung war die Wasserversorgung mangelhaft. Die vier Brunnen (einer ist noch bei der OWV-Halle sichtbar)
reichten für die Personenzahl nicht aus. 1950 musste das Wasser in Trockenperioden zeitweise zugeteilt werden. Nur in abgekochtem Zustand war es trinkbar. In ihrer Not griffen die Bewohner zur Selbsthilfe und fassten die Quelle am „Brünnerl“ im Tal westlich der
Schlemm (heute auf Kreiner-Grund) als zusätzlichen Brunnen. Streitereien mit dem Grundeigentümer, der Gemeinde und Ämtern folgten. Zeitweise mussten die Bewohner ihr Wasser in Eimern sogar bis aus der Quelle am Viertelhof holen. Die Kleidung wurde mit
Wasser vom „Schlemmerer See“ (wie die geflutete Grube von den Flüchtlingen genannt wurde) gewaschen.
ab 1. 3. 1950 Perlmutterfabrik
Rudolf Heuschmann eröffnete in einer der Lefmann-Hallen eine Manufaktur zur Knopfherstellung. Im Januar 1952 waren dort 13 Männer und Frauen in Arbeit. Etwas später erstellte er beim Polierhaus ein Nebengebäude als kleine Knopffabrik. Die Arbeit war jedoch
nicht lange erfolgreich, das ganze Unternehmen wurde schon 1953 wieder eingestellt.
ab 1951
Umsiedelungen
Vor allem in der Porzellan-, Glas- und Textilindustrie in Weiden sowie im Hüttenwerk Weiherhammer fanden die Arbeiter aus dem
Ortsteil eine neue Beschäftigung. In den Aufbaujahren der 50er zogen viele dort hin und bauen sich ein neues Zuhause. Auch Umsiedlungen nach Rheinland-Pfalz, Oberbayern und Schwaben (z. B. Neu-Ulm) verringerten die Wohnungsnot der Flüchtlinge. Trotzdem
verblieben noch knapp 300 Personen in der Schlemm. Die Gemeinde Kohlberg verpasste ihre Chance, die Bewohner hier zu halten.
Kaum Bauland und keine Arbeitsplätze waren dafür ausschlaggebend.
ab 1951
Firmengründungen
Trotz vieler Wegzüge fassten auch eine Reihe von Familien im Ortsteil oder auch im Markt selbst Fuß und bauten sich hier eine neue
Existenz auf. Zu nennen sind da neben der Familie Ruttloff der Steinmetzbetrieb von Josef Roith, der Kohlberger Gemischtwarenladen
von Josef Wudy sen. und der Lebensmittelhandel nach Weiden den Walter Behrend betrieb.
19. Sept. 53 Lagerhalle abgebrannt
Die Freiwillige Feuerwehr Kohlberg löschte beim Brand der Lagerhalle (im Volksmund „Zeppelin“ genannt). Das Gebäude war danach
aber nur noch eine Ruine. Zu Lefmann-Zeiten wurden darin die Lkw des Betriebes untergestellt. Das Obergeschoß des „Zeppelin“
diente in den Nachkriegsjahren Flüchtlingsfamilien als erste Bleibe. Der große Raum war dazu nur mit Decken und Planen abgeteilt.
1954 bis 1960 Sandabfuhren
nach Hirschau
Die südlich des Werkes gelagerte Schlicksandhalde wurde mit Lkws nach Hirschau verbracht und im dortigen AKW verarbeitet. Nur
mit Ausnahme der Wintermonate fuhren fast im Stundentakt Lkws mit Anhängern von der Schlemm aus durch Kohlberg. Im Sommer
zogen lange Staubfahnen hinter den flott durch den Ort brausenden Gespannen her.
50/60er Jahre Hausbauten
Mehrere Schlemmerer konnten durch ihren Fleiß ein eigenes Haus planen und bauen. Auf Gemeindegründen, meist Ödland neben
Straßen und Wegen und auf Kirchengrund (den die kath. Kirche den Bauwilligen mittels Erbbauverträgen überließ) erfolgte die sukzessive Bebauung westlich der Staatsstraße nach Weiden (beginnend am Eichelbach bis zur sog. Schlemmlinde auf der Anhöhe der
Manteler Straße). Das spätere Baugebiet „Im Renner“ nahm so seinen Anfang.
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Ab Mai 1954 Gaststätte Heuschbis 1967
mann
Die Familie Heuschmann eröffnete im ehemaligen Portiershaus des Grubengeländes an der Manteler Straße eine Gaststätte. Ehefrau
Elli Heuschmann führte den Betrieb. Die kleine Gaststube mit dem Kachelofen wurde zum gut frequentierten Lokal für Ortsansässige,
Wanderer, Arbeiter des Sägewerks, Badegäste und Nachtschwärmer.
30. Mai 1959 Wasserleitung
Der Marktgemeinderat beschloss, die Wasserleitung über die Siedlung „Im Renner“ bis zur Schlemm auszuweiten. Umgesetzt wurde
der Beschluss um 1962/63, da die Bewohner der damals in der Manteler Straße neu gebauten Häuser in den ersten Jahren ihren
Wasserbedarf noch in Fässern aus dem Markt Kohlberg holen mussten. Zur Entsorgung der Abwässer betreiben die Bewohner der
Schlemm bis heute eigene Klein-Kläranlagen.
26. Juli 1959 Tod im See
Der 19-jährige Josef Häring aus Kohlberg ertrank im Schlemmweiher. Er konnte nicht schwimmen und es gab tiefe Stellen im Wasser.
Ende 1950er - Paul Schubert-Zeit
1960er Jahre Sandabfuhren
60er Jahre
Ärger am „See“
Anfang 60er Teerstraße in die
Schlemm
Der Fuhrunternehmer aus Mantel karrte jahrelang Quarzsand zur Firma Terranova (Grubeneigentümerin) nach Freihung. Das Material war früher beiderseits der Abbaugrube als nicht verwertbares Überbleibsel einfach auf Halde geschüttet worden. Die von Lefmann
begonnene Verwendung als Hausbaumaterial für seine Fertighausteile unterblieb bald aufgrund des Firmenkonkurses. Terranova verarbeitete den Sand zu Edelputz-Sorten. Bis Ende der 1960er Jahre verschwand so die westliche Quarzsandhalde. Vom Bergamt
Bayreuth vorgeschriebene Renaturierungsmaßnahmen auf dem Gelände wurden von keinem der bisherigen Besitzer auch nur in Ansätzen realisiert. Jeder hat das Areal im wahrsten Sinne immer nur ausgebeutet.
Während der Woche Sandabfuhren durch die Firma Schubert und an sonnigen Sommerwochenden reger Badebetrieb auf dem Grubengelände brachte Streitereien mit und Platzverweise durch Pächter Paul Schubert. Die sich ja eigentlich verbotenerweise am „See“
aufhaltenden Badegäste (Warnhinweise: „Bergbaugelände, Betreten verboten“) wehrten sich mit Sachbeschädigungen an Maschinen.
Das windgeschützte Areal mit dem lindgrünen warmen Gewässer lockte oft hunderte Badegäste an. Auch die nahegelegene Gaststätte Heuschmann profitierte von den Sonnenhungrigen.
Der Sägewerksbesitzer Ludwig Meier wollte sich mit Kohlberger Stimmen seinen Sitz im Kreistag erhalten und förderte mit seinem
Einfluss vor der Neuwahl den Ausbau des schlechten Weges zur guten Schotterstraße. 1966 erhielt diese auch eine Teerdecke.
bis 1962
Wasserleitung
Der Ortsteil Schlemm wurde an die kommunale Wasserversorgung angeschlossen.
ab 1962
Barackenauflösung
Bis Mitte der 60er Jahre wurde das Barackenlager unter dem Druck der Behörden aufgelöst. Lediglich eine der damaligen Behausungen blieb erhalten. Sie dient heute dem Heimatverein OWV als Festhalle. Stehen blieb auch noch das Gemeinschafts-Toilettenhäuschen der westseitigen Baracken. An ihm kann man noch das Bauprinzip der geplanten Lefmann-Häuser erkennen.
1967 – 1973 Wirtshaus verpachtet
1968
Jauche im See und
Umweltauflagen
Die Familie Heuschmann verpachtete in der Zeit ihre Gaststätte an die Familie Leonhard und Gerlinde Pöll. Das Geschäft florierte gut.
Ab 1973 übernahmt wieder Elli Heuschmann und führte zusammen mit Schwiegertochter Elisabeth den Betrieb bis ca. 1980 weiter .
Der Badebetrieb endete jäh, als jemand größere Mengen Jauche in den See einließ. Dieser Umweltfrevel wurde nie gesühnt. Laut einer gut informierten Person existierte bereits vor der Zeit der Firma Heuberger (ab 1989) ein landschaftspflegerischer Begleitplan für
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die Renaturierung des Grubengeländes. Demnach sollte erst nach der kompletten Ausbeutung des Areals die Grube geflutet werden
und dann Renaturierungsmaßnahmen anlaufen. Groben Schätzungen zufolge wären dafür um das Jahr 2000 rund 150.000 DM erforderlich gewesen.
15. 8. 1970
erstes OWV-Waldfest in der Schlemm
zw. 1972 – 90 „Schlämm“
Anfang 80er „Nudistenparadies“
1980 / 81
4. Juli 1981
Der Festbetrieb auf dem Gemeindegelände war für den örtlichen OWV sehr lukrativ. Anfangs wurde immer drei Tage lang gefeiert, gute Kapellen sorgten für Stimmung. Der OWV-Vorsitzende (Revierförster Anton Grätz) mit Gattin Helene waren die Seele der Feste.
Unter dem späteren OWV-Vorsitzenden Hans Bock wurde der erste Sonntag im Juli als fester Termin für das Waldfest eingeführt. Es
wird derzeit nur noch am Sonntag gefeiert.
In der Bürgermeisterzeit von Alfred Krauß verlangten staatliche Stellen, dass der Ortsteil rechtschreibungskorrekt als „Schlämm“ in
den Unterlagen verwendet werden sollte. Durch die Intervention des Gemeindeoberhauptes blieb die bekannte Schreibweise erhalten.
Badelustige tummelten sich im Sommer wieder in der sandigen Senke mit dem mildgrünen Seewasser. Die Schlemm wurde zum Ärgernis der rund 40 Anwohner zunehmend zum FKK-Gelände mit Dutzenden geparkter Pkws an warmen Wochenenden.
Heuschmann verkauften
Reinhold und Elisabeth Heuschmann, veräußerten die Gaststätte und bauten sich in Etzenricht ein Wohn- und Geschäftshaus für ihr
Standbein, den Fleischwarenvertrieb. Käufer war ein Herr Heribert Kick aus Michldorf bei Leuchtenberg.
Holzhauerkreuz
Gedenkstein, neues Holzkreuz, Bank und kleine Freifläche für die in den Weltkriegen gefallenen Waldarbeiter neu an der markanten
Wegekreuzung in einer ökumenischen Feier eingeweiht. Das alte Kreuz am gleichen Platz beim Sulzweiher war im Laufe der Jahre
morsch geworden. Den großen Findling transportierten etliche Waldarbeiter mühsam aus dem Bereich Heißing (hinter Röthenbach)
zum jetzigen Standort.
31. Juli 1982 Badegast tot
Ein 29-jähriger Badegast aus Etzenricht ertrank an dem Sonntag im Schlemmer See.
4. Aug. 1982 Sägewerksbrand
Einen Schaden von einer halben Million Mark richtete in den Abendstunden ein Brand im Sägewerk (entstanden im Sägemehlsilo?) an.
Sechs Wehren bekämpften ihn. Trotzdem wurden Werkshalle, Sägegatter und weiteres Gerät ein Raub der Flammen.
ab. 15. Aug. OWV-Hallenausbau
1984
Die Marktgemeinde Kohlberg überließ die letzte noch stehende Baracke dem Heimatverein als Festhalle. Zeitdauer: 30 Jahre. Unter
der Leitung von Revierförster Anton Grätz als Vorstand erfolgten sofort umfangreiche Renovierungsmaßnahmen (Betonboden neu,
Zwischenwände wurden entfernt, das Dach mit Eternitplatten gedeckt und der Küchenbereich mit Abstellraum angebaut). Bis 1985
wurden 2100 freiwillige Arbeitsstunden erbracht. Gebäudewert anschließend: ca. 40.000 DM.
10. Dez 1984 Pachtvertrag
Der OWV erhielt von der Kommune die Halle und das Gelände als Festplatz. Kein Pachtzins. Laufzeit des Vertrages: bis 31.12.2015.
1985
Ludwig Meier stirbt
5. - 7. 7. 1985 Hallen-Einweihung
Nach dem Tod von Ludwig Meier übernahm das Sägewerk sein Sohn Hans. Etliche Männer und Frauen wurden lange dort beschäftigt.
Im Rahmen einer ökumenischen Feier am Sonntag wurde die renovierte Baracke an den OWV übergeben. Seitdem kümmerten sich
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Mitglieder des OWV unentgeltlich in vielen tausend Arbeitsstunden um die Halle, das sie umgebende Festhallengelände und den Parkstreifen auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Am Spielplatzbereich wurde kurz danach eine kleine Hütte für den Süßwarenverkauf bei Waldfesten errichtet. Sie dient heute als Geräteraum. Anton Grätz übergab bald darauf den OWV-Vorsitz an seine Frau Helene. Die Granitsteine am Halleneingang und der Findling an der Nord-Westseite wurden von Hans Bock und Hans Hausner aus dem
Flosser Gebiet für den OWV besorgt. Den Gedenkstein an der südlichen Geländegrenze fertigte der Steinmetzbetrieb Roith.
16. Juli 1985 Blitz in Linde
3. - 5. Juli
1985
25-jähriges OWVJubiläum gefeiert
Die 1806 zur Gründung des Königreiches Bayern gepflanzte Linde an der Straße zur Schlemm hielt einem Gewittersturm nicht mehr
stand und zerbarst. Das an ihr angebrachte Feldkreuz wurde am 26. 11. 1987 wieder errichtet und der Baumstumpf mit einer Steinplatte als Tisch gestaltet sowie eine neue Linde als Ersatz neben den ehemaligen Baum von OWV-Mitgliedern gepflanzt.
Auf dem Festplatz mit einem Festzug am Sonntag gefeiert. Es spielte die Etzenrichter Jugendblaskapelle und Vitus-Bauer aus
Schnaittenbach. Schirmherren waren Landrat Anton Binner und Bürgermeister Alfred Krauß. Ehrengast: Hauptvereinsvorsitzender
Dr. Helmut Leupold. Auch das 30-jährige Jubiläum (am 4. / 5. 7. 1992), das 40-jährige (am 5. / 7. 7. 2002) und das 50-jährige Jubiläum
(am 30. 6. bis 1. 7. 2012) wurden auf dem Gelände feierlich begangen.
Mitte der 80er Wirtshaus wurde
Jahre
„Hexenhäusl“
Der Name passte für einige Jahre für die vorherige Gaststätte Heuschmann. Pächter Lothar Kraus aus Leuchtenberg brachte mit seinem „Etablissement“ einen Hauch von Rotlicht-Milieu in den verschlafenen Ortsteil. Aber auch diese Zeiterscheinung ging bald vorbei.
31. Aug 1989 Gebr. Heuberger
übernahmen
Mit der sonst üblichen Ruhe war es vorbei, als die Brüder Erwin und Manfred Heuberger aus Seugast (Gemeinde Freihung) das 31,2
Hektar große Areal per Kaufvertrag von der Terranova-Industrie Freihung übernahmen. Es bestand aus dem Grubengelände, mehreren Wohnhäusern, leerstehenden, teils verfallenen alten Fabrikhallen sowie Wald- und Weiherflächen bis zur Einöde Schlachtlohe.
Sie rodeten großflächig den Kiefernwald, vergrößerten das Abbaugelände in Richtung Osten damit um das Mehrfache. Wo bisher Pilzund Beerensammler unterwegs waren, röhrten nun jahrelang schwere Bulldozer und Transportfahrzeuge. Das Betreten des Geländes
wurde von den neuen Eigentümern rigoros unterbunden. Der früher östlich des alten Grubengeländes verlaufende sogenannte „Hochofnerweg“ in Richtung Hohe Warte („Houcherwartt“) wurde von ihnen gekappt, er wäre nun mitten durch das Abbaugelände verlaufen.
Die nördliche Geländegrenze veränderten die neuen Besitzer zu einem lebensgefährlichen Steilhang. Bei Naturschutzangelegenheiten
wurden schnell „vollendete Tatsachen“ geschaffen und wertvolle Biotope zerstört (so wie in den östlich gelegenen Moorweihern mit
schützenswerten nacheiszeitlichen Spirken-Relikten). Beschwerden über Lärm- und Staubbelästigungen hatten keinen Erfolg, da das
Areal als Bergbaugelände vom Bergamt Bayreuth geschützt wurde. Verordnete Umweltschutz- und Renaturierungsmaßnahmen unterließen auch diese neuen Eigentümer. Das Grubengelände verwandelte sich innerhalb weniger Jahre zur Mondlandschaft. Die Gemeinde Kohlberg versuchte das Geschehen im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas zu steuern, so mussten die Inhaber eine separate
Zufahrt zum Gelände mit einem bepflanzten Schutzwall errichten. Die Ladungen der jahrelangen Lkw-Abtransporte wurden zum Teil
für den Autobahnneubau gebraucht. Die Bewohner der kleinen ehemaligen Musterhäuser wurden von einem der Eigentümer massiv
bedrängt, von da wegzuziehen.
1989
Wirtshaus-Ankauf
Hans Frank und Manfred Senftleben aus Weiden erwarben von Heribert Kick aus Micheldorf das Gaststättenareal mit den Nebengebäuden und dem großem Garten. Mehrere ihrer Pächter versuchten 1989 / 90 kurz hintereinander vergeblich, das Lokal als Pilskneipe
zu betreiben. Deshalb wurde das vorherige „Hexenhäusl“ von den Eigentümern etwas später zur sehr solide geführten Speisegast-
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stätte „Oma's Kuchl“ umgewandelt. Das Konzept funktionierte, auch als Jugendtreff am Abend war das Lokal erfolgreich. Sogar ein
eigenes „Kuchl-Lied“ wurde damals getextet.
April 1992
OWV-Wechsel
Helene Grätz übergab den OWV-Vorsitz an Hans Bock. Er ist bis heute für das Festhallengelände verantwortlich.
1991 – 1996 „Oma's Kuchl“ wird
Wohnhaus.
Hundeszucht
Neben ihrem jeweiligen Hauptberuf betrieben Frank und Senftleben in der Zeitspanne noch ihre kleine Gaststätte. Meist mit Erzeugnissen aus eigenem biologischen Anbau verwöhnten sie die Gäste. Beruflich bedingt mussten sie das Lokal 1996 endgültig schließen.
Gaststätte und Nebengebäude wurden zu Wohnungen umgebaut. Frank und Senftleben und betreiben als Hobby ihre Hundezucht.
Auch die ebenfalls mehrmals preisgekrönten Dackel aus der Zucht der Familie Heinrichsberger sind für den Ortsteil zu erwähnen.
24./25. 8. 96 1. Schlemmfest
Aus Anlass des Entstehens des Kaolinwerkes vor 100 Jahren und der Errichtung des Flüchtlingslagers vor 50 Jahren wurde auf Initiative von Karl Prösl (mit Josef Peyerl und Otto Binder an führender Stelle sowie weiteren Helfern) ein großes Heimat- und Wiedersehensfest organisiert. Viele ehemalige Bewohner reisten dazu von weit her an und feierten fröhlich auf dem OWV-Gelände das erste
Schlemmfest. Der Austausch von Erinnerungen hatte dabei natürlich Vorrang. Man sprach noch Jahre später sehr begeistert davon.
9. Nov 1996 Sanitär-Anbau
Die Arbeiten für den OWV-Hütten-Sanitär-Anbau und das Versammlungszimmer begannen. Leitung: OWV-Vorstand Hans Bock.
Auch der Spielplatz am südlichen Festplatzende wurde neu gestaltet.
1998
Besitzerwechsel im
Sägewerk Meier
Hans Meier musste aufhören, weil die Umsätze wegbrachen. Das Sägewerk wurde ab 1998 von Dieter Schadl aus Seugast noch für
einige Jahre weitergeführt, bis auch er aufgab. Nachfolger auf dem Gelände wurde ab 2001 die Getränkehandlung Ruttloff .
2002
Heuberger-Schluss
Bereits vor dem überraschenden Tod von Erwin Heuberger (2004) begann ein weiteres Kapitel der Geschichte des Kaolinwerks. Das
Grubengelände wurde von der Familie Heuberger an die neu gegründete Firma Kaolin-Werke-Kohlberg GmbH veräußert. Davon ausgenommen wurde das Grundstück Nr. 1954/17 mit dem teilrenovierten Verwalterhaus, weiteren Gebäuderuinen und einer stattlichen
Ödlandfläche. Es gehört weiterhin den Heubergers.
30. Aug 2002 Kaolin-Werke Kohlberg GmbH
Gründungsgesellschafter der Kaolin-Werke-Kohlberg GmbH waren Herr Georg Carlejan (gleichzeitig Geschäftsführer), Frau Gertrud
Sperber (Gattin des Inhabers einer Landschaftsgartenbaufirma in Sulzbach-Rosenberg) und Frau Helga Wendl (Gattin von Rechtsanwalt und Steuerberater Wolfgang Peter Wendl in Sulzbach-Rosenberg). Postanschrift war anfänglich das Rathaus Kohlberg, obwohl
der Markt da gar nicht mit beteiligt war. In der Grube arbeiteten neben einem Herrn Heuberger (nicht mit den früheren Besitzern verwandt) zwei weitere Mitarbeiter. Nach Umsätzen durch Aufbereitung und Materialabfuhren kehrte 2006 wieder Stille auf dem Areal ein.
ab Sept. 2002 Getränkelager
Ulrich Ruttloff übernahm zusammen mit seinem Sohn Joachim 2001 das Gelände des ehemaligen Sägewerks Meier. Sie bauten es
um und errichteten dort ein Getränke-Auslieferungslager für ihr Unternehmen.
2006
Grubenschluss
Seit 2006 ruht der Pegmatitsand-Abbaubetrieb. Die noch aus Heuberger-Zeiten stammenden alten Lkws, Maschinen, Bagger, Lader,
Förderbänder und weiteres Material rosten seitdem im Grubenbereich vor sich hin. Sie stehen teils im Eigentum der Kaolin-WerkeKohlberg GmbH, teils im Eigentum der Firma Heuberger.
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12.Juni 2005 erstes Räuberfestl
Die 2003 gegründete OWV-Laienspielgruppe „Kohlberger Räuber“ veranstaltete auf dem Festgelände ihr erstes Räuberfestl. Den etwa 250 Besuchern wurde am Nachmittag das Theaterstück „Kaiser Karl IV. in Kohlbergs Wäldern“ gezeigt.
19. Juli 2011 Versteigerung geplatzt
Knapp 2 Stunden vor dem angesetzten Versteigerungstermin wurde das Bieterverfahren gestoppt. Für die etwas über 32 Hektar große
Abbaufläche der Kaolin-Werke-Kohlberg GmbH hatte sich wohl ein Geldgeber gefunden. 16 Positionen mit einem (angegebenen) Verkehrswert von insgesamt 522.300,- € sollten unter den Hammer kommen. Gläubiger war dem Vernehmen nach eine Bank.
2011 / 2012
Alles, was noch Geld bringen konnte, wurde von der Kaolin-Werke-Kohlberg GmbH zu Geld gemacht. So wurden auch noch schnell
größere Waldstücke mit altem Baumbestand komplett abgeräumt und das Gelände dann sich selbst überlassen.
Abholzungen
30. Juni 2012 50jähriges OWV/ 1. Juli 2012 Jubiläum
Kommersabend mit Ehrungen am Samstag. Sonntag: ökumenische Andacht, Einweihung des OWV-Gedenksteins für die verstorbenen Mitglieder des Heimatvereins an der neu so benannten „Grätz-Anlage“. Die großen Granit-Findlinge stiftete Vorstand Hans Bock.
Festbetrieb vom Frühschoppen bis zum Abend mit der Etzenrichter Blaskapelle.
29. Jan 2013 Wieder nicht versteigert
Erneute Ankündigung, dass das Grubengelände versteigert werden sollte (gleiche Positionen, gleicher Verkehrswert wie 2011). Einen
Tag vor dem Termin ging jedoch beim Amtsgericht Weiden wieder ein Verfahrensantrag auf Einstellung ein.
Februar 2013 Neue Eigentümer
für das Areal
Verkauf der Schlemm-Grundstücke durch die Kaolin-Werke-Kohlberg GmbH an die GBW Immobilien UG & Co. KG mit dem Sitz in
Sulzbach-Rosenberg. Gründungs-Kommanditisten sind laut Handelsregister Frau Silvia Godelmann (Betonwerk Godelmann in Fensterbach), Herr Dr. Harald Prießnitz, Frau Marina Carlejan und (die inzwischen verstorbene) Frau Helga Wendl. Geschäftsführerin der
GBW Immobilien UG & Co. KG ist die SP Immobilien Verwaltungs UG mit Sitz in Sulzbach-Rosenberg. Vertreten durch deren Geschäftsführer Bernhard Godelmann und Norbert Gesell. Es ist geplant, den Abbaubetrieb neu aufzunehmen, wobei derzeit noch nicht
feststeht, ob dies durch die Eigentümerin selbst oder einen Pächter erfolgt.
bis heute
Schlemmerer
In den über 110 Jahren seitdem der Grubenbetrieb anlief, wohnten in dem Ortsteil wohl etliche tausend Menschen mehr oder weniger
lange. Sie kamen aus vielen unterschiedlichen Gegenden, vor allem aber als Vertriebene aus den Ostgebieten. Manche blieben hier
und sahen „die Schlemm“ bald als ihre zweite Heimat. Bei etlichen Beerdigungen wird aber auch heute noch - als letzter Gruß an ihre
erste Heimat – das Böhmerwaldlied gespielt: „Tief drin im Böhmerwald, da ist mein Heimatort ...“.
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