BUPROPION ( ELONTRIL) BEI DEPRESSION - Arznei

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BUPROPION ( ELONTRIL) BEI DEPRESSION - Arznei
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a r z n e i - t e l e g r a m m 2007; Jg. 38, Nr. 5
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
Amitriptylin:
SAROTEN
(A, CH)
samtkontext der klinischen Anwendungsfolgen bewertet
werden, die mangels kontrollierter Langzeitstudien mit
klinischen Endpunkten nicht bekannt sind.
Wir sehen beim derzeitigen Kenntnisstand keine Indikation für das teure Mittel.
(R = randomisierte Studien)
Bupropion,
als Antidepressivum:
WELLBUTRIN
(A)
Bupropion,
als Raucherentwöhnungsmittel:
ZYBAN
(A, CH)
Citalopram:
SEROPRAM
(A, CH)
Valproinsäure:
CONVULEX
(A, CH)
R
R
R
R
R
1 Lilly: Fachinformation BYETTA, Stand Nov. 2006
2 MSD: Fachinformation JANUVIA, Stand März 2007
3 FDA/CDER: Medical Review Exenatide, Stand 29. März 2005;
http://www.fda.gov/cder/foi/nda/2005/021773_Byetta_medr.PDF
4 EMEA: Europäischer Beurteilungsbericht (EPAR) BYETTA, Stand 12.
Dez. 2006; zu finden unter
http://www.emea.eu.int/htms/human/epar/b.htm
5 Amylin Pharmaceuticals/Eli Lilly & Company: USA-amerikanische Produktinformation BYETTA, Stand Febr. 2007
6 DE FRONZO, R.A. et al.: Diabetes Care 2005; 28: 1092-100
7 BUSE, J.B. et al.: Diabetes Care 2004; 27: 2628-35
8 KENDALL, D.M. et al.: Diabetes Care 2005; 28: 1083-91
9 HEINE, R.J. et al.: Ann. Intern. Med. 2005; 143: 559-69
10 NAUCK, M.A. et al.: Diabetologia 2007; 50: 259-67
BUPROPION (WELONTRIL) BEI DEPRESSION
In den USA werden Amphetamine – trotz unbefriedigender Datenlage – traditionell off label auch zur Behandlung depressiver Patienten verwendet. Das dort seit 20 Jahren als Antidepressivum zugelassene amphetaminartige Bupropion
(WELLBUTRIN) diente hierzulande bislang nur als Raucherentwöhnungsmittel (ZYBAN, a-t 2000; 31: 59-60). Seit
April 2007 ist es unter der Bezeichnung WELONTRIL auch
in Deutschland zur Behandlung depressiver Episoden auf dem
Markt. Bupropion (= Amfebutamon) unterscheidet sich chemisch von allen anderen Antidepressiva, ähnelt jedoch dem
Appetithemmer Amfepramon (TENUATE u.a.) und wurde
auch zur Behandlung von Übergewicht erforscht.
EIGENSCHAFTEN: Der genaue Wirkmechanismus ist unbekannt.
Bupropion ist ein schwacher Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer.1 In klinisch relevanten Dosierungen blockiert es nur
22% bis 26% der Bindungsstellen des Dopamintransporters.2 In
Deutschland ist das Antidepressivum in retardierter Zubereitung (XL)
für die einmal tägliche Einnahme von 150 mg oder 300 mg zugelassen.
In einer Studie3 mit der als bioäquivalent eingestuften zweimal täglich
anzuwendenden SR-Zubereitung schneiden beide Dosierungen gleich
ab. Eine optimale Dosis lässt sich in Studien nicht ermitteln.4
Bupropion wird vor allem über CYP 2B6 zum aktiven Hauptmetaboliten verstoffwechselt, hemmt aber CYP 2D6, das unter anderem für
den Abbau zahlreicher Antidepressiva und Antipsychotika relevant ist.
Vorsicht ist auch bei Kombination mit Valproat (ORFIRIL u.a.) geboten, das die Metabolisierung von Bupropion hemmen kann.1,4
KLINISCHE WIRKSAMKEIT: Lediglich eine 52-wöchige
zulassungsrelevante Studie5,6 gegen Plazebo ist veröffentlicht.
Nur Teilnehmer, die auf acht Wochen offen eingenommenes
Bupropion angesprochen haben, werden anschließend zweimal täglich 150 mg Bupropion SR, einer hierzulande nicht
zugelassenen Retardform, oder Plazebo randomisiert zugeteilt. Gerade einmal 12% (103 von 828) beenden die Studie.
Für Plazebo wird eine Rückfallrate von 52% errechnet, unter
Bupropion von 37%.5,6 Da nur Bupropion-Responder eingeschlossen werden, das Absetzdesign Plazeboanwender benachteiligt und zudem ungefähr ein Drittel der Teilnehmer
unter Plazebo (32%) und Bupropion (36%) „verloren gehen”, ihr Einverständnis widerrufen etc. und offenbar nicht
nachbeobachtet werden,7 ist das Ergebnis nicht aussagefähig.
Von drei weiteren zulassungsrelevanten Studien8,9, die
jedoch nicht publiziert sind, fallen zwei im prädefinierten primären Endpunkt negativ aus. Dies entspricht der für Antidepressiva üblichen Situation: Um genügend Positivstudien für
die Zulassung zu erhalten, muss ein Mehrfaches an Studien
durchgeführt werden (a-t 2005; 36: 45-6).
STÖRWIRKUNGEN: Ähnlich wie trizyklische Antidepressiva verursacht Bupropion häufig Mundtrockenheit
(17%), Verstopfung (10%) und Sehstörungen (3%).1 Auch
gestörte Miktion und Blutdruckanstieg sind beschrieben.
Ähnlich wie bei selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) muss mit gastrointestinalen Beschwerden wie
Übelkeit (13%) und mit psychischen Störwirkungen wie Agi-
tation (3%, bis 12 %),10 „zentralnervöser Stimulierung”
(2%), Angst (5%) und Schlafstörungen (11%) gerechnet
werden.1 Kopfschmerzen betreffen 26%, Tinnitus immerhin
6%.1 Typisch für amphetaminartige Stoffe ist Gewichtsverlust: 14% der Teilnehmer in Studien zur Depressionsbehandlung verlieren mehr als 2 kg.1 Jeder zehnte Bupropionanwender bricht die Therapie wegen Störwirkungen ab, 2% wegen
Hautausschlag.1
Nach älteren mangelhaften Studien12-16 (überwiegend mit
nicht validierter Erfassung) und neueren, ebenfalls firmengesponserten Publikationen14,15 soll Bupropion Sexualfunktionen weniger beeinträchtigen als SSRI. Dagegen liegt das Risiko von Krampfanfällen bei der täglichen Einnahme von bis zu
450 mg der nicht retardierten Zubereitung mit 0,4% bis zum
Vierfachen über dem anderer Antidepressiva.1 Bereits bei Dosierungen zwischen 450 mg und 600 mg pro Tag, beispielsweise wenn Patienten eine vergessene Dosis nachholen, steigt
die Inzidenz von Krampfanfällen fast auf das Zehnfache.1 Eine mit der SR-Zubereitung (bis 300 mg pro Tag) errechnete
Krampfanfallinzidenz von 0,1% (3 von 3.094) erscheint uns
nicht aussagekräftig, da aufgrund von Ausschlusskriterien
mindestens drei weitere Anwender mit Krampfanfällen nicht
berücksichtigt werden.16
Suizidales Verhalten ist in einer firmeneigenen Auswertung bei depressiven Patienten unter Bupropion numerisch
häufiger als unter Plazebo und Vergleichspräparaten wie
SSRI (7 von 3.179 vs. 2 von 2.310, 7 von 1.310 vs. 3 von
1.266).17
KOSTEN: Bezogen auf eine Tagesdosis von 150 mg kostet Bupropion (ELONTRIL) mit monatlich 39 & etwa gleich
viel wie das Citalopram-Original CIPRAMIL (42 &, bei 20
mg/Tag), aber dreimal so viel wie ein Citalopram-Generikum
(z.B. CITALOPRAM TAD: 13 &) und ungefähr doppelt so
viel wie Amitriptylin (AMITRIPTYLIN DURA: 17 &, SAROTEN: 18 &, bei zweimal 75 mg/Tag).
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111
BUPROPION IM KOSTENVERGLEICH (&)
Bupropion-HCl
ELONTRIL RET.
WELLBUTRIN RET.
Citalopram
CIPRAMIL
CITALOPRAM TAD
SEROPRAM
CITALOSTAD
Amitriptylin
SAROTEN RET.
AMITR. DURA RET.
TRYPTIZOL
Deutschland
OP Monat*
Österreich
OP Monat*
90 Tbl. 150 mg 117,48 39,16
30 Tbl. 150 mg
–
–
65,50 65,50
Lundbeck
100 Tbl. 20 mg 139,30 41,79
TAD Pharma 100 Tbl. 20 mg 43,15 12,95
Lundbeck
28 Tbl. 20 mg
–
–
Stada
30 Tbl. 20 mg
–
–
25,95 27,80
23,15 23,15
Bayer Vit.
Merck Dura
MSD
11,10 13,32
GSK
GSK
100 Tbl. 75 mg 29,63 17,78
100 Kps. 75 mg 28,62 17,17
50 Tbl. 75 mg
–
–
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111
*
Bei täglich 150 mg Bupropion, 20 mg Citalopram und 150 mg Amitriptylin.
Das amphetaminartige Bupropion (WELONTRIL) ist
seit April 2007 auch in Deutschland zur Behandlung depressiver Episoden zugelassen.
Die Datenlage ist unbefriedigend: Drei der vier zulassungsrelevanten Untersuchungen, darunter zwei Negativstudien, sind nicht publiziert. Die veröffentlichte Langzeitstudie mit einer anderen Retardierung als der jetzt zugelassenen (SR statt XL) ist auf Grund von Mängeln im
Design, hohen Abbruchraten und offenbar fehlender
Nachbeobachtung nicht aussagekräftig.
Bereits als Raucherentwöhnungsmittel ist Bupropion
durch Krampfanfälle und Todesfälle aufgefallen (a-t
2002; 33: 47-8). Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Agitation und Gewichtsabnahme sind häufig.
Wir raten von der offenbar wirkschwachen und nebenwirkungsreichen Scheininnovation ab.
(R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
1 GSK: US-amerikanische Produktinformationen WELLBUTRIN/-XL, Stand
Juni 2006 und Sept. 2006
2 DUNLOP, B.W., NEMEROFF, C.B.: Arch. Gen. Psychiatry 2007; 64:
327-37
R 3 REIMHERR, F.W. et al.: Clin. Ther. 1998; 20: 505-16
4 GSK: Fachinformation ELONTRIL, Stand Feb. 2007
5 WEIHS, K.L. et al.: Biol. Psychiatry 2002; 51: 753-61
6 GSK Datenbank, Studie mit Nummer WELL AK1A4004
http://ctr.gsk.co.uk/Summary/bupropion/studylist.asp
vor