des Vortrags

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des Vortrags
Geldschöpfung, Finanzmärkte,
Wachstumszwang
Prof. Dr. Mathias Binswanger
Kontroverse um Wachstum
Argumente für Wirtschaftswachstum
• Wachstum sorgt dafür, dass es den
Menschen immer besser geht.
• Wachstum sorgt für Vollbeschäftigung.
• Wachstum befreit uns von der Tyrannei
von Nullsummenspielen. Ohne Wachstum
kann man nur auf Kosten anderer mehr
Einkommen erzielen.
• Wachstum ermöglicht es der Mehrheit der
Unternehmen auf die Dauer Gewinne zu
machen und dem Staat auf die Dauer
Schulden zu machen.
Nullsummenspiel?
Moderne Geldwirtschaft:
Zwei wesentliche Irrtümer
1. Banken leihen Geld wieder aus,
welches vorher jemand bei ihnen
deponiert hat.
2. Es braucht zuerst Ersparnisse, damit
Investitionen in einer Wirtschaft
finanziert werden können.
Einige Aussagen
“I am afraid that the ordinary citizen will not like to be
told that banks can and do create money”
Reginald McKenna, past Chairman of the Board, Midlands Bank of
England
“’The modern banking system manufactures money out
of nothing. The process is perhaps the most astounding
piece of sleight of hand that was ever invented.”
Sir Josiah Stamp Director, Bank of England 1928-1941
“The study of money, above all other fields in
economics, is one in which complexity is used to
disguise truth or to evade truth, not to reveal it.”
John Kenneth Galbraith, former professor of economics, Harvard
University
Sind Banken
Geldhortungsinstitutionen
wie Dagobert-Duck?
Traditionelle Vorstellung: Banken als Intermediäre:
Sparer
Einleger
Einzahlung
Banken
Kreditvergabe
Investoren
Kreditnehmer
Kreditvergabe einer IntermediärBank
Ein Unternehmen erhält einen Kredit in
der Höhe von 100‘000 CHF.
Bilanz der Geschäftsbank
Kredit: +100‘000
Bargeld: -100’000
Geld
Bilanz der Firma
Bargeld: +100‘000 Kredit: +100‘000
Geld
Die Realität: Banken als Geldproduzenten
Banken
Kreditvergabe
Investoren
Kreditnehmer
Zahlungen
Einlagen bei
Zahlungsempfängern
The Royal Mint im
Tower of London
Der Beginn im 17. Jahrhundert:
Goldschmiede in London
Die Geschichte der Banken
Bilanz einer Goldschmiedewerkstatt, die
100£ von einem Kunden aufbewahrt
(100% Golddeckung)
Aktiven
Gold
+100
Passiven
Notes
+100
Die Geschichte der Banken
Bilanz einer Goldschmiedewerkstatt, die
100£ von einem Kunden aufbewahrt und 50£
davon wieder ausleiht
(50% Golddeckung)
Aktiven
Gold
Gold
Kredit
+100
- 50
+ 50
Passiven
Notes
+100
Die Geschichte der Banken
Bilanz einer Goldschmiedewerkstatt, die
100£ von einem Kunden aufbewahrt und
100£ zusätzlichen Kredit vergibt in Form von
Papiergeld
(50% Golddeckung)
Aktiven
Gold
Kredit
+100
+100
Passiven
Notes
+200
£5 Note der Bank of England
aus dem Jahr 1793
Vereinfachte Bilanz einer
Geschäftsbank
Aktiven
Reserven
Kredite
Wertpapiere
Passiven
Einlagen
Eigenkapital
Geld
Wie aus Krediten Geld wird:
Ein Unternehmen erhält einen Kredit in
der Höhe von 100‘000 CHF.
Bilanz der Geschäftsbank
Kredit: +100‘000 Guthaben: +100‘000
Geld
Bilanz der Firma
Guthaben: +100‘000 Kredit: +100‘000
Geld
Geld wird von einer Geschäftsbank an
eine andere Geschäftsbank transferiert
Beispiel: 100‘000 CHF werden von Bank
1 an Bank 2 transferiert
Bilanz von Bank 1
Reserven: -100‘000 Einlagen: -100‘000
Bilanz von Bank 2
Reserven: +100‘000 Einlagen: +100‘000
Wie kontrolliert die Zentralbank den
Geldschöpfungsprozess?
• Geschäftsbanken brauchen Reserven, um
Bargeld von der Zentralbank zu beziehen
• Geschäftsbanken brauchen Reserven, um die
gesetzlich vorgeschriebene
Mindestreservenanforderung zu erfüllen
• Geschäftsbanken brauchen Reserven, um
Zahlungen an andere Banken zu leisten.
Die Zentralbank bestimmt den Preis (Zins), zu
welchem sich die Geschäftsbanken zusätzliche
Reserven beschaffen können.
Mögliche Effekte einer Erhöhung der
Geldmenge über Kreditvergabe der
Banken
1. Kredite werden für Investitionen in Realkapital
verwendet. Dadurch erhöht sich die produktive
Kapazität der Wirtschaft und es kommt zu
realem Wirtschaftswachstum.
2. Kredite werden dazu verwendet, bereits
existierende Güter oder Dienstleistungen zu
kaufen. In diesem Fall kommt es zu Inflation.
3. Kredite werden dazu verwendet, Wertpapiere
(vor allem Aktien) oder Grundstücke zu kaufen.
Dies ermöglicht die Entstehung von
spekulativen Blasen.
USA: Wachstum von Geldmenge, BSP
und Preisniveau in der langen Frist
Aktienkurse in den USA
Finanzierung von neuen Investitionen
•
•
Traditionelle Sichtweise: Neue Investitionen
werden durch Ersparnisse finanziert. Das ist
aber ex-ante nicht möglich.
Die richtige Antwort: Neue Investitionen
werde durch Geldschöpfung der Banken
finanziert. Wann immer Banken Kredite
vergeben, schaffen sie damit gleichzeitig
Geld (loans make deposits).
“Credit expansion provides not an
alternative to increased saving but a
necessary preparation for it. It is the
parent, not the twin of increased saving.”
(Keynes, 1939)
Einfaches Kreislaufmodell zur Illustration des Zusammenhangs zwischen
Geldschöpfung, Investitionen und Wachstum
• Es gibt nur Haushalte und Unternehmen.
• Die Haushalte geben ihr gesamtes Einkommen wieder für Konsum aus und
sparen demzufolge nicht.
• Die Unternehmen produzieren sowohl Konsumgüter als auch
Investitionsgüter.
• Die variablen Kosten der Unternehmen beschränken sich auf die
Arbeitskosten (Löhne)
• Der Gewinn (vor Abschreibungen) ergibt sich aus dem Umsatz minus den
Lohnzahlungen an die Haushalte.
• Der Gewinn wird vollständig zurückbehalten (es werden keine Dividenden
bezahlt) und entspricht damit der Ersparnis der Unternehmen.
• Die Ersparnis wird dazu verwendet die Investitionen zu finanzieren.
• Der Kapitalstock bleibt auf diese Weise konstant, d.h. die Investitionen in
jeder Periode entsprechen gerade den Abschreibungen.
• Eine Periode umfasst somit den ganzen Zeitraum, den es braucht, um mit
Hilfe von Investitionen die Produktionskapazität zu erweitern und dann
entsprechend auch die Produktion zu erhöhen.
Unternehmen
:
Umsatz
Konsum (C)
80
Investitionen (I)
20
Kosten
Löhne
80
Ersparnis (S)
20
nicht verteilter Gewinn
Haushalte
Einnahmen
Löhne
80
Konsum (C)
80
Ausgaben
M: Geldmenge, C: Konsum, I: Investitionen, S: Ersparnisse, P: Preisniveau: PN: nominales
BIP, BIPR: reales BIP.
Folgende Zusammenhänge gelten für diese Wirtschaft:
BIPN = C + I = C + S = 100
BIPR = BIPn/P = 100
Geldflüsse in der stationären Modellwirtschaft
Finanzen der Unternehmen am Anfang der Periode
100
:
Löhne
80
Ersparnis
20
Konsum
80
Investition
20
Umsatz der Unternehmen am Ende der Periode
100
Geplantes Wachstum von 10 Prozent bei konstantem Preisniveau
Beginn der
Periode
Änderung
während der
Periode
Ende der Periode
C
I
S
BIPN
BIPR
80
20
20
100
100
+8
+2
+2
+10
+10
88
22
22
110
110
Unmöglichkeit von Wachstum ohne Geldschöpfung bei konstantem Preisniveau
Finanzen der Unternehmen am Anfang der Periode
100
Löhne
78
Ersparnis
22
Konsum
78
Investition
22
Umsatz der Unternehmen am Ende der Periode
100
Geldflüsse in der Modellwirtschaft mit Geldschöpfung
Finanzen der Unternehmen am Anfang der Periode
100
Kredit
10
Löhne
88
Ersparnis
22
Konsum
88
Investition
22
Umsatz der Unternehmen am Ende der Periode
110
Mit Geldschöpfung bei konstantem Preisniveau.
Beginn der
Periode
Änderung
während der
Periode
Ende der Periode
M
C
I
S
P
BIPN
BIPR
100
80
20
20
1
100
100
10
+8
+2
+2
0
+10
+10
110
88
22
22
1
110
110
Der Wachstumsprozess
Bankkredite
Geldschöpfung
Investitionsausgaben
Einkommen (Gewinne) im
Investitionsgütersektor
Konsumausgaben
Einkommen (Gewinne) im
Konsumgütersektor
Finanzströme
Produktive Kapazität
Produktion von Gütern
Und Dienstleistungen
reales BIP
reale Wirtschaftsprozesse
Die Entstehung von Gewinnen bei den
Unternehmen
Die Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, welche durch die
Zunahme der Investitionen ausgelöst
wird, sorgt bei den Unternehmen für
zusätzliches Einkommen. Dieses
Einkommen übersteigt die
Produktionskosten der bereits
produzierten Güter und
Dienstleistungen. Auf diese Weise
werden Gewinne ermöglicht.
Die Notwendigkeit von Gewinnen
Unternehmen müssen Gewinne
machen die genügend hoch sind,
damit sie den Banken Zinsen
bezahlen und an die Aktionäre eine
Dividende ausschütten können. Weder
die Banken noch andere Investoren
werden in ein Unternehmen
investieren, bei dem es keine
Gewinnerwartungen gibt. Ein solches
Unternehmen hat an der Börse keinen
Wert.
Wachstumszwang
• Geldschöpfung zur Finanzierung von
Investitionen ermöglicht Wachstum.
• Die Investitionen lohnen sich aber nur,
wenn Gewinne gemacht werden. Nur
dann können auch Kredite zurückbezahlt
werden
• Solange das Wachstum immer weiter
geht, lassen sich diese Gewinne für eine
Mehrheit der Unternehmen realisieren.
• Ohne Wachstum gerät die Wirtschaft in
eine Abwärtsspirale.
•
•
•
•
Die Herausforderung
Wachstum ist für das Funktionieren
einer modernen Geldwirtschaft von
zentraler Bedeutung.
Das Wachstum führt aber zu keinem
Anstieg der Lebensqualität in
entwickelten Ländern.
Das Wachstum erschwert den
Übergang zu einem nachhaltigen
Wirtschaften
das ständige Streben nach möglichst
hohen Wachstumsraten dazu führt,
dass man unvernünftige Risiken eingeht
Offene Fragen
• Wie gross ist die langfristige, minimale
Wachstumsrate, die es braucht, damit
die Wirtschaft funktioniert. Wie weit
können wir das Wachstum
verlangsamen?
• Verschwindet der Wachstumszwang
durch entsprechende Reformen
unseres Wirtschaftssystems (anderes
Geldsystem, Ablösung der
Aktiengesellschaft durch andere
Unternehmensformen etc.)?
Growth for the sake of growth is
the ideology of the cancer cell.
Edward Abbey

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