bulletin 2/11 "Westen" - Credit Suisse Publikationen

Transcrição

bulletin 2/11 "Westen" - Credit Suisse Publikationen
Seit 1895 das magazin der Credit Suisse
Schweizer Ausgabe /Deutsch
Juni/Juli
Nummer 2
2011
Westen
als Lebensphilosophie
Immobilienstudie 2011 Tiefe Zinsen treiben die Preise weiter in die Höhe / Asian Investment Conference Hochkarätiges
Expertentreffen in Hongkong / Jimmy Wales Wikipedia­Gründer über seinen grossen Traum / Dossier Corporate Volunteering
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Editorial
1
Wer wie ich Mitte der 1960 er­Jahre im Herzen Europas geboren wurde und
damit die ganzen Wirren der 68 er­Bewegung nur am Rande durch naive Kinder­
augen mitbekam, für den war das Weltbild in den 1970 er­Jahren noch einfach
und simpel. Im Zeichen des Kalten Krieges zeigte meine ideologische Kompass­
nadel klar Richtung Westen. Dort, weit weg hinter dem grossen Ozean, lag
das Land meiner Träume, das ich zwar nur vom Kino und Fernsehen her kannte,
aber dort ausgesprochen verheissungsvoll aussah. Schliesslich wuchsen dort
die Häuser bis zum Himmel, waren die Autos verchromte Schiffe auf Rädern,
der Horizont der Prärie die grosse Freiheit und die Menschen rundum glücklich.
Amerika, ich komme!
Bilderkennung
Anleitung und Beschreibung der
kooaba­Anwendungen Seite 32
QR Code
Anleitung für den mobilen Link
zum Internet Seite 32
gold Winner
gold Winner
Mit 17 Jahren war es dann tatsächlich so weit. Wenn auch das Amerika, das
ich 1981 als Austauschstudent an einer High School in Flint, Michigan, vorfand,
nur wenig mit dem Amerika aus dem Kino gemein hatte, war da selbst mitten
in einer der grössten Krisen des Landes dieser unerschütterliche Glaube
an sich selbst und an das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wie wohltuend
anders war für mich dieser pragmatische Optimismus, der nichts mit dem
zermürbenden Sich­selbst­Hinterfragen der Europäer gemein hatte.
30 Jahre später scheint der europäische Geist nun auch Amerika eingeholt zu
haben. Mehrere Wirtschaftskrisen und militärische Interventionen haben die Gross­
macht im Westen in Bedrängnis gebracht. Eine gigantische Staatsverschuldung
und vielerorts lange vernachlässigte Infrastrukturen trüben nach aussen wie innen
den einst so souveränen Auftritt. Gleichzeitig haben sich im letzten Jahrzehnt
die aufstrebenden Märkte des Ostens mit ungeheurem Elan aus den Fesseln der
Armut gelöst und arbeiten sich mit zweistelligen Wachstumszahlen zu Industrie ­
und Wohlstandsnationen hoch. Und schon geht kein Wirtschaftskongress vorbei,
bei dem nicht der wirtschaftliche Untergang des Westens mal in 15 , mal gar in
10 Jahren prognostiziert wird.
Natürlich haben auch wir in diesem bulletin mit dem Titel «Westen» die sich
abzeichnenden wirtschaftlichen und politischen Machtverschiebungen von Westen
nach Osten thematisiert, gleichzeitig aber auch nach kulturellen und wissen­
schaftlichen Eigenarten des Westens gesucht. Für mich hat sich bei der intensiven
Auseinandersetzung mit dem Thema eines klar gezeigt: Ein Weltbild, das mit
nur einer Kompassnadel auskommt, die entweder nach Westen oder nach Osten
ausschlägt, hat endgültig ausgedient. Multipolarität heisst das Schlagwort des
21. Jahrhunderts. Und dabei – so meine feste Überzeugung – wird der Westen
trotz allem noch lange ein wichtiger Pol bleiben.
Foto: Laurent Burst
Daniel Huber, Chefredaktor bulletin
Preisträger
Inhalt
3
Invest
12
Aktuelle Analysen und Prognosen
Wirtschaft
34_ Immobilienstudie 2011 Tiefe Zinsen treiben
die Preise weiter in die Höhe
Coverfoto: Dennis Sterne | Foto: Dennis Sterne
39_ Inflation Entscheidend wird sein, wie die
einzelnen Zentralbanken reagieren können
42_ Aussenhandelsstudie Wo sind die Zukunfts­
märkte der Schweizer Exportindustrie?
46_ Renaissance Auch die Industrienationen
finden zum Wachstum zurück
48_ Expertengespräch Der westliche Anleger
ist vorsichtiger geworden
Dossier
Westen ist auch ein Lebensgefühl, das sich nicht zuletzt
im pulsierenden West End von London manifestiert. In der
Reportage über den berühmten Stadtteil von London
kommt unter anderem Adele Woodthorpe zu Wort, die in
Covent Garden eine Kommunikationsagentur leitet.
4_ Heinrich August Winkler Der deutsche Historiker
über die ungebrochene Kraft der westlichen Freiheiten.
9_ Bedrängter Westen Professor Simon J. Evenett räso­
niert über die neuen Machtverhältnisse im 21. Jahrhundert.
12_ london West End Das weltberühmte Quartier kämpft
um seinen Ruf als erste Adresse der Stadt.
22_ Naturgesetze Die westliche Suche nach einer ulti­
mativen Weltformel sei gescheitert, sagt Robert Laughlin.
26_ Zwölftontechnik Die atonale Musik konnte in östlichen
Kulturen nie richtig Fuss fassen – ein Erklärungsversuch.
Alle Artikel des Schwerpunkts sind mit der kooaba Paperboy
Bilderkennung verknüpft.
Jahr der Freiwilligenarbeit Porträt des
Corporate Volunteering der Credit Suisse
Credit Suisse
50_ Funky Business Kjell A. Nordström begeis­
tert am Aussenwirtschaftsforum der Osec
52_ Japanische Erholung Dialog mit Experten an
der Asian Investment Conference in Hongkong
55_ EmEA Fawzi Kyriakos­Saad stellt im Interview
die Region Europe, Middle East and Africa vor
58_ global Citizens Program Eine neue Initiative
fördert das weltweite Corporate Volunteering
60_ Jugendarbeitslosigkeit Bessere Vernetzung
dank Podiumsdiskussion der Credit Suisse
62_ SVC Der Swiss Venture Club befindet sich
bereits seit zehn Jahren im Aufwind
63_ Bundeshaus Alfred Escher ist, in Form einer
Ausstellung, nach Bern zurückgekehrt
64_ Innovation Die EPFL in Lausanne ist ein
modernes Forschungs­ und Bildungszentrum
66_ musikalische landkarte Wo sich ein Besuch
für Schweizer Musikfreunde lohnt
68_ Kunst Martin Ziegelmüller in Bern, Solothurn
meets Zug – zwei sehenswerte Ausstellungen
70_ David Zinman Der Chefdirigent des Tonhalle­
Orchesters Zürich wird 75 Jahre jung
72_ Kunst im geschäftsraum Eine wegweisende
Publikation der Fachstelle Kunst
leader
73_ Roger Federer über seine Stiftung sowie
die Chronik des neuen Malawi­Projekts
76_ Jimmy Wales Der Wikipedia-Gründer über
seine Vision des frei zugänglichen Weltwissens
Service
71_ Impressum
Ihr Link zu unserem Know-how: www.credit-suisse.com/bulletin
Westen Geschichte
Fotos: Muster Mustermann | Muster Mustermann
4
bulletin 2/11 Credit Suisse
Geschichte Westen
5
Text: Ingo Petz
« Geschichte des Westens» steht an der Tür des Raumes 221. Die
Tür geht auf. Heraus tritt ein kleiner Mann, weisse Haare, wache
Augen. Den Dienst am Institut für Geschichtswissenschaften an der
Berliner Humboldt­Universität hat Heinrich August Winkler offiziell
2007 beendet. Aber an Ruhestand ist bei dem rührigen 72 ­Jährigen,
der als einer der renommiertesten Historiker Deutschlands gilt,
nicht zu denken. 2009 erschien der erste Band von Winklers epo­
chaler «Geschichte des Westens». Der zweite Band soll in diesem
Jahr vor der Frankfurter Buchmesse veröffentlicht werden. Der dritte
ist bereits in Arbeit. Deswegen sind wir hier. Es geht um den Westen,
genauer um die westliche Wertegemeinschaft. Was macht sie aus?
Wie entstand sie? Wie ist es heute um den Westen bestellt ? Im
Fernsehen rechtfertigt sich der deutsche Verteidigungsminister Karl­
Theodor zu Guttenberg während einer Aktuellen Stunde im Deut­
schen Bundestag gerade für die Plagiate in seiner Doktorarbeit.
Winkler schüttelt den Kopf, schaltet dann den Fernseher aus. Das
Gespräch kann beginnen.
bulletin: Seit wann spricht man eigentlich vom Westen als
Wertegemeinschaft, die wir heute kennen?
Heinrich August Winkler: Die Amerikanische Revolution von 1776
und die Französische Revolution von 1789 stehen in einem Zusam­
menhang, der es erlaubt, von einem transatlantischen oder einem
westlichen Projekt zu sprechen. Die Virginia Declaration of Rights
vom 12. Juni 1776 hatte grossen Einfluss auf die französische Er­
klärung der Bürger­ und Menschenrechte vom 26 . August 1789 .
Der Begriff des Westens wird erst an der Wende des 19. zum
20 . Jahrhundert zum politischen Schlagwort – zu einem Zeitpunkt,
als man auch in Europa versteht, dass die USA ein Pionier der Mo­
derne sind und aufgehört haben, ein blosser Ableger Europas zu sein.
Durchgesetzt hat sich der Begriff des Westens schliesslich,
als sich die USA und die Sowjetunion nach 1945 im Kalten Krieg
gegenüberstanden.
Richtig. Nicht zu vergessen ist, dass erst nach 1989 mit Ostmittel­
europa ein alter Teil des Okzidents in die Lage versetzt wurde, zum
Westen zurückzukehren. Willy Brandts berühmte Worte vom 10 . No­
vember 1989, « Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört »,
bezogen sich ja nicht nur auf Deutschland, sondern auf Europa ins­
gesamt. Die Wiedervereinigung des alten Okzidents wurde mit dem
EU ­Beitritt von Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und den
baltischen Staaten im Jahr 2004 bekräftigt.
Ihr Buch «Die geschichte des Westens» beginnt mit dem
Satz «Am Anfang war der glaube: der glaube an einen gott ».
Warum ist der glaube an einen gott der Beginn der westlichen
Fotos: Christian Schnur
geschichte und nicht etwa die Athenische Demokratie?
So sehr die griechisch­römische Antike auch auf das Christentum
und auf die europäische Geistesgeschichte nach der Zeitenwende
eingewirkt hat, eine viel stärkere Kontinuität gibt es, wenn wir uns
fragen, welche Folgen es hatte, dass die Menschen begannen, an
einen Gott zu glauben. Denn so entstanden die unterschiedlichen
Sphären von Gott und Kaiser. Hier sind wir bereits bei der Früh­
geschichte des normativen, also des normgebenden Projekts des
Westens. Der Satz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich >
Credit Suisse bulletin 2/11
gEWAltENtEIlUNg
FäHIgKEIt ZUR SElBStKRItIK
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Geschichte Westen
7
sind, hat seine theologische Vorform in dem Satz, dass vor Gott
alle Menschen gleich sind. Das Wort Jesu «So gebet dem Kaiser,
was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist » enthält als Möglich­
keit bereits die Emanzipation des Menschen und die Säkularisierung
der Welt. Das ist ein revolutionärer Satz. In der Unterscheidung zwi­
schen der göttlichen und der irdischen Sphäre liegt auch die Mög­
lichkeit, zwischen göttlichem und irdischem Gesetz zu unterscheiden.
Was sich ja auch als eine Frühform des Pluralismus
deuten liesse …
Es ist im Ansatz bereits ein pluralistischer Gedanke. Die Verantwor­
tung für diese Welt wird dem Menschen überlassen – wobei der Kaiser
hier nur eine Metapher für eine weltliche Ordnung ist. Das ist sicher
noch keine Stellungnahme für die Demokratie. Aber wenn dann über
1000 Jahre später im Investiturstreit zwischen der päpstlichen und
der kaiserlichen beziehungsweise königlichen Gewalt der typisch
westliche Dualismus einsetzt, sind wir bereits auf dem Weg der Ge­
waltenteilung. Wenig später wurden im Okzident des Mittelalters
auch die Sphären der Fürsten und der Stände getrennt. Das aus­
sagekräftigste Dokument ist in dieser Hinsicht die englische Magna
Charta von 1215 .
Sie meinen die magna Charta als grundstein der Entwicklung
von politischen Freiheiten, die Sie ja als integralen teil des alten
Okzidents bezeichnen.
Wir haben es hier mit einem gesamtwestlichen Phänomen zu tun, zu
dem es keine Parallele im orthodox­byzantinisch geprägten Europa
gibt. Dort ist der Dualismus zwischen Papst und Kaiser nicht vor­
handen. Die geistliche Gewalt blieb dort der weltlichen untergeord­
net. Der Historiker Otto Hintze hat im Dualismus ein urwestliches
Prinzip gesehen, das er beispielsweise auch in dem Nebeneinander
von sich selbst verwaltenden Bürgerstädten und dem feudalen Um­
land verwirklicht sah. Und wenn man es noch weiter fasst, ist hier
auch ein Fundament für die Entwicklung des Individualismus und
der persönlichen und politischen Freiheiten gelegt worden, die dann
im Humanismus und in der Aufklärung weiterentwickelt wurden.
Montesquieus Trennung von gesetzgebender, vollziehender und
rechtsprechender Gewalt hat also eine Vorgeschichte, die bis ins
Mittelalter zurückreicht.
Heinrich August Winkler wurde
1938 in Königsberg geboren.
Er studierte geschichte,
Philosophie und öffentliches
Recht in tübingen, münster
und Heidelberg. Winkler
habilitierte 1970 an der Freien
Universität in Berlin. Ab 1972
lehrte er in Freiburg, um 1991
wieder nach Berlin zurück­
zukehren, wo er seither an der
Humboldt­Universität einen
lehrstuhl für Neueste geschichte
innehat.
gerade Deutschland, Spanien, Portugal oder Italien hatten
lange starke Vorbehalte gegenüber den westlichen Werten.
Warum kamen die wichtigsten Impulse bei der Ausbildung der
parlamentarischen Demokratie vor allem aus den angelsäch­
Fotos: Christian Schnur
sischen ländern?
In England und den britischen Kolonien in Nordamerika hat man
sehr früh die Bedeutung von «checks and balances» erkannt, von
wechselseitigen, sich ausbalancierenden Gegengewichten, die eine
Machtkonzentration in einer Hand erschweren sollten. Die Tradition
der parlamentarischen Monarchie reicht in England in der Tat bis ins
Mittelalter zurück. Das hat auch damit zu tun, dass England eine
Insel war und sich nicht wie die Länder des europäischen Kontinents
in seiner äusseren Sicherheit bedroht fühlte. England hat im 17. Jahr­
hundert den Versuch durchkreuzt, ein absolutistisches Regime nach
kontinentalem Vorbild zu errichten. Damit einher ging ein Prozess
der Parlamentarisierung, der noch längst keine Demokratisierung
bedeutete, da nur wenige wählen durften. Aber das ganze 19 . Jahr­
hundert ist schliesslich geprägt von erfolgreichen Versuchen der
Wahlrechtserweiterung. In England haben wir den Prozess einer
graduellen Demokratisierung vor uns, während wir in Deutschland
von einer ungleichzeitigen Demokratisierung sprechen müssen: >
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Westen Geschichte
auf der einen Seite die sehr frühe Einführung des allgemeinen glei­ Es gibt auch genügend Beispiele für erfolgreiche Teilverwestli­
chen Reichstagswahlrechts 1867 im Norddeutschen Bund, 1871 im chungen. Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtsstaat gehören
Deutschen Reich, auf der anderen Seite aber die Verweigerung einer zusammen. Das Mehrheitsprinzip und freie Wahlen allein schaffen
aber noch keine Demokratie. Und auch die kulturellen und gesell­
parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung.
schaftlichen Voraussetzungen darf man nie aus dem Blick verlieren.
Wie beurteilen Sie eigentlich die Rolle der Schweiz in der
Herausbildung der westlichen Wertegemeinschaft ?
Bei der Schweiz denkt man gleich an die direkte Demokratie, und
damit ist man bei der Grundsatzfrage, ob ein grossräumiger Staat
angesichts seiner aussenpolitischen Verflechtungen das Schweizer
Modell übernehmen kann. Der Einfluss Englands und Frankreichs
wie auch der USA auf die Herausbildung der westlichen Welt ist
sicherlich noch grösser als derjenige der Schweiz, die in Deutsch­
land als demokratisches und friedliches Land bewundert, in Sachen
Volksentscheid aber nicht als Modell empfunden wird.
Der ehemalige US ­Präsident george W. Bush war der Ansicht,
dass der Irak demokratisiert werden könne. Er verglich den Irak
sogar mit der deutschen Situation nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das war ein irriger Vergleich, deren Folgen dem Westen noch lange
zu schaffen machen werden. Bush hat die normative Autorität des
Westens durch seine Politik radikal infrage gestellt. Da sich aber
die Durchsetzung westlicher Werte nicht erzwingen lässt, kann der
Westen nichts Besseres für sie tun, als sich selbstkritisch mit seinen
Traditionen auseinanderzusetzen und sich an seine eigenen Werte
zu halten, für sie zu werben und dort, wo es möglich ist, den krasses­
trotz aller positiven Errungenschaften hat der Westen aber
ten Verletzungen der Menschenrechte mit allen Mitteln, einschliess­
auch Rassismus, Kolonialismus, Imperialismus und Völkermord
lich humanitärer Interventionen, entgegenzutreten. Die unveräusser­
hervorgebracht.
Ja, aber der Verstoss gegen die Menschenrechte und gegen die lichen Menschenrechte stehen allen Menschen zu, auch wenn sie
eigenen Werte widerlegt nicht das normative Projekt des Westens. nur in einem Teil der Welt respektiert werden.
An der Widersprüchlichkeit des Westens kommen wir nicht vorbei.
Ist der Westen noch eine dominierende macht ?
Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist die: Enthält nicht gerade Nein. Die Zahl der Staaten, die sich heute der westlichen Wertege­
dieses normative Projekt die Pflicht zur ständigen Infragestellung meinschaft zugehörig fühlen, ist überschaubar, aber die politischen
und Korrektur der eigenen Praxis? Ein weiteres wichtiges Element Ideen des Westens leuchten noch immer.
in der westlichen Kultur ist ein selbstkritischer Umgang mit der ei­
Wird das Projekt des Westens irgendwann einmal
genen Geschichte und der eigenen Schuld in der Geschichte. Schuld­ vollendet sein?
gefühle gehören zur christlichen Prägung des Westens. Die Aus­ Das glaube ich nicht. Dem normativen Projekt des Westens ist
einandersetzung mit den eigenen Fehlern ist ein immanenter Teil es eigen, ein Korrektiv zum Bestehenden zu sein. Es weist immer
über das Mass des Erreichten hinaus. So wird es wohl auch in Zu­
westlicher Kultur.
kunft sein. <
Ist das Projekt des Westens ein Projekt, das zwangsläufig
oder eher zufällig zum Erfolg führte?
Das Projekt war weder Zufall noch war es ein Selbstläufer. Es ist
entstanden aus höchst heterogenen Einflüssen. Die Puritaner von
Massachusetts und die aufgeklärten Freigeister von Virginia unter­
schieden sich in vielem. Aber sie trafen sich an einem bestimmten
Punkt. Und das war die Idee bestimmter Grundfreiheiten und der
Menschenwürde. Die Puritaner waren alles andere als religiös tole­
rant. Die Aufklärer von Virginia waren stark von der europäischen
Aufklärung geprägt. Dennoch waren manche von ihnen auch Skla­
venhalter und Rassisten. Gerade die Südstaatler haben ja den Afro­
amerikanern die Menschenrechte verweigert. Häufig verstanden die
Urheber bestimmter westlicher Rechte und Freiheiten nicht, welche
revolutionären Prozesse sie in Gang setzten. Es hat sich eine un­
geheuer subversive Kraft entwickelt, die sich auch ausserhalb der
westlichen Welt entfaltet.
Wie wir das gerade in der arabischen Welt erleben …
Wer hätte vor einem Jahr geglaubt, dass es revolutionäre Freiheits­
bewegungen in der arabisch­islamischen Welt geben würde? Aber
auch die früheren Unabhängigkeitsbewegungen des 20 . Jahrhun­
derts in Asien und Afrika haben sich auf die freiheitlichen Werte des
Westens gestützt. Die Strahlkraft westlicher Freiheiten ist unge­
brochen. Auch die chinesische Menschenrechtserklärung Charta 08 ,
die unter anderem vom Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verfasst
wurde, ist ein Manifest im Geist der Ideen von 1776 und 1789 . Es
ist ein klassisches Dokument, das einer zukünftigen Generation von
Chinesen Anlass zum Stolz geben wird.
Kann jedes land teil des Westens werden?
Theoretisch kann jedes Land dazugehören, das sich der Demokratie,
dem Rechtsstaat und vor allem den Menschenrechten verschreibt.
bulletin 2/11 Credit Suisse
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des Westens. Von den Anfängen in der Antike
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Politik Westen
9
Foto: AWEN art studio, Yui, Shutterstock
Von Simon J. Evenett
Mächte, deren relativer Niedergang jedoch mit steigenden Lebens­
standards einherging. Die Geschichte warnt nachdrücklich vor der
Behauptung, ein relativer Niedergang führe zwangsläufig zur Ver­
armung. China mag eine Exportmacht sein, aber es ist auch einer
der weltgrössten Importeure, und die chinesischen Zahlungen für
diese Importe finanzieren den Lebensunterhalt unzähliger Menschen
im Ausland.
Wichtig ist auch, zwischen Beständen und Flüssen zu unterschei­
den. Der Westen ist vielleicht in einem Abstieg begriffen, wenn
man das Volkseinkommen – einen Fluss – betrachtet. Aber in ge­
wissen Situationen kommt es auf Bestände an, insbesondere auf
kumulierte Bestände an Wissen, Kapital und Fachwissen. Auch wenn
Chinas Wirtschaft jene der USA überflügeln sollte – was nach neu­
esten Schätzungen bereits 2030 eintreten könnte –, darf bezweifelt
werden, dass China bis dann über dieselbe Anzahl erstklassiger
Universitäten verfügen wird wie die USA . Die Investitionen Letzterer
Ein relativer Niedergang
in ihre Graduiertenschulen und dergleichen werden sich noch über
Beginnen wir mit einer vielleicht nahe liegenden, aber dennoch wich­ Jahrzehnte bezahlt machen. Zahlreiche Vorteile sind fest im Westen
tigen Feststellung. Jeder westliche Niedergang in Bezug auf die Wirt­ verankert, darunter etwa die hochwertige Autoproduktion in Deutsch­
schaftsleistung ist eher relativ denn absolut. Spanien, Holland und land, Modehäuser in Mailand und Paris oder Investment Banking,
Grossbritannien waren zu unterschiedlichen Zeiten dominierende Anwaltswesen und Marketing in London. Hohe Wettbewerbs­ >
In den letzten Jahren ist es Mode geworden, den Niedergang west­
licher Macht zu kommentieren. Dabei wird auf eine Epoche verwiesen,
die ungefähr mit den unermüdlichen Entdeckungsreisen von Heinrich
dem Seefahrer im 15 . Jahrhundert einsetzte. Die westliche Dominanz
der Weltwirtschaft sollte später folgen und begann mit dem relativen
Untergang der asiatischen Giganten China und Indien (siehe Abbil­
dung auf Seite 10). Diese melden sich jetzt mit aller Macht zurück. Ein
rasantes mehrjähriges Wirtschaftswachstum von bis zu 10 Prozent,
verbunden mit einer raschen Erholung von der jüngsten globalen
Wirtschaftskrise, die sich vorteilhaft von der Leistung vieler gebeu­
telter Länder des Westens abhebt, hat dazu geführt, dass man in­
zwischen von schwindender amerikanischer Macht, einem asiati­
schen Jahrhundert und so weiter spricht. Was sollen Politiker und
Analysten von diesen Entwicklungen halten? Sollte sich der Westen
Gedanken über seinen Niedergang machen?
Credit Suisse bulletin 2/11
10
Westen Politik
fähigkeit beruht oft auf vormaligen Investitionen (Beständen), und Die Briten scheiterten immer wieder mit ihren Vorschlägen – sehr
es wird noch viele Jahre und anderes mehr brauchen, bevor asia­ zur Frustration von John Maynard Keynes. Ende der 1940er­Jahre
tische Investitionen (Flüsse) diese Zitadellen westlicher Handels­ machte zudem ein amerikanisches Veto gegen ehrgeizige Pläne zur
dominanz zu Fall bringen werden.
Schaffung einer einflussreichen internationalen Handelsorganisation
deutlich, dass die USA die Vorhaben anderer Länder jederzeit un­
Wann ist die relative Position von Belang?
gestraft durchkreuzen konnten.
Einige mögen gegen die zentrale Bedeutung der dominierenden
Nach wie vor bestehen nagende Zweifel darüber, ob der relative
Niedergang des Westens weitere Rückschläge ankündigt. Wie Nation in den genannten Beispielen Einspruch erheben. Waren nicht
können diese Bedenken am besten artikuliert werden? Die zentrale die Franzosen und Briten Anfang 2011 federführend bei einer
Frage lautet sicher: Wann ist in globalen Angelegenheiten die rela­ von den Vereinten Nationen sanktionierten Intervention in Libyen?
tive Position von Belang? Und wann spielt ein Land an zweiter, be­ Solche Beispiele halten normalerweise keiner Prüfung stand. Bei
ziehungsweise dritter oder vierter Stelle eine Rolle? Gibt es ferner genauerer Betrachtung stellen Analysten fest, dass diese Operation
Beispiele dafür, dass die Rangierung der Länder ein bestimmender nur mit diplomatischer Unterstützung der Amerikaner möglich war
Faktor des Ergebnisses ist ?
und sich auf Rüstungsmaterial stützte, das allein die USA so schnell
Obwohl es wie gesagt scheint, als spiele eine Zweitplatzierung bereitstellen konnten. Überdies war auch die Einwilligung von Bra­
in Bezug auf steigende Lebensstandards keine Rolle, bedeutet ein silien, China, Indien und Russland, alles stimmberechtigte Mitglieder
zweiter Rang auf militärischem Gebiet oft schlechte Nachrichten. des UN ­Sicherheitsrates, erforderlich. Es mag stimmen, dass auch
Der Unterschied liegt selbstverständlich darin, dass der wirtschaft­ Mächte aus dem zweiten Glied gelegentlich etwas erreichen können,
liche Austausch ein Positivsummenspiel ist, während militärische doch die erleichternden Umstände sind selten ihr eigenes Werk.
Eroberungen oft ein Nullsummenspiel sind. Beispielsweise kann es
Überzeugender liesse sich gegen diese Beispiele für die Bedeu­
zu einem Zeitpunkt nur einen Gesamtherrscher geben. Immer dann, tung der relativen Position einwenden, dass im Gegensatz zur Nach­
wenn die Früchte des Sieges auf Kosten eines anderen Landes ge­ kriegszeit und vor allem zur Ära seit dem Fall der Berliner Mauer in
hen, ist die relative Position von Belang. Dies gilt nicht nur für mili­ Zukunft mehrere hinreichend schlagkräftige Akteure gleichzeitig
tärische Konflikte, sondern auch für die Ernennung der Leiter inter­ aufsteigen werden und kein einzelnes Land mehr die Bedingungen
nationaler Institutionen. Denken wir beispielsweise an die asiatischen diktieren wird. Schliesslich wird China den meisten Prognosen zu­
Einwände, sobald die Europäer und Amerikaner an ihrer Nachkriegs­ folge bis 2020 wirtschaftlich schneller wachsen als Indien, doch
vereinbarung festhalten, dass der Präsident der Weltbank aus den dürfte Indien danach zulegen. Ausserdem scheinen auch Brasilien
USA und der geschäftsführende Direktor des Internationalen Wäh­ und Russland entschlossen, auf der Weltbühne eine wichtigere Rolle
rungsfonds aus Europa kommen soll.
zu spielen, obwohl die Grösse ihrer Volkswirtschaften nicht mit jener
Die relative Position ist auch wichtig bei der Frage, wer die Regeln Indiens oder Chinas vergleichbar ist.
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, ob es für
für die Weltwirtschaft verfasst. Dank ihrer wirtschaftlichen Vormacht­
stellung während des Zweiten Weltkrieges gelang es den USA an eine Welt mit (mindestens) vier aufstrebenden Mächten neben den
der Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944 , die wesentlich zur USA , der Europäischen Union und Japan überhaupt historische
Architektur der Weltwirtschaft nach dem Krieg beitrug, sich über Parallelen gibt. Wenn die Vorherrschaft einer einzelnen Grossmacht
jegliche Widerstände gegen die eigenen Pläne hinwegzusetzen. unwahrscheinlich ist, dann dürfte eine Welt, in der mehrere grosse
BIP ­Entwicklung verschiedener Weltregionen
China und Indien dominierten die Weltwirtschaft zwischen 1000 und 1820. Während der darauffolgenden 170 Jahre
ging ihre wirtschaftliche Bedeutung zurück, bevor sie um 1990 erneut anstieg. Quellen: Angus Maddison, Universität Groningen, «The Economist »
Prozentualer BIP-Anteil, Kaufkraftparität 1990, in USD
Grossbritannien
60
Italien
Deutschland
Frankreich
30
USA
Japan
Indien
China
0
1000
1500
bulletin 2/11 Credit Suisse
1600
1700
1820
1870
1900
1913
1940
1970
2008
Politik Westen
Nationen um Einfluss buhlen, wie in Europa Mitte des 19 . Jahrhun­
derts, plausibler erscheinen. Diese Alternative ergibt allerlei inte­
ressante Möglichkeiten, nicht zuletzt hinsichtlich der Aussichten für
einen anhaltenden westlichen Einfluss. Warum sollte jede grosse
Frage der internationalen Politik entlang der Trennlinien Osten gegen
Westen zerbrechen ? Der Westen könnte sich mit einzelnen auf­
strebenden Mächten gegen andere verbünden. Bei der Frage, wer
sich im 21. Jahrhundert mit wem zusammentut, dürfte sich ein ähn­
licher Entwicklungsstand allerdings als wenig geeigneter Anhalts­
punkt erweisen.
Die Geschichte lehrt uns, dass einzelne Nationen auch im Nieder­
gang eine durchaus effektive Rolle spielen, wenn wir zum Beispiel
an Metternichs Österreich im 19 . Jahrhundert denken. Im Übrigen
scheint es, als ob gewisse Nationen, die es nie zu grosser Macht
gebracht haben, in manchen Verhandlungen die besseren Karten
hatten. Bei einer fairen Beurteilung gehört das heutige Nordkorea
in diese Kategorie, auch wenn ich dies nur ungern erwähne. West­
liche Strategen, deren Länder im 21. Jahrhundert vor einem relativen
Niedergang stehen, können daraus einiges lernen. In einer Welt
vieler Mächte könnte es vor allem darauf ankommen, weiterhin «am
Spitzentisch» zu bleiben und auf andere Einfluss zu nehmen. Unter
diesen Bedingungen sind Ranglisten der nationalen Wirtschaftsleis­
tung möglicherweise kein verlässlicher Indikator für die Ergebnisse
diplomatischer Prozesse, auch wenn sie ein bedeutender Begleit­
faktor sind.
11
se aufstrebenden Mächte zwingend gegen jede westliche Interven­
tion stellen würden, insbesondere dann, wenn diese Interventionen
keine Gefahr für die direkten Interessen der BRIC ­Länder (Brasilien,
Russland, Indien und China) darstellen. Aus demselben Grund dürfte
es jedoch schwieriger werden, weitreichende internationale Abkom­
men zu unterzeichnen. Ironischerweise könnten die entstehenden
Pattsituationen bei den Gesprächen über Handel, Klimawandel und
dergleichen die Gültigkeit der westlich geprägten Nachkriegsspiel­
regeln für die Weltwirtschaft verlängern.
Die Angst vor den Reaktionen anderer dürfte die grossen Natio­
nen eher im Zaum halten als die Angst vor internationalen Gesetzen
und Schlichtungsstellen wie jenen der Welthandelsorganisation.
Nationale Interessen, Realpolitik und Realismus werden in den Dis­
kussionen über internationale Beziehungen an Bedeutung gewinnen,
während gemeinsame Werte und Ziele sowie die Verantwortung
gegenüber anderen in den Hintergrund rücken. Manche werden da­
rin einen Rückschritt sehen, für andere manifestieren sich auf diese
Weise die ewigen Kräfte der Staatskunst. <
Foto: Hannes Thalmann
Weiterhin hohe lebensstandards
Wie sind diese Überlegungen konkret zu verstehen? Sofern sich der
Westen nicht in eine haarsträubende Wirtschaftspolitik verstrickt,
dürfte der Aufschwung des Ostens nicht mit einem sinkenden
Lebensstandard im Westen einhergehen. Dies zeigt eine relativierte
Betrachtung. Zu aktuellen Wechselkursen beläuft sich die weltwei­
te Wirtschaftsleistung auf insgesamt 60 bis 65 Billionen US ­Dollar
pro Jahr. Es ist durchaus denkbar, dass sich diese Summe in den
nächsten 30 bis 40 Jahren real auf rund 250 Billionen US ­Dollar ver­
vierfachen wird. Angesichts ihrer verankerten Vorteile könnte nur ein
völliges Scheitern ihrer Ambitionen die westlichen Länder – auf die
ein verhältnismässig geringer Anteil der Weltbevölkerung entfällt –
daran hindern, in der Weltwirtschaft eine bedeutende Rolle zu spie­
len. Und nur bei einem Scheitern würden die Lebensstandards sin­
ken. Der asiatischen Wirtschaftsdominanz sollte nicht mit Angst
begegnet werden. Protektionismus und andere Formen der Aus­
grenzung sind keine Antworten. Vielmehr gilt es, das asiatische
Wachstum als Chance zu betrachten.
In militärischer und wissenschaftlicher Hinsicht (insbesondere
bezüglich der USA ) dürfte eine relative Wirtschaftskraft über die
verankerten westlichen Vorteile hinwegtäuschen. Anders gesagt:
Es wird noch viele Jahre – vielleicht Jahrzehnte – dauern, bis die
aufstrebenden Mächte Asiens den technologischen Entwicklungs­
stand gewisser westlicher Unternehmen und Industrien erreichen.
Auch wenn China und Indien rasant weiterwachsen – was keines­
wegs feststeht, denn viele Wachstumsschübe sind in der Vergan­
genheit wieder verpufft –, sollten sich Analysten bei der Beurteilung
westlicher Fähigkeiten nicht vom relativen Wirtschaftseinkommen
beeinflussen lassen.
Da sich die grösseren Schwellenländer zudem nur ungern in die
Angelegenheiten anderer Länder einzumischen scheinen und ihre
eigene Souveränität argwöhnisch verteidigen, ist unklar, ob sich die­
Mehr zum Thema >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Simon J. Evenett ist Direktor MBA ­
Programme und Professor für Aussen­
wirtschaft und Entwicklung an der
Universität St.Gallen sowie Co­Direktor
des International Trade and Regional
Economics Programme am Centre for
Economic Policy Research (CEPR ) in London. Er studierte
an der Cambridge University und promovierte 1995
an der Yale University. Danach arbeitete er unter anderem
für die Weltbank, war Senior Fellow im volkswirtschaft­
lichen Programm der Brookings Institution in Washington, DC ,
und lehrte als Professor an der Oxford University.
www.evenett.com
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Credit Suisse bulletin 2/11
West End London Westen
Fotografie: Dennis Sterne
13
Adele Woodthorpe
Geschäftsführerin von Woodthorpe Communications
«Die meisten der grossen Verlage haben sich
hier oder in der näheren Umgebung niedergelassen.
Auch für den Erfolg der Agentur ist eine zentrale
lage entscheidend. Unsere Kunden sollen wissen,
dass wir uns bemühen, am Puls der Zeit zu bleiben.»
Mittlerweile teilen die Bewohner ihre
Lieblingsplätze für den Morgenkaffee
oder die legendäre Tea Time mit den
vielen Touristen, die tagsüber invasions­
mässig in den Bezirk einfallen.
bulletin 2/11 Credit Suisse
West End London Westen
15
Text: Josh Sims
Die City mag zwar der Ort sein, wo das Geld in London verdient
wird, aber ausgegeben wird es im berühmten West End. Es fliesst
in schnelle Autos, Luxuswohnungen, Fünf­Sterne ­Hotels, Michelin­
gekrönte Restaurants, prächtige Museen und sülzige Musicals,
ganz besonders aber in die Lieblingsbeschäftigung des West End:
Shopping. Über Weihnachten wurde an nur zwei Tagen die Rekord­
summe von 120 Millionen Pfund ausgegeben – und dies trotz
Rezession.
Geld war allerdings immer schon der entscheidende Faktor für
die Entwicklung des West End: Im Jahr 1097, als das Fundament
für den späteren Westminster­Palast gelegt wurde, geschah dies
flussaufwärts und weiter westlich an der Themse. Umso besser für
den Adel, der sich und die Verheissungen des Handels von der
ungehobelten Arbeiterschaft an der Flussausweitung im Osten ab­
grenzen konnte. Ein halbes Jahrtausend später, im Jahr 1666, wur­
de sein Ruf, ein Ort des gepflegten Umgangs und nicht des Fuss­
volks zu sein, durch ein Feuer in Mitleidenschaft gezogen: Der Gros­
se Brand von London zerstörte weite Teile der alten City, und viele
ihrer adligen Einwohner kehrten nie wieder zurück, sondern liessen
sich stattdessen weiter westlich nieder. Piccadilly, damals noch ein
Feldweg, wurde zur Durchgangsstrasse, gesäumt von herrschaft­
lichen Wohnhäusern.
Der Osten mauserte sich unterdessen zur treibenden Kraft der
Stadt, wo im Hafenviertel eigene Bezirke – unter anderen White­
chapel, Wapping und Stepney – sowie sämtliche Armenviertel ent­
standen. Die Wendung «Going up West » – was so viel bedeutete wie
«kurz am Highlife schnuppern» oder «eine schmutzige Zehe in Ruhm
und Glanz tunken» – fand schnell Eingang in den modernen Sprach­
gebrauch. Die Ärmsten kamen, um sich umzuschauen. Die Reichen
schauten mit Abscheu zu. Über drei Jahrhunderte später scheint sich
nicht viel verändert zu haben. Das West End beeindruckt noch immer.
«Es ist das Herz Londons, und allein schon wer sich dort aufhält,
wird in gewisser Weise wahrgenommen», befindet Adele Woodthorpe,
Geschäftsführerin von Woodthorpe Communications mit Sitz in
Covent Garden. «Die Leute schauen auf Ihre Visitenkarte und neh­
men Sie plötzlich ernst …» Das West End hat zweifellos die teuers­
ten Wohnungen und Häuser Grossbritanniens; allein in diesem Jahr
dürften die Preise schätzungsweise um 40 Prozent steigen. Kein
Wunder, sind es vor allem Studenten, die sich Einzimmerwohnungen
teilen, und gut Betuchte, die tatsächlich hier leben. Aus dem gleichen
Grund ist die Gegend aber auch ständig in Bewegung. Tagsüber
strömen Erwerbstätige, Touristen und Vergnügungssuchende herbei,
die später in ihre Häuser und Hotels zurückkehren und wie eine
Invasionsarmee einige der begehrtesten Bezirke der Hauptstadt
frequentieren – darunter Mayfair, Belgravia, St. James, Marylebone
und ein frisch aufpoliertes Soho –, bevor sie sich nach geschlagener
Schlacht schliesslich zurückziehen.
Eigentlich ist es kaum vorstellbar, dass angesichts dieses stän­
digen Kommens und Gehens in W1, Grossbritanniens begehrtestem
Postbezirk, eine echte Gemeinschaft bestehen kann. Aber es gibt
sie. «Der Bezirk lockt weiterhin Leute mit einem gewissen Erfolg
oder Vermögen an, denn darauf ist man angewiesen, wenn man hier
leben will – mehr als die Hälfte aller gekauften Wohnungen werden
heute bar bezahlt –, doch diese Leute kennen sich und pflegen
Kontakte», meint Bobby Jenkins, Leiter von Mayfair Publishing,
einem Verlag für Fachzeitschriften mit Westlondoner Leserschaft.
«Im West End ist immer etwas los. Man lebt hier nicht von neun
bis fünf Uhr. Und alles, was hier stattfindet, hat irgendwie mit
Geschäft zu tun. Es mutet immer noch wie ein Ort an, wo man sich
ungezwungen mit gesellschaftlichen Grössen unterhalten kann, ein
Ort voller Möglichkeiten.»
Doch sein Ruf als begehrtester und lebendigster Stadtteil
Londons ist keineswegs gesichert. In den letzten beiden Jahrzehn­
ten wurde diese dominierende Stellung zunehmend infrage gestellt,
ironischerweise als Folge des Geldes. Günstige Mieten und er­
schwingliche Häuserpreise haben dem Osten der Stadt einen Boom
beschert, der nicht nur Wohlhabende – insbesondere solche, die
gern in der Nähe des wiedererstarkten Londoner Finanzzentrums
wohnen – angelockt hat, sondern auch Kreative und Trendsetter, die
weit mehr als nur das nötige Kleingeld mitbringen und den Osten
zu einer ausgesprochen «coolen» Gegend gemacht haben. Einstige
Tabubezirke sind zu angesagten Orten geworden. Und die jahrhun­
dertealte Trennung zwischen Westen und Osten lebt wieder auf – der
eine formell, der andere modisch; der eine traditionell, der andere
progressiv; der eine ganz auf Rampenlicht und Show eingestellt,
der andere von dunklen Gassen und Geheimnissen durchzogen.
Bedauerlich aus Sicht des West End ist, dass der Radikalismus
in Mode gekommen ist – getragen von einer Jugendkultur, auf die
sich jetzt sogar bekannte Luxusmarken abstützen; der Osten ist ihre
natürliche Heimat wie schon seit Ende des 19 . Jahrhunderts, als sich
jüdische, deutsche und russische Freidenker erstmals dort nieder­
liessen, um der Verfolgung zu entgehen, und seit Lenin und Stalin
1907 in einer Hinterhofkirche von Hoxton am Kongress der Rus­
sischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei teilnahmen. Das East
End mag zwar historisch gesehen eine Brutstätte von Sozialreformen,
Krankheiten, Prostitution und, in den 1950 er­Jahren, der Banden­
kriminalität der Gebrüder Kray gewesen sein, aber das hat seine
Sonderstellung nur untermauert. Heute fliesst mehr Sanierungsgeld
in die Gegend, denn immerhin ist sie Austragungsort der nächsten
Olympischen Spiele; auch in der nahen City sind rund 135 000 Qua­
dratmeter Einzelhandelsflächen vorgesehen, die speziell mit dem
West End konkurrieren sollen. Verfügt das West End noch über ein
überzeugendes Gegenargument, etwa seine Erhabenheit alten Stils
gegenüber der Derbheit des East End ? «Ich erinnere mich, wie wir
als Kinder das West End besuchten und uns dafür schön anzogen –
es war etwas Besonderes. Aber das hat sich grundlegend geändert
und die Gegend geniesst heute nicht mehr das Prestige von einst »,
sagt Helen Franks, Leiterin Commercial Leasing bei Grosvenor Es­
tate. Und sie muss es wissen, denn Grosvenor ist das Immobilien­
unternehmen des Herzogs von Westminster, das im West End >
Credit Suisse bulletin 2/11
16
Westen West End London
bulletin 2/11 Credit Suisse
Burlington Arcade (links) und
Royal Academy of Arts.
Credit Suisse bulletin 2/11
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Westen West End London
Pino Ragona
Besitzer des Restaurants Giovanni’s
«Am liebsten bin ich in Covent garden, die gegend von West
london, die mich richtiggehend magisch anzieht, auch des
perfekten Mix von Leuten wegen. Ich finde diesen Stadtteil einfach
wunderschön, deshalb verbringe ich auch fast die ganze Zeit
meines lebens da.»
Je länger, je mehr mischen
sich Alt und Neu, aber Tradition
und Qualitätsbewusstsein
überwiegen nach wie vor und
machen den Charme aus.
bulletin 2/11 Credit Suisse
Bobby Jenkins
Leiter von Mayfair Publishing
« An mayfair fasziniert mich die mischung
von Historischem und modernem: Du
gehst die eine Strasse runter und endest
beim Buckingham Palace, biegst in die
nächste ab und triffst auf das Ritz Hotel.»
Luke Sweeney
Mitinhaber der Massschneiderei Thom Sweeney
«Ich finde die Mount Street hier gleich neben
dem Berkeley Square eine sehr interessante
Strasse, weil an ihr die unterschiedlichsten
geschäfte zu finden sind: Designer, Auto­
händler, Restaurants, Schneidereien. Und
gleich gegenüber befindet sich ein super Pub! »
rund 120 Hektar Grundstücksfläche besitzt. Seine einzigartige so­
ziale Mischung verströmt immer noch eine besondere Energie. Aber
es ist zum Beispiel kein familienfreundlicher Ort. Geld hat das ver­
ändert. Im East End herrscht heute eine ganz andere Atmosphäre –
entspannter, zeitgenössischer und aus Sicht vieler Menschen attrak­
tiver. Die Stadt ist geteilt. Die Trennmauer ist selbstverständlich
eher psychologischer denn physischer Art. «Man spürt förmlich, wie
sich die Kultur verändert, je weiter man sich in östlicher Richtung
vom West End wegbewegt, und sieht es sogar an der Kleidung»,
meint Luke Sweeney von der Massschneiderei Thom Sweeney in
Mayfair. «Das East End ist schräg und originell, während das West
End spiessiger und erwachsener wirkt. Deshalb finden Sie dort nach
wie vor alle guten Restaurants. Für mich verläuft die wahre Trennlinie
zwischen altem und neuem Geld. Im Osten sind es meistens Banker,
die ihr Geld ausgeben. Viele unserer hiesigen Kunden haben Väter
und Grossväter, die auch schon Kunden eines Massschneiders wa­
ren – eine Einstellung, die im West End von Generation zu Generation
weitergegeben wird.» Diese Kultur ist unverkennbar, auch wenn vie­
les davon eher für den Tourismus als für den Londoner Alltag von
Bedeutung ist. Es ist die Kultur von Hotels wie dem «Claridge’s»,
dem «Ritz» und dem «Dorchester »; der Royal Academy of Arts, des
Auktionshauses Christie’s und des königlichen Kaufhauses Fort­
num & Mason; der Jermyn Street und Savile Row, wo angesehene
viktorianische Unternehmen wie Cadbury’s ihren Hauptsitz hatten
(bis sie von den Preisen verdrängt wurden), und der vielen Bot­
schaftsbüros, die in Mayfair zu finden sind – das Viertel ist aus gu­
tem Grund die teuerste Adresse auf dem britischen Monopoly­Brett.
Dass der Stadtteil traditionell von Gentlemen bewohnt wird, zeigt
sich vielleicht schon an der Anzahl exklusiver Klubs, die seit Gene­
rationen im West End zu finden sind, von Garrick bis Carlton. Heut­
zutage könnte allerdings sogar «Spearmint Rhino» als «Gentlemen’s
Club» durchgehen. Aber neben Striptease ist auch die Kunst ein
Gradmesser für den zeitlichen Wandel im West End. The White
Cube – vielleicht Londons bedeutendste zeitgenössische Galerie,
die Künstler wie Damien Hirst und Tracey Emin vertritt – wurde ur­
sprünglich in St. James eröffnet und zog später an den Hoxton
Square im Osten Londons. Vor fünf Jahren wurde dann – wiederum
in St. James – eine zweite Galerie eröffnet.
Laut Helen Franks ist das West End heute wieder im Aufwind,
doch diesmal handelt es sich weniger um ein zusammenhängendes,
glitzerndes Gebilde, symbolisiert durch die Lichter des Piccadilly
Circus, als vielmehr um «Nischen des Besonderen», wie sie es nennt.
Auch wenn die Gegend nicht ganz zu ihrer früheren Eleganz zurück­
gefunden hat, wurden doch einzelne Strassen zu neuem Leben er­
weckt, was hauptsächlich auf eine Art von «Retail­Gentrifizierung»
zurückzuführen ist, die ihrerseits neue Bars, Restaurants und Clubs
angelockt hat. Es ist einmal mehr die Geschichte vom Weg des Gel­
des: Auf der Suche nach erschwinglichen Mieten, um einen >
Credit Suisse bulletin 2/11
Stacey Smith
Modeeinkäuferin für Matches Fashion Group
«Mein Favorit im West End ist die Portobello Road,
die auf meinem Arbeitsweg liegt.
Dort trinke ich jeden Morgen meinen Kaffee.»
Simon Thomas
Ch efconcierge im Br own’s Hotel
«Das West End verändert und
entwickelt sich immer wieder
weiter. trotzdem ist es aber die
Wiege von museen, Kunstgalerien
und traditionellen geschäften
geblieben. Und das führt zu einem
einmaligen und spannenden mix.»
immer stärker einzelhandelsorientierten Tourismus zu bedienen, suchen», sagt Simon Thomas. Er arbeitet seit 15 Jahren als Chef­
haben Marken diese neuen Ecken des West End entdeckt. «Die concierge in der Gegend, zurzeit im Brown’s Hotel zwischen Picca­
riesigen, klassischen Durchgangsstrassen wie die Bond Street dilly und Bond Street. «Schauen Sie nur, wie die Gebäude in den
haben ihren Glanz verloren, dafür sind andere Einkaufsstrassen auf­ letzten Jahren aufgemöbelt wurden», sagt er. «Sie hatten es auch
gekommen», sagt Franks – zum Beispiel Marylebone High Street nötig. Sogar der Buckingham Palace wirkte heruntergekommen. Das
oder Mount Street. Und jetzt: Duke und North Audley Streets (beide ist ein Indiz dafür, dass ein frischer Wind durch das Viertel weht, so­
nördlich der Oxford Street), deren künftige Attraktivität auf einem dass es einerseits seinem historischen Charakter und andererseits
Hotelkonzept gründet, das zurzeit mit den Eigentümern des extrem einem moderneren Selbstverständnis besser Rechnung tragen kann.
populären Wolseley Restaurant am Piccadilly Circus entwickelt wird. Man findet hier immer noch alle sozialen Schichten. Das Londoner
Es geht hier auch um den altbekannten Zyklus von Aufstieg und Fall: West End besitzt weiterhin eine einzigartige Persönlichkeit.» <
Anwohner und Ladenbesitzer sind inzwischen zwar besser organisiert,
um Neuankömmlinge aufzuhalten, die den Ton in der Gegend ver­
ändern könnten, doch führt dies unweigerlich zu steigenden Mieten
Mehr zum Thema >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
und zur Homogenität der Markengiganten, die sich diese leisten
Die sechs Personen erzählen im Film mehr über ihr Leben im
können. «Es stimmt, dass die Zukunft des West End in den Händen
www.credit­suisse.com/bulletin/westend
Londoner West End:
der Hauseigentümer liegt. Aber mittlerweile hat das Viertel sicher
auch davon profitiert, dass es nicht mehr nur als Bond Street und
Regent Street wahrgenommen wird», sagt Stacey Smith, Mode­
einkäuferin für Matches Fashion Group, einen unabhängigen Mode ­
Einzelhändler, der als eines der ersten Unternehmen nach Maryle­
bone kam. «Mit anderen Worten: Wenn man bereit ist, Neuland zu
betreten, ist das West End eklektischer und unkonventioneller ge­
worden, was wiederum jüngere Leute in eine Gegend Londons
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gelockt hat, die allgemein von Älteren bevorzugt wird – mehr Wein­
bar als trendiger Club. Vorläufig ist das West End von einer positiven
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Dynamik geprägt.» Daraus dürfte ein zeitgenössischeres, stärker
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integrierendes West End hervorgehen, das im Einklang mit der all­
phone bringen.
gemeinen gesellschaftlichen Entwicklung steht. «Sehen Sie sich
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die Architektur an, wenn Sie nach Anhaltspunkten für die Zukunft
bulletin 2/11 Credit Suisse
22
Westen Wissenschaft
DER
RECHNENDE
All
­
mäCH­
Isaac Newton (1642–1727)
tIgE
Wissenschaft Westen
23
Naturgesetze sind eine zutiefst westliche Idee. Zwar hat die Physik damit gewaltige
Erfolge gefeiert, findet der Nobelpreisträger Robert Laughlin – die Suche nach einer
ultimativen Weltformel sei aber gescheitert.
Foto: SSPL, Getty Images
Text: Mathias Plüss
Die Planeten kreisen auf stabilen Bahnen um die Sonne. Die Licht­
geschwindigkeit ist konstant. Magnetnadeln zeigen zuverlässig nach
Norden. Energie geht nie verloren.
Naturgesetze sind für uns etwas Selbstverständliches – jedenfalls
staunen wir selten darüber. Dabei sind seit der ersten quantitativen
Formulierung eines physikalischen Gesetzes erst 400 Jahre vergan­
gen. Es war Galileo Galilei (1564 –1642 ), der mit seinen Experi­
menten das Fallgesetz entdeckte: Gegenstände fallen stets gleich
schnell, unabhängig von Ort, Zeit, Material und Form. Und er formu­
lierte auch gleich den Grundsatz, dem die Physik seither nachlebt:
Das Universum sei «ein grosses Buch», geschrieben «in der Sprache
der Mathematik». Ohne Kenntnis dieser Sprache, so Galilei, «irrt man
in einem dunklen Labyrinth herum».
Was danach folgte, war eine einzigartige Erfolgsgeschichte. New­
ton entdeckte die Gravitationsgesetze, Maxwell die Elektrodynamik,
Einstein die Relativitätstheorie. Ins ganz Grosse stiess man vor, von
den Sternen über die Galaxien bis zu den Schwarzen Löchern, und
ins ganz Kleine, von den Molekülen über die Atome bis zu den Quarks.
Überall fand man Gesetze, überall liessen sich mathematische For­
meln aufstellen, das ganze Universum schien berechenbar.
Man muss sich zunächst bewusst machen, wie erstaunlich das
ist. «Dass es Naturgesetze gibt, ist eine Art Wunder, und jeder
denkende Mensch sollte darüber zutiefst beunruhigt sein», sagt
Robert Laughlin, Professor an der kalifornischen Stanford­Univer­
sität und Physik­Nobelpreisträger von 1998 . Um bei Galileo Galilei
zu bleiben: Es könnte ja sein, dass ein Gegenstand in Bern nicht
gleich schnell fällt wie in Pisa. Dass ein Stein rascher fällt als ein
Stück Metall. Oder dass es überhaupt keine Regularität gibt. So ist
es aber nicht.
Letztlich gibt es bis heute keine befriedigende Antwort auf die
Frage, warum es Naturgesetze gibt. Dass diese Gesetze aber vor­
nehmlich in Europa entdeckt wurden, dafür gibt es eine Erklärung:
Sie passen wunderbar ins Denk­ und Glaubensgebäude des Westens.
«Schon bei den griechischen Stoikern findet man das Konzept des
Logos, was gleichzeitig Natur, Gott und Logik bedeutet », sagt Robert
Laughlin. «Unsere Kultur ist bis heute durchsetzt von dieser Idee –
darum scheint es uns vernünftig, dass die Natur logisch ist, dass es
so etwas wie Naturgesetze überhaupt gibt.»
Es spricht vieles dafür, dass es vor allem der abendländische
Monotheismus war, der die Entdeckung und Akzeptanz der Natur­
gesetze begünstigte. Schon der Gott des Alten Testamentes tritt als
Gesetzgeber auf, der die Winde bewegt, das Land vom Wasser trennt
und den Tag­Nacht­Rhythmus regelt. Von Anfang an dominierte so
die Vorstellung einer geordneten, rationalen Natur, während man all
das Chaos, das die Welt eben auch beherbergt, grosszügig ausblen­
dete. Der Monotheismus «begünstigt den Glauben daran, dass die
Natur durch die Anordnungen eines allmächtigen und göttlichen
Gesetzgebers beherrscht wird», schreibt der englische Astronom
John D. Barrow. «Ein Monotheismus, der nichts mit Naturgottheiten
und Astrologie zu tun hat, erleichtert die Entwicklung eines starken
Glaubens an die Naturgesetze und an die Möglichkeit wissenschaft­
licher Erforschung der Welt.»
Den göttlichen Schöpfungsplan enthüllen
So ist es denn nur folgerichtig, dass die wissenschaftliche Revolu­
tion in Europa stattfand und nicht in China. Rein technisch waren
die Chinesen im Mittelalter weiter als wir. Aber die Idee eines all­
mächtigen Gottes, der der Natur quasi von aussen Gesetze auferlegt,
war ihnen zutiefst fremd: Sie hatten eine ganzheitliche Sicht der
Natur, in der alles mit allem harmonisch verwoben ist. Darum kamen
sie gar nie auf die Idee, nach Naturgesetzen zu suchen.
Für die westlichen Physiker, die die Naturgesetze entdeckten, war
es bis ins 20. Jahrhundert hinein selbstverständlich, dass sie mit ihrer
Arbeit den göttlichen Schöpfungsplan enthüllen würden. «Die Auf­
gabe der Naturwissenschaft », schrieb Isaac Newton (1642 –1727 )
mitten in seinen «Mathematischen Prinzipien», sei es, «Gottes Werke
zu untersuchen». In dieser Sicht belegt jedes entdeckte Naturgesetz
von Neuem die Existenz eines intelligenten Schöpfers: Die «bewun­
dernswürdige Einrichtung der Sonne, der Planeten und Kometen hat
nur aus dem Ratschluss und der Herrschaft eines alles einsehen­ >
Credit Suisse bulletin 2/11
24
Westen Wissenschaft
Der Begründer der Relativitätstheorie, Albert Einstein, zu Besuch im Mount-Wilson-Observatorium.
bulletin 2/11 Credit Suisse
wesenden» gefunden werde. Seit bald zwei Jahren nun ist Hawking
emeritiert, und von der ersehnten Weltformel ist keine Spur zu finden.
Ein einziges Grundgesetz widerspräche dem Wesen der Natur
Robert Laughlin plädiert für eine ganz neue Sicht auf die Naturge­
setze. Spätestens seit seinem Buch «Abschied von der Weltformel»
(Piper, 2007 ) gilt er in der Physikerzunft als Rebell, der die Entwick­
lung der Wissenschaft grundlegend in Frage stellt. «Die Suche nach
der Weltformel ist wie die Jagd nach dem Regenbogen», sagt er.
«Unterhalb des vermeintlich fundamentalen Gesetzes liegt ein funda­
mentaleres, und darunter ein noch fundamentaleres und so weiter.»
Von dieser Hierarchisierung der Naturgesetze hält Laughlin nichts –
für ihn sind sie alle gleichwertig. Die westliche Verehrung der Welt­
formel hat für ihn religiöse Gründe: «Die fundamentalen Gesetze
gelten uns als heilig», sagt Robert Laughlin. «Wir sind so geprägt,
dass wir sie mit Gott verbinden.»
Die Vorstellung einer durchkomponierten Welt, die sich aus einem
einzigen Grundgesetz heraus entwickelt, hat gewiss ihren Reiz.
Aber sie wird dem Wesen der Natur nicht gerecht. Das Problem ist
dabei nicht einmal so sehr, dass eine Weltformel weit und breit nicht
in Sicht ist. Das Problem ist vielmehr, dass sich die allermeisten Ge­
setze nicht aus anderen herleiten lassen. Es ist gewiss ein biologi­
sches Gesetz, dass der Hase vor dem Fuchs davonrennt. Aber diese
Verhaltensregel ist emergent, das heisst: Man kann sie aus keinem
anderen biologischen Gesetz ableiten, geschweige denn aus einem
physikalischen. Die Idee, man könne theoretisch alle Wissenschaft,
von der Biologie über die Chemie und die Makrophysik bis zur
Mikrophysik, auf eine einzige Weltformel zurückführen, verliert aber
ihre Bedeutung, wenn sich dieses Programm in der Praxis nicht
durchführen lässt.
Fotos: Time Life Pictures, Getty Images | Neumann und Rodtmann, Outline, Corbis, Specter
den und allmächtigen Wesens hervorgehen können», so Newton.
Dass die Naturgesetze in der Sprache der Mathematik geschrieben
sind, hat überdies viele Physiker zur Überzeugung gebracht, Gott
müsse selbst der höheren Mathematik fähig sein. « Gott rechnet »,
befand Gauss, und Leibniz schrieb: «Indem Gott rechnet, entsteht
die Welt.»
So erstaunlich die Erfolge dieser Denkweise auch sind, hat sie
dennoch ihre Schattenseiten. Erstens überschätzt sie die Berechen­
barkeit der Welt. In realen Vorgängen der Natur spielen so viele
Faktoren mit, dass man das Geschehen nur in den seltensten Fäl­
len aus physikalischen Gesetzen ableiten kann. Zweitens hat der
religiöse Hintergrund dieser Denkweise zur fixen Vorstellung geführt,
die Naturgesetze seien alle eng miteinander verwoben. Indem wir
immer tiefer in die Natur eindrängen, fänden wir immer fundamen­
talere Gesetze, und am Ende stünde ganz an der Spitze eine einzige
Weltformel, aus der sich alle anderen ableiten liessen.
«Unser Ziel ist », so der schweizerisch­britische Physiker Paul
Dirac (1902 –1984 ), «eine einzige umfassende Theorie zu erhalten,
die die ganze Physik beschreiben wird.» Wenn dieses Ziel erreicht
sei, sagte der russisch­amerikanische Wissenschaftler George
Gamow (1904 –1968 ), habe «die Physik ihr Ende erreicht », ihre wei­
tere Erforschung werde keinerlei Spannung mehr bieten, und alles,
was einem Physiker dann noch bleibe, sei «ödes Arbeiten an unbe­
deutenden Details oder autodidaktisches Studieren und Bewundern
der Grossartigkeit des vollendeten Systems».
Die Überheblichkeit, die hier mitschwingt, ist nicht untypisch für
die erfolgsverwöhnte Physik. Es spreche einiges dafür, sagte Ste­
phen Hawking bei seiner Antrittsvorlesung in Cambridge 1980, dass
eine «vollständige Theorie», die «alle physikalischen Beobachtungen
beschreiben würde», noch «innerhalb der Lebenszeit einiger hier An­
Wissenschaft Westen
25
Physiker-Rebell Robert Laughlin: «Die Suche nach der
Weltformel ist wie die Jagd nach dem Regenbogen.»
Robert Laughlin nennt als Beispiel die Festigkeit von Festkörpern:
«Festigkeit ist ein Naturgesetz», sagt er. « Jedes Mal, wenn wir ein
Flugzeug oder ein hohes Gebäude betreten, verlassen wir uns auf
die Stabilität fester Körper.» Diese Stabilität ergibt sich aus der hoch­
präzisen Anordnung der Atome in einem Kristallgitter. Just diese
Ordnung aber lässt sich nicht durch die vermeintlich fundamenta­
lere Quantenmechanik vorhersagen. «Festigkeit ist das Beispiel eines
sehr wichtigen Naturgesetzes, das sich nicht aus etwas Grund­
legenderem herleiten lässt. Festigkeit ist emergent.»
Das ganze Bild ist erst aus der Distanz erkennbar
Emergente Ordnungen entstehen und verschwinden wie von selbst.
Sie beruhen auf kollektiver Selbstorganisation und existieren immer
nur in einer bestimmten Grössenskala. Wenn man genauer hinschaut,
verschwindet das Phänomen komplett: Die Mikrobiologie offenbart
nichts über das Fluchtverhalten des Hasen. Der Blick ins Elektronen­
mikroskop bringt keine Erkenntnisse über die Festigkeit. «Wenn man
zu genau hinschaut, wird das ganze Konzept sinnlos – man kann nicht
einmal mehr sagen, ob es sich um eine Flüssigkeit oder einen Fest­
körper handelt », sagt Laughlin. «Es ist wie bei einem Bild: Wenn man
nahe herantritt, findet man nur nichtssagende Farbpunkte. Erst wenn
man ein paar Schritte zurückmacht und es als Ganzes anschaut,
bekommt es einen Sinn. Das ist typisch für Emergenz.»
Solche Gesetze gibt es viele. Robert Laughlin ist sogar der Über­
zeugung, dass sämtliche Naturgesetze emergent sind. Diese Sicht
hat etwas ungemein Erfrischendes. Zum einen befreit sie die Physik
vom ideologischen Ballast, den sie seit Jahrhunderten mit sich trägt.
Es sind keine abstrakten mathematisch­metaphysischen Gesetze,
die die Welt ordnen. Vielmehr steckt die Ordnung in der Natur selbst,
und diese Ordnung ist es, die in gewissen Bereichen jene Gesetz­
mässigkeiten hervorbringt, die wir wiederum lesen können. Damit
verschwindet auch die doch reichlich seltsame Vorstellung eines
Gottes, der die Welt schafft, indem er permanent mathematische
Gleichungen löst.
Zum anderen können wir getrost auch die ewige Jagd nach der
Weltformel ad acta legen. Wenn Naturgesetze keine übernatürlichen
Anweisungen sind, sondern sich aus emergenter Ordnung in ver­
schiedenen Skalen ergeben, dann verschwindet auch die vermeint­
liche Hierarchie, und alle Gesetze werden gleichwertig – von der
Mikrophysik bis zur Verhaltensbiologie. Die Natur sei «ein gewaltiger
Turm aus Wahrheiten», sagt Robert Laughlin. «Die Suche nach einer
einzigen ultimativen Wahrheit ist an ihr Ende gelangt, aber gleich­
zeitig gescheitert.» <
Mehr zum Thema >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Buchtipp Robert B. Laughlin: «Abschied von
der Weltformel – Die Neuerfindung der Physik».
Piper März 2009 . 336 Seiten, kartoniert.
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Credit Suisse bulletin 2/11
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Westen Atonale Musik
bulletin 2/11 Credit Suisse
Atonale Musik Westen
27
ICH
lUFt
VON ANDEREm
PlANEtEN
Der Wiener Komponist Arnold Schönberg konnte sich 1921
als Entdecker der Zwölftontechnik durchsetzen. Schon vorher
sorgten die ungewohnten Klänge seiner atonalen musik für
Furore. Heute zählt er längst zu den Klassikern. trotz inter­
nationaler Verbreitung fasste die Zwölftontechnik in anderen
Kulturen aber nie richtig Fuss. Die gründe dafür wurzeln im
westlichen Denken, sagt der musikwissenschaftler Roman
Brotbeck. Eine Spurensuche.
Fotografie: Regina Hügli
Credit Suisse bulletin 2/11
28
Westen Atonale Musik
Text: Maria Ryser
«Man bedenke, welche Enthaltsamkeit dazu gehört, sich so kurz zu
fassen. Jeder Blick lässt sich zu einem Gedicht, jeder Seufzer zu
einem Roman ausdehnen.» Mit diesen Gedanken versuchte Arnold
Schönberg sich den «Sechs Bagatellen für Streichquartett » seines
ehemaligen Schülers Anton Webern zu nähern, einem Meisterwerk
der atonalen Musik. Ein Versuch, der im 100 . Jubiläumsjahr der «Ba­
gatellen» auch von den vier Jungmusikern des Asasello Quartetts
gewagt wird (siehe Infobox Seite 31).
«Die Zwölftontechnik geht aus der Atonalität hervor und bildet die
Endstufe einer langen musikalischen Entwicklung, die im 19. Jahr­
hundert beginnt und die Tonalität zunehmend auflöst », erklärt der
Musikwissenschaftler Roman Brotbeck. «Diese Technik möchte die
zwölf Halbtöne innerhalb einer Oktave gleichwertig behandeln. Um
dies zu erreichen, wurde die Regel aufgestellt, dass ein bestimmter
Ton erst wiederholt werden darf, wenn die andern elf Töne erklun­
gen sind. Das führt zu einer Grundgestalt von zwölf Tönen, die
Schönberg eine «Reihe» nannte.» Akkorde bauen folglich nicht wie
in der alten Harmonik auf dem Dreiklang auf, sondern ergeben sich
aus der Reihe. Die Gleichstufigkeit des Halbtonsystems ist dabei
vergleichbar mit der Funktion des Betons in der sich zeitgleich
entwickelnden Bauhaus­Schule, mit dem man alles verbinden, alle
Formen bauen, Wände wie Böden, Dächer und Fundamente (also
vertikal und horizontal) giessen kann.
Der politisch konservative, künstlerisch aber revolutionäre Schön­
berg wollte damit keineswegs die klassisch­romantische Dur­Moll­
Tonalität angreifen, sondern diese in einem rigorosen System zu noch
grösserer Ordnung und Klarheit steigern.
Demokratische Kontrolle der töne
Folgt man den historischen Spuren der Zwölftonmusik, zeichnet
sich eine enge Verstrickung mit der europäischen Geschichte ab: In
Wien, dieser Schnittstelle zwischen Ost und West und daher so­
wohl Ort der Vermischung als auch der gezielten Abgrenzung, sehnte
sich Schönberg nach dem Ersten Weltkrieg offensichtlich nach einer
gewissen Ordnung und mehr «demokratischer » Kontrolle der Töne,
wie der Eintrag aus dem Theoriewerk «Komposition mit zwölf Tönen»
aufzeigt: «Durch die regelmässige Verwendung einer Reihe von zwölf
Tönen werden alle anderen Töne auf die gleiche Weise betont, und
dadurch wird der einzelne Ton des Privilegs der Vorherrschaft be­
raubt.» Der letzte Rest von Hierarchie im musikalischen Raum ging
verloren: «In diesem Raum gibt es […] kein absolutes Unten, kein
Rechts oder Links, Vor­ oder Rückwärts.»
Das Dritte Reich liess die Zwölftonmusik als «entartete Kunst »
verbieten und trieb den «neuen Mozart » ins amerikanische Asyl. Nach
1945 befand sich die Zwölftontechnik quasi im historischen Recht
und verkörperte bis ungefähr 1965 die einflussreichste Komposi­
tionstechnik der westlichen Musik. Dadurch verlor sie aber auch ihr
Widerständisches und ihr Neues – zumindest in Westeuropa und
den USA . Im totalitären Osten dagegen stiess sie während des Kal­
ten Krieges durch das auferlegte Verbot bei den dortigen Kompo­
nisten als Symbol des Widerstands auf reges Interesse. Mit dem
Mauerfall sowie dem Zusammenbruch der Sowjetunion löste sich
die einstige Attraktivität der Zwölftontechnik jedoch schlagartig auf.
Heute wird sie kaum noch benutzt. Was sich hingegen bis auf den
heutigen Tag hartnäckig hält, sind die von den Nazis propagierten
Vorwürfe einer «kopflastigen, intellektuellen und unsinnlichen >
bulletin 2/11 Credit Suisse
«Diese Stücke wird nur verstehen, wer dem
Glauben angehört, dass sich durch Töne etwas
nur durch Töne Sagbares ausdrücken lässt.»
Komponist Schönberg über die «Sechs Bagatellen»
Credit Suisse bulletin 2/11
30
Westen Atonale Musik
«Die Überzeugung, dass diese
neuen Klänge den Gesetzen
der Natur und den Gesetzen
unserer Denkweise gehorchen –
die Überzeugung, dass Ordnung,
Logik, Fasslichkeit und Form
ohne Befolgung dieser Gesetze
nicht vorhanden sein können –,
treibt den Komponisten auf
Entdeckungsreise.»
Arnold Schönberg
bulletin 2/11 Credit Suisse
Atonale Musik Westen
31
Musik». «Die Zwölftöner kreierten eine extrem emotionale, ja über­ Der ist magisch. Wer sich darauf einlässt, kann fliegen !» Wilhelm
schwängliche, erotisch­sinnliche Musik, die mit ‹kopflastig› gar nichts Furtwängler, konservativer Komponist und kein Freund Schönbergs,
zu tun hat », hält Roman Brotbeck dem entgegen und vergleicht spricht dagegen von einem «Gefühl des Ausgeliefertseins»: «An der
Schönbergs Stellenwert für die Musik mit dem Stellenwert Freuds Hand des atonalen Musikers geht man daher […] wie durch einen
in der Psychologie: «Historisch hat das, was Freud in der Psycho­ dichten Wald. Am Wege ziehen die merkwürdigsten Blumen und
logie bewirkte, nämlich eine positive Bewertung der Triebkräfte, Pflanzen die Aufmerksamkeit auf sich. Selber aber weiss man nicht,
Schönberg in der Musik zu realisieren gewagt: Die Befreiung der woher man kommt und wohin man geht. Ein Gefühl des Ausgelie­
fertseins an die Macht elementaren Seins ergreift den Hörer.»
westlichen Musik von bürgerlichen Anstandsvorschriften.»
Um dem hohen Perfektionsanspruch Weberns gerecht zu werden,
Westlicher Drang nach Ein­Ordnung und gesetz
hat sich Asasello für eine analoge und ungeschnittene Vinyl­Auf­
Die ungewohnte Klangabfolge forderte ein neues Musikverständnis. nahme entschieden. Quasi ein Massanzug für das Innenleben der
Diese Forderung bildete die eigentlich revolutionäre Leistung «Bagatellen» und wohl ganz im Sinne Schönbergs: «Diese Stücke
Schönbergs. Den Hauptgrund, die Atonalität und später die Zwölf­ wird nur verstehen, wer dem Glauben angehört, dass sich durch Töne
tontechnik als ein spezifisch westliches Konzept zu verorten, sieht etwas nur durch Töne Sagbares ausdrücken lässt.» Sein Vorwort
Roman Brotbeck aber nicht im Moment der Befreiung, was Schön­ zu den «Bagatellen» führte er mit den Worten «Möge Ihnen diese
berg mit dem Gesang « Ich fühle Luft von anderem Planeten» im Stille klingen !» in grösster Ehrfurcht zu Ende. <
skandalumwitterten «Zweiten Streichquartett » so treffend auf den
Punkt brachte. Der Kern steckt im westlichen Denken.
« Durch die radikale Vereinfachung des westlichen Tonhöhen­
systems in zwölf exakt gleich grosse Halbtöne gliedert sich die
Zwölftonmusik ein in jenes westliche Denken, das überall und immer
Mehr zum Thema >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
und zuallererst nach Standards, nach Einheitlichkeit, nach Ein­Ord­
Bilder im Artikel Regina Hügli (*1975 ) ist freie Fotografin.
nung ruft, und zwar in allen Lebensgebieten, also quasi vom Stecker
Sie hat sich unter anderem auf Bildsprachen und fotografische
Konzepte spezialisiert. Die Bildstrecke zeigt verschiedene
über die Salatgrösse bis zu den Mitmenschen. Standards erlauben
Übersetzungsversuche von atonaler Musik in fotografische Bilder.
leichten Austausch, leichtes Verschieben, leichtes Umziehen und
Dabei hat sie sich verschiedener Techniken bedient: der Loch­
Reisen, aber auch leichtes Installieren und Verdrängen von anderem
kartenfotografie ( S. 26 ), der Prismenfotografie ( S. 29 ), dem Foto­
gramm ( S. 30, oben) und der Lichtzeichnung ( S. 30, unten).
und Fremdem.»
In diesem Punkt sieht Brotbeck die Leistung und zugleich die
Der Film über die Entstehung der Bilder:
www.credit­suisse.com/bulletin/12ton
Begrenzung der Zwölftontechnik: «Nie vorher gab es eine Kompo­
sitionstechnik, die so sehr alles verbinden und verknüpfen und alles
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
mit allem in Verwandtschaft bringen konnte. Sie konnte sich – wie
Neuaufnahme von Weberns «Bagatellen»
das westliche Denken und Handeln generell – sehr schnell inter­
auf Vinyl Das Asasello Quartett nimmt in
Zusammenarbeit mit Manuel Schwiertz vom
national ausbreiten. In ihrer sturen Ein­Ordnung konnte sie andere
Label «blinker – Marke für Rezentes» und
Ordnungen allerdings gar nicht verstehen, das heisst, sie musste
Frank Kämpfer vom Deutschlandfunk das Werk
diese verdrängen. Das ist grosso modo eigentlich auch die generelle
«Sechs Bagatellen für Streichquartett op. 9»
von Anton Webern neu auf. Die analog aufgenommene und
Leistung beziehungsweise eben auch der generelle Fluch des west­
ungeschnittene Einspielung erscheint im Herbst 2011 in einer
lichen Denkens im 20 . Jahrhundert.»
limitierten Auflage von 500 Stück auf Schallplatte.
Schönberg brachte diesen Drang nach Ein­Ordnung, nach Gesetz
www.asasello­quartett.ch
und theoretischer Untermauerung der neuen Klänge in seinen Schrif­
www.blinkerblinker.eu
ten klar zum Ausdruck: «Die Überzeugung, dass diese neuen Klän­
Regina Hügli hat das Quartett bei den Aufnahmen begleitet.
Die schöne Fotostrecke dazu:
ge den Gesetzen der Natur und den Gesetzen unserer Denkweise
www.credit­suisse.com/bulletin/12ton
gehorchen – die Überzeugung, dass Ordnung, Logik, Fasslichkeit
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
und Form ohne Befolgung dieser Gesetze nicht vorhanden sein
können –, treibt den Komponisten auf Entdeckungsreise.» Rück­
Werkempfehlungen für atonale musik und Zwölftonmusik
blickend auf die Entstehungszeit der «Bagatellen», die noch nicht
• Alban Berg: Op. 7 «Wozzeck» (1917–1922 )
«Lyrische Suite für Streichquartett » (1925 – 28 )
dem Gesetz der Zwölftontechnik folgten, hielt auch Webern fest:
Arnold
Schönberg: «Moses und Aron» (1923 –1937 )
•
« Das Gesetz war uns damals noch nicht bewusst, aber es war
Op. 30 «Drittes Streichquartett » (1927 )
längst gefühlt.»
Foto: blinker­ Marke für Rezentes
magischer Umgang mit der Zeit
Mit den Werken von Schönberg und Webern tut man sich bis heute
eher schwer. Warum also gerade Weberns «Bagatellen» aufnehmen,
sechs Stücke, die durch ihre Kürze irritieren und vom Publikum
höchste Aufmerksamkeit verlangen? «Wir betrachten die ‹Bagatellen›
als Schlüsselwerk der Quartettliteratur », erklärt Barbara Kuster vom
Asasello Quartett. «Klar, es ist keine Musik zum Nachsummen. Das
Treppengeländer für den Hörer fehlt. Webern verlangt den Mut, sich
fallen zu lassen. Uns fasziniert vor allem sein Umgang mit der Zeit:
Op. 37 «Viertes Streichquartett » (1936 )
Op. 46 «A survivor from Warsaw» (1947 )
• Anton Webern: Op. 5 «Fünf Sätze für Streichquartett » (1909 )
Op. 9 «Sechs Bagatellen für Streichquartett » (1911 )
Op. 20 «Streichtrio» (1926 –1927 ), Op. 21
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Credit Suisse bulletin 2/11
32
Westen
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bulletin 2/11 Credit Suisse
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3
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Invest
Invest
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Wirtschaft, Märkte und Anlagen
Wirtschaft
Zinsen und
Obligationen
Währungen
Aktienmärkte
Rohstoffe
Immobilien
Die neuesten Unterneh­
mensbefragungen deuten
auf eine Fortsetzung des
Aufschwungs hin. Die
Stimmung der Konsumen­
ten bleibt trotz zunehmen­
den Preisdrucks gut.
Die EZB dürfte die
Zinsen im Sommer weiter
erhöhen, während die
SNB und die Fed abwar­
ten. Obligationen bleiben
unter Druck.
Wir erwarten einen
schwächeren CHF
gegenüber dem EUR.
Der USD dürfte
sich gegenüber den
meisten Währungen
weiter abschwächen.
Starkes Wirtschafts­ und
Gewinnwachstum dürften
Aktien mittelfristig wei­
terhin stützen. Kurzfristig
stellen Zinserhöhungen
ein Risiko dar.
Die globale Nachfrage
nach Rohstoffen nimmt
weiter zu. Liquiditäts­
entzug und politische
Unsicherheiten könnten
kurzfristig die Volatilität
erhöhen.
Die Preise für Wohn­
eigentum haben 2010
kräftig zugelegt.
Tiefe Zinsen und eine
positive Nettomigration
sprechen für einen
weiteren Preisanstieg.
Im Gegensatz zu den Naturwissenschaft­
lern fehlt es den Ökonomen an Labor­
experimenten, in denen die Wirkungsweise
einzelner Faktoren isoliert betrachtet und
bestimmt werden kann. Aber manchmal
kommen sie dem Bild nahe: Kaum hatte
der amerikanische Notenbankchef Ben
Bernanke im August 2010 weitere Käufe
von Staatsanleihen und damit Liquiditäts­
spritzen für die US ­Wirtschaft angekündigt,
setzten die Aktienmärkte zu einer lang
anhaltenden Rally an, und nur wenig später
hatten sich die US ­Konjunkturindikatoren
derart stark erholt, dass alle Diskussionen
über ein erneutes Abgleiten in die Rezes­
sion verstummten. Ende April nun hat Ben
Bernanke wie erwartet den Abschluss des
Kaufprogramms im Juni angekündigt. Bald
wird sich zeigen, ob die anderen Treiber der
amerikanischen Konjunktur – vor allem die
Investitionen der privaten Unternehmen –
stark genug sind, um das Versiegen der
zusätzlichen Liquidität zu kompensieren.
Wir tippen darauf. Allerdings stimmen die
ersten Marktreaktionen – rückläufige
Aktien, eine Korrektur der Roh­stoffpreise,
steigende Obligationenkurse – etwas nach­
denklich. Aber vielleicht war das ganz ein­
fach der berühmt­berüchtigte Mai­Faktor !
Im Juni wissen wir es dann ganz sicher.
Dr. Oliver Adler
Leiter Global Economics
Credit Suisse bulletin 2/11
l
ll
Invest
Wirtschaft
Zinsen und
Obligationen
Währungen
Schwächere Umfragedaten, aber
Fortsetzung des Aufschwungs
Zinserhöhungen setzen sich fort,
Fed und SNB warten ab
USD ohne Zinsunterstützung
Unternehmensbefragungen haben sich glo­
bal bis auf wenige Ausnahmen weiter leicht
abgeschwächt. In einigen Ländern (z.B.
USA , GB ) hat sich insbesondere die Stim­
mung im Dienstleistungssektor eingetrübt.
Insgesamt sprechen die Indikatoren jedoch
für eine Fortsetzung des globalen Auf­
schwungs. Die Stimmung der Konsumenten
hat sich trotz des Anstiegs der Ölpreise nur
wenig verschlechtert, wohl weil sich die Situ­
ation an den Arbeitsmärkten verbessert hat.
Die robusten Unternehmensgewinne deuten
auf eine weitere Zunahme der Investitionen
und der Beschäftigung hin. Thomas Herrmann
Die Inflation ist jüngst weiter gestiegen.
Nicht nur in den Schwellen­, sondern auch
in vielen Industrieländern haben Notenban­
ken deshalb die Zinsen erhöht. Die Europäi­
sche Zentralbank ( EZB ) hob den Leitzins im
April um 25 Basispunkte auf 1,25% an, und
wir erwarten in den kommenden Monaten
weitere Zinsschritte. Auch in den Schwellen­
ländern gab es weitere Zinserhöhungen
(z.B. Brasilien auf 12%). Die US ­Notenbank
(Fed) dürfte allerdings nach dem Ende des
Anleihenkaufprogramms (QE2 ) im Juni
die Zinsen noch einige Quartale nahe bei
null belassen, die SNB bis gegen Ende Jahr.
Thomas Herrmann
Der USD dürfte 2011 gegenüber den meis­
ten Währungen schwach bleiben
oder sich sogar noch weiter abschwächen.
Die Kombination von einem anhaltend tiefen
US ­Zinsniveau mit einem Aussenhandels­
und Fiskaldefizit steht unserer Meinung
nach einer Erholung des USD im Weg.
Wir erwarten auch, dass sich der strukturelle
Aufwertungstrend der Währungen von
Schwellenländern im Zug der globalen Kon­
junkturerholung fortsetzen wird. Asiatische
Währungen erscheinen uns attraktiv, da
sie aufgrund ihrer Leistungsbilanz­
überschüsse unter Aufwertungsdruck
bleiben dürften. Marcus Hettinger
Abnehmende Dynamik
im Schweizer Exportsektor
Anleihen geringerer Bonität als
Beimischung interessant
Strategisch «bullish»
für EUR /CHF
Die Konjunkturindikatoren bleiben trotz der
jüngsten Abschwächung des Schweizer
Einkaufsmanagerindex insgesamt klar im
expansiven Terrain. Obwohl die Exporte
auch im März weiter anstiegen, verringerte
sich hier allerdings das Tempo, und die
Exporteure mussten aufgrund der Franken­
stärke ihre Margen senken. Wir gehen des­
halb davon aus, dass das Hauptaugenmerk
der SNB auf den starken CHF und die
damit verbundenen Risiken für den Export­
sektor gerichtet bleibt – zumindest so
lange, wie die Inflationsraten auf dem der­
zeitigen tiefen Niveau verharren.
Die deutliche Überbewertung des CHF
sowie der Zinsvorteil des EUR sprechen für
einen schwächeren CHF. Die Fortsetzung
der globalen Konjunkturerholung und die
allmähliche Eindämmung der EWU ­Schulden­
krise dürften zu einem Abflauen oder
gar einer Umkehr der Kapitalzuflüsse in die
Schweiz führen und den CHF ebenfalls
schwächen. Das charttechnische Bild für
EUR/CHF zeigt eine langfristige Bodenbil­
dung an und signalisiert, dass die Franken­
stärke einen Höhepunkt erreicht hat.
Wir erwarten auf 12 Monate einen Anstieg
von EUR/CHF in die Mitte der 1.30 er­Region.
Fabian Heller
Angesichts der eher schwächeren Konjunk­
turdaten sind die Anleihenrenditen in den
vergangenen Wochen wieder etwas gesun­
ken. Da sich der Aufschwung fortsetzen und
die Niedrigzinspolitik zu Ende gehen dürfte,
gehen wir jedoch mittelfristig von steigenden
Renditen aus. Wir raten deshalb von Investi­
tionen in Anleihen mit langen Laufzeiten ab.
Gleichzeitig erwarten wir, dass die Risikoauf­
schläge für Unternehmensanleihen weiter
zurückgehen, insbesondere bei Emittenten
geringerer Bonität. Papiere mit kurzen Lauf­
zeiten derartiger Schuldner, oder solche von
Schwellenländern, stellen deshalb eine inter­
essante Beimischung dar. Stefan Klein
Wachstumsdynamik im Exportsektor im März tiefer
Der Markt erwartet im 2. Halbjahr höhere Zinsen
Quelle: Datastream, Credit Suisse
Quelle: Datastream, Credit Suisse
Zinsvorteil spricht für deutliches Aufwärtspotenzial
des EUR Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Jahresveränderung in %
%
EUR/CHF
10
3.0
1.60
0
2.0
–10
1.0
2003
2005
2007
2009
Schweizer Exporte (3-Monats-Durchschnitt)
bulletin 2/11 Credit Suisse
2011
1.40
1.0
1.30
1.20
2007
2008
2009
2010
2011
3-Monats-Libor
Implizite Markterwartung
(aus Futures-Kursen vom 05.05.2011)
2012
%
1.6
1.50
0.0
–20
Marcus Hettinger
0.4
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
EUR/CHF-Wechselkurs
2j. Swap EUR minus CHF (rechte Skala)
Invest
Aktienmärkte
Rohstoffe
Immobilien
Globale Aktien langfristig
weiterhin gestützt
Preistrend nach oben,
mit starken Schwankungen
Schweizer Wohnimmobilien:
Weiterer Preisanstieg erwartet
Die globalen Aktienmärkte dürften länger­
fristig weiterhin vom soliden Wirtschafts­
und Gewinnwachstum gestützt werden.
Zudem erscheinen uns die Bewertungen der
meisten Märkte immer noch attraktiv. Wir
empfehlen daher weiterhin eine strategische
Übergewichtung von Aktien. Allerdings muss
besonders nach der starken Performance
der Märkte in den vergangenen Monaten
mit einem gewissen Gegenwind gerechnet
werden. Sich verlangsamende Frühindikato­
ren und das Ende des zweiten quantitativen
Lockerungsprogramms in den USA stellen
Herausforderungen dar. Roger Signer
Die Rohstoffpreise setzten im April ihren
Aufwärtstrend fort. Anfang Mai erfolgte
dann eine scharfe Korrektur. Aufgrund unse­
res Szenarios einer anhaltenden globalen
Wirtschaftserholung gehen wir jedoch für
die meisten industriell benötigten Rohstoffe
langfristig von Preissteigerungen aus. Aller­
dings ist das Risiko von Preisschwankungen
wegen politischer Unsicherheiten und ange­
sichts des anstehenden Liquiditätsentzugs
durch die Notenbanken derzeit besonders
hoch. Stefan Graber
Die Preise für Wohneigentum haben im
4. Quartal des Vorjahres weiter kräftig
zugelegt. Die tiefen Zinsen und eine
anhaltend starke Zuwanderung treiben
die Entwicklung an. In den meisten
Regionen liegen die Preise nach wie vor
auf einem nachhaltigen Niveau. Ausnah­
men sind der Genferseeraum, Teile des
Grossraums Zürich sowie einzelne touris­
tische Regionen. Für 2011 erwarten
wir einen weiteren soliden Zuwachs der
durchschnittlichen Wohnungspreise.
Ill
Martin Bernhard
Der Trend zeigt nach wie vor nach oben
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Wohnungspreise dürften weiter steigen
Quelle: Wüest & Partner, Credit Suisse
Index (Januar 2007 = 100)
Schweizer Aktien sind
günstig bewertet
Infolge seiner defensiven Sektorausrichtung
und des starken CHF ist die Performance
des SMI in den ersten Monaten dieses Jah­
res hinter derjenigen der meisten globalen
und europäischen Aktienindizes zurückge­
blieben. Wir bevorzugen weiterhin zyklische­
re Märkte, sehen aber dennoch besonders
dank den günstigen Bewertungen im
Schweizer Markt auf 12 ­Monats­Sicht eini­
ges Aufwärtspotenzial. Zudem dürfte die
jüngst gesehene Fusions­ und Übernahme­
tätigkeit anhalten, was auch unseren Heim­
markt positiv beeinflussen sollte. Roger Signer
Schweizer Aktien immer noch günstig bewertet
Quelle: Datastream, Credit Suisse
12-Monats-Ausblick KGV
16
12
8
2002
2005
(KGV) SMI
Durchschnitt
+/– 1 Standardabweichung
2008
Preisindex (1. Quartal 2000 = 100)
140
2011
150
100
130
110
60
2007
2008
2009
2010
Credit Suisse Commodity Benchmark in USD
Credit Suisse Commodity Benchmark in CHF
Fokus
2011
90
2000
2002
2004
2006
2008
2010
Eigentumswohnungen Schweiz
Einfamilienhäuser Schweiz
Wie viel Edelmetall gehört ins Portfolio ?
Edelmetalle befinden sich seit Anfang
2009 in einem Aufwärtstrend. Gold und
Silber erreichten im April 2011 neue
USD/oz .
USD/oz.
Höchststände. Nach der Korrektur An­
1400
40
fang Mai könnte sich der Aufwärtstrend
1000
in einigen Märkten durchaus fortset­
20
600
zen. Hauptgründe sind die immer noch
0
200
sehr tiefen Zinsen und gleichzeitig auf­
2002
2004
2006
2008
2010
keimende Inflationssorgen. Studien
zeigen, dass Edelmetalle und Gold über
Silberpreis
Goldpreis (rechte Skala)
die lange Frist Schutz gegen steigende
Konsumentenpreise bieten. Investitio­
nen in Edelmetalle sind jedoch nicht oh­
ne Risiken. Beispielsweise sind die Preisschwankungen von Gold vergleichbar
mit denjenigen von Aktien, jene von Silber, Platin und Palladium sogar deutlich
höher. Die Renditen auf Edelmetallanlagen und vor allem auf Gold sind ebenfalls
vergleichbar mit denen von Aktien. Edelmetalle und insbesondere Gold eignen
sich als Wertaufbewahrungsmittel in Extremsituationen. Zudem bewegen sich
ihre Preise selten im Gleichklang mit Aktien oder Obligationen. Sie weisen also
gute Diversifikationseigenschaften auf. Wir empfehlen eine Gewichtung um 2,5%,
sei es in physischer Form, durch physisch unterlegte ETFs oder mittels struktu­
rierter Produkte erstklassiger Emittenten. Stefan Graber
Gold­ und Silberpreise erreichen neue
Höchststände Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Credit Suisse bulletin 2/11
lV
Invest
Performance und Prognosen im Überblick
Wichtige Informationen
Wichtigste Anlageklassen und Märkte
Gesamtrendite in CHF (%)
letzte 5 Jahre
(p.a.)
Erwartete Rendite1 und Risiko (% p.a.)
2011
(bis 05.05.)
letzte 3 Jahre
(p.a.)
1 Jahr
5 Jahre
Risiko2
MSCI World
–3.0
–10.5
–7.6
9.5
9.3
17.9
S&P500
–3.9
– 8.5
–6.9
9.0
9.1
16.3
20.9
Aktien
Eurostoxx 50
2.3
– 14.4
–9.8
9.5
9.4
SMI
–0.7
– 5.1
–3.1
8.0
8.1
19.2
MSCI Emerging Markets
–7.6
– 8.0
–1.5
12.0
11.6
28.7
Obligationen3
Schweiz
Die Informationen und Meinungen in diesem Bericht wurden von
der Credit Suisse per angegebenem Datum erstellt und können
sich ohne vorherige Mitteilung ändern. Der Bericht wurde einzig
zu Informationszwecken publiziert und ist weder ein Angebot noch
eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Credit Suisse zum
Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder ähnlichen Finanz­
instrumenten oder zur Teilnahme an einer spezifischen Handelsstrategie in irgendeiner Rechtsordnung. Der Bericht wurde ohne
Berücksichtigung der Zielsetzungen, der finanziellen Situation
oder der Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Der
Bericht enthält keinerlei Empfehlungen rechtlicher Natur oder hin­
sichtlich Investitionen, Rechnungslegung oder Steuern. Er stellt
auch in keiner Art und Weise eine auf die persönlichen Umstände
eines Anlegers zugeschnittene oder für diesen angemessene
Investition oder Strategie oder eine andere an einen bestimmten
Anleger gerichtete Empfehlung dar. Verweise auf frühere Ent­
wicklungen sind nicht unbedingt massgebend für künftige Ergeb­
nisse.
– 0.1
4.9
3.5
2.0
2.4
3.0
1.3
–4.3
–0.8
2.5
2.8
4.6
USA
–7.5
–2.5
–1.7
1.5
1.9
3.7
Schwellenländer
–5.8
1.6
1.1
7.0
6.2
16.7
Geldmarkt (CHF)
0.0
0.6
1.2
0.4
1.4
2.6
Die Informationen stammen aus oder basieren auf Quellen, die
die Credit Suisse als zuverlässig erachtet. Dennoch kann keine
Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Informationen
geleistet werden. Die Credit Suisse lehnt jede Haftung für Ver­
luste aus der Verwendung dieses Berichts ab.
Eurozone
Alternative Anlagen
DJ UBS Commodities
6.1
–1.6
4.8
9.0
8.0
17.7
WEDER DER VORLIEGENDE BERICHT NOCH KOPIEN DAVON
–3.8
11.4
8.8
9.0
6.0
13.3
DÜRFEN IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VERSANDT, DORT­
Immofonds Schweiz (SIX)
2.8
7.7
4.7
2.0
4.5
7.4
DJ CS Hedge Fund Index
–6.4
– 3.5
– 2.1
6.5
6.8
8.6
Gold
Konjunktur und Inflation
BIP­Wachstum real (in %)
2010
Inflation (in %)
2011 5
2012 5
2010
2011 5
2012 5
Global
4.9
4.4
4.4
3.2
3.5
2.9
USA
2.9
3.0
2.7
1.6
2.5
1.1
Japan
4.0
0.2
2.6
– 0.9
– 0.4
0.0
Eurozone
1.5
2.3
2.1
1.6
2.6
1.5
Deutschland
3.5
2.7
2.4
1.2
1.6
1.5
Schwellenländer 4
China
Schweiz
8.6
7.4
7.2
5.0
5.4
4.5
10.3
8.8
8.5
3.3
4.8
3.6
2.8
1.9
2.2
0.7
1.1
1.8
HIN MITGENOMMEN ODER AN US­PERSONEN ABGEGEBEN
WERDEN.
Örtliche Gesetze oder Vorschriften können die Verteilung von
Research­ Berichten in bestimmten Rechtsordnungen ein­
schränken.
Dieser Bericht wird von der Schweizer Bank Credit Suisse verteilt,
die der Zulassung und Regulierung der Eidgenössischen Finanz­
marktaufsicht untersteht.
Das vorliegende Dokument darf ohne schriftliche Genehmigung
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werden.
Copyright © 2011 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr ver­
bundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.
Zinsen (in %)
Kurzfristzinsen (3M­Libor) 6
Renditen 10­J.­Staatsanleihen 6
05.05.
in 3M
in 12M
05.05.
in 3M
in 12M
USA
0.27
0.4
0.4
3.22
3.6
Deutschland
1.33
1.3
2.1
3.21
3.3
3.4
Grossbritannien
0.83
0.9
1.7
3.39
3.7
3.9
Japan
0.33
0.2
0.2
1.21
1.2
1.3
Schweiz
0.19
0.3
0.7
2.04
2.1
2.3
in 12M
05.05.
in 3M
in 12M
3.4
Währungen
CHF pro Fremdwährung 6
05.05.
in 3M
pro EUR 6
CHF
–
–
–
1.28
1.31
1.35
Impressum Invest
USD
0.86
0.89
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1.48
1.48
1.46
CAD
0.89
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1.41
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GBP
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0.89
0.86
JPY 7
1.07
1.03
1.04
118.20
127.28
129.94
CNY 7
13.40
13.70
14.79
9.66
9.56
9.13
Herausgeber Credit Suisse AG , Global Research,
Postfach 300, 8070 Zürich
E­Mail publications.research@credit­suisse.com
Internet www.credit­suisse.com/research
Redaktion Maxime Botteron
Beiträge Dr. Oliver Adler, Martin Bernhard, Stefan Graber,
Fabian Heller, Thomas Herrmann, Marcus Hettinger,
Stefan Klein, Roger Signer
Konzept und Layout www.arnold.inhaltundform.com
Nachdruck gestattet mit dem Hinweis «Aus dem bulletin der
Credit Suisse»
Quelle: Credit Suisse, Bloomberg, Datastream
1 Aktien und Obligationen in Lokalwährung, DJ UBS Commodities Index, Gold und DJ CS Hedge Fund Index in USD 2 Erwartete Standardabweichung
der Rendite 3 Schweiz: Credit Suisse LSI, Eurozone: Citigroup WGBI EMU govt 5 –7Y., USA: Barclays US Govt Intermediate Bond, Schwellenländer:
JPM EMBI+, Geldmarkt (CHF): JPM Cash CHF 1M 4 Acht grösste Schwellenländer 5 Prognosen 6 Prognosen vom 26.04.2011 7 Preis von 100 JPY
resp. CNY in CHF
bulletin 2/11 Credit Suisse
www.credit­suisse.com/bulletin
34
Wirtschaft Immobilienstudie
Immobilienmarkt Schweiz
Im Westen wird es
Das tiefe Zinsniveau lässt die Preise im Schweizer Immobilienmarkt bei Wohneigentum
weiterhin ansteigen. In einigen Regionen öffnet sich dabei die Schere zwischen
Immobilienpreisen und Haushaltseinkommen bedrohlich. Für den Raum genfersee
muss gar von einer ausgewachsenen Preisblase gesprochen werden.
1. Quintil
2. Quintil
3. Quintil
4. Quintil
60%
40%
Goldene Regel
5. Quintil
20%
0%
2010
2011
Historischer
Durchschnittssatz
1 tragbarkeit von Wohneigentum gefährdet
Kanton genf: Anteil der laufenden Kosten für Wohneigentum ( fünfjährige Fixhypothek, 1% Unterhalt) am durchschnittlichen
Haushaltseinkommen von fünf Einkommensklassen. Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik
bulletin 2/11 Credit Suisse
Immobilienstudie Wirtschaft
heiss
35
Die vollständige Studie
«Swiss Issues Immobilien:
Immobilienmarkt 2011 – Fakten und trends»
finden Sie unter
www.credit­suisse.com/immobilienstudie.
Foto: Cédric Widmer
Text: Fredy Hasenmaile, Economic Research, Credit Suisse
Mit Immobilienkrisen ist nicht zu spassen.
Von der Immobilienkrise der 1980 er­ Jahre
erholte sich die Schweiz erst gegen Ende der
1990 er­Jahre. In den USA hat sich der Häu­
sermarkt auch bald vier Jahre nach Ausbruch
der Subprime­Krise noch nicht wieder erholt,
was auf das Wirtschaftswachstum drückt.
Entsprechend wichtig ist es, Überhitzungen
auf Immobilienmärkten frühzeitig zu erken­
nen und nach Möglichkeit die grössten Über­
treibungen zu vermeiden.
Immobilienblasen sind dadurch charakte­
risiert, dass das Preisniveau überschiesst,
also nicht mehr dem langfristig nachhaltigen
Wert der Immobilien entspricht. Zur Beurtei­
lung der Nachhaltigkeit der erreichten Preis­
niveaus bietet sich vor allem der Vergleich
der Immobilienpreis­ mit der Einkommens­
entwicklung an. Dieses in der Forschung
breit abgestützte Konzept besagt, dass die
Immobilienpreise in der langen Frist nicht
stärker ansteigen sollten als die Einkommen
der Haushalte. Kurzfristig kann es zwar durch­
aus zu Abweichungen kommen, früher oder
später treten – wie die Geschichte lehrt –
jedoch Korrekturen auf, die üblicherweise die
Preise wieder auf das mit dem Einkommen
im Einklang stehende Mass reduzieren. Nicht
selten kommt es in solchen Phasen auch zu
einem Überschiessen nach unten. Aufgrund
grosser Unterschiede der regionalen Preis­
entwicklung empfiehlt sich eine nach Region
differenzierte Betrachtung. Vergleicht man
die Entwicklung der Preise von Eigentums­
wohnungen mit derjenigen des Einkommens
über die letzten 14 Jahre, so zeigt sich, dass
in 75 von 106 Schweizer Regionen die Immo­
bilienpreise weniger stark oder bloss unwe­
sentlich stärker angestiegen sind als die Ein­
kommen der Haushalte, was in Abbildung 2
durch eine negative oder nur schwach po­
sitive Wachstumsdifferenz zum Ausdruck
kommt. Hier besteht keine Gefahr für die Bil­
dung einer Immobilienpreisblase.
Dreimal teurer als vor elf Jahren
Etwas anders sieht es am Genfersee, rund
um Zürich, im Tessin und an einzelnen Touris­
musstandorten aus. Während sich die Un­
gleichgewichte im Grossraum Zürich haupt­
sächlich nur an den begehrtesten Wohnlagen
manifestieren und auf eine Wachstumsdiffe­
renz von nicht mehr als 2,2 Prozentpunkte
beschränken, liegen zwischen Genf und Sion
mittlerweile beinahe flächendeckend Über­
hitzungstendenzen vor. Selbst in der Stadt
Zürich (+2,2 Prozentpunkte) und in der Re­
gion Pfannenstiel (+2, 2 Prozentpunkte)
wachsen die Ungleichgewichte weniger stark
als am Genfersee. So belief sich das Wachs­
tum der Preise für Eigentumswohnungen im
Kanton Genf zwischen 1996 und 2010 auf
jährlich 6,7 Prozent, dasjenige der Ein­
kommen hingegen bloss auf 1,3 Prozent.
Das entspricht einer Wachstumsdifferenz
von 5,4 Prozentpunkten pro Jahr. Aber auch
in den Regionen Lausanne, Vevey/Lavaux,
Aigle und Martigny sind hohe Abweichungen
von mehr als 2,5 Prozentpunkten zu finden.
Alarmierend ist rund um den Genfersee vor
allem auch, dass diese Scherenbewegung,
gemessen an den Entwicklungen der letzten
drei Jahre, noch zunimmt. Schwindelerre­
gende Niveaus haben die Immobilienpreise
besonders im Kanton Genf erreicht. Kostete
eine Standard­ Eigentumswohnung vor elf
Jahren in Genf noch etwa 600 000 Franken,
so sind heute dafür im Mittel 1,6 Millionen
Franken zu bezahlen. Hintergrund dieser ge­
waltigen Wertvermehrung ist eine grosse >
Credit Suisse bulletin 2/11
36
Wirtschaft Immobilienstudie
Knappheit von Wohnraum. Diese Knappheit
ist hausgemacht, da im Kanton Genf die
Neubautätigkeit trotz der lukrativen Preis­
entwicklung in keiner Weise mit der stürmi­
schen Nachfrage Schritt halten konnte. Der
Anteil der neu erstellten Wohnungen beläuft
sich in der ganzen Schweiz jährlich auf ein
Prozent, wobei diese Zahl auch Regionen
mit einem nur sehr schwachen Bevölke­
rungswachstum einschliesst. Im Kanton
Genf macht der Anteil der Neubauwohnun­
gen in den letzten acht Jahren dagegen
bloss 0,65 Prozent aus. Es entstanden also
über Jahre hinweg nur rund die Hälfte der
Wohnungen, die der Markt verlangte. So
war es möglich, dass sich die Immobilien­
preise in immer höhere Sphären hievten.
Dank den tiefen Zinsen konnten sich in den
letzten zwei Jahren dennoch einige Haus­
halte Wohneigentum leisten.
missachtung der Finanzierungsregel
Wenn jedoch die Zinsen dereinst zu ihrem
historischen Durchschnittswert zurückkeh­
ren, wird im Kanton Genf nicht nur die
unterste Einkommensklasse Mühe bekun­
den, die goldene Finanzierungsregel ein­
zuhalten. Diese besagt, dass ein Haushalt
nicht mehr als ein Drittel seines Einkom­
mens zu Wohnzwecken ausgeben sollte. Mit
Ausnahme der Haushalte im obersten Fünf­
tel der Einkommensskala werden alle üb­
rigen Haushalte diese Regel bei Weitem
nicht mehr einhalten können. Ein Haushalt
auf der Suche nach Wohnraum wird sich in
einem solchen Szenario kaum noch für eine
Eigentumswohnung interessieren. Ihm blie­
be nur die Auswanderung aus dem Kanton
oder das Vorliebnehmen mit einer Mietwoh­
nung, deren Mietpreise seit dem Jahr 2000
auf dem Platz Genf allerdings auch um
83 Prozent zugelegt haben. In jedem Fall
dürfte die Nachfrage nach den überteuer­
ten Eigentumswohnungen einbrechen. Dies
müsste schliesslich auch Konsequenzen für
das Preisniveau haben. Insofern bleibt nur
zu hoffen, dass die erwarteten Zinsanstiege
graduell erfolgen werden, was vielleicht ein
kontrolliertes Luftablassen aus der Blase
erlauben würde. <
Baden
Wettingen
Spreitenbach
Dietikon
2 Abkoppelung der Immobilienpreise von den regionalen Haushaltseinkommen
Veränderung der Differenz 2007– 2010
Starke Zunahme
Leichte Zunahme
Starker Rückgang
bulletin 2/11 Credit Suisse
Gleichbleibend
< –1
Leichter Rückgang
Quelle: Credit Suisse Economic Research, Bundesamt für Statistik, Bundesamt für Landestopografie, Geostat | Illustration: John Hollander
Die Wachstumsdifferenz zwischen den Preisen von Eigentumswohnungen und den regionalen
Haushaltseinkommen in der Schweiz zwischen 1996 und 2010. Quelle: Credit Suisse Economic Research
Wachstumsdifferenz EWG 96 –10 p. a. in Prozentpunkten
>2
1.5 –2
1–1.5
0.5 –1
0 – 0.5
–1– 0
2
1
Immobilienstudie Wirtschaft
37
8
Die vollständige Studie
«Swiss Issues Immobilien:
Immobilienmarkt 2011 – Regionen»
7
6
9
finden Sie unter
www.credit­suisse.com/immobilienstudie.
3
4
5
Kloten
Bassersdorf
Opfikon
Illnau­Effretikon
Dietlikon
Volketswil
Dübendorf
Schlieren
Die Schweizer Städte bekommen ein
neues gesicht. In den Agglo­
merationen entstehen neue Büro­
komplexe, wo grossunternehmen
ihre Beschäftigten zusammen­
legen. leidtragende der Standort­
optimierung sind Vermieter
in den zentralen geschäftsgebieten,
die neue mieter für die oftmals
kleinen und teuren Flächen finden
müssen. Besonders dynamisch
präsentiert sich der Büromarkt
im grossraum Zürich.
Urdorf
Uster
Zollikon
Kilchberg
Bewegung auf
dem Schweizer
Büroimmo­
bilienmarkt
Küsnacht
Rüschlikon
thalwil
meilen
Horgen
männedorf
Stäfa
Wädenswil
1 Dynamischer Büroflächenmarkt im Grossraum Zürich
Das Wachstum der Bürobeschäftigung im zentralen (CBD), erweiterten und
äusseren geschäftsgebiet von Zürich zwischen 2001 und 2008 sowie grosse
im Bau befindliche oder geplante Projekte.
in Planung/ im Bau
1 amRietpark
2 Wagi­Areal
4 Hardturm­Areal
8 The Circle
3 Westlink
5 Europaallee
4 Toni­Areal
4 Löwenbräu­Areal
6 Leutschenbachquartier
7 Glattpark
9 Richti­Areal
weitgehend realisiert
4 Maag­Areal: Prime Tower
4 Coop­Areal: Fifty­One
Veränderungen der Bürobeschäftigung (pro ha, 2001–2008):
> +20
+6
unverändert
–6
< –20
Text: Christian Kraft, Economic Research,
Credit Suisse
Der Büroflächenmarkt im Grossraum Zürich
ist in Bewegung – besonders im Westen der
Stadt (vgl. Abbildung 1). Von 2001 bis 2008 hat
dort die Beschäftigung in Branchen, deren
Dienstleistungen fast ausschliesslich in Büro­
liegenschaften erbracht werden, merklich zu­
genommen. Der Wachstumstrend setzt sich
fort: Dieses Jahr beziehen grosse Unterneh­
men Quartier im Prime Tower samt Annex­
gebäuden, ab nächstem Jahr wird die Swiss­
com das neue Bürogebäude «Fifty­One» als
Businesspark für 1600 Mitarbeitende nutzen.
Aber auch Bildung und Kultur kommen in
Zürich­West nicht zu kurz. Ab 2013
>
Credit Suisse bulletin 2/11
38
Wirtschaft Immobilienstudie
werden auf dem Toni­Areal 91 000 Quadrat­
meter Nutzfläche für die Zürcher Fachhoch­
schule, für Veranstaltungen, Gastronomie,
Verkaufsflächen und Wohnungen bezugs­
bereit. Damit entsteht in Zürich­West ein
wertschöpfungsintensives Geschäftsviertel.
Noch etwas weiter westlich setzt sich der
Trend zum Bau von grossdimensionierten
Büroflächen mit dem Projekt Westlink am
Bahnhof Altstetten, dem neuen Hauptsitz
von Sony und dem Projekt Rietpark durch
das Limmattal bis nach Schlieren fort. Doch
auch Zürich­Nord wächst dynamisch, und
nicht nur in Zürich ist die Liste von Projekten,
mit denen besonders Grossunternehmen
ihre Belegschaft neu gruppieren, lang. Wie
erklärt sich diese Dynamik angesichts des­
sen, dass die Nachfrage nach neuen Büro­
flächen gemessen am geringen Beschäfti­
gungswachstum klassischer Bürobranchen
in den vergangenen zwei Jahren mehr als
dürftig war?
Förderung des Innovationsgeistes
Der Hauptgrund liegt in der dezentralen
Arbeitsplatzkonzentration grosser Unter­
nehmen, welche die Büroflächenmärkte seit
geraumer Zeit schweizweit prägt und neuer­
dings eine grosse Breitenwirkung entfaltet.
Seien es die Grossbanken in Zürich und Genf,
die Pharmaindustrie in Basel oder die Bun­
desverwaltung in Bern – viele Unternehmen
haben zwei grosse Vorteile der Standortzu­
2 Kostenunterschiede von Büroflächen
Die Kosteneinsparungen von Büros in
den äusseren geschäftsgebieten gegenüber
der medianmiete im zentralen geschäfts­
gebiet (CBD) am Beispiel von Zürich, Bern
und genf. Quelle: Credit Suisse Economic Research, Meta­Sys AG
Kosteneinsparung gegenüber CBD-Medianmiete
%
60
40
20
0
–20
–40
–60
–80
10%Quantil
30%Quantil
Median
70%Quantil
90%Quantil
Preissegmente der äusseren Geschäftsgebiete
Zürich Bern Genf
bulletin 2/11 Credit Suisse
sammenlegung erkannt. Erstens fördert
räumliche Dichte von Beschäftigten innova­
tive Kräfte. Besonders für unsere Volkswirt­
schaft, deren Wertschöpfung zunehmend auf
Information und Wissen beruht, ist ein hohes
Mass von Innovation zum Erhalt der Wett­
bewerbsfähigkeit zentral. Innovation entsteht
aus einer Vielzahl von Interaktionen. Der
spontane Austausch einzelner Wissensträger
untereinander ist hierbei eine wichtige Kom­
ponente. Die noch vor zehn Jahren als zu­
kunftsweisend gepriesenen Kommunika­
tionslösungen wie etwa Online ­ Meetings
können spontane, direkte Kontakte zwecks
Verhandlung komplexer Sachverhalte und für
den alltäglichen Wissenstransfer nicht er­
setzen. Solche Interaktionen ergeben sich
umso häufiger, je grösser die räumliche
Dichte der Beschäftigten eines Unterneh­
mens ist. Da also der notwendige Fluss von
Wissen und Informationen am besten dort
stattfinden kann, wo Kommunikation spon­
tan erfolgt, erscheinen die Vorteile einer
Konzentration der Belegschaft an möglichst
wenigen Standorten in neuem Licht.
Projekt « Espace – Space follows Business»
erreichte das Unternehmen eine Einspa­
rung von jährlich rund 70 Millionen Franken.
Von 2004 bis 2006 wurde 80 Prozent der
Belegschaft schweizweit in 19 Liegenschaften
zusammengelegt, was zu einer Reduktion der
Bürofläche um 131 000 Quadratmeter führte.
Zentrumspreise unter Druck
Für die Zielstandorte sind die Verlagerungs­
prozesse zumeist ein Gewinn, denn im Sog
der Grossunternehmen folgen häufig kleine­
re Unternehmen, Gastronomie und weitere
Dienstleister. An den alten Standorten ver­
bleiben hingegen nur jene Organisationsein­
heiten, die für den Kundenkontakt auf re­
präsentative und zentral gelegene Liegen­
schaften angewiesen sind. Das bedeutet,
dass zumeist der Grossteil der alten Flächen
freigesetzt wird. Diese Flächen sind in der
Regel klein, befinden sich aber an attraktiven
Lagen, sodass sich mittelfristig wieder klei­
nere Firmen als neue Mieter finden sollten.
Doch weil derzeit sehr viele Unternehmen
eine Strategie der dezentralen Arbeitsplatz­
konzentration verfolgen, wird die Neuvermie­
Sparpotenzial in der Agglomeration
tung solcher Flächen in den kommenden
Zweitens sind es Einsparungspotenziale im Quartalen nicht einfach sein und die Preise
Hinblick auf Miet­ und Bewirtschaftungskos­ in den Innenstadtlagen könnten unter Druck
ten der Liegenschaften, die Unternehmen zu kommen. In Zürich ist dieser Prozess mit der
Standortverlagerungen bewegen. Alleine der Sogwirkung des Westens bereits im Gange,
Umzug aus dem zentralen Geschäftsgebiet und wir rechnen mit einer moderaten Preis­
(CBD) eines der Grosszentren an eine ver­ korrektur für Büroflächen im CBD. <
kehrstechnisch gut erreichbare Randlage
kann markante Mietzinseinsparungen brin­
gen (vgl. Abbildung 2). Zieht ein Unternehmen
zum Beispiel aus dem Zürcher CBD in die
Flughafenregion, sind Reduktionen der Miet­
zinsbelastung von 50 Prozent und mehr mög­
lich. In der neuen Liegenschaft gilt es, gute
Rahmenbedingungen für eine hohe Flächen­
auslastung zu schaffen. Dazu gehört, dass
Arbeitsplatzanordnungen personellen Ver­
änderungen schnell angepasst werden oder
dass sich Teams und Abteilungen als Folge
organisatorischen Wandels räumlich neu
gruppieren können. Benchmarking­Tools
helfen, die flächenspezifischen Betriebs- und
Bewirtschaftungskosten in einem Datenpool
mit Durchschnittswerten anderer Liegen­
schaften zu vergleichen, um im Falle eines
schlechten Rankings Gegenmassnahmen
einzuleiten. Standortzusammenlegungen sind
meistens das Resultat von langjährig opti­
mierten Immobilienstrategien. So formulierte
etwa die Swisscom bereits sehr früh eine
Strategie für das Management von Büro­
flächen und Betriebsgebäuden. Mit dem
Inflation Wirtschaft
39
Droht eine globale
Inflation?
Da derzeit überall die Inflationsraten steigen, wächst auch das Risiko einer anhaltenden
globalen Inflation. Doch die längerfristigen Aussichten unterscheiden sich deutlich
von Land zu Land. Entscheidend wird sein, wie die Zentralbanken reagieren und welchen
Spielraum sie haben, um die Inflation niedrig zu halten.
03
Text: Olivier Adler, Leiter Global
Economics & Real Estate Research
Die Inflationsraten sind seit Mitte 2009 fast
überall gestiegen, am deutlichsten in den
Schwellenländern, aber nicht nur dort (siehe
Abbildung 1). Wie Abbildung 2 zeigt, haben vor
allem höhere Nahrungsmittel- und Ölpreise
zur Konsumentenpreisinflation beigetragen.
Die Abbildung legt auch einen weiteren Anstieg der Inflation nahe, da die höheren Nahrungsmittel- und Ölpreise noch nicht vollständig auf die Konsumenten abgewälzt worden
sind. Die so genannte Kerninflation, von der
Nahrungsmittel und Öl ausgenommen sind,
ist deutlich weniger stark angestiegen, macht
sich aber in den USA und in der Eurozone
ebenfalls bemerkbar. Dennoch liefern diese
Daten selbstverständlich keine langfristige
Inflationsprognose. Zu diesem Zweck gilt es,
die grundlegenden Determinanten der Inflation zu betrachten.
04
05
06
07
08
09
10
11
Inflation, % YoY
6.0
4.0
2.0
0
–2.0
EM-8
G3
Grossbritannien
Schweiz
Foto: Nikada, Getty Images
Zwei verschiedene Inflationsarten
Angebots- und nachfragegetriebene Inflation
unterscheiden sich grundsätzlich. Ereignisse
wie der Konflikt in Libyen, die zu einem unvermittelten Rückgang der Ölproduktion führen und den Ölpreis markant ansteigen lassen, gehören eindeutig in die erste Kategorie.
Gleiches gilt für die Ernteausfälle von 2010
in Australien, Russland und anderen Ländern.
Steigt die Inflation aufgrund solcher Ereignisse, besteht wenig Grund, dies als höheren
Inflationstrend zu interpretieren. Vielmehr sind
solche Preisschocks in gewissem Sinne deflationär, weil sie die reale Kaufkraft von >
1 Steigende Inflationsraten
Die Inflationsraten sind seit Mitte 2009 fast überall gestiegen, am deutlichsten
in den Schwellenländern. Quelle: Bloomberg
Credit Suisse bulletin 2/11
40
Wirtschaft Inflation
Firmen und Haushalten mindern. Aufgrund
solcher Preisschocks geht die reale Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zurück,
wodurch sich – ceteris paribus – das Preisniveau insgesamt senkt. Demgegenüber werden besorgniserregende Inflationstrends
normalerweise von einer übermässigen
Nachfrage getragen. Wenn die Nachfrage
kontinuierlich schneller wächst als das Angebot, führt dies zu einem allgemein höheren
Preisniveau. Die Preissteigerungen vor den
jüngsten Öl- und Nahrungsmittelschocks
wurden wahrscheinlich von einer erhöhten
Nachfrage im Anschluss an die Finanzkrise
getrieben.
2 Nahrungsmittel- und Ölpreise
3 Produktionslücke vs. gewichtete
Vor allem höhere Nahrungsmittel- und
Ölpreise haben zur steigenden Konsumenten­
preisinflation beigetragen. Quelle: Datastream
YoY%
YoY%
4
3
2
1
0
–1
–2
2005
G3 GPI
2006
2007
2008
Brent, rechts
2009
durchschnittliche Kerninflation
Starke Korrelation zwischen der Produktions­
lücke und der gewichteten durchschnittlichen Kerninflation in den USA , dem Euro­
raum und Japan. Quelle: Credit Suisse, Datastream
YoY%
80
2
40
1.5
0
1
–40
0.5
–80
0
2010
%
2
0
–2
–4
–6
1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
CRB-Nahrungsmittelindex,
rechts
G3-Kerninflation
G3-Produktionslücke, rechts
Ermittlung von Kapazitätsengpässen
5 Realzinsen vs. reales
Starke Korrelation zwischen der Kapazitäts­
auslastung und der gewichteten durchschnittlichen Kerninflation in den USA , dem
Euroraum und Japan. Quelle: Credit Suisse, Datastream
Die realen Kosten der Kreditaufnahme bei den
Zentralbanken liegen überall deutlich unter
dem realen BIP -Wachstum, was mittelfristig
zu Inflationsdruck führt. Quelle: Bloomberg
Kerninflation
Standardabweichung
vom historischen Durchschnitt seit 1990
BIP-Wachstum
%YoY
2.0
2
0
1.5
–1.0
1.0
– 2.0
– 3.0
0.5
– 4.0
0
1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009
G3-Kapazitätsauslastung
G3-Kerninflation, rechts, 1 Jahr verzögert
Realzinssatz
minus Real-BIP (in %)
0
–2
–4
–6
– 8
–10
–12
Indien
China
Türkei
Indonesien
Brasilien
bulletin 2/11 Credit Suisse
4 Kapazitätsauslastung vs.
Grossbritannien
USA
Deutschland
Japan
Kanada
Schweiz
Frankreich
Italien
Australien
Für eine mittelfristige Inflationsprognose
muss deshalb ermittelt werden, ob das
Nachfragewachstum die Produktionskapazität übertrifft. Mit anderen Worten: Wir benötigen ein Mass für diese ungenutzte Kapazität. Die umfassendste diesbezügliche
Messgrösse ist die so genannte Produktionslücke («output gap»), die das tatsächliche
Produktionsniveau in einer Volkswirtschaft
mit ihrer Produktionskapazität vergleicht.
Die Ermittlung Letzterer ist allerdings nicht
einfach. So dürfte die Finanzkrise aufgrund
eines Investitionsrückgangs die Produktionskapazität vermindert haben, weil etliche Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit aufgaben
oder die Nutzung von Ressourcen in Sektoren, die vor der Krise boomten (z. B. amerikanische Baubranche), nicht leicht in Sektoren verlegt werden kann, die heute eine
höhere Nachfrage aufweisen (wie z. B. die
amerikanische Exportindustrie).
Vor diesem Hintergrund zeigt Abbildung 3
die OECD -Messgrösse der Produktionslücke
gegenüber einer gewichteten durchschnittlichen Kerninflation in den USA , dem Euroraum und Japan. Obwohl sich die Produktionslücke inzwischen schliesst, befindet sie
sich weiterhin deutlich im negativen Bereich.
Dies deutet auf einen nach wie vor gedämpften Inflationsdruck hin. Abbildung 4 zeigt eine
ähnliche Messgrösse: die Kapazitätsauslastung. Diese Messgrösse bietet den Vorteil,
dass sie auf Umfragen beruht und keine
quantitativen Schätzungen beigezogen werden. Der Nachteil ist, dass sie nur den Industriesektor erfasst, der in den meisten hoch
entwickelten Ländern nur einen kleinen Teil
der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht.
Obwohl die Kapazitätsauslastung etwas
schneller zugenommen hat als die Produktionslücke, ist sie im historischen Vergleich
Industrieländer, 2010
Schwellenländer, 2010
immer noch niedrig und lässt deshalb für die
G3 ( USA , EU und Japan) einen begrenzten
mittelfristigen Inflationsdruck vermuten.
Inflationsdruck in Schwellenländern
In den Schwellenländern, in denen die Rezession deutlich kürzer war und die schnell wieder zu einem robusten Wachstum zurückkehrten, zeigt sich ein anderes Bild. Unsere
Messgrösse der Kapazitätsauslastung für die
acht grössten Schwellenländer ist im letzten
Jahr weiter angestiegen und befindet sich
heute fast eine Standardabweichung über
ihrem (zugegeben kurzen) historischen Durchschnitt. Es überrascht daher nicht, dass der
Inflationsdruck in den Schwellenländern bereits ziemlich ausgeprägt ist. Was aber sorgt
dafür, dass die Nachfrage stets schneller
wächst als das Angebot, und bildet deshalb
den entscheidenden Faktor für die Inflation?
Die Antwort lieferte Milton Friedman, der uns
lehrte, dass Inflation «immer und überall ein
monetäres Phänomen» ist.
Für eine längerfristige Vorhersage der
Inflation müssen wir daher feststellen, ob
die Geldpolitik inflationär ist oder nicht. Eine
Möglichkeit besteht darin, die Geldmenge
zu betrachten, welche die Zentralbanken
«drucken» – also deren Bilanzsumme. Seit
diese im Kampf gegen die Finanzkrise die
Versorgung mit «Basisgeld» massiv erhöhten,
befürchten Beobachter, dass dies zu einem
Anstieg der Inflation führen wird. Um jedoch
Inflation zu erzeugen, muss dieses Geld eine
handfeste Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen schaffen. Friedman selbst hielt
Notenbankgeld für eine ziemlich unzuverlässige Messgrösse und richtete sein Augen-
Inflation Wirtschaft
merk stattdessen auf breitere Geldmengenaggregate wie die Kontokorrent- und Sparkonten, die von Haushalten und Unternehmen
bei Banken gehalten werden und die enger
mit den tatsächlichen Ausgaben zusammenhängen. Zwischen dem Wachstum von solch
breiten Geldmengenaggregaten und den
Inflationsraten besteht ein offenkundiger
Zusammenhang. Statistiken haben gezeigt,
dass das längerfristige Wachstum der breiten Geldmenge trotz all der unkonventionellen Massnahmen, welche die Zentralbanken
der hoch entwickelten Länder ergriffen haben, bisher gedämpft geblieben ist und die
Inflationsrisiken daher begrenzt sind. Die
einzige Ausnahme bildet Grossbritannien, wo
die höheren Inflationsraten, die derzeit gemessen werden, mit einem deutlichen Geldmengenwachstum einhergehen.
Zu lockere Geldpolitik
Eine alternative Möglichkeit zur Beurteilung
des geldpolitischen Kurses bietet der Preis,
den die Zentral- oder Geschäftsbanken für
die Vergabe von «Geld» verlangen. Liegt dieser Zinssatz deutlich tiefer als die Renditen,
welche die Kreditnehmer erzielen können,
dann ist das Geld «zu billig» und das Inflationsrisiko steigt. In Abbildung 5 wird der Realzinssatz, den die Zentralbanken verlangen,
zum breitesten Mass für diese Renditen, dem
realen Wachstum des Bruttoinlandprodukts
( BIP ), in Beziehung gesetzt. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass die realen Kosten
der Kreditaufnahme bei den Zentralbanken
überall deutlich unter dem realen BIP -Wachstum liegen. Dies bedeutet, dass das Risiko
einer übermässigen Kreditvergabe besteht,
dem schliesslich Inflationsdruck folgt. Aufgrund dieser und ähnlicher Messgrössen
(wie der bekannten Taylor-Regel) ist die
Geldpolitik fast überall inflationär. Der markante Anstieg der Edelmetallpreise ist nach
Auffassung der Credit Suisse ebenfalls ein
Indiz für eine übermässig lockere Geldpolitik.
Die steigenden Preise deuten hier an, dass
«zu viel» Geld im Umlauf ist. Bei sehr tiefen
oder sogar negativen Realzinsen sind die
Opportunitätskosten für den Besitz von Edelmetallen – die keine Verzinsung bieten – niedrig, was ihre Preise in die Höhe treibt.
Schlussfolgerung: Obwohl die Inflationsrisiken in den wichtigsten hoch entwickelten
Ländern nach wie vor relativ tief sind, deuten
einige Kennzahlen – insbesondere niedrige
Realzinsen und der Anstieg der Edelmetallpreise – darauf hin, dass sich die Geldpolitik
auf einem Inflationspfad befindet. Um einem
41
wird die Europäische Zentralbank versuchen,
trotz der Probleme in den hoch verschuldeten
Ländern frühzeitig zu handeln. Die Schweizerische Nationalbank ist in noch geringerem
Masse Beschränkungen unterworfen, einmal
abgesehen von einer starken Währung, die
an sich schon inflationsdämpfend wirkt.
Nach Auffassung der Credit Suisse
werden die meisten Zentralbanken in den
Schwellenländern letztlich entschlossen gegen die Inflation vorgehen, obgleich das InEntscheidende Rolle der Zentralbanken
flationsniveau schon heute relativ hoch ist.
Wir gehen davon aus, dass das amerikani- In den meisten dieser Länder dürfte die Insche Fed noch länger zuwarten wird – nicht flation weder die öffentlichen Finanzen noch
zuletzt deshalb, weil die Inflation helfen wür- die Verschuldungssituation positiv beeinflusde, die hohe Verschuldung des privaten und sen. Im Gegenteil: Die Inflation scheint zu
öffentlichen Sektors in der amerikanischen den wichtigsten Gefahren für die politische
Volkswirtschaft abzubauen. Auch die Bank Stabilität zu gehören, sodass die Politiker
von England könnte weiterhin eine ziemlich entschlossene Schritte der Zentralbanken
lockere Politik verfolgen. Demgegenüber unterstützen dürften. <
inflationären Trend vorzubeugen, muss die
Politik deshalb einen Kurswechsel vornehmen; je länger sie zuwartet, desto grösser
das Risiko, dass sich die Inflationserwartungen verfestigen. An welchem Punkt sie handelt und wie entschlossen sie einen antiinflationären Pfad verfolgt, hängt letztlich
davon ab, wie stark sie von der Bevölkerung
und vom politischen System in die eine oder
andere Richtung beeinflusst wird.
Anzeige
Credit Suisse bulletin 2/11
1 Heutige Schweizer Warenexporte nach Destinationen
Regionale Anteile an den gesamten Schweizer Warenexporten in Prozenten, 1990 und 2010.
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Economic Research
1990 5.4%
2010 4.7%
grossbritannien
2010 10.1%
1990 7.4%
USA
1990 10.1%
2010 7.8%
Frankreich
1990 5.4%
2010 10.3%
BRIC
1990 64.8%
2010 54.8%
EU­15
Die Zukunftsmärkte
der Schweizer
Exportindustrie
Der Westen hat nach wie vor eine hohe Bedeutung für die Schweizer Exportindustrie.
Doch die Verschiebung in Richtung Osten wird sich in Zukunft verstärken, wie eine
neue Studie der Credit Suisse zeigt. Vorausgesetzt, die Schweizer Exporteure sind bereit
für den Wandel.
Text: Nicole Brändle Schlegel, Economic Research, Credit Suisse
Aussenhandel Wirtschaft
1990 23.3%
43
2010 19.4%
Deutschland
1990 12.4%
2010 12.4%
Übrige länder
1990 4.4%
2010 4.5%
Next 11
1990 1.6%
2010 2.8%
EU­Ost
1990 9.5%
2010 8.0%
1990 3.0%
2010 6.4%
Italien
1990 2.4%
China
2010 3.1%
1990 2.8%
Südostasien
Illustration: John Hollander
golfstaaten
2010 2.9%
Credit Suisse bulletin 2/11
44
Wirtschaft Aussenhandel
Rest
EU­Ost
Südostasien
Next 11
golfstaaten
BRIC
EU­15
Italien
grossbritannien
bulletin 2/11 Credit Suisse
Staaten. An Bedeutung verlieren werden ins­
besondere die EU ­15 -Staaten.
Vom wirtschaftlichen Aufschwung in den
Schwellenländern profitieren immer breitere
Schichten, es bildet sich eine neue kaufkräf­
tige Mittelschicht: Allein in China beispiels­
weise dürfte diese in den nächsten Jahren
um mindestens 300 Millionen Menschen
wachsen. Im Zuge dieser Entwicklung stei­
gen in den jeweiligen Staaten nicht nur die
Konsumausgaben markant, sondern auch die
2 Verteilung des Welt­ BIP 2010 und 2030
Quelle: CEPII , Credit Suisse Economic Research
Anteile am Welt-BIP in Prozent
%
30
25
20
15
10
5
2010
2030
Übrige Länder
Südostasien
Next 11
Golfstaaten
BRIC
China
EU-Ost
EU-15
Italien
Grossbritannien
Frankreich
0
Deutschland
Es existieren unterschiedliche Definitionen für den Westen.
Hier werden die Länder der EU ­15, der EFTA und Nordamerika
berücksichtigt.
2
Als BRIC ­Staaten werden Brasilien, Russland, Indien und
China bezeichnet.
3
Als die «nächsten elf» bezeichnet man Ägypten, Bangladesch,
Indonesien, Iran, Korea, Mexiko, Nigeria, Pakistan, die Philippinen,
die Türkei und Vietnam.
1
ten konnte seit 1990 ebenfalls gesteigert
werden, wenn auch nur leicht. Demgegen­
über blieb der Exportanteil nach Südostasien
und in die Next­11­Länder, zu denen unter
anderem Indonesien, Südkorea, Mexiko,
Vietnam und die Türkei gehören 3, in diesem
Zeitraum praktisch unverändert. Die Next11-Länder gelten als «Nachfolger » der BRIC ­
Staaten, nicht zuletzt, weil ihnen aufgrund
ihrer Bevölkerungsentwicklung eine ähnliche
Wachstumsdynamik zugetraut wird, wie sie
die BRIC -Staaten momentan erleben.
Der Aufschwung der Schwellenländer
wird sich in den kommenden Jahren fortset­
zen. Insbesondere China wird zunehmend an
Bedeutung gewinnen. Gemäss Prognosen
des Pariser Zentrums für Zukunftsstudien
und internationale Information (CEPII ) dürf­
ten die USA im Jahr 2030 zwar nach wie vor
die grösste Volkswirtschaft der Welt sein,
dicht dahinter dürfte aber bereits China fol­
gen, vor Japan, Indien und Deutschland.
China würde somit seinen Welt- BIP ­Anteil in
den nächsten rund 20 Jahren verdoppeln und
für rund ein Fünftel der globalen Wirtschafts­
leistung verantwortlich sein (Abbildung 2). Die
vier BRIC -Staaten dürften dann gemeinsam
rund 28 Prozent des weltweiten Bruttoin­
landprodukts ( BIP ) auf sich vereinen. Eben­
falls klar an Bedeutung gewinnen werden
die Next 11 sowie die südostasiatischen
USA
Die Waren- und Dienstleistungsexporte wa­
ren – abgesehen vom Krisenjahr 2009 – in
den vergangenen Jahren die Triebfedern des
Schweizer Wachstums. Ohne die Exportwirt­
schaft wäre die Schweizer Volkswirtschaft
in den meisten Jahren geschrumpft. In einer
neuen Studie nehmen wir die Exportindustrie
deshalb genauer unter die Lupe (vgl. Seite 42).
Der Grossteil der Exporterlöse der Schweiz,
mehr als zwei Drittel, geht an Abnehmer aus
dem «Westen»1. Dieser Anteil hat aber in den
letzten 20 Jahren signifikant abgenommen.
1990 betrug er noch fast drei Viertel.
Dieser Bedeutungsverlust ist Spiegelbild
der stürmischen wirtschaftlichen Entwick­
lung der Schwellenländer, die vermehrt und
erfolgreich von den Schweizer Exporteuren
erobert werden. Insbesondere die BRIC ­
Staaten 2 haben für die Schweizer Exporteure
an Bedeutung gewonnen. Der Anteil Chinas
an den Schweizer Exporten hat sich seit
1990 sogar beinahe verdoppelt (vgl. Abbil­
dung 1). Der Anteil der Ausfuhren in die EU ­
Osterweiterungsländer und in die Golfstaa­
3 Die Entwicklung der Schweizer Exportmärkte bis 2030
Aussenhandel Wirtschaft
45
Anteile einzelner länder respektive ländergruppen an den Schweizer Exporten
in Prozent, 1990 –2030. Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, CEPII , Credit Suisse Economic Research
Frankreich
Deutschland
19
9
0
19
9
5
20
00
20
05
20
10
20
15
20
20
20
25
20
30
USA
Unsere neuste Studie
Konsumfreude nimmt rasant zu. Als Folge
«Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick»
dürften in rund 15 Jahren mehr als die Hälf­
betrachtet neben den Verschiebungen im Länderportfolio die wichtigsten
te aller weltweit angebotenen Kühlschränke,
Erfolgsfaktoren der Schweizer Exportwirtschaft und widmet sich den Chancen
Computer oder Nahrungsmittel sowie Anund Risiken der Zukunft.
züge oder Autos in den neuen Boomregionen
Lesen Sie mehr unter www.credit-suisse.com/research.
gekauft werden. Für viele westliche Unter­
nehmen, egal ob Autobauer, Nahrungsmittel­
produzenten oder Dienstleistungserbringer, unter gewissen Annahmen, ein Wachstums­ Prozent nimmt sich dieser aber bescheiden
bedeutet dies die Entstehung riesiger neuer potenzial für die Schweizer Exporte in die aus. Von den westeuropäischen Staaten wird
Absatzmärkte, und die Exporte aus den Indus­ verschiedenen Märkte abschätzen.
dabei vor allem Deutschland als Absatzmarkt
triestaaten in die neuen Wachstumsmärkte
an Bedeutung verlieren. Ist unser nördliches
Bedeutungsverlust Europas
werden in den kommenden Jahren markant
Nachbarland heute mit rund 23 Prozent der
zunehmen.
Die Exporte in die BRIC -Länder, nach Süd­ wichtigste Schweizer Handelspartner, dürfte
ostasien und die Next 11 dürften jährlich um dessen Anteil im Jahr 2030 noch knapp 8
Nachfrage nach luxusgütern steigt
11 bis 19 Prozent ansteigen, was bedeutet, Prozent betragen. Diese Betrachtungen über
Wie wird die Schweiz von diesen Entwick- dass sich zum Beispiel die Ausfuhren in die solche Anteile täuschen aber darüber hinweg,
lungen profitieren ? Die Analyse der histori­ BRIC ­Staaten innerhalb von 5 Jahren bei­ dass ein rückläufiger Exportanteil nicht zwin­
schen Exportdaten zeigt, dass die Importe nahe verdoppeln und innerhalb von 7 Jahren gend mit rückläufigen Exportvolumina ver­
von Schweizer Produkten in allen betrachte­ beinahe verdreifachen. Damit werden die bunden sein muss.
ten Ländern deutlich stärker ansteigen als BRIC ­Länder 2030 einen Anteil an den
Die neuen Zukunftsmärkte stellen neue
die Wirtschaft insgesamt. Die Schweizer Schweizer Exporten von beinahe 45 Prozent Ansprüche an hiesige Firmen und ihre Arbeit­
Exportgüter sind damit in der Tendenz eher erreichen (Abbildung 3). Die Golfstaaten dürf­ nehmenden. Nur wer in der Lage ist, mit den
Luxusgüter, also Güter, deren Konsum mit ten ihren Exportanteil auf etwa 7 Prozent in diesen Ländern instabileren Rahmenbe­
steigendem Einkommen überdurchschnittlich verdoppeln und die Ausfuhren nach Südost­ dingungen umzugehen und sich auf lokal
stark zunimmt. Im Durchschnitt der letzten asien von etwa 2,5 Prozent auf über 8 Pro­ unterschiedliche Kundenbedürfnisse einzu­
20 Jahre haben die Importe aus der Schweiz zent anwachsen. Parallel dazu erleben die lassen, wird in den neuen Märkten Erfolg
zwischen rund 2,5 und 3,5 Mal stärker zu­ EU ­15 einen massiven Bedeutungsverlust: haben. Dies erfordert Flexibilität sowohl vom
genommen als das Wirtschaftswachstum. In Zwar werden wahrscheinlich auch im Jahr Management als auch von den Arbeitneh­
Kombination mit dem erwarteten Potenzial­ 2030 rund ein Viertel der Schweizer Aus­ menden. Respekt vor anderen Kulturen und
wachstum des BIP für die einzelnen Länder fuhren Westeuropa zum Ziel haben, im Ver­ die Bereitschaft, neue Sprachkompetenzen
respektive Ländergruppen lässt sich so, gleich zum heutigen Anteil von knapp 65 zu entwickeln, bilden dabei nur den Anfang. <
Economic Research
Swiss Issues Branchen
Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick
Illustration: John Hollander
April 2011
Credit Suisse bulletin 2/11
46
Wirtschaft Wachstum
Renaissance
des Wachstums
Nach dem Boom in den Schwellenländern erlebt auch die Wirtschaft in den westlichen
Industrienationen einen Aufschwung. In den kommenden monaten ist jedoch mit steigen­
den Zinsen und anziehenden Inflationsraten zu rechnen. Ein Blick in die Geschichte
zeigt: Reale Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe, Gold oder Immobilien sind in solchen
Phasen wesentlich attraktiver als nominale Anlagen.
Text: Anja Hochberg, Leiterin Anlagestrategie, Credit Suisse
Adrian Zürcher und Florence Lombardo, Strategen Aktien, Emerging Markets, Credit Suisse
Es ist seit mehreren Monaten deutlich, dass
sich die Weltwirtschaft wieder auf einem ge­
sunden Wachstumspfad befindet. Sowohl die
Industrieproduktion wie auch das Bruttoin­
landprodukt befinden sich im Aufwärtstrend,
die Kreditkonditionen haben sich markant
verbessert. Zudem gewinnt die Erholung auf
dem Arbeitsmarkt an Dynamik und der glo­
bale Wohlstand steigt seit dem Tiefpunkt
von März 20 09 nachhaltig an (Abbildung 1),
was sich auch im Konsumentenvertrauen
widerspiegelt. Der Osten, allen voran China,
ist das Zugpferd in diesem konjunkturellen
Erholungszyklus, doch der Aufschwung hat
in den letzten Monaten deutlich an Breite
gewonnen und wird nun verstärkt auch durch
das Wachstum im Westen getragen. Diese
wirtschaftliche Dynamik der Industrienatio­
nen ist weiterhin mit etlichen Risiken kon­
frontiert, wie zum Beispiel die hohe Staats­
verschuldung in der Peripherie Europas oder
auch in den USA . Die Liste der Hausaufga­
ben ist daher sehr umfangreich, solange es
den Industrienationen jedoch gelingt, diese
Risiken zu kontrollieren, können sie auch
weiterhin positiv überraschen.
genannt entwickelten Nationen. Dieser asyn­
chrone Verlauf sorgt für einen deutlichen
Wachstumsvorsprung des Ostens auf den
Westen, jedoch auch dafür, dass das Infla­
tionspendel im Osten bereits deutlich nach
oben ausgeschlagen hat. Dies zwingt die
meisten Zentralbanken der Schwellenländer,
ihre geldpolitischen Zügel anzuziehen, indem
sie ihre Leitzinsen erhöhen, um so die stei­
gende Inflation zu dämpfen. Bei dieser geld­
politischen Drosselung handelt es sich je­
doch um einen Normalisierungsprozess
eines zuvor äusserst lockeren Zinsumfeldes
und nicht um restriktive Geldpolitik, die den
Konjunkturmotor abzuwürgen droht. Infolge­
dessen erwarten wir einen monetär gesteu­
erten Abschwung, der immer noch hohes
Wachstum in den Schwellenregionen gene­
riert, jedoch unter den Spitzenwerten von
2010 liegt. Hingegen überraschten die
westlichen Pendants seit Anfang des Jahres
mit Wirtschaftsdaten deutlich über den Er­
wartungen, was zu einem Ausbalancieren der
globalen Wirtschaft beiträgt. Insbesondere
Deutschland, aber auch die USA konnten
überdurchschnittlich hohe Wachstumszah­
len erzielen. Gleichzeitig nimmt das weiterhin
Konjunkturelle Aufholjagd des Westens
zahme Inflationsbild im Westen vorerst Druck
In früheren Wirtschaftszyklen war der Wachs­ von den hiesigen Zentralbanken. Angesichts
tumsmotor jeweils der Westen. In diesem Zy­ dieser Wachstumsüberraschungen könnte
klus legten die Schwellenländer jedoch einen sich das Augenmerk der Investoren, zumin­
Blitzstart auf das Parkett und übertrumpften dest über die nächsten Monate, eher auf die
mit ihrer dynamischen Entwicklung die so Finanzanlagen in den reifen Märkten richten.
bulletin 2/11 Credit Suisse
Mit der konjunkturellen Aufholjagd in den
letzten Monaten dürfte jedoch in der Zukunft
auch hier die Inflation zu einem wichtigen
Thema werden. Der Zinszyklus wird unseres
Erachtens daher auch im Westen mittelfristig
nach oben gerichtet sein.
Aktienmärkte profitieren
Steigende Zinsen und anziehende Inflations­
raten dürften damit in den kommenden Mo­
naten zu einem prägenden Element des
Marktumfelds werden, was reale Anlageklas­
sen wie Aktien, Rohstoffe, Gold oder Immobi­
lien gegenüber nominalen Anlagen wie An­
leihen wesentlich attraktiver macht. Wir sind
daher überzeugt, dass reale Anlageklassen
über die nächsten Jahre trotz aller zu erwar­
tenden Schwankungen eine deutlich bessere
Wertentwicklung aufweisen sollten als nomi­
nale Anlageklassen wie Staatsanleihen oder
Liquidität. Aktien dürften hierbei die interes­
santeste Anlageklasse stellen. Eine histori­
sche Perspektive über die letzten 130 Jahre
zeigt auf, dass der US ­Aktienmarkt bei einer
Inflationsrate um die vier Prozent jeweils am
höchsten bewertet wurde (Abbildung 2). Ein
Inflationsanstieg in den USA, aber auch in
Europa von den heutigen tiefen Niveaus ist
also durchaus eine positive Entwicklung
für Aktien. Zusätzlich haben wir die Aktien­
marktperformance während vergangener
Zinserhöhungszyklen analysiert. Abbildung 3
stellt die durchschnittliche Performance der
Wachstum Wirtschaft
Aktienmärkte in den Monaten vor und nach
der ersten Leitzinserhöhung dar. Die wich­
tigste Erkenntnis ist, dass der Aufwärts­
trend durch die einsetzenden Zinserhöhun­
gen nicht gestört wird, zumindest nicht in
der Frühphase des Zinsanhebungszyklus.
Es dauert in der Regel neun Monate, bis
die Aktienmärkte eine erste Verschnauf­
pause einlegen. Die folgende Korrektur
hielt sich jedoch in der Vergangenheit mit
einem Minus von durchschnittlich fünf Pro­
zent in Grenzen. Vergleicht man zudem die
Performance der Aktienmärkte seit dem
Börsentief im März 2009 mit dem vorheri­
gen Erholungszyklus von 20 03 , weisen
diese eine sehr hohe Korrelation auf (Ab­
bildung 4). Angesichts der vorherrschenden
makroökonomischen Trends stehen die
Chancen gut, dass sich das Szenario zwi­
schen 2003 und 2007 in der Tendenz auch
weiterhin wiederholen wird.
Schwellenländer langfristig wichtig
Aktien mit hohen Dividenden sind im aktu­
ellen Tiefzinsumfeld für den Investor unse­
res Erachtens besonders attraktiv. Die Di­
videndenrenditen der meisten Aktienmärk­
te sind vielerorts höher als die realen
Renditen von Staatspapieren. Dividenden
bieten zudem, im Gegensatz zu Anleihen,
einen gewissen Inflationsschutz, da die
wirtschaftliche Erholung den Gewinnzyklus
hochhält, was implizit zu höheren Dividen­
denzahlungen führt. Die aktuellen Aus­
schüttungsquoten der Firmen liegen zudem
auf sehr tiefem Niveau und bieten somit
den Unternehmen mehr Flexibilität, ihre Di­
videndenausschüttungen zu erhöhen (Ab­
bildung 5).
Auch wenn wir zurzeit eine Wachstums­
renaissance der westlichen Nationen erle­
ben: Die langfristigen strukturellen Treiber
für das globale Wachstum sind auch wei­
terhin in den Schwellenländern zu finden.
Investoren, die vom höheren Wachstum in
den Schwellenländer profitieren möchten,
ohne direkt in diesen Ländern zu investie­
ren, können dies mit westlichen Aktien tun.
Unsere Analyse zeigt, dass europäische Fir­
men, die über 30 Prozent ihres Umsatzes
in den Schwellenmärkten erwirtschaften,
in den letzten zehn Jahren eine höhere ab­
solute wie auch risikoadjustierte Rendite
erzielt haben als ihr westlicher Vergleichs­
index, aber auch als Aktien aus Schwellen­
ländern (Abbildung 6). <
1 Globale Erholung des Wohlstands
2
Die aktuelle Erholung des globalen Wohlstands
entspricht dem Aufschwung von 2003.
47
KGV und Inflation seit 1881
Quelle: Credit Suisse, IB
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV ) war jeweils
am höchsten bei einer moderaten Inflation bis
zu vier Prozent. Quelle: Shiller, Credit Suisse
Durchschnittliches KGV (USA, saisonbereinigt)
Durchschnittliches KGV (USA , saisonbereinigt)
15
Anfang März 2011
180
10
140
5
Ende April 2011
100
0
1
101 201 301 401 501 601 701 801 901
Tage nach Tiefstand
März 2003 März 2009
<–4% –2% 0%
2%
4%
6%
8% 10% >10%
Inflation (im Jahresvergleich)
3 Aktienperformance vs. Zinserhöhung
4 Aktienmarkterholung 2003 und 2009
Aktienmärkte stiegen in der Vergangenheit
nach dem ersten Zinsschritt der Federal
Reserve. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Die Erholung des europäischen Aktienmarktes seit dem tief von 2009 gleicht dem
Aufschwung von 2003 –2007.
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Index (auf 100 basiert)
Index (auf 100 basiert)
110
220
100
180
90
140
80
100
–12
–8
–4
0
4
8
12
0
Monate vor und nach der ersten Zinserhöhung
12
24
36
48
12.3.2003 bis 31.10.2007
9.3.2009 bis 18.3.2011
5 tiefe Dividendenausschüttung
6 Aktien: Westen vs. Schwellenländer
Die Unternehmen haben die Flexibilität,
ihre Ausschüttungsquoten zu heben.
Westliche Aktien mit einem hohen
Umsatzanteil in Schwellenländern weisen
eine überdurchschnittliche Rendite aus.
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Index (auf 100 basiert)
Index (auf 100 basiert)
75
400
65
300
55
200
45
35
100
25
0
1976
1984
1992
2000
Dividendenausschüttung in %
vom Jahresüberschuss
Durchschnitt
Durchschnitt +/–1 Standard-Abweichung
2008
2001
2004
2007
2010
EU-Unternehmen mit Umsatzanteil in EM >30%
EuroStoxx 50
MSCI Emerging Markets (in EUR)
Credit Suisse bulletin 2/11
48
Wirtschaft Anlagestrategien
Der westliche Anleger ist
vorsichtiger geworden
Andreas Russenberger, leiter global mACS (multi Asset Class Solutions) mandates and
Funds der Credit Suisse, erklärt, wie sich das typische Anlegerverhalten in der westlichen
Welt von demjenigen in der östlichen unterscheidet.
Andreas Russenberger: Westen ist grundsätzlich ein sehr
veränderlicher Begriff. Wenn ich in der Schweiz lebe, ist
für mich Westen Frankreich und die USA . Dagegen ist
Westen in Japan in erster Linie China, in Singapur wie­
derum Europa. So gesehen ist auch die Unterscheidung von nah und
fern sehr relativ. Für einen Bewohner von Hongkong ist Australien
sehr nah. Das wirkt sich auch auf sein Anlegerverhalten aus. Anleger
bevorzugen das Naheliegende. So ist zum Beispiel der australische
Dollar sehr beliebt in Hongkong.
Dagegen sind in den asiatischen Ländern Produkte wie
aktiv gemanagte Aktienmandate mit entsprechend hohen
Aktienanteilen sehr beliebt.
Wie gross ist im globalen Anlegergeschäft die
Interaktion zwischen Westen und Osten?
Bei den Wertschriften mag man in Europa für die Diversi­
fikation nach Osten noch einigermassen offen sein. So werden zum
Beispiel Fonds, die auf Investitionen in asiatische Emerging Markets
spezialisiert sind, von Europäern noch häufig zwecks Diversifizierung
einbezogen. In die umgekehrte Richtung läuft da weniger. Einen
reichen Investor im Mittleren Osten oder in Hongkong davon zu über­
Interessanterweise sprechen wir sowohl auf Deutsch als
zeugen, er könnte zwecks Diversifizierung der Risiken noch in ein
auch auf Englisch und damit bis an die Westküste der USA von
paar europäische Fonds investieren, ist ein schwieriges Unterfangen.
Asien als Fernem Osten. Das macht Europa zum Zentrum der
Der asiatische Kunde sieht wahrscheinlich nicht ganz zu Unrecht
Welt. Wirtschaftlich gesehen dürfte das aber kaum mehr stimmen. wenig Gründe, warum er sein Geld in Schweizer Staatsanleihen in­
Für einen Chinesen im boomenden Schanghai ist das Zentrum der vestieren soll, die praktisch keine Rendite abwerfen. Schliesslich lebt
Welt schon lange nicht mehr das altehrwürdige Europa im fernen er seit Jahrzehnten in einem Umfeld, das von zweistelligem Wachs­
Westen. Zumal viele asiatische Länder grosse Bestrebungen unter­ tum geprägt ist. Da mag höchstens noch die politische Stabilität als
nehmen, nicht mehr nur über den Export in den Westen, sondern Argument einigermassen überzeugen.
immer stärker von innen heraus zu wachsen, also das Wachstum im
grundsätzlich dürften auch Anleger im Westen an grösseren
Binnenmarkt anzukurbeln. Nehmen wir China oder Indien, die beide Renditen dank grösserem Wachstum interessiert sein.
über eine Milliarde Einwohner haben, da wird der Export nach Italien Das ist natürlich so. Trotzdem sind westliche Investoren tendenziell
oder Deutschland bald einmal sehr unwichtig.
immer noch stärker in westlichen Unternehmen investiert. Rein kultu­
rell oder sprachlich liegen ihnen diese näher und werden damit als
gibt es ein typisch westliches Anlegerverhalten?
Sehr vereinfacht gesprochen ist der Westeuropäer empfänglicher vertrauenswürdiger eingestuft. Dinge zu kaufen, die einem fremd und
für Diversifikation und geht nicht so gerne Risiken ein. Er bevorzugt unverständlich sind, ist für die meisten Anleger schwierig. Da liegt
häufig diversifizierte Produkte in Fonds oder ETF s. Unter Berück­ einem Europäer die Aktienbeteiligung an einem Unternehmen in Eng­
sichtigung eines moderaten Risikos gibt er sich mit einer fairen Ren­ land oder Deutschland immer noch näher. Gleichwohl haben wir im
dite von fünf oder sechs Prozent zufrieden. Für ihn ist das Verwalten vergangenen Jahr in unseren Produkten die Gewichtung von Emer­
und Erhalten des Vermögens im Vordergrund und weniger das Ver­ ging­ Markets­Anlagen verdoppelt, wenn auch auf einem tiefen Niveau.
mehren. Dagegen agieren asiatische Investoren viel unternehme­
Wie stark ist für Sie der Westen als Wirtschaftsmacht
rischer, kaufen und verkaufen häufig und suchen gerne aktiv die bereits abgeschrieben?
Chance. Sie ärgern sich über verpasste Chancen. Und wenn es ab Noch gar nicht. Gerade in den USA , aber auch in Europa wurde in
und zu einen Verlust gibt, dann gehört das dazu.
den vergangenen zwei Jahrhunderten enorm viel Vermögen akku­
Waren wir im Westen auch schon mal an diesem Punkt ?
muliert. Nun kann man von Wohlstandssättigung und Verweich­
Absolut. Ende der 1990 er­Jahre wuchs der Schweizer Aktienmarkt lichung sprechen. Gleichwohl wird es noch lange dauern, bis wir auf
teilweise über 50 Prozent. Da gab sich kaum jemand mit irgend­ dieser Ebene überholt werden – sicher ein, zwei Generationen. Wer
welchen Obligationen mit zwei oder drei Prozent zufrieden. Die Krisen allerdings ganz nüchtern die aktuellen Bevölkerungsstrukturen ver­
des letzten Jahrzehnts haben die Anleger im Westen viel risikobe­ gleicht und die Wachstumszahlen der letzten Jahre für die nächsten
wusster gemacht. Die Unsicherheit ist klar grösser geworden. Das Jahrzehnte hochrechnet, der erkennt eine klare Kehrtwende. Ander­
sehen wir auch deutlich bei den Risikoprofilen unserer westeuropäi­ seits hat sich in der Vergangenheit die Schweiz oder auch Amerika
schen Kunden. Rund 90 Prozent sind «balanced» und tiefer. Und in Krisenzeiten schon mehrmals neu erfunden und wieder erholt.
«balanced» sind Portfolios mit Aktienanteilen von durchschnittlich Kurzum: Verschiebung ja, aber der Westen ist noch lange nicht ab­
40 Prozent. Die grosse Mehrheit ist also eher konservativ investiert. geschrieben. Daniel Huber
bulletin 2/11 Credit Suisse
Foto: Rainer Wolfsberger
bulletin: Westen ist in erster linie eine Himmels­
richtung, aber nicht nur. Wie sehen Sie das?
Dossier
Corporate
Volunteering der
Credit Suisse
Inhalt
01
02
03
04
05
06
07
Freiwilligeneinsätze in der ganzen Schweiz
Bestandteil der unternehmerischen Verantwortung
Lauter zufriedene Gesichter im Bilderbogen
Zwischenbilanz nach drei Jahren
3 Fragen an 13 Partnerorganisationen
Konferenz macht Volunteering sichtbar
Stiftung Philias zeichnet Credit Suisse aus
Titelbild
Credit Suisse Mitarbeitende aus der
Zentralschweiz bei der Wanderwegreinigung
Seelisberg –Rütli
01
Corporate Volunteering
Nationale Partnerorganisationen
Schweizerisches Rotes Kreuz – SRK :
Blutspendeaktion
2 x Weihnachten
Mitten unter uns
Stiftung Bergwaldprojekt
Schweizer Tafel:
Suppentag
Begleitung Auslieferungstouren
Young Enterprise Switzerland – YES
Plusport Behindertensport Schweiz:
Plusporttag
Torballturniere
WWF Schweiz
Dampfbahn Furka­Bergstrecke
Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Stiftung St. Jakob Behindertenwerk
Ernst Schmidheiny Stiftung ESST
Wirtschaftswochen
Right To Play Switzerland
Love Ride Switzerland
Krebsliga Schweiz
Regionale Aktivitäten
Corporate Volunteering
wird in der ganzen Schweiz gelebt
Corporate Volunteering der Credit Suisse
zu steil» – höchst beeindruckend. Über
5500 Mitarbeitende der Bank haben sich
letztes Jahr fast in der ganzen Schweiz
für das Wohl der Gemeinschaft und zur
eigenen Ertüchtigung und Befriedigung
eingesetzt. Diese für die Credit Suisse er­
freuliche Tatsache ist in erster Linie das
Verdienst unserer Partnerorganisationen
und ihrer Mitarbeitenden, welche die ent­
sprechenden Einsätze minutiös vorberei­
ten und die Volunteers an Ort und Stelle
persönlich instruieren und betreuen. Na­
tional arbeitet die Credit Suisse derzeit mit
13 Partnerorganisationen zusammen, die
wir im Artikel 05 vorstellen und zu Wort
kommen lassen. Hinzu stossen weit über
40 Organisationen, die eine ganze Palette
attraktiver regionaler Aktivitäten ermög­
lichen.
Im laufenden Jahr 2011, dem Europäi­
schen Jahr der Freiwilligentätigkeit, wird
die Credit Suisse in der Schweiz voraus­
sichtlich noch mehr Corporate Volunteers
stellen. Dementsprechend laufen bereits
wieder Gespräche mit weiteren möglichen
Partnerorganisationen. Das Netz der Ein­
satzorte wird in Zukunft also noch dichter
gestrickt sein. Das sind höchst erfreuliche
Aussichten, denn beim Corporate Volun­
teering profitieren alle Beteiligten. schi
Grafik: Credit Suisse | Fotos: Credit Suisse
Die Credit Suisse ist in der Schweiz seit
über 150 Jahren tätig, und der Heimmarkt
hat auch in Zeiten globaler Ausrichtung
nichts von seiner Bedeutung verloren.
Deshalb ist es der Bank ein Anliegen,
sich in der Schweiz möglichst flächende­
ckend zu engagieren. Dies gilt natürlich in
erster Linie für das Filialnetz: In 220 Ge­
schäftsstellen arbeiten landesweit rund
21 700 Personen, die zwei Millionen Privat­
kunden und über 100 000 Firmenkunden
betreuen. Doch auch die Karte mit allen
Einsatzorten des Corporate Volunteering
der Credit Suisse ist – ganz nach dem Mot­
to «Keine Distanz zu gross, kein Berghang
02
Corporate Volunteering
Teil der unternehmerischen
Verantwortung
Unüberhörbar läuteten 25 Treichler am 4. Dezember 2010 in
einem Marsch durch die Bundeshauptstadt mit ihren Glocken
das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 ein.
Volunteers der Credit Suisse engagieren sich an der Aktion 2 x Weihnachten des SRK .
Nationalratspräsident Jean­René
Germanier bezeichnete die Freiwilligen­
arbeit anlässlich der Eröffnung des
Europäischen Jahrs der Freiwilligentätig­
keit 2011 als «Kitt unserer Gesellschaft».
Damit drückte er – just am Vorabend des
Internationalen Tags der Freiwilligentätig­
keit – die hohe Wertschätzung aus, die
diesem sozialen Engagement gerade in
der auf dem Milizsystem aufbauenden
Schweiz gebührt.
Die Credit Suisse möchte sich in
allen Regionen, in denen sie tätig ist, als
verantwortungsbewusster Teil der
Gemeinschaft erweisen. Unsere entspre­
chenden Anstrengungen auf den ver­
schiedensten Ebenen legen wir jeweils im
Bericht Unternehmerische Verant­
wortung dar. Corporate Volunteering, das
wir seit 2008 fördern, ist ein wesentlicher
Bestandteil davon, entstanden nicht
zuletzt aus dem Bedürfnis vieler Mitarbei­
tender, sich persönlich für die Gesell­
schaft engagieren zu können. Deshalb
stellen wir jedem Mitarbeitenden
mindestens einen Arbeitstag pro Jahr
zur Verfügung, um in einem unserer
Programme Freiwilligenarbeit zu leisten.
Ohne kompetente Partner kann das
Corporate Volunteering der Credit Suisse
jedoch nicht funktionieren. Unseren
nationalen und regionalen Partnerorgani­
sationen sind wir deshalb zu grossem
Dank verpflichtet. Wir hoffen, dass aber
auch sie von der Zusammenarbeit
profitieren. In einer Hinsicht bestimmt:
Durch die gemeinsame Arbeit werden
Vorurteile abgebaut, und das gegenseitige
Verständnis wächst.
Erfreulicherweise hat sich das
Corporate Volunteering der Credit Suisse
weltweit und in der Schweiz laufend
weiterentwickelt. 2010 leisteten in der
Schweiz über 5500 Mitarbeitende
zusammen mehr als 56 000 Arbeits­
stunden Freiwilligeneinsatz. Dass dieses
Engagement nun von kompetenter
Seite – der Stiftung Philias – gewürdigt
wird, bekräftigt uns in unserer Absicht,
diesen Weg weiterzugehen.
Hans­Ulrich Meister, CEO Credit Suisse Schweiz
Hanspeter Kurzmeyer, Leiter Privatkunden Credit Suisse
Corporate Volunteering der Credit Suisse
03
Corporate Volunteering
Sich für die Gemeinschaft einzusetzen,
verschafft den Volunteers Befriedigung
5593 Credit Suisse Mitarbeitende im Freiwilligeneinsatz bedeutet 5593 persönliche Erlebnisse,
an die man sich gerne erinnert. Unser Bilderbogen zeigt Menschen voller Dynamik und voller
Lebensfreude. Auf der Website www.credit­suisse.com/verantwortung finden Sie verschiedene
Erfahrungsberichte, die dazu animieren, selbst ein Volunteer zu werden.
Die Volunteering­Einsätze am
Plusporttag, dem traditionellen
Schweizer Behindertensport­
tag in Magglingen, reichen
bis ins Jahr 2001 zurück.
Die sportlichen Leistungen
der Behinderten sind
beeindruckend und deren
Lebensfreude ansteckend.
Über 1000 Mitarbeitende – darunter viele Lernende – haben seit 2008 einen
Einsatz für die Stiftung Bergwaldprojekt geleistet. Die Teamarbeit in der
Natur schweisst die Mitarbeitenden zusammen und lässt sie Zusammenhänge
zwischen Natur und Lebensräumen erkennen.
Ein Volunteering­Einsatz in Kloten bei der
Stiftung Pigna – Raum für Menschen mit
Behinderung als Beispiel einer sinnstiftenden
Zusammenarbeit auf regionaler Ebene.
Corporate Volunteering der Credit Suisse
Der jährlich stattfindende Benefiz­Event
Love Ride zugunsten von muskelkranken
Kindern zaubert nicht nur den Kindern,
sondern auch unseren Volunteers ein Lächeln
ins Gesicht.
Im Right To Play
Schulprojekt erfahren
Schweizer Schul­
kinder von Freiwilligen
der Credit Suisse,
wie gleichaltrige Kinder
in benachteiligten
Ländern leben und
wie Sport und
Spiel ihnen helfen
kann, ihr Leben
zu verbessern.
Nur dank dem Einsatz zahlreicher Freiwilliger, zu denen
auch die der Credit Suisse zählen, kann die Dampfbahn
Furka­Bergstrecke ihren Betrieb aufrechterhalten.
Einer der Höhepunkte im vergangenen Jahr
war die Zusammenarbeit mit der Krebsliga
Schweiz, die ihr 100 ­jähriges Bestehen feierte.
Im Mittelpunkt des Engagements für die
Schweizer Tafel steht der Fundraising­Event
«Suppentag», der immer im November statt­
findet. Jedes Jahr organisieren Credit Suisse
Mitarbeitende an 20 – 25 Standorten in der
Schweiz einen Stand.
Fotos : Credit Suisse
Der Traum manch eines Teenagers geht in
Erfüllung: als CEO eine eigene Firma führen.
Möglich ist dies im Rahmen der Wirtschafts­
wochen der Ernst Schmidheiny Stiftung.
Trockenmauerbau in Ardez – eine anstren­
gende, aber lehrreiche Tätigkeit für die
Volunteers in Zusammenarbeit mit dem
WWF Schweiz.
Eine noch junge, aber sehr wertvolle Partnerschaft
besteht mit der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi.
04
Corporate Volunteering
«Corporate Volunteering
festigt unsere Unternehmenskultur »
bulletin: Frau Darvishi, was versteht man
unter Corporate Volunteering?
Zahra Darvishi: So bezeichnet man das
Engagement von Unternehmen und
deren Mitarbeitenden für gemeinnützige
Dienste und Einrichtungen, so genannte
Non­Profit­Organisationen ( NPO).
Bei der Credit Suisse bildet das Corpo­
rate Volunteering einen wichtigen
Bestandteil unserer unternehmerischen
Verantwortung. Über unsere vielfältigen
Programme und Aktivitäten, die wir
zusammen mit unseren Partnerorganisa­
tionen durchführen, können sich unsere
Mitarbeitenden direkt für die Gesell­
schaft und soziale Anliegen engagieren.
Die Credit Suisse stellt ihren Mitarbei­
tenden in der Regel mindestens einen
Arbeitstag pro Jahr als Volunteering­
Tag zur Verfügung.
Freiwilligenarbeit gehört allerdings nicht
zum Kerngeschäft einer Bank. Wieso
setzt sich die Credit Suisse für Freiwilli­
geneinsätze ihrer Mitarbeitenden ein?
Wir sind davon überzeugt, dass
bei freiwilligen Arbeitseinsätzen auch
ein Mehrwert für die Mitarbeitenden
und somit für das Unternehmen selbst
entsteht: Indem sich unsere Mitar­
beitenden unentgeltlich für eine gute
Sache einsetzen, werden Sozialkompe­
tenzen und der Teamgeist gefördert.
Beide Fähigkeiten tragen wesentlich
zur Stärkung einer Unternehmenskultur
bei. Gleichzeitig wird ein interessanter
Erfahrungs­ und Wissensaustausch mit
In der Bäckerei St. Jakob stellen die Mitarbeitenden der Credit Suisse ihre Fingerfertigkeit
unter Beweis.
Corporate Volunteering der Credit Suisse
unseren Partnerorganisationen ermög­
licht. Zudem erhöhen die freiwilligen
Arbeitseinsätze den Wert unserer
Geldspenden um ein ganz persönliches
Engagement. Für uns ebenfalls sehr
wichtig ist natürlich auch die Sensi­
bilisierung unserer Mitarbeitenden für
soziale Anliegen und Projekte.
Wie und wann ist das Corporate
Volunteering in der Schweiz entstanden?
In der Schweiz engagieren sich sehr
viele Menschen auf privater Basis für
gemeinnützige Projekte. Das Corporate
Volunteering ist in der Schweiz –
im Gegensatz zu den USA – noch ein
relativ junges Phänomen. Zwar gab
es in der Credit Suisse vereinzelte
Sozial­ oder Umwelteinsätze, beispiels­
weise im Rahmen der Einführungswoche
der Lernenden, das Corporate Volun­
teering Schweiz wurde jedoch erst vor
drei Jahren, im April 2008 , lanciert.
Wir haben damals mit sieben Partnern
begonnen, heute sind es bereits zwölf.
Wegen der stetig steigenden Nachfrage
werden wir bis Ende 2011 mit mindes­
tens 13 nationalen Partnern und über
40 lokalen Organisationen zusam­
menarbeiten. Letztes Jahr zählten wir
über 6700 Volunteering­Tage, das
heisst, unsere Mitarbeitenden haben
über 56 000 Stunden für die Arbeit
an gemeinnützigen Projekten aufge­
wendet. Entscheidend für unsere Arbeit
und unseren Erfolg ist unsere dezen­
trale Struktur. Die zentrale Abteilung
in Zürich wird in unseren Schweizer
Geschäftsregionen durch so genannte
Volunteering Champions und Projekt­
verantwortliche tatkräftig unterstützt.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit
mit den Partnerorganisationen?
Fotos: Credit Suisse | Gary Kammerhuber
Nicht jeder Trend, der aus den Vereinigten Staaten nach Europa überschwappt, ist so positiv
zu werten wie das Corporate Volunteering. In der Schweiz wird es von der Credit Suisse
seit drei Jahren systematisch und konsequent betrieben. Wir baten Zahra Darvishi als Verant­
wortliche für das Corporate Volunteering in der Schweiz um eine Zwischenbilanz.
Die Zusammenarbeit mit unseren
Partnern ist sehr produktiv und wirklich
gut. Wir konnten bereits viele wert­
volle Erfahrungen sammeln – und auch
unsere Partner von unserem Engage­
ment überzeugen. Spürten wir zu Beginn
noch vereinzelt eine gewisse Skepsis
uns «Bankern» gegenüber, so konnten
bald schon auf beiden Seiten Vorurteile
abgebaut werden. Mittlerweile gelten
die Credit Suisse Volunteers bei vielen
unserer Partner sogar als besonders
fleissig und einsatzfreudig. Zudem waren
einige sehr positiv überrascht zu sehen,
wie strukturiert wir auch im Bereich
Freiwilligenarbeit vorgehen.
Das Corporate Volunteering erfreut
sich wachsender Beliebtheit. Mittler­
weile treffen sogar Anfragen von Kunden
bei uns ein, die sich nach Möglichkeiten
erkundigen, einen Freiwilligeneinsatz
mit uns zu leisten. Obwohl das nicht
direkt ein Ziel war, auf das wir hin­
gearbeitet haben, beschäftigen wir uns
nun auch mit der Organisation von
Aktivitäten, bei denen Kundinnen und
Kunden teilnehmen können.
Der Bankensektor steht seit der Wirt­
schaftskrise unter Druck. Ist es schwieri­
ger geworden, Mitarbeitende für einen
ehrenamtlichen Einsatz zu gewinnen?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben
auch in diesen schwierigen Zeiten stets
grossen Wert auf unser soziales Engage­
ment gelegt. Uns ist zudem wichtig, dass
sich unsere Partner auf uns verlassen
können.
Gibt es einen globalen Ansatz, der
in Hongkong oder New York genauso gilt
wie in Locarno oder Arbon?
2010 haben wir das Corporate
Volunteering als Fokusthema im Bereich
Verantwortung für die Gesellschaft
definiert. Wir ermutigen unsere Mitar­
beitenden weltweit, freiwillige Arbeits­
einsätze zu leisten. Um unser soziales
Engagement in allen unseren Geschäfts­
regionen bestmöglich umsetzen zu
können, ist es jedoch wichtig, dass wir
bei der Auswahl der Partner und der
Projekte auch regionale Bedürfnisse und
kulturelle Eigenheiten berücksichtigen.
Verantwortlich für die Zusammenarbeit
mit unseren über 200 Partnerorgani­
sationen weltweit sind die Stiftungen und
Komitees in unseren Geschäftsregionen,
die auch das freiwillige Engagement
unserer Mitarbeitenden koordinieren.
Wir arbeiten zudem auch sehr erfolgreich
mit zwei globalen Partnern, Habitat
for Humanity International und Junior
Achievement Worldwide, zusammen.
Darüber hinaus haben wir 2010 das
Global Citizens Program für die Bereiche
Bildung und Mikrofinanz lanciert, das
den Kompetenz­ und Wissensaustausch
zwischen unseren Mitarbeitenden und
den sozialen Organisationen ins Zentrum
stellt und den Mitarbeitenden ermög­
licht, ihre Fähigkeiten auch über eine
längere Zeit in ein Projekt einzubringen.
Können Sie uns einige Zahlen für
den Bereich Corporate Volunteering der
Credit Suisse weltweit nennen?
Wir sollten Zahlen und Statistiken
nicht überbewerten, aber es freut
uns natürlich sehr, dass 2010 weltweit
1436 Personen mehr als im Vorjahr
an unseren Programmen teilgenommen
haben. Es sind 15 094 Freiwillige,
die während 163 699 Stunden im Einsatz
waren. Die Schweiz stellt momentan
absolut die meisten Volunteers, aber
in Relation zur Beschäftigtenzahl sind
wir zahlenmässig noch nicht dort, wo wir
eigentlich hinmöchten. Das soll sich in
Zukunft ändern.
Wie wählen Sie in der Schweiz Ihre
Projekte und Partner aus?
Inhaltlich konzentrieren wir uns auf
die Bereiche Ausbildung, soziales
Engagement, Umwelt und Kultur. Wir
schauen uns grundsätzlich nach interes­
santen Projekten um, die Volunteering­
Möglichkeiten bieten könnten. Bevor
wir uns jedoch definitiv und langfristig
an einen Partner binden, führen wir
diverse Pilotprojekte durch und prüfen
die eingehenden Feedbacks. Diese
Testphase findet auch im Interesse
>
Zahra Darvishi ist Leiterin Corporate
Citizenship Schweiz und
Center of Accessibility Schweiz.
Corporate Volunteering
in der Schweiz
Zentrale in Zürich
Zahra Darvishi leitet von Zürich aus
das Corporate Volunteering Schweiz
und wird dabei von Jessica Feustle,
Mina Goffo, Roland Gugerli, Martin
Koblet und Beate Kurth sowie
den Bereichsverantwortlichen Reto
Casutt (Corporate and Institutional
Clients), Heiko Marx ( IT ), Klaus
Morscher (Finance), Rolf Müller
(Corporate and Institutional Sales),
Andreas Rieser (Asset Management)
und Manfred Stöpper (Operations
Private Banking) unterstützt.
Volunteering Champions
In den sieben Schweizer Geschäfts­
regionen ausserhalb von Zürich
engagieren sich folgende Personen
als Regionalverantwortliche des
Corporate Volunteering: Patrick Biri
(Nordschweiz), Giovanni Bottinelli
(Tessin), Michael Fahrni (Mittelland),
Robert Martin (Suisse Romande),
Bernhard Sutter (Ostschweiz),
Hans Wittwer­Mathis (Zentralschweiz),
Jean­Pierre Zimmermann (Genf).
Corporate Volunteering der Credit Suisse
der NPO statt. Bei unseren nationalen
Partnern unterscheiden wir je nach
Anzahl Projekte, Volunteering­Möglich­
keiten und Bekanntheitsgrad drei
verschiedene Kategorien. Hinzu kommen,
wie bereits erwähnt, Organisationen,
mit denen wir ausschliesslich regional
oder lokal zusammenarbeiten.
Erhalten Sie nach den Freiwilligen­
einsätzen viele Rückmeldungen von den
Mitarbeitenden?
Rückmeldungen sind für unsere
Arbeit von entscheidender Bedeutung.
Daher holen wir nach jedem Event ein
schriftliches, strukturiertes Feedback ein.
Nur so sind wir in der Lage, die posi­
tiven und negativen Punkte zu evaluieren
und eventuelle Schwachpunkte in
Projekten auszumerzen. Meistens fallen
die Rückmeldungen jedoch ausgespro­
chen positiv aus. Die Mitarbeitenden
schätzen unser Angebot und fühlen sich
nach ihren Einsätzen sehr gut, selbst
wenn die Arbeit körperlich durchaus
anstrengend sein kann.
Ist 2011, das europäische Jahr der
Freiwilligenarbeit, auch aus Sicht der
Credit Suisse etwas Besonderes?
Wir wünschen uns, dass die Wert­
schätzung der Freiwilligenarbeit in der
Gesellschaft weiter zunimmt. Deshalb ist
dieses Jahr für uns wichtig: Wir sind
gerne bereit, die sich bietende Chance
zu nutzen und etwas zur Sensibilisierung
der Öffentlichkeit beizutragen. Die
erste Corporate ­Volunteering­Konferenz
im April ist diesbezüglich ein wichtiger
Schritt (siehe Artikel 06 ).
Wann haben Sie persönlich Ihren
letzten Freiwilligeneinsatz geleistet ?
Vor wenigen Wochen habe ich in
der St. Jakob­Bäckerei in Zürich als
Volunteer gearbeitet – es war ein
beeindruckendes Erlebnis. Ich nehme
jedes Jahr an mehreren Angeboten
unserer Partnerorganisationen teil.
Auf diese Weise kann ich mich persön­
lich engagieren und gleichzeitig Rück­
schlüsse für meine berufliche Tätigkeit
ziehen. In meiner Freizeit setze ich
mich zudem als Stiftungsrätin bei der
Stiftung Braille Without Borders ein und
leiste auch dort regelmässig Freiwilligen­
einsätze. Mandana Razavi
Corporate Volunteering der Credit Suisse
05
Corporate Volunteering
Mit vereinten Kräften
Das Corporate Volunteering der Credit Suisse arbeitet mit
13 nationalen Partnerorganisationen zusammen. Zudem
ermöglichen über 40 regionale NPO lokale Einsatzmöglichkeiten.
Was bringt Ihnen die
Zusammenarbeit mit
der Credit Suisse ?
Warum bieten Sie Corporate­
Volunteering­Einsätze an?
Können Sie ein speziell
schönes oder einprägsames
Erlebnis mit Volunteers
der Credit Suisse schildern?
Behindertensport Schweiz
Sport Handicap Suisse
Sport Andicap Svizzera
Schweizerisches
Stiftung
Rotes Kreuz – SRK Bergwaldprojekt
Schweizer Tafel
Young Enterprise
Switzerland – YES
Plusport
Behindertensport
Schweiz
redcross.ch
Partner seit 2008
bergwaldprojekt.ch
Partner seit 2008
schweizertafel.ch
Partner seit 2001
young­enterprise.ch
Partner seit 2008
plusport.ch
Partner seit 2001
• 2 x Weihnachten
• Blutspendeaktionen
• Integrationsprogramm
«Mitten unter uns»
• Fahrdienst, Redog
• Einsatztage im Bergwald
• Fundraising-Events
• Suppentag
• Begleitung Auslieferungstouren
• Unsere Gemeinde
• Fit für die Wirtschaft
• Plusporttag (nationaler
Behindertensporttag)
• Torball-Turniere für Blinde
Der Einsatz von Mitarbeiten­
den der Credit Suisse zuguns­
ten des Schweizerischen
Roten Kreuzes ist umfassend:
Sie spenden Zeit, Anteilnah­
me, Geld und sogar ihr Blut.
Das ist ein wertvoller Beitrag
zur Unterstützung von
Menschen auf der Schatten­
seite des Lebens.
Wichtige Arbeit wird getan,
das Verständnis für das
sensible Ökosystem Bergwald
und seine Schutzwirkung
wächst. Brücken entstehen
zwischen Förstern und
Bankern, zwischen Büro und
Handwerk.
Seit der Gründung der
Schweizer Tafel vor zehn
Jahren ist die Credit Suisse
eine starke und wohl­
wollende Partnerin. Die
finanziellen Zuwendungen
haben wesentlich zum
Aufbau beigetragen und
sichern weiterhin den
erfolgreichen Fortbestand
der Schweizer Tafel.
In einem Verein, der die
praktische Wirtschaft mit der
Schule verknüpft, bilden
Freiwillige aus der Geschäfts­
welt die entsprechende
Brücke. Die Credit Suisse
bietet ein schweizweites
Netzwerk von hoch motivier­
ten Mitarbeitenden. Für
uns als Non­ Profit­ Organi­
sation ist es wichtig, dass
wir von grossen Partnern wie
der Credit Suisse getragen
und nachhaltig unterstützt
werden.
Durch den Aufbau
einer Kooperation mit der
Credit Suisse ist eine
wirkungsvolle und bereichern­
de Verbindung zwischen
Non­ Profit und Wirtschaft
entstanden. Wir können
der Credit Suisse eine Platt­
form für ihre Corporate
Responsibility bieten. Umgekehrt können wir unsere
integrativen Ziele mit solchen
Projekten realisieren.
Viele Projekte könnten
ohne die Hilfe von Freiwilligen
nicht mehr durchgeführt
werden. Im Weiteren bieten
Corporate ­Volunteering­
Einsätze eine tolle Möglich­
keit, den Mitarbeitenden
von Unternehmen das SRK
näher vorzustellen.
Die Partnerschaft mit
der Credit Suisse ermöglicht
dem Bergwaldprojekt,
mit Menschen in den Wald
zu gehen, die das Bergwald­
projekt sonst nicht erreicht
oder die einen weniger
direkten Bezug zum Bergwald
haben.
Die Tätigkeit der Schweizer
Tafel wäre ohne Engagement
Freiwilliger – wie auch ohne
Geldspenden unserer
Hauptpartner, Stiftungen und
privater Personen – nicht
denkbar. Der Einsatz bei der
Schweizer Tafel wird als
motivierend und als sinnvolles
soziales Engagement
empfunden.
Professionelle Volunteering­
Programme in der Bildung
sind für alle involvierten
Parteien ein Gewinn. Die
Schülerinnen und Schüler
profitieren von der prakti­
schen und authentischen
Vermittlung der wirtschaft­
lichen Themen. Die gewon­
nene Nähe zur praktischen
Wirtschaftswelt sowie die
Unterstützung im Unterricht
werden von den Lehrperso­
nen sehr geschätzt.
Im Zusammenhang mit
unserem umfangreichen
Sportangebot von Plussport
sind wir stets auf freiwillige,
engagierte Helferinnen
und Helfer angewiesen. Mit
der spezifischen Plattform
für Credit Suisse Volunteers
wollen wir auch die Chance
ergreifen, die Gesellschaft für
das soziale Engagement
und die Gleichstellung und
Integration von Menschen
zu sensibilisieren.
Corporate Volunteering bringt
Menschen zusammen,
die sich sonst nie begegnet
wären. So diskutierten
Mitarbeitende der Credit
Suisse beim gemeinsamen
Mittagessen mit den
Projektverantwortlichen
des SRK intensiv über
die Hilfeleistungen in Haiti
nach dem schweren
Erdbeben. Die Credit Suisse
und ihre Mitarbeitenden
spendeten dafür einen
ansehnlichen Betrag.
Im Trinser Schutzwald
erklärt Förster Hitsch Malär
den Young Talents, dass
in der Vorwoche das höchste
Kader der Schweiz auch
hier gearbeitet habe. «Aber
mein Chef sicher nicht,
der könnte das nie!», antwor­
tet ein Teilnehmer. Doch
zu seinem Erstaunen konnte
sich der Förster genau an
dessen Namen erinnern und
dem Mitarbeiter bestätigen,
dass sein Chef auch
mitangepackt hat!
Zahlreiche Freiwillige der
Credit Suisse organisieren
den Spenden­Event
Suppentag an verschiedenen
Standorten in der Schweiz
und sind somit im Feld im
Einsatz. Eindrücklich war bei
verschiedenen Besuchen,
wie sonst eher «zurück­
haltende» Banker das Publikum
fast marktschreierisch dazu
animierten, eine Suppe zu
kosten und für einen guten
Zweck zu spenden!
Wenn ein Freiwilliger auf
dem Markt zwischen Tomaten
und Peperoni den Schulleiter
davon überzeugt, ein
Programm durchzuführen,
oder ein Freiwilliger über
das Programm hinaus einen
Schüler während eines
längeren Zeitraums bei der
Jobsuche unterstützt,
dann sind das berührende
Geschichten. Und davon
gibt es noch viele weitere.
Beim Abschiedsapéro
steht allen Freiwilligen die
freudige Emotion des
Tages ins Gesicht geschrie­
ben. Es entsteht ein
fröhlicher Austausch über
die einmaligen Erlebnisse.
Das Bankgeschäft ist für
einen Tag in den Hintergrund
gerückt; was bleibt, ist
die ansteckende Lebens­
freude unserer Behin­
dertensporttreibenden und
der Plan, in einem Jahr
wieder dabei zu sein.
Corporate Volunteering der Credit Suisse
05
Corporate Volunteering
Was bringt Ihnen
die Zusammen­
arbeit mit der
Credit Suisse ?
Warum bieten
Sie Corporate­
Volunteering­
Einsätze an ?
Können Sie ein
speziell schönes
oder einpräg­
sames Erlebnis
mit Volunteers
der Credit Suisse
schildern?
Corporate Volunteering der Credit Suisse
WWF Schweiz
Dampfbahn
Stiftung Kinderdorf
Furka­Bergstrecke Pestalozzi
wwf.ch
Partner seit 2009
furka­bergstrecke.ch
Partner seit 2010
pestalozzi.ch
Partner seit 2011
• Trockenmauerbau
• Trockenwiesenpflege
• Erhaltung des Kulturerbes
• Handwerkertage
Dank der Natureinsätze
mit Freiwilligen können wir
zu Pflege und Erhalt der
Biodiversität in für den W WF
prioritären Gebieten
beitragen. Zudem fördern
wir die lokale Wertschöpfung
in den Alpen und eine
nachhaltige Nutzung der
Natur.
Die Unterstützung durch
die Credit Suisse Volunteers
erfolgt jeweils in einer
Zeit, in der unsere eigenen
Mitglieder schwer zu
mobilisieren sind (Frühling)
oder wenn bei ihnen nach
den unzähligen Bauarbeiten
«die Batterien leer sind»
(Herbst). Zudem tragen die
Freiwilligen die Idee
unseres speziellen Angebots
nach aussen und steigern
unseren Bekanntheitsgrad.
Mit jedem erfolgreich
durchgeführten Projekt
steigern sich die Reputation
und auch die Bekanntheit
der Stiftung Kinderdorf
Pestalozzi bei einer wichtigen
Kundenzielgruppe.
Unsere Volunteering-Einsätze
bringen die Teilnehmenden zu
den Hotspots der Naturviel­
falt. Ortsansässige Bauern
leiten die Einsätze im Auftrag
des W WF. Die Unmittelbarkeit
der Arbeiten, die Nähe zu
Boden, Natur und Landwirt­
schaft, von denen wir immer
noch 1:1 abhängen, wird
so erlebbar und beeinflusst
die täglichen Entscheidungen
eines jeden.
Als Eisenbahnunternehmen
mit eigener Infrastruktur
bewältigen wir die anfallen­
den Bau - und Unterhalts­
arbeiten fast ausschliesslich
mit Freiwilligen. Da passt
das Volunteering­ Angebot
der Credit Suisse bestens in
unser Konzept. Wir sind
uns gewöhnt, die Freiwilligen
so zu betreuen, dass auch
Eisenbahn­ Laien ungewohnte
und anspruchsvolle Tätigkei­
ten anpacken können.
Freiwillige sind Multiplikatoren
für die Anliegen der Stiftung
Kinderdorf Pestalozzi, indem
sie ihre Erfahrungen und
Eindrücke an andere weiter­
geben.
Bauern, Umweltschützer und
Firmenangestellte im
angeregten Gespräch
miteinander – glückliche
Teilnehmende, die mit
Wehmut die Sonnenstuben
in Ausserberg oder Ardez
verlassen, oftmals mit ihrer
Familie aber wieder
zurückkehren, um die Bauern
zu besuchen. Intensive
Erlebnisse und Erkenntnisse
in der Natur sind die besten
Garanten für einen nachhalti­
geren Lebensstil.
Realp im Spätherbst:
Das neue Werkstattgebäude
ist fertig. Eine riesige
Menge von ausgeliehenem
Baumaterial muss gereinigt,
sortiert und zu den Eigentü­
mern zurücktransportiert
werden. Die Frauen und
Männer der Credit Suisse
geben alles. Am Freitagabend
ist Ordnung – am Samstag­
morgen liegt eine Schneede­
cke von 60 cm, die den
ganzen Winter über liegen
bleibt. Nicht vorstellbar,
wie wir das ohne die
Credit Suisse Volunteers
geschafft hätten.
Es ist eine Freude, mit
anzusehen, wie die Freiwilli­
gen auch bei schlechten
Wetterverhältnissen mit viel
Eifer an die anspruchsvolle
körperliche Arbeit gehen und
am Abend eine innere
Zufriedenheit ausstrahlen.
Stiftung St. Jakob
Behindertenwerk
Ernst Schmidheiny Right To Play
Switzerland
Stiftung ESST
Love Ride
Switzerland
Krebsliga Schweiz
st ­ jakob.ch
Partner seit 2011
esst .ch
Partner seit 1992
loveride.ch
Partner seit 2008
krebsliga.ch
Partner seit 2010
• Bäckerei­Einsätze
• Wirtschaftswochen
• Benefiz­Event Love Ride
Dübendorf
• Race against Cancer
righttoplay.com/
switzerland
Partner seit 2010
• Schulprojekt Schweiz
Die zahlreichen Volunteering­
Einsätze mit der Credit Suisse
schätzen wir besonders,
weil sie gut organisiert sind
und die Freiwilligen nach
einem Tag Arbeit in unserem
Werk meistens als begeister­
te Botschafter unserer
wirtschaftsorientierten
Sozialinstitution in der
Gesellschaft wirken.
Die Wirtschaftswochen,
die wir mit den Schweizer
Handelskammern an den
Mittelschulen durchführen,
sind eine Win­win­win­
Situation: Die Schüler lernen
hautnah, was Wirtschaft ist;
dem Standort Schweiz tut
eine wirtschaftlich gebildete
Nachwuchs­generation gut;
die Freiwilligen setzen
Expertenwissen und Praxis­
kenntnisse für die Jugend ein
und lernen selbst dabei.
Die Unterstützung durch die
Freiwilligen der Credit Suisse
gibt Right To Play die
Möglichkeit, das Schulprojekt
weiter auszubauen und damit
möglichst vielen Schülern
in der Schweiz die Chance zu
geben, das Leben von stark
benachteiligten Kindern
in Afrika und Asien kennenzu­
lernen und zu erleben,
wie wichtig Sport und Spiel
für eine gesunde Entwicklung
aller Kinder sind.
Der Love Ride ist insbesonde­
re für die Auf­ und Abbautage,
aber auch während des
Events selbst, auf eine grosse
Anzahl freiwilliger und
motivierter Helferinnen und
Helfer angewiesen, da der
Anlass mit bezahltem
Personal jeden sinnvollen
Rahmen sprengen würde.
Die Credit Suisse ermög­
lichte der Krebsliga in ihrem
Jubiläumsjahr, wichtige
Projekte zugunsten K rebs­
betroffener zu realisieren. Da
sich in diesem Bereich kaum
Sponsoren finden lassen, war
und ist das Engagement der
Credit Suisse umso wichtiger.
Die während den Einsätzen
erbrachte Leistung kommt
unserem Werk materiell zugut.
Viel grösser ist jedoch die
ideelle Wirkung: Unsere
Geschützten werden von
Menschen aus der ersten
Wirtschaft wahrgenommen
und können zeigen, dass trotz
Handicap eine tolle Leistung
möglich ist. Dies wirkt sich
positiv auf ihr Selbstwertge­
fühl aus und gibt ihnen Nähe
zur ersten Arbeitswelt.
Die Vermittlung von
wirtschaftlichen Grundkennt­
nissen an junge Menschen
in der Schweiz ist eine
gesellschaftliche Aufgabe, die
wir zusammen mit unseren
Partnern – Grossunternehmen
wie KMU, Handelskammern
und auch Sozialpartnern –
gemeinsam umsetzen wollen.
Die erfolgreiche Umsetzung
der «Right To Play» ­ Projekte
in benachteiligten Regionen
und Krisengebieten basiert
auf der Arbeit der Freiwilligen,
welche die Sport­ und Spiel­
aktivitäten durchführen. Es
ist selbstverständlich für
unsere Arbeit in der Schweiz,
den gleichen, bewährten
Ansatz zu wählen.
Der Einsatz von Corporate
Volunteers der Credit Suisse
am Love Ride ist eine echte
Win­win­Situation: Dem Love
Ride wird tatkräftig geholfen
und die Freiwilligen beteiligen
sich an einem sinnvollen
karitativen Projekt.
Die Events der Krebsliga
erfordern zahlreiche helfende
Hände. Da diese Leistungen
der Credit Suisse Volunteers
kostenlos erbracht werden
und damit das Budget der
Krebsliga entlasten, können
Spendengelder dort ein­
gesetzt werden, wo sie direkt
und unmittelbar Betroffenen
helfen.
Das schönste Erlebnis nach
einem Einsatz sind immer
strahlende Augen, frohes
Lachen und auch ein
Wiedersehen nach einem
Jahr: «Der Funken ist
gesprungen.»
Zu sehen, wie Teenager eine
Woche lang konzentriert
und freudig ihre Unternehmen
führen und mitfiebern, wie sich
ihre Firmen entwickeln – das
ist ein einmaliges Erlebnis.
Das sind die Wirtschafts­
wochen.
Es ist inspirierend zu sehen,
wie die unterschiedlichsten
Menschen, getragen von
der gleichen Überzeugung,
dass durch den eigenen
Einsatz Dinge verändert
werden können, gemeinsam
mit den Kindern spielen
und sie in Vorträgen in andere
Länder entführen. Das
Engagement der Freiwilligen
dient uns und den Schülern
als Vorbild.
Manchmal merkt man
schon, dass die Freiwilligen
sonst eher einer Bürotätigkeit
nachgehen und weniger
direkt Hand anlegen. Umso
erfreulicher ist es dann, zu
sehen und zu merken, dass
genau darin die Herausforde­
rung besteht, die von den
Freiwilligen gerne und mit
sichtbarer Freude angenom­
men wird.
Unvergessen bleibt der Start
der Charity­ Radtour Race
against Cancer in Airolo. Ab
4 Uhr waren die Credit Suisse
Volunteers auf den Beinen,
hellwach, topmotiviert und
immer freundlich. Sie berei­
teten den Fahrern Frühstück,
informierten Interessierte,
verteilten Sport­nahrung und
Sonnencreme. Um 7 Uhr
morgens starteten die Fahrer
in einen wundervollen
Regenbogen, unterstützt
während des ganzen Tages
von den Helferinnen und
Helfern.
Corporate Volunteering der Credit Suisse
Corporate Volunteering –
ein Spannungsfeld zwischen
Wirtschaft und NPO. Eine
entspannte, dafür umso
interessantere Podiumsdis­
kussion (von links): Herbert
Ammann, Schweizerische
Gemeinnützige Gesellschaft,
Barbara Keller, Right to Play,
Moderator Röbi Koller,
Hubert Kausch, SRK Kanton
Zürich, Zahra Darvishi,
Credit Suisse, und Christian
Kuhn, Stiftung St. Jakob.
06
Corporate Volunteering
Das Corporate Volunteering ist ein
Gewinn für alle Beteiligten
Freiwilligenarbeit wird in der Schweiz von
jeher grossgeschrieben. Meistens wird sie
ganz im Stillen geleistet. Doch in den letz­
ten Jahren hat sich die Erkenntnis durch­
gesetzt, dass es sinnvoll ist, die Freiwilligen­
arbeit in geeigneter Weise öffentlich zu
machen, um in einer zunehmend individua­
lisierten Gesellschaft auf den Wert und
die Unentbehrlichkeit der Freiwilligenarbeit
aufmerksam zu machen. Dies führte zum
Internationalen Tag der Freiwilligenarbeit
jeweils am 5. Dezember und nun 2011 auch
zum Europäischen Jahr der Freiwilligen­
tätigkeit. Letzteres wird allgemein genutzt,
um auf verschiedene Aspekte dieses sozia­
len Engagements aufmerksam zu machen.
Das Corporate Volunteering, das in der
Schweiz noch über keine lange Tradition
verfügt, gehört dazu. Deshalb nahmen am
7. April über 140 Vertreterinnen und Ver­
Corporate Volunteering der Credit Suisse
treter verschiedener nationaler und regio­ gefragt wurden, brauchte es zuerst einmal
naler Wohltätigkeitsorganisationen die Ge­ viel Überzeugungsarbeit, auch innerhalb
legenheit wahr, um sich im St. Peter Forum der Organisation», blickte Lukas Sallmann,
in Zürich über die Freiwilligentätigkeit und Leiter Marketing und Kommunikation
insbesondere das Corporate Volunteering beim Schweizerischen Roten Kreuz, zu­
zu informieren sowie über deren Vor­ und rück. «Dies gründet auf der Tatsache, dass
Nachteile wie auch Ausbaumöglichkeiten wir als neutrale und unparteiliche Organi­
zu diskutieren.
sation generell nicht gerne mit einem pro­
fitorientierten Unternehmen in Verbindung
Den Partner kennenlernen
gebracht werden. Seit den Anfängen vor
Beim Corporate Volunteering prallen ver­ drei Jahren hat sich die Zusammenarbeit
schiedene Welten aufeinander. Deshalb ist jedoch so gut entwickelt, dass inzwischen
der Beginn der Partnerschaft zwischen auch die letzten Bedenken beseitigt wur­
Privatwirtschaft und Non­Profit­Organi­ den.» Dieser Aussage konnte Martin Krei­
sationen ( NPO) trotz des gemeinsamen liger, Geschäftsführer der Stiftung Berg­
Ziels nicht immer einfach. Dies zeigte sich waldprojekt, nur beipflichten. «Am Anfang
im Laufe der Konferenz immer wieder. Es herrschte Skepsis – auf beiden Seiten üb­
gilt, sich gegenseitig kennenzulernen und rigens –, die sich inzwischen jedoch gelegt
Vorurteile zu überwinden. «Als wir von der hat und sogar in Begeisterung gewandelt
Credit Suisse für eine Partnerschaft an­ hat. Denn wir haben gemerkt, dass Corpo­
Fotos: Martin Stollenwerk
Engagiere dich freiwillig – und sprich darüber: Im Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit
organisierte die Credit Suisse erstmals eine Konferenz zum Thema Corporate Volunteering.
rate Volunteering bei der Credit Suisse
keine Marketingstrategie ist, sondern aus
einem Gefühl der Verantwortung für die
Gesellschaft resultiert. Zudem erreichen
wir mit dieser Art von Freiwilligenarbeit
Menschen, die sich sonst nicht von uns
angesprochen fühlen.» Auch Zahra Dar­
vishi, Leiterin des Corporate Volunteering
der Credit Suisse Schweiz, spürt, wie sich
die Einstellung der NPO gegenüber dem
Corporate Volunteering zum Positiven
verändert und die Zusammenarbeit immer
leichter wird. «Klar, gibt es Spannungs­
felder, denn wir denken nicht alle gleich,
aber beide Seiten haben inzwischen er­
kannt, dass wir zusammen am besten
Ziele definieren und erreichen können.»
Allein das Resultat zählt
Doch ist es wirklich Freiwilligenarbeit,
wenn Mitarbeitende bei vollem Gehalt
für soziale Projekte freigestellt werden
und ihr Engagement – wie es Professor
T. Wehner von der ETH Zürich in seinem
Vortrag «Das Unternehmen als guter Bür­
ger » nannte – «fremdinitiiert » ist ? Vieles
spricht dafür und ebenso vieles dagegen.
Deshalb führte der angeregte Meinungs­
austausch zu keiner klaren Antwort –
ausser der, dass die Beantwortung dieser
Frage letztendlich nicht ausschlaggebend
ist: Es zählt einzig das Resultat. «Das
Corporate Volunteering vermittelt allen
Beteiligten wertvolle Erfahrungen und
Impulse und führt auf diese Weise zu
einem Gewinn für alle», betonte beispiels­
weise Hubert Kausch, Verantwortlicher
Freiwilligenarbeit des SRK Kanton Zürich.
Den NPO nützen die Einsätze der
Corporate Volunteers, weil diese die
eigenen Freiwilligen entlasten. Manche
Projekte könnten ohne die Mithilfe der
Unternehmen in der geplanten Form gar
nicht erst stattfinden. So war beispiels­
weise am letztjährigen Sternmarsch «Un­
terwegs gegen Krebs» der Krebsliga
Schweiz jeder dritte Freiwillige ein Mit­
arbeitender der Credit Suisse.
Die Unternehmen wiederum profitie­
ren, weil das Erlebnis, sich für eine gute
Sache einzusetzen, die Sozialkompetenz
der Mitarbeitenden fördert. «Durch die
Freiwilligeneinsätze werden Berührungs­
ängste überwunden, Vorurteile abgebaut
und gegenseitiges Verständnis entwi­
ckelt », erläuterte Zahra Darvishi. Im bes­
ten Fall motivieren die sozialen Einsätze
die Volunteers dazu, auch in ihrer Freizeit
Freiwilligenarbeit zu leisten. Verschiedent­ erklärte Barbara Keller von der Stiftung
lich sind die geknüpften Beziehungen zu Right to Play. Die Unternehmen informieren
einer NPO oder zu deren Begünstigten die Corporate Volunteers über die genauen
auch auf privater Ebene weitergepflegt Anforderungen, während es Aufgabe der
worden.
NPO ist, die Teilnehmenden zu schulen und
Das Corporate Volunteering wirkt in durch den Tag zu führen. Nur so kann qua­
irgendeiner Form immer zurück, bilanzier­ litativ gute Arbeit geleistet werden.
te auch Christian Kuhn, Geschäftsführer
Und schliesslich ist das persönliche
der Stiftung St. Jakob – sowohl auf die Engagement aller ein entscheidender Er­
NPO und deren Begünstigte als auch folgsfaktor. Corporate Volunteering kann
auf die Unternehmen und ihre Freiwilligen. nicht verordnet werden, sondern verlangt
«Und so», meinte er schelmisch, «darf es das Herzblut aller – davon ist auch Hans­
peter Kurzmeyer, Leiter Privatkunden bei
doch auch sein.»
der Credit Suisse Schweiz, überzeugt. «Um
Professionalität ist gefragt
eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, müs­
Ob aber die Arbeit bezahlt ist oder nicht, sen die Beteiligten mit Überzeugung hinter
Professionalität ist immer gefragt. « Frei­ dem Corporate Volunteering stehen. Wir
willigeneinsätze müssen stets genau ge­ sind seit drei Jahren mit Leidenschaft und
plant werden. Dabei wird von beiden Sei­ vollem Einsatz engagiert und werden es
ten Kompetenz und Seriosität verlangt », auch in Zukunft bleiben.» Fabienne de Lannay
1
3
2
Verschiedene Fachreferate boten
den Tagungsteilnehmenden eine will­
kommene Weiterbildung. Hanspeter
Kurzmeyer, Leiter Privatkunden Schweiz
der Credit Suisse, unterhält sich mit
den Experten Dr. med. Jörg Peltzer,
Chefarzt Chirurgie am Hôpital du Jura
in Delémont (Bild 1, Mitte) und Martin
Kreiliger, Stiftung Bergwaldprojekt
(Bild 1, rechts). Viel Applaus erhielt auch
Prof. Theo Wehner, ETH Zürich (Bild 2)
für seine interessanten Ausführungen.
Im Rahmen des Europäischen Jahres der Freiwilligenarbeit
lud die Credit Suisse ins St. Peter Forum in Zürich, um das
Thema Corporate Volunteering in einem grösseren Rahmen
zu diskutieren. Ausgewählte Partnerorganisationen sowie
Gastreferenten beleuchteten das Thema aus verschiedenen
Blickwinkeln. In der Podiumsdiskussion diskutierten alle Be­
teiligten offen über « Corporate Volunteering – ein Spannungs­
feld zwischen Wirtschaft und NPO ». Durch den Anlass führte
der Journalist und Moderator Röbi Koller.
Corporate Volunteering der Credit Suisse
07
Corporate Volunteering
Vorbild in der Freiwilligenarbeit
08
Corporate
Volunteering der
Credit Suisse im
Jahr 2010
56 448
Stunden
Bettina Ferdman Guerrier, Gründerin und
CEO der Stiftung Philias, sowie Vizepräsident
6720
Tage
Charles Firmenich ehren die Credit Suisse,
vertreten durch Zahra Darvishi (Mitte),
für ihr Corporate ­Volunteering­Programm.
5593
Volunteers
43
12
nationale Partner­
organisationen
8
Regionen
mit Volunteering
Champions
«Fit für die Wirtschaft » und «Unsere
Gemeinde»: Mitarbeitende der
Credit Suisse erteilen stufengerech­
ten Unterricht.
Drei Unternehmen wurden mit dem Swiss
Employee Volunteering Award 2011 ausgezeichnet:
Credit Suisse (Grossunternehmen), L’Oréal
Schweiz (Innovation) und Manor Genf (Newcomer).
Im Laufe des Europäischen Jahrs der Freiwilligentätigkeit
werden 22 nationale Preise zur Ehrung von Programmen
des Corporate Volunteering vergeben. In der Schweiz hat
die renommierte Stiftung Philias den Swiss Employee
Volunteering Award ins Leben gerufen, um Unternehmen,
die erfolgreich Corporate ­Volunteering­ Programme
durchgeführt haben, in den Kategorien Grossunterneh­
men, Innovation und Newcomer auszuzeichnen.
Die Stiftung Philias mit Sitz in Genf ist den Werten
Humanität, Offenheit, Pragmatismus und Unterneh­
mensgeist verpflichtet. Ihre Gründung geht auf das Jahr
1997 zurück und sie fördert die soziale Verantwortung
der Unternehmen (Corporate Social Responsibility) durch
konkrete Aktionen und durch das Betreiben eines Unter­
nehmensnetzwerks, dem 30 Unternehmen angehören.
Geleitet wird die Stiftung Philias von der Gründerin
Bettina Ferdman Guerrier als Direktorin sowie Philippe
Corporate Volunteering der Credit Suisse
Nordmann, dem Präsidenten des Stiftungsrats. 2003
führte Philias die erste nationale Konferenz zum Thema
Corporate Social Responsibility durch.
Internationales Ansehen erlangte die Stiftung Philias
im Jahr 2006 mit Humagora, einem in der Schweiz ein­
maligen Forum, das den Unternehmen und den lokalen
Organisationen mit sozialen und humanitären Zielen er­
laubt, Partnerschaften zu bilden und Kompetenzen aus­
zutauschen.
Die Credit Suisse durfte an der Jahrestagung der
Stiftung Philias in Zürich den Swiss Employee Voluntee­
ring Award in der Kategorie Grossunternehmen in Emp­
fang nehmen. Dies für ihr Engagement im Rahmen der
Bildungsprogramme «Fit für die Wirtschaft » und «Unse­
re Gemeinde», die sie für die gemeinnützige Organisation
Young Enterprise Switzerland (YES) in Schweizer Schu­
len durchführt. schi
Fotos: Martin Stollenwerk
regionale Partner­
organisationen
Credit Suisse
Credit Suisse
01
02
New York Philharmonic
01 Als Kulturbotschafter
auf Besuch in Europa
Fotos: Chris Lee | Li Ming­ Dyao, Tapei Fine Arts Museum | Credit Suisse | Alberto Venzago
03
04
Im Mai waren die New York
Philharmonic in Europa zu
Gast. Im Verlauf der Tournee,
die in Basel begann, spielte
das Orchester bekannte
sinfonische Werke in neun
Städten, zum ersten Mal
mit Alan Gilbert als musika­
lischem Leiter. Zum Reper­
toire gehörte ein Mahler­
Programm zum Andenken
an den einstigen musikali­
schen Direktor der Philhar­
moniker. Weitere Konzerte
umfassten neben Beet­
hovens Sinfonie Nr. 3 auch
Lisa Batiashvilis Auffüh­
rungen von Sibelius’ Violin­
konzert sowie Bartóks
Violinkonzert Nr. 2. «Inter­
nationale Tourneen sind
fester Bestandteil unseres
Auftrags», erklärte Gary
W. Parr, Chairman der New
York Philharmonic. «Wir
können unsere Rolle als Kul­
turbotschafter wahrnehmen,
denn wir geniessen die zu­
verlässige Unterstützung
der Credit Suisse als Global
Sponsor.»
Taipei Fine Arts Museum
02 Das Auge der Zeit
Im Taipei Fine Arts Museum
( TFAM ) unterstrich die
gleichzeitig mit der erfolgrei­
49
Business / Sponsoring / Responsibility
chen Monet­Ausstellung
gezeigte Schau «Eye of the
Times – Centennial Images
of Taiwan» die facetten­
reichen gemeinsamen Er­
innerungen einfacher Bürger
über die letzten 100 Jahre
und bot unvoreingenommene
Einblicke in die Entwicklung
der taiwanesischen Gesell­
schaft und Kultur. Die belieb­
ten TFAM Nights werden
weitergeführt: Dank der Zu­
sammenarbeit mit der Credit
Suisse bleibt das Museum
samstags länger geöffnet.
Verwaltungsrat
03 Neuer Verwaltungs­
ratspräsident
An der diesjährigen General­
versammlung der Credit
Suisse Group AG , die am
29. April in Zürich stattfand,
wurde Urs Rohner zum Prä­
sidenten des Verwaltungsrats
gewählt. Urs Rohner war
seit April 2009 vollamtlicher
Vizepräsident des Verwal­
tungsrats sowie Mitglied des
Chairman’s and Governance
Committee und des Risk
Committee. Seine Laufbahn
bei der Credit Suisse hatte
er 2004 als Group General
Counsel begonnen. Zwei
Jahre später wurde er zum
Chief Operating Officer und
General Counsel der Credit
Suisse ernannt. Bevor er
in die Credit Suisse eintrat,
war Urs Rohner CEO von
ProSiebenSat.1 Media AG
und Partner in einer führen­
den Anwaltskanzlei in Zürich.
Urs Rohner löst Hans­Ulrich
Doerig ab, der von 2009
bis 2011 Präsident und von
2003 bis 2009 Vizepräsident
des Verwaltungsrats war
und nach 38 Jahren Tätigkeit
bei der Credit Suisse in den
Ruhestand geht. Hans­Ulrich
Doerig war u. a. Chief Risk
Officer der Gruppe sowie
Chairman und CEO des
Investment Banking.
Jahrespublikationen 2010
04 Neu: Online ­Chronicle
Das Unternehmensprofil
2010 gibt einen umfassen­
den Einblick in die Aktivitäten
der drei Bankdivisionen
(Private Banking, Investment
Banking und Asset Manage­
ment), der vier Regionen
und der fünf unterstützenden
Shared­Services­Funktionen.
Das separate Beiheft Ge­
schäftsjahr 2010 fasst das
Finanzergebnis zusammen.
Ergänzend bringt die Bro­
schüre Zahlen und Fakten
die wichtigsten Finanzdaten
und liefert Informationen
zur Strategie. Der Bericht
Unternehmerische Verant­
wortung 2010 zeigt auf,
wie die Credit Suisse als
globales Unternehmen ihre
Verantwortung im Bankge­
schäft gegenüber der Umwelt
und der Gesellschaft mit
ihren diversen Anspruchs­
gruppen wahrnimmt. Diese
Publikation wird durch
einen Online ­ Chronicle mit
Artikeln, Videos und Bilder­
galerien multimedial ergänzt.
Der Geschäftsbericht 2010
enthält umfassende Informa­
tionen zum Betriebs­ und
Finanzergebnis 2010 sowie
zur Unternehmensstruktur,
Corporate Governance
und Vergütungspraxis,
Tresorerie und zum Risiko­
management. Bestellungen
mit dem bulletin Talon oder
unter www.credit­suisse.
com/publikationen.
Credit Suisse bulletin 2/11
50
Credit Suisse
Osec­Aussenwirtschaftsforum
Text: Fabienne de Lannay
Mit Funky Business
zum temporären Monopol
Um in der globalisierten Welt Erfolg zu haben, müssen sich
Unternehmen von der Masse abheben – nicht durch Perfektionierung
von bereits Bestehendem, sondern durch originelle und ausser­
gewöhnliche Ideen. Davon ist der schwedische Wirtschaftsexperte
Kjell A. Nordström überzeugt.
02
03
01 «Popstar » Nordström
Auch das Messezentrum
Zürich war eine ideale
Bühne für Kjell A. Nordström,
der es blendend versteht,
Fachwissen auf humorvolle
und eingängige Art zu
vermitteln. Der schwedische
Ökonom ist ein Vorbild an
Kreativität.
02 Barend Fruithof, Leiter
Corporate and Institutional
Clients Credit Suisse, ist
überzeugt vom gegenseitigen
Nutzen der 2009 besie ­
gelten Partnerschaft zwischen
Osec und Credit Suisse.
03 Daniel Küng, CEO der
Osec, ist eine Lokomotive
des Schweizer Exports.
bulletin 2 /11 Credit Suisse
R
«Funky Business» als neuer Standard
Wie schaffen es Unternehmen, in diesem
nahezu unbegrenzten Markt, der von hohem
Wettbewerbsdruck bestimmt ist, mitzuhalten
und sich von der Masse abzuheben ? Nord­
ström beantwortet diese Frage mit seinem
Slogan « Funky Business», der Originalität
verlangt. Anpassung und Mittelmass genü­
gen im gegenwärtigen wirtschaftlichen Um­
feld nicht mehr. Erfolg hätten nur diejenigen
Unternehmen, die fähig seien, alte Regeln
zu durchbrechen und neue aufzustellen.
Dabei weisen Fragen und nicht Antworten
die Richtung: «Es wird immer mehr Fragen
geben und immer weniger universell gültige
Fotos: Marcel Bieri, Keystone | David Schätti, Credit Suisse
01
ussland ist einer der wich­
tigsten Exporteure von Öl
und Kohle, China stellt für
die ganze Welt Spielwaren
her und Indien ist Standort
der grössten Daten­ und Call­
center. Wie diese Beispiele zeigen, konzen­
trieren sich die Märkte für Güter und Dienst­
leistungen nicht mehr nur auf die westli­
chen Länder, sondern dehnen sich um den
ganzen Globus aus. « Es gibt kein Zentrum
der Schwerkraft mehr – es gibt viele», wie
Kjell A. Nordström betont, der am Schweizer
Aussenwirtschaftsforum der Osec als Gast­
redner auftrat. «Diese neue Realität betrifft
uns alle. Wir können entweder als Zuschauer
Platz nehmen oder massgeblich an ihrer Ge­
staltung mitwirken. Fakt ist jedoch, dass der
Wandel mit oder ohne uns stattfindet. Es gibt
keinen Weg daran vorbei.» Der Geist ist, wie
Nordström veranschaulicht, aus der Flasche
entwichen und lässt sich nicht wieder ein­
sperren. Deshalb lohnt es sich, auf den Zug
aufzuspringen und die Erkenntnis dieser
neuen Gegebenheiten in Handeln umzuset­
zen und letztlich auch zum eigenen Vorteil zu
nutzen.
04
Credit Suisse
51
Antworten. Nur wer die Fragen schneller als
andere stellt, wird die Nase vorn haben», ist
Nordström überzeugt.
Emotionen sind ausschlaggebend
Karaoke hat in der Wirtschaftswelt ausge­
dient. Neues ist gefragt. Im Gegensatz zu
früher müssen Firmen – um einen Wettbe­
werbsvorteil zu schaffen – nicht über die
beste Technologie verfügen, sondern Simp­
les in etwas Aufregendes verwandeln kön­
nen. Nur diejenigen Unternehmen, die ihren
Produkten mit immateriellen Werten wie
Image, Kundendienst oder Design Attrakti­
vität verleihen, schaffen es, ein temporäres
Monopol aufzubauen. «Wir kämpfen nicht um
Marktanteile, sondern um Aufmerksamkeit »,
ist Nordström überzeugt. Dabei spielen Ge­
fühle eine tragende Rolle. «Die Mechanismen
des Marktes lassen sich nur austricksen,
wenn man es schafft, die Menschen auf emo­
tionaler Ebene, nicht auf rationaler Ebene
anzusprechen. Dies ist in einer Welt, in der
das Angebot grösser ist als die Nachfrage,
unerlässlich, denn nur so können Produkte
aus der Masse herausstechen.»
Die Verantwortung für originelle Produk­
te liegt bei den Unternehmen, betont Nord­
04 Jean­Claude Biver, CEO Hublot
und kreativer Uhren­Bauer.
05 Preisübergabe des Osec Export
Award (von links): Sergio Dawido­
wicz und Rolf Sonderer, OVD
Kinegram AG , Daniel Küng,
CEO Osec, und Marcus Hausser,
Baumot.
05
ström: «Umfragen und Marktstudien bringen die Kreativität ermöglichen und fördern.» Die
nicht viel, denn wir können vom Kunden nicht Tatsache, dass mit der Ausarbeitung neuer
erwarten, dass er sich das Unvorstellbare Ideen immer auch Zerstörung einhergeht –
vorstellt. Das ist die Aufgabe der Hersteller man siehe das Beispiel des Möbelhauses
eines Produkts. Sie müssen die Gabe haben, Ikea, das mit Eintritt in einen Markt jegliche
sich Wunder vorzustellen und diese auch zu Konkurrenz zerschlägt –, macht Innovation
erzeugen. Dabei müssen sie jedoch lernen, zu einem Wettbewerbsvorteil demokratischer
die Kunden zu ignorieren, wenn auch nicht Länder. So schafft es China zwar, Produkte
gleich zu vergessen.»
schneller und billiger herzustellen, doch der
Unter Innovation versteht er eine Geistes­ kommunistische Staat bringt kaum kreative
haltung, nicht zuletzt, weil neue und kreative Köpfe hervor, die den Markt revolutionieren.
Ideen sich nur in einer offenen und liberalen Diesbezüglich befindet sich der Westen noch
Gesellschaft entwickeln. «Innovation bedeu­ für Jahre im Vorsprung. Nun gilt es, diesen
tet heute, dass man Bedingungen schafft, zu erkennen und zu nutzen.
«Die Osec ist
der türöffner ins
Chancenland»
Die Hälfte der exportorientierten Schweizer
KMU erwartet in den nächsten Monaten eine
Exportzunahme. Und dies trotz des starken
Frankens, der seine Spuren in Form von Auf­
tragseinbussen und reduzierten Gewinnmar­
gen hinterlässt. Dank verstärktem Marketing
und Produktinnovationen kann dies aber
weitgehend kompensiert werden. Die aus­
ländische Nachfrage nach Schweizer Pro­
dukten ist so hoch wie zuletzt im Jahr 2000.
Dies geht aus dem neusten Exportbarometer
der Osec und Credit Suisse hervor.
Diese Aufbruchstimmung spürte man
auch am Aussenwirtschaftsforum, sowohl
bei den über 500 Teilnehmenden als auch bei
den Referenten. Es war, als ob Kjell A. Nord­
ström mit seinem Plädoyer, den Kapitalismus
zu geniessen, alle angesteckt hätte. Bei
Jean­ Claude Biver, CEO Hublot, einbrachte, beleuchtete Annette Heimlicher,
war dies natürlich nicht nötig, Contrinex AG , praktische Aspekte.
denn der – im doppelten Wortsin­
Schliesslich zeichneten Daniel Küng, CEO
ne – Uhren­Bauer scheut sich als Osec, Barend Fruithof, Leiter Corporate and
Frohnatur nicht, neben Schlag­ Institutional Clients Credit Suisse, sowie
wörtern wie Kreativität und Inno­ Jurypräsident Peter E. Naegeli, Abegglen
vation auch von Leidenschaft und Management Consultants AG , zwei KMU mit
Liebe zu reden.
dem Osec Export Award 2011 aus: die Bau­
Zum anregenden Programm mot AG , die mit ihren Partikelfiltern für Die­
trugen neben dem deutschen Wirtschafts­ selmotoren bestens vorbereitet chinesisches
bestsellerautor Peter Kreuz auch erfolg­ Neuland betritt, sowie die OVD Kinegram AG ,
reiche Schweizer Exporteure bei, so der die sich als Spezialistin für Sicherheitsmerk­
Kaffeeröster Daniel Badilatti, der Datencen­ male auf staatlichen Papieren in Brasilien
terfachmann Mathias­Ulrich Koch, der Fahr­ durchgesetzt hat. schi
zeugortungsspezialist Daniel Thommen, der
Drahtseilhersteller Peter Jakob und der
Erfinder der scannenden Computermaus
Mehrere Videos sowie einen Wettbewerb,
Michael Born. Darüber hinaus wurden fünf bei dem insgesamt 35 Kilogramm des exklusiven
Workshops durchgeführt, deren zwei durch Käses von Jean­Claude Biver zu gewinnen
sind, finden Sie unter
die Credit Suisse. Im ersten informierte Jürg www.credit­suisse.com/bulletin.
Graf über Wachstumsfinanzierungen, wobei
Carlo Centonze, CEO HeiQ, die Sichtweise
eines innovativen jungen KMU beisteuerte.
Im zweiten, geleitet von Charly Suter, ging
es um die Herausforderung Internationali­
sierung. Während Rico Baldegger, Professor
HSW Freiburg, wissenschaftliche Argumente
Credit Suisse bulletin 2/11
52
Credit Suisse
Asian Investment Conference
Text: Dan Scott
Japanische
Erholung,Yuan,
Rohstoffe und
Welthandel
An der Asian Investment Conference (AIC) in Hong­kong,
an der vom 21. bis 25. März 2011 über 2250 Investoren
und 270 Unternehmen teilnahmen, erhielten Kunden der
Credit Suisse die einmalige Gelegenheit, Experten­
meinungen zur Weltwirtschaft einzuholen, sich eingehender
über zentrale Anlagethemen zu informieren und Vorträge
von weltweiten Vordenkern zu hören.
Spitzenleistungen auf dem Sportplatz
Den Höhepunkt der Woche bildeten traditionsgemäss
die Cathay Pacific/Credit Suisse Hong Kong Sevens,
das wohl bekannteste Siebner­Rugby­Turnier der
Welt, das seit 14 Jahren von der Credit Suisse gesponsert
wird. Im Lager der neuseeländischen Fans herrschte
überschwänglicher Jubel über den Finalsieg ihrer
Mannschaft.
bulletin 2/11 Credit Suisse
g
Foto: IRB, Martin Seras Lima
Credit Suisse
areth Evans, der frühere
Aussenminister Austra­
liens, äusserte sich an
der 14 . Asian Investment
Conference vorsichtig op­
timistisch zu den künfti­
gen politischen Risiken in der Region Asia
Pacific. Seine Rede kam zur rechten Zeit, nur
wenige Tage nach der Erdbeben­, Tsunami­
und Nuklearkatastrophe, von der Japan heim­
gesucht worden war. « Ich bin mir durchaus
bewusst, dass man als Optimist in Sachen
internationale Politik in der heutigen Welt der
wiederkehrenden Katastrophen und Dramen
Gefahr läuft, als unwissend, unverbesserlich
naiv oder nachgerade verrückt gebrandmarkt
zu werden», sagte er. «Dennoch gibt es fü r
mich gute Gründe, dieses Risiko einzugehen.»
Nord­ und Südostasien haben in den letzten
Jahrzehnten eine erstaunliche Wandlung voll­
zogen und sich vom grössten Krisenherd der
Welt zu der «am wenigsten von Gewalt ge­
prägten Region des gesamten internationa­
len Systems» gewandelt. Laut Evans wird die
Zukunft der Region in den nächsten Monaten
und Jahren von vier kritischen zwischen­
staatlichen Beziehungen bestimmt werden:
China und die USA , China und seine Nach­
barn, China und Indien sowie China und Pa­
kistan. «Wenn diese, abgesehen von den
üblichen Schwierigkeiten, einigermassen
53
reibungslos aufrechterhalten werden können, kunft zu den SZR ­Währungen gehören wird»,
dann ist die Zukunft tatsächlich rosig», er­ sagte Wenlian. «Er wird auf der ganzen Welt
klärte er. «Sollte jedoch eine davon im grös­ zunehmend akzeptiert und immer häufiger
seren Stil Schiffbruch erleiden, dann würden eingesetzt.» Der SZR ­Währungskorb besteht
Sie sich wünschen, Sie hätten Ihr Geld unter zurzeit aus amerikanischen Dollars, Euros,
der Matratze versteckt.» Nachdem das poli­ Yen und britischen Pfunden.
tische Umfeld der Region skizziert worden
Dong Tao, Chefökonom der Credit Suisse
war, beschäftigten sich die Investoren mit für die Non­Japan­Asia­Region, wagte eine
einigen der drängendsten finanziellen und Prognose, ab wann die chinesische Währung
wirtschaftlichen Fragen.
frei handelbar sein wird. «Bis 2015 werden
90 bis 95 Prozent der Renminbi­Kapital­
Japans Weg zur Erholung
bilanz frei konvertierbar sein. Einen histori­
Hiro Shirakawa, Chefökonom der Credit schen Moment wird es nicht geben», sagte
Suisse für Japan, forderte die japanische er und ergänzte, dass Chinas Währung
Notenbank auf, den Leitzins auf nahe null zu schrittweise zur Konvertibilität übergehen
senken, um den Yen abzuwerten und Japans werde. John Tan, Leiter Global Markets für
Erholung nach dem Erdbeben vom 11. März China und Co­Leiter Wholesale Banking der
anzuschieben. Das Bruttoinlandprodukt ( BIP ) Standard Chartered Bank in China, sagte bis
des Landes könnte 2011 um rund 0,6 Pro­ 2015 eine Verdoppelung voraus des so ge­
zent fallen, jedoch im Zuge des Wiederauf­ nannten Dim­Sum­Obligationenmarktes, auf
baus erneut um rund 0,2 bis 0,3 Prozent dem Renminbi­Obligationen in Hongkong
nach oben gedrückt werden. «Die Frage ist, verkauft werden. 2010 wurden Dim­Sum­
ob dieser Rückgang … durch öffentliche Bau­ Obligationen im Wert von über 40 Milliarden
vorhaben in der Region aufgefangen wird», Renminbi ( 6,1 Milliarden US­Dollar ) ausgege­
erklärte Shirakawa und rief die Bank of Ja­ ben. «Die Renminbi­Internationalisierung wird
pan zugleich auf, den Tagesgeldsatz, den sie den Geschäftsbanken weltweit zahlreiche
den Banken bezahlt, von 0,1 auf 0,01 Prozent neue Geschäftschancen eröffnen», sagte er.
zu senken. Die betroffene Region, welche
Die Zukunft der Rohstoffmärkte
die Präfekturen Iwate, Miyagi, Fukushima
und Ibaraki umfasst, macht nur 6,4 Prozent Tom Albanese, CEO des Bergbau­Mischkon­
des japanischen BIP und 6,8 Prozent der zerns Rio Tinto, gab einen Einblick in die Zu­
Bevölkerung aus, produzierte jedoch 9, 2 kunft des Rohstoffsektors und sprach über
Prozent aller elektronischen Komponenten die tief greifenden Auswirkungen, die Roh­
und Geräte des Landes.
stoffe für die Schwellen­ und Industrieländer
Eine Diskussionsrunde zu Chinas Ren­ haben werden. Die Industrie ist ein grosses
minbi, der auch als Yuan bezeichnet wird, Stück vorangekommen, seit «Newsweek» in
gelangte zu dem Schluss, dass die Interna­ den 1980 er­Jahren den «Tod des Bergbaus»
tionalisierung der Währung zu einem raschen verkündete. «Angesichts der heutigen Nach­
Boom von Offshore ­Renminbi­Kapitalmärk­ frageentwicklung und des BIP ­Wachstums,
ten führen könnte. Die Internationalisierung das allgemein für China, Indien, Südostasien,
des Renminbis hat sich seit 2009 rapide be­ Brasilien und weitere Schwellenländer pro­
schleunigt, als China ein Pilotprojekt zur Ab­ gnostiziert wird, könnten wir uns über die
wicklung von Handelsgeschäften in der eige­ nächsten 20 bis 30 Jahre in einem Umfeld
nen Währung ankündigte. Dieses Phänomen wiederfinden, in dem die Welt so viel Kupfer
hätte nach Ansicht der Gesprächsteilnehmer verbraucht, wie sie bisher in der gesamten >
weitreichende Auswirkungen auf die Finanz­
welt, von Bereichen wie dem Reservewäh­
Anzeige
rungssystem bis zu den asiatischen Kapital­
märkten. Laut Cao Wenlian, Generaldirektor
des Internationalen Kooperations­ und Be­
ratungszentrums für die Öffnung der Natio­
nalen Kommission für Entwicklung und Re­
form ( NDRC), bedeutet Chinas wachsender
Anteil am Welthandel, dass der Renminbi auf
dem Weg sei, in den Währungskorb der Son­
derziehungsrechte ( SZR ) des Internationalen
Währungsfonds aufgenommen zu werden.
«Es ist abzusehen, dass der Renminbi in Zu­
Credit Suisse bulletin 2/11
Credit Suisse
01 Gareth Evans,
ehemaliger
Aussenminister
Australiens, war
einer der Redner
an der AIC.
01
02
03
Geschichte der Menschheit verbraucht hat.
Die gleiche Prognose könnte ich für Stahl,
Aluminium und alle unsere übrigen Erzeug­
nisse abgeben», meinte er.
Obwohl das Angebotswachstum über­
wiegend aus China kommen wird, sagte Alba­
nese voraus, dass sich die chinesische Nach­
frage in den nächsten drei bis fünf Jahren
verlangsamen werde, während neue Vorkom­
men aus Indien und Südostasien stammen
werden. Es könnte vorübergehend zu einem
Angebotsüberhang kommen, der jedoch nach
2015 durch die Nachfrage ausgeglichen
würde. Zu den Hauptproblemen, denen sich
der Sektor gegenübersieht, gehören Eng­
pässe in der Versorgung und insbesondere
bei den Ressourcen, die erforderlich sind, um
den Markt mit Rohstoffen zu beliefern. Ange­
sichts von Abbautiefe, anforderungsreiche­
ren Standorten, mangelnder Infrastruktur,
schwieriger Regierungsführung, verstärktem
Engagement von Anspruchsgruppen und
bulletin 2/11 Credit Suisse
unter einem schwächeren Augenmerk auf
die Preisstabilität und der gewaltigen öffent­
lichen Verschuldung in den Industrieländern,
die zu einer inflationären Finanzierung führ­
02 Darüber hinaus
ten. Globale Handelsungleichgewichte soll­
sprachen Tom
ten
nicht überbewertet werden, da sie immer
Albanese, CEO
des Bergbau­
bestehen bleiben, sondern müssten nur un­
Mischkonzerns
ter
Kontrolle gehalten werden. «Wir leben in
Rio Tinto,
einer ungleichen Welt », meinte er. Die Folgen
03 Jagdish Bhagwati,
des Krisenmanagements, einschliesslich der
Professor für Öko­
verschiedenen Konjunkturpakete, seien noch
nomie und Recht
an der Columbia
in Entfaltung begriffen.
University in New
Jagdish Bhagwati, Professor für Ökono­
York, sowie
mie und Recht an der Columbia University,
04 Yaga Venugopal
äusserte sich ebenfalls zu globalen Handels­
Reddy, ehemaliger
Gouverneur der
ungleichgewichten. Er glaubt, dass «Über­
Reserve Bank
schüsse
und Defizite kommen und gehen»,
of India und emeri­
tierter Professor
und hält die Auffassung, wonach die gegen­
der University
wärtigen Ungleichgewichte bestehen blie­
of Hyderabad in
ben, für kurzsichtig. Viele Kommentatoren
Indien.
befürchteten zu Beginn der globalen Finanz­
krise, die Welt stehe vor einem lange währen­
den Absturz. Doch inzwischen habe sich die
Diskussion auf die Frage nach der Form der
Erholung verlagert. « In Wirklichkeit findet
eine Debatte darüber statt, ob wir es mit ei­
ner L­, V­ oder W­förmigen Kurve zu tun ha­
ben. Allmählich gehen uns die Buchstaben
aus – vielleicht sollten wir auf das arabische
oder chinesische Alphabet zurückgreifen»,
scherzte er. Zusammenfassend sagte Bhag­
wati über den Zustand der Weltwirtschaft:
«Ich glaube nicht, dass wir einen freien Fall
erlebt haben – das ist die gute Nachricht.
04
Aber es gibt auch eine schlechte Nachricht:
Die Schwachstellen bleiben bestehen, und sie
«Nicht vor meiner Haustür »­Einstellung brau­ sind besonders schwer einzuschätzen.»
chen Unternehmen wie Rio Tinto heute län­
Positiver Ausblick für die Region
ger, um den Markt mit Rohstoffen zu belie­
fern. Dies hat negative Folgen für die Inves­ Kurz vor dem Abschluss der Asian Invest­
titionsausgaben, die zurzeit deutlich höher ment Conference äusserte sich Brady Dou­
liegen als vor fünf Jahren. Ausserdem müssen gan, CEO der Credit Suisse, zuversichtlich
die Unternehmen während mindestens fünf über die asiatischen Märkte in den nächsten
Jahren in die Erforschung der Umwelt und fünf Jahren. Osama Abbasi, CEO der Bank
Biodiversität investieren.
für die Region Asia Pacific, bestätigte diesen
Eindruck, hielt aber gleichzeitig fest, dass
globale Handelsungleichgewichte
wir für die Zukunft gerüstet bleiben müssen:
Zwei Experten relativierten derweil die ne­ «Es besteht kein Zweifel, dass sich Asien in
gativen Auswirkungen globaler Handelsun­ den letzten beiden Jahren deutlich in den
gleichgewichte. Für Yaga Venugopal Reddy, Vordergrund gespielt hat – wirtschaftlich, so­
den ehemaligen Gouverneur der Reserve zial und politisch. Es hat in der globalen Ära
Bank of India, ist seit der Finanzkrise in zwei­ eine neue Führungsrolle übernommen, doch
facher Hinsicht ein dramatischer Gesinnungs­ die nächste Krise kommt bestimmt », meinte
und Politikwandel zu beobachten. «Ich rech­ er. «Die Frage, die wir jetzt zu beantworten
ne damit, dass das allgemeine Inflations­ versuchen, lautet: Wie werden sich diese
niveau in Zukunft höher sein wird als vor Krisen auf Asien auswirken, und welche
der Krise», erklärte er. Das hänge mit einer Chancen und Risiken ergeben sich daraus
Kombination von Faktoren zusammen, dar­ für unseren Heimmarkt ?»
Fotos: Credit Suisse | Alberto Venzago
54
Credit Suisse
Fawzi Kyriakos­Saad
CEO Region EMEA
55
Text: Jack Grone
Der CEO der Credit Suisse Region Europe,
middle East and Africa ( EmEA ), Fawzi
Kyriakos­Saad, weiss aus erster Hand, was
für eine entscheidende Rolle die länder­
CEO s bei der Umsetzung des integrierten
Bankmodells spielen.
bulletin: Bei der Credit Suisse wird der
länder­ CEO gerne auch als «motor der
Integration» bezeichnet. Was versuchen
diese Führungskräfte zu erreichen ?
«Die länder­ CEOs
sind entscheidend
für unsere Strategie
der integrierten
Bank»
Fawzi Kyriakos­Saad: Die Funktion entwi­
ckelte sich 2005 im Zuge der Einführung der
integrierten Bankstrategie, die auf den Stär­
ken unserer drei Divisionen Private Banking,
Investment Banking und Asset Management
beruht. Heute betrachten wir die Funktion
des Länder­ CEO aus Sicht des Kunden. Die
Länder­ CEO s sollen den Kunden in einem
beliebigen Land die gesamte Leistungspa­
lette der Bank anbieten. Ihre Tätigkeit um­
fasst drei Schwerpunktbereiche: die externe
Welt, die sich auf die Kunden konzentriert;
die interne Welt, welche die Zusammenarbeit
zwischen verschiedenen Geschäftsbereichen
fördert, um Lösungen für unsere Kunden zu
entwickeln, und drittens die regulatorische
Welt, in der die Länder­ CEO s als Schnitt­
stelle zu den lokalen Regulierungsbehörden
fungieren.
Als früherer CEO für Russland sind
Sie bestens mit dieser Funktion vertraut.
Welches waren dort die grössten Heraus­
forderungen und Chancen?
Die grösste Chance bestand in der Entwick­
lung einer ganzheitlichen Strategie für den >
Credit Suisse bulletin 2/11
56
Credit Suisse
Europe, middle East and Africa
Die Credit Suisse ist in allen wichtigen
Ländern der EMEA ­Region im On­
shore ­Geschäft präsent und unterhält
Niederlassungen in 78 Städten und
26 Ländern. Die Region umfasst
sowohl Industrieländer wie Frankreich,
Deutschland, Italien, Spanien und
Grossbritannien als auch Emerging
Markets wie Russland, Polen, die
Türkei und den Nahen Osten. In der
Region arbeiten insgesamt 9200
Mitarbeitende, wobei ein Grossteil im
regionalen Geschäftssitz in London
tätig ist.
Märkten ein hohes Ansehen geniessen. Das
heisst, sie sind mit unseren lokalen Kunden
vernetzt und gut positioniert, um die talen­
tiertesten Banker ihrer jeweiligen Länder zu
rekrutieren.
Wie sehen Sie die Zukunft des integrier­
ten Bankmodells? Kommt dabei dem
regionalen management eine noch grössere
Bedeutung zu?
Während die Bank ihr kapitaleffizientes und
kundenorientiertes Modell umsetzt, wird es
immer wichtiger, dass wir unsere Kunden
betreuen, anstatt ihnen nur Produkte an­
zubieten. In diesem Sinne gewinnt die Funk­
tion von Mitarbeitenden mit Kundenkontakt,
darunter die Länder­ CEO s, tatsächlich an
Bedeutung.
Die Kunden werden immer anspruchs­
Fawzi Kyriakos­Saad
wurde im Juli 2010 zum CEO der
Region EMEA ernannt und gleichzeitig
in die Geschäftsleitung der Credit
Suisse aufgenommen. Er nimmt diese
Aufgaben von London aus wahr und
ist zudem Co­Leiter des Global
Emerging Markets Council und
Vorsitzender des EMEA Operating
Committee. Zuvor war Fawzi
Kyriakos­Saad CEO Russland, GUS
und Türkei.
Ausbau des Privatkundengeschäfts. Für
Aussenstehende sieht das einfach aus, aber
von innen gesehen ist die Aufgabe kompli­
zierter. Eine unserer erfolgreichsten Initia­
tiven in Russland war, dass wir unsere Be­
ziehungen zu russischen Grossunternehmen
und deren Hauptaktionären neu überdachten.
Traditionsgemäss war das Investment Ban­
king für die Unternehmen zuständig,während
das Private Banking die Aktionäre betreute,
darunter viele sehr vermögende Personen
( UHNWI ) – Personen mit einem verwalteten
Vermögen von über 50 Millionen Schweizer
Franken ( USD 55 Mio.) oder einem Gesamt­
vermögen von über 250 Millionen Schweizer
Franken. Durch die Zusammenlegung der
Kundenbetreuung konnten wir unser Dienst­ durch formale regionale Managementstruk­
leistungsangebot deutlich erweitern und in turen als auch durch Organe wie den Global
Russland sowohl im Investment Banking als Emerging Markets Council zusammenzubrin­
auch im Private Banking Marktanteile hinzu­ gen. Das heisst, wir nutzen unsere Kunden­
gewinnen.
basen in einer Region zugunsten der Kunden
Wie fördern Sie die Zusammenarbeit
in anderen Regionen. Dazu ein konkretes
zwischen den drei Divisionen?
Beispiel: Wenn unser CEO in China bedeu­
Indem wir aufzeigen, dass dem integrierten tende Kapitalexporteure zu seinen Kun­
Ansatz eine bedeutende Mehrwertkom­ den zählt, kann er seine Co­ CEO s im Nahen
ponente innewohnt. Oft ist es am überzeu­ Osten anrufen, die ihm dann helfen, entspre­
gendsten, wenn Banker aus verschiedenen chende Anlagegelegenheiten zu finden.
Divisionen im direkten Gespräch von den
Welche Eigenschaften erwarten Sie
Kunden erfahren, dass sie von der Credit von einem länder­ CEO?
Suisse ein einheitliches Angebot erwarten Unsere Länder­ CEO s sind eine bunt ge­
und nicht drei verschiedene Ansätze. Die mischte Gruppe. Manche bringen Erfahrung
Länder­ CEO s konzentrieren sich auf das Ge­ aus dem Private Banking mit, andere haben
samtbild. Sie wollen Beziehungen aufbauen, sich auf einzelne Bereiche im Investment
die gewährleisten, dass wir in einem Land Banking spezialisiert, zum Beispiel Aktien.
80 Prozent des Geschäfts unserer 20 wich­ Einige unserer CEO s haben im Verlauf ihrer
tigsten Kunden abwickeln.
Karriere auch bekannte Unternehmen ge­
Wir verfügen auch über tragfähige Netz­ führt. Es gibt kein bestimmtes Profil, doch
werke, um unsere Länder­ CEO s sowohl wird erwartet, dass sie in ihren lokalen
bulletin 2/11 Credit Suisse
voller und betrachten sich als aktive Partner
der Bank. Wie verändert das die Aufgabe
des länder­ CEO ?
Kunden möchten vor allem die Gewissheit
haben, dass es einen Ansprechpartner gibt,
der ihnen bei Bedarf hilft, in grösseren Zu­
sammenhängen zu denken. Ausserdem le­
gen sie Wert darauf, vom Länder­ CEO über
die von der Bank entwickelten Initiativen
informiert zu werden.
Ist das geschäftsmodell des länder­
CEO bei der Credit Suisse einzigartig?
Und wenn nicht, wie unterscheidet es sich
von jenem einer anderen Bank?
Was unsere Mitbewerber im Gespräch über
die Credit Suisse anscheinend immer wieder
betonen, ist die Fähigkeit unserer Länder­
CEO s, die Produkte und Dienstleistungen
der Bank zu integrieren und zu vereinen. Sie
wissen offenbar aus eigener Erfahrung, wie
schwierig es ist, dies zu erreichen.
gibt es angesichts der zunehmenden
Bedeutung von Risikomanagement und
Kontrolle einheitliche Prozesse und Funk­
tionsbereiche, die in jedem land An­
wendung finden? Oder unterhält jedes einzelne land Funktionsbereiche, die dem
eigenen regulatorischen Umfeld am besten
entsprechen?
Der Länder­ CEO ist nicht nur für das Kun­
dengeschäft verantwortlich, sondern steht
auch an der Spitze der rechtlichen Struktur
in seinem Land und amtet somit als Gegen­
partei der lokalen Regulierungsbehörden.
Zu den wichtigsten Aufgaben eines Länder­
CEO gehört es, dass er den Regulierungs­
behörden gegenüber rechenschaftspflichtig
ist und die Verantwortung für das gesamte
Geschäft der Bank im betreffenden Land
trägt.
Credit Suisse
57
Corporate Responsibility
Earth Hour 2011
01 globales lichterlöschen als Klimaaktion
Am Samstag, 26 . März, um 20 .30 Uhr gingen in über 5000
Städten für eine Stunde ein Grossteil der Lichter aus – und
da es sich jeweils um die Lokalzeit handelte, ging das Lich­
terlöschen gleichsam als Stafette rund um die Welt. Alles in
allem beteiligten sich Hunderte von Millionen Menschen in
135 Ländern ( 2010 : 128 Länder) an dieser globalen Klima­
aktion, die 2007 als lokale Aktion des WWF Australien in
Sydney begann. Im Rahmen der Initiative Credit Suisse
Cares for Climate nimmt auch die Bank alljährlich an dieser
Aktion teil. Die direkte Energieeinsparung hält sich ange­
sichts der vorgegebenen Aktionszeit zwar in Grenzen, der
Beitrag an die Sensibilisierung der Mitarbeitenden kann
aber nicht hoch genug eingeschätzt werden.
01
02
03
www.earthhour.org
CEO Leadership Awards 2011
02 Hanspeter Kurzmeyer erhält den Aeppli­Preis
Brady Dougan ehrte im Rahmen der Asian Investment
Conference fünf Mitarbeitende der Credit Suisse für heraus­
ragende Leistungen. Neben Barbara Wentworth (Compliance
& Control) und Nitesh Ambastha (Innovation), beide in
New York tätig, wurden gleich drei Schweizer ausgezeichnet:
Franco Dorizzi, Zürich, gewann den Client Leadership
Award, Theodor Schär, Bern, jenen in Diversity. Der höchs­
te interne Preis, der auf den früheren Verwaltungsrats­
präsidenten Oswald Aeppli zurückgehende Aeppli­Preis,
wurde Hanspeter Kurzmeyer, Leiter Privatkunden Schweiz,
zugesprochen. Er ist seit 33 Jahren für die Bank tätig,
gilt als guter Kommunikator und hat sich unter anderem für
den kundenfreundlichen Umbau der Filialen und eine Bank
ohne Hindernisse (Accessibility) verdient gemacht.
Globales Philanthropie ­Forum in Singapur
03 gemeinnützige Kundenstiftung auch in Asien
Das globale Philanthropie ­Forum mit über 100 Gästen
wurde, dank hochkarätiger Referenten wie Goh Chok Tong,
ehemaliger Minister der Republik Singapur, Sir John Major
oder der Musiker Peter Buffet, zu einem nachhaltigen
Erfolg. Die Tagung vom 7. und 8. April, an der vonseiten
der Credit Suisse auch Urs Rohner teilnahm, wurde von
Lito Camacho, CEO Credit Suisse Singapur, organisiert.
Bei dieser Gelegenheit gab die Bank die Gründung einer
gemeinnützigen Kundenstiftung unter dem Namen Sym­
Asia Foundation Limited bekannt. Sie wird von Professor
Tommy Koh, Sonderbotschafter im Aussenministerium
Singapurs, geleitet und ist der schweizerischen Stiftung
Accentus vergleichbar. Ein ausführlicher Bericht ist zu
finden unter www.credit­suisse.com/verantwortung.
Erdbeben und Tsunami in Japan
04
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04 mitarbeitende zeigen Solidarität
Das Erdbeben in Japan, zusätzlich verstärkt durch einen
verheerenden Tsunami und zahllose Nachbeben, hat die Welt
erschüttert. Die Credit Suisse ist erleichtert, dass ihre
599 Angestellten in Japan keine direkten Beeinträchtigungen
erleiden mussten. Als Sofortmassnahme wurde aus dem
Katastrophenhilfe ­Fonds eine Million US ­Dollar gespendet.
Gleichzeitig begann bei den Mitarbeitenden eine Sammel­
aktion. Bis zum 4. April spendeten sie 1,5 Millionen
US ­Dollar, die von der Bank im Verhältnis 2:1 ergänzt wurden,
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Credit Suisse bulletin 2/11
Credit Suisse
mitarbeiterengagement
Global Citizens
Program
2010 lancierte die Credit Suisse
zusätzlich zu den bestehenden
Volunteering­Programmen
das Pilotprojekt Global Citizens
Program. Es bezweckt, den
Kompetenz­ und Wissensaus­
tausch zwischen den Mitarbeiten­
den und den Partnerorgani­
sationen im Entwicklungsbereich
zu stärken. Qualifizierte Mitar­
beitende können damit ihr
Fachwissen und ihre beruflichen
Kompetenzen in Projekten
unserer Partnerorganisationen
im Bereich Bildung und Mikro­
finanz einbringen.
Text: Valérie Clapasson Fahrni
Elizaveta Timasheva leistete 2010
einen Einsatz zugunsten der glo­
balen Bildungsinitiative. In Tansania
unterstützte sie eine Entwicklungs­
organisation bei der Erstellung von
Marketinginstrumenten.
bulletin: Worin bestand Ihr Einsatz ?
Elizaveta Timasheva: Ich arbeitete für CARE
International in Tansania, wo ich für die
Dokumentation der Fortschritte der Schul­
projekte in Mela, einem Massai­Dorf, ver­
antwortlich war. Um Medien und potenzielle
Spender anzusprechen, ist es für Hilfswerke
wichtig, über geeignete Werbematerialien
zu verfügen, die den Erfolg ihrer Projekte
aufzeigen.
Wie hat CARE von Ihrem Einsatz
profitiert ?
Ich habe einen Zeitungsartikel über das
Projekt sowie verschiedene Präsentationen
zur Organisation erstellt. Die Informationen
dafür beschaffte ich mir in Interviews mit
Schulkindern, Lehrern, Eltern oder mit den
Gemeindevorsitzenden im Dorf. Das Marke­
tingmaterial hilft der Organisation bei ihrer
Spendenarbeit. Ein weiterer Aspekt meiner
Aufgabe war der Wissenstransfer. Ich ver­
brachte viel Zeit damit, weitere Möglichkei­
ten zur Förderung der Projekte von CARE zu
evaluieren und zu diskutieren. Damit die Mit­
arbeitenden vor Ort ihre Arbeit weiter
dokumentieren können, übergab ich ihnen
bei meiner Abreise eine Videoausrüstung.
Wie werden Ihre Erfahrungen
in tansania Ihnen bei der Arbeit in der
Credit Suisse helfen?
01
auch meine kommunikativen und meine
organisatorischen Fähigkeiten und bin heute
disziplinierter, wenn ich neue Aufgaben an­
gehe.
Wie änderte sich Ihr Alltag durch
den Einsatz ?
Ich überlege mir heute vermehrt, wie sich
meine Handlungen auf andere auswirken.
Ich habe auch erkannt, dass ich als Einzel­
person etwas bewirken kann. Ich kann
meine Zeit, meine Fähigkeiten und meine
Energie einsetzen, um die Arbeit von Ent­
wicklungsorganisationen zu unterstützen.
Warum haben Sie sich für das global
Citizens Program beworben?
Nachdem ich die Informationen zum Pro­
gramm gelesen hatte, wollte ich unbedingt
teilnehmen. Ich dachte auch, dass ich mit
meiner Ausbildung im Marketing und mit
meiner Interview­ Erfahrung die richtigen
Kenntnisse für den Einsatz mitbringe. Zudem
fand ich es herausfordernd, nach Tansania
zu reisen.
Der Einsatz in einer Massai­Gemeinde gab
Was haben Sie Ihren Freunden über
mir die Möglichkeit, eine völlig neue Kultur diese Erfahrungen erzählt ?
und einen anderen Lebensstil zu entdecken. Ich wollte meine positiven Erlebnisse mit
Zudem musste ich teilweise meine « Kom­ möglichst vielen Personen teilen. Deshalb
fortzone» verlassen und konnte sehen, was stellte ich mich an verschiedenen internen
ich trotzdem erreichen kann. Das hat mein Credit Suisse Anlässen als Referentin zur
Vertrauen in mich gestärkt. Ich verbesserte Verfügung.
bulletin 2/11 Credit Suisse
Fotos: Ingrid Kimaro | Martin Stollenwerk | Elizaveta Timasheva
58
Credit Suisse
03
59
Engagement für Soziales
Freiwilligenarbeit fördern
02
01 Elizaveta tima­
sheva Die Russin
arbeitet als Projekt­
managerin bei der
Credit Suisse in
Zürich. Als Marketing­
expertin leistete sie
2010 zugunsten der
globalen Bildungs­
initiative einen Einsatz
für die Entwicklungs­
organisation CARE
in Tansania.
02 Anne Ackermann
Die Schweizerin
arbeitet als Fund
Advisor bei der Credit
Suisse in Hongkong.
Sie brachte 2010
in einem Einsatz für
die Entwicklungsorga­
nisation ACCION in
Bangalore ihr Fach­
wissen im Bereich Ri­
sikomanagement ein.
03 Schulkinder in mela,
tansania Ein Schul­
projekt der Entwick­
lungsorganisation
CARE International
integriert Kinder aus
nomadischen Hirten­
völkern, wie den
Massai, ins allge­
meine Schulsystem.
Anne Ackermann leistete 2010 einen
Einsatz zugunsten der Microfinance
Capacity Building Initiative. In Indien
entwickelte sie für ACCION Inter­
national eine Schulung im Bereich
Risikomanagement.
bulletin: Was haben Sie in Ihrem Einsatz
genau gemacht ?
Anne Ackermann: Ich entwickelte für das
ACCION ­Trainingscenter in Bangalore, das
Mitarbeitende verschiedener Mikrofinanz­
institutionen ausbildet, ein Trainingsmodul im
Bereich Risikomanagement. Das westliche
Verständnis von Risikomanagement umfasst
neben Kreditrisiken auch Bereiche wie Cor­
porate Governance, Personalrisiken – etwa
Korruption oder Ausbeutung – und Umwelt­
risiken wie Naturkatastrophen. Bei einer Um­
frage unter den Mikrofinanzinstitutionen kam
heraus, dass die Risiken im Kreditbereich
meist richtig eingeschätzt werden, hingegen
diese anderen Risiken völlig ausser Acht
gelassen wurden. Ich entwickelte deshalb
mein Training so, dass auch solche Fragen
aufgeworfen und umfassende Lösungen im
Risikomanagement aufgezeigt werden.
Viele der Mitarbeitenden der Credit Suisse setzen
freiwillig ihre Zeit und ihr Wissen für eine gute Sache
ein. Das steigert nicht nur den Nutzen von Geldspen­
den um ein Vielfaches, sondern fördert auch persön­
liche Kompetenz und Teamgeist. Indem jedem Mitarbei­
tenden die Möglichkeit geboten wird, einen Tag bei
vollem Gehalt für gemeinnützige Projekte freigestellt zu
werden, möchte sich die Credit Suisse aktiv für die
Gesellschaft und für soziale Anliegen engagieren.
Neben den beiden globalen Volunteering­Program­
men, die in Zusammenarbeit mit den Organisationen
Junior Achievement Worldwide und Habitat for Human­
ity International stetig ausgebaut werden, bestehen
auch in allen Geschäftsregionen Partnerschaften mit
ausgesuchten Organisationen, mit denen die Frei­
willigeneinsätze der Mitarbeitenden koordiniert werden.
2010 lag mit dem Global Citizens Program ein
spezieller Fokus auf dem Kompetenz­ und Wissens­
austausch mit sozialen Organisationen. Das Programm
ermöglicht qualifizierten Mitarbeitenden, ihr Fach­
wissen und ihre beruflichen Kompetenzen in Projekten
der Partnerorganisationen der Credit Suisse in
den Bereichen Bildung und Mikrofinanz einzubringen.
Mit Einsätzen vor Ort können so die spezifischen
Bedürfnisse der Organisationen abgedeckt und mit
ihnen Projekte weiterentwickelt werden.
Im Bereich Bildung wurden 2010 15 Credit Suisse
Mitarbeitende mit 5 Partnerorganisationen für
einwöchige Aufenthalte in 10 Länder entsandt. Die
Freiwilligen arbeiteten dabei in einem breiten Auf­
gabengebiet mit den Partnerorganisationen zusammen.
Im Bereich Mikrofinanz konnten drei Mitarbeitende
bei drei verschiedenen Mikrofinanz­Partnerorganisa­
tionen für drei Monate eingesetzt werden. Dabei
wurde ein Risikomanagementkurs durchgeführt, der es
erlaubt, Mikrofinanzspezialisten der Partnerorganisa­
tionen vor Ort zu trainieren. Weiter wurde ein Beispiel­
modell ausgearbeitet, das es den Mikrofinanz­
institutionen ermöglicht, besser auf die Bedürfnisse
der Mikrokreditnehmer abgestimmte Produkte zu
entwickeln, und es gab Verbesserungen bei Prozessen
und Standards. Das Programm wird weiter ausgebaut.
Wie hat ACCION profitiert ?
Für jedes Unternehmen ist es wertvoll, von >
Credit Suisse bulletin 2/11
60
Credit Suisse
einer aussenstehenden Person beurteilt
zu werden. Mein Fachwissen über das
Risikomanagement, das ich mir in meinem Beruf bei der Credit Suisse angeeignet habe, war von grossem Nutzen, um
strukturierte und detaillierte Konzepte für
die Trainingsprogramme und das neue
Modul zu erstellen.
Jugendarbeitslosigkeit
Text: Myriam Burkhard
Der steinige Weg
zur richtigen Stelle
Wie haben Sie sich durch den Einsatz
als mitarbeitende verändert ?
Ich glaube, ich kann heute mehr Innovation, Kreativität und vielleicht auch mehr
Führungsqualität in meine Arbeit einbringen. In Indien musste ich sehr offen auf
eine mir fremde Kultur zugehen und tolerant sein. Diese Offenheit setze ich heute
im Beruf ein. Weiter musste ich durch die
unabhängige Arbeitsweise im Projekt immer wieder eigene Lösungen suchen. Das
hat meine Entscheidungsfreude gestärkt.
Welchen Einfluss hatte der Einsatz
auf Ihren regulären Arbeitsalltag?
Ich lernte sehr viel über die Funktions- und
Wirkungsweise von Mikrofinanzprogrammen. Bei der Credit Suisse berate ich Kunden in Bezug auf Anlagefonds. Darunter
sind auch Fonds, die in Mikrofinanzinstitutionen investieren. Seit meiner Rückkehr
versuche ich nun, meinen Kunden mehr
Einsicht in die Mikrofinanzprogramme zu
geben und so meiner Beratung etwas
mehr «Farbe» zu verleihen.
Hat Ihr Einsatz in Indien Ihre Wahr­
nehmung der Mikrofinanz verändert ?
Ich bin überzeugt von den Vorteilen der
Mikrofinanzprogramme. In meinen Feldeinsätzen sprach ich mit vielen Menschen,
die regelmässig Kredite aufnehmen, und
ich habe gesehen, dass die Programme
ihnen tatsächlich helfen. Dies vor allem,
weil sie den Kreditgebern vertrauen und
das Geld ohne die sonst üblichen extrem
hohen Zinsen zurückzahlen können.
Mehr über dieses Thema finden Sie im
Bericht Unternehmerische Verantwortung
(Seiten 22 – 25 ) und unter:
www.credit­suisse.com/verantwortung
Sehen Sie Videoberichte über das Global
Citizens Program im Responsibility Chronicle
auf den Seiten 88 und 91
www.credit­suisse.com/chronicle/de
bulletin 2/11 Credit Suisse
Jugendarbeitslosigkeit bedeutet für Betroffene
Ängste, Selbstzweifel und den grossen Wunsch,
endlich die passende Anstellung zu finden.
Im Februar 2011 diskutierten die Podiumsteilnehmenden der Veranstaltung «Gemeinsam
gegen die Jugendarbeitslosigkeit » über Wege
aus der vermeintlichen Aussichtlosigkeit.
J
ugendarbeitslosigkeit scheint auf
den ersten Blick in der Schweiz kein
02
grosses Problem zu sein. Die Arbeitslosenquote gehört weltweit zu den
tiefsten, und in gewissen Berufen bleiben
Lehrstellen sogar unbesetzt. Zudem küm­
mern sich verschiedene Regionale Arbeitsvermittlungszentren ( RAV ) sowie über 100
Non-Profit-Organisationen mit grossem
01
Engagement um arbeitslose Jugendliche.
Doch die rund 22 000 offiziell registrier­
ten und die etwa nochmal so vielen nicht
gemeldeten arbeitslosen Jugendlichen sind
nicht einfach statistische Werte. Es handelt
sich um Einzelschicksale, die einen berüh­
ren und mit denen es sich auf unterschied­
liche Weise auseinanderzusetzen gilt.
Für viele Jugendliche beginnen die Pro­ bildung wurde zum Alptraum. «Alle Absagen
bleme erst nach erfolgreichem Abschluss waren darin begründet, dass ich nach drei
der Lehre, weil ihnen – mangels Erfah- Jahren Lehre zu wenig Berufserfahrung
rung – der Einstieg in das Berufsleben ver­ hätte. Und niemand war bereit, mir die Be­
wehrt bleibt. Und aus verschiedenen Grün­ rufserfahrung zu ermöglichen», beschreibt
den sind die Betroffenen schlecht infor­ Eva Wettler ihre aussichtslose Situation.
miert und finden sich alleingelassen und Schliesslich wurde sie arbeitslos. Diese
isoliert in einer Situation wieder, «die zum Situation bezeichnet die junge Frau als
Verzweifeln ist », so Eva Wettler, die selbst «absolute Katastrophe». Ein Zustand, der
mit 19 Jahren plötzlich ohne Arbeit war.
bis heute andauert, trotz oder auch wegen
ihrer jetzigen Beschäftigung im Service
Das Schicksal Jugendarbeitslosigkeit
eines Cafés. Dies ist nicht die Arbeit, bei
Eva Wettler hat ihre Lehre als Pharma- der sie ihre Stärken, ihre Fähigkeiten und
assistentin mit Erfolg abgeschlossen, doch ihr Wissen einbringen kann, und das Geld,
im Anschluss daran keine weitergehende das sie so verdient, reicht zum Leben nicht
Beschäftigung gefunden. Der Arbeitsmarkt aus. Deshalb ist Eva Wettler noch immer
in diesem Bereich sei völlig ausgetrocknet, finanziell von ihren Eltern abhängig. Nicht
berichtet sie. Es würden viel mehr Lehr­ gerade einfach für eine junge Frau, die zu
linge ausgebildet, als anschliessend be­ Beginn ihrer Lehre dachte, nun endlich be­
schäftigt werden könnten: Ihre Traumaus­ ginne die Zeit der Freiheit und Eigenstän­
Credit Suisse
01 Die Podiumsdiskussion der Credit Suisse
stösst auf Interesse
und stellt eine gute
Vernetzungsplattform
dar.
02 Nun hat Eva Wettler
ihre berufliche
Enttäuschung aus
eigener Kraft überwunden und berichtet
offen über ihre
schwierige Situation
seit Abschluss ihrer
Lehre als Pharmaassistentin.
03 Alenka Ambroz –
selbst auch Mutter –
leitet die Podiumsdiskussion mit
Engagement und
Betroffenheit.
04 Selten hört man
bei Podiumsdiskussionen so viele
Wortmeldungen
aus dem Publikum
wie bei dieser
Veranstaltung.
Fotos: Martin Stollenwerk
03
61
erst noch ans Tageslicht gebracht werden
müssen. « Oft erfahren die Jugendlichen
erst bei uns, wie viele verschiedene Lehr­
berufe und Möglichkeiten es für sie über­
haupt gibt », berichtet Jörg Sennrich, Ge­
schäftsführer der Stiftung Speranza. Wäh­
rend es etwa vor wenigen Jahren nur eine
Automech-Lehre gab, wird heute zwischen
sieben verschiedenen Automechanik-Lehr­
profilen unterschieden. Yvonne Polloni, Pro­
jektleiterin von Infoklick, zählt eine weitere
Massnahme auf. «Wir helfen jungen Arbeits­
losen, die Zeit bis zu einer neuen Anstellung
sinnvoll zu nutzen, indem wir ihnen Weiter­
bildungen in Freiwilligenarbeit anbieten, die
mit einer Zertifizierung abgeschlossen wer­
den können.» Solche Zertifizierungen, aber
auch die Kontakte zu möglichen Arbeitgebern können neue Türen auf dem Bewer­
bungsmarkt öffnen.
Alle an einen tisch bringen
04
digkeit. Doch Eva Wettler geht es vergleichs­ sem Thema organisierte und von Alenka
weise gut, denn sie findet nicht nur finanziell, Ambroz moderierte Podiumsdiskussion,
sondern auch moralisch grosse Unterstüt­ die im Februar 2011 in Zürich stattfand, ein­
drücklich zeigte.
zung bei ihrer Familie.
Gemeinsam mit ihrer Mutter suchte sie
Schwierige Hilfesuche
das RAV auf, wo sie allerdings nur ernüch­
ternde Auskünfte erhielt, wie sie sich erin­ Dies ist mit ein Grund, weshalb die Credit
nert: «Ich solle doch Journalistin oder Kran­ Suisse ihre Initiative zur Bekämpfung der
kenschwester oder irgendetwas dazwischen Jugendarbeitslosigkeit nicht alleine, sondern
werden», lautete, so Wettler, der letztlich zusammen mit einem nationalen Netzwerk
wertlose Rat. «Nach diesem Gespräch war kompetenter Partner umsetzt. Die sieben
ich noch verzweifelter als zuvor.»
ausgewählten Partnerstiftungen – an der
Von den schweizweit rund 100 weiteren Podiumsdiskussion waren Speranza und
Anlaufstellen im Bereich Jugendarbeitslosig­ Infoklick vertreten – sind eng mit der Privat­
keit hatte sie keine Kenntnis – und umge­ wirtschaft und mit einzelnen Lehrbetrieben
kehrt ist es für viele dieser Organisationen verlinkt und damit ausgesprochen praxis­
schwierig, an die Hilfe benötigenden Jugend- orientiert. Sie ermöglichen Jugendlichen mit
lichen heranzukommen. Gerade in diesem unterschiedlichsten Interessen und Fähig­
Kontext besteht ein riesiges Informations­ keiten Praxistage in verschiedenen Unter­
defizit, wie die von der Credit Suisse zu die­ nehmen – selbst wenn diese Kompetenzen
Wie schwer es ist, an die Hilfe benötigenden
Jugendlichen heranzukommen, schilderte
eine im Publikum sitzende Vertreterin des
Schweizerischen Arbeiterhilfswerks SAH ,
dem es beispielsweise in Schaffhausen nicht
gelingt, die angebotenen Projektplätze zu
füllen.
Neben den für die nächsten drei bis fünf
Jahre gesprochenen 30 Millionen Franken
leistet die Credit Suisse auch in der Zusammenführung der beiden Interessengruppen einen Beitrag zur Senkung der
Jugendarbeitslosigkeit. «Wir werden unsere
Kommunikationstätigkeit in diesem Bereich
ausbauen », stellt Lukas Vonesch, Leiter
Human Resources der Credit Suisse Schweiz,
in Aussicht. Kleine Erfolge lassen sich schon
heute nachverfolgen. Durch die Podiums­
diskussion etwa ist Eva Wettler auf Speranza
aufmerksam geworden. «Dies ist genau die
Unterstützung, die ich auf meinem Tiefst­
punkt dringend gebraucht hätte», stellt sie
fest. Nach dem Podiumsgespräch will sie mit
Jörg Sennrich, mit Blick auf ihren Wunsch,
nun eine höhere Ausbildung in Psychologie
zu beginnen, ein Gespräch vereinbaren.
Letztlich gibt es keine jungen Menschen
ohne Potenzial, jedem Jugendlichen kann
aus der Arbeitslosigkeit herausgeholfen wer­
den. «Man hat nicht Potenzial oder man hat
es nicht. Jeder Jugendliche hat Potenzial,
hat Stärken und Fähigkeiten, sie müssen
bloss erweckt und gefördert werden.» Mit
diesen Worten zog Fritz Gutbrodt, Leiter
der Credit Suisse Initiative gegen Jugend­
arbeitslosigkeit, ein hoffnungsvolles Fazit.
Credit Suisse bulletin 2/11
Credit Suisse
SVC
Text: Andreas Schiendorfer
Das immer dichter
werdende Netzwerk der
Schweizer Unternehmer
01 Hans Baumgartner,
OK ­Präsident SVC
Unternehmerpreis
Wirtschaftsraum
Zürich und Leiter
KMU ­Geschäft
Schweiz der Credit
Suisse AG
Die ersten SVC Unternehmerpreise dieses
Jahres gewannen im Tessin die Helsinn
Healthcare SA aus Pambio­Noranco sowie in
Zürich die Open Systems AG aus Zürich.
02 Hans­Ulrich Müller,
Präsident Swiss
Venture Club und
Leiter Region Mittel­
land der Credit
Suisse AG
D
er Swiss Venture Club konnte
am 10. Mai im Bernapark in Stett­
len sein zehnjähriges Bestehen
feiern – unter dem Motto « Ge­
wi nner ». Dies macht in dreierlei Hinsicht
Sinn: Die SVC Unternehmerpreise, die seit
2003 verliehen werden, sind nach wie vor ein
zentraler Bestandteil der Aktivitäten des
SVC , insbesondere deshalb, weil sie, dank
verschiedenen Medienpartnerschaften, von
einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen
werden. Gewinner sind aber auch die mittler­
weile 2500 Mitglieder, die vom Netzwerk
und von den verschiedenen Angeboten des
Vereins erheblich profitieren konnten. Und
schliesslich kann sich der SVC selbst eben­
falls als Gewinner bezeichnen, denn er hat
sich in der Schweizer Wirtschaft und Gesell­
schaft etablieren und seine Strukturen stetig
optimieren können. So wurde beispielsweise
2010 das Angebot um den Bereich SVC
Sport mit mehreren Golfturnieren und dem
SVC Skiplausch ergänzt, und gleich zu Be­
ginn des Jahres 2011 konnte sich Präsident
Hans­Ulrich Müller mit der Gründung der
Anzeige
bulletin 2 /11 Credit Suisse
01
02
SVC Stiftung für das Unternehmertum einen
aber die übrigen Preisträger zu nennen: die
weiteren Traum erfüllen, was schon im letz­ Clinica Hildebrand, Brissago (Platz 2), die
ten Sommer mit der neuen SVC – AG für KMU Rex Articoli Tecnici SA , Mendrisio (Platz 3),
Risikokapital der Fall war. Neben diesen Mei­ sowie die Hupac Intermodal SA , Chiasso,
lensteinen im Bereich SVC Finanz sollten die Lombardi SA Ingegneri, Minusio, und
aber die vielfältigen Seminar­ und Workshop­ die Micro­Macinazione SA , Monteggio.
angebote im Bereich SVC Bildung sowie der
Weit über 2000 Gäste feierten mit OK ­
neue Webauftritt nicht vergessen werden. Präsident Hans Baumgartner die IT­Spe­
Im Zentrum stehen aber nach wie vor zialistin Open Systems AG aus Zürich als
die SVC Unternehmerpreise. Blicken wir auf Gewinnerin des SVC Unternehmenspreises
2010 zurück, so konnten folgende vorbild­ Wirtschaftsraum Zürich und damit Nachfol­
liche Schweizer KMU ausgezeichnet werden: gerin der Kistler Gruppe, Winterthur ( 2006 ),
CSL Behring AG , Bern (Espace Mittelland), und der Auto ­ Form Engineering GmbH,
Geistlich Pharma AG , Wolhusen (Zentral­ Zürich ( 2009 ). Die zwölfköpfige Jury mit
schweiz), sowie Oertli Instrumente AG , Bern­ Urs P. Gauch als Vertreter der Credit Suisse
eck (Ostschweiz). Im Palazzi dei Congressi zeichnete die Confiserie Sprüngli AG , Zürich
in Lugano wurden nun am 30 . März zum (Rang 2), und die Digitec AG , Zürich (Rang
vierten Mal die besten Unternehmen der 3), aus sowie die Bächli Bergsport AG , Vol­
Südschweiz geehrt. Nach der Precicast SA , ketswil, die Enea GmbH, Rapperswil­Jona,
Novazzano ( 2006 ), der Assos of Switzerland und die Hocoma AG , Volketswil.
SA , S. Pietro ( 2007 ), und der Medacta Inter­
national SA ,Castel San Pietro ( 2009 ), zeich­
nete die neunköpfige Jury, der als Vertreter
Eine ausführliche Berichterstattung über die
der Credit Suisse OK ­Präsident Alberto
Verleihungen der SVC Unternehmerpreise,
Petruzzella angehörte, die Helsinn Health­
mit aktuellen Bildern und inklusive einer
Kunstperformance in Zürich zugunsten der
care SA aus, ein sehr erfolgreiches Pharma­
Roger Federer Foundation, finden Sie unter
zieunternehmen aus Pambio­Noranco. Prak­
www.credit­suisse.com/infocus
tisch auf Augenhöhe mit der Siegerin sind
> Swiss Venture Club.
Fotos: SVC | Sebastian Schiendorfer
62
Credit Suisse
63
Alfred Escher­Stiftung
Alfred Escher zurück
im Bundeshaus
I
m Jahr 1882 ist Alfred Escher, der
Wegbereiter der modernen Schweiz,
mit 63 Jahren verstorben. Sieben Jahre
später errichtete man dem wegen einer
geringfügigen Kostenüberschreitung
in Ungnade gefallenen Präsidenten der
Gotthardbahn vor dem Hauptbahnhof
Zürich ein versöhnlich stimmendes Denk­
mal. Eine vergleichbare Ehrung ist Alfred
Escher von Bundesbern versagt geblieben.
Dabei hatte er während 34 Jahren als
liberaler Nationalrat das politische Ge­
schehen weitgehend – und ausgesprochen
positiv – geprägt und wurde in Zeiten
grösster aussenpolitischer Probleme drei­
mal zum höchsten Schweizer gewählt.
Im demokratischer gewordenen Bundes­
staat, der zu Recht keine ähnliche Macht­
fülle und Ämterkumulation mehr vorsah,
gingen seine Verdienste jedoch beinahe
vergessen. Dank der Publikationen der
Alfred Escher­Stiftung ist er nun aber wie­
der in der Parlamentsbibliothek – und damit
im ehemaligen Nationalratssaal – präsent.
Während rund zweier Monate wurde ihm
dort sogar eine von Professor Joseph Jung
gestaltete Ausstellung gewidmet. schi
Credit Suisse bulletin 2 /11
Credit Suisse
EPFl lausanne
Text: Andreas Schiendorfer
EPFL in Ecublens:
modernes Zentrum für
Forschung und Bildung
01
Die EPFL Lausanne und die
Credit Suisse sind eine Partner­
schaft eingegangen, die bei­
spielhaft und zukunftweisend ist.
Im Fokus steht dabei ein hoch­
modernes IT­Entwicklungszentrum.
Darüber hinaus investieren zwei
Immobilienfonds der Credit Suisse
225 Millionen Franken in ein
Kongresszentrum sowie in Wohn­
einheiten für Studenten.
D
ie ETH Zürich wurde 1855 auf In­
itiative von Alfred Escher als Eid­
genössisches Polytechnikum ge­
gründet und wird heute von rund
16 500 Studenten und Doktoranden besucht.
Damit ist die ETH Zürich immer noch um
einiges grösser als ihr Pendant in der West­
schweiz. Die Ecole polytechnique fédérale
de Lausanne ( EPFL ) beeindruckt jedoch
ebenfalls durch eine bemerkenswerte, zu­
kunftsgerichtete Dynamik.
Universitätsstatus erhielt die Bildungs­
stätte in Lausanne zwar erst im Jahr 1890
als Ecole polytechnique de l’Université de
Lausanne ( EPUL ), ihre Anfänge als Privat­
schule reichen aber sogar ins Jahr 1853 zu­
rück. 1969 erfolgten die Loslösung von der
Universität Lausanne und die Umwandlung
in eine eidgenössische Institution. Dabei han­
delte es sich gewissermassen um eine freund­
schaftliche Trennung: Der Campus der EPFL
schliesst direkt an den Campus der Univer­
sität an, und zusammen betrachtet bilden sie
das grösste Bildungs­ und Forschungszent­
rum der Schweiz. Die EPFL, die ihren Stand­
ort im Städtchen Ecublens 1978 in Betrieb
nahm, bietet heute Platz für 7000 Studieren­
de und 4000 Forschende.
Rolex learning Center im mittelpunkt
Eine sprunghafte Aufwertung erfuhr die
EPFL im Februar 2010 durch die Eröffnung
bulletin 2/11 Credit Suisse
02
des Rolex Learning Center, entworfen durch
das renommierte japanische Architekturbüro
Sanaa. Mit einer 50 0 0 0 0 Bücher umfas­
senden Bibliothek ist es der kulturelle Kno­
tenpunkt des Campus. «Das Rolex Learning
Center entspricht unserer Vorstellung von der
Universität der Zukunft, die keine Schranken
zwischen den Disziplinen kennt und in der
Mathematiker und Ingenieure zusammen mit
Neurowissenschaftlern und Mikrotechno­
logen an der Entwicklung neuer Technologien
arbeiten, die unser Leben leichter machen Arbeitsplätze schaffen werde. «Für unseren
werden», erklärt dazu EPFL­Präsident Pat­ langfristigen Erfolg ist der IT­Sektor funda­
rick Aebischer. Die Credit Suisse wirkte als mental. Entsprechend nimmt dieser Bereich
Finanzierungspartner mit und errichtete im innerhalb der Credit Suisse eine strategisch
Rolex Learning Center nicht nur eine neue wichtige Position ein», führt das Geschäfts­
Geschäftsstelle, sondern unterhält dort auch leitungsmitglied aus. Das neue IT­Entwick­
das Future Banking Laboratory.
lungszentrum, das von Hans Martin Graf
geleitet wird, reiht sich nahtlos in die Zusam­
Neues It­Entwicklungszentrum
menarbeit der Credit Suisse mit Schweizer
Nur ein halbes Jahr später konnte Karl Universitäten und Fachhochschulen im Be­
Landert, Chief Information Officer der Credit reich IT ein. «Das wissenschaftliche Umfeld
Suisse, bekannt geben, dass die Bank in un­ der EPFL­ Fakultäten für Informatik und
mittelbarer Nähe des Rolex Learning Center Elektrotechnik ist ideal für den Wissens­
ein IT­Entwicklungszentrum einrichten und transfer in unsere Bank», so Landert. Mit der
im sogenannten Innovation Park bis zu 250 EPFL sind verschiedene Kooperationen ge­
Fotos: Credit Suisse
64
Credit Suisse
01 Ende Mai 2011 wurde
das IT­Entwicklungs­
zentrum der Credit
Suisse eröffnet.
65
plant, zum Beispiel im Bereich Green IT oder sein sollen, befindet sich ein Kongresszen­
Cloud Computing. Bei Letzterem handelt es trum, das über eine ultramoderne, europa­
sich um eine IT­Architektur, in der Program­ weit einmalige Infrastruktur mit insgesamt
me und Daten auf ein Netzwerk von externen 3000 Plätzen verfügen wird. Das Auditorium
Servern verteilt werden. «Dieses System ist mit 2200 Sitzplätzen kann innerhalb weniger
gerade für Banken, die viel Rechenleistung Minuten in eine Halle mit flachem Boden
benötigen, besonders interessant », erläutert verwandelt werden. Auf dem gleichen Grund­
Willy Zwaenepoel, bis vor Kurzem Dekan der stück von knapp 30 0 0 0 Quadratmetern
Fakultät für Informatik und Kommunikation entsteht ein Wohngebäude mit 516 Stu­
an der EPFL. «Es bedingt unter anderem ein dentenwohneinheiten (172 Studios und 30
Überdenken von Problemstellungen, zum Appartements zu zwei bis acht Zimmern). Im
Beispiel in den Bereichen Sicherheit und Erdgeschoss wird es 280 0 Quadratmeter
Datenbankorganisation.» Letztlich eröffnen Verkaufsfläche aufweisen, die man an mög­
sich mit dieser Investition vielfältige Möglich­ lichst innovative und zum Campus­Umfeld
keiten, qualifizierte Hochschulabgänger und passende Geschäfte vermieten möchte. Die
neuen Gebäude werden über die bestehen­
Fachkräfte zu gewinnen.
den unterirdischen Fussgänger­ und Fahr­
Kongresszentrum und Wohneinheiten
zeugwege optimal mit dem Rest des Campus
Anfang 2011 haben die beiden Immobilien­ verbunden sein.
Auf der Basis gleich gearteter Interessen
fonds Credit Suisse Real Estate Fund Living­
Plus und Credit Suisse Real Estate Fund sind die EPFL und die Credit Suisse in
Hospitality eine Investition von 225 Millionen Ecublens eine Partnerschaft eingegangen,
Franken auf dem EPFL­ Campus bekannt die in Bezug auf die Nutzung gemeinsamer
gegeben. Im Mittelpunkt der geplanten Neu­ Netzwerke und die daraus resultierenden
bauten, die bis Herbst 2013 fertiggestellt Synergieeffekte zukunftsweisend ist.
02 Die Credit Suisse
hat im neuen Rolex
Learning Center eine
Filiale eingerichtet.
03 Zwei Immobilienfonds
der Credit Suisse
investieren in Ecublens
rund 225 Millionen
Franken.
03
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66
Credit Suisse
Festivalsommer
Die nächsten Tage bringen
uns zahlreiche musikalische
Höhepunkte an Klassikfestivals
in Avenches, Davos, Luzern,
St. Gallen, Winterthur, Zermatt
und Zürich, während man
sich in Interlaken bereits wieder
auf 2012 freut. Das Tonhalle­
Orchester Zürich, das Orchester
der Oper Zürich, das Orchestre
de la Suisse Romande, das
kammerorchesterbasel und das
Musikkollegium Winterthur
sorgen dafür, dass die klassi­
schen Töne nie verklingen. schi
Die musikalische
Schweizerkarte
Schaffhausen
Schaffhauser
Jazzfestival
Basel
Winterthur
All Blues Classics
St. gallen
Musikkollegium
kammerorchesterbasel
All Blues Classics
Winterthur
Zürich
St. Galler Festspiele
All Blues Recitals
la Chaux­de ­Fonds
Tonhalle ­Orchester Zürich
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Live at Sunset
Opernhaus Zürich
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luzern
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Davos
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CS Bulletin_D
Urs Frauchiger
Text: Andreas Schiendorfer
Stetes Streben nach
dem richtigen Hören
Nach zehn Jahren ist Urs Frauchiger
aus der Jury des Credit Suisse
Young Artist Award zurückgetreten.
Aus Altersgründen. Doch in seinen
neusten Büchern zeigt sich der bald
75 ­jährige Autor in jugendlicher
Frische.
ÖKO TEST
Magazin für Gesundheit und Umwelt
Foto: Terry Linke
N
och ein Tag, Vater lag wieder
auf dem Sofa, ich liess wieder
die Beine baumeln, da brach
ein Ton aus dem Radio, ein Strahl aus
Klang. Reine Sonnenenergie fiel ein.
Das war der Erzengel, und er brachte
mehr als eine gute neue Mär – was
brachte er denn? «Die Wahrheit », hörte
ich den Vater flüstern: «Casals. Das ist
jetzt Casals.»
Das schreibt Urs Frauchiger heute,
ganz zuletzt am Schluss seines Erinne­
rungsbuches, in dem er seinen Enkeln
von seiner Kindheit im Emmental er­
zählt, davon, wie er zur Musik kam, wie
er hören lernte. Man geniesst «damals
ganz zuerst am anfang», eine Art Bil­
dungsroman, und fordert eine Fort­
setzung. Doch Urs Frauchiger lässt
sich nicht mehr drängen, will sich, nach
überstandener schwerer Krankheit,
nicht festlegen. Vielleicht möchte er
uns auch zur Ruhe kommen lassen, uns
zum richtigen Lesen ermuntern.
Um das richtige Lesen, das richtige
Hören geht es ihm. Das Nachdenken
darüber, was das in einer Zeit des
Lärms bedeutet. Seine aktuellen musi­
kalischen Essays, erschienen unter dem
Titel «ihr Völker hört !», sind ein Plädoyer
für einen neuen Umgang mit der Musik.
Es liest sich leicht, in angenehm flies­
sender, melodiöser Sprache über das
Cello als zwangloses Organ des Geis­
tes etwa oder über Musik(fest)wochen.
Doch handelt es sich nicht um leichte
Kost. Frauchiger zwingt den Leser,
in sich hineinzuhorchen, Stellung zu
beziehen, still, nur für sich selbst. Man
VOLL-WERT-HAUS
Empfehlenswert
Unser Bild wurde im
Dezember 2010 nach der
Jurierung in Wien auf­
genommen. Urs Frauchiger
über Nicolas Altstaedt:
«Und nun erklang da plötz­
lich alles, wie Schumann
es sich gedacht haben
mochte, vollkommen
natürlich, in makelloser
Schönheit.»
kann sich dabei selbst belügen, indes,
man merkt es.
Besonders interessant ist das
Schlusskapitel «Ansätze einer anderen
Kulturförderung». Frauchiger legt dar,
wie er zu den 3500 Musikpreisen eini­
ge weitere hinzukonzipierte, mit denen
man die ganze Pyramide des Musik­
schaffens fördern kann. Weil es heute
nicht an Talenten, sondern an Persön­
lichkeiten fehlt, haben beim Credit
Suisse Young Artist Award die fünf
durch eine hochkarätige Jury Berufe­
nen nicht nur im Brahmssaal des Musik­
vereins in Wien vorzuspielen, sondern
auch in einem Gespräch ihre Einstel­
lung zur Musik darzulegen. Es hat sich
gelohnt.
Urs Frauchiger. « damals ganz zuerst am
anfang». Frauenfeld, Huber 2010 .
«ihr Völker hört !». Frauenfeld, Huber 2011.
Ein ausführliches Interview über den neuen
Umgang mit der Musik findet man unter
www.credit­suisse.com/bulletin.
In jahrzehntelanger Forschung haben wir
ein ganzheitliches Konzept für gesundes
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Credit Suisse
Kunsthaus Zug
Solothurn meets
Zug – Höhepunkte
zweier Sammlungen
Text: Marco Obrist
01
Die Sommerausstellung 2011 führt wichtige Werke aus den
profilierten Sammlungen des Kunsthauses Zug und des
Kunstmuseums Solothurn zusammen und zeigt die Schwerpunkte
beider Kollektionen in einem neuen Licht. Sie dauert vom
11. Juni bis zum 4. September.
B
ereits 2008 entstand in Zug
eine Sammlungsausstellung
in Kooperation mit dem
Kunstmuseum Luzern, und
auch die aktuelle Präsenta­
tion mit vielen Leihgaben
aus Solothurn kann als modellhafte Zusam­
menarbeit zwischen Schweizer Kunstmuseen
mittlerer Grösse angesehen werden. Zwi­
schen den Zuger Beständen der Wiener Mo­
derne, des Schweizer Surrealismus und nicht
zuletzt der Gegenwartskunst sowie der kon­
zisen, fein darauf abgestimmten Werkaus­
wahl aus dem Kunstmuseum Solothurn ent­
wickeln sich in diesem ungewohnten Kontext
überaus erhellende Dialoge und Assoziatio­
nen, und Solitäre wie auch bekannte Haupt­
werke offenbaren neue Aspekte.
Die Ausstellung bietet die einmalige Ge­
legenheit, Gemälde von zentralen Vertretern
der Schweizer Moderne wie Ferdinand Hod­
ler, Cuno Amiet und Giovanni Giacometti aus
dem Kunstmuseum Solothurn mit Haupt­
werken von Gustav Klimt, Egon Schiele und
Richard Gerstl sowie grafischen Blättern von
Edvard Munch aus der Zuger Stiftung
Sammlung Kamm zu konfrontieren. Zu ent­
decken sind selten gezeigte Holzschnitte von
Oskar Tröndle und Emil Orlik aus der Jahr­
hundertwende sowie zahlreiche 2009 neu
der Stiftung Sammlung Kamm übergebene
Arbeiten der klassischen Moderne, darunter
Ausstellung: Solothurn meets Zug.
Höhepunkte zweier Sammlungen,
11. Juni – 4. September
www.kunsthauszug.ch
bulletin 2 /11 Credit Suisse
01 Mehr als bloss ein öster­
reichischer Heimatkünstler:
Richard Gerstl, «Bildnis
Alexander von Zemlinsky»,
Sommer 1907. Öl auf
Leinwand, 170,5 x 74,3 cm,
Kunsthaus Zug, Stiftung
Sammlung Kamm.
02 Ein Höhepunkt der
Sammlung in Solothurn:
Ferdinand Hodler,
«Silvaplanersee», 1907.
Öl auf Leinwand,
60,5 x 73,5 cm,
Kunstmuseum Solothurn,
Dübi­Müller­Stiftung.
02
eine Werkgruppe von Paul Klee. Erstmalig Surrealismus und Fantastik, Walter Kurt
zu sehen ist eine Reihe später Zeichnungen Wiemken, Max von Moos und Friedrich Kuhn
Oskar Kokoschkas aus einer anderen Pri­ bilden seit Jahrzehnten einen Schwerpunkt
vatsammlung, die dem Kunsthaus Zug 2010 der Zuger Kunstgesellschaft. In dieses Um­
überlassen wurde.
feld fügen sich markante Arbeiten von Alfred
Während Hodler, Giacometti und Amiet in Kubin, Arnulf Rainer, Antoni Tàpies, Dieter
der Schweiz oft als Nationalmaler gelten, Roth, André Thomkins, Markus Raetz, Miriam
werden Klimt oder Schiele in ihrer Heimat Cahn und Martin Disler aus Zug und Solo­
gern als typisch österreichische Künstler thurn ein.
Während die dem Surrealismus naheste­
angesehen. Die ungewohnte Gegenüberstel­
lung in Zug stellt verkürzende Sehgewohn­ henden Meret Oppenheim und Otto Tschumi
heiten und eingeschliffene Konventionen in in beiden Museumssammlungen vertreten
Frage und öffnet den Blick auf den grösseren sind, antworten im Bereich der Art brut die
künstlerischen und geografischen Kontext, farbigen Ölkreiden der Westschweizerin
in dem diese Werke ursprünglich standen. Aloïse Corbaz aus Solothurn auf die Zeich­
Dass Giacometti und Amiet in München und nungen des Berners Adolf Wölfli aus Zug.
Paris studierten und mit den jungen Brücke ­ Vertiefte Einblicke in das zeitgenössische
Künstlern in Kontakt standen oder dass Fer­ Schaffen und in neuere Medien wie Foto­
dinand Hodler früh in der Wiener Sezession grafie und Video oder in die interaktive Kunst
ausstellte, wird allzu oft vergessen. Und die geben schliesslich Arbeiten von Annelies
Wiener Moderne wirkte schon zu Beginn Štrba, Roman Signer, Sylvie Défraoui, Shah­
des 20. Jahrhunderts weit über die Grenzen ryar Nashat, Daniela Keiser oder Monica
der heutigen Republik Österreich hinaus.
Studer und Christoph van den Berg.
Fotos: Kunsthaus Zug | Kunstmuseum Solothurn | Kunstmuseum Bern
68
Credit Suisse
69
03
Kunstmuseum Bern
04
Das Kunstmuseum
Bern ist seit
20 Jahren Partner
der Credit Suisse
Der Berner Maler Martin Ziegelmüller
wird bis Mitte August mit einer
Doppelausstellung im Kunstmuseum
Bern – Städte und Landschaften –
beziehungsweise im Kunsthaus
Langenthal – Flusslandschaften,
Arbeitswelt, Porträts – gewürdigt.
R
03 Der Stadtmaler:
Martin Ziegelmüller,
«Bern», 1972 –76 .
Öl auf Leinwand,
110 x 80 cm,
Privatsammlung.
04 Der Landschafts­
maler: Martin Ziegel­
müller, «Frühling
im Auwald», 2010.
Öl auf Leinwand,
70 x 80 cm,
Privatsammlung.
Ausstellung: Weites Feld.
Martin Ziegelmüller – Ein Werküberblick
20. Mai – 14 . August
(in Langenthal bis 10. Juli)
www.kunstmuseumbern.ch
www.kunsthauslangenthal.ch
etrospektiven haben ihren ganz andersartigen Wirkung des Lichts auseinan­
besonderen Reiz, denn sie erlau­ derzusetzen. Haben wir nicht auch schon,
ben es, sich den Überblick über das in Gedanken, Stadtszenen gemalt, bis diese
Werk eines Malers zu verschaffen, sich in fast impressionistischen Lichter­
einzelne Schaffensschwerpunkte genauer meeren auflösten? Ziegelmüller hat es, in
zu betrachten und seine künstlerische Ent­ Bern und Fribourg, ausgeführt. Er hat dem
wicklung nachzuvollziehen. Doch irgendwie Realismus einen neuen Sinn gegeben, ihm
vermitteln Retrospektiven auch das Gefühl das Ideologische und das Banale genommen,
des Abgeschlossenen. Bis hierher wars gut, ihm innovative Züge verliehen. Der Berner
leider kommt nun nichts mehr. Bei Martin Künstler hat dabei den Mut aufgebracht,
Ziegelmüller so etwas anzunehmen, wäre seinen eigenen Weg zu gehen und der
fatal. «Du bist », sagt sein Freund und Mäzen ungegenständlichen Avantgarde rund um
der ersten Stunden Heinz Trösch, «noch voller Harald Szeemann demonstrativ den Rücken
Energie und malst an deinem Alterswerk.» In zuzuwenden. Doch hat er – das brauchte
der Tat zeichnet sich Ziegelmüller durch un­ noch grösseren Mut, noch mutigere Grösse
gebrochene Schaffenskraft und Ausdrucks­ – später erkannt und anerkannt, dass es auch
stärke aus. Vielleicht haben Matthias Freh­ unter den Abstrakten bedeutende Köpfe gibt.
ner, Kunstmuseum Bern, und Eveline Suter,
Martin Ziegelmüller hat im Frauenfelder
Kunsthaus Langenthal, diese Doppelaus­ Waldgut­Verlag zwei Bücher publiziert, die
stellung ganz bewusst nicht ins Jahr 2010 sein Schaffen erhellen. «Der Maler auf dem
und damit in die Nähe des 75 . Geburtstags Drehstuhl » sowie «Der Maler – le peintre».
des Künstlers gelegt, um dem Geruch des Im Zusammenhang mit der Ausstellung ist
Endgültigen auszuweichen.
nun die erste umfassende Monografie des
Vielmehr gilt es, Martin Ziegelmüllers Künstlers erschienen, welche die objektivier­
Bilderwelt zu geniessen, mit ihm über weite te Innensicht Ziegelmüllers durch die subjek­
Landschaften, städtische Häusermeere bis tive Aussensicht namhafter Autorinnen und
hinauf in den Wolkenhimmel zu blicken, De­ Autoren ergänzt und uns die Weite des Künst­
tails wie Wasserstrudel zwischen Steinen, lers und auch des Menschen Martin Ziegel­
das Gestrüpp des Flussufers oder tote Käfer müller erst so richtig bewusst macht. Ein
zu entdecken und sich mit der immer wieder Gewinn. Andreas Schiendorfer
Credit Suisse bulletin 2 /11
Credit Suisse
David Zinman
Text: Andreas Schiendorfer
Wahre grösse zeigt
sich im Fördern
A
Die internationale Musikwelt verdankt ihm viel, das Tonhalle ­
Orchester Zürich alles. Fast alles. Am 8. Juli gratuliert
das Orchester seinem Chefdirigenten David Zinman zum
75. Geburtstag mit einem Konzert in der Tonhalle.
01
01 Die Musik lebend –
David Zinman 2004
auf Tournee durch
die USA .
02 Verdiente Ehrung als
Artist of the Year
2008 auf der Midem
in Cannes.
03
03 Die Liebe zur Musik
steigert sich beim
Lesen – möglichst
verbunden mit einem
tiefen Naturerlebnis.
04 Violinisten unter sich:
Beethovens Violin­
konzert mit Christian
Tetzlaff wird 2007 mit
dem Midem Classical
Award belohnt.
05 Der Erfolg liegt im
Detail: David Zinman
im Gespräch mit
seiner Solo­Cellistin
Anita Leuzinger.
bulletin 2/11 Credit Suisse
02
04
05
m Tanglewood Music Center entdeckt
Pierre Monteux einen 22 ­jährigen Diri­
genten, verpflichtet ihn als Assistenten
und verschafft ihm erste Auftritte, so beim Hol­
land Festival: Zinman packt die Chance und wird
1964 Chefdirigent des Nederlands Kamerorkest.
Er bleibt bis 1977. Die langjährige Verbundenheit
zu Orchester, Haus, Publikum und Stadt wird zum
Markenzeichen. Den 13 Jahren in Amsterdam
folgen 11 Jahre beim Rochester Philharmonic
Orchestra (1974–1985), 13 Jahre beim Baltimore
Symphony Orchestra (1985 – 1998), 19 Jahre
beim Tonhalle ­Orchester Zürich (1995 – 2014 ).
Diese Treue, die sich – bei gleichzeitiger Of­
fenheit gegenüber Neuem – auch zu Komponis­
ten wie Beethoven, Brahms oder Mahler mani­
festiert, steht in direktem Zusammenhang mit
zwei weiteren Eigenschaften: David Zinman ist
Perfektionist und Ausbildner. Denken wir nur
an das Tonhalle ­Orchester Zürich. Dieses spielt
1995 auf einem respektablen Niveau; doch
ausserhalb der Schweiz nimmt es kaum jemand
zur Kenntnis. Zinman benötigt Zeit, um sein
Team behutsam und gleichzeitig mit manischer
Leidenschaftlichkeit voranzubringen und mit
ihm den angestrebten Internationalisierungs­
schritt vorzunehmen. Erst 2004 beispielsweise
wagt er den Sprung nach Amerika.
Sein ausserordentliches Charisma ist ge­
prägt durch Menschenfreundlichkeit. Weil sie
ihn als hochbegabten Freund sehen, realisieren
die Zürcher Musiker vielleicht gar nicht richtig,
wie viel dieser von ihnen verlangt. Es darf ge­
lacht werden – wenn der Klang stimmt.
Zinman und seine Orchester erhalten Aus­
zeichnungen: 2002 bekommt er, sicher nicht
zu früh, den Kunstpreis der Stadt Zürich. Zwei
Jahre zuvor verleiht ihm das französische Kultur­
ministerium den Titel eines Chevalier de l’Ordre
des Arts et des Lettres. Ein musikalischer Ritter­
schlag für den Amerikaner, der nie in Frankreich
gewirkt hat.
Mit zunehmendem Alter wird der Musiker­
förderer zum Nachwuchsförderer: 24 Jahre lang
leitet Zinman das Aspen Music Festival, wo all­
jährlich 20 junge Kollegen mit professionellen
Orchestern zusammenarbeiten können. 2010
führt er einen ersten internationalen Dirigier­
kurs in Zürich durch. Nun folgt der zweite einer
hoffentlich langen Reihe …
Für David Zinman indes gilt an seinem
75 . Geburtstag und darüber hinaus: Der wahre
Grosse ist ein fordernder Förderer und arbeitet
stets daran, sich ersetzlich zu machen.
Fotos: Priska Ketterer | Kornel Magyar | Adair, Stücker
70
Credit Suisse
71
gastkommentar
Nachhall, Widerhall
und Nachhaltigkeit
Das Tonhalle ­Orchester Zürich, das
älteste Schweizer Sinfonieorchester,
wurde 1868 gegründet. Mit der Eröff­
nung der Zürcher Tonhalle 1895 erhielt
es einen der schönsten und besten
Konzertsäle der Welt. Spätestens seit
1999 , als ihm für die Gesamtein­
spielung der Sinfonien Beethovens der
«Preis der deutschen Schallplatten­
kritik» zugesprochen wurde, erfreut es
sich globaler Beachtung. Inzwischen
sind weit über eine Million Beethoven­
CD s verkauft worden.
Epochale mahler­Einspielung
Es ist nicht anzunehmen, dass sich
die Sinfonien von Gustav Mahler, deren
Einspielung das Orchester soeben
abgeschlossen hat, in vergleichbarer
Weise verkaufen. Doch die Fach­
welt zeigt sich zu Recht begeistert.
Allein die Einladung ans Internationale
Mahler­Festival nach Leipzig, wo das
Tonhalle ­Orchester Zürich unter der
Leitung von David Zinman am 24. Mai
Mahlers Sechste aufführen durfte,
ist einem musikalischen Ritterschlag
gleichzusetzen: zehn Sinfonien, zehn
Weltklasseorchester. Vielleicht nicht
die zehn Besten, aber ganz sicher zehn
der Besten.
Engagement für Japan
Bemerkenswert ist das Benefizkonzert
für die Opfer der Naturkatastrophen
in Japan. Dank dem unentgeltlichen
Auftritt aller Musiker, des Dirigenten
Christoph von Dohnányi sowie der
Violinistin Julia Fischer resultierten am
12. April über 130 000 Franken – eine
beispielhafte Zusammenarbeit des Ton­
halle ­Orchesters Zürich, des Orches­
ters der Oper Zürich und des Zürcher
Kammerorchesters. Andreas Schiendorfer
Impressum
117. Jahrgang, 5 x jährlich, Deutsch, Englisch,
Französisch, Italienisch
HERAUSgEBER: Credit Suisse AG
Postfach 2, CH­ 8070 Zürich, Telefon +41 44 333 11 11
REDAKtION: Daniel Huber (dhu; Leitung),
Andreas Schiendorfer (schi), Stefan Behmer (sb),
Regula Brechbühl (rb), Dorothee Enskog (de),
Michael Krobath (mk), Mandana Razavi (mar).
mitarbeit Fabienne de Lannay, Valérie Clapasson Fahrni,
Beate Kurth / Zahra Darvishi (Dossier Corporate Volunteering)
Kontakt redaktion.bulletin@ credit ­suisse.com
Dr. Elmar Weingarten
Intendant der tonhalle ­gesellschaft Zürich
E
s ist unbestrit­
ten: Musik, und
insbesondere
die klassische
Musik, ist we­
sentlicher Teil
unserer überlieferten Kultur.
Ihr Wesen erschöpft sich
nicht darin, wie die Griechen
meinten, Freude zu machen.
Sie spiegelt die Gefühlswelt einer mensch­
lichen Gemeinschaft wider, mit all ihren
Widersprüchen und Konflikten. Sie ist das
sinnliche Gegenüber zur oft allzu sachlichen
Organisation unseres alltäglichen Lebens.
In unserer Zeit hat es die klassische Musik
schwer, meint man. Doch dem widerspricht,
dass es so viele Menschen gibt – auch in der
Jugend –, die ihr ganzes Leben der Vervoll­
kommnung ihrer musikalischen Fähigkeiten
widmen und Musik zu ihrem Beruf machen.
Ein Orchester ist der Zusammenschluss der­
art motivierter Menschen. Es ist wesentlicher
Bestandteil des kulturellen Haushalts einer
Gemeinde und seine Qualität sagt auch et­
was aus über den Stellenwert der Kultur in
einer Gemeinschaft. Das Tonhalle ­Orchester
Zürich hat es sich zur Aufgabe gemacht,
dem Nachhall, den seine Konzerte auslösen,
nachzuspüren, den Widerhall bei den Men­
schen, für die es spielt, zu nutzen und Nach­
haltigkeit der Musikerlebnisse zu bewirken.
gEStAltUNg UND REAlISAtION: www.arnold.inhaltundform.
com Korrektorat Carola Bächi (Arnold. Inhalt und Form),
Claudia Marolf (notabene) Übersetzungen Credit Suisse
Druck Swissprinters Zürich AG
mEDIADAtEN/KONtAKt: marketing Veronica Zimnic
WEMF-Auflage 2009 145 504 Registrierung ISSN 1423­1360
Internet www.credit­suisse.com /bulletin Inserate print­ad
kretz gmbh, Telefon +41 44 924 20 70, [email protected]
mutationen siehe Talon Nachdruck von texten gestattet mit
Hinweis «Aus dem bulletin der Credit Suisse».
Musikvermittlung ist das Zau­
berwort geworden. Es geht
von der schlichten Überle­
gung aus, dass je mehr man
weiss, worum es der Musik
geht und was ihren Zauber
ausmacht, desto tiefer und
eben nachhaltiger ist das Mu­
sikerlebnis. Mit David Zinman
hat das Tonhalle ­Orchester
Zürich einen Chefdirigenten, dem die Ver­
mittlung eine Herzensangelegenheit ist. Nur
weniger erläuternder Worte bedarf es, um das
Verständnis für ein Musikwerk zu vertiefen,
um eine Erfahrung zu machen, die neugierig
macht auf weitere Erfahrungen. tonhalle LATE,
das Programm des Tonhalle ­ Orchesters
Zürich, in dem die Verknüpfung unterschied­
licher Musikwelten gelingt – der klassischen
und der aktuellen Popmusikwelt –, ist ein
erfolgreiches Beispiel. Hierzu bedarf es
Partner, die – wie die Credit Suisse – am glei­
chen Strang ziehen. Erst seit Kurzem hat sich
die Überzeugung durchgesetzt, dass dieje­
nigen, die die Musik machen, besonders ge­
eignet sind, das Wissen um ihr Wesen selbst
zu vermitteln. Die Musiker besitzen die nöti­
ge Leidenschaft, um jungen Menschen und
den Jüngsten, die ja noch ein völlig unver­
krampftes Verhältnis zur Musik haben, zu
helfen, Musik zu verstehen und letzten Endes
auch zu lieben. Ganz so, wie sie es tun.
REDAKtIONSKOmmISSION Richard Bachem, Nicole Brändle
Schlegel, René Buholzer, Urs P. Gauch, Fritz Gutbrodt,
Anja Hochberg, Angelika Jahn, Bettina Junker Kränzle,
Hanspeter Kurzmeyer, Andrés Luther, Charles Naylor
Diese Publikation dient zu Informationszwecken. Sie bedeutet
kein Angebot und keine Aufforderung seitens der Credit Suisse
zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften. Hinweise auf die frühere
Performance garantieren keine positiven Entwicklungen in
Zukunft. Die Analysen und Schlussfolgerungen wurden durch die
Credit Suisse erarbeitet und könnten vor ihrer Weitergabe an die
Kunden bereits für Transaktionen von Gesellschaften der Credit
Suisse Group verwendet worden sein. Die vertretenen Ansichten
sind die der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Drucklegung.
(Änderungen vorbehalten.) Credit Suisse ist eine Schweizer Bank.
Credit Suisse bulletin 2/11
72
Credit Suisse
Sammlung Credit Suisse
Kunst im Geschäftsumfeld
Eine Publikation stellt erstmals die Sammlung Credit Suisse einer breiten Öffentlichkeit vor.
Im Zentrum des neuen Buches stehen die Erwerbungen und Projekte der letzten zehn Jahre.
bulletin 2/11 Credit Suisse
ches ist, dass die Kunstwerke nicht in einen
neutral­musealen Kontext herausgehoben,
sondern in ihrer realen Präsentation in den
Geschäftsräumlichkeiten der Bank darge­
stellt werden. Dadurch ergeben sich nicht
zuletzt spannende Verbindungen zwischen
Architektur und zeitgenössischer Kunst.
André Rogger, leiter Fachstelle Kunst
Pierre Schwerzmann
Ohne titel 2007
Acryl auf Leinwand,
120 × 90 cm, Inv. 2009 /11963
Ohne titel 2009 (links im Hintergrund)
Acryl auf Leinwand,
130 × 114 cm, Inv. 2009 /11962
Installationsaufnahme aus
der Geschäftsstelle Freiburg.
«Die Sammlung Credit Suisse –
Kunst im geschäftsumfeld»
Herausgegeben von André Rogger
und Barbara Hatebur, Fachstelle Kunst
der Credit Suisse.
Mit Beiträgen von Maria Becker,
Urs­Beat Frei, Barbara Hatebur,
Giulia Passalacqua, Magdalena Plüss,
André Rogger u. a. sowie einem
Vorwort von Hans­Ulrich Doerig.
Texte Deutsch/Englisch. Gebunden,
464 Seiten, mit 300 farbigen Tafeln im
Hauptteil und 150 schwarz­weissen
Abbildungen im Anhang, 20 x 27,2 cm.
Verlag Scheidegger & Spiess,
ISBN 978­3­85881­324­4 . Erhältlich
im Buchhandel. CHF 99 , EU 83 .
Wir verlosen fünf Exemplare
Deutsch/Englisch:
www.credit­suisse.com/bulletin
Fotos: Yves André, St. Aubin­Sauges | Andreas Meier
D
ie Credit Suisse sammelt seit 1975
schweizerische Gegenwartskunst.
Der Schwerpunkt liegt beim En­
gagement für das junge Schaffen, und das
Spektrum der langfristig aufgebauten Werk­
gruppen umfasst alle künstlerischen Me­
dien. Ebenso werden jedes Jahr mehrere
Kunst­und­Bau­Projekte realisiert.
Jetzt wird die Sammlung der Credit
Suisse erstmals in Buchform präsentiert:
Nach einer Einführung zum Kern der Samm­
lung am Hauptsitz Zürich­Paradeplatz
werden 16 ortsspezifische Projekte und 30
Werkgruppen von zentralen Künstlerinnen
und Künstlern in Text und Bild vorgestellt.
Eine Werkliste im Anhang vervollständigt
den Überblick über die jüngere Samm­
lungstätigkeit. Speziell am Konzept des Bu­
Roger Federer leader
73
Roger über
seine Stiftung
mit 22 Jahren entschloss sich Roger Federer, eine Stiftung zur Unterstützung
minderbemittelter Kinder zu gründen. Im gespräch erzählt der tennisstar
von den menschen, die ihn dazu inspirierten, sowie von den Schwierigkeiten
und Herausforderungen, denen sich seine Stiftung stellen muss.
Credit Suisse bulletin 2 /11
leader Roger Federer
Chronologie des neuen
Malawi­Projekts
12/2009
Im Dezember 2009
wird im Rahmen
der neu eingegangenen SponsoringPartnerschaft mit
Roger Federer eine
Zusammenarbeit mit
der Roger Federer
Foundation (RFF )
vereinbart. Die Credit
Suisse unterstützt die
RFF während zehn
Jahren mit einer Million
US-Dollar pro Jahr.
01/2010
Im Januar 2010
kommen bei einer
ersten gemeinsamen
Sitzung Vertreter der
RFF und der Credit
Suisse überein, dass
die zusätzlichen
Mittel hauptsächlich
zur Lancierung einer
neuen, langjährigen
Bildungsinitiative
in Afrika verwendet
werden sollten.
bulletin: Viele junge Stars der musik­ und
Sportwelt kaufen sich mit ihrem ersten
grossen geld einen Ferrari. Sie haben Ihr
geld in eine Stiftung gesteckt. Warum?
Roger Federer: Ich war wirklich noch sehr
jung, als ich an Weihnachten 2003 meine
Stiftung gründete. In dieser Beziehung war
aber sicher André Agassi mein grosses
Vorbild. Und der hat einmal gesagt, dass
er es heute bedaure, dass er sein
gesellschaftliches Engagement erst mit
28 Jahren begonnen habe. Wichtig waren
auch meine Eltern, insbesondere meine
Mutter, die ja aus Südafrika stammt.
Durch sie reiste ich oft nach Südafrika und
war begeistert von der Schönheit dieses
Landes. Aber natürlich wurde ich auch mit
der Armut dort konfrontiert. Meine Mutter
ermunterte mich immer: «Tue Gutes, wenn
du kannst.» Und das versuche ich jetzt.
Und wie schwierig war es, die Stiftung
04/2010
Im April 2010 treffen
sich je ein Vertreter
der RFF und der
Credit Suisse zu
einem Workshop mit
drei externen
Experten. Ziel ist,
das weite Feld von
Möglichkeiten im
Bereich von
Bildungsinitiativen
in Afrika einzugrenzen. Es keimt die
Idee eines langfristig
angelegten Projekts
im Bereich der
frühkindlichen
Bildung.
07/2010
Ende Juli 2010
entscheidet der RFFStiftungsrat in einer
Sitzung, dass die
zusätzlichen Mittel
durch die Partnerschaft mit der
Credit Suisse für die
Lancierung und
Betreibung eines
neuen, zehnjährigen
Programms im
06/2010
Bereich frühkindlicher
Im Juni 2010 kommt
Bildung in Malawi
es zu einem zweiten
verwendet werden.
Workshop, bei dem
Für Malawi spricht
das geografische
das Erfüllen der
Wirkungsfeld eines
Richtlinien der
so gross angelegten
Stiftung, da Malawi in
Projekts diskutiert
Afrika liegt und zu
wird. Daraus resultieren schliesslich zwei den ärmsten Ländern
der Welt gehört.
Empfehlungen für
Weitere Punkte sind
den Stiftungsrat.
die schon seit
Längerem stabile
politische Lage, die
Grösse des Landes,
das zwölf Millionen
Einwohner zählt und
somit relativ
überschaubar ist, die
gute Erreichbarkeit
und die weit ver-
Stiftung mit deinem Namen, jetzt musst
du auch etwas daraus machen.» Zu Beginn
musste ich sehr viel dazulernen. Heute
kann ich schon auf etwas mehr Erfahrung
zurückblicken.
grundsätzlich dürfte Ihr terminkalender
als Tennisprofi bereits sehr voll sein.
Welche Rolle können Sie in der Stiftung
zurzeit überhaupt spielen?
Ich bin Stiftungsratspräsident und nehme
an allen Stiftungsratssitzungen teil. Auch
Mirka und meine Eltern sind nebst externen
Mitgliedern im Stiftungsrat. Wir sind ein
gutes Team. Wir diskutieren über alle neuen
Projekte und verfolgen die Entwicklung
der laufenden Programme. Diese Treffen
sind wichtig, da wir uns so regelmässig
über die Strategie und die Richtung unserer
Arbeit verständigen können.
Können Sie uns etwas mehr darüber
erzählen, durch welche mittel die
zu gründen?
Stiftung nebst Ihren eigenen Beiträgen
Es war tatsächlich nicht ganz einfach, in so
jungen Jahren eine Stiftung zu gründen.
Der reine Akt der Gründung ist eines, aber
dann sagte ich mir: « Jetzt hast du eine
Die Stiftung wird von vielen meiner Sponso­
ren, wie zum Beispiel der Credit Suisse,
unterstützt. Sie hat auch private Spender,
bulletin 2/11 Credit Suisse
finanziert wird.
breitete englische
Amtssprache. Zudem
hat die Regierung
die Notwendigkeit
der frühkindlichen
Entwicklung bereits
erkannt und sie
hat entsprechende
Massnahmen schon
ergriffen, wenn auch
mangels notwendiger
Mittel nur unzureichend umgesetzt.
Recherchen zeigen in
einem nächsten
Schritt, dass in
Malawi bereits 44
lokale Organisationen
im Bereich frühkindliche Bildung
aktiv sind. Eine
Auswahl der grössten
und etabliertesten
Organisationen wird
seitens der RFF
gebeten, per Ende
September 2010
Konzeptvorschläge
für ein Zehn-JahresProgramm zu
erstellen.
denen ich sehr dankbar bin und deren
Vertrauen mich ehrt. Ansonsten kommen
die Mittel direkt von mir oder indirekt auch
aus der Vermarktung von RF ­Produkten
sowie aus ein paar anderen Quellen.
Mit Veranstaltungen wie dem kürzlich
organisierten «Match for Africa» eröffnen
sich der Foundation zudem ganz neue
Finanzierungsperspektiven.
Wohin fliesst das Geld der Stiftung
zum Beispiel bei einem Bildungsprojekt ?
In die Infrastruktur, die löhne, das Essen?
Wie sieht die Aufteilung konkret aus?
Wir setzen uns ganz generell für die Ver­
besserung der Bildungsqualität ein. Dies
umfasst die Ausbildung der Lehrer, aber
auch die Hygiene oder die Infrastruktur und
natürlich die Bereitstellung von Unterrichts­
material. Einigen Kindern wird ganz ein­
fach der Schulbesuch ermöglicht. Manch­
mal muss zudem eine Schule gebaut oder
renoviert werden. Oder dann haben wir
zum Beispiel in Äthiopien neben der Schule
noch einen Brunnen gebaut. Unsere
Tätigkeiten umfassen also die verschie­
densten Massnahmen. Was wir explizit
Foto: Jeffrey Barbee
74
Roger Federer leader
09/2010
Ende September
2010 wird eine
engere Auswahl
der eingereichten
Vorschläge erstellt und einem
Expertengremium
vorgelegt. Daraus
resultiert eine
Zweierempfehlung
mit einem klaren
Favoriten.
10/2010
Ende Oktober 2010
entscheidet sich der
RFF-Stiftungsrat für
den Konzeptvorschlag
von Actionaid
International Malawi.
Diese ganz und gar
lokale Organisation
ist seit über 20
Jahren im Land aktiv
und eingebettet in
einer internationalen
Föderation von
über 40 nationalen
Organisationen.
Der Sitz der
Föderation befindet
sich in Johannesburg,
Südafrika.
11/2010
Actionaid erhält Mitte
November 2010 den
Auftrag, bis Ende
Januar 2011 eine so
genannte Baseline
Study – zu Deutsch
Ist-Analyse – zu
erstellen. In der Folge
werden die im
Konzept vorgesehenen 80 Kleinkinderzentren in 6 Distrikten
(von total 28) von
Malawi besucht
und analysiert – es
wird also eine Art
Bestandesaufnahme
der heutigen Situation gemacht.
Die Resultate der
Baseline Study sind
wichtig, um möglichst
realitätsnahe und
damit wirkungsvolle
Massnahmenpakete
zu definieren.
nicht finanzieren, sind die Gehälter der
Lehrkräfte. Nach unserer Auffassung ist
die Bezahlung der Lehrkräfte nicht
nachhaltig. Solche Löhne gehören zu den
zentralen Aufgaben des Staates. Der Staat
muss für den Bildungssektor aufkommen,
sonst wird die Schulbildung privatisiert.
Und wir befürworten das öffentliche
Schulwesen. Ausrüstung, Material, Infra­
struktur und Ausbildung der Lehrer sind
uns wichtig.
mit welchen Organisationen arbeiten Sie
zusammen und wie kontrollieren Sie sie?
Wir arbeiten mit lokalen und nationalen
NGOs zusammen und stehen mit diesen
sowie mit den zuständigen Projektverant­
wortlichen vor Ort im ständigen Dialog.
Ich halte diesen Kontakt für sehr wichtig.
Dann holen wir vorab Referenzen bei
anderen Organisationen und Stiftungen ein.
Wir kennen so die Erfahrungen anderer
Geldgeber. Wir unternehmen wirklich sehr
viel, damit das Geld richtig eingesetzt wird
und möglichst nichts schiefgeht. Doch
wer in Afrika tätig ist, muss auch immer
gewisse Risiken in Kauf nehmen. Dieser
15/03/2011
Am 15. März 2011
reicht die Partnerorganisation
Actionaid einen
konkreten Programmvorschlag für die
erste Phase über
drei Jahre ein.
03/2011
Ende März 2011 reist
die RFF-Geschäftsführerin Janine
Händel in Begleitung
des Stiftungsratsmitglieds Christoph
Schmocker nach
Malawi, um sich vor
Ort einen Eindruck
von der Ausgangslage
zu machen und den
Programmvorschlag
mit den Verantwortlichen von Actionaid
zu diskutieren.
07/04/2011
Am 7. April 2011
informiert Janine
Händel in einer
Sitzung des RFFStiftungsrats über
ihre Eindrücke in
Malawi und den Stand
des Projekts. Erst
jetzt erteilt dieser
das definitive «GO»
für die Umsetzung der
Initiative, und ein
erster substanzieller
Geldbetrag wird
zugunsten von
Actionaid nach Malawi
überwiesen.
01/05/2011
Am 1. Mai 2011
erfolgt in Malawi der
offizielle Start des
bislang grössten
Projekts der Roger
Federer Foundation.
Dieses soll in einem
der ärmsten Länder
der Welt in den
nächsten zehn Jahren
die frühkindliche
Bildung für rund
54 000 Kinder direkt
entscheidend
verbessern und ihnen
damit einen besseren
Start in ein selbstbestimmtes Leben
erlauben. Möglich
wurde das Projekt
dank der langfristigen
Partnerschaft mit
der Credit Suisse.
Risiken muss man sich bewusst sein und
entsprechende, präventive Massnahmen
treffen. Wir machen auch selber regelmässig
Besuche, pflegen Kontakte und analysieren
die Fortschritte. Dazu muss periodisch der
Istzustand erfasst werden und Ziele für die
nächsten zwei, drei oder fünf Jahre müssen
festgelegt werden. Anderenfalls lassen sich
kaum Fortschritte oder auch Rückschritte
feststellen. Das nehmen wir sehr ernst.
Es geht nicht darum, die Leute unnötig zu
kontrollieren, sondern ihnen – und auch
uns – zu helfen.
Grund, weshalb wir dort ein Projekt
unterstützen. Viele Spender, darunter
nationale Hilfswerke und staatliche
Agenturen, mussten sich aufgrund
politischer Restriktionen aus Simbabwe
zurückziehen. Manchmal bietet sich
Familienstiftungen oder privaten Spen­
dern die Chance, in die Bresche zu
springen. Unser Projekt liegt zudem
weit von der Hauptstadt Harare entfernt
und kein politischer Akteur ist
gegen Projekte für elementare Schul­
bildung.
Sie haben auch ein Projekt in Simbabwe.
Welches sind Ihre Ziele und Visionen
Ist es angesichts der politischen
für Ihre Stiftung in den nächsten fünf
Probleme in diesem land nicht schwierig,
Jahren?
dort präsent zu sein?
In den nächsten fünf oder zehn Jahren
kann sich vieles ändern. Da ich noch
nicht weiss, wann ich meine sportliche
Karriere beenden werde – und ich
hoffe noch lange nicht –, müssen wir
vorläufig schrittweise vorgehen. Aber
wir wollen in den nächsten Jahren
sicher die Zahl der Projekte und die
Finanzierung erhöhen, und dann
sehen wir weiter. dhu
Ich glaube nicht, dass man wegen der
Situation auf höchster Ebene vor einem
Engagement zurückschrecken sollte. Meiner
Ansicht nach kann man an der Basis durch­
aus noch etwas bewirken. Und deshalb
scheuen wir uns nicht, nach Simbabwe zu
gehen. Meine Eltern waren kürzlich dort und
haben mit eigenen Augen gesehen, dass
man etwas tun kann. Das ist auch der
75
Credit Suisse bulletin 2/11
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Jimmy Wales ist Mitbegründer und Förderer von Wikipedia. Er bearbeitet Wikipedia
regelmässig unter dem Pseudonym Jimbo Wales. Wales, der einen Master­Abschluss in
Finanzwissenschaften besitzt, war zunächst in Chicago als Investment­Banker im
Futures­ und Optionenhandel tätig, bevor er im Jahr 2000 die Open­Content­Enzyklopädie
Nupedia gründete. Dieses Projekt basierte auf einem umfassenden Peer­Review­Prozess
und akademischen Experten, die sämtliche Einträge vor der Veröffentlichung prüften.
Aufgrund des mühseligen Einreichungsverfahrens stieg die Zahl der Einträge jedoch nur
langsam, und nach drei Jahren musste Nupedia geschlossen werden. 2001 starteten
Jimmy Wales und Larry Sanger ein konkurrierendes Projekt um eine Online­Enzyklopädie
auf der Basis des Wiki­Modells – ein Modell, das den Redaktoren erlaubt, gleichzeitig
und schrittweise Beiträge zu bearbeiten. Dies war der Beginn von Wikipedia.
titel
Jimmy Wales, 2010.
[Bearbeiten]
Freier Zugang
für alle zum Wissen
dieser Welt
lead
Jimmy Wales, 2010,
arbeitet, um aktiv zu bleiben
und Spass zu haben, selbst
als «Jimbo Wales» an einigen
Biografien auf Wikipedia.
[Bearbeiten]
Der traum von Jimmy Wales, allen menschen Zugang zu einer
kostenlosen Online­Enzyklopädie in ihrer eigenen Sprache zu bieten,
wird langsam, aber sicher Wirklichkeit. Vor zehn Jahren gegründet,
existiert Wikipedia heute in 280 Sprachen mit insgesamt mehr als
18 millionen online verfügbaren Artikeln.
[Bearbeiten]
bulletin: Haben Sie in Ihren kühnsten träumen je mit
dem überwältigenden Erfolg von Wikipedia gerechnet ?
Jimmy Wales: Ich war immer Optimist, was die Möglich­
keiten von Wikipedia angeht. Als ich einmal auf einer Liste
der 100 Top ­Websites nachschaute, fand ich um Platz
50 eine Enzyklopädie. Ich dachte mir, wenn wir gute
Arbeit leisten, könnten wir es unter die ersten 100 schaffen.
Heute ist sie die am fünftmeisten angezeigte Website
der Welt.
Wie hat Wikipedia die Welt verändert ?
Sie hat die Welt in vielerlei Hinsicht verändert. In den
wohlhabenden Industrieländern werden wir heute mit zu
vielen Informationen konfrontiert. Wikipedia bietet einen
schnellen Zugang zu grundlegenden und allgemein
verständlichen Informationen. In den Entwicklungsländern
verschafft sie Menschen, die online gehen, Zugang
zu Wissen, das ihnen bisher nie zugänglich war. Oft ist
es sogar das erste Mal, dass Wissen in ihrer eigenen
Sprache verfügbar ist. Beispielsweise existierte noch nie
eine brauchbare Enzyklopädie auf Suaheli. Wikipedia
bulletin 2 /11 Credit Suisse
Suaheli hat heute über 20 000 Einträge. Vor Kurzem be­
suchte ich ein Elendsviertel in der Dominikanischen Repu­
blik, wo es bis vor drei Jahren keinen Strom gab. Seither
wurden in dem Gebiet Computerräume eingerichtet, und
die Kinder surfen jetzt mittels Google, Youtube, Wikipedia
usw. im Internet. Diesen Kindern, die vor dem Internet­
zugang nur ihre engere Umgebung kannten, hat sich die
Welt im wahrsten Sinne aufgetan.
Welches sind die grössten Stärken von Wikipedia?
Ihre Neutralität. Wikipedia versucht, so unvoreinge­
nommen wie möglich zu sein. Eine weitere Stärke liegt
in der Geschwindigkeit der Aktualisierungen. Nahezu
jede neue Information wird bei Wikipedia rasch integriert.
Nehmen Sie zum Beispiel eine Präsidentschaftswahl.
Wenn Sie wissen möchten, wer gewonnen hat, können
Sie dies auf Wikipedia nachschauen. Die Informationen
werden innert Stunden oder Tagen aktualisiert.
Und die Schwächen?
Es handelt sich um ein offenes, öffentliches Projekt,
einen stetigen Arbeitsprozess, der sich weiterentwickelt
Fotos: Marc Wetli | Mathias Hofstetter | Wikipedia
Interview: Dorothee Enskog
Jimmy Wales leader
79
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und verändert. Dabei können Fehler auftreten. Diese werden in
der Regel ziemlich schnell behoben. Das ist Teil des Prozesses.
Wikipedia bezahlt keinen einzigen mitarbeitenden für
Schreibarbeit oder Redaktion. Was motiviert die menschen,
bei Wikipedia mitzuwirken?
Wahrscheinlich gibt es dafür zwei Hauptgründe: Erstens sind
wir ein wohltätiges, humanitäres Projekt, das kostenlos Wissen
für alle anbietet. Das inspiriert die Leute; es ist eine Sache, für
die sich der Einsatz lohnt. Zweitens macht es Spass. Den Leuten
gefällt der Prozess, Wikipedia zu verfassen und zu bearbeiten.
Wenn sie es als Arbeit betrachteten, würden sie es nicht tun.
Das Projekt ist attraktiv, weil die Mitwirkenden virtuell andere
interessante Menschen «kennenlernen» können. Wir versuchen
auch, Konflikte zu vermeiden, und fördern ein kooperatives
und nicht kompetitives Umfeld.
Wie sieht das typische Profil Ihrer Mitwirkenden aus?
Es ist eine ziemlich breite Mischung. Das Durchschnittsalter
unserer Mitwirkenden liegt bei 26 Jahren – immer noch
viel höher als bei den Nutzern anderer Websites. Der Anteil der
Promovierten ist doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölke ­
rung. Es ist also eine ziemlich gebildete Gruppe. Vor Kurzem
traf ich in New York eine Frau, die als «Shell Lady» bekannt ist.
Eine pensionierte Biologieprofessorin, deren Fachgebiet
Schneckenhäuser und Weichtiere sind. Sie hat auf diesem
Gebiet wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Heute
bearbeitet sie viele Beiträge auf Wikipedia zu diesem Spezial­
thema und arbeitet eng mit Studierenden und anderen Inte­
ressierten zusammen.
«Wiki» ist das hawaiische Wort für «schnell». Wie lange dauert
es eigentlich, bis ein eingereichter Beitrag erscheint ?
Das geschieht augenblicklich. Die Beiträge werden mit wenigen
Ausnahmen – wenn es sich zum Beispiel um Beiträge von neuen
Mitgliedern oder zu riskanten Themen handelt – sofort aufge­
schaltet. Das deutschsprachige Wikipedia stellt die Ausnahme
von dieser Regel dar. Hier wird jeder Beitrag geprüft, bevor
er aufgeschaltet wird.
müssen Sie oft mitwirkende wegen der Übermittlung
falscher oder verzerrter Informationen sperren?
Wir erteilen jeden Tag vielen Leuten ein Bearbeitungsverbot.
Manch einer kann es einfach nicht glauben, dass er auf
Wikipedia frei bearbeiten darf, und schaltet deshalb zu Test­
zwecken Unsinn auf. Diese Leute werden zunächst verwarnt
und dann für 24 Stunden oder länger gesperrt, wenn sie
weiteren Nonsens liefern.
Wie schützt sich Wikipedia vor Verleumdungsklagen?
Hat es schon welche gegeben?
Es bestehen sehr strenge Regeln, insbesondere bezüglich
Biografien. Für einen negativen Eintrag in einer Biografie muss
eine verlässliche Quelle vorliegen. Wenn verleumderische Tiraden
gepostet werden, reagiert die Gemeinschaft umgehend – der
sicherste Weg, sich ein Bearbeitungsverbot einzuhandeln. Solche
Einträge werden ziemlich schnell gelöscht. Es gab einige Ver­
leumdungsklagen, die sich jedoch nicht gegen den Internetdienst­
anbieter Wikipedia per se richteten, sondern gegen einzelne
Mitwirkende.
Lesen Bearbeiten Versionsgeschichte
Suche
Auf der englischen Wikipedia schlüpfen Sie manchmal
in die Rolle des Schiedsrichters. Können Sie uns ein aktuelles
Beispiel nennen?
Vor Kurzem testeten wir neue Softwarefunktionen. Es kam zu
langen Diskussionen, wie das Projekt durchgeführt werden sollte.
Dabei musste ich den Rahmen festlegen, um Unklarheiten zu
vermeiden.
Ihr eigener Wikipedia­Eintrag ist ziemlich lang.
Haben Sie teile davon verfasst ?
Es verstösst nicht gegen die Regeln, die eigene Biografie zu
bearbeiten. Aber bei meiner eigenen habe ich dies nicht getan.
Dafür bearbeite ich auf Wikipedia täglich Themen, die mich
interessieren. Kontroverse Bereiche versuche ich zu meiden,
arbeite aber unter dem Pseudonym Jimbo Wales an einigen
Biografien, um aktiv zu bleiben und Spass zu haben.
Können Sie uns einige kontroverse themen nennen?
Es handelt sich um kontroverse Grossthemen: der Israel­Paläs­
tina­Konflikt, der Klimawandel oder George W. Bush. Diese
Themen lösen innerhalb der Gemeinschaft im Allgemeinen keine
grösseren Kontroversen aus, da die Nutzer wissen, was unsere
Philosophie ist. Es ist eher ein Problem für Aussenstehende.
Quote
[Bearbeiten]
«Wenn verleumderische
Tiraden gepostet werden,
reagiert die Gemeinschaft
umgehend.»
Interview (Forts.)
[Bearbeiten]
gibt es innerhalb der aktiven gemeinschaft wirklich keine
kontroversen themen?
Manchmal werden unklare redaktionelle Fragen innerhalb
der Wikipedia­Gemeinschaft kontrovers diskutiert. Wie umfas­
send soll Wikipedia sein? Wann ist etwas bedeutend genug,
um berücksichtigt zu werden? Fragen wie diese werden meistens
mit dem Verweis auf zuverlässige Drittressourcen geklärt. Aber
am Rande wird es schwierig zu sagen, ob ein Eintrag gerecht­
fertigt ist oder nicht. Das ist oft eine Frage der menschlichen
Würde. Es kann 20 Zeitungsartikel zu einer Person geben, auch
wenn diese nur für ein dummes Verbrechen bekannt ist, das
einen Tag lang das Interesse der Medien weckte. Das ist wahr­
scheinlich keinen Enzyklopädie ­Eintrag wert. Wir debattieren
ständig darüber, wo die Grenzen zu ziehen sind.
Welches sind die aktuellen Wikipedia­Regeln in Bezug
auf Einträge über lebende Personen?
Unsere Biografie ­Regeln sind die strengsten. Jede negative
Aussage in einer Biografie muss durch eine Quelle gesichert sein.
Wer sich ohne Quellenangabe negativ über eine lebende Person
äussert, kann gesperrt werden. Anders liegt der Fall, wenn
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Credit Suisse bulletin 2 /11
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leader Jimmy Wales
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man über einen Politiker aus dem 12 . Jahrhundert schreibt.
Auch hier sollte eine Quelle vorliegen, aber sie hat nicht dieselbe
Bedeutung.
Welches sind die Kriterien, um in Ihre Enzyklopädie
aufgenommen zu werden?
Es gibt sehr detaillierte Bedeutungsrichtlinien. Sie sind je nach
Kategorie unterschiedlich. Für den Eintrag als Musiker reicht
es zum Beispiel nicht, in einer Schul­ oder Garagenband zu spie­
len. Etwas anderes ist es, wenn die Medien darüber berichtet
haben oder Auszeichnungen verliehen wurden.
Warum ist Wikimedia, die Stiftung hinter Wikipedia,
eine gemeinnützige Non-Profit-Organisation?
Sie soll etwas ganz Spezielles sein, ein Ort der Schönheit,
des Nachdenkens und des Lernens. Als Enzyklopädie, die von
Freiwilligen geschrieben wird, soll der Dienst ohne Werbung
finanziert werden.
Suche
Wikipedia wurde am 15. Januar 2001 aufgeschaltet. Ein Jahrzehnt später
existiert sie in 280 Sprachen1 mit mehr als 18 Millionen Einträgen, die
kostenlos im Web verfügbar sind. 2 Die englischsprachige Wikipedia ist mit
mehr als 3,6 Millionen Einträgen3 die mit Abstand grösste Enzyklopädie,
gefolgt von der deutschen Version mit 1,2 Millionen Einträgen4 und der
französischen Version mit 1,1 Millionen Einträgen5. Selbst Afar, das am Horn
von Afrika (Äthiopien, Dschibuti und Eritrea 6 ) von weniger als 1,5 Millionen
Menschen gesprochen wird, hat eine eigene Version, auch wenn nur sechs7
Artikel aufgeschaltet sind. Nach eigener Auskunft sind die Druck­ und
Online­Ausgaben der «Encyclopædia Britannica» und des «World Book»
Wikipedias grösste Konkurrenten. 8
Die neusten interessanten Fakten sind zu finden auf http://meta.wikimedia.
org/wiki/Wikimedia_News#October_2010.
http://meta.wikimedia.org/wiki/List_of_Wikipedias
http://orvillejenkins.com/profiles/afar.html
7
http://meta.wikimedia.org/wiki/List_of_Wikipedias
8
http://meta.wikimedia.org/wiki/English_Wikipedia
1– 5
6
Wie finanziert sich Wikipedia?
Wir führen jedes Jahr im November eine Spendenkampagne
durch. Wir erhalten Zuwendungen aus aller Welt, aber das meiste
Geld kommt aus den USA , aus Europa und Japan. Eine durch­
schnittliche Spende beträgt 35 US ­Dollar. Wir werden auch von
einigen bedeutenden Gönnern und philanthropischen Stiftungen
unterstützt, aber der Grossteil der Mittel stammt von kleinen
Spendern. Dies hilft uns, die Integrität des Projekts zu wahren,
denn wir müssen uns nicht um etwaige Ansprüche unserer
Spender kümmern. Auf diese Weise bleiben wir unabhängig.
Haben Sie schon einmal daran gedacht, Wikipedia
zu verkaufen?
Nein (lacht). Das wäre wie der Verkauf des Roten Kreuzes.
Sie sind auch gründer von Wikia, das den Nutzern ermöglicht,
eigene gemeinschaften zu schaffen. Im gegensatz zu Wiki­
überwacht. Ich halte ihre Arbeit für mutig und bewundernswert.
Das inspiriert mich. In ästhetischer Hinsicht bewundere ich
die Produktsensibilität von Steve Jobs. Seine Produkte sind funk­
tionell und schön, eine Quelle der Inspiration für die Gestaltung
unserer Webseiten.
Was braucht es, um eine Führungsfigur zu sein?
Die Aufgabe einer Führungsfigur ist es, zu organisieren, Kon­
flikte zu lösen und eine gemeinsame Stossrichtung zu definieren.
Dazu gehört es, Kompromisse zu finden, sämtliche Einwände
ernsthaft zu prüfen und Lösungen zu suchen. Letztlich geht es
darum, die Menschen als Individuen zu respektieren, ihre Ziele
zu verstehen und ihnen zu helfen, diese zu erreichen.
In welchen Bereichen benötigt die menschheit Ihrer Ansicht
pedia ist es ein gewinnorientiertes Unternehmen, das sich durch
nach weitere Fortschritte und Innovationen?
Werbung finanziert. Weshalb wurde es gegründet ? Sind die
Es gibt eine bestimmte wissenschaftliche Betrachtungsweise
der Welt, die ungemein nützlich ist. Dieser Standpunkt wird jedoch
nicht in allen Teilen der Welt akzeptiert. Das ist problematisch.
Viele Gewalt­ und Terrorakte, die sich auf der ganzen Welt ereig­
nen, sind vollkommen sinnlos und haben ihre Ursache in lösbaren
Problemen. Die ultimative langfristige Lösung für den Frieden
liegt in der Schaffung von Chancen, um den Menschen Wohlstand
und Bildung zu ermöglichen. Wer keine Aussicht auf Fortschritt
und Wohlstand hat, lässt sich leicht dazu verleiten, schlimme
Dinge zu tun. In diesem Bereich gibt es keine einfache technische
oder soziale Lösung, aber sicherlich ist er reif für weitere Innova­
tionen, welche die Gesellschaft so verändern, dass die Menschen
nach Wohlstand streben können.
beiden nicht potenzielle Konkurrenten?
Uns geht es keineswegs um eine Konkurrenzierung von Wiki­
pedia, sondern um eine Ergänzung dazu. Wikipedia ist eine
Enzyklopädie, die nicht eine ganze Bibliothek füllt. Wikia ergänzt
sie mit anderen Themen, an denen die Leute arbeiten möchten.
Wikipedia ist neutral, während Wikia politisch engagierte Seiten,
Gemeinschaften zu Videospielen und vertieftes Wissen zu allen
möglichen Themen bietet. Dazu gehört zum Beispiel «Lostpedia»
über die Fernsehserie «Lost » mit rund 7000 Artikeln. Im Ge­
gensatz zu Wikipedia enthält Wikia auch Vermutungen, da keine
Quellenangaben erforderlich sind. Es ist stärker erweiterbar.
Haben Sie jemals bedauert, «mr. Wikipedia» geworden
zu sein?
Nein. Es ist ein gutes Gefühl, Einfluss zu haben.
Betrachten Sie sich als Vorbild oder Führungsfigur ?
Ich denke nicht in diesen Kategorien. Ich sehe mich weniger
als Architekten denn als Zimmermann, als jemanden, der gern
etwas baut.
Haben Sie Vorbilder ?
Mich inspirieren viele Menschen, beispielsweise die Leute, die
Wikipedia Farsi im Iran bearbeiten. Sie gehen enorme Risiken ein
für das, was sie schreiben, denn das Internet wird dort scharf
bulletin 2 /11 Credit Suisse
Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Ich konzentriere mich vermehrt auf die Entwicklungs­ und
Schwellenländer sowie auf die zunehmende Wissensvermittlung
in diesen Ländern. In Indien haben wir zum Beispiel bereits
mehr als 20 Wikipedias in indischen Sprachen. Es ist ein häufiges
Missverständnis über Indien, dass alle lese ­ und schreibkundigen
Menschen dort Englisch sprechen. Das ist mit Sicherheit nicht
der Fall. Rund 95 Prozent der Einwohner, die lesen und schreiben
können, verstehen kein Englisch. Diese Menschen gehen jetzt
zum ersten Mal ins Internet. <
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